Kapitel 3 B Bewegte t Bezugssysteme B t 1 Gegeneinander bewegte Bezugssysteme Koordinatensystem di K mit i Ursprung O Koordinatensystem di K´ mit i Ursprung O´ P betrachtet von K´ aus r r 1r 2 r Verbindung OO´: OO : R (t ) = a t + u t + R0 2 z´ P betrachtet von K aus z P y r(t) y0 yP O´ R(t) O y´ r´(t) y ´P x ´P x´ x0 xP x 2 Ö Bewegungen, beobachtet aus relativ zueinander bewegten Bezugssystemen : Koordinatensystem ruhend Koordinatensystem bewegt, du/dt =0 z.b. waagerechter Wurf mit v0 = u r r A f Anfangsbedingungen b di : v = (u ,0,0 ) ; r = (0,0, h ) Kräfte sind identisch, aber : Form der Bahn ist unterschiedlich ! 3 Galilei-Transformation die beiden Koordinatensysteme y seien nicht g gegeneinander g beschleunigt g ((bzw. erfahren die gleiche Beschleunigung) : Galilei-Transformation r es sei : r (t ) r& r aus : r (t ) = v r& r aus : v (t ) = a r r r und : r ' (t ) = r − u t r& r r& r r r r ' (t ) = v ' = r − u = v − u Ö Ö r& r r& r& r v ' = a' = v − u = a keine Relativ Relativ-Beschleunigung Beschleunigung zwischen den Systemen Ö du/dt = 0 r r aus : a ' = a Ö r r F = F' d.h. die in den beiden Systemen beobachteten Kräfte sind gleich Anmerkung : diese Aussage gilt nur für u << c Systeme, die sich mit konstanter Relativgeschwindigkeit (ohne Beschleunigung) bewegen, heißen Inertialsysteme 4 Beschleunigte Bezugssysteme : Scheinkräfte Beispiel (1) : wir betrachten einen Passagier in einem startenden Flugzeug Ö Beschleunigung des Flugzeugs durch Kraft F y F x der Passagier habe keinerlei Verbindung zur Außenwelt (Fenster geschlossen, etc.); obwohl für den Passagier keine Kraft F erkennbar ist ist, wird er in den Sitz gepresst Ö der Passagier registriert eine Scheinkraft 5 Beispiel (2) : wir betrachten Person beim freien Fall oder beim Fall mit einem Aufzug r a' K´ r a r a K (a) (b) (a) Brad beobachtet seinen Fall im Bezugssystem K und schließt auf eine Beschleunigung; (b) B d befindet Brad b fi d t sich i h im i abgeschlossenen, b hl f ll d Fahrstuhl fallenden F h t hl undd beobachtet b b ht t im i beschleunigten b hl i t Bezugssystem K‘; relativ zum System K‘ bemerkt Brad keine Beschleunigung Ö scheinbare Schwerelosigkeit Ö Brad schließt auf eine Scheinkraft F, die die Gewichtskraft FG kompensiert 6 Gleichförmig gegeneinander beschleunigte Bezugssysteme ► Beschleunigung g g des Bezugssystems g y führt zur Beobachtungg einer (Schein-) Kraft beim mit-beschleunigten Beobachter K´(t K (t2) K´(t K (t1) K´(t K (t4) K´(t K (t3) K z´ z´ z x´(t ´( 1) O O´ x xK x´(t2) x´(t3) x´ x´(t4) 1 2 x(O' (t )) = x0 + u0 t + a t 2 das Koord.sys. K‘ (blau) sei im Bezug auf das ursprüngliche Koord.sys. K (rot) in x-Richtung beschleunigt; betrachte ein ruhendes Objekt (rotes Rechteck) in den beiden Koordinatensystemen Ö im roten System ruht 7 das Objekt; im blauen Koord.sys. bewegt sich das Objekt beschleunigt mit a vom Ursprung O‘ weg Scheinkräfte in einem rotierenden Bezugssystem betrachte Scheinkräfte bei der Kreisbewegung Kreisbe eg ng : beschleunigte Bewegung, r da v = const, aber : v (t ) ≠ const. (Richtungsänderung) r r& a (t ) = v (t ) ≠ 0 r 2 r Zentripetalbeschleunigung : a = −ω r r r 2 r Zentripetalkraft e pe : F = ma = − mω r r v (t ) r a (t ) r a (t + Δt ) r v (t + Δt ) 8 betrachte rotierende Masse an einer festen Schnur : Ö FZP äußert sich als Spannkraft der Schnur vom ruhenden Beobachter (von außen) betrachtet : Masse m bewegt sich auf Kreisbahn g Bewegung g g Ö beschleunigte vom mit-beschleunigten Beobachter (sitzend auf Masse m) betrachtet : Masse m scheinbar in Ruhe Ö r ∑ Fi = 0 r ω r FZP m i r r Ö FZP + FZF = 0 Der bewegte D b t Beobachter B b ht muss die di Zentrifugalkraft Z t if lk ft als Scheinkraft einführen, weil er die Bewegung seines Bezugssystems nicht berücksichtigt. berücksichtigt Zentrifugalkraft 9 Zentrifugalkraft & Zentripetalkraft r 2 r Masse m auf Kreisbahn wird mit aZP = −ω r zum Zentrum hin beschleunigt Ö Masse m muss Zentripetalkraft erfahren, um auf Kreisbahn zu bleiben 2 v FZP = − mω 2 r = −m r Zentripetalkraft z.B. durch Federkraft FZF FZP r 10 Ö wenn für eine tatsächlich an der Masse m wirkende Kraft (z.B. eine Federkraft) gilt : F < mv2/r dann wird die Masse m durch die Zentrifugalkraft nach außen beschleunigt (dr/dt > 0); wenn F < mv2/r , bewegt sich Masse m nach innen (dr/dt < 0) Ö der Radius r der Kreisbahn stellt sich dann so ein, dass gilt : FZP = FZF 2 v = mω 2 r = m r Ö erst dann ist dr/dt = 0 11 Effekt der Zentrifugalkraft bei Satellitenbahnen physikalische Ursache der Zentripetalkraft (welche Kraft hält den Satelliten an der Erde ?) m v R Ö Gravitation RE r v2 mME rˆ Ö FZP = − m rˆ = − G 2 R R ME r v2 Zentrifugalkraft : FZF = m rˆ R Bahnradius stellt sich ((bei ggeg. g Geschwindigkeit g v)) so ein,, dass : FZF = FZP v2 mME = G Ö m R R2 Ö ME R = G 2 v d.h. R sinkt mit wachsendem v; je kleiner v, umso weiter ist die stabile Bahn des Satelliten von d Erde der E d entfernt; tf t dies di ist i t klar, kl denn d : je j kleiner kl i v, umso kleiner kl i i t die ist di nachh außen ß treibende t ib d Zentrifugalkraft – und umso kleiner die zur Kompensation benötigte Zentripetalkraft = 12 Gravitationskraft; diese Kraft ist umso kleiner, je größer der Abstand zur Erde ist Frage : Welche Geschwindigkeit ist in der Nähe der Erdoberfläche nötig für eine stabile Umlaufbahn ? FZF = FZP v2 mME m = G RE RE2 Ö in der Nähe der Erdoberfläche gilt : Ö v2 = g RE Ö v = mME G =mg 2 RE g RE erste kosmische Fl ht Fluchtgeschwindigkeit h i di k it d h fü d.h. für v2 > gR RE gibt ib es stabile bil Satellitenbahnen S lli b h 13 Anmerkung : Schwerelosigkeit im Spacelab/Raumstation Beobachter von außen (z.B. (z B auf dem Mond) sieht : Bewegung des Spacelab durch Gravitation verursacht Ö parallele Beschleunigung des Spacelab und der Astronauten darin durch Gravitation mit-bewegter Beobachter im Spacelab sieht : keinerlei Kräfte, die zur Beschleunigung relativ zum Bezugssystem des Spacelab führen Ö Schwerelosigkeit im Spacelab spacelab v R RE ME Der deutsche Astronaut Hans Schlegel schwebt im Februar 2008 während seines Aufenthalts an Bord der Internationalen Raumstation ISS durch das Weltraumlabor "Columbus". 14 vergleiche : Schwerelosigkeit auf Wurfparabel/Parabelflug Beobachter von außen sieht : Bewegung des Flugzeugs auf Parabelflug wird durch Gravitation verursacht Ö parallele Beschleunigung des Flugzeugs und der Passagiere durch Gravitation mit-bewegter Beobachter im Flugzeug sieht : keine Kräfte, die zur Beschleunigung relativ zum Bezugssystem des Flugzeugs führen Ö Schwerelosigkeit im Flugzeug beim Parabelflug „schwerelos“ h l “ (0 g) gp Anflugphase Rückkehrphase p 15 Zentrifugalkraft & Gravitation aZF,Pol(r, (r ω) = 0 gPol aZF((r,, ω) r g RE geff gÄq aZF,Äq. ZF Äq ((r,, ω)) Konsequenzen der Zentrifugalkraft für die Gravitationsbeschleunigung g der Erde : Die Zentrifugalbeschleunigung aZF wirkt zusätzlich zur Gravitationsbeschleunigung g Ö Änderung der effektiven G i i durch Gravitation d h die di Zentrifugal-Beschleunigung; Z if l B hl i an den d Polen P l : Betrag B und/oder d/ d Richtung Ri h von FG werden nicht beeinflußt; am Äquator : FZF anti-parallel zu FG, Richtung wird nicht beeinflußt; 16 dazwischen (z.B. in Darmstadt) : Richtung und Betrag von FG werden beeinflußt Abschätzung des Effekts der Zentrifugalkraft auf Gravitationsbeschleunigung : 2 a Äquator ZF ⎛ 2π ⎞ = ω RE = ⎜ ⎟ RE ⎝ T ⎠ 2 2 ⎛ ⎞ 2π m 6 ⎟⎟ 6.37 ⋅10 m = ... = 0.034 2 = ⎜⎜ s ⎝ 24 ⋅ 60 ⋅ 60 s ⎠ vgl. g mit Gravitationsbeschleunigung g g g = 9.81 m/s2 Ö der Effekt beträgt am Äquator lediglich ca. +0.3 % in Darmstadt (geograph. Breite ca. 50°) Ö a DA ZF =a Äquator ZF m cos(50°) = 0.025 2 s Pol an den Polen Ö aZF =0 Ö die Gravitationsbeschleunigung am Äquator Ä ist wg. der Zentrifugalbeschleunigung (und wg. der Erdabplattung an den Polen) etwas geringer als an den Polen; zusätzlicher Effekt : inhomogene Dichteverteilung des Erdinneren 17 Anwendung der Zentrifugalkraft : Massentrennung durch Zentrifugen ► Zentrifugalkraft g ist massenabhängig g g ((dichtenabhängig) g g) Ö räumliche Trennung von Materialien unterschiedlicher Dichten wird möglich FZF = mω 2 R ω Ö Kraft auf Volumenelement dV : dFZF = ρ dV ω R 2 ρ1 ρ2 ρ3 Ö für Massen verschiedener Dichten : dFZF(1) = ρ1 dV ω 2 R ( 2) ZF dF = ρ 2 dV ω R 2 wenn ρ1 > ρ2 dann erfährt ρ1 größere Kraft und wird weiter nach außen gedrängt Ö Trennung von unterschiedlichen Dichten in gemischten Materialien 18 Zentrifuge im medizinischen Labor, z.B. zur Trennung von Bestandteilen des Blutes (Blutplättchen, weiße Blutkörperchen, rote Blutkörperchen, Blutflüssigkeit (Plasma)); im Reagenzglas sind nach Behandlung mit 19 der Zentrifuge die Blutbestandteile deutlich getrennt sichtbar Gas-Zentrifugen zur Anreicherung von Uran-Isotopen (Nuklear-Material) durch Trennung von Gas aus 238UF6 und 235UF ; das G Gas wird i d von unten durch d h die di Zentrifuge Z if 6 d geleitet; das schwerere Gas 238UF6 (dunkelblau im Schema rechts) wird stärker nach außen gedrängt und kann an geeigneter Stelle entnommen werden 20 Weitere Scheinkraft im rotierenden Bezugssystem : Coriolis-Kraft betrachte eine gradlinig rollende Kugel auf drehender Scheibe : P2 P1 ω O Kugel startet im Ursprung mit grader, unbeschleunigter Bewegung; ohne die Drehung der Scheibe würde der Beobachter in der Mitte nach Δt den Auftreffpunkt P1 erwarten; wegen Drehung (auch der Blickrichtung des Beobachters) scheint die Kugel bei P2 aufzutreffen Ö Beobachter auf Drehtisch sieht Differenz Δs = [P2;P1] und schließt auf Wirken einer Scheinkraft es gilt (Drehung) : Δs = Δϕ ⋅ r = ω Δt r wir nennen r = Δr : Δs = ω Δt Δr anderseits gilt (Ablenkung von der gradlinigen Bahn durch Beschleunigung mit Scheinkraft) : Δr = 2ω v Ö αc = 2ω Δt Coriolis- Beschleunigung dargestellt mit Richtungen : 1 2 Δs = α c (Δt ) 2 r r r α c = −2 ω × v r r r Fc = −2 m ω × v 21 Anmerkung : Richtungsbeziehungen bei der Coriolis-Kraft offensichtlich wirkt die Coriolis-Beschleunigung Coriolis Beschleunigung senkrecht zur ursprünglichen Geschwindigkeit v g mit ω und senkrecht zur Drehung/Drehachse ω vo v aC r r r α c = −2 ω × v r r r Fc = −2 m ω × v ω ω×v v aC 22 Anmerkung : Richtungsbeziehungen bei der Zentrifugal-Kraft offensichtlich wirkt die Zentrifugal-Beschleunigung Zentrifugal Beschleunigung senkrecht zur Drehung/Drehachse mit ω und pparallel zum Ortsvektor r; ausserdem ist die Kraft proportional zu ω2 ω r r r r α ZF = ω × r × ω r r r r FZF = m ω × r × ω r aZF ω aZF r r×ω 23 Ein Schlitten fährt geradlinig auf einer Schiene mit konstanter Geschwindigkeit v und markiert dabei mit einem Stift seine Bahn auf einer darunter rotierenden Scheibe. Die markierte Bahn erscheint gekrümmt, wobei die Kurvenform von der Geschwindigkeit v, v von der Winkelgeschwindigkeit ω der Scheibe und vom Abstand r des Schlittens vom Zentrum M der Scheibe abhängt. Ein Beobachter auf dem Drehtisch erwartet zunächst eine gradlinige Bewegung des Schlittens (wie sie ein Beobachter außerhalb des Drehtisches auch sieht). Tatsächlich aber misst er in seinem System eine gekrümmte Bahn. Folglich wirkt eine Beschleunigung auf den Schlitten. Der Beobachter muss Coriolis- und Zentrifugalbeschleunigungen einführen, um die Messungen in seinem rotierenden System zu erklären. 24 (links) Eine mit Streusand gefüllte Kugel hängt an einem Faden mit festem Aufhängepunkt und schwingt in einer raumfesten x-z-Ebene unter dem Einfluss der Schwerkraft. Unter diesem Pendel befindet sich ein Drehtisch in der x-y-Ebene, der sich mit ω um die z-Achse dreht. Wenn man den Sand aus einer kleinen Öffnung der Hohlkugel austreten lässt, zeichnet er für ω = 0 eine gerade Linie auf den Drehtisch, für ω ≠ 0 jedoch gekrümmte rosettenartige Bahnen, deren Krümmung vom Verhältnis Schwingungsdauer T1 zu Umdrehungszeit T2 abhängt . Ein Beobachter auf dem Drehtisch erwartet zunächst eine gradlinige Bahn (wie sie ein Beobachter außerhalb des Drehtisches auch sieht), beobachtet aber eine Krümmung der Bahnkurve. Er kann sich dies nur durch Scheinkräfte erklären. (rechts) Auch ein Foucault‘sches Pendel beschreibt die 25 diskutierte Bahn (siehe z.B. http://de.wikipedia.org/wiki/Foucaultsches_Pendel) Foucault‘sches Pendel die Erde stellt ein rotierendes System y dar Ö ein Pendel,, das g gradlinig g schwingt, g, scheint im rotierenden System der Erde eine gekrümmte Bahn zu verfolgen (siehe vorherige Folie) Ö Beobachtung der scheinbaren Krümmung/Drehung der Pendelebene lässt sich auf Erddrehung zurück schließen Die Pendel-Ebene ändert sich nicht im Raum - aber der Erdboden dreht sich darunter Ö scheinbare Drehungg der Pendel-Ebene im rotierenden Bezugssystem Foucault‘sches Pendel an der Univ. Köln (von oben gesehen) 26 Foucault, Masse des Original-Pendels, Foucault‘s „Labor“ im Pariser Pantheon (1851) 27 ω Die Erde als rotierendes Bezugssystem ω ω ωt ωS ωt ωS Betrachte Ebene parallel zur Oberfläche (z.B. Näherung für Hörsaal-Fläche); vektorielle Zerlegung der Winkelgeschwindigkeit liefert Komponenten senkrecht und tangential zur Ebene; ωS beschreibt die Drehung der Oberfläche um Achse vom Erdmittelpunkt zum Mittelpunkt der Ebene Ö verantwortlich für CoriolisKraft; ωt beschreibt die Drehung der Oberfläche um die Achse senkrecht zu ω Ö verantwortlich für 28 Zentrifugal-Kraft; am Nordpol ist ωt =0 Ö FZF = 0; am Äquator ist ωS =0 Ö FC = 0 Beispiel : Luftströmungen in der Erd-Atmosphäre in der Erdatmosphäre sollte die Luft gradlinig von einem Hochdruck zu einem Tiefdruckgebiet strömen; da die Erde aber ein rotierendes Bezugssystem darstellt, wirkt die Coriolis-Kraft auf die Luftströmung Ö gekrümmte Bahnkurve, sichtbar durch Wolkenbildung um Tiefdruckgebiet r v r aC T Anmerkung : Richtung der Coriolis Coriolis-Beschleunigung Beschleunigung (d.h. (d h Drehrichtung der Wolken) ist auf Süd SüdHalbkugel umgekehrt zur Nord-Halbkugel 29 Abschätzung des Coriolis-Effekts : Wind mit v = 20 km/h = 5 m/s Ö ω Nordpol = 2π ≈106 s −1 86400 s m aC = 2 ω v ≈ 0.001 2 s wir beobachten Δt = 1 min min. lang: Ö s = v Δt = ... = 300 m Ablenkung : 1 2 Δs = aC (Δt ) = ... ≈ 2 m 2 Wolkenbildung bei einem extremen Tiefdruckgebiet ((Hurrikan)) auff der Nord-Halbkugel g d.h. auf einer Strecke von 300 m wird die Luft um 2 m zur Seite abgelenkt; bei starken Strömungen mit v > 100 km/h ist der Effekt sehr deutlich 30 Mathematische Herleitung von Coriolis- und Zentrifugalkraft betrachte Punkt A vom ruhenden und vom rotierenden Bezugssystem aus : ruhendes System K : r r (t ) = x(t ) eˆx + y (t ) eˆ y + z (t ) eˆz r& Ö r (t ) = x& (t ) eˆx + y& (t ) eˆ y + z& (t ) eˆz Anmerkung : die Einheitsvektoren liegen fest in K und sind in K nicht zeitabhängig r r rotierendes System K K‘ : r ' (t ) = x' (t ) eˆ' x + y ' (t ) eˆ' y + z ' (t ) eˆ' z = r (t ) r& r& Ö r ' (t ) = x& ' (t ) eˆ' x + y& ' (t ) eˆ' y + z& ' (t ) eˆ' z = r (t ) Anmerkung : die Einheitsvektoren liegen fest in K‘ und sind in K‘ nicht zeitabhängig 31 Geschwindigkeiten, gesehen vom ruhenden System K aus, aber ausgedrückt in den Koordinaten des Systems K‘ (z.B. Beobachter im Weltall (K) beobachtet Luftströmung auf der Erdoberfläche (K‘) und beschreibt die Bewegung relativ zum rotierenden Bezugssystem der Erdoberfläche) : r r v ( x' , y ' , z ') = x& ' (t ) eˆ' x (t ) + y& ' (t ) eˆ' y (t ) + z& ' (t ) eˆ' z (t ) Ö v ' + x' (t ) e&ˆ' x (t ) + y ' (t ) e&ˆ' y (t ) + z ' (t ) e&ˆ' z (t ) Ö ur Anmerkungen : die Einheitsvektoren von K‘ sind im System K zeitabhängig (rotieren); u ist die beschleunigte Relativ-Geschwindigkeit von K und K‘ die Endpunkte der Vektoren ei machen eine Drehung um den Ursprung O = O‘ mit der konstanten Winkelgeschwindigkeit ω; für die Geschwindigkeit der Drehung gilt daher : mit : r r dr r r =ω×r v= dt Ö &eˆ' = ωr × eˆ' i i mit : i = x,y,z 32 r r r r Ö u = x' (ω × eˆ' x ) + y ' (ω × eˆ' y ) + z ' (ω × eˆ' z ) r v Ö u = ω × (x' eˆ' x + y ' eˆ' y + z ' eˆ' z ) Ö r v r v r u = ω × r'= ω × r r r r r r r damit folgt für die Geschwindigkeit : v = v '+u = v ' + ω × r Ö Beschleunigung : Anmerkung : ω = const. const r r& r r& d r r r a = (v '+ω × r ) = v '+ω × r dt r& &ˆ&' + y& ' e&ˆ&' + z& ' e&ˆ&' mit : v ' = &x&' eˆ' x + &y&' eˆ' y + &z&' eˆ' z + x& ' e x y z r Ö a' r r Ö ω × v' Anmerkung : Herleitungen analog wie oben für v‘=dr‘/dt 33 r r r r r r& r r& r Ö Beschleunigung : a = v '+ω × r = a ' + ω × v ' + ω × v r r r r mit : v = v ' + ω × r r r r r r r r r Ö a = a ' + ω × v '+ω × (v '+ω × r ) r r r r r r r r = a ' + ω × v ' + ω × v ' + ω × (ω × r ) r r r r r r = a ' + 2 ω × v ' + ω × (ω × r ) r r r r r r r aufgelöst f lö t nachh a‘‘ : a ' = a − 2 ω × v ' − ω × (ω × r ) r r r r r r r oder d : a' = a − 2ω × v ' + ω × r ×ω Coriolis Zentrifugal 34 Lorentz-Transformation & Spezielle Relativitätstheorie vgl. Galilei-Transformation in gegeneinander mit konstanter Geschwindigkeit vgl bewegten Bezugssystemen (Inertialsystemen) : r r r r ' (t ) = r − u t r r r v' = v − u r r a' = a Anmerkung : neben Orts-Koordinaten wird auch die Zeit-Koordinate betrachtet Ö Zeit ist in beiden Bezugssystemen gleich (und läuft damit auch gleich schnell) r r Ö F = F' tt'' = t r r r Ö v = v'+ u d.h. wenn die Relativgeschwindigkeit der Bezugssysteme in der Nähe der Lichtgeschwindigkeit c wäre, könnte die gemessene Relativgeschwindigkeit v im Prinzip (v (v‘ + c) > c werden aber : experimentell zeigte sich (Michelson & Morley, 1881), daß die Lichtgeschwindigkeit c in allen Inertialsystemen konstant ist! Ö die Galilei-Transformation ist bei v → c nicht mehr korrekt 35 Relativ einfaches Experiment zur Messung der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit : die Messung g g c ffür Licht eines S Sternes,, auff den die Erde sich auff ihrer Bahn um die der Lichtgeschwindigkeit Sonne mit u = 30 km/s zubewegt, ergibt exakt denselben Wert wie ein halbes Jahr später, wenn die Erde sich von ihm mit u = 30 km/s wegbewegt. Nach diesen immer wieder bestätigten experimentellen Ergebnissen müssen wir schließen : Die Lichtgeschwindigkeit ist in allen Inertialsystemen gleich, unabhängig von deren Relativgeschwindigkeit zur Lichtquelle. 36 Gleichzeitigkeit Wir betrachten zwei Systeme S und S‘ in denen von den Punkten A und B, bzw. A und B Lichtblitze gefeuert werden (a) Keine Relativbewegung S, werden. S SS‘. Die Beobachter O und O O‘ messen die Ankunftszeit der Lichtblitze in O bzw. O und schließen daraus, ob die Ereignisse in A und B gleichzeitig stattfanden (dann kommen die Lichtblitze auch gleichzeitig in O bzw. O" an), oder ob die Lichtblitze zu verschiedenen Zeiten ausgesandt wurden Beide Beobachter kommen zu gleichen Ergebnissen. wurden. Ergebnissen (b) Relativbewegung S, S S S‘. Wir nehmen an, an dass wieder, vom Standpunkt des Beobachters O aus gesehen, zur Zeit t = 0 gleichzeitig zwei Blitze von A und B, bzw. A und B ausgesandt werden. Der ruhende Beobachter misst dann die Signale von A und B bzw. A‘ und B‘ in O. Wäh Während end de der Lichtlaufzeit ichtlauf eit Δtt de der Signale von A nach O, bbzw, w, von B nach O hat sich abe aber O O‘ um die Strecke Δx = cΔt nach rechts bewegt. Die Signale von B bzw. B‘ kommen deshalb in O‘ früher an als die von A bzw. A‘. Daraus schließt O‘, dass das Ereignis in B bzw. B‘ früher stattgefunden hat als in A, A‘. 37 betrachte Intertialsysteme S, S‘, die sich mit Relativgeschwindigkeit vx bewegen: Ein kurzer Lichtblitz wird zur Zeit t = t‘ =0 von O = O‘ ausgesandt. Beobachter in O und O‘ messen die Zeiten t, t‘, bis das Licht den Raumpunkt A erreicht hat : und : r = ct Ö x +y +z =c t r' = c t' Ö x' + y ' + z ' = c' t ' 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 mit : c = c c‘ 38 das System S‘ (bzw. der Ursprung O‘) bewegt sich mit v Ö x(O' ) = v t alle Werte von x‘ sind auf O‘ bezogen Ö Koordinate x‘ eines beliebigen Punktes im System S‘, ausgedrückt in Koordinaten des Systems S muss von (x −vt) abhängen. Ö Ansatz : x' = k ( x − vt ) mit Konstante k Obwohl die Uhren der beiden Beobachter zum selben Zeitpunkt gestartet wurden, wurden können durch die Relativbewegung auch die gemessenen Zeiten variieren Ö Ansatz : t ' = a (t − bx b ) mit Konstanten a,b Anmerkung : äquivalenter Ansatz wie für Ort x Einsetzen der Ausdrücke für x‘ und t‘ in die Gleichung für r‘ liefert : k (x − vt ) + y + z = c a (t − bx ) 2 2 2 2 2 2 2 mit : y = y‘ ; z = z‘ 39 Umformung ergibt : (k 2 ) ( ) − b 2 a 2 c 2 x 2 − 2 k 2 v − ba 2 c 2 xt + y 2 + z 2 2 ⎛ 2 ⎞ 2 2 v 2 = ⎜⎜ a − k 2 ⎟⎟c t c ⎠ ⎝ der Ausdruck mit x,y,z, muss für alle Orte und Zeiten übereinstimmen mit : (k − b a c ) = 1 (k v − ba b c )= 0 2 2 Ö 2 x2 + y2 + z 2 = c2 t 2 a=k = 2 2 2 2 2 ⎛ 2 ⎞ v 2 ⎜⎜ a − k 2 ⎟⎟ = 1 c ⎠ ⎝ Ö 1 2 v 1− 2 c v b= 2 c 40 Einsetzen der ermittelten Konstanten a,b,k in die Ansätze für x‘und t‘ liefert : x' = x − vt 2 v 1− 2 c ⎛ v ⎞ γ = ⎜⎜1 − 2 ⎟⎟ ⎝ c ⎠ 2 oder mit : Ö ; x' = γ ( x − vt ) − v t− 2 x c t' = 2 v 1− 2 c 1 2 ; v ⎞ ⎛ t' = γ ⎜t − 2 x ⎟ ⎝ c ⎠ Lorentz-Transformationen 41 für Relativ-Geschwindigkeiten v << c ergibt sich : v → 0 c Ö x' → ⎛ v ⎞ γ = ⎜⎜1 − 2 ⎟⎟ ⎝ c ⎠ 2 und somit : (x − vt ) ; −1 / 2 →1 t' → t Galilei-Transformation d.h. für kleine Relativgeschwindigkeiten folgt die Galilei-Transformation als Grenzfall der Lorentz-Transformation 42 Konsequenzen der konstanten Lichtgeschwindigkeit : Zeit-Dilatation betrachte eine Licht-Uhr : Die Lichtuhr besteht aus zwei Spiegeln, deren Abstand je eine halbe Lichtsekunde entfernt ist. Ein Licht-Puls wird am unteren Spiegel losgeschickt. Wenn er wieder zurückkehrt ist eine Sekunde vergangen Ö durch Zählen der Impulse bei der Rückkehr hat man eine Uhr gebaut. h Die Lichtuhr Di Li ht h fährt fäh t nun in i einem i mit it der d großen ß Geschwindigkeit G h i di k it v bewegten b t Zug. Z Sie wird einerseits beobachtet vom im Zug befindlichen bewegten Beobachter und andrerseits vom außerhalb des Zugs befindlichen ruhenden Beobachter. Für den Beobachter im Zug hat sich nichts geändert. geändert Für den Beobachter außerhalb scheint sich der Weg, den das Licht zurücklegt, geändert zu haben (siehe unten). t=1 v L Lichtweg für ruhenden Beobachter : h L = h + Δs 2 Δs t=0 v t=2 2 2 v http://leifi.physik.uni-muenchen.de/web_ph12/grundwissen/07zeitdilatation/zeitdilatation.htm 43 da die Lichtgeschwindigkeit in beiden Bezugssystemen gleich ist, muss gelten : h = c tB ; L = c tR ; Δs = v t R mit den Zeiten tB, tR im ruhenden bzw. bewegten Bezugssystem Ö Einsetzen in L2 = h2 nach Umstellen folgt : + Δs2 liefert tR = tB : c t =c t +v t 2 1 2 v 1− 2 c 2 R = γ 2 2 B 2 2 R ZeitDilatation d.h. der bewegte Beobachter erfährt die Zeit um den Faktor γ modifiziert Ö für v << c ergibt sich (wie erwartet) tB ≈ tR für v → c ergibt g sich tB << tR (d.h. die Zeit für den bewegten Beobachter scheint stark verkürzt) 44 Beispiel : (1) Hafele/Keating-Experiment (1971) synchronisiert man zwei Atom Atom-Uhren, Uhren, nimmt dann eine der beiden Uhren in einem schnellen Flugzeug (Concorde) mit zu einer Erdumrundung, so stellt man fest, dass diese nachgeht um eine kleine Zeitspanne; die bewegte Uhr geht langsamer (Zeit erscheint verkürzt) Ö gemessene Zeitdifferenz lag in der Größenordnung von einigen 10 ns = 10-8 s bei einer Gesamtflugdauer von einigen 10 Std. (pro Umrundung) 13 nötig Ö hohe h h Messgenauigkeit M i k it mit it Auflösung A flö von Δt/t = 10-13 öti ! 45 Beispiel : (2) Zerfall von schnellen instabilen Elementarteilchen mit v → c Konzept : instabile Elementarteilchen zerfallen innerhalb einer bekannten typischen Zerfallszeit (gemessen an ruhenden Teilchen); im Bezugssystem eines schnellen, instabilen Elementarteilchens (z.B. eines Myons) läuft die Zeit langsamer Ö weniger Zerfallsprozesse Ö die Lebensdauer des Teilchens scheint verlängert Experiment : Durch die Höhenstrahlung (schnelle Protonen und Elektronen aus dem Weltall) werden in der oberen Erdatmosphäre bei Stößen mit den Atomkernen der Luftmoleküle Myonen erzeugt, die fast Lichtgeschwindigkeit haben ruhende Myonen (in Ruhe) zerfallen innerhalb einer Halbwertszeit von τ = 5 µs in ein Elektron und zwei Neutrinos : μ − → e− + ν e + ν µ im Experiment wird der Zerfall von schnellen Myonen aus Höhe in der Erdatmosphäre beobachtet; man findet eine wesentlich höhere Lebensdauer von ca. τ ‘ = 45 µs Ö aus γ = τ‘/τ = 9 folgt die Geschwindigkeit v = 0.994 c 46 Beispiel : (3) Das Zwillings-Paradoxon Zwilling 1 bleibt auf der Erde, Zwilling 2 fliegt mit v = 0,8 c nach Alpha Centauri (4 Lichtjahre) und zurück ! Reisedauer von Zwilling 1 : 10 Jahre Reisedauer von Zwilling 2 : 6 Jahre Ö Zwilling 2 wäre jünger als Zwilling 1 aber b : aus Sicht Si ht von Z Zwilling illi 2 bewegt b t sich Zwilling 1 mit v = 0,8 c; Ö Zwilling Z illi 1 wäre ä jünger jü als l Zwilling Z illi 2 0 Paradoxon 0 Auflösung f g : Die Situation ist nicht symmetrisch y ((Beschleunigung g g bei Bewegungsumkehr bzw. Wechsel des Inertialsystems durch Zwilling 2) Ö man 47 muss die Situation aus der Sicht von Zwillings (ruhend) betrachten Längenkontraktion R L B v betrachte einen bewegten Beobachter, der an einer Strecke L vorbeifährt : (1) wie bereits diskutiert, erscheint die Zeit für den bewegten Beobachter um den Faktor γ verkürzt gegenüber der Zeit eines ruhenden Beobachters (2) jede Längenmessung kann zurückgeführt werden auf eine Zeitmessung z.B. die Laufzeit t eines Lichtpulses über die Länge L (die Beobachter können z.B. messen, wie lange es dauert, L=ct bis ein Lichtpuls vom Anfang zum Endpunkt der Strecke L läuft) Ö da die Zeit für den bewegten Beobachter um den Faktor γ verkürzt ist, erscheint auch die gemessene Länge um den Faktor γ verkürzt 48