Die kleinräumige Variabilität elektrischer Bodeneigenschaften − Einfluss auf Georadar Messungen J. Igel Einleitung Physikalische Bodeneigenschaften zeigen im Allgemeinen eine hohe räumliche Variabilität, welche bekanntlich geophysikalische Messungen beeinflussen kann. Diese Quelle der Messunsicherheit ist zwar allgemein bekannt, gleichwohl werden diese Effekte bei Messungen und deren Interpretation vielfach nicht berücksichtigt. Die Frage, inwieweit die natürliche Heterogenität elektrischer Bodenparameter GeoradarMessungen beeinflusst, wird anhand folgender Vorgehensweise untersucht: • Bestimmung der elektrischen Bodeneigenschaften in situ • geostatistische Analyse der räumlichen Verteilung • Anpassung eines statistischen Modells • Generierung zufallsverteilter Medien • FD-Simulation elektromagnetischer Wellenausbreitung Bestimmung der elektrischen Bodeneigenschaften Um die elektrischen Bodeneigenschaften mittels geophysikalischer Methoden auf der Größenskala von Dezimetern bis Metern zu bestimmen, musste das Auflösevermögen der Verfahren durch methodische Weiterentwicklungen verbessert werden. Dielektrizitätskoeffizient ε Die räumliche Variabilität des Dielektrizitätskoeffizienten (DK) wurde mittels zweier unterschiedlicher GPR-Verfahren bestimmt. Die erste Methode bestimmt den Reflexionskoeffizienten einer an der Grenzschicht Luft-Boden reflektierten Welle. Hierfür wird eine Hornantenne in einem festen Abstand zum Boden geführt und die reflektierte Welle kontinuierlich aufgezeichnet. Für die Spannweite an elektromagnetischen Parametern, wie sie für typische natürliche Böden vorkommt (1 ≤ µr ≤ 1,1; σ ≤ 0,1 S/m, 2,5 ≤ εr ≤ 35), hängt der Reflexionskoeffizient ρ praktisch ausschließlich von ε ab [1]. εr ergibt sich zu: 2 1− ρ . ε = 1+ ρ Mit der verwendeten Hornantenne (1 GHz GSSI) und einem Abstand von ca. 0,5 m zum Boden ergibt sich experimentell eine Auflösung von ca. 0,3 m × 0,3 m [1], wobei nur die obersten Zentimeter kartiert werden [2]. Die Messgenauigkeit liegt unter optimalen Bedingungen, d.h. bei einer ebenen Bodenoberfläche ohne Vegetation, bei ca. ∆ε = 1. Boden r Die zweite Methode bestimmt die Ausbreitungsgeschwindigkeit der EM Wellen mit Hilfe der Bodenwelle. Auch die Ausbreitungsgeschwindigkeit v wird für die oben angegebene Spannweite elektromagnetischer Bodenparameter maßgeblich von ε bestimmt [1]. εr ergibt sich mit der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit c0 zu: c02 . v2 Üblicherweise wird zur DK–Kartierung mit der Bodenwelle jeweils eine Sende- und Empfangsantenne verwendet [3, 4]. Die maximale laterale Auflösung wird bestimmt durch die Breite der Antennen und durch den Mindestabstand zwischen Sender und Empfänger, bei dem Luft- und Bodenwelle voneinander getrennt sind und ihre Laufzeit bestimmt werden kann. Je nach Antennenfrequenz erhält man in Profilrichtung bestenfalls eine Auflösung von ca. 0,5 m. Verwendet man eine verbesserte Messaufstellung mit 2 Empfangsantennen, bei der nur Laufzeitdifferenzen bestimmt werden müssen, kann eine Auflösung von ca. 10 cm erreicht werden. Abbildung 1 (links) zeigt den Messaufbau, wie er in situ verwendet wurde: Eine 500 MHz GSSI-Antenne als Sender und zwei 400 MHz Antennen als Empfänger. In Abb. 1 (rechts) sind Analyseergebnisse einer FD-simulierten [5] Bodenwellen-Messung dargestellt. Das Modell besteht aus einem homogenen Untergrund, in dem sich zwei dicht benachbarte Anomalien mit erhöhtem ε befinden. Bestimmt man die Bodenwellengeschwindigkeit mit der klassischen Aufstellung, erhält man als Interpretationsergebnis eine verschmierte ε-Verteilung (schwarz). Die beiden Anomalien können nicht aufgelöst werden. Mit der neuen Aufstellung hingegen (blau) gelingt dies noch gut. Die laterale Auflösung beträgt je nach verwendeter Antenne in etwa 10 cm × 25 cm und die Messgenauigkeit unter optimalen Bedingungen, d.h. bei ebener Bodenoberfläche und ohne Vegetation ist ca. ∆ε = 0,3. Die Erkundungstiefe der Bodenwelle beträgt wenige Zentimeter bis Dezimeter und hängt ab von der Frequenz, dem Antennenabstand und den dielektrischen Eigenschaften des Untergrunds und ist noch Gegenstand aktueller Forschung. ε rBoden = Elektrische Leitfähigkeit σ Die elektrische Leitfähigkeit wurde mit hochauflösenden Geoelektrikmessungen (3D und 2D Dipol-Dipol) mit einem Elektrodenabstand von 10 cm bestimmt. Hiermit können im Oberboden Heterogenitäten in der Größenordnung von Dezimetern aufgelöst werden. Es muss bei solch kleinen Elektrodenabständen jedoch die tatsächliche Elektrodengeometrie mit berücksichtigt werden, da sie im Nahbereich den Verlauf der Potentiallinien und damit das Messergebnis beeinflussen. Messbeispiele und geostatistische Analyse Die elektrischen Bodeneigenschaften wurden mit den oben vorgestellten Methoden auf Sandböden, die als Grünland genutzt wurden, bestimmt. Im Folgenden sind exemplarisch Messungen auf einzelnen Lokationen dargestellt. Dielektrizitätskoeffizient ε Der DK wurde mit beiden oben beschriebenen Radar-Verfahren (Reflexionskoeffizient und Bodenwelle) auf einer Fläche von 10 m × 10 m kartiert. Beide Verfahren liefern vergleichbare Ergebnisse, obwohl sie sich hinsichtlich der Erkundungstiefe und der lateralen Auflösung etwas unterscheiden (Abb. 2). Das räumliche Muster, das in der DK-Verteilung zu erkennen ist, wird mutmaßlich durch die frühere Bearbeitung dieser Fläche verursacht. Die Fläche wurde lange Zeit als Acker genutzt und wurde erst zwei Jahre vor der Messung in eine Grünfläche umgewandelt. Die sich abzeichnenden Streifen sind parallel zur ehemaligen Pflugrichtung. Die beiden in etwa horizontal verlaufenden Streifen bei y = 4 m und y = 6 m, die nicht in Richtung der Vorzugsrichtung weisen, sind vermutlich Fahrspuren eines landwirtschaftlichen Fahrzeugs, die den Boden verdichtet haben. Die statistische Analyse ergibt, dass der DK in guter Näherung normalverteilt ist (Abb. 3). An den richtungsabhängigen Variogrammen ist eine deutliche Anisotropie in der DK-Verteilung zu erkennen. Die Korrelationslänge beträgt in x-Richtung ca. 1,5 m und in y-Richtung ca. 0,4 m. Die maximale Korrelationslänge ergibt sich in Richtung 15° bezüglich der x-Achse, was der ehemaligen Pflugrichtung und der Ausrichtung des Streifenmusters entspricht. Elektrische Leitfähigkeit σ Die Leitfähigkeit wurde auf einer Fläche von 1,6 m × 1,6 m und zwei sich kreuzenden 15 m langen Profilen hochauflösend bestimmt. Die statistische Analyse der Leitfähigkeitsverteilung im Oberboden (Abb. 4) ergibt eine annähernde log-normal Verteilung (lg(σ[S/m]) = -3,2 ± 0,2). Die hohe räumliche Variabilität zeigt Korrelationslängen von ca. 0,35 m (Abb. 4). FD-Simulation mit heterogenen Medien Generierung zufallsverteilter Medien Bei den untersuchten Sandböden, die als Grünland genutzt werden, weist die räumliche Verteilung des DK und der elektrischen Leitfähigkeit Korrelationslängen von typischerweise wenigen Dezimetern auf. Meist ist der DK annähernd normalverteilt während die Leitfähigkeit log-normalverteilt ist. Die räumliche Variabilität der elektrischen Bodeneigenschaften wird vermutlich durch die ungleichmäßige Durchwurzelung des Bodens und die daraus resultierende unregelmäßige Durchfeuchtung, speziell in den Sommermonaten, hervorgerufen. Um den Einfluß von solchen Böden auf GPR Messungen – hier am Beispiel der Landminenortung – zu untersuchen, wurden mittels statistischer Simulationstechniken zufallsverteilte Medien generiert [6]. Da bei Sandböden die Frequenzabhängigkeit der el. Leitfähigkeit relativ gering ist, wurden die Gleichstrom-Leitfähigkeiten der Geoelektrik den HochfrequenzLeitfähigkeiten im Radarbereich gleichgesetzt. Um den Einfluss der beiden elektrischen Größen getrennt zu betrachten, wurde zunächst die Leitfähigkeit konstant gehalten und nur der DK variiert (Abb. 5). Im Weiteren wurde der DK konstant gehalten und die Leitfähigkeit variiert (Abb. 6). Die Korrelationslänge beträgt jeweils 0,3 m und es wurde ein exponentielles VariogrammModell zugrundegelegt. In einer Tiefe von 10 cm liegen in den Modellen jeweils 3 Minen vergraben. Ergebnisse der FD-Simulationen, Beispiel Minenortung mit GPR Für die dargestellten Untergrundmodelle wurde ein CO-Radargramm mit einer Mittenfrequenz von 1,5 GHz simuliert (Abb. 5 rechts). Bei einem homogenen Untergrund (εr = 5, Abb. 5, oben) sind die drei Minen klar zu identifizieren. Bei einem unregelmäßig durchfeuchteten Boden (εr = 5 ± 1, Abb. 5, 2. v. o.) sind die Minen z.T. nur schwer zu erkennen. Nimmt die Feuchte bei gleich bleibender relativer Variabilität zu (εr = 9 ± 1,8, Abb. 5, 3. v.o.), so steigt der dielektrische Kontrast zwischen Boden und Mine und alle 3 Minen sind klar zu erkennen. Wenn der Boden jedoch weiter austrocknet (εr = 4 ± 0,8, Abb. 5, unten) sinkt der Kontrast und die Minen sind praktisch nicht mehr zu detektieren. Im Gegensatz zu den DK-Variationen, haben die betrachteten Leitfähigkeitsvariationen nur einen geringen Einfluß auf GPR Messungen. Variationen, wie sie typischerweise bei Sandböden vorkommen, sind im Radargramm nicht sichtbar (Abb. 6, oben). Erst Leitfähigkeitskontraste größer etwa 0,05 S/m machen sich als Diffraktionen und Reflexionen bemerkbar (Abb. 6, mitte) und erst ab Leitfähigkeiten größer 0,1 S/m werden die Wellen so stark gedämpft, dass die Minen teilweise nicht mehr detektiert werden können (Abb. 6, unten). Zusammenfassung Die Verfahren zur Bestimmung der elektrischen Bodeneigenschaften konnten methodisch verbessert werden, so dass eine Auflösung in der Größenordnung von Dezimetern erzielt wird. Bei den Messungen auf Sandböden, die als Grünland genutzt wurden, zeigte sich eine hohe kleinräumige Variabilität sowohl des Dielektrizitätskoeffizienten als auch der elektrischen Leitfähigkeit. Es ist vor allem die kleinräumige Heterogenität des DK, welche die Georadar-Messungen negativ beeinflußt. Die Heterogenitäten verursachen Geschwindigkeitsvariationen, welche Reflexionseinsätze verzerren. Weiterhin werden zahlreiche Diffraktionen verursacht, welche die gesuchten Signale überlagern, was z.B. die Detektion von vergrabenen Körpern wie Landminen erschweren oder unter ungünstigen Untergrundverhältnissen unmöglich machen kann. Es wurde eine Methode vorgestellt, wie mittels statistischer Verfahren und FD-Simulationen die Einflüsse von Bodenheterogenitäten quantifiziert werden können. Man erhält ein Maß für die Messunsicherheit von Georadar-Untersuchungen unter realistischen Bedingungen. Literaturverzeichnis [1] Igel, J. (2007): On the Small-Scale Variability of Electrical Soil Properties and its Influence on Geophysical Measurements. Dissertation, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a. M. http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/volltexte/2007/4785/ [2] Serbin, G.; Or, D. (2003): Near-surface soil water content measurements using horn antenna radar: methology and overview. Vadose Zone Journal, 2, pp 500−510. [3] Du, S. (1996): Determination of Water Content in the Subsurface with the Ground Wave of Ground Penetrating Radar. Dissertation LMU München. [4] Huisman, J. A.; Hubbard, S. S.; Redman, J. D.; Annan, A. P. (2003): Measuring soil water content with ground penetrating radar: a review. Vadose Zone Journal, 2, pp 476−491. [5] Sandmeier, K. J. (2006): Reflex-Win Version 4.2, Windows 9x/NT/2000/XPprogram for the processing of seismic, acoustic or electromagnetic reflection, refraction and transmission data. Manual. [6] Deutsch, C. V.; Journel, A. G. (1998): GSLIB, Geostatistical Software Library and User's Guide. Oxford University Press. Anschrift des Autors Jan Igel, GGA-Institut Hannover, Stilleweg 2, 30655 Hannover, email: [email protected] Abbildungen Abb. 1: Messaufstellung zur ε–Kartierung mit der Bodenwelle (links): es werden der Sender T und die Empfänger R1 und R2 verwendet. Analyse von FD-Simulationen (rechts): Synthetisches Modell mit 2 Anomalien (rot), aus der Laufzeit der Bodenwelle bestimmte ε-Verteilung mit klassischer Aufstellung (schwarz) mit verbesserter Aufstellung mit 2 Empfängern (blau). Abb. 2: Verteilung des DK auf einem Sandboden. Bestimmung über den Reflexionskoeffizienten (links) und mittels der Bodenwelle (rechts). Abb. 3: Statistische Analyse der gemessenen DK-Verteilung (Bodenwellen-Messung, Abb. 2, rechts): links: Häufigkeitsverteilung der Messwerte (blau) und ideale Normalverteilung (rot). rechts: experimentelle richtungsabhängige Variogramme und angepasste exponentielle Variogrammmodelle. Abb. 4: Statistische Analyse der gemessenen Leitfähigkeitsverteilung im Oberboden (0−0,25 m): links: Häufigkeitsverteilung der Messwerte (blau) und ideale log-normal Verteilung (rot). rechts: Semivariogramm und angepasstes exponentielles Modell. Abb. 5: Modelle mit heterogener ε-Verteilung und σ = 0 S/m (links) und simulierte CO-Radargramme, 1,5 GHz Mittenfrequenz (rechts). In einer Tiefe von 10 cm liegen 3 Minen vergraben (εr = 3, σ = 0 S/m). Abb. 6: Modelle mit heterogener σ-Verteilung und εr = 5 (links) und simulierte CO-Radargramme, 1,5 GHz Mittenfrequenz (rechts). In einer Tiefe von 10 cm liegen 3 Minen vergraben (εr = 3, σ = 0 S/m).