STE U E R N F A B I O D E L L’ A N N A TH I BAUT DE HALLE R LAU R E NZ SCH N E I DE R FUNKTIONALE UND DARSTELLUNGSWÄHRUNG UNTER DEM NEUEN RECHNUNGSLEGUNGSRECHT Steuerliche Aspekte* Das neue Obligationenrecht lässt die Rechnungslegung in fremder funktionaler Währung zu. Die Autoren nennen die Problemfelder und machen praxisnahe Lösungsvorschläge für in Fremdwährung erstellte statutarische Abschlüsse. 1. EINLEITUNG Am 23. Dezember 2011 hat das Parlament eine tief greifende Revision des im Obligationenrecht (OR) normierten Rechnungslegungsrechts beschlossen. Diese Revision ist am 1. Januar 2013 in Kraft getreten. Aufgrund der Übergangsfrist von zwei Jahren und dem für diese beiden Jahre eingeräumten Wahlrecht können die Unternehmen die statutarischen Abschlüsse 2013 und 2014 wahlweise nach dem alten OR oder nach den Rechnungslegungsvorschriften des neuen OR (nOR) erstellen. Das revidierte Rechnungslegungsrecht wird zwingend für Abschlüsse ab dem 1. Januar 2015 anwendbar. Der vorliegende Artikel konzentriert sich auf ausgewählte steuerliche Aspekte der neu für Schweizer Unternehmen geschaffenen Möglichkeit, den Jahresabschluss in Fremdwährung zu erstellen, d. h. für die Jahresrechnung eine andere Darstellungswährung als Schweizer Franken (CHF) zu verwenden. Bezüglich der Umsetzung des revidierten Rechnungslegungsrechts bestehen nach wie vor viele Unklarheiten, die es auszuräumen gilt. Nach altem Rechnungslegungsrecht mussten die Jahresabschlüsse in CHF erstellt werden. Auch wenn eine explizite gesetzliche Grundlage fehlte, war es jedoch bereits unter dem alten Rechnungslegungsrecht anerkannte Praxis, dass Unternehmen eine andere funktionale Währung als CHF für ihre statutarischen Abschlüsse verwenden durften. Hinsichtlich Darstellung dieser Fremdwährungsabschlüsse in CHF und der sich daraus ergebenden Besteuerung von Gewinn und Eigenkapital bestanden aber grosse Unsicherheiten. Das neue Recht ermöglicht es, einige Probleme der Vergangenheit zu lösen. 2. AUSGANGSLAGE Das Schweizer Steuerrecht bestimmt in Art. 58 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG), dass der steuerbare Reingewinn primär auf dem Saldo der Erfolgsrechnung basiert und bezieht sich damit auf den Gewinn, wie er sich aus der handelsrechtlichen Buchführung ergibt. Aus steuerlicher Sicht steht immer die korrekte Besteuerung des Gewinns unter Berücksichtigung des Massgeblichkeitsprinzips und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen im Vordergrund. In diesem Zusammenhang ist zwischen den Umrechnungsdifferenzen und den Währungsdifferenzen zu unterscheiden. Wechselkursgewinne und -verluste (Währungsdifferenzen) werden in den auf Fremdwährung lautenden Abschlüssen ausgewiesen. Wechselkursgewinne und -verluste fallen bei realen Geschäftsvorfällen an, die vom Unternehmen in einer anderen Währung als seiner funktionalen Währung abgewickelt werden, und der Wechselkurs zwischen diesen beiden Währungen variiert. Diese Währungsdifferenzen beeinflussen bereits das Ergebnis der auf Fremdwährung lautenden Abschlüsse. Im Gegensatz zu den Wechselkursgewinnen und -verlusten ergeben sich Umrechnungsdifferenzen bei der Umrechnung der in Fremdwährung erstellten Abschlüsse in CHF. Dieser Differenz liegt die Anwendung von verschiedenen Umrechnungsmethoden zugrunde, die je nach Art der Konti auf unterschiedlichen Wechselkursen basiert. Das Bundesgericht hat sich in seinem viel beachteten Entscheid aus dem Jahre 2009 zur Umrechnung von in fremder funktionaler Währung erstellten Abschlüssen in die Landes- FABIO DELL’ANNA, THIBAUT DE HALLER, DIPL. WIRTSCHAFTSPRÜFER, DIPL. STEUEREXPERTE, DIPL. STEUEREXPERTE, SENIOR MANAGER, MITGLIED AUSSCHUSS DES PWC, GENF KAMMERVORSTANDS, PARTNER, PWC, GENF 6–7 | 2014 D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R 517 STE U E R N F U N KTI O NALE U N D DAR STE LLU N G S WÄH R U N G U NTE R D E M N E U E N R E C H N U N G S LE G U N G S R E C HT währung wie folgt geäussert: (a) Die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten sind zum Stichtagskurs des jeweiligen Bilanzstichtags umzurechnen. (b) Die Erträge und Aufwände sind zum Wechselkurs am Tag des Geschäftsvorfalls (in der Praxis zum Durchschnittskurs) umzurechnen. (c) Die daraus resultierenden Umrechnungsdifferenzen sind nicht erfolgswirksam, aber als separater Bestandteil des Eigenkapitals auszuweisen. Die Schweizerische Steuerkonferenz (SSK) hat den Kantonen empfohlen, die Umrechnung nach Massgabe dieses Entscheids zu handhaben und hat zudem einige Präzisierungen hinsichtlich der Behandlung bestimmter Einzelfälle vorgenommen. Neben der steuerlichen Behandlung von Währungsumrechnungsdifferenzen ergeben sich aus der Umrechnung eines in fremder funktionaler Währung erstellten Jahresabschlusses in CHF und der Verwendung von CHF als Darstellungswährung in der Praxis einige weitere Fragen, für welche das neue Rechnungslegungsrecht Lösungen beisteuern kann. Einige Beispiele von Schwierigkeiten, die in der Praxis auftreten können, sind nachfolgend dargestellt (keine abschliessende Aufzählung). 3. PROBLEMFELDER Dividendenausschüttung: Eines der akuten Probleme in der Praxis betrifft die Dividendenausschüttungen eines Schweizer Unternehmens an seine ausländischen Aktionäre. Denn häufig stimmt die funktionale Währung dieser Gesellschaften mit der funktionalen und der Darstellungswährung des Konzerns überein. Die bisher zwingend erforderliche Umrechnung in CHF für die Erstellung der Jahresrechnung und der Steuererklärung entspricht nicht der wirtschaftlichen Realität und setzt den Konzern je nach Situation zusätzlichen Währungsrisiken aus. Weitere Schwierigkeiten können sich im Zusammenhang mit der Ausschüttung von Dividenden insbesondere im Bereich der Verrechnungssteuer ergeben: Art. 4 Abs. 1 Verrechnungssteuerverordnung (VStV) verlangt für die Steuerdeklaration die Umrechnung des Betrags der Dividende in CHF. Zudem wird gemäss Art. 4 Abs. 2 VStV die Deklaration der Bruttobeträge der Leistung in beiden Währungen sowie der Umrechnungskurs bei Fälligkeit verlangt (Art. 4 Abs. 3 VStV). Falls die Dividende am Tag der Generalversammlung fällig wird, ist für die Steuerdeklaration der Wechselkurs des Tages der Generalversammlung zu verwenden. Entscheidet die Generalversammlung hingegen eine spätere Fälligkeit für die Dividende, wird der Wechselkurs an diesem anderen Fällig- LAURENZ SCHNEIDER, DR. IUR., DIPL. STEUEREXPERTE, DIRECTOR, PWC, ZÜRICH, LAURENZ.SCHNEIDER@ CH.PWC.COM 518 keitsdatum für die Umrechnung in CHF verwendet. Der Betrag der beschlossenen Dividende in Fremdwährung, der für Verrechnungssteuerzwecke in CHF umzurechnen ist, könnte von jenem abweichen, der für die direkten Steuern ausgewiesen wird: Der auf diesen Betrag in Fremdwährung anzuwendende Wechselkurs müsste für die Kapitalsteuer gemäss der heute gängigen Praxis der Kurs am Bilanzstichtag sein, für die Verrechnungssteuer hingegen jener der Fälligkeit der Auszahlung. Wird das Meldeverfahren angewendet, ergeben sich keine Rechnungslegungs- und steuerlichen Folgen aus der Verwendung verschiedener Kurse für die direkte Steuer und die Verrechnungssteuer, da keine Verrechnungssteuer bezahlt, sondern lediglich eine Meldung gemacht wird. Im Fall der Zahlung wird eine residuale Verrechnungssteuer anhand des Wechselkurses zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Dividende berechnet und an die ESTV entrichtet, während für die direkten Steuern der Stichtagskurs oder der Kurs der Generalversammlung als Referenzkurs gilt. Eine Umrechnungsdifferenz zwischen dem Kurs am Tag des Entscheids der Generalversammlung und dem Kurs zum Fälligkeitsdatum könnte sich somit möglicherweise auf die Berechnung der Steuergutschrift der Aktionäre im Ausland auswirken. Beteiligungsabzug: Gemäss der Analyse der SSK vom 15. Februar 2011 hat die Berechnung des Beteiligungsabzugs ebenfalls auf der Basis der Ergebnisse in funktionaler Währung zu erfolgen. Für die Berechnung des Beteiligungsabzugs werden somit die Zahlen aus dem Jahresabschluss in funktionaler Währung herangezogen, um die Investitionskosten, die Ausschüttungen, die Abschreibungen, den Finanzierungs- und den Verwaltungsaufwand oder die Kapitalgewinne zu ermitteln. Obwohl ein Unternehmen verpflichtet ist, eine Steuererklärung in CHF zu erstellen, muss es, um für die Zwecke des Beteiligungsabzugs den massgeblichen Gewinn zu bestimmen, die historischen Anschaffungskosten in funktionaler Währung dem Verkaufspreis in funktionaler Währung gegenüberstellen. Mit dieser Methode werden alle Währungseffekte neutralisiert, die im Moment des Verkaufs realisiert werden. Verdecktes Eigenkapital: Mittels Stichtagskursmethode werden die Aktiven und das Fremdkapital zum selben Wechselkurs umgerechnet. Aus steuerlicher Sicht sind die Umrechnungsdifferenzen immer im Eigenkapital zu verbuchen. Die Umrechnung der Abschlüsse hat keinen Einfluss auf die Berechnung des verdeckten Eigenkapitals. In der Praxis gibt es indes viele Unternehmen, die bestimmte Bilanzpositionen auf Basis historischer Kurse umrechnen. In diesem Fall verfälscht die Umrechnung des Jahresabschlusses in CHF die Berechnung des verdeckten Eigenkapitals, da nicht alle Bilanzposten zum selben Kurs umgerechnet werden. Grundstückgewinnbesteuerung (monistisches System): Wird auf Grundstückgewinnen eine Grundstückgewinnsteuer erhoben, dürfen diese Gewinne nach Massgabe von Art. 12 Abs. 4 des Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG) nicht zusätzlich im Rahmen der Besteuerung des Gesamtgewinns berücksichtigt werden. Das Gesetz schlägt hierfür zwei Lösungsmöglichkeiten vor: Entweder wird der separat mit der Grundstückgewinnsteuer bezogene Steuerbetrag von der Gewinn- D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R 2014 | 6–7 F U N KTI O NALE U N D DAR STE LLU N G S WÄH R U N G U NTE R D E M N E U E N R E C H N U N G S LE G U N G S R E C HT steuer abgezogen oder der Anteil des Gewinns, auf dem eine Grundstückgewinnsteuer erhoben wird, wird von der Bemessungsbasis für die Gewinnsteuer ausgenommen. Zum Beispiel im zweiten Fall – d. h. bei der Elimination der Grundstückgewinne von der Bemessungsbasis der Gewinnsteuer – können bei der Umrechnung Probleme auftreten. Die steuerbare Bemessungsgrundlage entspricht dem realisierten Grundstückgewinn (Verkaufspreis abzüglich Anschaffungswert, Verkaufskosten und allenfalls weiterer Aufwendungen). Dieser Betrag wird von der Bemessungsgrundlage der Gewinnsteuer (welche i. d. R. in CHF berechnet wird) subtrahiert. Es wäre indes auch denkbar, dass der realisierte Grundstückgewinn basierend auf den Werten in funktionaler Währung ermittelt wird: Gemäss dem Bundesgerichtsentscheid vom 1. Oktober 2009 fällt ein effektiver Wertzuwachs in der funktionalen Währung und nicht in CHF an. Werden die Wechselkursschwankungen zwischen dem Datum des Erwerbs und der Abtretung des Grundstücks berücksichtigt, ist der Gewinn gar zwingend in der funktionalen Währung zu ermitteln. Nur so kann – im Sinne des Entscheids des Bundesgerichts – sichergestellt werden, dass die steuerliche Bemessungsgrundlage korrekt auf die Gewinn- und die Grundstückgewinnsteuer mit ihren unterschiedlichen Steuersätzen alloziert wird. 6–7 | 2014 D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R STE U E R N Reorganisation: Eine der Grundvoraussetzungen für die Steuerneutralität von Umstrukturierungen ist, dass sie zu den steuerlich massgeblichen Buchwerten durchgeführt werden (wobei stillschweigend von steuerlich massgeblichen Buchwerten in CHF ausgegangen wird). Allerdings stimmen diese Werte in CHF zum Zeitpunkt der Reorganisation nicht unbedingt mit den Buchwerten in funktionaler Währung überein. Welche Möglichkeit am geeignetsten ist, diese Differenz zu verhindern, muss im Einzelfall abgeklärt werden. 4. RECHNUNGSLEGUNG IN FREMDER FUNKTIONALER WÄHRUNG UNTER DEM REVIDIERTEN OR 4.1 Handelsrechtliche Ausgangslage. Der Bundesrat hat mit der Revision des Rechnungslegungsrechts u. a. eine Angleichung des schweizerischen Rechnungslegungsrechts an die internationalen Praktiken und Standards durch eine Harmonisierung, Vereinfachung und Modernisierung der schweizerischen Normen beabsichtigt. Das in Art. 958d Abs. 3 OR den Unternehmen gewährte (Wahl-)Recht, für die Erstellung der Jahresrechnung eine andere funktionale Währung als CHF zu wählen, ist eine für multinationale Konzerne angebotene Lösung. Diese Anpassung des OR stellt eine Angleichung des Rechts an die Rechnungslegungspraxis dar und soll 519 STE U E R N F U N KTI O NALE U N D DAR STE LLU N G S WÄH R U N G U NTE R D E M N E U E N R E C H N U N G S LE G U N G S R E C HT unter anderem zur Elimination der Umrechnungsdifferenzen in den statutarischen Jahresabschlüssen führen. Aufgrund des zweiten Satzes von Art. 958 d Abs. 3 OR müssen diejenigen Unternehmen, welche nicht die Landeswährung als Darstellungswährung verwenden, die Werte gleichwohl zusätzlich in CHF offenlegen. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass verschiedene Autoren bereits darauf hingewiesen haben, dass die zwei getrennt erstellten Abschlüsse, d. h. der eigentliche, in der fremden funktionalen Währung erstellte und der in CHF dargestellte, nicht als gleichwertig betrachtet werden können. Schon aus handelsrechtlicher Optik seien lediglich die Abschlüsse in der (fremden) funktionalen Währung massgebend. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass es im OR noch Bedarf für die Anpassung weiterer Bestimmungen an die neu normierte Möglichkeit der Verwendung einer fremden funktionalen Währung gibt. Ein Beispiel hierfür wäre die Verpflichtung, die durch Art. 621 OR bestehen bleibt, wonach das Aktienkapital nicht unter CHF 100 000 liegen darf. Dieser Artikel wurde im Anschluss an das Inkrafttreten des nOR mit der Möglichkeit, Abschlüsse in einer anderen Währung als dem CHF zu erstellen, nicht angepasst. In diesem Zusammenhang könnten notwendige Berechnungen für die Behandlung des gesetzlich zwingend in CHF denominierten Aktien- oder Stammkapital sowie das nicht für Ausschüttungen verwendbare Eigenkapital z. B. auch im Anhang dargestellt werden. 4.2 Steuerliche Beurteilung. Tatsächlich stützt sich das schweizerische Steuersystem derzeit auf eine Umrechnung der Jahresabschlüsse in CHF ab. Für Steuerzwecke ist es wichtig, dass die Besteuerungsgrundlagen kohärent erstellt und der Gewinn und das Kapital korrekt ermittelt werden. Dazu sind nicht nur aktuelle, sondern teilweise auch historische Daten erforderlich. Dies kann, wie zuvor erwähnt, zu einigen praktischen Problemen führen. Wohl kann z. B. für die Zwecke der Kapitalbesteuerung mit der vom Bundesgericht in seinem Entscheid aus dem Jahr 2009 vorgegebenen und heute als Praxis anerkannten Umrechnungsmethode das Eigenkapital in seiner Gesamtheit pro Steuerperiode korrekt in CHF umgerechnet werden. Es ist allerdings nicht möglich, jede der Rubriken des Eigenkapitals von Jahr zu Jahr und unabhängig voneinander in CHF korrekt nachzuvollziehen. Dies kann zum Beispiel bei der Überprüfung der Kapitaleinlagereserven ein Problem darstellen. Des Weiteren muss die wert- und zahlenmässige Entwicklung von Vermögens- und Steuerwerten (beispielsweise auch von steuerlichen Verlustvorträgen) nachgewiesen werden können, und für Steuerzwecke kann eine jährliche Überprüfung der Vermögenswerte und der dazugehörigen Abschreibungen notwendig sein. Die Beteiligungen erfordern ebenfalls eine jährliche Nachführung in Fremdwährung, damit Investitionskosten und Abschreibungen korrekt und vollständig ermittelt und nachvollzogen werden können. Würde die Beibehaltung der bisherigen Umrechnungspraxis für Steuerzwecke gefordert (wie dies die SSK in ihrer ersten Analyse des revidierten Rechnungslegungsrechts macht, vgl. Schreiben SSK vom 12. Februar 2013), bliebe die Situation 520 unverändert: Der Gewinn würde zum Durchschnittskurs und das Eigenkapital entsprechend der Stichtagskursmethode umgerechnet. Genau wie heute ergäbe sich in CHF eine Umrechnungsdifferenz und somit blieben auch die aktuellen diesbezüglichen steuerlichen Probleme bestehen. Das neue Rechnungslegungsrecht bietet nun die Gelegenheit, für diese bereits in der Vergangenheit bekannten Probleme eine Lösung zu finden. 4.3 Lösungsvorschläge für in Fremdwährung erstellte statutarische Abschlüsse. Es gilt also neue Pfade zu beschreiten, um eine echte Verbesserung zu erzielen, die eine Vereinfachung der Umrechnung zu Steuerzwecken sowie gleichzeitig die Beibehaltung der historischen Steuerdaten erlaubt. Die Lösung, die für die Steuerpflichtigen wie für die Behörden am einfachsten umsetzbar scheint, könnte darin bestehen, die statutarischen Jahresrechnungen für Steuerzwecke von der Fremdwährung in CHF umzurechnen (Erfolgsrechnung mit dem Durchschnittskurs [1]; Bilanz zu Stichtagskurs) sowie Anhänge zur Steuererklärung einzureichen, in denen die historischen Werte – basierend auf ausserbuchhalterischen Entwicklungstabellen – in Fremdwährung angegeben werden könnten. Diese Lösung würde für die verlangte Deklaration der steuerbaren Elemente eine einfache Interpretation der Jahresabschlüsse in Fremdwährung und ihrer Gegenwerte in CHF, unter Beibehaltung der historischen Daten auf Basis der Daten in Fremdwährung, ermöglichen. Alternativ zu dem vorgängig dargelegten Vorschlag könnte beispielsweise die Umrechnung von Fremdwährung in CHF lediglich bei der Ermittlung der Steuergrundlagen in Betracht gezogen werden. In diesem Fall könnte ein Unternehmen seine Steuererklärung in Fremdwährung ausfüllen, danach würden ausschliesslich die Besteuerungsgrundlagen in CHF umgerechnet. Der Hauptvorteil dieser Methode wäre die Übereinstimmung mit dem neuen Rechnungslegungsrecht, das einem Unternehmen erlaubt, seine statutarischen Jahresrechnungen in Fremdwährung vorzulegen und zwar ohne Umrechnung in CHF. Dies würde auch eine konsequente Verwirklichung des Massgeblichkeitsprinzips sicherstellen [2]. Ein weiterer Vorteil bestünde darin, dass die steuerliche Leistungsfähigkeit eines Unternehmens auf der Grundlage seiner eigenen funktionalen Währung und nicht auf der Grundlage einer Umrechnung seiner statutarischen Jahresabschlüsse in CHF bestimmt würde. Die oben unter dem Aspekt der Verrechnungssteuer erwähnten Probleme im Zusammenhang mit Dividendenausschüttungen würden auch entfallen. Das neue Recht verschafft multinationalen Konzernen einen reellen Vorteil, da es ihnen ermöglicht, eventuelle Umrechnungsdifferenzen, die in Verbindung mit der Zwischenschaltung eines Schweizer Unternehmens entstehen können, zu neutralisieren. Gleichzeitig wird die Problematik betreffend die Währungsdifferenzen auf Ebene der die Dividende in Fremdwährung erhaltenden Gesellschaft entschärft. Ebenso kann klar festgehalten werden, dass die steuerlichen Deklarationspflichten ebenfalls vereinfacht werden, wenn die Steuererklärung in Fremdwährung eingereicht werden kann. Effektiv könnte so die Auswirkung der Dividende D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R 2014 | 6–7 F U N KTI O NALE U N D DAR STE LLU N G S WÄH R U N G U NTE R D E M N E U E N R E C H N U N G S LE G U N G S R E C HT auf die Kapitalsteuer oder die steuerlichen Verlustvorträge ganz einfach berechnet werden. Eine weitere Option, allerdings mit geringer Aussicht auf eine Implementierung, wäre es, die Umrechnung zu einem noch späteren Zeitpunkt durchzuführen, und zwar bei der Ermittlung der Steuerbelastung. In diesem Fall könnte effektiv die Steuererklärung in Fremdwährung ausgefüllt werden, und auch die Steuerbelastung würde in einem ersten Schritt in Fremdwährung ermittelt; wobei dann lediglich anhand eines von der Verwaltung festgelegten Wechselkurses die geschuldeten Steuerbeträge in CHF umgerechnet würden. Die beiden vorgängig dargestellten Alternativen würden Unternehmen eine höhere Flexibilität bieten, ihnen eine Einsparung von Mitteln ermöglichen und eine Berechnung ihrer Steuerveranlagung entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gewährleisten. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass eine solche Lösung auch Vorteile für die Verwaltung mit sich bringen würde – insbesondere Vereinfachungen, ohne dass dabei ein anderes als das heute erreichte Ergebnis erzielt wird. Natürlich können derartige Änderungen gewisse logistische Nachteile innerhalb der Verwaltung nach sich ziehen (Aktualisierung der Informatiksysteme, höhere Komplexität der Überprüfung der Abschlüsse in mehreren Währungen usw.). Schliesslich könnten dieselben Überlegungen womöglich auch auf andere Steuern übertragen werden. Anmerkungen: * Kurzversion des in Französisch publizierten Artikels der Spezialnummer zu den «Entwicklungen im Unternehmenssteuerrecht», ST 2013/11, S. 836 ff.; für die Quellenangaben und Fussnoten wird auf den vollständigen Artikel in französischer Sprache verwiesen. 1) Zwecks Verein- 6–7 | 2014 D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R STE U E R N 5. FAZIT Um die Attraktivität des Schweizer Steuersystems zu erhalten, ist es in der Tat wichtig, dass die im Rechnungslegungsrecht vorgenommenen Änderungen auch im Steuerrecht ihren Niederschlag finden und somit den steuerpflichtigen Unternehmen zugutekommen. Zum jetzigen Zeitpunkt zeichnen sich verschiedene Optionen für in Fremdwährung erstellte statutarische Abschlüsse ab: Die attraktivste Variante, die u. E. den Zielen des nOR am besten entspricht, ist die Möglichkeit, die verschiedenen Steuererklärungen samt Belegen direkt in Fremdwährung einzureichen und die Steuergrundlagen in CHF umzurechnen. Diese Variante steht im Einklang mit den Vorgaben des nOR, gewährleistet das Massgeblichkeitsprinzip und eliminiert die praktischen Probleme, die in Verbindung mit der Einreichung und der Verarbeitung von Steuererklärungen in CHF auftreten, ohne dabei das heute erzielte Ergebnis grundlegend zu verändern. Es würden auch die Diskussionen hinfällig, ob die Auswirkungen der Umrechnungsdifferenzen auf die (steuerliche) Erfolgsrechnung gerechtfertigt sind oder nicht. Schliesslich führt diese Lösung, im Vergleich zum heutigen System der Umrechnung nach der Stichtagskursmethode, zu keinen zusätzlichen Währungsrisiken für den Staat. fachung könnte auch in Betracht gezogen werden, diese Elemente zum Stichtagskurs umzurechnen. Böckli Peter, OR-Fremdwährungsabschluss als Grundlage für die Bemessung der Schweizer Gewinnsteuer in: Festschrift für Markus Reich, Uttinger et al. (Hrsg.), Zürich 2014, Seite 185 ff. 2) Hier sei nochmals daran erinnert, dass die in Fremdwährung erstellte Jahresrechnung für die Steuern massgeblich ist. Die im vorhergehenden Kapitel 4.1 behandelte Frage des Kapitalschutzes ist für eine steuerliche Beurteilung irrelevant. 521