Besonderheiten der ersten Lebenstage von Welpen Wir wissen, dass Hundewelpen als ausgesprochene „Nesthocker“ unreif zur Welt kommen. Die geschlossenen Augen und Ohren sind Hinweis auf die noch n‚tigen Reifungsvorgƒnge. Diese beschrƒnken sich nicht auf die Sinnesorgane, sondern auch die inneren Organe m„ssen in den ersten Lebenstagen und –wochen sich noch entwickeln. Atmung Eine sehr kritische Phase ist die erste Stunde nach der Geburt. Jetzt muss sich der Welpe, der im Fruchtwasser schwimmend von der Mutter mit Nahrung und Sauerstoff versorgt wurde, in k„rzester Zeit auf Lungenatmung umstellen. Unter der Geburt tritt zwangslƒufig ein Sauerstoffmangel ein und man geht davon aus, dass dies das Atemzentrum anregt und der Welpe sofort nach der Geburt mit offenem Mund nach Luft schnappt. Das ist normal, die ersten Atemz„ge erfolgen immer durch diese „Schnapp-Atmung“ und nicht „ber die Nase. Als Z„chter muss man sich vergewissern, dass der Kopf von den Eihƒuten freigelegt ist, d.h. den Luftzutritt gewƒhrleisten, sonst erstickt der Welpe. Mit dem ersten Atemzug weitet sich der Brustkorb und die Lungenblƒschen f„llen sich mit Luft. Oft dauert es dann 10 – 15 Sekunden bis der Neugeborene ausatmet und den nƒchsten Schnaufer tut. Bei problemlos geborenen Welpen, die sofort mit der Atmung einsetzen, dauert es oft nur 1-2 Minuten, bis sie „ber die Nase atmen und den Mund schliessen. †ber lƒngere Zeit anhaltende Schnapp-Atmung mit offenen Fang kann durch gravierenden Sauerstoffmangel unter der Geburt begr„ndet sein, allenfalls aber auch Hinweis darauf, dass der Welpe ein echtes Problem hat durch Furchtwasser-Aspiration, Schleim in den Bronchien oder bei Fr„hgeburten durch mangelnde Reife der Lungen f„r den Sauerstoff-Austausch. In den ersten Minuten ist die Atmung noch unregelmƒssig mit lƒngeren Pausen. Diese Phase kann bei Schwergeburten (blƒulich-violett verfƒrbte Schleimhƒute der Welpen) eine halbe Stunde dauern, d.h. die Atmung setzt immer wieder aus und muss durch Massage angeregt werden. Foto: Wenn die Neugeborenen problemlos atmen, sind die N€slein und Pfoten leuchtend rosa. Herz und Kreislauf Wƒhrend und in den ersten Stunden nach der Geburt wird auch der Kreislauf der Welpen stark verƒndert. Die Lungen des Ungeborenen werden nur so weit durchblutet, wie es f„r die Ernƒhrung des Organs n‚tig ist. Bei und nach der Geburt m„ssen sich die zwei Kurzschl„sse im fetalen Kreislauf schliessen, damit die normale Lungendurchblutung zustande kommt (Foramen ovale und Duktus arteriosus). Auch die Herzfunktion ƒndert sich, denn beim ungeborenen Welpen schlagen die beiden Herzhƒlften wegen der bestehenden Besonderheiten parallel (miteinander) und nach der Geburt wird auf die „bliche „Reihen-Schaltung“, d.h. die Herzhƒlften schlagen nacheinander, umgestellt. Verdauung Der Magen-Darm-Trakt der Ungeborenen ist steril und erst nach der Geburt erfolgt die Keimbesiedelung vom Mund bis zum Darm mit den Keimen der Umgebung, d.h. der Mutterh„ndin. Dieser nat„rliche Vorgang f„hrt dazu, dass Vorerst im Darm der Welpen eine Lactobacillus-Besiedelung f„r die Verdauung der Muttermilch entsteht. Doch im gleichen Zeitraum k‚nnen auch schƒdliche Keime Einzug halten, die aus der Umwelt stammen. Daher ist es wichtig, dass rund um Geburt und erste Lebensstunden auf strikte Hygiene geachtet wird. In den Stunden zwischen Geburt und Aufnahme von ersten m„tterlichen Antik‚rpern „ber die Verdauung sind die Welpen sehr anfƒllig f„r krankmachende Keime. Es ist f„r sie „berlebenswichtig, m‚glichst rasch Muttermilch mit den darin enthaltenen Immunglobulinen aufzunehmen. Vital geborene Welpen beginnen nur Minuten nach der Geburt mit pendelnden Kopfbewegungen nach einer Zitze zu suchen. Man darf sie dabei unterst„tzen und anlegen, damit sie saugen k‚nnen. Das Erstkolostrum enthƒlt am meisten Antik‚rper, die in den ersten Wochen die Welpen vor Infektionen sch„tzen. In den ersten 24 Lebensstunden funktioniert die Aufnahme dieser m„tterlichen Antik‚rper am besten, nachher nimmt sie ab, auch weil sie eine besondere molekulare Struktur haben. Die Muttermilch der ersten 1-2 Tage hat eine andere Zusammensetzung als spƒter, denn der Eiweissgehalt ist infolge der vielen Globuline erh‚ht, wƒhrend der Lactosegehalt niedriger ist als in der normalen Milch der H„ndin. Man geht davon aus, dass der Magen der Welpen in den ersten 2-3 Tagen die im Kolostrum aufgenommenen Immunglobuline nicht aufspalten kann und erst ab etwa 17.-20. Lebenstag in der Lage ist, feste Nahrung zu verdauen. Wer junge Papillonwelpen zuf„ttern muss, ist gehalten, eine hochwertige Welpenaufzuchtmilch zu verwenden und nicht vor dem 20. Tag Fleisch anzubieten. Leber und Stoffwechsel Die Leber ist zwar bei der Geburt verhƒltnismƒssig gross, aber nicht ausgereift und wird in den ersten 3 Lebenswochen umstrukturiert. Dabei wird auch das Gefƒss verschlossen, das beim Ungeborenen von der Plazenta her kommend die Ernƒhrung und Sauerstoff-Versorgung sicherstellte. Die Leberfunktion des Neugeborenen ist noch nicht vergleichbar mit erwachsenen Hunden, sie „bernimmt erst jetzt Stoffwechselfunktionen und auch die Enzymsysteme sind noch in Entwicklung. Auch die Fƒhigkeit, den Blutzucker zu kontrollieren fehlt den neugeborenen Welpen. Doch in der Leber bringen die Welpen einen Glykogen-Vorrat mit auf die Welt, der ihnen f„r die ersten 12 Stunden reicht. Die Welpen m„ssen kurz nach der Geburt „ber die Muttermilch Nahrungsstoffe aufnehmen, damit kein Energie-Defizit zustande kommt. Es ist wichtig, dass die Welpen in den ersten Stunden versorgt werden. Sonst kommt es zu einem verhƒngnisvollen Zustand mit Unterzuckerung und oft auch Untertemperatur. Nieren Bei den ungeborenen Welpen „bernimmt die Plazenta auch weitgehend die Entsorgung von Stoffwechselprodukten und die Nieren der Feten haben nur eine geringe Funktion und sind nicht v‚llig ausgreift. Nach der Geburt entwickelt sich die Nierenfunktion und ist erst nach 3-4 Wochen voll leistungsfƒhig. Alles zusammen sind ganz gravierende Umstellungen f„r den winzigen Organismus nach der Geburt und in den ersten 2 Wochen. Eigentlich ist es ein Wunder, dass es bei 90% der Welpen perfekt funktioniert. Es sind etwa 10% der neugeborenen Papillons, die Schwierigkeiten haben, sei es durch Fr„hgeburt, Schwergeburt oder Probleme mit der Organentwicklung/Missbildungen. KÄrpertemperatur Eine weitere Besonderheit, die eigentlich jeder Z„chter kennt, ist das Wƒrmebed„rfnis der Welpen. Es trifft zu, dass sie in den ersten Tagen die K‚rpertemperatur noch nicht regulieren k‚nnen. Sie ben‚tigen also die Temperatur der Umgebung, um zu „berleben. In der Regel gen„gen eine Raumtemperatur von 20‡-22‡C und die Wƒrme der Mutterh„ndin, an die sich die Kleinen drƒngen. Sie liegt wƒhrend den ersten 3-4 Lebenstage der Welpen praktisch nur auf der Seite, streckt die Beine von sich und in diesem „funktionellen U“ orientieren sich die Welpen zu ihr hin. Foto: Diese Lage, welche die H•ndin in den ersten Lebenstagen fast ununterbrochen ihrem Wurf bietet, nennt man „funktionelles U“, denn der Aufenthaltsbereich der Kleinen ist vom m•tterlichen K„rper sowie Vorderund Hinterl€ufen eingegrenzt. Ab ca. 1 Woche nach Wurf beobachtet man diese Lage immer weniger. Der Z„chter hat die Tendenz, zu viel Wƒrme im Wurfbett anzubieten, was f„r Mutter und Welpen nicht gut ist. Gerade wegen der fehlenden Regulationsm‚glichkeit darf man Welpen nicht „berhitzen! Ein Heizkissen kann zu warm eingestellt sein, eine Infrarot-Lampe zu dicht „ber dem Wurf hƒngen und das ist schƒdlich. Wer diese Wƒrmequellen verwendet, muss sie sehr moderat einstellen, eher etwas zu tief als zu hoch. Die Welpen haben in den ersten Tagen keine K‚rpertemperatur von 38.5‡C wie ihre Mutter, sondern kommen mit etwa 36‡C aus. Erst mit der Entwicklung der Thermoregulation erreichen sie die „bliche K‚rpertemperatur erwachsener Papillons. Zusammenfassung Aus dem Gesagten folgt, dass bei Welpenproblemen der Tierarzt nicht gleich agieren kann wie bei erwachsenen Hunden, seine M‚glichkeiten sind durch Unreife und Entwicklungsbesonderheiten von Welpen eingeschrƒnkt. Viele Medikamente werden von Neugeborenen schlecht vertragen oder nicht in den Stoffwechsel aufgenommen, die Nieren sind kaum in der Lage, sie wieder auszuscheiden. Auch Laborwerte (Referenzwerte) von sehr jungen Welpen unterscheiden sich von jenen erwachsener Hunde, d.h. sie sind nicht vergleichbar. Wir m„ssen es als Z„chter hinnehmen, wenn in einem Wurf mal ein Welpe ist, der den †bergang vom Versorgungsparadies Gebƒrmutter in die raue Welt der Wirklichkeit in den ersten 10 Lebenstagen nicht schafft. Wenn sie Augen und Ohren offen haben, in der Wurfkiste sitzen und uns mit noch tr„ben Augen anschauen, haben sie seit der Geburt eine Riesenleistung vollbracht.