LSGM – Leipziger Schülergesellschaft für Mathematik Kombinatorik Toscho Mathecamp 12. Juli – 21. Juli 2008 Klasse 11/12 Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen 2 2 Aufgaben 3 3 Politik in der Mathematik 3 4 Olympiadeaufgaben 4 1 1 Grundlagen Im ersten Zirkel wurden die Grundlegenden Begriffe der Kombinatorik wiederholt. Diese waren zum größten Teil bekannt, geschadet hat es aber trotzdem nicht: • Permutation ohne Wiederholung: Pn = n! • Permutation mit Wiederholung (die einzelnen Elemente tauchen ni mal auf): P̄nn1 ,...,nr = n! n1 !·n2 !·...·nr ! • Variation ohne Wiederholung: Vnk = n! (n−k)! • Variation mit Wiederholung: V̄nk = nk • Kombination ohne Wiederholung: Cnk = • Kombination mit Wiederholung: C̄nk = n k n+k−1 k Satz 1 (Kombination mit Wiederholung) Für die n-elementigen Menge M = {1, . . . , n} gibt n+k−1 k Möglichkeiten ungeordnete k-Tupel (a1 , . . . , ak ) mit ai ∈ M ∀i auszuwählen. es C̄n = k Beweis Man kann diese Tupel wie folgt bijektiv kodieren: • Ordnen der Tupel. Da die Tupel ungeordnet sind, spielt die Reihenfolge der Einträge keine Rolle. Es kann also eine bestimmte Reihenfolge beliebig gewählt werden, ohne das Tupel zu beeinflussen. • Einsetzen von Wänden zwischen Gruppen der Einträge: (1, 1, 1, 2, 2, 3, 5, 6, . . . ) 7→ (1, 1, 1, |, 2, 2, |, 3, |, |, 5, |, 6, . . . ) . Dieser Vorgang ist offensichtlich bijektiv. Nimmt man die Wände wieder weg hat man das Ausgangstupel. Es werden insgesamt n − 1 Wände gesetzt.1 • Ersetzen sämtlicher Zahlen durch ∗. Die Wände tragen jetzt die Information, welche Zahl zwischen ihnen steht: zwischen der ersten und der zweiten Wand steht die Zahl 2, zwischen der dritten und der vierten Wand steht die Zahl 4 usw. Es muss also nur noch verzeichnet werden, wie häufig diese Zahlen da stehen. Also: (1, 1, 1, |, 2, 2, |, 3, |, |, 5, |, 6, . . . ) 7→ (∗, ∗, ∗, |, ∗, ∗, |, ∗, |, |, ∗, |, ∗, . . . ) Die kodierten Tupel bestehen aus k Sternchen und n − 1 Wänden. Jedes solche Tupel wiederum lässt zurück zu einem ungeordnete k-Tupel aus M kodieren. D. h. die Anzahl dieser beiden Arten von Tupel ist gleich. Von den Sternchen-Wände-Tupeln gibt es (n + k − 1)! n+k−1 n−1,k = Pn+k−1 = (n − 1)!k! k Stück. 1 Umgekehrte Zaunpfahlregel 2 2 Aufgaben 1. Wie viele verschiedene Färbungen hat ein Würfel, wenn jede Seite anders gefärbt sein soll? 2. Wie viele verschiedene Positionierungen von n Leuten an einem runden Tisch gibt es? (Zwei Positionieren seien gleich, wenn sie dieselben Nachbarschaftsrelationen haben.) X n n n X X n 2 n 3 n 3. Berechne k , und ! k k k k=0 k k k=0 k=0 4. Zwei Personen werden jeweils 3n Kleidungsstücke gegeben. Diese Kleidungsstücke stammen aus einem Vorrat von 2n Hosen, 2n T-Shirts und 2n Schuhen. Wie viele Möglichkeiten gibt es dafür, wenn man Kleidungsstücke derselben Art nicht voneinander unterscheiden kann? (Wie viele, wenn man sie unterscheiden kann?) 5. Von 3n + 1 Objekten sind n ununterscheidbar und die restlichen 2n + 1 sind unterscheidbar. Wie viele Möglichkeiten gibt es, n Objekte aus dieser Menge auszuwählen? 6. Beweise: n n n−1 = k k−1 k n r n n−k = r k k r−k n X n n 2n = i n−i n i=0 n n n n + + ... = + + ... 0 2 1 3 r X n+i n+r+1 = i r i=0 7. Wie viele Möglichkeiten gibt es, die alle Ecken eines 2n-Ecks paarweise und überschneidungsfrei durch Strecken zu verbinden? 3 Politik in der Mathematik n X n Oben wird folgende Aufgabe genannt: Berechne k ! Diese Aufgabe kann durch Politik k k=0 gelöst werden, d. h. kombinatorische Interpretation der Formel und Zählung der Möglichkeiten auf anderem Weg. Stellen wir uns ein Parlament mit n Abgeordneten als Grundmenge vor. nk gibt die Anzahl der Möglichkeiten an, aus diesem Parlament einen Ausschuss mit k Leuten zu besetzen. k = k1 gibt im Allgmeinen die Anzahl Möglichkeiten an, aus k Elementen eins auszuwählen, also aus dem Ausschuss mit k Leuten einen Vorsitzenden zu wählen. Also gibt k nk die Anzahl Möglichkeiten an, aus den Abgeordneten des Parlaments einen Ausschuss mit k Leuten zu bilden, von denen einer der Ausschussvorsitzende ist. Die Summierung über k bedeutet, dass die Anzahl der Sitze irrelevant ist. Also suchen wir nach der Anzahl der Möglichkeiten, aus dem Parlament einen Ausschuss mit Vorsitzendem zu bilden. 3 Diese Möglichkeiten kann man auch anders zählen. Zuerst sucht man sich den Vorsitzenden des zu bildenden Ausschuss. Dafür hat man n Möglichkeiten. Nun muss man nur noch alle anderen Abgeordneten fragen, ob sie in den Ausschuss wollen. Für jeden Abgeordneten gibt es zwei mögliche Antworten, also insgesamt 2n−1 (Variation mit Wiederholung). Somit gilt n X n k = n · 2n−1 k k=0 Analog kann man die anderen Aufgaben dieses Typs lösen. 4 Olympiadeaufgaben Die erste Olympiadeaufgaben besteht im Kern aus folgender Aufgabe: Aufgabe 2 Wie viele n-Tupel aus der Menge M = {1, 2, 3, 4} gibt es, in denen die 1 in gerader Anzahl auftritt? Beweis kommt die 1 in dem Tupel k mal vor, wobei so gibt es für die Position der 1 also nk Möglichkeiten. Sind diese festgelegt gibt es für den Rest des Tupels noch 3n−k Möglichkeiten. Also gibt es insgesamt: n X n n−k 3 k k=0 2|k Möglichkeiten. Diese Summe kann mithilfe des binomischen Lehrsatzes wie folgt berechnet werden: 4n = (3 + 1)n n X n n−k k = 3 1 k k=0 2n = (3 − 1)n n X n n−k = 3 (−1)k k k=0 n n X n n−k k X n n−k n n 4 +2 = 3 1 + 3 (−1)k k k k=0 k=0 n X n n−k k = 3 1 + (−1)k k k=0 n n X X n n−k k n n−k k k = 3 1 + (−1) + 3 1 + (−1)k k k k=0 k=0 = 2-k 2|k n X n X n n−k n n−k 3 ·2+ 3 ·0 k k k=0 k=0 2|k n X =2 k=0 2|k 2-k n n−k 3 k 4 Also n 4n + 2n X n n−k = 3 2 k k=0 2|k Die zweite Aufgabe reduziert sich im Kern auf folgende Frage: Aufgabe 3 Wie viele Involutionen gibt es in der Menge Sn der Permutationen auf der Menge M = (1, . . . , n)? Beweis (Rekursionsformel) Sei Tn die gesuchte Zahl der Involutionen in Sn . Dann ergibt sich wie folgt eine Rekursionsformel: Man betrachte das letzte Element n. Für dieses gibt es zwei Möglichkeiten: • Es wird auf sich selbst abgebildet. Für die Anordnung der restlichen Elemente gib es dann Tn−1 Möglichkeiten. • Es wird auf eines der ersten n − 1 Elemente abgebildet. Dafür gibt es n − 1 Möglichkeiten und für die Anordnung der restlichen Elemente Tn−2 . Also Tn = Tn−1 + (n − 1)Tn−2 Beweis (Summenformel) Man wählt aus M zuerst einmal die Elemente aus, die nicht auf sich selbst abgebildet werden. Diese Elemente müssen in Paaren auftreten um die Involution zu gewährleisten. Seien es k Paare, also 2k Elemente, die nicht auf sich selbst abgebildet werden. Die Aufteilung dieser 2k Elemente auf die Paare geschieht wie im Sportunterricht: Alle stellen sich in einer Reihe auf und es wird in Paaren abgezählt. Für die Anordnung dieser Elemente gibt es (2k)! Möglichkeiten. Die Reihenfolge der Paare ist irrelevant, also muss durch k! dividiert werden. Desweiteren ist die Reihenfolge der beiden Mitglieder jedes Paares ebenfalls irrelevant, es muss also noch durch 2k dividiert werden. Für die restlichen Elemente, die auf sich selbst abgebildet werden, gibt es nur eine Möglichkeit: sie werden auf sich selbst abgebildet. Also gibt es insgesamt bn/2c X k=0 n (2k)! · k! · 2k 2k Möglichkeiten. Literatur [1] ” Problem Solving Strategies“, Arthur Engel, Springer, Berlin, 1999 5