Versuch 19: Messung des Erdmagnetfeldes Seite 1 Aufgaben: Bestimmung der Horizontal- und Vertikalkomponente des magnetischen Erdfeldes. Messverfahren: Messung des Erdmagnetfeldes durch Überlagerung mit elektrisch erzeugten Magnetfeldern mit Hilfe der Tangentenbussole. Anwendung der Inklinationsnadel. Vorkenntnisse: Magnetfeld, Bio-Savartsches Gesetz Lehrinhalt: Erzeugung magnetischer Felder durch Stromfluss, Überlagerung von Feldern Literatur: Lehrbücher der Physik 1. Aufbau und Wirkungsweise der Gaugainbussole Die Gaugainbussole ist eine Tangentenbussole, bei welcher der Drehpunkt der Magnetnadel um e = r/2 entlang der Spulenachse - vom Mittelpunkt der Spulenfläche aus - herausgerückt ist. Die Spule ist kegelförmig gewickelt - mit der Kegelspitze im Drehpunkt der Magnetnadel. Die Länge der Nadel geht dann näherungsweise nicht in das Ergebnis ein. Wenn man durch die Spule einen Strom I schickt, so entsteht ein zur Spulenfläche senkrechtes Magnetfeld, dessen Größe auf der Spulenachse Hi man nach dem BIOT-SAVARTschen Gesetz berechnen kann. Es setzt sich im Kräfteparallelogramm mit der Horizontalkomponente des Erdfeldes He zusammen. Richtet man vor Stromfluss die Bussole so ein, dass die in Richtung der Horizontalkomponente des Erdfeldes He weisende Magnetnadel von 00 nach 00 zeigt, so steht das vom Strom I hervorgerufene Magnetfeld Hi senkrecht zu He. Während des Stromflusses wird die Magnetnadel sich in Richtung der Resultierenden aus Hi und He einstellen. Gemäß Abb.1 ergibt sich: tan ϕ = H i He 00 oder He= Hi tan ϕ (1) He ng htu c i R del tna e n g Ma der ϕ Hi Spulenachse Abb. 1 90 0 Wenn man also Hi und n kennt, so ist He berechenbar. Um Hi (in Oersted) aus dem Strom I (in Ampere), der Windungszahl n und der Entfernung e (in cm) des Drehpunktes der Magnetnadel vom Spulenmittelpunkt zu berechnen, benutzt man die Formel Hi= 0,8 π n I 5 5 ⋅e Physikalisches Anfängerpraktikum 2 – ElektrizitätslehreInstitut für Angewandte Physik der Goethe-Universität Frankfurt am Main (2) Versuch 19: Messung des Erdmagnetfeldes Seite 2 2. Herleitung der Formel (2) Wir greifen eine Windung der Spule heraus und teilen diese Windung in sehr kleine Stücke ds r auf. Wir berechnen das Magnetfeld dH eines solchen Stückes ds im Punkt A (Abb. 2). Dieses Feld steht senkrecht auf der von ds und ρ aufgespannten Ebene und hat nach dem BIOT-SAVARTschen Gesetz die Größe r 0,1 ⋅ I ⋅ d s ⋅ sin α dH = . 2 ρ ds α dH β ρ r dH β I e Abb. 2 A dH' ds' r Ein gleich großes Feld dH ′ wird von dem zu ds diametral gegenüberliegenden Drahtstück ds' r erzeugt. Die Richtung des Feldes dH ′ ist aber derart, dass sich die senkrecht zur Spulenachse r r liegenden Komponenten von dH und dH ′ gerade aufheben, während sich die waagerechten r addieren. Von dH bleibt also nur die Projektion dH auf die Spulenachse erhalten; sie ist r dH= dH sin β. Nun ist sin β = r/ρ und α = 900 (da ρ immer senkrecht auf dem Spulendraht steht, wo ds auch liegen mag). Damit wird dH = (0,1 @ I @ ds @ r)/ ρ3. Wenn wir nun über die Beträge aller Drahtstückchen ds summieren, die alle gleichermaßen zum axialen Feld beitragen, so haben wir das Integral Ids zu bilden, das gleich 2πr ist. Also ist das vom Strom i im Punkt A erzeugte Magnetfeld: 0,2 π r 2 I (3) . Hi= 3 ρ Bei der besonderen Dimensionierung der Gaugain-Bussole ist aber r = 2e, r2 = 4e2 und daher nach Pythagoras ρ = e 5 . Nach Einführen dieser Werte für r und ρ bleibt nur noch e in Formel (3) stehen. Bei Berücksichtigung von n Windungen geht schließlich (3) in (2) über. 3. Schaltung und Messung Beim Aufbau der Schaltung (Abb.3) ist darauf zu achten, dass das bei Stromfluss im Schiebewiderstand entstehende störende Magnetfeld die Gaugainbussole möglichst wenig beeinflusst (Abstand!). Die Messung der Horizontalkomponente des Erdfeldes soll an drei verschiedenen Stellen durchgeführt werden (z.B. an zwei verschiedenen Plätzen im Praktikumsraum und, da das Erdfeld in einem Gebäude oft lokal gestört ist, an einer Stelle im Freien). Um dabei die Berechnung des tan n zu vermeiden, kann man den Strom I so einregulieren, dass n = 450, also tan n =1 wird, d.h. Hi = He. Mit einer Inklinationsnadel bestimme man die Richtung des Physikalisches Anfängerpraktikum 2 – ElektrizitätslehreInstitut für Angewandte Physik der Goethe-Universität Frankfurt am Main Versuch 19: Messung des Erdmagnetfeldes Seite 3 Erdfeldes. Dann kann man außer der Horizontalkomponente auch die Vertikalkomponente und die Größe des gesamten Erdfeldes angeben. Man diskutiere die Ergebnisse, gebe Fehlergrenzen an und vergleiche mit dem Literaturwert. A Bussole Akku möglichst lange Kabel verwenden Regulierwiderstand Abb.3 Schaltungsaufbau Die Werte der Siemens-Bussole betragen: e = 4,4 cm, n = 5 Windungen Beim Einschwingen der Magnetnadel in einen durch Glg. (1) bestimmten Gleichgewichtszustand beobachtet man, dass ihre Schwingungsdauer T vom gewählten resultierenden Horizontalfeld H abhängt. Das auf die Nadel wirkende rückstellende Drehmoment ist D = - MH sin φ (4) wobei M das magnetische Moment der Nadel und φ der Winkel zwischen Nadel und resultierendem Magnetfeld (in der Schwingungsebene der Nadel) ist. Für kleine Winkel kann für sinφ der Winkel φ selbst gesetzt werden. Ist θ das Trägheitsmoment der Nadel, so gilt, wenn die Reibung vernachlässigt wird, die Schwingungsgleichung 2 ϕ θ d 2 = - MH ϕ (5) dt φ = A sin ωt + B cos ωt . mit der Lösung (6) Die Integrationskonstanten A und B hängen von den gewählten Anfangsbedingungen ab; die 2π Kreisfrequenz ω ist gleich 2π mal der Frequenz f: ω = 2π f = . T Durch Einsetzen von (6) in (5) erhält man: θ ω2 = M @ H bzw. 1 T 2 = 1 4π 2 ⋅ M θ ⋅H . Diese Beziehung ist nachzuprüfen. Dazu werden die aus jeweils mehreren Schwingungen gemessenen Werte von 1/T 2 gegen die resultierende Feldstärke H res = H i2 + H e2 aufgetragen. M . Aus der Steigung dieser Geraden erhält man die Größe 4π 2θ Da sich T bei unserem Aufbau nur sehr wenig ändert, sind die Messungen sehr sorgfältig ausPhysikalisches Anfängerpraktikum 2 – ElektrizitätslehreInstitut für Angewandte Physik der Goethe-Universität Frankfurt am Main Versuch 19: Messung des Erdmagnetfeldes Seite 4 zuführen und mehrmals zu wiederholen, um ein brauchbares Ergebnis zu erreichen. 4. Anmerkung Die Kombination der Gleichungen 1 M = ⋅ He 2 2 T e 4π θ 1 und T 2 e+i = M 4π 2 θ ⋅ He2 + Hi2 ergibt für das zu messende Erdfeld die Beziehung He= Hi 4 Te -1 4 T e+i Man kann also aus Te, Te+i , Hi ebenfalls die Horizontalkomponente des Erdfeldes bestimmen. Hi wird dabei wieder nach (2) bestimmt. Man vergleiche den so erhaltenen Wert für He mit dem zuvor ermittelten. 5. Umrechnung der Maßeinheiten 1 Es gilt: 1 1 − A =ˆ 4π ⋅ 10-3 Oe ; 1 Oe = 1 cm 2 g 2 s-1 . m Das BIOT-SAVART-Gesetz lautet im SI-System: 1 ds sin α d H= I ; 4π ρ2 dabei sind H in A/m, I in A, ds und ρ in m einzusetzen. Das oben benutzte magnetische Moment M hat im SI-System die Einheit V@m@s. Geben Sie das Erdmagnetfeld auch in der SIEinheit an. Physikalisches Anfängerpraktikum 2 – ElektrizitätslehreInstitut für Angewandte Physik der Goethe-Universität Frankfurt am Main