Tropische Geometrie und Algebraische Statistik

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Tropische Geometrie &
Algebraische Statistik
Prof. Dr. Stefan E. Schmidt
Francesco Kriegel
TU Dresden
Fakultät Mathematik
Institut Algebra
SS 2008
28. September 2008
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
1.1
1.2
1.3
Strukturen
1
Monoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
Semiringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
kovariante Kategorien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Kapitel 2
Varietäten, Ideale & Kongruenzen
21
Kapitel 3
Heyting-Algebren
25
-1
0
1 Strukturen
1.1 Monoide
Definition 1.1 (Monoid)
Eine universelle Algebra
M = ⟨M , ∗, e⟩
vom Typ (2, 0) mit einer assoziativen Operation ∗ und einem neutralen Element e heißt Monoid.
Beispiel: Ist A eine Menge, dann bildet die Menge A ∗ aller endlichen Folgen
über A mit der Konkatenation ∗ als Verknüpfung und der leeren Folge ² als
neutralem Element ein Monoid A∗ = ⟨A ∗ , ∗, ²⟩. Dieses Monoid nennt man das
von Wortmonoid zu A. Ein Element von A ∗ heißt auch Wort oder Zeichenkette,
und A heißt auch Alphabet.
ä
Definition 1.2 (Monoidhomomorphismus)
Seien M1 = ⟨M 1 , ∗, e⟩ und M2 = ⟨M 2 , +, o⟩ Monoide. Nun heißt
φ : M1 → M2
Monoidhomomorphismus von M1 nach M2 , falls φ : M 1 → M 2 eine Abbildung mit
(i) φ(x ∗ y) = (φx) + (φy)
(ii) φe = o
für alle x, y ∈ M 1 ist. Die Menge aller Homomorphismen von M1 nach M2
bezeichnen wir mit
Hom(M0 , M1 ).
Bemerkung: Ein Homomorphismus φ heißt
(i) Epimorphismus, wenn φ surjektiv ist.
(ii) Monomorphismus, wenn φ injektiv ist.
(iii) Isomorphismus, wenn φ bijektiv ist.
1
1 Strukturen
(iv) Endomorphismus auf X, wenn φ : X → X ist. Die Menge aller Endomorphismen auf X ist
EndX.
(v) Automorphismus auf X, wenn φ : X → X bijektiv ist.
Sei M = ⟨M , +, 0⟩ ein Monoid. Wir definieren nun zwei Operationen auf EndM:
EndM × EndM → EndM
⊕:
( f , g ) 7→ f ⊕ g :
M →M
m 7→ ( f m) + (g m)
ist die punktweise Addition und
EndM × EndM → EndM
∗:
( f , g ) 7→ f ∗ g :
M →M
m 7→ g ( f m)
heißt kovariante Komposition. Weiter setzen wir noch
0M :
M →M
m 7→ 0
als Nullabbildung sowie
idM :
M →M
m 7→ m
als identische Abbildung. Damit erhalten wir zwei Monoide
⟨EndM, ⊕, 0M ⟩
und
⟨EndM, ∗, idM ⟩,
die jedoch im Allgemeinen nicht kommutativ sind.
Definition 1.3 (geordnetes Monoid)
Sei M = ⟨M , ≤⟩ eine geordnete Menge und M = ⟨M , ∗, e⟩ ein Monoid. Dann
heißt
M = ⟨M , ≤, ∗, e⟩
geordnetes Monoid, wenn für a, x, y ∈ M stets
x ≤ y ⇒ x ∗a ≤ y ∗a ∧ a∗x ≤ a∗y
gilt.
2
1.1 Monoide
Definition 1.4 (Adjunktion)
Ein Quadrupel
A = ⟨P ,Q, φ, ψ⟩
heißt Adjunktion, falls
P = ⟨P, ≤⟩
und
Q = ⟨Q, v⟩
und
ψ: Q → P
halbgeordnete Mengen sind und
φ: P → Q
Abbildungen zwischen ihnen sind mit der Eigenschaft
φp v q ⇔ p ≤ ψq
für alle p ∈ P und q ∈ Q.
Beispiel: Sei f : A → B eine Abbildung, dann ist ⟨2 A , 2B , f , f −1 ⟩ eine Adjunktion. Es gilt f X ⊆ Y ⇔ X ⊆ f −1 Y .
ä
Bemerkung:
(1) φ bestimmt ψ eindeutig und umgekehrt.
(2) Seien P und Q geordnete Mengen und φ : P → Q eine Abbildung. φ heißt
residuiert, falls eine Abbildung ψ : Q → P existiert, sodass ⟨P ,Q, φ, ψ⟩ eine
Adjunktion ist. Dies ist genau dann der Fall, wenn unter φ jedes Urbild
eines Hauptideals wieder ein Hauptideal ist, d.h. ∀q ∈ Q∃p ∈ P : φ−1 ↓ q =↓
p. Eine Menge X = {p ∈ P | ∃x ∈ X : p ≤ x} heißt Ideal in P . Eine Menge
↓ x = {p ∈ P | p ≤ x} heißt Hauptideal zu x in P .
(3) Es gelten
φψq v q und p ≤ ψφp
und
φ−1 ↓ φp =↓ ψφp und ψ−1 ↑ ψq =↑ φψq
(4) Sind P und Q vollständige Verbände, so ist f residuiert, d.h.
gilt für alle X ⊆ P
G
_
φX = φ X
V
und g ist residual, d.h. -treu, also gilt für alle Y ⊆ Q
l
^
ψY = ψ Y .
W
-treu, also
3
1 Strukturen
(5) Sind P und Q vollständige Verbände und ist φ eine residuierte Abbildung
von P nach Q, so existiert eine residuale Abbildung ψ von Q nach P , sodass
(P ,Q, φ, ψ) eine Adjunktion ist.
(6) Für vollständige Verbände P und Q ist
φP
ein Kernsystem in Q (d.h. φP ist -abgeschlossene Teilmenge von Q), und
ferner ist
ψQ
V
ein Hüllensystem in P (d.h. ψQ ist -abgeschlossene Teilmenge von P ).
Weiter gelten
φ ∗ ψ ∗ φ = φ und ψ ∗ φ ∗ ψ = ψ
W
und
ψ∗φ
ist ein Kernoperator auf Q sowie
φ∗ψ
ist ein Hüllenoperator auf P .
Definition 1.5 (residuiertes geordnetes Monoid)
Sei M = ⟨M , ≤⟩ eine geordnete Menge und M = ⟨M , ∗, e⟩ ein Monoid. Dann
heißt
M = ⟨M , ≤, ∗, e⟩
residuiertes geordnetes Monoid, falls die Abbildungen
ρa :
λa :
M →M
x 7→ x ∗ a
M →M
x 7→ a ∗ x
+
M
für alle a ∈ M residuiert sind, d.h. falls Abbildungen ρ +
existieren,
a , λa ∈ M
+
+
sodass ⟨M , M , ρ a , ρ a ⟩ und ⟨M , M , λa , λa ⟩ Adjunktionen sind.
Bemerkung:
Für eine residuiertes geordnetes Monoid ⟨M , ≤, ∗, e⟩ setzen wir
x a := ρ +
ax
4
und
a x := λ+
a x,
1.1 Monoide
dann gilt
x ∗ y ≤ z ⇔ x ≤ z y ⇔ y ≤ x z
für alle x, y, z ∈ M . Es ist y a bezüglich ≤ das größte Element x ∈ M mit x ∗a ≤
y und a y ist bezüglich ≤ das größte Element x ∈ M mit x ∗ a ≤ y.
Definition 1.6 (vollständiges Monoid)
S
Sei M = ⟨M , ∗, e⟩ ein kommutatives Monoid und Ξ : {M I | I Menge} → M
eine Klassenabbildung. Dann heißt M vollständig bezüglich Ξ, falls für jede
Menge I und jede Abbildung α ∈ M I gelten

(I = ;)

e
(i) Ξα = α(i )
(I = {i })


α(i ) ∗ α( j ) (I = {i , j }, i 6= j )
(ii) Für jede Partition P ∈ PartI und β : P → M , X 7→Ξα| X gilt Ξα =Ξβ.
Ξ heißt dann auch vollständiges inneres Monoid-Maß.
Beispiel: Betrachten wir den Monoid ⟨R+ ∪ {0}, +, 0⟩ der nicht-negativen reellen Zahlen mit der üblichen Addition. Dieser Monoid ist vollständig bezügP
lich der bekannten Summe . Das macht die sogenannte doppelte Abzählung
möglich. Ist nämlich α : X × Y → R+ ∪ {0} eine Abbildung, so gilt
X X
X
X X
α(x, y) =
α(x, y) =
α(x, y).
x∈X y∈Y
(x,y)∈X ×Y
y∈Y x∈X
ä
Definition 1.7 (stetiges Monoid)
Sei M = ⟨M , ≤⟩ eine geordnete Menge und M = ⟨M , ∗, e⟩ ein Monoid. Dann
heißt
M = ⟨M , ≤, ∗, e⟩
stetiges Monoid, wenn gelten
(i) ⟨M , ≤⟩ positiv geordnet :⇔ ∀m ∈ M : e ≤ m.
(ii) Jede gerichtete Teilmenge hat ein Supremum. X ⊆ M heißt gerichtet in
⟨M , ≤⟩, wenn für alle x, y ∈ X ein z ∈ X existiert mit x ≤ z und y ≤ z.
W
(iii) Für alle m ∈ M und jede gerichtete Teilmenge X ⊆ M gilt m ∗ ( X ) =
W
W
W
(m ∗ X ) und ( X ) ∗ m = (X ∗ m).
5
1 Strukturen
Satz 1.8
Ist M = ⟨M , ≤, ∗, e⟩ ein kommutatives geordnetes stetiges Monoid, so ist M
vollständig bezüglich Ξ vermöge
[
Ξ:
{M I | I Menge} → M
_
α 7→
∗ α(i ).
I i ∈X
X ∈2fin
Definition 1.9 (Monoidwirkung)
Sei X eine Menge, M = ⟨M , ∗, e⟩ ein Monoid und .
· : X × M → X eine Abbildung. Das Tripel
X M := ⟨X , M, .
·⟩
heißt rechtsseitige Monoidwirkung von M auf X vermöge .
· (kurz: M-Wirkung),
falls
(i) (x .
· m) .
· n=x .
· (m ∗ n)
(ii) x .
· e=x
für alle x ∈ X und m, n ∈ M gelten.
6
1.2 Semiringe
1.2 Semiringe
Definition 1.10 (Semiring)
Eine universelle Algebra
S = ⟨S, +, ·, 0, 1⟩
vom Typ (2, 2, 0, 0) bestehend aus zwei Monoiden ⟨S, +, 0⟩, ⟨S, ·, 1⟩ mit einer
kommutativen Operation + und mit Distributivität von · über + sowie Absorption von 0 bezüglich · heißt Semiring.
Beispiel:
(1) Sei S ∈ {N, Z, Q, R} eine der bekannten Zahlenmengen. Dann ist S zusammen mit der üblichen Addition und Multiplikation, also
⟨S, +, ·, 0, 1⟩
ein Semiring.
(2) Wir setzen R̄ := R ∪ {−∞, ∞} als die erweiterten reellen Zahlen. Diese bilden zusammen mit Minimumsbildung und üblicher Addition
R̄trop := ⟨R̄, min, +, ∞, 0⟩
den reellen tropischen Semiring. Analog sind N̄trop , Z̄trop , Q̄trop definiert.
Dual: Die erweiterten reellen Zahlen zusammen mit Maximumsbildung
und üblicher Addition
R̄ark := ⟨R̄, max, +, −∞, 0⟩
bilden den reellen arktischen Semiring. Analog auch N̄ark , Z̄ark , Q̄ark .
(3) Der Boole’sche Semiring
B2 = ⟨2, max, min, 0, 1⟩
mit Grundmenge 2 = {0, 1} und den Operationen max = ∨ = or und min =
∧ = and. Sehr ähnlich ist der Restklassensemiring
F2 = ⟨2, +, ·, 0, 1⟩
˙ = xor und · = ∧ = and.
mit den Operationen + = ∨
ä
7
1 Strukturen
Bemerkung:
Für einen Semiring S = ⟨S, +, ·, 0, 1⟩ heißt
Sadd := ⟨S, +, 0⟩
additives Monoid und analog nennen wir
Smult := ⟨S, ·, 1⟩
multiplikatives Monoid. S = ⟨S, ≤⟩ heißt geordneter Semiring, wenn ⟨Sadd , ≤⟩
ein geordnetes Monoid ist. S heißt positiv geordnet, falls ⟨Sadd , ≤⟩ positiv geordnet ist.
Definition 1.11 (Semiringhomomorphismus)
Für zwei Semiringe S1 = ⟨S 1 , +, ·, o, ı⟩ und S2 = ⟨S 2 , ⊕, ¯, O, I⟩ heißt φ : S1 →
S2 nun Semiringhomomorphismus von S1 nach S2 , falls φadd : (S1 )add →
(S2 )add und φmult : (S1 )mult → (S2 )mult Monoidhomomorphismen sind.
Bemerkung: Ein idempotenter Semiring S = ⟨S, +, ·, 0, 1⟩, d.h. + ist idempotent, ist geordnet vermöge
r ≤ s :⇔ r + s = s
für alle r, s ∈ S. 1 Nun ist ⟨S, ≤, ·, 1⟩ genau dann eine residuiertes geordnetes
y
Monoid, wenn die Mengen M a := {x ∈ S | x · a ≤ y} für alle a, y ∈ S additiv ab2
geschlossen sind. S heißt idempotent-vollständig, falls S ein idempotenter
W
vollständiger Verband und bezüglich vollständig ist.
Beispiel: Betrachten wir den idempotenten reellen tropischen Semiring R̄trop =
⟨R̄, min, +, ∞, 0⟩, so erhalten wir nach vorangegangener Bemerkung eine Halbordnung, es gilt min{x, y} = y ⇔ y ≤ x. Damit ist nun
⟨R̄, ≥, +, 0⟩
ein residuierter vollständig-verbandsgeordneter Monoid. Analog sehen wir bei
Betrachtung des arktischen Semirings R̄ark = ⟨R̄, max, +, −∞, 0⟩, dass auch
⟨R̄, ≤, +, 0⟩
ein residuierter vollständig-verbandsgeordneter Monoid ist.
ä
1 Die Reflexivität von ≤ folgt sofort aus der Idempotenz von +. Für r ≤ s ≤ t gilt r + s = s und
s + t = t , damit ist r + t = r +(s + t ) = (r + s)+ t = s + t = t . Für r ≤ s ≤ r gilt r + s = s und s +r = r ,
also sofort r = s.
2 Dies gilt wegen (x + x ) · a = x · a + x · a ≤ y + y = y für alle x , x ∈ M y .
1
2
1
2
1 2
a
8
1.2 Semiringe
Satz 1.12 (arktischer Semiring, tropischer Semiring)
Sei L = ⟨L, ≤, ∗, e⟩ ein kommutativer residuierter vollständigverbandsgeordneter Monoid mit kleinstem Element ⊥ und größtem Element
>. Dann ist
Lark = ⟨L, ∨, ∗, ⊥, e⟩
ein Semiring und heißt arktischer Semiring zu L. Dual ist
Ltrop = ⟨L, ∧, ÷, >, e⟩
mit x ÷ y = z :⇔ x = z ∗ y ein Semiring und heißt tropischer Semiring zu L.
Definition 1.13 (vollständiger Semiring)
P S
Sei S = ⟨S, +, ·, 0, 1⟩ ein Semiring und : {S I |I Menge} → S eine KlassenabP
bildung. Dann heißt S vollständig bezüglich , falls S+ vollständig bezügP
lich
ist und für eine Menge I , eine Abbildung α ∈ S I und einen Skalar
s ∈ S gilt stets
P
P
P
P
(iii) s · ( α) = (s /· α) und ( α) · s = (α .
· s).
P
heißt dann auch vollständiges inneres Semiring-Maß.
Satz 1.14
Für ein residuiertes vollständig-verbandsgeordnetes Monoid L ist der zugeW
hörige arktische Semiring Lark vollständig bezüglich .
Definition 1.15 (stetiger Semiring)
Sei S = ⟨S, ≤⟩ eine geordnete Menge und S = ⟨S, +, ·, 0, 1⟩ ein Semiring. S =
⟨S, ≤⟩ heißt stetiger Semiring, wenn ⟨Sadd , ≤⟩ ein stetiges Monoid ist und
W
(iv) Für jede gerichtete Teilmenge X in ⟨S, ≤⟩ und alle s ∈ S gelten s·( X ) =
W
W
W
(s · X ) und ( X ) · s = (X · s).
Satz 1.16
Ist S = ⟨S, ≤, +, ·, 0, 1⟩ ein geordneter stetiger Semiring, so ist S vollständig beP
züglich vermöge
[ I
{S | I Menge} → S
X
:
α 7→
_
+ α(i ).
I i ∈X
X ∈2fin
9
1 Strukturen
Satz 1.17 (Endomorphismensemiring)
Falls M kommutativ ist, so ist
EndM := ⟨EndM, ⊕, ∗, o, ı⟩
ein Semiring, der sogenannte Endomorphismensemiring zu M.
Satz 1.18
Sei S = ⟨S, +, ·, 0, 1⟩ ein Semiring. Die Abbildung
S → EndS+
ρ:
s 7→ ρ s :
S →S
r 7→ r · s
ist ein Monomorphismus.
Beweis:
ρ s·t = ρ s ∗ ρ t , ρ s+t = ρ s ⊕ ρ t und ρ s 1 = s.
■
Definition 1.19 (Semiringmodul)
Sei M = ⟨M , ∗, e⟩ ein kommutatives Monoid und S = ⟨S, +, ·, 0, 1⟩ ein Semiring. Das Tripel
MS := ⟨M, S, .
·⟩
heißt rechtsseitiges Semiringmodul von S auf M vermöge .
· (kurz: S-Modul),
wenn
(i) ⟨M , Smult , .
· ⟩ Monoidwirkung
(ii) .
· biadditiv, d.h. _ .
· s ∈ EndM und m .
· _ ∈ Hom(Sadd , M).
Definition 1.20 (Algebra)
Seien A, S Semiringe und /· : S × A → A eine Abbildung. Dann heißt
S A = ⟨S, A,
/· ⟩
S-Algebra, falls ⟨Aadd , S, /· ⟩ ein linksseitiger S-Modul ist. S A heißt regulär,
wenn s /· (a 1 · a 2 ) = (s /· a 1 ) · a 2 = a 1 · (s /· a 2 ) für alle a 1 , a 2 ∈ A und s ∈ S gilt.
Definition 1.21 (vollständige Algebra)
P
P S
S
Sei S A eine Algebra und A : {A I | I Menge} → A, S : {S I | I Menge} → S
P P
Klassenabbildungen. Dann heißt S A vollständig bezüglich ⟨ A , S ⟩, falls A
10
1.2 Semiringe
P
P
vollständig bezüglich A sowie S vollständig bezüglich S ist und für jede
Menge I , Abbildungen α ∈ A I , β ∈ S I und a ∈ A, s ∈ S stets
P
P
P
P
(iv) s /· ( A α) = A (s /· α) und ( S β) /· a = A (β /· a)
gilt.
Definition 1.22 (S-lineare Abbildung)
­
®
­
®
Seien (M1 )S = ⟨M 1 , ∗, e⟩, ⟨S, +, ·, 0, 1⟩, .
· und (M2 )S = ⟨M 2 , +, o⟩, ⟨S, +, ·, 0, 1⟩, .
S-Moduln. Eine Abbildung
φ : (M1 )S → (M2 )S
heißt S-linear, falls φ : M 1 → M 2 eine Abbildung mit
¡¡
¢ ¢ ¡¡ ¢ ¢
(i) φ ((m .
· s) ∗ (n .
· t )) = φm . s + φn . t
ist. Eine Abbildung zwischen S-Algebren heißt Algebrahomomorphismus,
wenn sie S-linear und ein Semiring-Homomorphismus ist.
Definition 1.23 (vollständiger Homomorphismus)
Ein Homomorphismus Φ heißt vollständig bezüglich
gilt.
P
P
P
, wenn Φ α = Φα
Satz 1.24 (Fortsetzungssatz)
Sei X eine Menge und MS ein S-Modul. Ist γ ∈ M X eine Vektorenfamilie, dann
existiert genau eine S-lineare Abbildung
f γ : S∧ (X ) → MS
mit δ X ∗ f γ = γ.
X B
BB
yy
y
y BBBγ
y
BB
y
|y
y
∧
/ MS
S (X )
δX
∃! f γ
11
1 Strukturen
Satz 1.25 (direktes (Ko)Produkt)
Sei S = ⟨S, +, ·, 0, 1⟩ ein Semiring und X eine Menge. Ein Element ~
s ∈ S X heißt
X -Vektor über S. Wir definieren die punktweise Addition vermöge
SX × SX → SX
⊕:
(~
s 1 ,~
s 2 ) 7→ ~
s 1 ⊕~
s2 :
X →S
x 7→ (~
s 1 x) + (~
s 2 x)
und analog die punktweise Multiplikation ¯. Als neutrale Elemente haben wir
den Nullvektor ~0 : X → S, x 7→ 0 und analog den Einsvektor ~1 : X → S, x 7→ 1.
Nun ist
SX := ⟨S X , ⊕, ¯,~0,~1⟩
ein Semiring und heißt X -faches direktes Produkt von S und
S(X ) := ⟨S (X ) , ⊕, ¯,~0,~1⟩
mit S (X ) := {~
s ∈ S X | |supp~
s| < ∞} und
supp :
S X → 2X
~
s 7→ {x ∈ X |~
sx 6= 0}
ist ein Untersemiring von S X und heißt X -faches direktes Koprodukt von S.
supp~
s heißt Träger von ~
s. Für |X | < ∞ gilt S X = S(X ) .
Satz 1.26 (Modul(ko)produkt)
Sei S = ⟨S, +, ·, 0, 1⟩ ein Semiring und X eine Menge.
X
X
S∧ X := (Sadd
)S = ⟨Sadd
, S, .
·⟩
X
mit Sadd
:= (S X )add und
SX × S → SX
.
· :
(~
s, s) 7→ ~
s.
· s:
X →S
x 7→ (x~
s) · s
ist ein S-Modul und heißt X -faches Modulprodukt von S.
)
)
S∧ (X ) := (S(X
) = ⟨S(X
, S, .
·⟩
add S
add
ist ein S-Untermodul von S∧ X und heißt X -faches Modulkoprodukt von S.
12
1.2 Semiringe
Definition 1.27 (Standardbasis)
Sei X eine Menge und S ein Semiring. Dann heißt
X → SX
δX :
X →S
x
7 δxX
→
:
y
7 δxXy
→
=
(
1 (x = y)
0 (x 6= y)
Standardbasis von S(X ) . δxX heißt Dirac-Abbildung an x.
Beispiel:
Für X = n haben wir die Standardbasis
¡
¢ ¡
¢
δn = δn0 , δn1 , . . . , δnn−1 = (1, 0, . . . , 0) , (0, 1, 0, . . . , 0) , . . . , (0, . . . , 0, 1) .
Allgemeiner gilt für X = N
³
´ ¡
¢
N
δ N = δN
0 , δ1 , . . . = (1, 0, . . .) , (0, 1, 0, . . .) , . . . .
ä
Definition 1.28 (Basis)
Sei X eine Menge und MS ein S-Modul. Eine Vektorenfamilie γ ∈ M X heißt
(i) unabhängig in MS :⇔ f γ Monomorphismus
(ii) erzeugend in MS :⇔ f γ Epimorphismus
(iii) Basis von MS :⇔ f γ Isomorphismus
13
1 Strukturen
Definition 1.29 (Matrix)
Sei S ein Semiring und X , Y endliche Mengen. Eine Abbildung A ∈ S X ×Y
heißt auch X × Y -Matrix über S. Wir definieren
S X ×Y → (S Y ) X
X → SY
row :
A 7→ rowA :
x 7→ (rowA)x = A(x, _) :
Y →S
y 7→ ((rowA)x)y = A(x, y),
A(x, _) heißt x-te Zeile von A und analog
S X ×Y → (S X )Y
col :
Y → SX
A 7→ colA :
y 7→ (colA)y = A(_, y) :
X →S
x 7→ ((colA)y)x = A(x, y),
A(_, y) heißt y-te Spalte von A.
Weiterhin ist ⊕ die komponentenweise Addition und
S X ×Y × S Y ×Z → S X ×Z
∗:
(A, B ) 7→ A ∗ B =
+ rowA_y · colB _y = + A(_, y) · B (y, _).
y∈Y
y∈Y
Die Matrix
O:
X ×Y → S
(x, y) 7→ 0
heißt X × Y -Nullmatrix und
I:
X ×X →S
(x, y) 7→ δxXy
heißt X × X -Einsmatrix.
Satz 1.30 (Matrizensemiring)
MatX S := ⟨S X ×X , ⊕, ∗, O, I⟩
ist ein Semiring und heißt X × X -Matrizensemiring über S.
14
1.2 Semiringe
Satz 1.31 (Darstellungssatz)
Der Endomorphismensemiring zu S∧ X ist kanonisch isomorph zum X × X Matrizensemiring über S vermöge
EndS∧ X → MatX S
mat :
X ×X →S
α 7→ matα :
(x, y) 7→ (αδxX )y
und
MatX S → EndS∧ X
end :
SX → SX
A 7→ endA :
~
s 7→ ~
s∗A=
+~sx · colA_x = +~sx · A(x, _).
x∈X
x∈X
Die Zeilen der Standard-Darstellungsmatrix sind die Bilder der Standardbasisvektoren.
Satz 1.32 (Darstellungssatz)
Sei S ein Semiring und X , Y endliche Mengen. Dann sind
Hom(S∧ X , S∧ Y ) → MatX ,Y S
mat :
α 7→ matα :
X ×Y → S
(x, y) 7→ (αδxX )y.
und
MatX ,Y S → Hom(S∧ X , S∧ Y )
hom :
S X → SY
A 7→ homA :
~
s 7→ ~
s∗A=
+~sx · colA_x = +~sx · A(x, _).
x∈X
x∈X
Isomorphismen. Dabei sind
Hom(S∧ X , S∧ Y ) := ⟨Hom(S∧ X , S∧ Y ), ⊕, o⟩
MatX ,Y S := ⟨Mat X ,Y S, ⊕, O⟩
kommutative Monoide. Weiterhin gelten
mat(α ∗ β) = (matα) ∗ (matβ)
hom(A ∗ B ) = (homA) ∗ (homB ).
15
1 Strukturen
1.3 kovariante Kategorien
Definition 1.33 (Klassengraph)
Ein Tupel
/ •τe
e
σe •
G = ⟨V, E , σ, τ⟩
heißt Klassengraph, falls V und E Klassen sind sowie σ : E → V und τ : E →
V Klassenabbildungen sind. Wenn jedoch V und E Mengen sowie σ und τ
Abbildungen sind, so heißt G Graph. SerG := {(e, f ) ∈ E × E | τe = σ f } heißt
Serienrelation von G und analog heißt ParG := {(e, f ) ∈ E ×E |σe = σ f ∧ τe =
τ f } Parallelenrelation von G.
Beispiel: Sei M eine Menge. Für eine Relation R auf M ist
der zugehörige Graph G(M , R) = ⟨M , R, π1 , π2 ⟩. Der Schleifengraph zu M ist definiert als G M := ⟨{X }, M , m 7→ X , m 7→ X ⟩.
{
m•
(m,n)
/ •n
m
•X
Definition 1.34 (kovariante Kategorie)
ä
Für einen Klassengraph G heißt
G = ⟨G, ∗, ı⟩
kovariante Kategorie, falls gelten:
/
e1
∗ : E × E →p E
ist eine partielle Operation, die jedes serielle Paar
(e 1 , e 2 ) ∈ E × E mit τe 1 = σe 2 auf ein Element e 1 ∗
e 2 ∈ E mit σ(e 1 ∗e 2 ) = σe 1 und τ(e 1 ∗e 2 ) = τe 2 abbildet. ∗ ist assoziativ. (∗ : SerG → E ist eine Abbildung.)
ı: V → E
e2
5/
e3
5/
e 1 ∗e 2
e 1 ∗e 2
e1
/
e2
)/
e 2 ∗e 3
v•
w
ist eine Klassenabbildung mit σıv = v = τıv für
e
/ |
ıσe
<
alle v ∈ V . ı ist neutral bezüglich ∗, also gilt sowie
(ıσe) ∗ e = e = e ∗ (ıτe) für alle e ∈ E . G heißt klein, falls G ein Graph ist.
16
ıv
ıτe
1.3 kovariante Kategorien
Beispiel: Sei M eine Menge und R eine Quasiordnung auf M . Der zugehörige
Graph ist G(M , R) und wir setzen noch (m, n) ∗ (n, p) = (m, p) und ım = (m, m)
und erhalten die kleine kovariante Kategorie G(M , R) = ⟨G(M , R), ∗, ı⟩.
(n,n)
(m,m)
7 m•
(m,n)
/ •n
(n,p)
3/ • p
w
(p,p)
(m,n)∗(n,p)=(m,p)
Für einen Monoid M = ⟨M , ∗, e⟩ ist die zugehörige Schleifenkategorie definiert
als GM = ⟨G M , ∗, X 7→ e⟩.
e
{
- •X
ä
Satz 1.35 (Minkowskisemiring)
Sei G eine kovariante Kategorie. Dann ist
MinkG = ⟨2E , ∪, ∗, ;, ıV ⟩
mit X ∗ Y := {x ∗ y | (x, y) ∈ X × Y ∩ SerG} ein Semiring und heißt MinkowskiseS
miring von G. MinkG ist vollständig bezüglich .
Beispiel: Sei M eine Menge und M × M die Allrelation auf M . Der Minkowskisemiring zu G(M , M × M ) ist
Rel2 M := MinkG(M , M × M ) = ⟨2M ×M , ∪, ∗, ;, ∆M ⟩
und heißt Relationensemiring zu M .
Für einen Monoid M ergibt sich der Minkowskisemiring zu
MinkM := MinkGM = ⟨2M , ∪, ∗, ;, {e}⟩
und heißt Monoidsemiring zu M.
Sei A ein Alphabet. Dann ist
∗
SlangA := MinkGA∗ = ⟨2 A , ∪, ∗, ;, {²}⟩
ein Semiring und heißt Sprachensemiring zu A.
ä
17
1 Strukturen
Satz 1.36 ((volle) Konvolutionsalgebra)
Sei S ein Semiring und G eine kovariante Kategorie. Wir definieren eine Multiplikation vermöge
SE × SE → SE
∗:
E →S
(u, v) 7→ u ∗ v : e 7→
+
u(c) · v(d )
(c,d )∈SplitG e
mit SplitG e := {(c, d ) ∈ SerG | c ∗ d = e} und dem neutralen Element
E →S
(
IG :
1 (e ∈ ıV )
e 7→
0 (sonst).
Wenn G knotenendlich ist, d.h. |V | < ∞, dann ist
S[G] = ⟨S (E ) , +, ∗, 0E , IG ⟩
eine S-Algebra und heißt Konvolutionsalgebra von G bezüglich S.
Wenn G splitendlich ist, d.h. für alle e ∈ E ist |SplitG e| < ∞, oder wenn S vollP
ständig ist bezüglich mit
SE × SE → SE
∗:
E →S
(u, v) 7→ u ∗ v : e 7→
X
u(c) · v(d ),
(c,d )∈SplitG e
dann ist
S[[G]] = ⟨S E , +, ∗, 0E , IG ⟩
eine S-Algebra und heißt volle Konvolutionsalgebra von G bezüglich S.
Beispiel:
Sei M eine Menge, dann heißt
MatM S := S[[G(M , M × M )]] = ⟨SM ×M , +, ∗, 0M , IM ⟩
auch M × M -Matrizenalgebra über S.
Für einen Monoid M heißt
S[[M]] := S[[GM]] = ⟨SM , +, ∗, 0M , IM ⟩
18
1.3 kovariante Kategorien
Monoidalgebra von M bezüglich S. Betrachten wir speziell den Semiring der
komplexen Zahlen C mit üblicher Addition und Multiplikation und das Monoid der natürlichen Zahlen N mit üblicher Addition, so erhalten wir die komplexe Polynomalgebra
C[X ] := C[GN] = ⟨C(N) , +, ∗, 0, 1⟩
mit 0 := (0, . . . ) und 1 := (1, 0, . . . ). Um zur üblichen Terminologie zu gelangen,
setzen wir X := (0, 1, 0, . . . ), X 0 := 1 und X n+1 := X ∗ X n . Dann sind p(X ) =
1 + 2X + 3X 2 und p = (1, 2, 3, 0, . . . ) äquivalente Schreibweisen für das Polynom
n
p. C(N) hat die Standardbasis δN
n =: X , damit schreibt sich die Faltung als


p ∗q =
+  + p(i ) · q( j ) /· X


n∈N
n
.
i, j ∈ N
i+j =n
GN ist splitendlich, daher lässt sich auch die volle Polynomalgebra C[[X ]] :=
C[[GN]] bilden. Für eine endliche Menge M und das M -fache Produkt von
⟨N, +, 0⟩ erhalten wir
~ ] := C[(X m )m∈M ] := C[GNM ]
C[ X
M
α
mit δN
α =: X =:
·
M
m∈M
αm
und X m := δNM .
Xm
δm
Bemerkung (verallgemeinerte Faltung):
E n | ∀i ∈ n − 1 : (a i , a i +1 ) ∈ SerG}.

ä
Für n ∈ N setzen wir Sern G := {a ∈

∗ p = +  + · p (a ) /· δ
i
i ∈n
mit SplitnG e := {a ∈ Sern G |
e∈E
∗
a∈SplitnG e i ∈n
i ∈n a i
i
i
E
e
= e}.
Satz 1.37
Für jede kleine kovariante Kategorie G ist die Abbildung
MinkG → B[[G]]
χE :
X
7 χEX
→
E →B
(
:
1 (e ∈ X )
e 7→
0 (sonst)
ein Isomorphismus.
19
1 Strukturen
Definition 1.38 (kovariante Additionskategorie)
Sei ⟨G, ∗, ı⟩ eine kovariante Kategorie. Dann heißt
⟨G, +, ∗, o, ı⟩
kovariante Additionskategorie, wenn gelten:
e1
+ : E × E →p E
e2
/ 9%
e +e
ist eine partielle Operation, die jedes parallele Paar (e 1 , e 2 ) ∈ E ×E mit 1σe 12 =
σe 2 und τe 1 = τe 2 auf ein Element e 1 +e 2 ∈ E mit σ(e 1 +e 2 ) = σe 1 und τ(e 1 +
e 2 ) = τe 1 abbildet. + ist assoziativ. (+ : ParG → E ist eine Abbildung.)
v1 •
o: V ×V → E
/ •v 2
o(v 1 ,v 2 )
ist eine Klassenabbildung und o ist neutral bezüglich +, d.h. es
e
/9
gilt σo(v 1 , v 2 ) = v 1 und τo(v 1 , v 2 ) = v 2 für v 1 , v 2 ∈ V sowie o(σe, τe)+
o(eσ,eτ)
e = e = e + o(σe, τe) für alle e ∈ E .
o ist absorbierend bezüglich ∗, also gilt o(v 1 , σe)∗ o(v ,eσ)
e
1
/ o(eτ,v 2/ )•v 2
/
v1 •
e = o(v 1 , τe) und e ∗ o(τe, v 2 ) = o(σe, v 2 ) für
e ∈ E , v1, v2 ∈ V .
∗ ist distributiv über +, d.h. es gilt e 1 ∗ (e 2 + e 3 ) ∗
e2
e1
e4
e 4 = e 1 ∗ e 2 ∗ e 4 + e 1 ∗ e 3 ∗ e 4 für (e 1 , e 2 ) ∈ SerG,
/
/
9%
(e 2 , e 3 ) ∈ ParG und (e 3 , e 4 ) ∈ SerG.
e3
Satz 1.39 (Matrizenkategorie)
S
Sei V := {X | X endliche Menge} und E := X ,Y ∈V S X ×Y . Für eine Matrix A ∈
S X ×Y ⊆ E setzen wir σ : A 7→ X und τ : A 7→ Y . Weiter sind o : (X , Y ) 7→ O und
ı : X 7→ I Abbildungen. Dann ist
MatS := ⟨V, E , σ, τ⟩, ⊕, ∗, o, ı
­
eine kovariante Additionskategorie.
20
®
2 Varietäten, Ideale & Kongruenzen
Definition 2.1 (mehrwertiger Kontext)
Seien G, M ,W Mengen, dann heißt
K = ⟨G, M ,W, I ⟩
mehrwertiger Kontext, falls I ⊆ G × M × W eine ternäre Relation ist, sodass
aus (g , m, w) ∈ I und (g , m, v) ∈ I stets w = v folgt. Die Elemente von G heißen Gegenstände, die von M (mehrwertige) Merkmale und die von W Werte.
Für (g , m, w) ∈ I sagen wir auch, der Gegenstand g hat beim Merkmal m den
Wert w. K heißt vollständig, falls für jeden Gegenstand g und jedes Merkmal m ein Wert w mit (g , m, w) ∈ I existiert.
Bemerkung: K = ⟨G, M ,W, I ⟩ ist genau dann ein mehrwertiger Kontext, wenn
es eine Abbildung k : G × M → W gibt, sodass I = graphk = {(g , m, k(g , m))}.
Wir schreiben dann auch K = Kk .
Die Gegenstände g können auch als partielle Abbildungen g : M →p W interpretiert werden vermöge g (m) = w :⇔ (g , m, w) ∈ I . Analog für die Merkmale.
Bemerkung (Skalierung):
heißt
Für einen mehrwertigen Kontext K = ⟨G, M ,W, I ⟩
Knom = ⟨G, M × W, I nom ⟩
mit I nom = {(g , (m, w)) | (g , m, w) ∈ I } nominal skalierter Kontext zu K.
Weiter heißt
Kinv = ⟨G ×G, M , I inv ⟩
mit (g 1 , g 2 )I inv m :⇔ (g 1 , m, w) ∈ I ∧ (g 2 , m, w) ∈ I ⇔ g 1 (m) = g 2 (m) invariant
skalierter Kontext zu K. Für eine Gegenstandsmenge A ⊆ G heißt
A inv = {m ∈ M | ∀(g 1 , g 2 ) ∈ A : g 1 (m) = g 2 (m)}
auch Varietät zu A bezüglich K und für eine Merkmalsmenge B ⊆ M nennen
wir
θB = {(g 1 , g 2 ) ∈ G ×G | ∀m ∈ B : g 1 (m) = g 2 (m)}
abgeschlossene Kongruenz zu B bezüglich K.
21
2 Varietäten, Ideale & Kongruenzen
Beispiel: Betrachten wir für einen Monoid M und eine reguläre Algebra S A
den mehrwertigen Kontext
K = ⟨S[M], Hom(M, Amult ),S A, {(u, ϕ, u ∗ ϕ)}⟩.
Die zugehörige Abbildung
k:
S[M] × Hom(M, Amult ) →S A
(u, ϕ) 7→ u ∗ ϕ =
+ u(m) · ϕ(m)
m∈M
nennen wir auch Einsetzungs-/Auswertungshomomorphismus .
M
ϕ
/ Amult
δM
S[M]
u
id A
∃!ρ ϕ
/ SA
/ u ∗ϕ
ρ ϕ ist ein S-Algebren-Homomorphismus. ϕ ist festgelegt durch die Bilder auf
P
M
für m ∈ M . Falls S A vollständig bezüglich
ist, dann kann
der Basis ϕδm
P
auch u ∈ S[[M]] gewählt werden mit u ∗ ϕ = m∈M u(m) · ϕ(m). ρ ϕ ist dann
vollständig. Speziell für das M = Nn und A = S ergibt sich der mehrwertige
~ ], Sn , S, graphΦ⟩ mit Φ : S[ X
~ ] × Sn → S, (p,~
Kontext K = ⟨S[ X
x ) 7→ p~
x . Für ein
ne Menge B ⊆ S heißt (θB )inv dann auch Zariski-Abschluss von B . Setzen wir
~ ], Sn , ⊥⟩ ein formaler Kontext, dessen Umfänge
p⊥~
x :⇔ p(~
x ) = 0, dann ist ⟨S[ X
~
Ideale in S[ X ] und dessen Inhalte Varietäten in Sn sind. Die Menge der Inhalte
T
ist -abgeschlossen und ∪-abgeschlossen und heißt Zariski-Topologie auf Sn .
ä
Definition 2.2 (Partition in Umfänge)
Für einen Kontext K = ⟨G, M , I ⟩ heißt eine Teilmenge P ⊆ 2G Partition von
G in Umfänge von K oder K-extensionale Partition von G, falls gelten:
(i)
(ii)
(iii)
(iv)
P ⊆ ExtK
P 6= ; für alle P ∈ P
P 1 ∩ P 2 = ; für alle P 1 , P 2 ∈ P mit P 1 6= P 2
S
G= P
Bemerkung (Klassifikation): Sei X eine beliebige Menge. Durch eine Klassifikationsabbildung α : X → 2G kann mit imα = αX auch eine Partition von G
22
in Umfänge von K gegeben sein. α muss dann injektiv sein und somit existiert
eine surjektive Abbildung β : G → X .
Beispiel: Sei K = ⟨G, M ,W, I ⟩ ein mehrwertiger Kontext. Dann erzeugt die
Abbildung
αm :
mG → 2G
w 7→ (m, w)I nom = {g ∈ G | g (m) = w}
mit imαm = {(m, w)I nom | w ∈ mG} eine Partition von G in Umfänge von Knom ,
für alle m ∈ M .
Für ein Merkmal m setzen wir ker m := m I inv = {(g 1 , g 2 ) ∈ G ×G |g 1 (m) = g 2 (m)},
dann erzeugt die Abbildung
αm :
G → 2G
g 7→ [g ] ker m = {g 1 ∈ G | g (m) = g 1 (m)}
mit imαm = G/ker m eine Knom -extensionale Partition von G, für alle m ∈ M .
T
Definieren wir für eine Merkmalsmenge B ⊆ M noch ker B := m∈B ker m, so
erzeugt die Abbildung
αB :
G → 2G
g 7→ [g ] ker B = {g 1 ∈ G | ∀m ∈ B : g (m) = g 1 (m)}
mit imαB = G/ker B eine Knom -extensionale Partition von G, für alle B ⊆ M .
ä
Lemma 2.3 Ein Umfang θ von Kinv (abgeschlossene Kongruenz) liefert eine
extensionale Partition G/θ von Knom . Es gilt also
ExtKnom =
[
θ∈ExtKinv
G/θ .
23
2 Varietäten, Ideale & Kongruenzen
24
3 Heyting-Algebren
Definition 3.1 (Heyting-Algebra)
Sei ⟨H , ≤⟩ ein beschränkter Verband. Wenn H = ⟨H , ≤, ∧, >⟩ ein residuiertes
geordnetes Monoid ist, dann heißt H Heyting-Algebra. H heißt vollständig,
falls ⟨H , ≤⟩ ein vollständiger Verband ist.
Bemerkung (Pseudokomplement): H ist genau dann eine Heyting-Algebra,
wenn es für alle x, y ∈ H ein größtes Element z ∈ H mit x ∧ z ≤ y gibt. Dieses
Element z =: x → y wird das relative Pseudokomplement von x bezüglich y
genannt. In einer Heyting Algebra kann man das Pseudokomplement ¬x eines
Elements x definieren durch ¬x := x → ⊥. Es gilt x ∧¬x = ⊥, und zudem ist ¬x
das größte Element mit dieser Eigenschaft. Jedoch gilt im Allgemeinen nicht
x∨¬x = >, sodass ¬ nur ein Pseudokomplement und kein echtes Komplement
ist.
Beispiele:
(1) Jede Boolesche Algebra ist eine Heyting-Algebra mit x → y := ¬x ∨ y. Ein
Element x ∈ H heißt regulär, wenn x = ¬¬x oder x = ¬y für ein y ∈ H
gilt. Eine Heyting-Algebra ist eine Boolesche Algebra genau dann wenn jedes x ∈ H regulär ist oder x ∨ ¬x = > für alle x ∈ H gilt. In diesem Fall
ist das Element x → y gleich ¬x ∨ y. In jeder Heyting-Algebra sind das
kleinste und das größte Element regulär. Die regulären Elemente einer
Heyting-Algebra bilden eine Boolesche Algebra. Wenn nicht alle Elemente der Heyting-Algebra regulär sind, ist diese Boolesche Algebra kein Unterverband der Heyting-Algebra, weil die Supremums-Operationen verschieden sind. Im Unterschied zu manchen mehrwertigen Logiken teilen Heyting-Algebren mit Booleschen Algebren die folgende Eigenschaft:
Wenn die Negation einen Fixpunkt hat (also ¬x = x für ein x ∈ H ), dann ist
die Heyting-Algebra trivial: sie besteht nur aus einem Element.
(2) Für eine Menge M ist ⟨2M , ⊆, ∩, M ⟩ eine Heyting-Algebra mit X → Y :=
X Ù ∪ Y , denn aus X ∩ Z ⊆ Y folgt Z ⊆ (X Ù ∪ X ) ∩ Z = (X Ù ∩ Z ) ∪ (X ∩ Z ) ⊆
X Ù ∪Y und für Z ⊆ X Ù ∪Y gilt X ∩ Z ⊆ X ∩(X Ù ∪Y ) = (X ∩ X Ù )∪(X ∩Y ) ⊆ Y .
25
3 Heyting-Algebren
(3) Jede totale Ordnung, die ein beschränkter Verband ist, ist auch eine HeytingAlgebra, in der ¬x = ⊥ für alle x 6= ⊥ gilt. Die einfachste solche HeytingAlgebra, die nicht schon eine Boolesche Algebra ist, ist die linear geordnete Menge 3 mit folgenden Operationen.
∧
0
1
2
0
0
0
0
1
0
1
1
2
0
1
2
∨
0
1
2
0
0
1
2
1
1
1
2
2
2
2
2
→
0
1
2
0
2
0
0
1
2
2
1
2
2
2
2
¬
0
1
2
2
0
0
Die Gleichung 1 ∨ ¬1 = 1 ∨ 0 = 1 verletzt den Satz vom ausgeschlossenen
Dritten.
(4) Die freie Heyting-Algebra über einem Generator (Rieger-Nishimura-Verband).
(5) Der Verband der offenen Mengen eines topologischen Raums ist eine vollständige Heyting-Algebra. In diesem Fall ist A → B = int(A Ù ∪B ) das Innere
der Vereinigung des Komplements von A und B .
ä
26
Bemerkung (Äquivalente Charakterisierung):
(1) Ein vollständiger Verband H ist genau dann eine Heyting-Algebra, wenn
x∧
_
Y =
_
{x ∧ y | y ∈ Y }
für alle x ∈ H und Y ⊆ H gilt. Dies folgt daraus, dass residuierte Abbildungen beliebige Suprema erhalten. (Vollständige) Heyting-Algebren sind also stets (vollständig) distributiv.
(2) Ein beschränkter Verband H mit einer binären Operation → ist eine HeytingAlgebra genau dann wenn
(i) x → x = >
(ii) x ∧ (x → y) = x ∧ y
(iii) x ∧ (y → x) = x
(iv) x → (y ∧ z) = (x → y) ∧ (x → z)
für alle x, y, z ∈ H gelten.
Lemma 3.2
Für eine Heyting-Algebra H sind folgende Aussagen äquivalent:
(i) ¬(x ∨ y) = ¬x ∧ ¬y für alle x, y ∈ H ,
(ii) ¬(x ∧ y) = ¬x ∨ ¬y für alle x, y ∈ H ,
(iii) ¬x ∨ ¬¬x = > für alle x ∈ H ,
(iv) ¬¬(x ∨ y) = ¬¬x ∨ ¬¬y für alle x, y ∈ H .
27
3 Heyting-Algebren
28
Index
Abbildung
Dirac-, 13
identische, 2
lineare, 11
Null-, 2
residuierte, 3
Addition
punktweise, 2
Additionskategorie
kovariante, 20
additives Monoid, 8
Adjunktion, 3
Algebra, 10
Konvolutions-, 18
Matrizen-, 18
Polynom-, 19
vollständige, 10
Algebrahomomorphismus, 11
arktischer Semiring, 7, 9
Auswertungshomomorphismus, 22
Automorphismus, 2
Basis, 13
Standard-, 13
Boole’scher Semiring, 7
Darstellungssatz, 15
Dirac-Abbildung, 13
direktes Koprodukt, 12
direktes Produkt, 12
Einsetzungshomomorphismus, 22
Einsvektor, 12
Endomorphismensemiring, 10
Endomorphismus, 2
Epimorphismus, 1
extensionale Partition, 22
Faltung, 19
Fortsetzungssatz, 11
geordnetes Monoid, 2
residuiertes, 4
Graph, 16
Klassen-, 16
Heyting-Algebra, 25
Homomorphismus, 1
Algebra-, 11
Auswertungs-, 22
Einsetzungs-, 22
Monoid-, 1
Semiring-, 8
vollständiger, 11
idempotent-vollständiger Semiring,
8
identische Abbildung, 2
Isomorphismus, 1
Kategorie
kovariante, 16
kovariante Additions-, 20
Matrizen-, 20
Klassengraph, 16
Komposition
kovariante, 2
29
Index
Kongruenz, 21
Kontext
mehrwertiger, 21
Konvolutionsalgebra, 18
Koprodukt
direktes, 12
Modul-, 12
kovariante Additionskategorie, 20
kovariante Kategorie, 16
kovariante Komposition, 2
lineare Abbildung, 11
Matrix, 14
Matrizenalgebra, 18
Matrizenkategorie, 20
Matrizensemiring, 14
mehrwertiger Kontext, 21
Minkowskisemiring, 17
Modulkoprodukt, 12
Modulprodukt, 12
Monoid, 1
additives, 8
geordnetes, 2
multiplikatives, 8
residuiertes geordnetes, 4
stetiges, 5
vollständig, 5
Monoidhomomorphismus, 1
Monoidsemiring, 17
Monoidwirkung, 6
Monomorphismus, 1
multiplikatives Monoid, 8
Nullabbildung, 2
Nullvektor, 12
Partition
extensionale, 22
Polynomalgebra, 19
Produkt
30
direktes, 12
Modul-, 12
Pseudokomplement, 25
punktweise Addition, 2
Relationensemiring, 17
residuierte Abbildung, 3
residuiertes geordnetes Monoid, 4
Restklassensemiring, 7
Semiring, 7
arktischer, 7, 9
Boole’scher, 7
Endomorphismen-, 10
idempotent-vollständiger, 8
Matrizen-, 14
Minkowski-, 17
Monoid-, 17
Relationen-, 17
Restklassen-, 7
Sprachen-, 17
stetiger, 9
tropischer, 7, 9
vollständiger, 9
Semiringhomomorphismus, 8
Semiringmodul, 10
Skalierung, 21
Spalte, 14
Sprachensemiring, 17
Standardbasis, 13
stetiger Semiring, 9
stetiges Monoid, 5
Träger, 12
tropischer Semiring, 7, 9
Varietät, 21
Vektor, 12
verallgemeinerte Faltung, 19
vollständige Algebra, 10
vollständiger Homomorphismus, 11
Index
vollständiger Semiring, 9
vollständiges Monoid, 5
Zeile, 14
31
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