Seminar für Wirtschaftstheorie 13.02.2006 Diplomprüfung für Volkswirte Mikroökonomie Wintersemester 2005/06 Sie haben für diese Klausur 120 Minuten Zeit. Bitte bearbeiten Sie alle vier Aufgaben. Außer Taschenrechner und Zeichenmaterial sind keine Hilfsmittel erlaubt. Insgesamt können 80 Punkte erreicht werden. Sie können grundsätzlich davon ausgehen, dass bei allen Maximierungsproblemen die Bedingungen zweiter Ordnung erfüllt sind! Aufgabe 1 (20 Punkte) Ein Bauer besitzt genug Saatgut, um Weizen auf seinen drei Feldern zu säen. Der Ertrag der Felder hängt vom Wetter ab. Mit Wahrscheinlichkeit 31 ist es kalt und der Ertrag ist 20 pro Feld. Mit Wahrscheinlichkeit 13 herrschen mittlere Temperaturen und der Ertrag ist 30 pro Feld. Mit Wahrscheinlichkeit 13 ist es heiß und der Ertrag ist 20 pro Feld. Die Präferenzen des Bauern können durch die von Neumann-Morgenstern Nutzenfunktion u(x) = −3(100 − x)2 beschrieben werden. Der Bauer verfügt über kein Vermögen und keine sonstigen Einkünfte. a) Bestimmen Sie die Koeffizienten der absoluten und relativen Risikoaversion. Wie hoch ist der Erwartungsnutzen des Anbaus für den Bauern? Wie hoch ist das Sicherheitsäquivalent und die Risikoprämie des Anbaus für den Bauern? b) Nehmen Sie nun an, der Bauer kann das Weizensaatgut für genau eines seiner Felder gegen Saatgut für Melonen für dieses Feld eintauschen. Wenn es kalt ist haben Melonen einen Ertrag von 0, bei mittleren Temperaturen ist der Ertrag 20, bei Hitze ist er 50. Bestimmen Sie rechnerisch, ob der Bauer das Saatgut tauschen sollte. Erläutern Sie Ihr Ergebnis kurz verbal. c) Nehmen Sie nun an, der Bauer kann das Weizensaatgut für genau eines seiner Felder nicht gegen Saatgut für Melonen sondern gegen Saatgut für Kohl für dieses Feld eintauschen. Wenn es kalt ist hat Kohl einen Ertrag von 50, bei mittleren Temperaturen ist der Ertrag 20, bei Hitze ist er 0. Bestimmen Sie rechnerisch, ob der Bauer das Saatgut tauschen sollte. Erläutern Sie Ihr Ergebnis kurz verbal. d) Nehmen Sie jetzt an, der Bauer hat beide Möglichkeiten. Er kann ein Feld mit Melonen bestellen und/oder ein weiteres Feld mit Kohl (das dritte bleibt auf jeden Fall ein Weizenfeld). Bestimmen Sie rechnerisch, was der Bauer optimalerweise machen sollte. Erläutern Sie Ihre Antwort kurz verbal. 1 Aufgabe 2 (20 Punkte) Betrachten Sie eine Robinson Crusoe Ökonomie mit einem Agenten (Robinson), der eine Anfangsausstattung von einer Einheit Arbeit (L) besitzt. Es gibt eine Kokosnussplantage, deren Eigentümer Robinson ist und die Kokosnüsse C mit Hilfe von Arbeit L gemäß der folgenden Produktionsfunktion herstellt: √ C = F (L) = 200 L. Normalisieren Sie den Kokosnusspreis auf eins. Sei w der Lohnsatz, der von der Plantage bezahlt wird. Robinson verkauft seine Arbeitskraft an die Plantage und erhält den Gewinn der Plantage π = F (L) − wL als Dividende. Die Budgetbeschränkung von Robinson ist C = wL + π. Seine Nutzenfunktion ist U (C, 1 − L) = C + (1 − L). 100 Die Plantage und Robinson verhalten sich als Preisnehmer auf allen Märkten. a) Bestimmen Sie Robinsons Arbeitsangebot und die Arbeitsnachfrage der Plantage. Zeigen Sie, dass im allgemeinen Gleichgewicht w = 100 gelten muss. Wie hoch ist im allgemeinen Gleichgewicht der Arbeitseinsatz L, der Gewinn π und der Nutzen Robinsons U ? b) Nehmen Sie nun an, dass 16 Kokosnüsse von der Nachbarinsel angeschwemmt werden, die von Robinson konsumiert werden können. Das heißt, Robinsons Budgetbeschränkung ist nun C = 16+wL+π. Bestimmen Sie das allgemeine Wettbewerbsgleichgewicht und zeigen Sie, dass w, L und π im Vergleich zu Teilaufgabe a) unverändert bleiben. Wie hoch ist U im Gleichgewicht? c) Die Nachbarinsel ist verärgert, dass Robinsons Insel von ihren Kokosnüssen profitiert und möchte eine Entschädigung. Die Regierung von Robinsons Insel kann Robinson die Kokosnüsse aber nicht wegnehmen. Stattdessen erhebt sie eine Lohnsteuer in Höhe von t = 15 , so dass die Plantage immer noch w für jede Einheit Arbeit bezahlen muß, der Arbeiter aber nur (1−t)w erhält. Wie hoch sind w, L, π und U im Gleichgewicht? Zeigen Sie, dass die Steuereinnahmen T = 16 sind, so dass die Nachbarinsel genau entschädigt wird. d) Vergleichen Sie Robinsons Nutzen im allgemeinen Gleichgewicht von Aufgabe a) und im allgemeinen Gleichgewicht von Aufgabe c). Wo ist sein Nutzen höher? Warum ist dies so? Erläutern Sie kurz! 2 Aufgabe 3 (20 Punkte) Betrachten Sie den Markt für Gut Q. Die inverse Nachfragefunktion für Q sei durch P = 30−Q gegeben, wobei P der Preis des Gutes ist. Es gibt drei Anbieter für das Gut, die Firmen A, B und C, die die Mengen qA , qB und qC wählen. Die Stückkosten sind der Einfachheit halber auf c = 0 gesetzt. a) Wenn es nur eine Firma gäbe, welche Menge würde dann gehandelt und wie hoch wäre der Marktpreis? b) Tatsächlich gibt es aber die drei Firmen A, B und C, die über die Wahl ihrer Mengen konkurrieren. Die Mengen werden von den Firmen sequentiell gewählt: Zuerst wählt Firma A ihre Menge, dann Firma B und schließlich Firma C. Die zuerst gewählten Mengen können von den nachfolgenden Firmen beobachtet werden. Nachdem jede Firmen ihre Menge gewählt hat findet der Handel statt. Welche Menge verkauft jede der drei Firmen? Welcher Marktpreis ergibt sich? Die Firmen können nun in eine neue Technologie investieren. Die neue Technologie ermöglicht es einer Firma, ihre Menge als erstes am Markt zu positionieren. Investieren jedoch mehrere Firmen in die Technologie, dann wählen diese Firmen ihre Mengen simultan (und als erstes). Die Investition verursacht jeder Firma unabhängig von der gewählten Menge Kosten in Höhe von 40 Geldeinheiten. c) Kann es ein teilspielperfektes Nash-Gleichgewicht sein, dass alle drei Firmen in die Technologie investieren? Begründen Sie Ihre Antwort rechnerisch. Aufgabe 4 (20 Punkte) Betrachten Sie das folgende Prinzipal-Agent-Modell, in dem der Agent zwei mögliche Aktionen A = {a1 , a2 } hat. Die Aktion des Agenten ist vertraglich nicht spezifizierbar. Es gibt zwei mögliche Gewinnniveaus: πh und πl , wobei πh > πl . Die Wahrscheinlichkeitsverteilung über die Gewinne hängt von der Aktion des Agenten wie folgt ab: f (πh | a1 ) = 3 4 f (πl | a1 ) = 1 4 f (πh | a2 ) = 1 2 f (πl | a2 ) = 1 2 Der Prinzipal ist risikoneutral. Der Agent hat die Nutzenfunktion V = U (w) − √ C(a) mit U (w) = w. Des Weiteren gilt C(a1 ) = 6 und C(a2 ) = 5. Der Reservationsnutzen des Agenten ist V = 0. 3 a) Wie lautet das Maximierungskalkül des Prinzipals, wenn er Aktion a1 implementieren möchte? b) Berechnen Sie das optimale Entlohnungsschema, wenn der Prinzipal die Aktion a1 implementieren möchte. c) Wie groß muss die Differenz von πh und πl sein, damit es für den Prinzipal optimal ist Aktion a1 zu implementieren? Eine neue Produktionstechnologie wird eingeführt und es gibt nun drei mögliche Gewinnniveaus: πh , πm und πl . Die Wahrscheinlichkeitsverteilung über die Gewinne hängt von der Aktion des Agenten wie folgt ab: f (πh | a1 ) = 3 4 f (πm | a1 ) = 0 f (πl | a1 ) = 1 4 f (πh | a2 ) = 1 3 f (πm | a2 ) = 1 3 f (πl | a2 ) = 1 3 d) Wie lautet nun das optimale Entlohnungsschema, wenn der Prinzipal die Aktion a1 implementieren möchte? e) Nehmen Sie an, dass πh > πm > πl und πm = (πh + πl )/2. Wie groß muss nun die Differenz von πh und πl sein, damit es für den Prinizal optimal ist Aktion a1 zu implementieren? Interpretieren Sie den Unterschied zu Teilaufgabe c). f) Betrachten Sie nun wieder den Vertrag aus Aufgabenteil b). Nehmen Sie jedoch an, der Prinzipal bekommt nachdem der Agent seine Aktion gewählt hat (aber noch vor der Realisierung des Gewinnniveaus) ein eindeutiges Signal über die Aktion des Agenten. Werden der Prinzipal und der Agent nun vor der Realisierung des Gewinnniveaus in beiderseitigem Einverständnis den alten Vertrag für ungültig erklären und einen neuen Vertrag schreiben? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, warum? 4