Prof. Dr. Heinz Siebenbrock Die Bildung von Organisationseinheiten auf der Grundlage von Arbeitsteilung und Spezialisierung www.7brock.de/skript © Heinz Siebenbrock, Drensteinfurt 2014 Die Bildung von Organisationseinheiten auf der Grundlage von Arbeitsteilung und Spezialisierung 1. Arbeitsteilung und Spezialisierung 2. Stelle 3. Team oder Arbeitsgruppe 4. Abteilung/Fachbereich Prof. Dr. Siebenbrock, Bochum 2014 Seite 2 3 Theoretische Grundlagen der Organisationsgestaltung 3.1. Einführung Arbeitsteilung und Spezialisierung Frederic Winslow Taylor (1911: Scientific Management, Taylorismus) Henry Ford (1.4.1913: Fließband im Automobilbau, Thin Lizzy) Adam Smith (1776: Stecknadelbeispiel) Bereits Xenophon (* 430 / 425 v. Chr. in Athen; † nach 355 v. Chr. in Korinth) beschreibt das Prinzip von Arbeitsteilung und Spezialisierung sehr anschaulich! Taylor Ford Smith Prof. Dr. Siebenbrock, Bochum 2014 Xenophon Seite 3 3 Theoretische Grundlagen der Organisationsgestaltung 3.1. Einführung Der Grieche Xenophon über die Arbeitsteilung vor über 2500 Jahren: Prof. Dr. Siebenbrock, Bochum 2014 Denn in den kleinen Städten stellen dieselben Handwerker ein Bett, eine Tür, einen Pflug, einen Tisch her, und oft baut derselbe Mann auch noch ein Haus und ist froh, wenn er auf diese Weise genug Arbeitgeber gewinnt, von denen er sich ernähren kann. Folglich ist es unmöglich, dass ein Mensch, der so viele Künste ausübt, alles richtig macht. In den großen Städten dagegen, wo viele Menschen jeden einzelnen Gegenstand benötigen, reicht dem einzelnen Handwerker schon ein einziges Handwerk, um davon leben zu können. Oft ist es sogar nicht einmal ein ganzes Handwerk, sondern der eine macht Männerschuhe, der andere Frauenschuhe. Es gibt sogar Orte, wo sich der eine nur mit Nähen von Schuhen ernährt, der andere mit dem Abschneiden des Leders, der nächste mit dem Zuschneiden des Oberleders, der nächste damit, dass er keine dieser Arbeiten verrichtet, sondern alles nur zusammensetzt. Daraus folgt unweigerlich, dass derjenige, der sich mit der am engsten begrenzten Arbeit beschäftigt, diese zwangsläufig auch am besten verrichtet. Quelle: Sedlacek, Tomas, Die Ökonomie von Gut und Böse, München (Hanser) 2012, S. 134 f. Seite 4 1. Arbeitsteilung und Spezialisierung Die Arbeitsteilung beinhaltet die Zuteilung von Aufgaben nach Art und Menge auf mehrere Personen. Die Mengenteilung (auch segmentierende Arbeitsteilung) liegt vor, wenn jeder einzelnen Arbeitsperson aus einem umfangreicheren Arbeitskomplex ein gleichartiges Arbeitspensum zur Erledigung übertragen wird. Bei der Artenteilung (auch funktionale Arbeitsteilung) erfolgt eine Übertragung von Arbeitspensen unterschiedlicher Art auf spezialisierte Personen. Bei der Artenteilung entstehen Aufgaben unterschiedlicher Art; diese Form der funktionalen Arbeitsteilung wird allgemein auch als Spezialisierung bezeichnet. Prof. Dr. Siebenbrock, Bochum 2014 Mit horizontaler Spezialisierung ist der Umfang der von einer Person wahrzunehmenden, gleichrangigen Arbeiten gemeint. Horizontal spezialisiert ist also ein Mitarbeiter, der nur eine oder wenige unterschiedliche Aufgaben durchführt, dessen Arbeitsstelle also eine niedrige Aufgabenkomplexität mit sich bringt. Seite 5 1. Arbeitsteilung und Spezialisierung Prof. Dr. Siebenbrock, Bochum 2014 Mit der vertikalen Spezialisierung wird der Entscheidungs- und Kontrollspielraum bei der Aufgabendurchführung festgelegt. Je eigenständiger ein Mitarbeiter darüber entscheiden kann, wie und wann er seine Aufgaben durchführt, und je geringer sein Arbeitsverhalten durch Regeln, durch direkte Anweisungen oder durch technische Einrichtungen diktiert wird, desto weniger vertikal spezialisiert ist seine Arbeit. Seite 6 2. Stelle Eine Stelle bildet die kleinste aufbauorganisatorische Einheit. Sie entsteht durch die dauerhafte Zuordnung von Aufgaben auf eine oder mehrere Personen. In der Regel ist jeder Stelle ein Arbeitsplatz zugeordnet, häufig werden aber auch mehrere Stelleninhaber an einem Arbeitsplatz tätig (zum Beispiel bei Gruppenarbeit). Eine Stelle kann aber auch mehrere Arbeitsplätze umfassen (zum Beispiel bei einem Springer), während andererseits auch einzelnen Stellen überhaupt kein örtlich fester Arbeitsplatz zugeordnet ist (beispielsweise bei Kraftfahrern oder Handelsvertretern). Merkmale der Stelle: Prof. Dr. Siebenbrock, Bochum 2014 dauerhafte Stellenaufgabe (Aufgabe = Soll-Leistung) Stelleninhaber (einer / mehrere: gleichzeitig ja/nein) Kompetenz (sachbezogen / leitend) im Sinne von Können ( = Voraussetzung) und im Sinne von Dürfen ( = Berechtigung) Seite 7 2. Stelle Das Kongruenzprinzip besagt, dass eine Übereinstimmung zwischen Aufgabe, Kompetenz und Verantwortlichkeit verlangt wird (Literaturfassung). die Kompetenz im Sinne von Können eine Voraussetzung für die Kompetenz im Sinne von Dürfen darstellt. Nur wenn der Stelleninhaber die für die Aufgabendurchführung erforderlichen Durchführungs- und Leitungskompetenzen besitzt, kann er auch für die Ergebnisse seiner Tätigkeit zur Verantwortung gezogen werden. Beispiele für Abweichungen vom Kongruenzprinzip Prof. Dr. Siebenbrock, Bochum 2014 Der ,Frühstücksdirektor‘ darf sich zwar ,Direktor‘ nennen, kann diese Position aber nicht wirklich ausfüllen. Die ,Amtsanmaßung‘ besagt, dass jemand seine ihm zugeschriebenen Kompetenzen (im Sinne von Dürfen) überschreitet. Der ,Sündenbock‘ wird die Schuld zugeschrieben, obwohl er dafür keine Kompetenzen hatte. Seite 8 3. Team oder Arbeitsgruppe Soziologisch gesehen sind Team und die Gruppe dasselbe, es gibt keinen Unterschied. Psychologisch gesehen bestehen Lay zufolge zwischen Team und Gruppe fundamentale Unterschiede, sogar Widersprüche. Die vier wesentlichen Unterschiede stellt Rupert Lay vor: Das Team ist eine Kommunikationsgemeinschaft. Kommunikationsgemeinschaft meint, dass das Team so geartet ist, dass auf die sich ändernden und wechselnden Bedürfnisse, Erwartungen, Interessen und Werthaltungen der Teammitglieder so weit wie möglich Rücksicht genommen wird. Ein Team ist an Problemlösungen interessiert. Die Gruppe dagegen ist vorwiegend daran interessiert, die Beziehungen der Gruppenmitglieder zueinander zu klären. Teamfähigkeit gilt es besonders im Management erst noch zu entwickeln. Der Manager muss in der Lage sein, seine hierarchische Position zurückzunehmen. Außerdem müssen strukturierte Kommunikationsmethoden beherrscht werden, die sinnvolle Teaminteraktionen ermöglichen. (Diskurstechnik statt Konferenz) Der Teamerfolg ist größer als die Summe der Einzelleistungen, während der Gruppenerfolg der Summe der Einzelleistungen entspricht (Jasmin Prof. Dr. Siebenbrock, Bochum 2014 Kampmann, Studentin Hochschule Bochum SS 2008) Seite 9 3. Team oder Arbeitsgruppe Teams benötigen folgende Bausteine: Prof. Dr. Siebenbrock, Bochum 2014 Aufgaben. An ihnen kann sich das Team orientieren. Sie geben die eigentliche Existenzberechtigung. Ziele. Sie sind Grundlage für zu treffende Entscheidungen und geben Motivation. Damit sie wirksam sind, müssen sie aufgabenbezogen und messbar sein. Beziehungen. Gemeinsame Normen und Regeln und gegenseitige Achtung sind Grundvoraussetzungen für ein funktionierendes Team. Rollenverteilung: Jeder muss wissen, wer was macht. Dabei sind die Stärken des Einzelnen besonders zu nutzen. Abläufe. Von Anfang an sollte festgelegt werden, wie gemeinsame Entscheidungen getroffen werden sollen und wie Probleme gelöst werden. Seite 10 3. Team oder Arbeitsgruppe Vorteile von Teams: Prof. Dr. Siebenbrock, Bochum 2014 der einem Team eingeräumte Freiraum in der Aufgabenerfüllung ermöglicht eine optimale Ausnutzung des Leistungspotentials personeller Ressourcen; die gleichrangige Partizipation aller Beteiligten erleichtert die Abstimmung individueller und unternehmungsspezifischer Ziele und kann so zu höherer Leistungsmotivation führen; die Notwendigkeit intensiver Arbeitsbeziehungen schafft erhöhte Transparenz über Art und Zusammenhänge der gemeinsamen Aufgabenstellung; die Gemeinsamkeit der Aufgabenerfüllung enthält ein hohes Kohäsionspotential und führt zu einer "unity of effort"; die Möglichkeit autonomer Innenstrukturierung begünstigt Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Unternehmung. Seite 11 3. Team oder Arbeitsgruppe Nachteile von Teams: Prof. Dr. Siebenbrock, Bochum 2014 die sich herausbildende Gruppenkohäsion kann primär an sozioemotionalen Gruppennormen ("Subkulturen") ansetzen und damit nicht nur leistungsneutral, sondern sogar leistungsmindernd wirken (d.h.: es können nichtökonomische Ziele in den Vordergrund treten); durch Abstimmung bzw. Kompromiss gefundene Lösungen können in der Realisationsphase mangelnde Unterstützung durch einzelne Teammitglieder erfahren; überstimmte Teammitglieder verlieren das Interesse an ihrer Mitgliedschaft oder neigen zu informell inkonformem Verhalten; höherer Zeitaufwand bei meinungs- und konsensbildenden Diskussionen; das Prinzip der Kongruenz von Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung wird verwässert bzw. ist nur auf das Team als Ganzes anwendbar. Ein Ausweichen auf die Schaffung von Durchführungsverantwortlichkeiten einzelner Teammitglieder durchbricht das konstitutive Element der internen Hierarchiefreiheit des Teams. Seite 12 3. Team oder Arbeitsgruppe Aufgabe 1: Arbeiten Sie bitte heraus, unter welchen Umständen eher die Gruppe und wann eher ein Team angestrebt werden sollte. TEAM: Toll, Ein Anderer Machts! Prof. Dr. Siebenbrock, Bochum 2014 Seite 13 4. Abteilung/Fachbereich Damit organisatorische Regelungen möglichst transparent sind, bietet es sich an, Aufgaben einer Abteilung von den Aufgaben anderer Abteilungen deutlich abzugrenzen. So lässt sich insbesondere Doppelarbeit vermeiden. Dabei kann eine Abgrenzung anhand von Verrichtungs- oder Objektaspekten vorgenommen werden. Die klassische Unterscheidung einer Einkaufs- und einer Vertriebsabteilung entspricht der verrichtungsorientierten, während z.B. die Orientierung an Kundenzielgruppen einer objektorientierten Abteilungsbildung entspricht. In der Praxis gilt eine gleichzeitige Anwendung beider Prinzipien als Normalfall, wenngleich - vom theoretischen Standpunkt betrachtet - damit die Organisationsform in sich und ihre Abgrenzung und Einordnung in das Gesamtsystem weniger überschaubar werden. Prof. Dr. Siebenbrock, Bochum 2014 Seite 14 4. Abteilung/Fachbereich Aufgabe 2: Bei aller Differenzierung, sei es nach Abteilungen oder nach Teams bzw. Gruppen, wird es Koordinationserfordernisse geben, Schnittstellen müssen überwunden werden. Nennen Sie Beispiele! Prof. Dr. Siebenbrock, Bochum 2014 Seite 15 Die Bildung von Organisationseinheiten auf der Grundlage von Arbeitsteilung und Spezialisierung Aufgabe 3: Lesen Sie den Artikel „Partnerschaften“ von Chip R. Bell (in der eGroup), hier einige Auszüge: Prof. Dr. Siebenbrock, Bochum 2014 Der Unternehmenserfolg hängt mehr und mehr von funktionierenden internen Partnerschaften ab, weil Unternehmen immer komplexer und seitens der Kunden immer höhere Ansprüche an den Service gestellt werden. Beides erfordert Spitzenleistungen in Kommunikation und Koordination. Der Unterschied zwischen einem hervorragenden Team und einer hervorragenden Partnerschaft führt zu einer völlig anderen Einschätzung der Bedeutung von Führung und Leistung. Partnerschaften sind heute in allen Geschäftsbeziehungen, in Vorstandszimmern, Konferenzsälen, Fabriken, Büros und virtuellen Organisationen ein wichtiger Erfolgsfaktor. Ihr Aufstieg und Niedergang beruht weniger auf der Erledigung von Aufgaben als auf der Nutzung ihrer Synergiewirkungen. Eine gute Partnerschaft fußt eher auf den Grundsätzen einer guten Ehe als auf der Disziplin einer Fußballmannschaft. Seite 16