Hauptschule Bünde (NRW)

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Ein Tourist und 17 Stadtführer: Beim Spaziergang durch Bünde zeigten die Zehntklässler ihrem Englisch-Coach Martin Nicholls aus Liverpool (links) die Stadt. Hemmungen und Sprachbarrieren waren in diesem besonderen Englisch-Training schnell überwunden.
FOTO: GERALD DUNKEL
Englisch trainieren statt Englisch lernen
Neunt- und Zehntklässler der Hauptschule Bünde profitieren von besonderem Sprachprojekt
VON GERALD DUNKEL
¥ Bünde. Man kennt es: In der
Schule war Englisch ein Thema im Unterricht. Und danach? Die meisten brauchen
die Fremdsprache vielleicht
noch, um Textpassagen einer
Bedienungsanleitung zu übersetzen, wenn diese gerade nicht
in der deutschen Version verfügbar ist. Schüler der Hauptschule Bünde haben seit einigen Tagen eine besondere
Möglichkeit, ihre Englischkenntnisse zu festigen.
Martin Nicholls aus Liverpool ist einer von vielen Sprachtrainern beim Lingua Projects
in Marienfeld. Gestern lernte er
die Stadt Bünde kennen. Seine
Stadtführer waren Schülerinnen und Schüler der Hauptschule, die dem Briten aus-
schließlich in seiner Sprache erklärten, was die Stadt zu bieten
hat. Eine Hemmschwelle, einfach mal so drauf loszuplaudern, bestand nur kurz.
„Die Praxis kommt beim
Englischlernen in der Schule oft
zu kurz“, sagt Marion Wischmann, die Klassenlehrerin der
Klasse 10 Typ B, die mit Martin Nicholls unterwegs war. „Mit
den Muttersprachlern ist das
anders; die Schüler müssen sich
irgendwie verständigen. Und
das löst schnell Hemmungen
und führt nach kurzer Zeit dazu, dass die Schüler Englisch
einfach zur Verständigung benutzen.“
„Ich bin nicht hier, um den
Schülern meine Sprache beizubringen“, sagt Martin Nicholls und fährt fort: „Ich bin
hier, um mit ihnen zu kommunizieren; das Lernen ge-
schieht dann nebenbei. Ich bin
also nicht ihr Lehrer, sondern
ihr Trainer. Und da ich selbst
nicht Deutsch spreche, müssen
sich die Schüler zum Beispiel
helfen, indem sie Dinge umschreiben, wenn sie die passende Vokabel nicht kennen.
Das klappt wunderbar und die
Schüler hier haben in wenigen
Tagen schon sehr gute Fortschritte gemacht.“
Das bestätigen auch die
Schülerinnen und Schüler
selbst. „Das ist schon erst einmal eine Herausforderung gewesen“, findet die 16-jährige
Michele Waschewski. „Gerade
wenn man etwas umschreiben
muss. Man spricht einfach anders als im Unterricht.“
Auch andere ihrer Mitschüler sind von dieser Möglichkeit
des Englischtrainings angetan.
„Manchmal kommt es vor, dass
Touristen nach dem Weg fragen. Aber darüber hinaus hat
man kaum Möglichkeiten, die
Sprache wirklich zu nutzen“,
sagt eine Mitschülerin. Ein anderer hat Englisch neben dem
Unterricht bislang fast nur bei
der Arbeit mit dem Computer
gebraucht, oder um eine Bedienungsanleitung zu übersetzen. „Man ist wirklich gezwungen, sich notfalls auch mit Händen und Füßen zu verständigen. Mit der Zeit wird es dann
immer besser.“
In den Tagen, in denen Martin Nicholls die Klasse als „English Coach“ begleitet, wird nahezu jede Möglichkeit zur
Kommunikation genutzt – auch
bei landestypischen Sportarten.
Neben der 10. Klasse betreut ein
weiterer Muttersprachler von
Lingua Projects, allerdings aus
den USA, eine 9. Klasse.
Das Englisch-Projekt haben
sich die Beteiligten etwas kosten lassen. Es ist aus Mitteln des
Schulbudgets sowie mit Unterstützung des Fördervereins der
Hauptschule und einem nicht
unerheblichen Elternbeitrag finanziert worden.
Heute Nachmittagwerdendie
Schülerinnen und Schüler ihre
Erlebnisse und Ergebnisse der
vergangenen Tage intensiven
Kommunizierens in Englisch im
Rahmen einer Präsentation in
der Schul-Aula zeigen.
Für die Zehntklässler haben
die Tage mit Martin Nicholls
aber noch eine ganz besondere
Bedeutung. In der ersten Aprilwoche besuchen sie England
und können dann ihre verfestigten Sprachkenntnisse erneut
anwenden. Nicht nur nach dem
Weg wollen sie dann in der landestypischen Sprache fragen.
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