Moleküle - Fakult at f ur Physik

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Kapitel 7
Moleküle
Die Erklärung über die Ursache der chemischen Bindung in Molekülen war eine weitere
Bestätigung der Quantentheorie. Als Beispiele diskutieren wir zuerst das Wasserstoffmolekülion (H2+ ) und das neutrale Wasserstoffmolekül (H2 ).
Moleküle zeigen ein komplexeres Spektrum als Atome. Ursache dafür ist die größere
Anzahl von Freiheitsgraden: Rotations- und Schwingungs-Bewegung sind quantisiert.
Die Energie in Rotation und Schwingung addiert sich zur elektronischen Energie. Diese
Freiheitsgrade tragen zur spezifischen Wärmekapazität bei. Wie in Atomen bestimmen
die Spin-Bahn Kopplung die Feinstruktur und die Spin-Kern- und die Bahn-KernWechselwirkungen die Hyperfeinstruktur der Spektren.
Als Folge der Rotations- und Schwingungsfreiheitsgrade existieren in Molekülen
mehr diskrete Zustände als im einzelnen
Atom möglich sind. Damit gibt es mehr
Kombinationen für Energiedifferenzen und
viel komplexere Spektren.
Da die charakteristischen Energien für
elektronische Anregung, Schwingungsanregung und Rotationsanregung sehr
verschieden sind, gruppieren sich oft Liniengruppen in sogenannte Banden, die eine
relativ einfache Identifizierung erlauben.
7.1
$
"
"
#
!
"
#
!
%
%
& '
%
( )*
+, -
Molekülbindung
Das einfachste Molekül, H2+ (zwei Protonen und ein Elektron) ist im Grundzustand
gut gebunden und wird als stabiles Molekülion beobachtet. Der Hamilton-Operator
der 3 Teilchen ist formal gleich dem Helium bzw. H − -Problem. Unterschiede ergeben
sich lediglich in den Massen. Die potentielle Energie ist
V (ra , rb , R) = −e2
�
1
1
1
+
−
ra
rb
R
�
137
(7.1)
138
KAPITEL 7. MOLEKÜLE
R"10
R"20
0
0
!0.5
!0.5
R"5
0
u
E
g
E
!1.0
u
!0.5
!1.5
!1.0
!1.5
!1.5
!15!10 !5 0
R
5 10 15
g
E
!1.0
!8
!4
0
R
4
!8
8
!4
0
R
4
8
Das Bild zeigt die potentielle Energie eines Elektrons im Coulomb-Feld zweier Protonen, die sich im festen Abstand R = 20, 10 und 5 a0 befinden (atomare Einheiten, der
Beitrag e2 /R ist nicht berücksichtigt). Im isolierten Potentialtopf eines Protons liegt
die Bindungsenergie des 1s Elektrons bei −0.5 au. Die g u -Aufspaltung (Gleichung
7.12) ist übertrieben eingezeichnet.
Im Massenschwerpunkt der Kerne gilt:
"
ra
=
rb
=
1
R
2
1
r− R
2
r+
#
#
%
$
#
Damit ist die Hamilton-Funktion
&
!
!
'
P2
P2
p2
H = a + b + e + V (r, R)
2M
2M
2m
Wegen der viel größeren Masse der Protonen (M/m ≈ 1837), können wir in erster
Näherung die kinetische Energie der Protonen vernachlässigen. In diesem Fall ist der
Kernabstand R ein fester Parameter, für den die Schrödinger-Gleichung
�
−
h̄2
e2
e2
e2
∆e (r) −
−
+
2m
ra
rb
R
�
ψ el (r, R) = E ψ el (r, R)
(7.2)
zu lösen ist. In dieser Born-Oppenheimer-Näherung kann die Schrödinger-Gleichung
in elliptischen Koordinaten für jeden festen Wert R exakt gelöst werden. Diese Koordinaten berücksichtigen die Rotationssymmetrie des Kernpotentiales und liefern Werte
für die elektronische Wellenfunktion ψ el (r, R).
Die potentielle Energie ist unabhängig vom Azimutalwinkel ϕ = arctan(y/x)
Die z-Achse liegt entlang der Kernverbindungslinie. Die Protonen befinden sich im
Brennpunkt von Ellipsen mit λ = const.
Die Flächen µ = const beschreiben Hyperboloide,
λ
=
µ
=
ra + rb
R
ra − rb
.
R
.
! $% $& ' ( ) *
!
#
!
! $% $+
"
" $% $& ' ( ) *
" $% $,
In elliptischen Koordinaten ist die Schrödinger-Gleichung 7.2 separierbar, die Wellenfunktion lässt sich als Produkt aus drei Funktionen, die jeweils nur von einer der drei
Koordinaten abhängen schreiben
ψ el (r, R) = M (λ) · N (µ) · P (ϕ) .
(7.3)
Die Forderung nach Normierbarkeit ergibt diskrete Energieeigenwerte der Eigenfunktionen
7.3. Die Lösungen für die Eigenenergien En charakterisiert man mit einer Quanten-
7.1. MOLEKÜLBINDUNG
139
zahl n. Dieses Energiespektrum ändert sich mit dem Abstand zwischen den Protonen,
En (R). Die Kurven En (R) heißen Potentialkurven. Sie geben die (für den Zustand
n spezifische) Gesamtenergie des Systems, für den Fall, dass man den Kernabstand
unendlich langsam ändert (adibatische Potentialkurven). Unterhalb des Ionisationsgrenzwertes H + + H + + e ist das Spektrum En (R) diskret, verändert sich aber kontinuierlich mit R.
Das Bild zeigt die zwei niedrigsten
Potentialkurven des H2+ -Moleküls.
Der
elektronische Grundzustand ist gebunden. Von großen
Kernabständen kommend (dem
Dissoziationsgrenzwert)
nimmt
die Bindungsenergie zu. Beim
Gleichgewichtsabstand (Re ) erreicht die Kurve ein Minimum
(Potentialtopftiefe De ). Bei kleinen
Kernabständen wird die Kurve
abstoßend.
Im gebundenen Potentialtopf existiert ein diskretes Schwingungs-Spektrum. In diesem Potential schwingen die Kerne (das bedeutet: das Elektron muss sich den sich
ändernden Kernkoordinaten anpassen). Sind die Lösungen En (R) für unterschiedliche
Werte von n energetisch weit getrennt,1 dann ist es möglich, das Schwingungsproblem
durch numerische Lösung der radialen Schrödinger Gleichung, in der nur diese einzelne
Potentialkurve betrachtet wird, zu ermitteln.2
�
�
h̄2 d2
−
+ Vn (R) ψnvib (R) = E ψnvib (R)
2 µ dR2
(7.4)
vib
Aus dieser Gleichung erhält man die Schwingungswellenfunktionen ψn,v
bzw. die Lage
der diskreten Schwingungsniveaus im Potentialtopf Vn (R).
Typische Werte für Re in zweiatomigen Molekülen liegen im Bereich von 1 − 3 Å, für
De liegen die Werte im Bereich von 0.1 − 10 eV , typische Werte der Schwingungsfrequenzen im Bereich von 1 − 4000 cm−1 (siehe Seite 29).
Für den elektronischen Grundzustand von H2+ ist De = 2.79 eV und Re = 2 a.u. Die
Bindungsnergie des niedrigsten Schwingungszustandes ist D0 = 2.65 eV .3 Im Potentialtopf des Grundzustandes von H2+ haben 20 Schwingungsniveaus Platz (Schwingungsquantenzahl v = 0,1,.. 19). Für das Deuterium-Molekül sind es 27 Schwingungsniveaus.4 Das Absinken der Nullpunktenergie, des Schwingungsabstandes und der dadurch
größeren Anzahl von diskreten Schwingungsniveaus im Deuterium-Molekül ist analog
zur Massenabhängigkeit der Eigenfrequenz im harmonischen Oszillator bzw. im rechteckförmigen Potentialtopf (siehe Seite 29).
ist zum Beispiel für den Grundzustand von H2+ der Fall.
zur Radialgleichung beim Wasserstoffatom, siehe Gl. 4.22, wobei man unter Vernachlässigung der Rotation des Kerngerüstes den Zentrifugalterm vorerst Null setzt.
3 Der Abstand zwischen den tiefst-liegenden Schwingungsniveaus ist 288 meV, damit ist die
Nullpunktsenergie De − D0 ≈ 288/2 meV
4 Im HD-Molekül sind es 22.
1 Das
2 Analog
140
KAPITEL 7. MOLEKÜLE
Oberhalb der Dissoziationsgrenze (in den Bildern oben bei −0.5 a.u. liegt ein Kontinuum von radialen Wellenfunktionen, das die Streuzustände von H + + H(1s) beschreibt.
Elektronische Zustandsbezeichnung Da das Elektron keine Zentralkraft sieht,
bleibt der Drehimpulsvektor (des Elektrons!) nicht mehr zeitlich konstant, er präzediert
um die Kernverbindungsachse.5 Seine Projektion auf die z-Achse hat einen wohldefinierten Erwartungswert
��z � = m� h̄
(7.5)
Die potentielle Energie ist invariant gegenüber einer Spiegelung an einer Ebene durch
die Kernverbindungsachse. Bei einer solchen Spiegelung geht ein Eigenzustand von
Lz mit einem Erwartungswert m� h̄ in einen mit dem Eigenwert −m� h̄ über.6 Wegen
der Invarianz der potentielle Energie hängt die elektronische Energie eines stationären
Zustandes nur vom Betrag, |m� |, ab.
Für die Werte von � und |m� | haben sich in der
Molekülphysik (analog zu s, p, d in der Atomphysik) folgende Bezeichnungen eingebürgert:a
�
0
|m� |
0
0
1
0
1
2
sσ
pσ
pπ
dσ
dπ
dδ
Term
a Für
1
2
!
!
!
"
!#
$
#%
m� wird häufig die Bezeichnung λ verwendet.
Die Bahnbewegung des Elektrons um die Molekülachse ergibt ein Magnetfeld entlang
dieser Richtung. Der Elektronenspin präzidiert um diese Richtung. Die Projektion des
Spindrehimpulses auf die Kernverbindungsachse nimmt die Werte mS = ± 12 h̄ ein.
Den elektronischen Zustand des H2+ -Moleküls kann man so mit den vier Quantenzahlen (n, �, m� und mS ) charakterisieren.
5 Analog zum H-Atom in einem äußeren Magnetfeld, in dem nur die Projektion auf die
Magnetfeldachse einen definierten Wert hat.
6 Die Spiegelung ändert den Umlaufsinn des Elektrons um die Kernverbindungsachse.
141
7.2. LCAO-NÄHERUNG
Subtrahiert man von der Energie En (R)
die Coulomb-Abstoßung der beiden Protonen und trägt diese Werte als Funktion
des Kernabstandes R auf, so erhält man
ein Korrelationsdiagramm. Dieses zeigt
an wie sich die elektronische Energie
von den Grenzwerten separierter Atome
(separated-atom limit) (hier H(n, �) + H + )
zum Grenzwert vereinigter Atome (unitedatom limit) hin entwickelt (hier He+ (n, �).
Im united-atom limit entsteht aus H2+ das
He+ -Atom mit dem diskreten Spektrum
−Z 2 R/2n2 = −2R/n2 .
7.2
LCAO-Näherung
Beim H-Atom fand man atomare Orbitale (AOs), die als Näherung zu einer ersten
Beschreibung von Mehrelektronen-Atomen verwendbar sind. In ähnlicher Weise kann
man zur näherungsweisen Beschreibung von Molekül-Orbitalen (MOs) eine LinearKombination von atomaren Orbitalen verwenden (LCAO).7
Aus dem Variationstheorem weiß man, dass der Erwartungswert des Hamilton
Operators mit einer Versuchs-Wellenfunktion den wahren Energiewert überschätzt
(siehe Kapitel 9). In dieser Kenntnis setzen wir als erste Näherung für die elektronische
Wellenfunktion von H2+
ψLCAO = c1 ϕ1s (ra ) + c2 ϕ1s (rb ) .
(7.6)
Die Einelektronenfunktion des Grundzustandes im H-Atom ist
1
e−ra /a0
ϕ1s (ra ) = �
π a30
Auf Grund der Normierbarkeit fordern wir
�
∗
ψLCAO
· ψLCAO dτ
�
=
c21 + c22 + 2 c1 c2
=
c21 + c22 + 2 c1 c2 S = 1 .
(7.7)
ϕ1s (ra )ϕ1s (rb ) dτ
(7.8)
Die Größe S nennt man Überlappungsintegral. Wir fordern auch, dass die Wellenfunktion entweder symmetrisch oder antisymmetrisch bei Vertauschung der beiden
Protonen sein soll (also c1 = ±c2 )
1 = 2c21 ± 2c21 S
→
1
1
c1 = √ √
.
2 1±S
(7.9)
Damit erhalten wir für H2+ die MOs
ψsymm
=
ψanti
=
7 Linear
1
1
√ √
(ϕ1s (ra ) + ϕ1s (rb ))
2 1+S
1
1
√ √
(ϕ1s (ra ) − ϕ1s (rb ))
2 1−S
Combination of Atomic Orbitals
(7.10)
142
KAPITEL 7. MOLEKÜLE
Für den Erwartungswert der Energie
�E � =
�
ψ ∗ Hψ dτ
(7.11)
verwenden wir den Hamilton-Operator aus Gleichung (7.2) in der Born-Oppenheimer
Näherung. Für die beiden MOs (7.10) ergeben sich die Erwartungswerte
� Esymm �
=
� Eanti �
=
Haa + Hab
1+S
Haa − Hab
1−S
(7.12)
dabei sind die Matrixelemente
Hij =
�
ϕ1s (ri )Hϕ1s (rj ) dτ .
(7.13)
wobei
H=
e2
p2e
e2
e2
−
−
+
.
2m
ra
rb
R
(7.14)
Mit den Definitionen für das Überlappintegral (S), für das Coulombintegral (C) und
für das Resonanzintegral (A)
S
=
�ϕ1s (ra )ϕ1s (rb )�
(7.15)
�ϕ1s (ra )|
(7.16)
2
C
=
A
=
e
|ϕ1s (ra )�
rb
e2
�ϕ1s (ra )| |ϕ1s (rb )�
rb
(7.17)
und der Definition der Energie des Grundzustandes des Wasserstoff Atoms
E1 = �ϕ1s (ra )|
p2e
e2
− |ϕ1s (ra )�
2m
ra
(7.18)
berechnen sich die Matrixelemente als8
Haa
=
Hab
=
e2
−C
R �
�
2
e
−E1 +
S − A.
R
−E1 +
(7.19)
(7.20)
Berechnet man � Esymm � als Funktion des Parameters R erhält man eine gebundene
Potentialkurve, für � Eanti � eine abstoßende. Die einfachen MOs in Gleichung (7.10)
liefern eine anschauliche Erklärung für die Bindung bzw. Antibindung im Falle symmetrischer bzw. antisymmetrischer Orts-Wellenfunktionen. In den folgenden Bildern
entstehen die zwei niedrigsten elektronischen Zustände von H2+ durch Zusammenfügen
zweier Protonen mit einem wasserstoffartigem 1s-Elektron, das ununterscheidbar
sowohl am rechten als auch am linken Proton sitzt.
8 Zur Berechnung der Integrale siehe z.B. P. W. Atkins, Molecular Quantum Mechanics,
Oxford University Press (2nd edition, 1983) p.254-256
143
7.2. LCAO-NÄHERUNG
1
1
1
0
0
0
!1
!20
!10
0
10
20
!1
!20
!10
0
10
!1
!20
20
1
1
1
0
0
0
!1
!20
!10
0
10
20
!1
!20
!10
0
10
!1
!20
20
!10
0
10
20
!10
0
10
20
Gezeigt ist die symmetrische und die antisymmetrische Wellenfunktion für Kernabstände von 25, 15, und 5 bohr aus Gleichung 7.10. In den oberen Bildpaaren sind Schnitte entlang der Kernverbindungsachse dargestellt. Die festen Protonenpositionen sind
durch Punkte auf der x-Achse angedeutet. Die folgenden Bilder zeigen Kontourplots
des Amplitudenquadrates der Orts-Wellenfunktionen.
20
20
20
10
10
10
0
0
0
-10
-10
-10
-20
-20
-10
0
10
20
-20
-20
-10
0
10
20
-20
-20
20
20
20
10
10
10
0
0
0
-10
-10
-10
-20
-20
-10
0
10
20
-20
-20
-10
0
10
20
-20
-20
-10
0
10
20
-10
0
10
20
Offensichtlich bleibt im antisymmetrischen Fall eine Knotenlinie (Elektronendichte
geht gegen Null zwischen beiden Protonen). Dieser Unterschied in der Dichteverteilung
der Elektronen ist Ursache für Antibindung und Bindung. Auch die Symmetrie der
mit LCAO angesetzten Wellenfunktion (Gleichung 7.12) entspricht dem Ergebnis der
exakten Rechnung:
• die antisymmetrische entspricht dem 2pσu -Orbital (ψanti ≈ 2pσu ),
• die symmetrische dem 1sσg -Orbital (ψsymm ≈ 1sσg ).
Der Wert für die Bindung in dieser einfachsten Näherung mit unflexiblen WasserstoffWellenfunktionen ergibt sich als nur De = 1.76 eV , in Übereinstimmung mit unserer
Erwartung aus dem Variationstheorem (der wahre Wert ist 2.79 eV ). Wenn die mit dem
H(1s)-Orbital erhaltene Bindungsenergie auch nur eine grobe Näherung darstellt, kann
doch durch Optimierung der Versuchs-Funktionen ein Minimum des Variationsergebnisses gefunden werden, das der exakten Antwort sehr nahe kommt. Das geschieht
beispielsweise durch Einführen einer effektiven Ladung Zef f (R) in die Wasserstoffwellenfunktion
ϕ1s (ri , R) =
�
3
3 −Zef f ri /a0
Zef
f /(π a0 )e
144
KAPITEL 7. MOLEKÜLE
wobei Zef f für jeden Kernabstand optimiert wird (minimaler Erwartungswert der
Energie). Dieser Ansatz trägt der Tatsache Rechnung, dass für R → 0 das Molekülion
H2+ dem He+ -Atom gleicht, also Zef f → 2, während für große Abstände Zef f → 1.
7.3
Symmetriecharakter zweiatomiger Moleküle
Zusätzlich zu den Quantenzahlen (n, �, m� und mS ) haben Molekülzustände geometrische
und Permutationssymmetrien, die eine weitere Charakterisierung erlauben.
• Ein Kennzeichen für homonukleare zweiatomige Moleküle ist die Symmetrie der
elektronischen Wellenfunktion unter Inversion, iel (Spiegelung) aller ElektronenKoordinaten am Massenschwerpunkt. Ändert sich das Vorzeichen
iel ψgel (r) = +ψgel (-r)
(7.21)
nicht, dann nennt man den Zustand gerade. Ändert sich hingegen das Vorzeichen,
iel ψuel (r) = −ψuel (-r)
(7.22)
dann heißen die Zustände ungerade. Dieses Kennzeichen wird in homonuklearen Molekülen der Beschreibung des elektronischen Zustandes als Subskript angefügt (g oder
u ). Diese Symmetrie gilt auch für Moleküle aus unterschiedlichen Isotopen gleicher
Kernladungszahl.
• Eine weitere Symmetrie der elektronischen Wellenfunktion ergibt sich als Resultat
einer Spiegelung an einer Ebene durch die Kernverbindungsachse, σel , z.B. an der
y-z-Ebene. Ändert sich das Vorzeichen
σel ψ el + (x, y, z) = +ψ el + (−x, y, z)
(7.23)
nicht, dann nennt man den Zustand positiv. Ändert sich hingegen das Vorzeichen,
σel ψ el − (x, y, z) = −ψ el − (−x, y, z)
(7.24)
dann heißen die Zustände negativ. Dieses Kennzeichen wird in der Beschreibung des
elektronischen Zustandes als Superskript angefügt (+ oder − ).9
Darüberhinaus sind folgende Permutationssymmetrien zu berücksichtigen:
• In einem homonuklearen zweiatomigen Molekül muss die Kernwellenfunktion entweder symmetrisch oder antisymmetrisch in Bezug auf den Austausch der beiden
identischen Kerne sein. Diese Symmetrieeigenschaft kontrolliert über die Größe des
Kernspins und die Zugehörigkeit des Kernes zur Gruppe der Bosonen (I = ganzzahlig) bzw. zur Gruppe der Fermionen (I = halbzahlig), das statistische Gewicht der
Rotationszustände des Moleküls (siehe Seite 152).
• In einem Molekül mit mehr als einem Elektron muss die räumliche elektronische
Wellenfunktion entweder symmetrisch oder antisymmetrisch in Bezug auf Austausch
zweier Elektronen sein. Diese beiden Funktionen kombinieren jeweils mit einer antisymmetrischen bzw. symmetrischen Spinfunktion damit das Symmetrisierungspostulat
erfüllt wird. (siehe unten zum H2 -Molekül)
9 Moleküle mit weniger als zwei Elektronen können keine Zustände mit dem Prtädikat
negativ bilden.
7.4. DAS NEUTRALE WASSERSTOFFMOLEKÜL
7.4
145
Das neutrale Wasserstoffmolekül
2 Elektronen, 2 Protonen, kein Separationsansatz ist mehr möglich, auch nicht bei
festgehaltenem Kernabstand. Näherungsverfahren sind notwendig: zum Beispiel werden molekulare Wellenfunktionen werden als Linearkombination von atomaren Wellenfunktionen dargestellt. Der Grundzustand entsteht durch Zusammenfügen zweier
H(1s) Atome.
Die Wellenfunktion für H(1s), aufgebaut aus Proton a und Elektron 1 sei ϕa (1),
für H(1s), aufgebaut aus Proton b und Elektron 2 sei ϕb (2). Mit nur einem Elektron in
dieser Beschreibung hatten wir für H2+ zwei Kombinationen aufgebaut, die sich gegen
den Austausch der Elektronenposition relativ zu den beiden Kernen symmetrisch, bzw.
antisymmetrisch verhalten (7.12):
ψg (i)
=
ψu (i)
=
�
�
1
2(1 + S)
1
2(1 − S)
[ϕa (i) + ϕb (i)]
(7.25)
[ϕa (i) − ϕb (i)]
(7.26)
Mit diesen Wellenfunktionen können wir vier Kombinationen konstruieren, um näherungsweise
Zustände von H2 zu beschreiben. Die Kombinationen entsprechen dem Symmetrisierungspostulat für Elektronen. Da die Gesamtwellenfunktion zweier Elektronen antisymmetrisch gegenüber dem Austausch der beiden Elektronen sein muss, kombinieren
wir symmetrische Spinfunktionen mit antisymmetrischen Bahnfunktionen und umgekehrt:
1
3
Σg
:
ψg (1) ψg (2) χanti
(7.27)
Σu
:
[ψg (1) ψu (2) − ψu (1) ψg (2)] χsymm
(7.28)
[ψg (1) ψu (2) + ψu (1) ψg (2)] χanti
(7.29)
ψu (1) ψu (2) χanti
(7.30)
1
Σg
:
1
Σg
:
wobei
χanti
=
(α1 β2 − β1 α2 )
=
(α1 β2 + β1 α2 )
=
α1 α2
=
β1 β2 .
und
χsymm
(7.31)
(7.32)
146
KAPITEL 7. MOLEKÜLE
Die
beiden
ersten
VersuchsWellenfunktionen (7.27 und 7.28) geben in
der Tat eine erste Näherung zu den beiden
niedrigsten elektronischen Zuständen von
H2 .
Der Grundzustand 1 Σg ist stark bindend (De = 4.59 eV ) mit dem Minimum
bei Re ≈ 0.74 Å, während der erste
angeregte Zustand 3 Σu abstoßend ist.
Diese abstoßende Kurve bechreibt die
Wechselwirkungsenergie beim Stoß zweier spin-orientierter Wasserstoff-Atome
(H ↑ +H ↑).
Im Bild werden die beiden niedrigsten (exakten) Potentialkurven von H2 gezeigt.
Ebenso die Elektronendichte Verteilung im
gebundenen Grundzustand 1 Σg und im
Kontinuumszustand 3 Σu .
7.5
20
20
10
10
0
0
!10
!10
!20
!20
!10
0
10
20
!20
!20
!10
0
10
20
Elektronische Anregung
Der elektronische Grundzustand von H2
und die beiden Ionisations-Stufen H2+ und
H + + H + als Funktion des Kernabstandes
sind dargestellt. Oberhalb der CoulombSchwelle H + + H + existieren (jedenfalls
im Sinne der Atomphysik) keine diskreten
Strukturen.
Zwischen H + + H + und H(1s) + H + gibt
es unendlich viele elektronisch angeregte
Zustände von H2+ , die zu den Grenzwerten H(n, �) + H + dissoziieren. Auch zwischen H(1s) + H(1s) und H(1s) + H + gibt
es unendlich viele elektronisch angeregte
Zustände von H2 , die zu den Grenzwerten
H(n, �)+H(1s) dissoziieren. Doppelt angeregte Zustände von H2 , die zu Grenzwerten
H(n > 1, �)+H(n� > 1, �� ) dissoziieren, liegen über dem Grenzwert H(1s) + H + .
Am Beispiel H2 diskutieren wir ein anschauliches Aufbauprinzip für die Form und
Energielage einfach angeregter elektronischer Zustände von Molekülen. Wir konstruieren Rydberg-Zustände zu H2+ 1sσg indem wir die Potentialkurve für den ionischen
Grundzustand um den Energiebetrag −R/n2ef f nach unten verschieben. Ebenso konstruieren wir Rydberg-Zustände zu H2+ 2pσu nach dieser Methode. Wenn wir berücksichtigen,
dass sich Zustände gleicher Symmetrie an Kreuzungen vermeiden können wir mit diesem Ansatz das Zustandekommen aller angeregten triplet-Zustände von H2 in sehr
guter Näherung erklären.
7.5. ELEKTRONISCHE ANREGUNG
147
!0.5
H2 "
!0.55
!0.6
H!1s""H!2!"
n#3
!0.65
n#2
!0.7
0
2
4
6
8
10
R a0
H# #H!1s"
!0.5
H2 #
!0.6
H!1s"#H!2!"
n$3
n$2
!0.7
!0.8
!0.9
3 #
"u
H!1s"#H!1s"
!1
!1.1
H2
2
1 #
"g
4
6
8
10
R a0
In analoger Weise konstruieren wir die singlet-Zustände, wobei aber noch ein zusätzlicher
Aspekt zur Bildung von neutralem H2 in Spiel kommt: Durch Zusammenführen von einem Proton mit einem negativen Wasserstoffion, H − (1s2 ) kann auch singlet-H2 entstehen. Diese Potentialkurve hat die Symmetrie 1 Σg . Die Kurve für den Kanal H + + H −
ist stark anziehend und dissoziiert zu einem Grenzwert der 0.754 eV unterhalb des
Grenzwertes H(1s) + H + liegt.10 In der Folge schneidet diese ionische Kurve alle oben
konstruierten Rydbergkurven für n < 5. Der Grenzwert H(1s) + H(n = 5) liegt um
die Energie −R/52 = −0.544 eV unter dem Grenzwert H(1s) + H + . Da Kreuzungen
von Zuständen gleicher Symmetrie verboten sind, prägt sich der ionische Charakter
allen tiefer-liegenden Zuständen der Symmetrie 1 Σg auf und führt so zum Beispel zur
starken Abweichung der Form der Kurve für den ersten angeregten singlet-Zustand
10 Das ist die Ablösearbeit, die notwendig ist um eines der beiden Eektronen von H − zu
entfernen.
148
KAPITEL 7. MOLEKÜLE
B 1 Σu von der einfachen Form eines Rydberg-artigen Potentials.
7.6
Franck-Condon Prinzip
Bei der Berechnung von Übergangsmatrixelementen in Molekülen muss der Überlapp
der Schwingungswellenfunktionen berücksichtigt werden. Wir diskutieren als Beispiel
die einfache Photoionisation von H2 . ZurVerdeutlichung ist im Bild der ionische Zustand doppelt stark gebunden gezeichnet.
Wir gehen davon aus, dass unser Anfangszustand ein Molekül im Schwingungsgrundzustand von H2 (v = 0) ist. Steht genügend Energie zur Verfügung, so ist es möglich
bei einem vertikalen Übergang zu H2+ unterschiedliche Schwingungszustände (v � ) im
Ion zu besetzen.
In der Näherung, dass das Übergangsmatrixelement unabhängig ist vom Kernabstand, ist die Besetzungszahl der einzelnen Schwingungsniveaus in H2+ proportional
dem Quadrat der Frank-Condon-Faktoren. Der Frank-Condon-Faktor ist das Skalarprodukt
vibH2
F C(v, v � ) = �ψv
vib +
H
|ψv�
2
�=
�
∞
0
vibH2
ψv
vib +
H
(R) ψv�
2
(R) dR .
(7.33)
Anschaulich bedeutet der Frank-CondonFaktor, dass bei einer instantanen
Änderung des elektronischen Zustandes
die kinetische Energie der Kernbewegung
erhalten bleiben soll.
Analog muss bei Betrachtung von
Übergängen zwischen Zuständen mit
unterschiedlichen Rotationsniveaus der
Überlapp der Rotationswellenfunktionen
berücksichtigt werden (Hönl-LondonFaktor ).
7.7
Rotation zweiatomiger Moleküle
In Abschnitt 3.7 untersuchten wir die Schwingung eines zweiatomigen Moleküls. Im
Folgenden vernachlässigen wir die Schwingung und gehen von einem starren Rotator,
als Modell für die Drehbewegung eines zweiatomiges Moleküls, aus. Wir nehmen also einen festen Kernabstand an (R). Damit ist das Trägheitsmoment bezüglich des
Massenschwerpunktes konstant.11
11 Bei genauerer Behandlung dürfen Schwingung im anharmonischen Potential und Rotation
nicht unabhängig voneinander betrachtet werden, siehe dazu Bild auf Seite 150.
149
7.7. ROTATION ZWEIATOMIGER MOLEKÜLE
Im allgemeinen bräuchte man 2 × 3 = 6 Koordinaten um
den Ort zweier Atome festzulegen. Da wir uns hier nicht
für die Translation des Schwerpunktes kümmern verbleiben
3. Durch die Festlegung des Kernabstandes R ist die Lage
des Rotators (die Orientierung der Kernverbindungsachse im
Raum) durch die Polarwinkel θ und ϕ definiert. Den Zustand
des Rotators beschreiben wir durch die quadratintegrable
Wellenfunktion ψ rot (θ, ϕ):
�
2π
dϕ
0
�
"
!
π
sin θ dθ|ψ rot (θ, ϕ)|2 = 1
(7.34)
0
Die Wahrscheinlichkeit, dass wir die Rotatorachse in Richtung des Raumwinkelelementes
dΩ = sin θ dθ dϕ zeigt ist |ψ rot (θ, ϕ)|2 sin θ dθ dϕ. Die Rotationswellenfunktionen und
das Spektrum erhalten wir, indem wir uns einen Hamilton-Operator für den Rotator
herleiten. Mit der Definition des Massenschwerpunktes
r1
r2
R
=
=
m2
m1
m1 + m2
→
m1 r1 = m2 r2
(7.35)
ist das Trägheitsmoment bezüglich des Massenschwerpunktes
I = m1 r12 + m2 r22 = µ R2 ,
(7.36)
wobei die reduzierte Masse µ = m1 · m2 /(m1 + m2 ) ist. Mit der Rotationsfrequenz
νr = ωr /2π und dem Rotationsdrehimpuls (in Bezug auf den Massenschwerpunkt)
|L| = µ R2 ωr
(7.37)
ist die kinetische Energie der Rotation
Er =
|L|2
1 2
Iωr =
.
2
2µR2
(7.38)
Den quantenmechanischen Hamilton-Operator erhalten wir indem wir den klassischen
Ausdruck für das Quadrat des Drehimpulses durch den Operator L2 ersetzen.
Hr ψ rot (θ, ϕ)
=
|L|2 rot
ψ (θ, ϕ)
2µR2
→
−
h̄2
2µR2
�
�
∂2
1 ∂
1
∂2
+
+
ψ rot (θ, ϕ)
2
2
∂θ
tan θ ∂θ
sin θ ∂ϕ2
(7.39)
Damit ergeben sich analog zum Wasserstoffatom (Gleichung 4.22) die Eigenwerte
�(� + 1)h̄2 und die Eigenfunktionen |�, m� ↔ Y�m (θ, ϕ). Es ist oft üblich die RotationsQuantenzahl nicht mit � sondern mit J oder N zu bezeichnen. Damit wird der Erwartungswert der Rotationsenergie
Hr |N, MN � =
N (N + 1)h̄2
|�, m� = B N (N + 1) |N, MN � ,
2µR2
(7.40)
wobei B die Rotationskonstante genannt wird. Die Rotationszustände sind ohne äußeres
Feld und ohne Berücksichtigung des Kernspins (2N + 1)-fach entartet.
Die Nährung R ≈ Re in Gleichung 7.41 ist nur für kleine Werte der Rotations- und
Schwingungs-Quantenzahl gültig, da sich das Minimum des effektiven Potentials
Vef f (R) = V (R) +
N (N + 1)h̄2
2µR2
150
KAPITEL 7. MOLEKÜLE
mit steigenden Werten von N nach größeren Werten von R verschiebt. Im Normalfall
wird die Rotations”konstante” kleiner, wenn v bzw. N größer werden. (Zentrifugalaufweitung). Eine immer gute Näherung zur Berechnung der Rotationsenergie ist über
den Erwartungswert von 1/R2 der betraachteten Schwingungswellenfunktion:
Er = B N (N + 1) =
h̄2
1
N (N + 1) �ψ vib | 2 |ψ vib � ,
2µ
R
(7.41)
Das Bild zeigt die Potentialkurve des elektronischen Grundzustandes von H2 für verschiedene Werte der Rotationsquantenzahl.
• Bei Werten von N über 38 gibt
es im Grundzustand von H2 keine
gebundenen Schwingungsniveaus.
• Bei Werten 1 < N < 38 gibt es
Schwingungszustände, die energetisch
über der Dissoziationsgrenze liegen.
Diese Zustände sind quasi-gebunden,
sie können spontan dissoziieren indem
sie durch die Zentrifugalbarriere tunneln.
• Diese quasi-gebundenen Zustände erscheinen in der H(1s)+H(1s) Streuung
als Resonanzen (shape-resonances).
7.8
Einfluß der Kernspin-Statistik
Ein bemerkenswerte Konsequenz der Ununterscheidbarkeit identischer Teilchen findet
sich im statistischen Gewicht (in der Häufigkeit des Auftretens) der Rotationszustände
homonuklearer Moleküle. Offentsichtlich “wissen” die Kerne eines Moleküls voneinander, obwohl die direkte Wechselwirkung zwischen den Kernspins sehr klein ist. Die beobachtete Besetzung von Rotationszuständen lässt sich mit dem Pauliprinzip erklären.
Dazu untersuchen wir zuerst die Anzahl der möglichen Kernspin-Wellenfunktionen in
zwei Beispielen. Dann untersuchen wir die Einschränkungen, die sich aus dem Symmetrisierungspostulat ergeben.
• Wir betrachten ein homonukleares Molekül mit Kernen der Spinquantenzahl I = 1.
Die möglichen Kernspinorientierungen sind also MI = +1, 0, −1, die wir mit α, β, γ
abkürzen. Als Produkte der Spinfunktionen beider Kerne haben wir neun Möglichkeiten:
α1 α2
β 1 β2
γ1 γ2
α1 β2
α1 γ2
β1 γ2
β1 α2
γ1 α2
γ1 β2
Die 3 Funktionen der ersten Zeile sind symmetrisch in Bezug auf den Austausch der
Kerne. Die verbleibenden sechs Kandidaten bestehen aus je drei entarteten Paaren
(jeweils übereinander geschrieben). Wenn die Spinwechselwirkung in Betracht gezogen
wird hebt sich die Entartung auf und in erster Näherung haben wir drei Paare von
jeweils symmetrischen bzw. antisymmetrischen Eigenfunktionen
α1 β2 ± β1 α2
α1 γ2 ± γ1 α2
β1 γ2 ± γ1 β2
(7.42)
Von den neun möglichen Funktionen sind also sechs symmetrisch (Vorzeichen +) und
drei antisymmetrisch (Vorzeichen -) bezüglich Austausch der beiden identischen Kerne
151
7.8. EINFLUSS DER KERNSPIN-STATISTIK
(das bedeutet Platzwechsel von Kern 1 mit Kern 2).
• In einem zweiten Beipiel untersuchen wir zwei Teilchen mit Kernspin I = 1/2. Von
Seite 92 wissen wir, dass es 3 symmetrische Spinfunktionen gibt:
α1 α2 ,
β1 β2 und
α1 β2 + β1 α2 ,
wobei jetzt α und β für MI = ±1/2 stehen, und eine antisymmetrische Funktion
α1 β2 − β1 α2 .
• Für den allgemeinen Fall eines beliebigen Wertes von I gibt es insgesamt immer
(2I + 1)2 mögliche Kernspin-Wellenfunktionen (ψ nuc ). Davon sind (2I + 1)(I + 1)
Funktionen symmetrisch und (2I + 1)I Funktionen antisymmetrisch.
Folgen davon sind:
• Für I = 0 gibt es keine antisymmetrischen Kernspinfunktionen.
• Für I =
� 0 gibt es sowohl antisymmetrische als auch symmetrische Kernspinfunktionen im Häufigkeitsverhältnis I/(I + 1).
Dieses Ergebnis muss mit der Forderung zur Permutations-Symmetrie der Kerne, die
entweder der Bose- oder Einstein-Statistik gehorchen, in Einklang gebracht werden.
Beschreiben wir die Gesamtwellenfunktion des Moleküls Ψ als Produkt
Ψ = ψ el ψ rot ψ vib ψ nuc = ψ cor ψ nuc
(7.43)
von Born-Oppenheimer Funktionen und betrachten die Koordinatenfunktion ψ cor (in
ihr sind die Eigenschaften der elektronischen, Rotations- und Schwingungs-Koordinten
vereinigt), und die Kernspin-Wellenfunktion ψ nuc , so ergeben sich folgende Kombinationen für das Symmetrieverhalten unter dem Austausch der beiden identischen Kerne
und für das statistische Gewicht der Rotationszustände:
Koordinaten
Funktion
ψ cor
symm
symm
anti
anti
Kernspin
Funktion
ψ nuc
symm
anti
symm
anti
statistisches
Gewicht
×(2N + 1)
(2I + 1)(I + 1)
(2I + 1)I
(2I + 1)(I + 1)
(2I + 1)I
Gesamtfunktion
Ψ
symm
anti
anti
symm
bosonische
Kerne
I = 0, 1, 2 . . .
erlaubt
erlaubt
fermionische
Kerne
I = 1/2, 3/2, . . .
erlaubt
erlaubt
-
Die Permutation (den Austausch) der Namen der beiden Kerne (P12 ) bewerkstelligt
man durch vier aufeinander folgende Symmetrieoperationen. Es ist wichtig sich daran
zu erinnern, dass beim Austausch, der im Pauli-Prinzip gefordert wird, lediglich die
von uns klassich gegebenen Kennzeichen, Kern 1, Kern 2, wechseln dürfen, aber nicht
die Zustandsgrößen α, β, . . ., oder Masse oder sonst was.
152
KAPITEL 7. MOLEKÜLE
1) Rotation des Moleküls um eine Achse senkrecht zur Kernverbindung (C2 ). Aus der Abbildung Seite 149 ist ersichtlich,
dass sich dabei das Vorzeichen der Rotationswellenfunktion
mit (−1)N ändert. (Der Winkel θ geht über in π − θ und ϕ
geht über in ϕ + π ). Bei der C2 -Operation haben aber auch
die Elektronen ihren Platz gewechselt. Das machen wir in
zwei Operationen rückgängig:
#
!
"
$
"
2) Inversion der elektronischen Wellenfunktion am Massenschwerpunkt (iel ), gefolgt von einer
"
!
3) Spiegelung der elektronischen Wellenfunktion an einer
Ebene senkrecht zur ursprünglichen Rotationsachse (σel ).
Diese beiden Operationen erzeugen iel σel ψ el .
4) Letzlich muss auch der alte Zustand der Kerne wiederhergestellt werden (im Beispiel hatten wir anfangs die Kombination links grau, rechts rot. Diese Farbkombination soll den
gesamten Kernspin-Zustand symbolisieren, zum Beispiel
+%
"
,
Die Operation pnuc ψ
βlinks → αlinks usw.
!
! "
αlinks βrechts − βlinks αrechts
nuc
&
!
% &
permutiert die Zustände, also statt
#
"
Die Permutationsoperation zum Austausch der Namen der
beiden ununterscheidbaren Kerne (1 ↔ 2) ist also
'
!
( ) *
P12 Ψ = (iel σel ψ el )(C2 ψ rot )ψ vib (pnuc ψ nuc )
#
wobei das Symmetrisierungspostulat verlangt, dass
"
P12 Ψ
=
P12 Ψ
=
−Ψ
+Ψ
!
bei Fermionen
bei Bosonen .
Die Schwingungswellenfunktion bleibt von diesen Symmetrieoperationen unbeeinflußt,
da sie nur vom Betrag des Kernabstandes abhängt. Der scheinbar komplizierte Umweg
über die 4 Symmetrieoperationen muss gewählt werden, da wir in unserer Beschreibung der Moleküls die Kern-Ortwellenfunktionen nie explizit in die Lösung einbringen.
Beispiel 1: Der elektronische Grundzustand von H2 ist 1 Σ+
g . Das g zeigt uns an,
dass die elektronische Wellenfunktion unter Inversion sich nicht ändert. Das + zeigt
an, dass σel ψ el = ψ el ist. Damit gilt für den elektronischen Grundzustand von H2 :
P12 Ψ = (−1)N ψ el ψ rot ψ vib (pnuc ψ nuc ).
Beispiel 2: Der elektronische Grundzustand von O2 ist 3 Σ−
g . Das g zeigt uns an, dass
die elektronische Wellenfunktion unter Inversion sich nicht ändert. Das - zeigt an,
dass σel ψ el = −ψ el ist. Für den elektronischen Grundzustand von O2 gilt: P12 Ψ =
(−1)N +1 ψ el ψ rot ψ vib (pnuc ψ nuc ).
Aus diesen Bedingungen ergeben sich folgende Gesetzmäßigkeiten:
• Das Sauerstoffmolekül 16 O2 besteht aus zwei bosonischen Kernen mit I = 0.
Für dieses Molekül existieren im elektronischen Grundzustand nur Rotationszustände mit ungeradzahligen Werten von N .
• Das Sauerstoffmolekül 18 O2 besteht aus bosonischen Kernen mit I = 1. Für dieses Molekül existieren im elektronischen Grundzustand alle Rotationszustände.
7.8. EINFLUSS DER KERNSPIN-STATISTIK
153
Dabei haben die Zustände mit ungeradzahligen Werten von N zwei mal höheres
statisisches Gewicht wie solche mit geradzahligem N .
• Für das gemischte Sauerstoffmolekül 16 O18 O , existieren alle Rotationszustände
mit gleichem statistischen Gewicht (jeweils 3(2N +1). Der Faktor 3 berücksichtigt
die 2I + 1 fache Entartung durch den 18 O Kern).
• Das Wasserstoff Molekül H2 besteht aus zwei fermionischen Kernen mit I = 1/2.
Im elektronischen Grundzustand erscheint H2 in einer para-Form (geradzahlige Werte von N) und in einer ortho-Form (ungeradzahlige Werte von N).
Ortho-Zustände haben dreimal höheres statistisches Gewicht. Ein Übergang zwischen beiden Formen ist (ohne externen Katalysator) sehr unwahrscheinlich. Die
schwache Wechselwirkung des Kernspins mit dem Rest des Moleküls führt zu
Lebensdauern für den Wechsel ortho ↔ para im Bereich von Jahren.
• Kühlt man Wasserstoff stark ab erhält man para-Wasserstoff im Zustand N = 0
und ortho-Wasserstoff im Zustand N = 1. Die Besetzung der beiden Rotationzustände widerspricht der Besetzung nach dem thermischen Gleichgewicht.
Unter Zugabe von Aktivkohle geht H2 bei tiefer Temperatur völlig in die paraForm über. Erwärmt man den so erhaltenen Wasserstoff, dann existiert er bei
höheren Temperaturen nur in den Zuständen N = 0, 2, 4, 6, . . ..
• Der Wechsel ortho ↔ para erfolgt katalytisch bei Anwesenheit von H- Atomen:
H + para H2 ↔ ortho H2 + H
oder in Gegenwart inhomogener Magnetfelder (solche sieht das H2 Molekül z.B.
in Stößen mit paramagnetischen Substanzen wie O2 , N O).
154
KAPITEL 7. MOLEKÜLE
7.9
Moleküldissoziation
Wechselwirkung gebundener Zustände mit Kontinuumszuständen.
• thermisch: über Rotations- und Schwingungsanregung bei Stößen zwischen Molekülen.
• Infrarot-Anregung : bei heteronuklearen Molekülen (diese haben ein Dipolmoment, das sich mit dem Kernabstand ändert) können mit Hilfe von InfrarotStrahlung Schwingungs- und Rotationsübergänge optisch angeregt werden.
• Photodissoziation: ein vertikaler
Übergang vom gebundenen Zustand
zu einem Kontinuumszustand. Als
Beispiel im Bild:
H2+ (1sσg ) + hν
→
→
H2+ (2pσu )
H(1s) + H +
• Prädissoziation: ein vertikaler
Übergang vom gebundenen Zustand
zu einem anderen gebundenen
Zustand, der an einen Kontinuumszustand koppelt.
• chemischer Bindungsbruch: im Allgemeinen eine Bindungsänderung im elektronischen Grundzustand durch Wechselwirkung eines Moleküls (AB) mit einem
anderen (CD). Wenn (AC + BD) energtisch tiefer liegt als (AB + CD) (also die
Summe der Bindungsenergien AC + BD größer ist, als die für AB + CD), dann
kann diese Reaktion im Prinzip stattfinden. Ob sie wirklich stattfindet, hängt
von der Energie des Zwischenzustandes (ACBD) ab. Liegt der Zwischenzustand
(transition state) energetisch über dem Eingangs oder Ausgangskanal, dann
muss bei einer Reaktion diese Barriere (Aktiverungsenergie) zuerst überwunden
werden (z.B. mit thermischer Energie in den stossenden Molekülen).
7.10
Moleküle mit vielen Elektronen
In der n = 2 Schale hat Kohlenstoff 4 Elektronen,
C (1s2 , 2s2 2p2 )
(7.44)
Sauerstoff hat 6 Elektronen
O (1s2 , 2s2 2p4 )
(7.45)
Im elektronischen Grundzustand der zweiatomigen Moleküle C2 und O2 ist der Überlapp
der Orbitale jeweils optimal → Gesamtenergie ein Minimum.
155
7.11. HYBRIDISIERUNG
#
Einfache
Atomorbitalvorstellung: Die vier 2s
Elektronen besetzen ein 2σg
und ein 2σu -Orbital (je zwei
Elektronen mit antiparallelem Spin). Die verbleibenden vier p-Elektronen gehen
gerichtete πu Bindungen
in x- bzw. y-Richtung ein
(πu hat keine Knotenstelle
und ist (schwach) bindend).
Alternativ könnten sich zwei
der 2p-Elektronen entlang
der Kernverbindungsachse
zu 3σg orientieren.
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Beim Sauerstoff ist es ähnlich. Von den verbleibenden sechs ungepaarten p-Elektronen
gehen je zwei gerichtete πu Bindungen in x- bzw y-Richtung ein und das letzte Paar
besetzt die (schwach) antibindende 1πg Konfiguration.
In diesem Sinne ist eine erste grobe MO-Näherng für die Grundzustände
C2 (1σg2 , 1σu2 , 2σg2 , 2σu2 , 3σg2 , 1πu2 )
(7.46)
O2 (1σg2 , 1σu2 , 2σg2 , 2σu2 , 3σg2 , 1πu4 , 1πg2 ) .
(7.47)
und
Die Orbitale sind in der Reihenfolge sinkender Bindungsenergie angeschrieben (Ein
Ergebnis quantenchemischer Berechnung).
7.11
Hybridisierung
Es kann energetisch günstiger sein, wenn außer dem p-Orbital auch noch eines der zwei
s-Elektronen an der Bindung teilnimmt.
Das passiert dann, wenn die Energie, die notwendig ist, um das 2s Elektron in den
2p-Zustand anzuheben, kleiner ist als die Bindungsenergie,
die durch die Hybridisierung gewonnen wird.
Die Hybridisierung führt zur Bildung gerichteter Bindungen
s − p Hybridisierung: Mischung aus s und p Orbitalen, hervorgerufen durch Verformung der Orbitale durch Wechselwirkung mit dem benachbarten Atom.
1
±
ψhyb
= √ (ϕ(2s) ± ϕ(2p))
2
(7.48)
Davon ist der winkelabhängige Teil
√
�
1 �
±
ψhyb
∝ √ 1 ± 3 cos θ
2 2
(7.49)
156
KAPITEL 7. MOLEKÜLE
Der
Ladungsschwerpunkt
der Elekronen ist verschoben, dies führt zu zwei
entgegengerichteten
Bindungen. Im Bild ist das
Quadrat der Wellenfunk+
−
tionen ψhyb
und ψhyb
als
Kontourplot
aufgetragen.
Die z-Achse verläuft vertikal, die positive Ladung ist
als heller Punkt angedeutet.
15
15
10
10
5
5
0
0
-5
-5
-10
-10
-15
-10
-5
0
5
-15
-10
10
-5
0
5
10
Ein Beispiel für die Anwesenheit gerichteter Bindungen ist Ammoniak (N H3 ). Der
atomare Stickstoff
N (1s2 , 2s2 2p3 )
(7.50)
hat drei ungepaarte 2p Elektronen. Die Hybridisierung ergibt 3 gerichtete Bindungen
(Bindungswinkel 1070 ) mit folgenden Konsequenzen
• Die unsymmetrische Ladungsverteilung ergibt ein permanentes Dipolmoment.
• Im N H3 Molekül hat die potentielle Energie für die Lage des N -Atoms zwei
Minima: N über der H − H − H Ebene und N unter der H − H − H Ebene.
Diese spiegelbildlichen Konfigurationen sind ununterscheidbar.
Inversionsschwingung mit der Tunnelfrequenz (Inversions-Aufspaltung). Die Bewegung des N -Atoms durch die Ebene der drei H-Atome entspricht der eines Teilchens
mit der reduzierten Masse
µ=
3mH mN
3mH + mN
"
in einem symmetrischen DoppelminimumPotential. Klassisch ist das Stickstoff-Atom
entweder oberhalb oder unterhalb der
Ebene der Wasserstoffatome. Quantenmechanisch gibt es die beiden StickstoffZustände
ψs
=
ψa
=
1
√
2
1
√
2
�
�
down
ϕup
N + ϕN
!
!
!
�
�
down
ϕup
.
N − ϕN
Die Möglichkeit des Tunnelns ist Ursprung für die Aufhebung der Entartung. Für den
Schwingungsgrundzustand beträgt die Aufspaltung nur 0.66 cm−1 . Mit dem Übergang
ψs ↔ ψa ist eine Änderung des Dipolmoments verbunden. Beim Ammoniakmaser
wird dieser Übergang ausgenützt. Selektion eines Inversionszustandes im Ammoniakmolekülstrahl in einem statischen elektrischen Feld, analog zur Selektion im Wasserstoffmaser (siehe Seite 106). Die so selektierten Ammoniak- Moleküle werden in einen
Resonator geschickt.
• Die sp3 -Hybridisierung beim Kohlenstoff ergibt vier gerichtete Bindungen. Bild:
Aus der Konfiguration 7.44 wird eines der beiden 2s Elektronen in ein 2p Orbital angehoben. Das verbleibende 2s Orbital hybridisiert mit den jetzt drei
2p-Orbitalen zu vier sp3 -Orbitalen.
157
7.12. NORMALSCHWINGUNGEN
Jedes sp3 -Hybridorbital besteht aus einem Viertel Anteil s und drei Viertel
Teilen p-Orbital. Diese sp3 -Hybridorbitale
umhüllen Achsen, die nach den Ecken eines regelmäßigen Tetraeders reichtet sind.
(Beispiel CH4 , Methan, Bindungswinkel
109.50 . Jedes der vier Hybridorbitale geht
mit je einem 1s-Orbital der vier Wassserstoffatome eine kovalente Bindung ein).
7.12
!
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Normalschwingungen
Ein N-atomiges Molekül hat 3N Freiheitsgrade, davon 3 Freiheitsgrade in Rotation und
3 in Translation des Molekülschwerpunktes. Damit bleiben 3N −6 interne Schwingungsfreiheitsgrade.12 Bei kleinen Schwingungsamplituden herrschen lineare Rückstellkräfte
vor und die Schwingungen des Kerngerüstes lassen sich als Linearkombination von
3N − 6 Normalschwingungen darstellen.
Normalschwingungen kennzeichnen sich dadurch aus, dass alle Kerne gleichzeitig durch die Ruhelage gehen und der Gesamtimpuls und der Gesamtdrehimpuls
des Kerngerüstes Null sind.
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Am Beispiel des linearen CO2 Moleküls sind die vier Normalschwingungen
• die symmetrische Streckschwingung (Quantenzahl ν1 = 1388 cm−1 ),
• die entartete Knickschwingung13 (Quantenzahl ν2 = 667 cm−1 ) und
• die asymmetrische Streckschwingung (Quantenzahl ν3 = 2349 cm−1 ).
Die Überlagerung entarteter Knickschwingungen mit einer Phasenverschiebung von
900 ergibt eine Kreisbewegung der Kernverbindungsachsen um die Molekülachse (Pseudorotation). Der hochgestellte Index � bei der entarteten Schwingungsmode gibt in
Einheiten von h̄ den Schwingungsdrehimpuls um die Molekülachse an. Den gesamten
Schwingungszustand von CO2 charakterisiert man mit der Notation
(ν1 ν2� ν3 ) .
Von einer Fermi-Resonanz spricht man wenn ν1 ≈ 2ν2 . In diesem Fall sind die beiden
Normalschwingungsmoden stark gekoppelt.
12 Für linere Moleküle sind es 3N − 5, da die Rotation des Moleküls um die Kernverbindungsachse nur eine Rotation des Elektronenhülle darstellt.
13 Manchmal auch Biegeschwingung genannt.
158
KAPITEL 7. MOLEKÜLE
Infrarotaktiv sind nur Übergänge mit ∆ν3 = ±1 und ∆ν2 = ±1, da nur mit
diesen Bewegungsänderungen eine Veränderung des Dipolmomentes verbunden ist.14
Die natürliche Lebensdauer für Schwingungsübergänge ist relativ lange:
(0 00 1) → (0 00 0) + hν
0
0
(0 0 1) → (1 0 0) + hν
(4.3 µm)
τ = 1 ms
(10 µm)
τ = 200 ms .
Bei schon geringem Druck kommt es zum Strahlungseinschluss 15 auf dem 4.3 µmÜbergang.
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7.13
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CO2-Laser
Erreicht den höchsten Wirkungsgrad aller Gaslaser (bis über 20%). Der maximal erreichbare Wirkungsgrad ist durch die Quanteneffizienz begrenzt: 4.3/10.6 = 40.6%,
bzw. 4.3/9.4 = 45.7%. Technisch realisiert mit einer Mischung von He, N2 , CO2 in
einer Gasentladung. Elektronenstoß bevölkert schwingungsangeregtes N2 .
N2 + e → N2 (v = 1) + e − 2331 cm−1
Energietransfer zu CO2 (kT ≈ 280 cm
−1
(7.51)
bei 400 K)
N2 (v = 1) + CO2 (0 00 0) → N2 (v = 0) + CO2 (0 00 1) − 18 cm−1
(7.52)
Die Rückwärtsreaktion ist auch möglich, spielt aber wegen der langen Lebensdauer von
N2 (v = 1) keine Rolle (der Schwingungsübergang N2 (v = 1) → N2 (v = 0) ist nicht
infrarot-aktiv, da es sich um ein homonukleares Molekül handelt). Die beobachteten
Laserübergänge sind einzelne Rotationslinien16 die zu einem der beiden Schwingungsübergänge gehören, z.B. die P (20)-Linie:
(0 00 1)(J � = 19) → (1 00 0)(J �� = 20) + hν (10.59 µm)
(7.53)
Entvölkerung der unteren Laserzustände durch Stöße mit He-Atomen.
14 Berücksichtigt
man Anharmonizität sind auch Änderungen mit ±2 und mehr möglich.
bedeutet, dass Fluoreszenzstrahlung auf diesem Übergang mehrmals re-absorbiert
und re-emittiert wird, ehe die Strahlung entkommt.
16 Rotationslinien werden mit den Buchstaben P , Q bzw. R gekennzeichnet, womit die
Änderung der Rotationsquantenzahl J � − J �� = −1, 0 bzw. + 1 abgekürzt wird.
15 Das
159
7.14. POTENTIALKURVEN
7.14
Potentialkurven
Ursachen für die Form der Potentialkurven:
• bei kleinen Kernabständen nimmt die Elektronendichte, die zwischen den Kernen untergebracht werden kann, rasch ab. Die Coulombabstoßung zwischen den
Kernen führt zu einem stark abstoßenden Potential,
• bei mittleren Kernabständen erklärt das Valenzbindungsmodell die Erhöhung
der Elektronendichte zwischen den positiven Kernen (Austauschwechselwirkung),
• bei großen Kernabständen bestimmt die generelle Form der Partneratome den
Verlauf:
Ion-Ion: Die Coulombwechselwirkung ist je nach Ladungsvorzeichen der Partner
abstoßend oder anziehend: V (R) = q1 q2 /R. Beispiele sind die ionische Bindung in
N aCl ≈ N a+ + Cl− oder die Coulomb-Explosion (N + + N + ).
Ion + Atom:
Elektrisches Feld des Ions induziert Dipolmoment im Atom. Größe
des Dipolmomentes hängt von der Polarisierbarkeit α ab (Dimension C 2 m2 J −1 ). Die
Abhängigkeit ergibt sich als V (R) ≈ −α/R4 .
Edelgase haben geringe, Alkali-Atome haben große Polarisierbarkeit. Die Polarisierbarkeit ist für angeregte Zustände größer als für den Grundzustand.
Polare Moleküle: Die Dipol-Dipol-Wechselwirkung führt zu V ≈ −p1 p2 /R3 , wobei p das elektrische Dipolmoment angibt (Dimension C m).
Identische Atome im elektronischen Grundzustand: Instantanes Dipolmoment erzeugt momentanes Feld, das im gegenüberliegenden Atom ein Dipolmonent
induziert (London Dispersionskraft). Diese Van-der-Waals Wechselwirkung hat das
Potential V (R) ≈ −α1 α2 /R6 .
Identische Atome in unterschiedlichen elektronischen Zuständen. Anregungs-Austausch
(Photon wird ausgetauscht) führt zu V ≈ −1/R3 .
Modelle
Gustav Mie schlug 1903 eine allgemein Form eines Wechselwirkungspotentials vor
V (R) = −
A
B
+ m
Rn
R
(7.54)
Das Lennard-Jones-Potential begründet die langreichweitige Anziehung im LondonDispersions-Term: (Typische Größen A = 10−77 J m6 und B = 10−134 J m12 ).
V (R) = −
A
B
+ 12
R6
R
(7.55)
Häufig verwendet wird ein empirischer Ansatz, das Morse-Potential :
�
V (R) = De 1 − eβ(R−Re )
�2
.
(7.56)
In der hier verwendeten Form ist V (R = Re ) = 0. Für diesen anharmonischen Oszillator ist die radiale Schrödinger-Gleichung in geschlossener Form lösbar. Die Größe β
ist
β = ωe
�
µ
.
2 De
(7.57)
160
KAPITEL 7. MOLEKÜLE
Die Größe ωe ist mit den Schwingungsabständen von Niveau v nach v + 1 über die
Beziehung
�
ωv = ωe 1 − xe (v +
�
1
)
2
(7.58)
verbunden. Dabei ist xe die Anharmonizitätskonstante xe =
h̄ωe
.
4 De
Im Bild ist ein Vergleich der (exakten)
Potentialkurve
des
Grundzustandes
von
H2+ mit dem MorsePotential und mit einem
harmonischen Oszillator
gezeigt.
7.15
Quantenrauschen
Rauschen oder “Noise” ist uns ein Begriff aus den Schwankungen im Tonbild eines
Rundfunkempängers. Ursachen für das Rauschen sind letztlich Quantenphänomene.
Auch die anziehende van-der-Waals Wechselwirkung hat ihren Ursprung im Rauschen
(in Nullpunktsfluktuationen) des elektromagnetischen Feldes.
7.15.1
Klassisches Rauschen
auch thermisches Rauschen oder Johnson-Nyquist Noise genannt, ist aus statistischen Überlegungen verständlich. Bei endlicher Temperatur sind die elektromagnetischen Moden gemäß der Planck-Verteilung angeregt. Das gilt auch für eine elektrische
Leitung eines Schaltkreises, in dem die angeregten elektromagnetischen Moden zum
Ladungstransport führen. Befindet sich im Schaltkreis ein Widerstand, so wird dieser
Energie aus diesen thermischen Fluktuationen absorbieren und im Gleichgewicht mit
derselben Rate in diese Moden emittieren. Zur Berechnung der Intensitätsverteilung
betrachten wir einen Stromkreis, bestehend aus einem Widerstand (R) und einem
Draht der Länge L. Im Draht treten Stromschwankungen bei unterschiedlichen Wellenlängen, also Frequenzen auf. Wir nehmen periodische Randbedingungen an, welche
die Feldmoden mit k-Werten beschreiben, kL = 2πm, wobei ω = ck. Die mittlere
Energie pro Mode ist
�
�Eω,T � = n +
�
1
h̄ω =
2
�
1
eh̄ω/kB T − 1
+
�
1
h̄ω .
2
Die Energie dieser Mode trifft c/L mal pro Sekunde auf das Ende der Stromleitung.
Tritt am Widerstand keine Reflexion auf, so absorbiert er diese Energie und gibt sie
im Gleichgewicht auch mit dieser Rate wieder ab. Die vom Widerstand pro Sekunde
emittierte bzw. absorbierte Energie (=Leistung) bei der Frequenz ω ist
Pω =
�
1
eh̄ω/kB T − 1
+
�
1
c
h̄ω · .
2
L
Zwischen zwei Moden (m und m + 1) liegt der k-Bereich ∆kL/2π. Der Beitrag der
Mode zur spektralen Leistung im Frequenzbereich zwischen Mode (m − 1) und (m + 1)
beträgt also
∆Pω =
�
�
�
�
L∆k
1
1
c
1
1
∆ω
+
+
h̄ω · = h̄ω/k T
h̄ω ·
B
2π eh̄ω/kB T − 1
2
L
2
2π
e
−1
161
7.15. QUANTENRAUSCHEN
wobei für den Frequenzbereich ∆f = ∆ω/2π = c∆k/2π verwendet wurde.
Im klassischen (Hochtemperatur) Limes ist dieser Ausdruck gerade
∆Pω → kB T ∆ω
Dieses weisse Rauschen ist unabhängig von der Frequenz.
Im Quantenlimit (wenn T → 0, Fluktuation-Dissipations Theorem) gilt
∆Pω →
1
h̄ω∆ω
2
Das thermische Rauschen geht kontinuierlich in das Quantenrauschen über, wenn wir
die Temperatur erniedrigen.
7.15.2
Van-der-Waals Wechselwirkung
Die Van-der-Waals Wechselwirkung stellt eine makroskopisch beobachtbare Größe der
Nullpunktsfluktuationen dar: ein Atom “beobachtet” die Nullpunktsfluktuationen eines anderen. Das Atom stellen wir als eine im Raum fluktuierende Elektronenwolke
und einen positiven Kern dar. Diesen Dipol beschreiben wir als harmonischen Oszillator. Er erzeugt in seiner Umgebung fluktuiernde elektrische Felder. Diese polarisieren das zweite Atom (instantanes Dipolmoment). Die Wechselwirkung zwischen dem
induzierten Dipol und dem ersten Dipol ist Ursache für eine anziehende Kraft, die
Van-der-Waals Wechselwirkung. Die einfachste Berechnung läuft über zwei identische
kollineare Dipole.
/
Die Oszillatoren haben eine Federkonstante κ, die Masse m und die Koordinaten der Ladungsverschiebung x1 , x2 , ihre Dipolmomente sind p1 = qx1 , p2 = qx2 .
Der erste Dipol erzeugt am Ort des zweiten
das Feld E = 2p1 /r3 .
/
-
.
0
!
" # $ %%$
& ' ( )* + , $ !
Die potentielle Energie des zweiten Dipols in diesem Feld ist
W = −p2 E = −2p1 p2 /r3 = −
2q 2
x1 x2 = −κ� x1 x2 .
r3
Damit wird der Beitrag der potentiellen Energie im Hamiltonian
Hpot =
1 2 1 2
κx1 + κx2 − κ� x1 x2
2
2
Die kinetische Energie ist
Hkin =
1
1
mẋ21 + mẋ22 .
2
2
Wir führen die Normalkoordinaten ein:
1
u1 = √ (x1 + x2 )
2
1
u2 = √ (x1 − x2 ) .
2
und erhalten für den Hamiltonian der beiden gekoppelten Oszillatoren:
H=
1
1
1
1
mu̇21 + mu̇22 + (κ + κ� )u21 + (κ − κ� )u22 .
2
2
2
2
Dieser Ausdruck entspricht dem zweier unabhängigen
frequenzen
ω12 =
1
(κ + κ� )
m
ω22 =
1
(κ − κ� ) .
m
Oszillatoren mit den Eigen-
162
KAPITEL 7. MOLEKÜLE
Dieses System hat im quantenmechanischen Grundzustand die Nullpunktsenergie
E0 =
1
h̄(ω1 + ω2 ) .
2
Wenn wir nach κ� entwickeln
ω1,2 =
�
κ
m
�
κ�
1±
κ
�1/2
=
�
�
κ
1
1
1 ± x − x2 ± . . .
m
2
8
�
heben sich die beiden linearen Terme heraus und es bleibt in zweiter Ordnung eine
Energieabsenkung für das Gesamtsystem
E0 ≈ −2 ·
1
h̄ω(κ� /κ)2 .
16
Jetzt führen wir die Polarisierbarkeit der Oszillatoren ein: pi = αE = qxi . Setzt man
die Kraftwirkung im elektrischen Feld gleich der Federkraft (qE = κxi ) ergibt sich
κ = q 2 /α und das Verhältnis κ� /κ = 2α/r3 . Damit wird die van-der-Waals Wechselwirkungsenergie
WvdW = −
α2 h̄ω
2r6
(7.59)
Damit haben wir plötzlich ein Vielkörperproblem im Griff. Zur Anwendung auf ein
konkretes Problem brauchen wir noch Information über die Eigenfrequenz h̄ω. Im
einfachsten Fall nehmen wir die Energie welche der ersten elektronischen Anregung
des Atoms entspricht. Dieses Problem beschreibt die anziehende Wechselwirkung von
Atomen. In vielen Fällen ist dieser Energiebeitrag bei kleinen Abständen durch starke
kovalente Bindungen überschattet. Analog ist die Anziehung makroskopischer Körper
zu verstehen. Die Abstandsabhängigkeit ist auch durch die Form der Körper bestimmt.
(Beobachtung mit Atomic Force Microscope). In der Tabelle vergleichen wir die Vorhersage aus Gl.7.59 für die langreichweitige Wechselwirkung zweier He bzw. Rb Atome
(jeweils im elektronischen Grundzustand)
Polarisierbarkeit
h̄ω
Gleichung 7.59
Bei r =
Gleichung 7.59
Å3
eV
a.u
a0
cm−1
He(1 S0 ) + He(1 S0 )
Rb(2 S1/2 ) + Rb(2 S1/2 )
0.205
19.8
−0.98/r6
10
0.21
43.6
1.5
−3355/r6
10
736.0
Shot Noise
Die Diskretheit der Ladung ist eine fundamental andere Ursache für zusätziches Rauschen in einem Gas geladener Teilchen. Der Querschnitt eines Leiters wird bei konstantem Strom pro Sekunde von einem gleichbleibenden Mittelwert von Ladungsträgern
durchquert. Die individuellen Ankunftszeiten fluktuieren aber wie die von Regentropfen auf einem Dach. Darin liegt die Ursache für Shot Noise.
1/f Noise
In vielen Systemen beobachtet man eine Rauschleistung, die etwa proportional zu 1/f
ist. Die Ursache für diese Rauschformen liegt in kooperativen Effekten, wie z.B. der
Verkehrsfluß auf einer vielbefahrenen Autobahn oder der Fluß von Ladung zwischen
diskreten Zellen, wobei der Sprung der Ladung nur möglich ist, wenn die benachbarte
Zelle leer ist.
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