3) Der Goldstandard

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3) Der Goldstandard
3a) Institutionen und Funktionsweise
• Definitionen:
Goldumlaufwährungen: Geld besteht aus Gold (z. Bsp. Goldmünzen)
Goldkernwährungen: Papiernoten, die zu einem Prozentsatz durch
Goldreserven der Zentralbank gedeckt sind (Bsp.: Goldstandard)
• Spielregeln des Goldstandards:
1) Zentralbank verspricht jedem, Landeswährung zu einem festen Preis
(Goldpreis, Goldparität) in Gold umzutauschen. Î Goldkonvertibilität
2) Freier Ex- bzw. Import von Gold, Waren und Dienstleistungen und
Kapital.
3) Umlaufende Geldmenge ist gekoppelt an Goldbestände der Zentralbank.
Î Feste Wechselkurse, freier Kapitalverkehr, keine autonome Geldpolitik;
symmetrisches Festkurssystem (siehe Kapitel 1).
3a1) Liquiditätsbereitstellung und Preisstabilität
Das vereinfachte Barro (1979)-Modell
• PG = Goldparität Î Z. Bsp.: 2790 Mark = 1 kg Feingold
(Spielregel 1: PG ist fixiert durch Zentralbank und unveränderlich)
• P = Preisindex eines repräsentativen Warenkorbes
• Kurzfristig gegebene Goldbestände Goa
Nachfrage nach Goldbeständen:
1) als Gut (z. Bsp. Schmuck, Industriebedarf) durch Private Wirtschaftsakteure:
Go npr = Go npr ( P G / P, Y )
−
+
2) als Reserve der Zentralbank:
Zentralbankbilanz
n
)
Goldreserven ( PG ⋅ GoZbk
Kredite (K)
Zentralbankgeld/monetäre
Basis (B=G)1
n
P G ⋅ GoZbk
: Golddeckungsgrad
Îλ≡
B
Î Nach Spielregel 3) ist λ konstant zu halten von Zentralbank
(1)
• Geldmarktgleichgewicht (Quantitätstheorie):
G / P = L(Y )
(2)
+
Einsetzen von (2) in (1) ergibt nach Umformen:
n
n
GoZbk
= λ ( P / P G ) L(Y ) = GoZbk
( P G / P, Y )
−
+
• Damit gilt für das Goldbestandsgleichgewicht:
n
Go a = GoZbk
( P G / P, Y ) + Go npr ( P G / P, Y ) = Go n ( P G / P, Y )
+
−
−
+
−
+
• Goldbestandsveränderungen:
1) Zunahme der Goldbestände ∆Goa durch Goldsuche:
∆Go a = ∆Go a ( P G / P)
+
2) Abnahme der Goldbestände ∆Go n durch Verbrauch (δ ist
Abschreibungsparameter; 0< δ <1):
∆Go n = δ ⋅ Go npr ( P G / P, Y )
−
+
Î Langfristiges Gleichgewicht, wenn ∆Go n = ∆Go a
1
Zur Vereinfachung sei Giralgeldschöpfung der Geschäftsbanken ausgeschlossen und daher: Zentralbankgeld B
= Geldmenge G.
PG/P
1)
Goa
PG/P
∆Gon(Y)
∆Goa
1)
Gon(Y)
2)
Goldbestand
∆Goldbestand
• In der Ausgangssituation herrsche langfristiges Gleichgewicht (keine
Veränderung der Goldbestände). Dann komme es zu einem Steigen der
Gütermenge und des Einkommens Y ( 1) im Diagramm). Die Preise P
fallen kurzfristig (Deflation), was zu erhöhter Rentabilität der
Goldsuche führt, weil Gold in Relation zum Warenkorb mehr wert
geworden ist. Die Zunahme der Goldproduktion über den Verbrauch
hinaus erhöht die Goldbestände solange bis das alte Preisniveau wieder
erreicht ist ( 2) im Diagramm).
• Schlussfolgerungen:
1. Preisniveau NICHT durch Zentralbank bestimmt,
sonder durch Grenzkosten und Nutzen der
Goldproduktion
2. Preisstabilität langfristig (keine Inflation)
3. hohe Preisschwankungen kurzfristig
4. Funktionierte vor Keynes (1936), da noch nicht
bekannt war, dass das Einkommen durch expansive
Geldpolitik gesteigert werden kann Î ab 30er Jahre
permanente Versuchung der Zentralbank, PG und λ zu
verändern.
3a2) Zahlungsbilanzanpassung
• Spielregel 1) feste Goldparität. Z. Bsp.:
2790 Mark = 1 kg Feingold ÍÎ 1 Mark = 1/2790 kg Feingold
136,57 Pfund = 1 kg Feingold ÍÎ 1 Pfund = 1/136,57 kg Feingold
• Der paritätische Wechselkurs wpari ergibt sich als Cross-Rate (siehe
Kapitel 1):
1  Mark 


2790  kgGold 
 Mark 
pari  Mark 

 =
= 20,43
w 
Pfund 
1  Pfund 

 Pfund 


136,57  kgGold 
• Goldarbitrage und Goldpunkte
(Î Was hält den tatsächlichen Wechselkurs am rechnerischen Parikurs
fest?)
- Annahme: T seien Transportkosten, Versicherungskosten und
entgangener Zinsertrag, wenn Gold zwischen Großbritannien und
Deutschland transportiert wird (für 1 Pfund Gegenwert in Gold).
- wt = tatsächlicher Wechselkurs
- Fall 1: wt – T > wpari = 20,43 (Mark/Pfund)
- Goldarbitrage:
Î Golderwerb bei deutscher Reichsbank (Spielregel 1)
(1/136,57)kg Gold gegen (1/136,57)kg*2790(Mark/kg) = 20,43 Mark
Î Export nach Großbritannien (Spielregel 2) und Verkauf Gold an Bank
von England gegen Pfund
1 Pfund für (1/136,57) kg Gold
Î Verkauf 1 Pfund gegen wt Mark auf Devisenmarkt
Gesamterlös:
Gesamteinsatz:
Gewinn:
wt Mark
20,43 Mark + T
wt – 20,43 Mark – T > 0
Î Arbitrage-Gewinn ( = Gewinn ohne Risiko)
Î Wenn wt – T > wpari, dann:
1) Devisenangebot (Verkauf von Pfund) wird unendlich groß
2) Goldzufluss Bank von England
3) Goldabfluss Deutsche Reichsbank
- Fall 2: wt + T < wpari = 20,43 (Mark/Pfund)
- Goldarbitrage:
Î Kauf 1 Pfund gegen wt Mark auf Devisenmarkt
Î Goldkauf von Bank von England gegen 1 Pfund (Spielregel 1)
(1/136,57) kg Gold für 1 Pfund
Î Export des Goldes nach Deutschland (Spielregel 2) und Verkauf bei
Deutscher Reichsbank
(1/136,57)kg Gold gegen (1/136,57)kg*2790(Mark/kg) = 20,43 Mark
Gesamterlös:
Gesamteinsatz:
Gewinn:
20,43 Mark
wt Mark + T
20,43 Mark – wt – T > 0
Î Arbitrage-Gewinn ( = Gewinn ohne Risiko)
Î Wenn wt + T < wpari, dann:
1) Devisennachfrage (Kauf von Pfund) wird unendlich groß
2) Goldabfluss Bank von England
3) Goldzufluss Deutsche Reichsbank
Devisenmarkt im Goldstandard
w
we
Da=Ex+KI-∆GonZbk
T
wt
Goldzufluss
Bank von
England =
Goldabfluss
Reichsbank
wpari
T
wi
Im ↑
Dn=Im+KE
Da,Dn
wi = wpari - T = Goldimportpunkt der Reichsbank
we = wpari + T = Goldexportpunkt der Reichsbank
Dn, Da Devisennachfrage, -angebot; Im Importe, Ex Exporte, KI
Kapitalimporte, KE Kapitalexporte, GonZbk Goldreserven der Zentralbank
• In der Ausgangslage liege der tatsächliche Wechselkurs wt zwischen dem
Goldimport- wi und Goldexportpunkt we ohne Arbitrage-Möglichkeiten.
• Dann komme es zu einer Ausweitung der Devisennachfrage, z. Bsp. durch
eine gesteigerte autonome Importgüternachfrage.
• Im neuen Gleichgewicht bei wt = we wird die Verschlechterung des
Handelsbilanzsaldos durch Goldexport aus den Goldreserven der
einheimischen Zentralbank finanziert.
• Schlussfolgerungen:
1. Wechselkurse sind durch Goldarbitrage und Goldparitäten fixiert
2. Zahlungsbilanzausgleich durch Zahlungsbilanzfinanzierung (Vgl.
Kapitel 1)
Î Wenn wt = we: Verlust aller Goldreserven der einheimischen Zentralbank?
Î Zahlungsbilanzanpassung durch Geld-/Preismengenmechanismus
Geld-/ Preismengenmechanismus
Anfangsstörung des Gleichgewichts im Inland sei eine Preissenkung z. Bsp.
durch neue Goldfunde und ihren Eintausch bei der Zentralbank in Geld, was die
Geldmenge erhöht und nach der Quantitätstheorie zu Inflation im Inland führt.
Inland
Ausland
Preissenkung
Zunahme des
Außenbeitrags
Abnahme des
Außenbeitrags
Da ↑
Dn ↓
wt ↓
wt < wi = wpari - T
Goldzuflüsse
Goldabflüsse
Geldmengenerhöhung
Geldmengensenkung
Preiserhöhung
Preissenkung
Ausgleich des Außenbeitrags
Î endogene Anpassung der Geldmenge und des Preisniveaus durch
Goldarbitrage, um Zahlungsbilanz im Gleichgewicht zu halten
3b) Funktionsprobleme
3b1) Beggar-Thy-Neighbour Politik – Abwertungswettlauf
In einem System fester Wechselkurse besteht ein Anreiz, die Goldparität
abzuwerten, um internationale Wettbewerbsvorteile der einheimischen Industrie
zu erreichen.
Î siehe 2 Länder Mundell-Fleming Modell mit endogenem Einkommen und
Geldmarktschock (Kapitel 2a4). Wenn Land 1 den Wechselkurs abwertet, indem
es die Goldparität PG reduziert oder aber den Golddeckungsgrad λ reduziert,
dann führt beides zu einem Steigen der Geldmenge und damit zu einer
Abwertung w↑, die Exporte begünstigt, den Exportsaldo und schließlich auch
das Einkommen erhöht. Da der Wechselkurs nicht im Weltgleichgewicht (IS-LG
Modell einer geschlossenen Volkswirtschaft) vorkommt, bleibt das
Welteinkommen Y=Y1+Y2 konstant. Wenn Y1 steigt, muss aber Y2 durch die
Abwertung von Land 1 sinken (beggar-thy-neighbour). (Übungsaufgabe: Im
Modell demonstrieren.)
Abwertungswettlauf in den 30er Jahren:
Quelle: Eichengreen, in van der Ploeg (Hrsg.), (1994), S. 157
Quelle: Jarchow (1999), S. 97
3b1) Andere Funktionsprobleme
• Hohe Preisschwankungen, da Geldmenge durch zufällige Goldfunde
bestimmt wird (siehe dazu das Modell von Barro (1979), Kapitel 3a1);
Quelle: Eichengreen, in van der Ploeg (Hrsg.), (1994), S. 159.
• Ressourcen-Verschwendung, da Goldsuche mit hohen Kosten verbunden
ist relativ zu Geldscheindrucken;
• Begrenzte Goldvorräte führen bei schnell wachsendem Gütervolumen zu
Deflation und bei nach unten starren Löhnen zu Rezession.
• Hohe Beschäftigungsschwankungen, da keine autonome Geldpolitik zur
Konjunkturstabilisierung möglich ist (Impossible Trinity; Kapitel 2a2).
• Goldproduktionsstaaten haben einseitigen Vorteil von Goldstandard, da
sie permanente Außenhandelsdefizite durch Goldexport finanzieren
können.
_______________________________________________________________
Literatur:
Jarchow und Rühmann (1997), S. 32-42; 48-51; 91-99.
McCallum (1996), S. 70-77.
McKinnon (1993), S. 1-11.
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