Betrachtungen zum therapeutischen Standort

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.
) Theorie und Praxis
Betrachtungen zum
therapeutischen Standort
Von Vera Schwarz
Vor dem Hintergrund tlierapeutischeii Verhaltens in der Pädagoyilc und
Psychologie beleuchtet die Autorin aus den1 Blicltwinltel der Gcstaltarbeit die therapeutisclie Beziehung zwischen Loyopädlii und Patieiitln.
M i t der Beschreibung der ,,l(oiltaktniodifiltationen" steckt sie ciiien
Raliincti, in dem logopädisclie Arbeit i n Bezug auf die tlierapc~itisctic
Beziehung reflektiert werden Itann.
In den letzten Jahren haben sich LogoHier gibt es den prägenden Satz von
Pestalozzi: „Am Lernprozessist der ganpädlnnen in Forschung, Lehre und Praze Mensch beteiligt, niit Koyl, Herz und
xis darum bemüht, dein ,therapeutischen
Hand." Er kann als licimzclle für alle
Profil der Logopädln ein eigenständiges
Gesicht zu geben (CLAUSEN-SOHN- handlungsorientierten Lernorganisationen betrachtet werden, bis z.B. zur La& RITTERFELD,
2000;
~ ~ ~ , 1 9GROHNFELDT
99;
KATZ-BERNSTEIN,
1991; MÜCKE-FHITSCH,borschule eines Hartmut von Hcntig
1999; SIJIECKER-HENKE,
1997; S~ENGEL- („die Menschen stärken, die Sache klären", in B~RMANN,
1997. S. 17). Ein geSTRAUCH,
1996).
Gleichermaßen tun wir uns schwer,
staltpädagogisch orientiertes Denkmounsere eigenständige therapeutische
dell für Lehr-/Lernvorgänge wie z.B. von
Identifikationneben der Medizinerln, der
Ilse Bürmann vertritt diese Sichtweise
Pädagogln und der Psychotherapeutln
mit dem Postulat: „Überwindung des Duzu entwickeln. Der Versuch einer Ortsalismus von Person und Sache". Hier
bestimmung, den ich hier unternehmen
wird der Grundgedanke aulgegriffen,
möchte, basiert auf meiner logopädidass Menschen in ihrem Lernprozess erst
schen Grundausbildung, die stringent
elfektiv angesprochen werden, wenn die
verhaltenstherapeutisch geprägt und in
Personen umfassender als nur hinsichtlich ihrer kognitiven Wissensbestände zu
der Übertragung auf die vermittelten
Handlungsebenen für mich als Studieerreichen seien und sich als Personen
zum Gelernten „stellungnehmend in Berende gut nachvollziehbarwar,und meiziehung setzen" (B~IIMANN,1997, S. 9).
ner therapeutischen Weiterentwicklung
Mit o. a. Aussagen wird aus der Tranach der Ausbildung. Sie wurde gedition einer als handlungsorientiert bespeist aus den er eichen der Humanistischen Therapieformen (klientenzenzeichneten Richtung der Pädagogik neben Zeit, Raum, Organisation und Thetrierte Gesprächsführung, Körper/Gema die Beziehung zwischen Lehrender
staltarbeit, systemische Therapie).
und Lernender in den Vordergrund ge- "...
rückt. Diesen Aspekt möchte ich beim
Wurzeln therapeutischen
Finden der therapeutischen ldentifikatiHandelns in Pädagogik
on der Logopädln in meiner Betrachund Psychologie
tungsweise weiter verstärken. Dies '.
Um ein fundiertes therapeutisches
weicht von der lerntheoretisch orientierHandlungssyslemszu entwerfen, bedarf
ten Pädagogik ab, die in erster Linie auf
es der Auseinandersetzung mit der Vordas ina arbeiten bestiinmler Zielvorgastellung, wie ~ e n s e h e nlernen und sich
ben ausgerichtet ist und mit entspreehw~ckeln.AIS erstes wende icli mich
ctiendem Belohnungs- bzw. Bestraden Einflüssen aus der Pädagogik zu.
fungsverhalten arbeitet.
Vera Schwarz beendetc 1982 ihre Loyopädicau,sbilduiiy in
Oldeiibury. Sie absolvicric diverse Ausund Weiterbilduiiycn
in1 Bcreicli Klientenzentrierter Cespriiclisführung, Cestali./Körpcrarbeit und systcniischer Therapie sowie ein Studiuin .Lehre im Cesundheitswescn" mii dem Scliwerpunki Cestalipädayoyik. Die Lehrlogopädin (dbl) unterrichtct das Fach Siiiniiitlicra~iean der
Schulc für Logopadie in I)reiiicn.
Der zweite starke Einflussbereich zu
diesem Thema entstammt der Psychologie. Die drei großen therapeutischen
Schulen, die die Psychologie prägen,
sind die Tielenpsychologie nach Freud,
Adler, Jung u.a., die Verlialtenstherapie
nach z.B. Skinner und die H-umanistische Bewegung nach Maslow, Rogers,
Perls u.a. Die Entstehung dieser Schulen ist nur in ihrer historischenEinbettung
zu verstehen und sie hatten wiederum
großen Einllussauf das Denken und Handeln der nachfolgenden Generationen in
sozialen und kulturellen Bereichen. (Eine
differenzieae Darstellung der „Schulen"
ist nachzulesen bei KRI~,1994)
Da die Betonungen der Humanistischen Bewegung den weileren Überlegungen dieser. Arbeit zugrunde liegen,
möchte ich diese ein wenig verdeutlichen: In den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde bewusst und
zumTeil politisch motiviert alsdritte Kraft
nach der Tiefenpsychologie und der Verhallensllierapie die Humanistische Bewegung ins Lebeii gerufen. Die Auswirkungen der Humanislischen Bewegung
vollzogen sich in Bereichen der Psycho-
Forum Logopädie . Hell G (15) . Noveinber 2001 . 24-20
Theorie und Praxis
.therapie (Perls, Rogers; ~ o r e n o...) wie
auch in padagogischenlsozialpädagogischen (Goodman, Satir, ~ o h nFeldern.
j
Diese dritte Kraft betont explizit (vertie1997, S.
fend nachzulesen bei BÜRMANN,
156; KRIZ, 1994, S. 179)
die „Heilung bringende zwischenmenschliche Ebene".
Innerhalb dieser Auseinandei-setzung werden Körper, Geist und
Seele als Einheit betrachtet und
nicht mehr als getrennte Ber2iche
menschlichen Verhaltens.
Hervorgehoben werden die
Selbstaktualisierungskräfte LI nd
Selbstregulationskräfte des Menschen,
die Verantwortungsübernahme für
eigenes Handeln auch in Bezug zur
Umwelt und insbesondere
die Differenzierung der Wahrnehmung und das Experimentieren mit
neuen Verhaltensweisen in der aktuellen Situation.
dem Hintergrund insbesondere der Gestaltarbeit nach PERLS
(1985) und der Arbeiten nach Jörg und llsq BÜRMANN
(1992,
1997) nachgehen. AU^ diesem Weg
möchte ich die folgenden zwei Schwerpunkte beleuchten:
,
b Die drei Ebenen des logopädischen
'
P
Handelns
Die Beziehungsebene zwischen
~ogopädlnund Patientln in der
Logopädie
Logopädische Therapie
auf drei Ebenen
Die Logopädln arbeitet nicht wie eine
Mechanikerln, sondern im lebendigen
Prozess mit Menschen. Zwischen Logopädln und Patientln vollzieht sich der
Kontakt auf folgenden Ebenen:
Ebene des rationalen
Be wusstmachens
Die Logopädln motiviert die PatienDie Humanistische Bewegung nahm
tln zum Berichten über das Erlebte, zum
vielfältige Impulse aus der PsychoanaBestätigen oder Verwerfen; therapeutilyse, dem Theater, der existentiellen Phische Qualität: Sie erarbeitet hierbei Mitlosophie und Literatur und östlichen Phiverantwortung für den Lernprozess.
losophien wie des Zens auf.
Sie regt Überlegungen an, wer aus
Keine der drei „Schulen6'(Tiefenpsydem Bekanntenkreis ggf. auf welche Art
chologie, Verhaltenstherapie, Humanisund Weise auf eine Veränderung im
tische Bewegung)verfügt übe;-ein alleinKommunikationsverhalten reagiert (z:B.
gültiges Erklärungsmodellmenschlichen
wenn eine Stotternde an dem entspreVerhaltens und menschlicher Lntwickchenden Schritt ihrer Verhaltensändelung. Heute nähern sich, insbesondere
rung gelangt ist); therapeutische Qualiim praktischen Tun, die Therapieformen
tät: sie holt zukünftige ~eschehn'isse
immer mehr an und dabei gilt die Wirkung der therapeutischen Beziehung als . dabei in das Blickfeld der Gegenwart.
Sie fordert auf zu vergleichen; z.B.
allgemein anerkannter Leitfaden. Wichwie klang die Stimme vor zwei Minuten
tig ist festzuhalten, dass den zugrundeund wie klingt sie mit dieser Unterstütliegenden Einstellungen zur menschlizung? Therapeutische Qualität: Unterchen Entwicklung bestimmte therapeustützung der genauen Wahrnehmung.
tischelpädagogische Handlur;gskonzepSie wirbt um Akzepianz, z.B. wenn
te folgen (nähere Ausführungen zu diedie Patientln mehr von sich erwartet als
sem Thema bei GRORNFELDT/RI~ERFELD,
ihr zur Zeit möglich ist. Ttherapeutische
2000, S. 31-38)
Qualität: Annehmen des Istzustandes.
Annäherung an ein logoEbene des emotionaleif Evlebens
pädisches Therapieversiändnis
Menschen mit Sprach-, Sprech-, Stimm-,
Hör- und Schluckstörungen K~rnmenzur
Logpopädln mit dem Wunsch: „Mach
mich heile". Logopädische Therapie ist
jedoch kein einseitiges InpctIOutputGeschehen. Am Lernprozess ist der ganze Mensch mit Körwr,' Geist, Seele in
Bezug-zu seiner Umwelt beteiligt. Dieser These möchte ich im weiteren auf
Die Logopadln erfasst Freude,
Angst und Trauer, z.B. bei einer Patientln mit schwerer Erkrankung und macht
mit kliehenzentrierter Gespfächsführung kenntlich, dass diese Gefühle in der
logopädischen Therapie Raum haben
dürfen. Therapeutische Qualität: Empathie, Akzeptanz und Echtheit.
Forum Logopädie . Heft 6 (15) . November 2001 . 24-29
Sie erkennt und thematisiert Vorbehalte und Vorsicht und ermuntert die Patientln, an erkannten Grenzen Pausen zu
machen, sie ggf. eine Weile genauer zu
betrachten, um dann zu entscheiden, ob
es gut ist, da zu verweilen-oder-einen
kleinen nächsten Schritt zu probieren.
Therapeutische Qualität: Erfassen von
Grenzen.
Sie motiviert bei neu gewonnenen
Verhaltensweisen die Patientln, zu verbalisieren wie sich das anfühlt und vor
wem sie sich traut, dies Verhalten zu zeigen. Therapeutische Qualität: Abrunden
einer Erlebnisphase, Aufbau von Selbstwertgefühl; Nachkontakt.
Die Logopädln erkennt gefühlsmäßige Regungen der Patientln nicht primär als gegen sie gerichtet an (2.6. bei
Enttauschung, wenn die Therapie nicht
schnell genug voranschreitet), sondern
respektiert sie als lebensgeschichtlich
erworbene eigene Art der Patientln. Therapeutische Qualität: Erfahrung mit Kontaktmodifikationen.
Ebene des Handelns
Die Logopädin schafft einen Handlungsrahmen und macht Handlungsangebote, damit die Patientln
ein neues Verhalten ausprobieren
kann und dies unter anderen Bedingungen als den irn Alltag zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Therapeutische
Qualität: WahrnehmunglErarbeitung.
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Sie ermöglicht im geschützten therapeutischen Rahmen auszuprobieren,
zu experimentieren und zu spielen. Therapeutische Qualität: Identifikation.
Sie fördert, sich in kleinen Schritten
unter Einbeziehung der Ressourcen an
ein annehmbares neues Verhalten anzunähern. Therapeutische Qualität: Identifikation.
Sie ermutigt, das neu gewonnene
Verhalten außerhalb des Therapieraumes auszuprobieren und umzusetzen.
Therapeutische Qualität: Integration.
.Das Ineinandergreifen der drei Ebenen
unter Beachtung der patientengemäßen
Geschwindigkeit im Fortschreiten bewirkt in kleinen und größeren Schritten
Wahrnehmungs-, Identifikations- und Integrationsprozesse bei der Patientln
(und auch bei der Logopädln, wenn sie
sich als Lehrende und Lernende .versteht). Die Logopädln reflektiert mit der
Patientln die Fragen:
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