74 Krebs in Deutschland Brustdrüse 3.14 Brustdrüse Tabelle 3.14.1 Übersicht über die wichtigsten epidemiologischen Maßzahlen für Deutschland, ICD-10 C50 2011 2012 Prognose für 2016 Männer Frauen Männer Frauen Männer Frauen Neuerkrankungen 600 70.190 620 69.550 700 65.500 rohe Erkrankungsrate1 1,5 170,8 1,6 169,1 1,7 158,1 standardisierte Erkrankungsrate1,2 1,0 119,0 1,1 117,4 1,1 106,6 mittleres Erkrankungsalter3 71 64 71 64 Sterbefälle 159 17.815 150 17.748 rohe Sterberate1 0,4 43,4 0,4 43,2 standardisierte Sterberate1,2 0,3 24,6 0,3 23,9 2.200 316.800 2.300 317.200 5-Jahres-Prävalenz nach 5 Jahren nach 10 Jahren absolute Überlebensrate (2011 – 2012)4 64 80 (76 – 81) 43 66 (62 – 68) relative Überlebensrate (2011 – 2012)4 78 88 (83 – 89) 65 82 (79 – 83) 1 je 100.000 Personen 2 altersstandardisiert nach alter Europabevölkerung 3 Median 4 in Prozent (niedrigster und höchster Wert der einbezogenen Bundesländer) Epidemiologie Risikofaktoren und Früherkennung Mit zuletzt rund 70.000 Neuerkrankungen jährlich ist der Brustkrebs die mit Abstand häufigste Krebserkrankung der Frau, hinzu kommen noch mindestens 5.500 in situ Tumoren. Auf Basis der aktuellen Inzidenzraten erkrankt etwa eine von acht Frauen im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Fast drei von zehn betroffenen Frauen sind bei Diagnosestellung jünger als 55 Jahre alt. Die Neuerkrankungs- und Sterberaten liegen in den neuen Bundesländern immer noch deutlich niedriger als in den alten, nur bei den unter 55-jährigen Frauen haben sich die Raten inzwischen weitgehend angeglichen. Nach Einführung des MammographieScreenings ab 2005 sind die Erkrankungsraten in Deutschland zunächst sprunghaft angestiegen, seit 2009 allerdings wieder rückläufig. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurden beim Screening auch einige Tumoren diagnostiziert, die sonst lebenslang unerkannt geblieben wären (Überdiagnose). Trotz gestiegener Zahl der Neuerkrankungen versterben heute weniger Frauen an Brustkrebs als noch vor 10 Jahren. Die Überlebenschancen haben sich durch Fortschritte in der Therapie deutlich verbessert. Erst in einigen Jahren wird erkennbar sein, ob das Screening eine weitere Reduktion der Brustkrebssterblichkeit bewirken kann. Zuletzt deutet sich jedoch ein Rückgang der Erkrankungsrate an fortgeschrittenen Tumoren in der betreffenden Altersgruppe an, was als Voraussetzung für eine spätere Senkung der Sterblichkeit gesehen werden kann. Eine frühe erste und eine späte letzte Regelblutung, Kinderlosigkeit oder ein höheres Alter bei der ersten Geburt sind mit einem erhöhten Risiko für Brustkrebs assoziiert. Mehrere bzw. frühe Geburten und Stillzeiten verringern umgekehrt das Brustkrebsrisiko. Eine Hormonersatztherapie in und nach den Wechseljahren, insbesondere mit einer Kombination aus Östrogenen und Gestagenen, steigert das Brustkrebsrisiko. Hormonhaltige Ovulationshemmer (»Pille«) beeinflussen die Erkrankungshäufigkeit dagegen nur geringfügig. In Studien wurde ein erhöhtes Risiko bei Übergewicht und Bewegungsmangel nach den Wechseljahren beobachtet, auch Alkohol ist als Risikofaktor belegt. Es gibt Hinweise auf eine geringfügig risikosteigernde Wirkung von Aktiv- und Passivrauchen vor den Wechseljahren. Daneben haben Frauen mit sehr dichtem Brustdrüsengewebe oder bestimmten gutartigen Brustveränderungen ein erhöhtes Risiko. Eine familiäre Häufung von Brust- oder Eierstockkrebs ist ebenfalls ein Risikofaktor. In etwa der Hälfte der familiär gehäuft auftretenden Fälle (5–10 % aller Brustkrebserkrankungen) liegt der genetischen Belastung eine Veränderung der »klassischen« Brustkrebsgene BRCA1 und -2 zugrunde. Das gesetzliche Früherkennungsprogramm bietet Frauen ab 30 die Möglichkeit einer jährlichen Tastuntersuchung beim Arzt. Zwischen 2005 und 2009 wurde in Deutschland das qualitätsgesicherte Mammographie-Screening-Programm für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren eingeführt. Eine Einladung erfolgt seitdem alle zwei Jahre. ICD-10 C50 Krebs in Deutschland Abbildung 3.14.1a Altersstandardisierte Erkrankungs- und Sterberaten, nach Geschlecht, ICD-10 C50, Deutschland 1999 – 2012 je 100.000 (Europastandard) Abbildung 3.14.1b Absolute Zahl der Neuerkrankungs- und Sterbefälle, nach Geschlecht, ICD-10 C50, Deutschland 1999 – 2012 200 100.000 180 90.000 160 80.000 140 70.000 120 60.000 100 50.000 80 40.000 60 30.000 40 20.000 20 10.000 1998 2000 2002 Erkrankungsrate: Sterberate: 2004 Männer Männer 2006 2008 Frauen Frauen 2010 2012 1998 2000 2002 Neuerkrankungen: Sterbefälle: 2004 2006 Männer Männer 2008 2010 2012 Frauen Frauen Abbildung 3.14.2 Altersspezifische Erkrankungsraten nach Geschlecht, ICD-10 C50, Deutschland 2011 – 2012 je 100.000 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0–4 5–9 Männer 10–14 15–19 20–24 25–29 30–34 35–39 40–44 45–49 50–54 55–59 60–64 65–69 70–74 75–79 80–84 Frauen 75 85+ Altersgruppe 76 Krebs in Deutschland Brustdrüse Tabelle 3.14.2 Erkrankungs- und Sterberisiko in Deutschland nach Alter und Geschlecht, ICD-10 C50, Datenbasis 2012 Erkrankungsrisiko Männer im Alter von Sterberisiko jemals in den nächsten 10 Jahren jemals in den nächsten 10 Jahren 35 Jahren <0,1 % (1 von 28.800) 0,1 % (1 von 790) <0,1 % (1 von 92.800) <0,1 % (1 von 3.100) 45 Jahren <0,1 % (1 von 11.600) 0,1 % (1 von 800) <0,1 % (1 von 68.100) <0,1 % (1 von 3.200) 55 Jahren <0,1 % (1 von 4.400) 0,1 % (1 von 820) <0,1 % (1 von 21.700) <0,1 % (1 von 3.200) 65 Jahren <0,1 % (1 von 2.400) 0,1 % (1 von 920) <0,1 % (1 von 10.500) <0,1 % (1 von 3.400) 75 Jahren 0,1 % (1 von 1.900) 0,1 % (1 von 1.200) <0,1 % (1 von 5.900) Lebenszeitrisiko 0,1 % Frauen im Alter von (1 von 790) jemals in den nächsten 10 Jahren <0,1 % (1 von 3.900) <0,1 % (1 von 3.100) jemals in den nächsten 10 Jahren 35 Jahren 0,9 % (1 von 110) 12,7 % (1 von 8) 0,1 % (1 von 990) 3,5 % (1 von 28) 45 Jahren 2,1 % (1 von 48) 12,0 % (1 von 8) 0,3 % (1 von 380) 3,4 % (1 von 29) 55 Jahren 3,0 % (1 von 33) 10,3 % (1 von 10) 0,5 % (1 von 190) 3,2 % (1 von 31) 65 Jahren 3,5 % (1 von 28) 7,9 % (1 von 13) 0,9 % (1 von 120) 2,9 % (1 von 35) 75 Jahren 3,3 % (1 von 31) 5,1 % (1 von 20) 1,2 % (1 von 81) 2,3 % (1 von 44) 12,8 % (1 von 8) 3,5 % (1 von 29) Lebenszeitrisiko Abbildung 3.14.3 Verteilung der T-Stadien bei Erstdiagnose für Frauen insgesamt und für Frauen 50-69 Jahre (oben: inkl. fehlender Angaben und DCO-Fälle; unten: nur gültige Werte) ICD-10 C50, Deutschland 2011 – 2012 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% Frauen gesamt keine Angaben Frauen 50–69 Jahre DCO 90% 100% T1 T2 T3 T4 Frauen gesamt 53% 36% 6% 6% Frauen 50–69 Jahre 63% 29% 4% 4% Abbildung 3.14.4a Absolute Überlebensraten bis 10 Jahre nach Erstdiagnose, Frauen, ICD-10 C50, Deutschland 2011 – 2012 Abbildung 3.14.4b Relative Überlebensraten bis 10 Jahre nach Erstdiagnose, Frauen, ICD-10 C50, Deutschland 2011 – 2012 100 100 Prozent 80 80 60 60 40 40 20 20 0 2 Frauen 4 6 8 10 Jahre Prozent 0 2 Frauen 4 6 8 10 Jahre ICD-10 C50 Krebs in Deutschland Abbildung 3.14.5 Erfasste altersstandardisierte Neuerkrankungs- und Sterberaten in den Bundesländern, Frauen, ICD-10 C50, 2011 – 2012 je 100.000 (Europastandard) Frauen Nordrhein-Westf. Hamburg Schleswig-Holstein Niedersachsen Bremen Saarland Rheinland-Pfalz Hessen Deutschland Berlin Bayern Meckl.-Vorpom. Baden-Württemberg Brandenburg Sachsen Inzidenz vollzählig Inzidenz <90% erfasst Mortalität Sachsen-Anh. Thüringen 0 30 60 90 120 150 180 Abbildung 3.14.6 Altersstandardisierte Neuerkrankungs- und Sterberaten im internationalen Vergleich, Frauen, ICD-10 C50, 2011 – 2012 oder letztes verfügbares Jahr (Einzelheiten und Datenquellen s. Anhang) je 100.000 (Europastandard) Frauen Belgien Niederlande USA Großbritannien Dänemark Finnland Frankreich Deutschland Schweden Schweiz Österreich Tschechien Inzidenz Mortalität Polen 0 30 60 90 120 150 180 77