Jugendlicher Substanzmissbrauch und Bindungserfahrungen

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Bindung und Bindungsstörung
Folgen und Auswirkungen auf die Entwicklung einer
substanzbezogenen Störung im Jugendalter
5. Fachtagung „Ambulante
Suchthilfeeinrichtungen in Bayern“
Kloster Irsee 2013
[email protected]
Ausgangslage
Konsum in den letzten Jahren
insgesamt tendenziell rückläufig, aber:
Risikogruppe Jugendlicher mit
exzessiven Konsummustern:
Tendenz zu frühem Beginn, polytoxikomane Konsummuster,
risikofreudiger/unkritischer Konsum, z.B. binge-drinking.
(Bundesministerium f. Gesundheit 2007, 2008, 2009…)
Bedarf an geeigneten
Behandlungsangeboten (Frühintervention)
Funktion Substanzkonsum
• Ersatz für ersehnte, aber vorenthaltene Zuwendung
(Stierlin 1980), Überforderung durch
Parentifizierung, Rollenumkehr etc. in
suchtbelasteten Systemen, Loyalität
• „Droge als Liebesobjekt, das wichtiger ist als jeder
Mensch“ (Rost 2005),
• Suchtmittel als „Pseudo-Bindungsobjekt“: immer
verfügbar, befriedigt Bindungsund Autonomiewünsche (Brisch)
…“ohne Dex war sie einsam…“
„…sie hatte unter Dex immer eine virtuelle Freundin,
mit der sie sich unterhalten konnte, ohne Dex war sie
einsam…“
„Beziehungsbotschaften“ an die Suchtmittel:
„du bist das einzige, was mich nicht im Stich lässt“
„du warst immer da“
„durch dich fühlte ich mich teilweise besser“
Grundlagen der Bindungstheorie
• Primäre Bezugsperson als „sichere Basis“
• Bindungsverhalten (Lächeln, Schreien,
Fortbewegung) /Explorationsverhalten
(Erkunden der Umwelt)
• Qualitative Unterscheidung der
Bindungssicherheit
• Feinfühligkeit der Bezugsperson („externe
Regulationshilfe“)
Suchtmittelabhängige Jugendliche…
• weisen eine hohe Komorbidität mit anderen
jugendpsychiatrischen Störungen auf
• haben meist multiple psychosoziale
Belastungsfaktoren, v.a. Sucht und andere psych.
Erkrankungen eines Elternteils, Beziehungsabbrüche,
instabile fam. Beziehungen, traumatische
Erfahrungen
Kinder suchtbelasteter Eltern
• Substanzkonsumierende Jugendliche kommen
überdurchschnittlich häufig aus suchtbelasteten Familien
• Weniger kontinuierliche elterliche Wärme und Unterstützung
• Risiko besonders hoch, wenn: häufiger Wechsel von
Bezugspersonen, Gewalt i.d. Familie, keine Inanspruchnahme
von Hilfe
• Sichere Bindung zur Mutter bei alk.abh. Vater: weniger
Verhaltensstörungen d. Kinder (Rina Eiden, MC 2011)
• 1/3 der Kinder bleiben psychisch gesund!
Bindung und Trauma
• Traumatische Erfahrungen wirken sich auf die
Bindungsentwicklung aus, v.a. intrafamiliäre
Traumatisierung (Main, Hesse 1990, Schechter 2006,
Brisch 2006)
Auswirkungen v. Trauma transgenerational
Gewaltbedingte Traumata in der Generationenfolge
(Schechter 2006):
Beeinträchtigte Wahrnehmung d. Mütter mit PTSD-Symptomatik
Teufelskreis: Stressreaktionen d. Kindes triggern traumatische
Erinnerungen und Affekte , lösen defensiven Rückzug aus, was
wiederum beim Kind Verzweiflung erzeugt (Bindungssystem
aktiviert)
Konzept der parentalen Hilflosigkeit (KH Pleyer 2010):
Fehldeutung kindlicher Signale /cotraumatische Prozesse
Forschungsstand
• Transgenerationale Studien zu Bindung bei
suchtmittelabhängigen Jugendlichen
Rosenstein, Horowitz, 1996: Jugendl. psychiatrische
Patienten und ihre Mütter, zusätzl. Substanzmissbrauch:
hohe Übereinstimmung zw. Müttern u. Jugendlichen, Zshg.
Verhaltensstörungen - distanzierender Bindungsstil, affektive Störungen präokkupierter Bindungsstil, Substanzmissbrauch schwächerer Prädiktor
als Verhaltensstörung
Schindler (2001, 2005…): transgenerationale Studie an Opiate
konsumierenden Adoleszenten in ambulanter familientherapeutischer
Behandlung:
Bindungsstile nach Bartholomew, Horowitz (1991): ängstlichvermeidender Stil korreliert sign. mit Schwere der Drogenabhängigkeit
Fragestellung
• Bindungsverhalten und -repräsentationen
suchtmittelkonsumierender Jugendlicher?
• Transgenerationale Zusammenhänge?
Adult Attachment Interview
(George, Kaplan, Main 1984/1985/1996)
• Halbstrukturiertes Interview, erfasst mentale
Bindungsrepräsentationen
• Bei Jugendlichen ab 16 J. bewährt
• Autobiographische Fakten einbezogen
• Qualitative Auswertung anhand operationalisierter Kriterien
durch externe geschulte Rater
Bindungsrepräsentationen
• Interne Arbeitsmodelle und Organisation von
Bindung
• Resultiert aus der Gesamtheit der
bindungsrelevanten Lebenserfahrungen (v.a.
mit den Eltern) bis ins Jugendalter
• Auswirkungen auf den Umgang mit
Belastungen und Verhaltens- und
Emotionsregulation
Klassifikation der Bindungsrepräsentationen
Jugendlicher u. Erwachsener
F: Autonom-sicher
i.d.R. gesunde Entwicklung
D: Unsicher-distanzierend
E: Unsicher-präokkupiert
(od. u.-verwickelt)
Organisierte Formen
unsicherer Bindung
Risikofaktor!
U: Unverarbeitet:
CC (cannot classify): Anteile
von D und E oder keinerlei
Strategie
Hochunsichere
Bindungsrepräsentationen:
Erhebliche Störungen der
seelischen Entwicklung
Weitere Instrumente
• JTCI 12-18 (Junior Temperament and Character
Inventory): Einschätzung von Persönlichkeitsfaktoren
auf 7 Skalen
(Cloninger 1999; Goth, Schmeck 2000)
• ACE-Score (Adverse Childhood Experiences):
Quantifizierung von belastenden und
traumatisierenden Entwicklungsbedingungen,
10 Items (Felliti et al 1998)
• BADO: Basisdokumentation KJPP + Modul Sucht
(Englert et al 1998 / 2000; Gsellhofer et al 1993)
Stichprobe
• 15 Jugendliche in stat. Entzugsbehandlung, 12 Elternteile
• Substanzabhängigkeit (F1x.2); nicht substanzbezogene
Komorbidität: 93%
• Alter: 16;1-18;1 (M=16;9)
• Geschlecht: m=11, w=4
• 4 Jugendliche in stat. Jugendhilfe, 8 bei leibl. Mutter (davon 4
+Stiefvater), 3 bei leibl. Vater
• Ausschlusskriterien: Migrationshintergrund, Adoption, akute
Psychose, Lernbehinderung
• Hohe Ähnlichkeit mit Grundgesamtheit behandelter
Jugendlicher 2006 (BADO, Fetzer 2008).
Ergebnisse
Bindungsklassifikationen Jugendliche
7
6
5
4
Jugendl.
3
2
1
0
F
D
E
U
CC
Bindungsklassifikationen
Jugendliche und Mütter
6
5
4
Jugendl.
Mütter
3
2
1
0
F
D
E
U
CC
Subgruppenvergleich
unsicher vs. hochunsicher (Jugendliche)
• Kein Unterschied hinsichtlich Alter, Konsumbeginn,
Konsummuster, Auftreten komorbider Störungen (aber:
klinische Ausprägung)
• Sucht und psychische Labilität/Erkrankung d. Eltern
Jugendliche
Sucht, psych. Labilität Sucht, psych. Labilität
Mutter
Vater
Unsicher (N=6)
2 (33%)
5 (84%)
Hochunsicher (N=9)
9 (100%)
3 (33%) unbek. 4 (45%)
Subgruppenvergleich
unsicher vs. hochunsicher (Jugendliche)
Jugendliche
JTCI (Anzahl
ACE-Score
auffälliger
Wechsel im
Bezugsumfeld
Dimensionen)
Unsicher
2,8 (N=5)
2,5 (N=6)
3,3 (N=6)
Hochunsicher
3,7 (N=7)
4,8 (N=9)
5,1 (N=9)
t-Test
p = .404 n.s.
p = .004**
Mutter-Kind-Dyaden
Mutter
unsicher
Mutter
hochunsicher
Jugendliche(r)
unsicher
2
3
Jugendliche(r)
hochunsicher
0
5
Mutter-Kind-Dyaden
Jugendliche(r)
unsicher
Jugendliche(r)
hochunsicher
Mutter
unsicher
Mutter
hochunsicher
Gruppe 1
Gruppe 2
Gruppe 3
Ergebnisse Mütter
• Mütter G1 (unsicher/unsicher) und G2
(hochunsicher/unsicher) ähneln sich mehr als
G2 und G3 (beide hochunsicher)
• Mütter mit Erfahrung von Bewältigung,
Stabilisierung (durch PT, tragfähige
Beziehungen, Zufriedenheit in Beruf und
Freizeit) hatten unsicher gebundene Kinder
(G2), auch wenn selbst hochunsichere BR!
Gruppe 1
Gruppe 2
Gruppe 3
Bindungsrelevante
Nicht einheitlich
wenige
viele
Lebensereignisse
innerhalb der Gruppe
Intrafamiliäre Belastung
Nicht einheitlich
hoch
hoch
Früher belastet, aktuell
Früher belastet, aktuell
Kontinuierlich belastet
stabilisiert
stabilisiert
Zufriedenheit
Hohe Zufriedenheit
Mütter
innerhalb der Gruppe
Paarbeziehungen
Beruf
Wenig Zufriedenheit und
Kontinuität
Psych. Belastung
Gering
Früher hoch, jetzt gering
Kontinuierlich sehr hoch
Verhältnis Belastungs-
Ausgewogen
Aktuell ausgewogen,
Viele Belastungs-,
i. d. Vorgeschichte mehr
wenige Schutzfaktoren,
Belastung
traumatisierender
und Schutzfaktoren
Entwicklungskontext
Jugendliche
Gruppe 1
Gruppe 2
Gruppe 3
Trennung der Eltern
Nach der Kleinkindzeit
Kleinkindzeit
Schwangerschaft od.
Kleinkindzeit
Wechsel im
4,5
3
5,2
Gut - idealisierend
Idealisierend
Sehr eng, Idealisierung
Bezugsumfeld
Beziehung zur Mutter
und Parentifizierung
Beziehung u. Kontakt
Idealisieren, trotz
Kaum od. kein Kontakt,
Nicht kennen gelernt od.
zum Vater
körperlicher
abwertend
abwertend
Gut, wenn vorhanden
Gewalterfahrungen
Väter
Väter, Mutter od.
Misshandlung,
Wenig Kontakt
Beziehung Stief-/
Wenig bekannt od. nicht
Ersatzväter
vorhanden
Sucht in der Familie
Väter
unbekannt od. keine
Fremdunterbringung
Längere, eher positive
Erfahrung
Keine
Wenn erfolgt, als sehr
belastend erlebt und
abgebrochen
ACE-Score
3
2,7
4,8
Psych. Beeinträchtigung
Mäßig, v.a.
Mäßig (ADHS,
(Sehr) hoch: Verhalten
Verhaltensebene
Affektlabilität)
Emotionen, Beziehungen
Auswogen
Ausgewogen
Viele Belastungs-, wenige
Verhältnis Belastungsu. Schutzfaktoren
Schutzfaktoren, oft
traumatisierender
Entwicklungskontext
Mögl. Bedeutung des
Unbewusste Loyalität
Symptombewältigung
Bewältigung trauma-
Substanzkonsums
mit idealisiertem Vater
(z.B. ADHS), Entlastung
tischer Erfahrungen,
Autonomie/Abgrenzung
bei Überforderung,
dysfunktionale Ablösung
Selbstregulation
Bindungsersatz
Aufmerksamkeit/Fürsorge
Behandlungsverlauf
Mehrere Intervalle, nach
Teils mehrere Intervalle,
Mehrere Intervalle, nach
regulärem Abschluss
meist initiierte
Abbruch Rückkehr zu
stationäre Maßnahme
weiterführende
Elternteil, kein regulärer
(Jugendhilfe, LZT)
Maßnahmen
Abschluss, ambulante
(ambulant/stationär)
Maßnahmen selten und
unregelmäßig.
Gewalt und Vernachlässigung
„…meine Mutti hatte zwischendurch en Freund in (…), der aber eigentlich
ziemlich gewalttätig war ja, weil der hat meine Mutti ins Krankenhaus
gebracht.
Ins Krankenhaus ?
Ja. Der hat geschlagen und meine Mutti is mit em Kopf gegen so’n
Laternenmast geknallt und hatte dann hier so ne offene Wunde und das
war kurz vor meinem zwölften Geburtstag. Da war ich zwei Wochen allein
zu Hause und kein Mensch hat sich um mich gekümmert, weder meine
Oma, meine Tanten, gar keiner. Und ich bin halt jeden Tag ins Krankenhaus
und hab dann von ihrem damaligen Freund die ganzen Sachen zu Hause
gepackt…“
Unklare Beziehungen,Tabuisierung
„die hatten mir beigebracht zu meiner Mutter das war die Mutti und zu
der Tante hab ich Mama gesagt. Und irgendwann sind wirklich, ganz klein
als, ich war noch nicht in der Schule nee, ich hab viel immer in mich
reingefressen und ich hab also net viel so (unverständlich) ausgesprochen
eh, ich weiß noch da haben mich Kinder gefragt, welche ist jetzt eigentlich
deine Mutter, die dünne oder die dicke nee? (lacht) und da wusst ich das
gar net und da hab ich gedacht, ich hab se beide arg lieb gehabt und mei
Tante hat mich verwöhnt die hat me also wirklich alles in Hintern gestopft,
nee, also mehr wie meine Mutter und das weiß i noch ganz genau, wie ich
klein war und hab gedacht, hoffentlich ist die Mutti meine richtige, die
Mutti is meine richtige Mutter, obwohl ich von der Tante alles betüdelt
und hier und da…“
Gelungene Bewältigung
„Also es war überhaupt net einschätzbar, ja es war man hat nie g’wusst
wie erwartescht se jetzt, wie ist se jetzt drauf was passiert, das war das
Schlimmschte. Man hat immer in Anspannung und in Angscht gelebt“.
„Also ich hab, ich hab null Selbstbewusstsein gehabt wo i (unverständlich),
wirklich null und hab mir das peu a peu erarbeite müsse und das war e
harter, steiniger Weg, muss ma wirklich sage. Wie g’sagt, es war ja scho so,
dass ich scho fascht paranoid war, ja, denk halt jeder denkt jetzt schlecht
über dich (unverständlich) des war scho schwierig und was mir gut gholfe
hat, war wirklich der Sport (..)
Ja, da aktiv zu sein, zu sage, du kriegscht das hin du, du kannsch was
beeinflusse kannsch was bewirke und so hat scho gut geholfe do. Drum
war das au genau das Richtige, dass ich’s gemacht hab obwohl ich den
Beruf jetzt nimmer ausüb.“
Zusammenfassung d. Ergebnisse
• Substanzabhängigkeit bei Jugendlichen ist sehr häufig mit
tiefgreifenden Bindungs- und Beziehungsstörungen
verbunden (incl. eingeschränkter Fähigkeit d. Verhaltens- und
Emotionsregulation)
• Suchtmittel als Kompensations- od. Ersatzobjekt
• Parentifizierung, Rollenumkehr, Loyalitätskonflikte in Zshg. mit
biographisch nachvollziehbaren Beeinträchtigungen der Eltern
führen oft zu eingeschränkter Autonomieentwicklung
(Pseudo-Autonomie)
Relevanz der Ergebnisse
Hochunsichere Mütter haben nicht automatisch
hochunsichere Kinder!
Protektive und kompensierende Faktoren:
1. Korrigierende Beziehungserfahrungen
2. Befriedigende berufliche Tätigkeit
3. Sinnvolle, aktive Freizeitgestaltung
4. Positive Bewältigung psych. Belastung (PT)
Klinische Relevanz
Behandlung und Diagnostik Jugendlicher muss
Bindungsaspekte einbeziehen!
Wichtige Faktoren in der Behandlung:
1. Bezugspersonenarbeit
2. Familientherapie
3. Mastery-Erfahrungen, Coping, Planung realistischer
Perspektiven
4. Berücksichtigung traumatischer Erfahrungen in
Therapie und Alltag
clean.kick und clean.kids
Entwicklung der JugendDrogenentzugsbehandlung 2002-2013
Eröffnung der Jugenddrogenstation clean.kick:
2002
•
•
•
•
•
•
15 Behandlungsplätze (Alter 14-18J +-2)
Freiwillige Übereinkunft, offene Station
Niederschwelliger Zugang
Versorgungsgebiet: Ba.-Wü. , angrenzende BL
Integrierte Jugend-Drogen Fachambulanz
Qualifizierte Entzugs- u. weiterführende
KJPP- Behandlung
• Evaluiertes Konzept
Behandlungskriterien
Zielgruppe: Jugendliche…
• die einen ausgeprägten schädigenden Substanzmissbrauch
betreiben, der schon zu körperlichen oder seelischen
Folgeerkrankungen geführt hat. Einschließlich eines gestörten
Verhaltens oder Beeinträchtigung der Urteilsfähigkeit mit
negativen Konsequenzen in zwischen menschlichen
Beziehungen
• die manifest abhängigkeitskrank sind
• die psychisch krank sind und Suchtmittel missbrauchen
Was war schnell klar?
• Nahtloser Übergang in geeignete AnschlussMaßnahmen wichtig!
JUST (2008-2011)
• Gruppe und Altersspektrum zu groß!
clean.kids (2010)
Eröffnung clean.kids: 2010
Rahmenbedingungen
Clean.kick:
Clean.kids:
– Alter: 16 bis 19J.
– Alter: 12-15J.
– RBZ: 63 Tage
– RBZ: 84 Tage
– 12-13 Jugendliche
– 7-8 Jugendliche
– Aufnahmebereich von
Behandlungsbereich getrennt
– Ein Behandlungsbereich für
alle Phasen
– Abhängigkeitsdiagnosen
häufiger als Missbrauch
– Eher Substanzmissbrauch+
Komorbidität
– Rauchen erlaubt
(bis 10 Zig. tgl. )
– Absolutes Rauchverbot,
altersangemessenes
Regelwerk
Erfahrungen clean.kids
Jüngere Jugendliche…
-
sind seltener bereit freiwillig zu kommen (und zu bleiben), übertreten
häufig Regeln, v.a. Rauchverbot
- haben oft ein wenig verlässliches fam. Umfeld, wenig Aufsicht und
Steuerung, viel Vernachlässigung erlebt
- haben noch größere Bindungsprobleme
- kommen oft (zu) spät!
+ Profitieren von verlässlichen Beziehungen, klaren Regeln u. Grenzen,
Erfolgserlebnissen
+ Sind anhänglich, können Zuwendung und Fürsorge gut annehmen
+ haben weniger Entzugssymptomatik
Leitgedanken
clean.kick
clean.kids
•
Motivation ist nicht Voraussetzung
sondern Ziel der Behandlung
Motivation schwerer zu erreichen
•
Jeder drogenfreie Tag zählt (Einstieg
in den Ausstieg)
Jeder Tag zählt!
(meist kein tägl. Konsum)
•
Transparenz und Partizipation
unterstützen den päd.-therap.
Prozess
Dto., Partizipation d.
Sorgeberechtigen /BZP
•
Befähigung zu größtmöglicher
Selbstverantwortung
•
Häufig zu viel Verantwortung, Ziel:
Stärkung d. Verantwortung im
Umfeld
Behandlungsabbruch ist kein
Beziehungsabbruch
(Intervallbehandlung)
Behandlungsabbruch ist häufiger
auch ein Beziehungsabbruch!
Intervallbehandlung
Clean.kids brechen häufig in der ersten
Woche ab, werden gelegentl. vorzeitig
entlassen (clean.kick: eher diszipl. Entl.)
Einige kommen zeitnah wieder, einige erst,
wenn geschlossene Unterbringung (clean.kick:
Haft) droht
Einige bleiben auf der Strecke!
(clean.kick: Die meisten kommen wieder)
Evaluation
Lebenssituation
Clean.kick (BADO):
• 60% der Jugendlichen hatten mind. ein
Elternteil mit einer Sucht- oder anderen
psychischen Erkrankung
• Ca. 25% lebten bei beiden Elternteilen, 24% in
stationärer Jugendhilfe
Konsummuster clean.kick
Verteilung Hauptdiagnosen clean.kick 2002 - 2011
80%
70%
60%
F10
50%
F11.2
F12
40%
F13
30%
F18
F19
20%
10%
0%
2002
2003
2004
2005
2006
2007
• Nur F10, F12 und F19 bedeutsam
• Abnahme F12 und Anstieg F10 seit 2005
2008
2009
2010
2011
Konsummuster clean.kids
Verteilung der Hauptdiagnosen clean.kids
16
14
12
10
2011
8
2010
6
4
2
0
F10.1
F10.2
F12.1
F12.2
F15.1
F18.2
F19.1
F19.2
Verteilung komorbider Störungen
clean.kick 2009 bis 2011
F2
7%
27%
F3
8%
F4
7%
F5
2%
2%
1%
2%
21%
F6
F7
F8
F90
23%
F91
F92
Verteilung komorbider Störungen
clean.kids 2010 und 2011
0% 1%
1% 2%
5%
0%
3%
F2
F3
F4
F5
F6
32%
53%
F7
F8
F90
F91
9%
F92
Verweildauer
Therapeutische Implikationen
clean.kick u. clean.kids
Bezugspersonenarbeit
• Verlässliche Beziehungen als neue Erfahrung („sichere Basis“)
• Intervallbehandlung: kurze (oder keine!) Unterbrechungen,
Trennungserfahrungen führen häufig zu Rückfällen und
Beziehungsabbruch
• Feinfühliges Verhalten, externe Regulationshilfe
• Aggression/neg. Affekte als Folge von angsterfüllten
Erlebnissen in der Kindheit sehen ohne Gewalt zu
bagatellisieren (Regulationshilfe!)
• Herantasten an Beziehung (mehrere Ansprechpartner)
Tragfähigkeit wird immer wieder auf die Probe gestellt
• Hohe Anforderungen an Bezugspersonen!
Familientherapie
• Erzieherischen Einfluss u. SWE der Eltern(teile)
stärken
• Autonomie und Ablösung
• Berücksichtigung von Sucht und psychischer
Erkrankung der Eltern und Auswirkungen auf die
Bindungssicherheit
• Verantwortung angemessen verteilen
• Enttabuisierung abwesender Familienmitglieder
• Akzeptierende Haltung gegenüber allen
Mastery-Erfahrungen
• Erfahrungen gelungener Bewältigung sind (neben
pos. Bindungen) wichtige Faktoren f. d. Entwicklung
von Resilienz
• Erfahrungen, die unmittelbare Erfolgserlebnisse
ermöglichen, zeigen kurz- und langfristig positive
Wirkung: z.B. Erlebnistherapie, (Schag 2009);
konkrete Ziele u. Rückmeldung wichtig
• Unterstützung realistischer schulischer und
beruflicher Ziele, sinnvoller Freizeitgestaltung
Verbesserung d. Selbstwirksamkeitserwartung
„In dieser Woche habe ich beim Klettern
wieder mal erreicht, dass Mädchen
genauso gut sind wie Jungs und dass ich
es schaffen kann und das bezieh ich
auch auf andere Sachen…“
(Tara, 15J. , Wochenbericht)
Traumasensibilität
• Gewaltfreiheit, sicheres Umfeld,
Berechenbarkeit, Regulierung d. Kontakte
• Berücksichtigung der oft komplexen (frühen)
Traumatisierungen
• Traumata der Eltern und ihre Auswirkungen
z.B. auf die Bindungsentwicklung?
• Psychoedukation, Symptome verstehbar
machen, Funktion d. Suchtmittel
Was hilft (außer Reden)?
Was hilft außer Reden?
• Ergotherapie
• SKT
• Erlebnistherapie
(z.B. HSG, Klettern,
Bogen schießen)
• Sportliche Aktivierung
• Schule individuell
• Reittherapie
• Entspannung,
Akupunktur
• Klarer Rahmen mit
zunehmenden
Privilegien/Freiheiten
• Ausgang, Heimfahrten
zur Realitätsüberprüfung
Vernetzung
Vernetzung
• Familie: Familiengespräche, Familienseminare
Ziel: Unterstützung von Ablösung od. Verantwortungsübernahme
• Jugendhilfe, Suchthilfe
Initiierung v. geeigneten Anschlussmaßnahmen
• Schule:
pos. Schulerfahrungen i.d. Klinikschule, (Re)integration in
Heimatschule
• Niedergel. KJPP/PIA:
Weiterbehandlung d. comorbiden Störungen
• Polizei:
rm Kooperationsgespräche; Projekt HaLT
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
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