Animal Health - Medizinische Kleintierklinik

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Animal Health
Langzeitbeatmung in der Tiermedizin – technische Spielerei
oder realistische Therapieoption
René Dörfelt, Elisabeth Mauser
> Medizinische Kleintierklinik, Ludwig Maximilians Universität München
Einleitung
Die künstliche Beatmung bei Intensivpatienten ist in der Humanmedizin seit mehreren Jahrzehnten etabliert und stellt dort
ein Standardtherapieverfahren zur Unterstützung von Patienten mit pulmonalen Erkrankungen und zur Sicherung der Sauerstoffversorgung dar. In humanmedizinischen Intensivstationen wird ein Großteil
der Patienten mit mehr oder weniger invasiven Ventilationsstrategien über Zeiträume von mehreren Wochen unterstützt.
Durch den Einsatz von Tracheotomietuben
und Beatmungsmasken wird die Invasivität der künstlichen Ventilation zunehmend
vermindert und die Verträglichkeit dieser
unterstützenden Maßnahme verbessert.
Die Tiermedizin kann nicht auf solche ausgeprägten Erfahrungen in der Langzeitventilation zurückblicken. Es sind vereinzelte
Studien, in denen Hunde und Katzen über
mehr als 24 Stunden ventiliert wurden, vorhanden (Beal et al. 2001, Hoareau 2011,
Hopper et al. 2007, Hopper 2009, Rutter et
al. 2011, Tegzes et al. 2002). Die Zahl der
behandelten Patienten ist jedoch recht gering. Zudem existieren nur an wenigen tiermedizinischen Einrichtungen Beatmungsgeräte, die eine wenig invasive Langzeitventilation ermöglichen. Die meisten in der
Tiermedizin eingesetzten Beatmungsgeräte sind Anästhesiegeräte, die oft nur eine
kontrollierte Beatmung ohne Rücksicht
und ohne Zuhilfenahme der noch vorhandenen patienteneigenen Atmung durchführen. Ein zusätzliches Problem stellt die notwendige Sedation unserer Patienten und
die damit verbundenen intensivmedizini-
schen Überwachungs- und Pflegemaßnahmen dar. Hierfür ist eine 24 Stunden am
Tag besetzte Intensivstation mit entsprechender apparativer Ausstattung unbedingt
erforderlich.
Im vorliegenden Artikel werden Indikationen zu Langzeitbeatmung, technische Voraussetzung, Patientenmanagement und
Komplikationen der Langzeitventilation in
der Tiermedizin aufgeführt.
Indikationen
Eine mechanische Ventilation sollte bei allen Patienten, die aus eigenen Kräften eine
adäquate Ventilation nicht mehr durchführen können, hypoxischen Patienten und Tieren, die zur Aufrechterhaltung der Sauerstoffversorgung eine maximale Atemarbeit
leisten müssen, angewandt werden. Dies
umfasst Erkrankungen des Nervensystems,
muskuläre Erkrankungen, Intoxikationen
sowie primäre und sekundäre Lungenerkrankungen (Beal et al. 2001, Hoareau
2011, Hopper et al. 2007, Hopper 2009,
Rutter et al. 2011, Tegzes et al. 2002).
Neuromuskuläre Erkrankungen wie Schädel-Hirn-Trauma, Schädigungen des Rückmarkes im Halswirbelsäulenbereich, Polyradikuloneuritis, Myasthenia gravis, Botulismus aber auch Tetanus führen meist
zur Verminderung der Atemarbeit, die notwendig ist, um eine adäquate Abatmung
von Kohlendioxid (CO2) zu ermöglichen
(Beal et al 2001, Hayes 2009, Hopper et
al. 2007, Rutter et al 2011, Smarick et al.
2007, Wells et al. 2009). Die Ansammlung
von CO2 stellt oft das Hauptproblem bei Pa-
tienten mit neuromuskulären Erkrankungen dar und wird als Hyperkapnie aufgrund
alveolärer Hypoventilation bezeichnet. CO2
wirkt bei extremer Ansammlung im Körper
sedierend und trägt dadurch wiederum zur
Verminderung der Atemtätigkeit bei. Zudem führt ein erhöhter CO2 Spiegel zu einer respiratorischen Azidose, die bei entsprechenden Ausmaßen lebensbedrohlich
wird. Eine Hypoventilation mit einem endexpiratorischen oder arteriellen CO2 Gehalt von 60 mmHg bzw. 8 kPa stellt eine Indikation zur Beatmung des Patienten dar
(Hopper 2009). Bei starker Atemdepression durch neuromuskuläre Erkrankungen
kommt es zusätzlich, auch bei Sauerstoffzufuhr, zur verminderten Sauerstoffaufnahme und somit zur Hypoxie, die ebenfalls
zum Tode führen kann.
Verschiedene Toxine und Medikamente wie
Barbiturate, Ivermectin, Moxydectin, Hydroxizine und andere Sedativa vermindern
die Atemtätigkeit und führen somit zur Hypoventilation und Hyoxie (Beal et al. 1999,
Hopper et al. 2002, Hopper et al. 2009, Tegzes et al. 2002). Andere Toxine wie Metaldehyd, welches in Schneckenkorn vorkommt
und starke systemische Krämpfe auslöst,
benötigen zur Behandlung eine tiefe Sedation (Yas-Natan et al. 2007). In diesen
Fällen sind zum Teil sehr hohe Dosen von
Sedativa und Anästhetika notwendig, die
ihrerseits die Ventilation vermindern und
daher eine Unterstützung des Patienten
mit künstlicher Beatmung nötig machen.
Primäre und sekundäre parenchymatöse
Lungenerkrankungen wie Aspirationspneumonie, Wasseransammlung in der Lunge
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durch Ertrinken, Pneumonien infektiöser
Genese, kardiogenes Lungenödem, neurogenes Lungenödem und nichtkardiogenes Lungenödem mit Proteinextravasation
(Akutes Atemnotsyndrom – ARDS) führen
zur Verminderung des Gasaustausches in
der Lunge (Abraham 2005, Heffner et al.
2008). Dabei wird die Diffusionsbarriere für
Sauerstoff deutlich erhöht. Dies führt zu einer Verminderung der Sauerstoffaufnahme
in das Blut und damit zur Hypoxämie und
zur zellulären Hypoxie (Abraham 2005). Bei
diesen Erkrankungen kann man ab einem
arteriellen Sauerstoffpartialdruck von weniger als 60 mmHg trotz adäquater Sauerstoffzufuhr von einer ventilationspflichtigen
Hypoxie ausgehen (Hopper 2009). Alternativ kann an Stelle der arteriellen Blutgasanalyse zur Diagnostik bei ruhigen Patienten auch eine Pulsoxymetrie durchgeführt
werden. Diese ist jedoch recht anfällig gegenüber Bewegungsartefakten, wie sie bei
polypnoeischen Patienten nicht selten vorkommen. Des Weiteren benötigen sie eine
gute Perfusion an der Messstelle um ein
zuverlässiges Ergebnis zu liefern (Moens
und Coppens 2007). Die Sauerstoffsättigung, gemessen mit dem Pulsoxymeter,
von unter 90% korreliert mit einer ventilationspflichtigen Hypoxämie (Abraham 2005,
Hopper 2009, Moens und Coppens 2007).
Auch bei weniger schweren Lungenerkrankungen kann eine künstliche Beatmung den
Patienten unterstützen. Dies ist besonders
dann der Fall, wenn zur Aufrechterhaltung
der Sauerstoffversorgung eine deutlich verstärkte Atemarbeit nötig ist. Diese führt mit
der Zeit zur Erschöpfung der Atemmuskulatur und zur Ermüdung des Patienten
aufgrund von Schlafmangel und Energieunterversorgung. Daher sollte bei Hunden
und Katzen, auch bei einer noch adäquaten Sauerstoffversorgung, im Falle einer
entsprechenden Verstärkung der Atemarbeit über eine unterstützende Ventilation
nachgedacht werden (Hoareau et al. 2011,
Hopper 2009).
Technische Voraussetzungen
Um eine künstliche Ventilation durchführen
zu können ist ein Zugang zu den Atemwegen unumgänglich. Dieser erfolgt klassi-
scher Weise mit Hilfe eines orotrachealen
Tubus. Dieser wird von den Patienten nicht
ohne adäquate Sedation toleriert. Hier ist
die Phase der Intubation von besonders
hohem Risiko, da es durch die Sedation
zur weiteren Verminderung der Atemarbeit
kommt. Zur Erhaltung der Toleranz während der Intubation wie auch zum Tubuswechsel ist ebenfalls eine adäquate Sedation nötig (Abraham 2005).
Eine Alternative zur orotrachealen Intubation stellt der Einsatz der Larynxmaske dar.
Diese Methode zur Sicherung der Atemwege wird in der Anästhesie eingesetzt und ist
scheinbar weniger invasiv, weniger reizend
und benötigt daher eine potentiell geringere
Sedationstiefe. Durch die Larynxmaske ist
eine Ventilation möglich, allerdings können
nicht so hohe Beatmungsdrücke wie mit einem orotrachealen Tubus erreicht werden.
Daher empfiehlt sich der Einsatz weniger
bei Patienten mit Lungenparenchymveränderungen, sondern eher bei Patienten mit
neuromuskulären Erkrankungen. Ein weiterer Nachteil der Larynxmaske ist der recht
unsichere Sitz auf dem Larynx. Bei Manipulationen kann die Maske leicht verrutschen und dann ihrerseits den Atemweg
verlegen. Daher sollte sie nur unter permanenter Überwachung eingesetzt werden
(Timmermann 2011).
Der Einsatz von Tracheotomietuben wird
besonders in der humanmedizinischen Literatur diskutiert. Diese Tuben ermöglichen eine verminderte Sedationstiefe und
somit eine selbständige Ernährung der
Patienten. Zum Legen der Tuben ist eine
Tracheotmie meist unter Allgemeinanästhesie nötig. Daher erscheint ein Einsatz
dieser Tuben besonders bei Patienten mit
einer Beatmungsdauer von über 48 Stunden sinnvoll (Abraham 2005). Selbst in der
Humanmedizin existieren widersprüchliche Untersuchungen zum Einfluss der Tracheotomietuben auf die Überlebenschance
des Patienten. Daher können diese noch
nicht uneingeschränkt empfohlen werden.
Trotz allem scheint das Patientenmanagement mit Tracheotomietubus einfacher als
mit einem orotrachealen Tubus.
In der Humanmedizin werden zur nichtinvasiven Ventilation Gesichtsmasken verwendet. Diese haben keinen direkten Einfluss auf die Atemwege und ermöglichen
vor allem bei Patienten ohne Lungenpa-
Abb. 1
Hund an der Dauerbeatmung in Dauersedation mit Überwachungsprotokoll und Multiparametermonitor.
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Rücksicht auf den Patienten. Die kontrollierte Beatmung kann druckkontrolliert oder
volumenkontrolliert erfolgen. Das heißt, es
wird dem Patienten entweder ein festgelegter Beatmungsdruck oder ein festgelegtes Beatmungsvolumen zugeführt. Bei allen kontrollierten Methoden wird gegen die
Spontanatmung angeatmet, was zu Schäden der Alveolen führen kann. Zudem wir
die Atemmuskulatur nicht benutzt. Diese
kann besonders bei längeren Beatmungszeiten atrophieren, macht so die Umstellung
auf eine Spontanatmung schwer und erhöht
das Komplikationsrisiko. Aus diesen Gründen wurden verschieden assistierte Beatmungsmodi entwickelt. Hierbei erkennt die
Beatmungsmaschine den spontanen Atemzug und vertieft diesen. Falls der Spontanatemzug ausfällt, greift die Maschine ein
und gibt einen kontrollierten Atemzug. Je
nach Intensität und Anteil der Spontanatmung am Atemzyklus werden verschiedene
assistierte Beatmungsmodi unterschieden
(Abraham 2005).
Abb. 2
Maschine zur Langzeitbeatmung von Intensivpatienten (Hamilton C2) im Übungsbetrieb.
renchymschäden eine adäquate Ventilation. Nachteil der Gesichtsmasken ist unter anderem, dass zur Ventilation ein sicherer Sitz der Maske mit vollständigem
Abschluss zur Umgebung nötig ist. Da unsere Patienten unterschiedliche Formen
des Gesichtsschädels haben, ist der Einsatz standardisierter Maskenformen nicht
möglich. Ein weiterer Nachteil der Maskenbeatmung ist eine partielle Ventilation des
Ösophagus und des Magens. Dies kann zu
einer ventilatorassoziierten Magenaufgasung führen (Abraham 2005).
Die klassische maschinelle Ventilation wird
mit Tidalvolumina von 10-12 ml/kg und einer
Frequenz von 10-20 Atemzügen pro Minute durchgeführt. In verschiedenen Studien
konnte gezeigt werden, dass besonders bei
längerer Beatmung mit diesen Einstellungen deutliche Scherkräfte an den Alveolen
auftreten. Damit werden diese geschädigt
und die Lungenfunktion verschlechtert sich.
Daher werden beim Menschen zunehmend
Ventilationsstrategien mit geringen Volumina von 6-8 ml/kg und höheren Frequenzen,
welche zu geringeren iatrogenen Lungenschädigungen führen sollen, angewandt.
Einige humanmedizinische Geräte vereinigen die Konzepte der assistierten Ventilation mit den geringen Beatmungsvolumina und analysieren während der Beatmung
permanent die Eigenaktivität des Patienten. Dies ermöglicht eine möglichst lungenschonende Beatmung (Abraham 2011).
Ventilationsmöglichkeiten
Für die Beatmung stehen, je nach noch
vorhandener Atemaktivität, verschiedene
Beatmungsmodi zur Verfügung.
Bei der kontrollierten Beatmung übernimmt
die Maschine die komplette Atmung ohne
Zusätzlich werden in der Langzeitbeatmung noch andere Möglichkeiten zur Unterstützung der Lungenfunktion eingesetzt.
Dazu zählt der positive end-expiratorische
Druck (PEEP), der dazu führt, dass die Alveolen auch während der Exspiration permanent offen gehalten werden. Damit wird
die Gefahr des Alveolarkollapses vermindert. Wenn diese Technik unter Spontanatmung durchgeführt wird, bezeichnet man
diese als kontinuierlichen positiven Atemwegsdruck (Hopper 2009).
Bei Erkrankungen, die mit massiven Alveolaratelektasen einhergehen, werden Techniken zur Wiedergewinnung der kollabierten Alveolen verwendet. Diese sogenannten
Recruitment Manöver haben einen deutlichen Einfluss auf das kardiovaskuläre System und sollten daher nur unter voller Überwachung von Herzaktivität und Blutdruck
durchgeführt werden. Methodisch wird bei
diesen Manövern die Lunge entweder über
einen gewissen Zeitraum oder stufenweise aufgebläht. Dies führt zur Re-expansion
kollabierter Alveolen und somit zur Erweiterung der dem Gasaustausch zur Verfügung
stehenden Fläche (Wettstein et al. 2006).
Überwachung
Unsere Patienten benötigen zur mechanischen Ventilation eine mehr oder weniger
tiefe Sedation. Die Sedationsprotokolle können je nach Grunderkrankung und zusätzlichen Erkrankungen aus Barbituraten oder
aus Nicht-Barbituratanästhetika wie Propofol oder Alfaxalon bestehen (Clare 2009).
Kombinationen mit anderen Sedativa wie
Alpha-2-Agonsiten (Medetomidin), Benzodiazepinen (Midazolam, Diazepam) und Opioiden (Morphin, Fentanyl) werden ebenfalls verwendet (Ethier et al. 2008). Diese werden als Dauertropf verabreicht und
müssen in ihren Wirkungen und Nebenwirkungen permanent überwacht und in der
Dosis adaptiert werden.
Aus bereits erwähnten Gründen müssen
künstlich ventilierte Patienten permanent
intensiv überwacht werden. Dazu zählt die
Beurteilung der Sedationstiefe und des kardiovaskulären Systems genauso wie die intensivmedizinische Betreuung in Hinblick
auf Infusionstherapie und Ernährung als
auch die permanente Pflege der Tiere in Bezug auf weiche Lagerung, Positionswechsel
und Physiotherapie (Clare 2009).
Die Vitalparameter der Patienten sollten
permanent mit einem Multiparametermo-
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nitor inklusive EKG, Blutdruck und Pulsoxymetrie analysiert werden. Zur Beurteilung
der Ventilationseffektivität und der Lungenfunktion sollte unbedingt eine Kapnographie und eine Messung des Sauerstoffgehaltes im Blut sowie wenn möglich eine
Spirometrie erfolgen. Um die Oxygenation
des Blutes zu beurteilen sollte im Idealfall
eine regelmäßige Kontrolle der arteriellen
Blutgase, am besten über einen arteriellen Katheter, durchgeführt werden (Clare
2009, Hopper 2009).
Da der Patient dauerhaft sediert ist, muss
zur Verminderung von Alveolaratelektasen
und Druckstellen an der Haut eine permanente Positionsänderung erfolgen. Dazu
wird der Patient alle 4 h um 90° um die eigene Achse rotiert. Da die Tränensekretion
aufgrund der Sedation eingeschränkt ist,
wird eine befeuchtende Augensalbe alle 4
Stunden auf die Kornea aufgetragen. Eine
regelmäßige Reinigung und Befeuchtung
der Maulhöhle ist ebenso notwenig wie ein
Wechsel der Tubusposition alle 4 h bzw.
ein Wechsel verschmutzter Tuben. Die Ernährung der Patienten sollte adäquat entweder über ösophageale Ernährungssonden oder als total parenterale Ernährung
erfolgen. Neben der weichen und trockenen Lagerung ist auch auf adäquaten Urinund Kotabsatz zu achten (Clare 2009, Hopper 2009).
Komplikationen
Wie bereits erwähnt kann es durch die Ventilation selbst zur Schädigung der Lunge
kommen. Dies ist besonders bei der Verwendung hoher Beatmungsdrücke und Beatmungsvolumina der Fall. Daher sollte der
Anteil der kontrollierten Beatmung sowie
die Tidalvolumina auf ein Minimum reduziert werden. Demnach wird auch bei hypoventilierten Patienten meist keine Normokapnie von 35-45 mmHg endexpiratorischem CO2 angestrebt, sondern je nach
Begleiterkrankungen eher eine leicht Hyperkapnie von bis zu 50 mmHg toleriert
(Hopper 2009). Der während der Ventilation applizierte Sauerstoff kann seinerseits
ebenfalls zur Schädigung der Alveolen führen. Diese erfolgt meist bei einem inspiratorischen Sauerstoffgehalt von über 60%
über einen Zeitraum von mehr als 24 h
(Hopper 2009). Die Sauerstoffradikale führen zur lokalen Entzündung der Alveolen,
damit zur Ausschüttung von Entzündungsmediatoren, zur Rekrutierung weiterer Entzündungszellen und zur weiteren Unterhaltung der Entzündung (Carpellier et al.
1999). Zur Vermeidung dieser Sauerstoffintoxikation und gleichzeitigen Aufrechterhaltung der Sauerstoffversorgung sollte in
der Dauerventilation mit Sauerstoffkonzentrationen von 30 – 60 % gearbeitet werden.
Die Ventilation geht mit einer Steigerung
des intrathorakalen Druckes einher. Dieser vermindert den venösen Rückfluss zum
Herzen und kann daher auch die Herzauswurfleistung und den Blutdruck erniedrigen (Lücke et al. 2007). Bei entsprechenden
intrathorakalen Drücken kommt es zum
Rückstau von Blut in Abdominalorgane und
Gehirn. Dies kann, besonders in Verbindung
mit einigen Sedativa, zur Funktionsstörung
der Nieren und zu Magen-Darm-Motilitätsstörungen führen. Durch den Rückstau kann
es auch zur Erhöhung des intrakraniellen
Druckes kommen (Abraham 2005). Dieser
ist vor allem bei Patienten mit Gehirnerkrankungen unerwünscht.
muskulären Störungen oder Intoxikationen
haben eine deutlich bessere Prognose als
Tiere mit Lungenparenchymerkrankungen
wie ARDS.
Durch die Dauersedation wird die gesamte Skelettmuskulatur der Patienten nicht
mehr beansprucht, was besonders bei begleitender Unterernährung zur Muskelatrophie führt (Jaber et al. 2011).
Die Langzeitventilation gibt uns die Möglichkeit schwer kranke Tiere über Phasen
der Hypoventilation oder Hypoxie zu bringen
und auch bei deutlich erschwerter Atemarbeit zu unterstützen. Dabei sind Dauersedation und intensives Management unverzichtbar. Besonders mit modernen Beatmungsmethoden können diese Patienten
adäquat ventiliert werden. Ein intensives
Management und Überwachung ist notwendig um die Vielzahl der potentiellen Komplikationen zu erkennen und vorzubeugen.
Tiere mit neuromuskulären Erkrankungen
und Tiere die aufgrund erschwerter Atemarbeit beatmet werden, haben die besten
Überlebenschancen. Eine Beatmung sollte sowohl aus medizinischen Gründen zur
Verbesserung von Oxygenation und Ventilation, als auch aus ethischen Gründen bereits frühzeitig ins Auge gefasst und gegebenenfalls durchgeführt werden.
Durch Perfusionsstörungen des MagenDarm-Traktes, aber auch durch tracheale
Tuben, besteht ein hohes Risiko der Keimverschleppung in die Lunge oder ins Blut.
Dauerbeatmete Tiere sind Sepsis gefährdet und sollten diesbezüglich engmaschig
überwacht werden. Erworbene, ventilatorassoziierte Lungenentzündungen sind eine
der Hauptkomplikation bei beatmeten Tieren. Um eine Keimeinschleppung zu vermeiden sind daher jegliche Tuben und Katheter steril zu händeln (Clare 2009, Hopper 2009, Rutter et al. 2011).
Prognose
Die Prognose für das Tier an der Dauerbeatmung ist deutlich von der Grunderkrankung abhängig. Tiere mit primären neuro-
Von 14 Hunden mit Halswirbelsäulenerkankungen, die aufgrund von Hypoventilation
langfristig beatmet wurden, überlebten 10
(Beal et al. 2001). Bei Hunden, die länger
als 24 h beatmet wurden, war die Überlebensrate der Hunde, die aufgrund einer
Hypoventilation beatmet wurden, mit 39 %
deutlich höher als die der Hunde mit Hypoxie (22 %) oder Hypoventilation und Hypoxie
(8 %) (Hopper et al. 2007). Von 14 Hunden,
die aufgrund von Myasthenie oder Polyradikuloneuritis beatmet werden mussten, konnten 3 (21%) die Klinik verlassen
(Rutter et al. 2011). Von 15 brachycephalen
Hunden, welche mechanisch ventiliert wurden, konnten 27 % entlassen werden. Alle
überlebenden Patienten wurden aufgrund
vermehrter Atemarbeit, die zur Aufrechterhaltung der Sauerstoffversorgung notwendig war, beatmet (Hoareau et al. 2011).
Zusammenfassung
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Animal Health
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