Faktenblatt: Akupunktur

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Faktenblatt: Akupunktur
Mai 2016
Akupunktur wird bei Tumorpatienten für unterschiedliche supportive Indikationen
eingesetzt.
Für die Bewertung werden im Folgenden vorwiegend systematische Reviews und
nach deren Erscheinen publizierte randomisierte kontrollierte Studien verwendet.
Methode/Substanz
Bei der Akupunktur werden Nadeln an bestimmten auf Meridianen liegenden
Punkten gestochen. Die heute bekannten Meridiane stimmen wahrscheinlich nicht
mit alten Traditionen überein, sondern sind in der Neuzeit festgelegt worden.
Wirksamkeit in Bezug auf den Verlauf der Tumorerkrankung
Keine Daten.
Wirksamkeit als supportive Therapie
Eine Arbeit aus Großbritannien befragte Teilnehmerinnen an Akupunkturstudien zu
ihrer Einstellung gegenüber der Studie. Die Patientinnen in der Kontrollgruppe
berichteten über eine deutliche Enttäuschung in Bezug auf die Randomisierung, die
Autoren diskutieren die Bedeutung dieser Reaktion für die Auswertung von
randomisierten, kontrollierten Studien (Peter 2014).
Muskel- und Gelenkbeschwerden unter antihormoneller Therapie
Ein systematisches Review, ein systematisches Review mit Meta-Analyse und ein
narratives Review fanden Hinweise dafür, dass die Akupunktur mögliche Vorteile bei
1
Muskel- und Gelenkbeschwerden unter antihormoneller Therapie hat (Bae et al.
2015; Chien et al. 2015; Halsey et al. 2015).
Bewertung: Da vermutlich den Beschwerden aber genetische Veränderungen im
Bereich des Östrogen- und Vitamin D-Stoffwechsels zugrunde liegen und mit
niedrigen Vitamin D-Spiegeln einhergehen, erscheint eine Normalisierung des
Vitamin D-Spiegeln durch Supplementation primär als sinnvollere Option (Servitja et
al. 2015).
Fatigue
In ihrer Gesamtübersicht über verschiedene systematische Reviews kommen Wu et
al. (2015) zu dem Schluss, dass die Akupunktur die Symptomatik der Fatigue
bessert.
Bewertung: Die Frage, ob Akupunktur in dieser Indikation primär zur Anwendung
kommen sollte, kann jedoch nicht bejaht werden. Im Hinblick auf die
Bewegungstherapie finden sich deutlich bessere Daten (van Vulpen et al. 2016), so
dass dieser, nach Ausschluss anderer Ursachen (z. B. Anämie) der Vorzug gegeben
werden sollte.
Schmerzen
Ein Cochrane-Review (Update von 2011), welches auf die zumeist schlechte
Studienqualität hinwies, fand keine ausreichenden Daten für den Nachweis einer
schmerzreduzierenden Wirkung der Akupunktur bei Tumorpatienten (Paley et al.
2015).
Bewertung: In ihrer Übersicht über systematische Reviews sehen auch Wu et al.
(2015)
die
Evidenz
zur
schmerzlindernden
Wirkung
der
Akupunktur
als
widersprüchlich an. Entsprechend sollte die Akupunktur in dieser Indikation nicht
primär zur Anwendung kommen. Die Konzepte der S3-Leitlinie „Palliativmedizin für
Patienten
mit
einer
Berücksichtigung
nicht
heilbaren
finden
Krebserkrankung“
sollten
vielmehr
(http://leitlinienprogramm-
onkologie.de/uploads/tx_sbdownloader/LL_Palliativmedizin_Langversion_1_1.pdf).
Übelkeit und Erbrechen
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Die Übersichtsanalyse von Wu und Mitarbeitern (2015) zeigt, dass die Akupunktur
die akute chemotherapie-induzierte Übelkeit und akute chemotherapie-induzierte
Erbrechen positiv beeinflusst. Eine Studie zeigt auch, dass Akupunktur bei
verzögerter chemotherapie-induzierter Übelkeit und Erbrechen sinnvoll sein könnte
(Rithirangsriroj et al. 2015).
Bewertung: Die Akupunktur kann und sollte die Behandlung mit 5-HT3-Antagonisten
und Neurokinin-1-Rezeptor-Antagonisten nicht ersetzen. Ihr Stellen wert beschränkt
sich auf Therapieversager, wobei anzumerken wäre, dass Selbstakupressur am P6
Akupressurpunkt einfacher und sicherer ist und ebenfalls eine gute Evidenz hat
(Song et al. 2015).
Xerostomie
In einem systematischen Review wurden drei Arbeiten zusammengefasst, davon
zwei mit einem moderaten Risiko für einen Bias, eine mit einem hohen Risiko. Alle
drei Artikel berichteten über eine signifikante Reduktion der Xerostomie (O’Sullivan
2010). Li et al. (2015) bestätigen in dies ihrer Literaturanalyse den Befund, fordern
aber eine Standardisierung der Akupunkturprotokolle aufgrund der großen
Heterogenität bei der Anwendung der Akupunktur. Wu et al. (2015) halten die
Datenlage für nicht ausreichend, um die Frage zu beantworten. Eine danach
veröffentlichte Studie zur Elektroakupunktur fand für die Elektroakupunktur
Ergebnisse, die vergleichbar zur Standradtherapie mit Pilocarpin waren (Wong et al.
2015).
Bewertung: Andere Analysen zeigen, dass die Cholinergika (Pilocarpin, Cevimelin)
der Akupunktur überlegen sind (Lovelace et al. 2014). Auch Speichelersatzpräparate
und hyperbarer Sauerstoff stellen mögliche Behandlungsoptionen dar (Lovelace et
al. 2014).
Hormonentzugserscheinungen
Ein systematisches Review aus dem Jahr 2015 konnte keinen signifikanten Benefit
für die Akupunktur finden (Garcia et al. 2015), was in der Arbeit von Wu et al. (2015)
im Wesentlichen bestätigt wird. In einer Meta-Analyse von Chiu et al. (2015) wurde
beschrieben, dass die Anwendung von Akupunkturnadeln einen positiven Effekt auf
3
Hormonentzugserscheinungen zu haben scheint, jedoch nicht an das Stechen der
klassischen Akupunkturpunkte gebunden ist.
Bewertung:
Auch
Behandlungsoption.
hier
Bei
erscheint
die
Akupunktur
nicht-hormonabhängigen
nicht
als
Tumoren
sinnvolle
ist
die
Östrogensubstitution möglich und sehr effektiv; bei hormonabhängigen Tumoren
können nach Gewichtsnormalisierung, Bewegung, Nikotinkarenz und Verzicht auf
Kaffee selektive Serotonin-Reuptake-Inhibitoren oder Cimicifuga racemosa zum
Einsatz kommen (Drewe et al. 2015).
Luftnot
In ihrer Übersicht über systematische Reviews sehen Wu et al. (2015) die Evidenz
zur Akupunktur zur Behandlung der Dyspnoe als nicht beurteilbar an.
Leukopenie
Die Übersichtsanalyse von Wu und Mitarbeitern (2015) zeigt, dass die Akupunktur
die chemotherapie-induzierte Leukopenie positiv beeinflusst.
Bewertung: Auch hier muss die Akupunktur jedoch noch ihren Stellenwert beweisen.
Primär sollten internationale Leitlinien zum Thema berücksichtigt werden (de Naurois
et al. 2010).
Anorexie und Kachexie
Eine sehr kleine Studie mit 7 Patienten ohne Kontrollarm berichtete über positive
Ergebnisse in Bezug auf Anorexie und Kachexie (Yoon et al. 2015). Ein RCT mit 14
Patienten konnte keine positiven Effekte in Bezug auf Anorexie finden (Jeon et al.
2015). Weitreichende Schlussfolgerungen sind aus beiden Studien nicht möglich.
Bewertung: In diesem Indikationsfeld sollten primär die gültigen Leitlinien
berücksichtigt werden (http://www.dgem.de/leitlinien/I.A.pdf).
Bewegungseinschränkungen im Schultergürtel nach Brustkrebsoperation
Eine
Studien
an
48
Frauen
mit
Bewegungseinschränkungen
nach
Brustkrebsoperation fand keine Vorteile für eine Akupunktur zusätzlich zu einer
Kinesiotherapie (Giron et al. 2015).
Lymphödeme
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In ihrer Übersicht über systematische Reviews sehen Wu et al. (2015) die Evidenz
zur Akupunktur zur Behandlung von Lymphödemen als nicht beurteilbar an.
Bewertung: Bei Lymphödemen sollte die aktuell zu überprüfende Leitlinie
berücksichtigt
werden
(http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/058-
001l_S1_Diagnostik_und_Therapie_der_Lymphoedeme_2009_abgelaufen.pdf).
Unabhängig davon stellt die Bewegungstherapie eine sinnvolle Behandlungsoption
dar (Singh et al. 2016).
Psychologisches Wohlbefinden und Lebensqualität
In ihrer Übersicht über systematische Reviews sehen Wu et al. (2015) die Evidenz
zur Akupunktur zur Verbesserung des Wohlbefindens als nicht beurteilbar an. Im
Hinblick auf die allgemeine Lebensqualität wird die Datenlage als widersprüchlich
betrachtet (Wu et al. 2015).
Bewertung: Psychologisches Wohlbefinden und Lebensqualität sind sehr komplexe
Begriffe. Psychoonkologische Interventionen erscheinen primär sinnvoller als ein
Versuch mit Akupunktur.
Schluckauf
In ihrer Übersicht über systematische Reviews sehen Wu et al. (2015) die Evidenz
zur Akupunktur zur Behandlung des Schluckaufs als nicht beurteilbar an. Bewertung:
Baclofen und Gabapentin stellen den aktuellen Behandlungsstandard dar, wobei die
Datenlage auch zu diesen Optionen schlecht ist (Steger et al. 2015).
Postoperative Probleme
Eine kleine Studie an 20 Patientinnen mit Brustkrebs fand unter Akupunktur weniger
Ängstlichkeit, Spannungsgefühle und Muskelanspannungen sowie Schmerzen
(Mallory et al. 2015). Weitreichende Schlussfolgerungen sind aus dieser Studie
jedoch nicht möglich. Bei der Notwendigkeit der Behandlung dieser Probleme sollte
die Akupunktur primär nicht berücksichtigt werden.
Interaktionen
Keine bekannt.
Unerwünschte Wirkungen
5
Keine bekannt.
Kontraindikationen
Keine bekannt.
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Die Faktenblätter sind nach Kriterien der Evidenzbasierten Medizin erstellt. Angaben
beziehen sich auf klinische Daten, in ausgewählten Fällen werden präklinische Daten
zur Evaluation von Risiken verwendet. Um die Informationen kurz zu präsentieren,
wurde auf eine abgestufte Evidenz zurückgegriffen. Im Falle, dass systematische
Reviews vorliegen, sind deren Ergebnisse dargestellt, ggf. ergänzt um Ergebnisse
aktueller klinischer Studien. Bei den klinischen Studien wurden bis auf wenige
Ausnahmen nur kontrollierte Studien berücksichtigt. Die Recherche erfolgte
systematisch in Medline ohne Begrenzung des Publikationsjahres mit einer
Einschränkung auf Publikationen in Deutsch und Englisch.
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