NPM und Public Governance Seminarunterlage - KDZ

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NPM und Public Governance
Seminarunterlage
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Wien, März 2006
NPM und Public Governance
Verfasst von
Helfried Bauer
Inhaltsverzeichnis
02.03.06
Inhaltsverzeichnis
New Public Management und Public Governance ..............................................................................4
Modernisierungskonzepte der öffentlichen Verwaltungen im 21. Jahrhundert .................4
1
Einleitung............................................................................................................................4
2
Vom bürokratischen Verwalten zum qualitätsbewussten öffentlichen Management ..........4
3
New Public Management – eine internationale Strategie zur Reorganisation des Staates 9
4
Public Governance zur „politischen“ Steuerung ...............................................................16
5 Stärken und Schwächen der Maßnahmen im Bereich von Public Governance aus der
Sicht der befragten Bundesstellen ....................................................................................29
6
Resumé – Zur Umsetzung von Public Governance (10 Thesen) .....................................31
7
Fragen zur Diskussion......................................................................................................35
Verwendete Literatur................................................................................................................36
3
New Public Management und Public Governance
02.03.06
New Public Management und Public Governance
Modernisierungskonzepte der öffentlichen Verwaltungen im 21. Jahrhundert
1
Einleitung
Seit dem Ende des Kalten Kriegs haben sich in Europa und weltweit umfassende Veränderungen
in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ergeben. Hierzu trugen auch technologische, demografische sowie ökologische Faktoren bei. Wenngleich wir heute die Auswirkungen dieses tief reichenden Wandels auf den öffentlichen Sektor – auf die demokratischen Institutionen, auf die
öffentlichen Aufgaben ebenso wie auf deren Finanzierung – nicht voll abschätzen können, wissen
wir, dass die traditionell-bürokratischen öffentlichen Verwaltungen und die politischen Entscheidungsprozesse in vielen der hoch entwickelten Staaten durch die beiden grundlegenden Konzepte des:
• New Public Management sowie des
• Public Governance
nachhaltig transformiert werden bzw. worden sind.
Welche Grundgedanken diesen Konzepten zugrunde liegen, welche hauptsächlichen Elemente
diese Transformation bisher getragen haben und welche Perspektiven sich für die nächste Zeit
abzeichnen, soll in diesem Beitrag geklärt werden. Dabei gehen wir davon aus, dass die einzelnen Teilbereiche des Staates, also Zentralstaat, Provinz- und Regionalregierungen, die lokalen
Gebietskörperschaften ebenso wie die öffentlichen Unternehmungen und andere Organisationen,
die überwiegend im öffentlichen Auftrag arbeiten1, von dieser Transformation betroffen sind2.
2
Vom bürokratischen Verwalten zum qualitätsbewussten öffentlichen Management
Verwaltungsreformen im öffentlichen Bereich gehören zur täglichen Führungsarbeit und finden
auf allen staatlichen Ebenen – wenngleich oft nur in kleinen Schritten – statt. Die Übernahme der
Grundideen des Managements für das Erfüllen öffentlicher Aufgaben sowie der beiden ökonomischen Erfolgsfaktoren Effizienz und Effektivität, wie es dem New Public Management entspricht,
bildet jedoch einen grundlegenden Wandel im Selbstverständnis des öffentlichen Sektors. Damit
haben sich die öffentlichen Verwaltungen nachhaltig für wirtschaftliche Denkweisen geöffnet und
ein konsequentes Abgehen vom bürokratischen Verwalten eingeleitet. Dies war auch dringend
notwendig geworden, denn der moderne Wohlfahrtsstaat konnte die vielfältigen Service- und
Infrastrukturaufgaben mit den Methoden des Hoheitsstaates nicht mehr in befriedigender Weise
erledigen. Daneben zählen auch der gesellschaftliche Wertewandel, wie z.B. zunehmende und
divergierende individuelle Leistungserwartungen des Einzelnen an den Staat, sowie die globale
1
In Österreich und in anderen Industriestaaten sind dies beispielsweise Gemeindeverbände zur Erledigung von Aufgaben der
öffentlichen Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung, weiters Vereine und Stiftungen, die etwa öffentliche
Bildungs- und Kulturaufgaben wahrnehmen.
2
Allerdings zeigt sich etwa durch verschiedene Studien, aber auch im Rahmen der Speyerer Qualitätswettbewerbe der öffentlichen Verwaltungen in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz, dass die Städte, Kantone und Bundesländer sowie
die städtischen/regionalen Ver- und Entsorgungsbetriebe wesentlich rascher die Etappen der NPM-Transformation in Angriff
nehmen als die großen Ministerialbürokratien der Zentralstaaten; siehe hierzu u.a. Wollmann (2001), S. 25 ff. für Deutschland und weiters für Österreich die Beiträge im Teil 2 des von H. Bauer et al. herausgegebenen Bandes „Öffentliches Management in Österreich“ 2003, S. 83-203.
4
New Public Management und Public Governance
02.03.06
wirtschaftliche Krise vieler Industrieländer während der achtziger Jahre zu den Auslösern dieser
großen und einmaligen Modernisierung.
2.1
Scientific Management – Fayol’sche Verwaltungslehre – Bürokratiemodell: einige
Grundlagen
Arbeitsteilung, hierarchische Kontrollen und bürokratische Abläufe prägten zu Beginn des 20.
Jahrhunderts sowohl die öffentlichen Verwaltungen als auch die private Wirtschaft. Frederic
Taylor und Henri Fayol zählen zu den Vordenkern der Verwaltungs- und Managementlehre.
Taylor formulierte im Jahr 1911 ”The Principles of Scientific Management”, die vom rationellen
Einsatz von Menschen und Maschinen im Produktionsprozess geprägt sind. Einzelne Prinzipien
lauten folgendermaßen3:
• Trennen der Planung von der Ausführung,
• Einsetzen wissenschaftlicher Arbeitsmethoden, so z.B. systematische Zeitstudien als
Voraussetzung für die Differenzierung der Akkordsätze,
• Einrichten funktionaler Organisation,
• Organisieren von umfassenden Kontrollen durch das Management.
Fayol (französischer Bergbauingenieur) stellte bereits im Jahr 1916 ähnliche und in allen
Organisationen nachweisbare Funktionen fest, und zwar vor allem in den Bereichen der
Produktion, des Verkaufs, der Finanzierung, der Buchhaltung sowie bezüglich der allgemeinen
Verwaltung (opérations administratives). Die Funktionen der allgemeinen Verwaltung
differenzierte er in:
a) Vorschau,
b) Organisation,
c) Leitung,
d) Koordination und
f) Kontrolle.4
Während sich in maßgeblichen angelsächsischen Staaten im Verlauf der ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts die „Business Administration“ durch sozialpsychologische und soziologische Ansätze in Richtung eines mitarbeiterorientierten Managements entwickelte, ist in weiten Teilen Kontinentaleuropas das den Rechtsstaat betonende, unparteiische, zentralistische Bürokratiemodell
mit den Vorgaben des Beamtenrechts für die staatlichen (hoheitlichen) Aufgaben perfektioniert
worden. Es hat große Verdienste, weil es „maßgeblich zur Etablierung liberaler und demokratischer Verfassungsordnungen beigetragen hat“ (Schedler/Proeller 2003, S. 16). Auch die öffentliche Wirtschaft und viele erwerbswirtschaftliche Betriebe, wie etwa Banken, Versicherungen,
Verkehrsbetriebe, Unternehmungen der Energieversorgung wiesen und weisen mehrere Merkmale des bürokratischen Modells auf.
Heute wird Bürokratie jedoch meist negativ bewertet, was mit den Unzulänglichkeiten des Modells unter den gegebenen Bedingungen zu tun hat. Dazu zählen wenig oder fehlende Bezüge
zur Außenwelt (Starrheit, bewusst angestrebte Stabilität), bürokratische Verhaltensweisen von
öffentlichen Bediensteten (teils hervorgerufen durch starre Regeln und Richtlinien), Vorrang der
Regelgebundenheit gegenüber flexibleren und wirtschaftlichen Vorgangsweisen.
3
Nach Staehle 1994, S. 23
4
Nach Staehle 1994, S. 26
5
New Public Management und Public Governance
02.03.06
Kasten 1: Hauptelemente des bürokratischen Modells
Das ”bürokratische Modell” – es wird gedanklich Max Weber zugeschrieben – lässt sich u.a.
durch folgende Aspekte charakterisieren:
•
Eine zentralistische Organisation wird geschaffen; ab einer gewissen Mindestgröße der
Organisation erfolgt eine entsprechende Differenzierung und Spezialisierung der Funktionen
und eine geregelte Arbeitsteilung;
•
genau definierte Kompetenzen und Verfahrensweisen regeln die Art und Weise der Aufgabenerfüllung;
•
zugleich werden Rechte und Pflichten der Organisationsmitglieder durch Regeln und Richtlinien präzise festgelegt;
•
es gilt das Rationalitätsprinzip, d.h. rational sind alle Handlungsweisen der Organisationsmitglieder, die durch unpersönliche (es gilt eine strenge Trennung von Amt und Person),
zielgerichtete Sachlichkeit und Genauigkeit ausgezeichnet sind und kontinuierlich die explizit
formulierten Amtspflichten erfüllen;
•
im Verkehr der Organisationsmitglieder untereinander wird besonders die schriftliche Kommunikation betont (Akten).
(Nach Stichwort ”Bürokratie”, HWB der Betriebswirtschaft hrsg. von E. Grochla, W. Wittmann;
Poeschl Verlag Stuttgart 1974)
2.2
Weitere Entwicklung der Managementkonzeption
In den Jahren 1930 bis 1960 entwickelte sich – angetrieben von der Konkurrenz, von neuen
wissenschaftlichen Erkenntnissen (z.B. Behaviourismus, Automation) und von militärischen
Konzepten und Erfahrungen – ein vom bürokratischen Modell verschiedenes Verständnis von
Organisation und Management: Verhaltenswissenschaftliche Ansätze (Führungsverhalten,
Human Resources, Arbeitszufriedenheit und Motivation) und formalwissenschaftliche Ansätze
(Operations research, Kybernetik, systemorientiertes Management) sind zu nennen. Sie wurden
hauptsächlich von großen Industriefirmen und Wissenschaftern in den USA entwickelt.
Weitere Etappen der Entwicklung der Management-Lehre betreffen die „situationstheoretischen
Ansätze“, die offene Systeme mit den Zwängen der wechselnden Konkurrenzverhältnisse sowie
anderen Bezügen zur Umwelt zum Gegenstand hatten, sowie die Theorien des evolutionären
Managements. Drucker, Peters und Waterman und weitere Forscher und Unternehmensberater
formulierten in den siebziger und achtziger Jahren die „Schule des empirischen Management“,
die noch heute von großer Aktualität ist. Dazu gehören das „7-S-Modell“5 und die „basic
operations“ des Managements von Drucker, die nachfolgend kurz angeführt werden.
5
Siehe dazu: Peters; Waterman: (1982).
6
New Public Management und Public Governance
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Abbildung 1: Komponenten des „7-S-Modell“ (vgl. Crainer 1998, S. 120 f)
1 Strategy
plan or course of action leading to the allocation of a firm’s scarce
resources ... to reach identified goals
2 Structure
Features of the organization chart and how the separate entities of an
organization are tied together
3 Systems
Procedualised reports and routinised processes
4 Staff
Important personnel categories within the firm ….
5 Style
How key managers behave in achieving the organization’s goals; the
cultural style of the organization
6 Shared values
The significant meanings or guiding concepts that an organization
imbues in its members
7 Skills
Distinctive capabilities of key personnel and the firm as a whole
Abbildung 2: Basic operations nach Drucker (vgl. Crainer 1998, S. 16)
1 Ziele setzen
2 Organisieren (den Wandel meistern)
3 Motivieren und Kommunizieren
4 Messen und Sichtbarmachen
5 Personal formen und entwickeln (inkl. der Manager)
2.3
Was bieten die Konzepte des Qualitätsmanagement?
Um diesen Streifzug durch die Konzepte, Strategien und Instrumente des Managements, die im
20. Jahrhundert entwickelt worden sind, abzuschließen, soll kurz auf das Streben nach Qualität
und auf Qualitätsmanagement eingegangen werden. Qualität ist in der modernen
Industriegesellschaft und in der Marktwirtschaft ein oft gebrauchtes Schlagwort mit einer nicht
klar umrissenen Definition. Es wird in verschiedenen Zusammenhängen verwendet (ursprünglich
in der Industrie), wobei die intendierte Bedeutung weit variiert. Feststellen lässt sich jedoch, dass
Qualität
• eine Menge von Eigenschaften repräsentiert, die einem Produkt oder Verfahren immanent
oder beigegeben ist;
• einer der Maßstäbe ist, an Hand dessen die Konsumenten ihre Kaufentscheidungen treffen;
• ein Faktor ist, der in intensiver Wechselwirkung mit der Wettbewerbssituation und
Leistungsfähigkeit eines Anbieters steht;
7
New Public Management und Public Governance
02.03.06
• im Verlauf der letzten Jahrzehnte konzeptionell mehrere Phasen (siehe Abbildung 3)
durchlaufen hat - Qualität im Sinn einer bloßen Konformität mit technischen Spezifikationen
und sonstigen formalen Vorgaben, Qualität im Sinn der Anforderungen und des vorgesehenen
Verwendungszwecks ("fitness for use"), Qualität im Sinn viel weitergehender Erfüllung von
Kunden- und Nutzeranforderungen, wobei auch subjektive Nutzenkalküle eine Rolle spielen.
Abbildung 3: Zur Entwicklung der Ideen von Qualitätsmanagement
Quelle: Sachse (2002), S. 6
Das Übertragen der Konzepte des Qualitätsmanagements auf die öffentlichen Verwaltungen ist
nicht einfach, werden doch im öffentlichen Bereich behördliche Leistungen und auch vielfältige
Dienstleistungen erbracht. In der Güterproduktion wird in allen Phasen der Produktion getrachtet,
die Qualitätserfordernisse zu erfüllen, die Strategie der „Null-Fehler“ wird angewendet. Im Bereich
der Dienstleistungen und teilweise im Bereich der hoheitlichen Erledigungen sind dagegen die
Erzeugung und der Verbrauch (Nutzung) untrennbar miteinander verbunden und somit insgesamt
nicht im Voraus zu steuern. Weiters sind Qualitätseinschätzungen nicht hinsichtlich aller Aspekte
objektiv messbar. Je höher der Anteil der menschlichen Arbeit an der Dienstleistung ist, desto
vielfältiger fallen die erbrachten Leistungen aus, wobei auch zwischen dem Prozess der
Leistungserbringung und dem erzielten Ergebnis oft unterschieden werden muss. Die Qualität
einer Betreuungsleistung in der Altenpflege beispielsweise wird nicht nur bezüglich der
Zweckmäßigkeit, der Dauer, der Verlässlichkeit ihrer Erbringung, sondern auch bezüglich des
gezeigten Respekts zwischen den Beteiligten, der aufgebrachten Geduld, des Vorhandenseins
von Sympathie u.a.m. zu beurteilen sein.
8
New Public Management und Public Governance
02.03.06
Kasten 1: Kriterien zur Beurteilung der Qualität von Dienstleistungen
Die folgenden Kriterien können für die Qualitätsbeurteilung durch die Kuden/Leistungsempfänger
einer Dienstleistung herangezogen werden:
Tangibles
Credibility
Reliability
Security
Responsiveness
Access
Competence
Communication
Courtesy
Understanding the consumer
Quelle: Zeithaml et al. nach Bovaird/Löffler (2003), S. 139
Die Dimensionen des Qualitätsmanagement im Bereich öffentlicher Aufgaben sind teilweise noch
komplizierter, da neben dem individuellen Nutzen auch der Nutzen für die Allgemeinheit oder
widersprüchliche Erwartungen einzelner Bürger- und Kundengruppen, weiters die verfügbaren
Ressourcen und politische Prioritäten ins Kalkül zu ziehen sind. Oppen (1995, S. 41 ff.) und
Schedler/Proeller (2003, S. 69 f.) unterscheiden deshalb folgende „öffentliche“ Qualitätsaspekte:
• Produktbezogene Qualität (Erfüllen von Standards, von bestimmten Eigenschaften der
Leistung und von Zusatzleistungen);
• Kundenbezogene Qualität (Nutzen der Leistungsempfänger);
• Prozessbezogene Qualität (Sicherheit der Prozesse, Schnelligkeit, Effizienz; Rechtmäßigkeit
der Leistungserstellung);
• Wertbezogene Qualität (akzeptables oder gewünschtes Preis-Leistungsverhältnis; KostenWirkungs-Verhältnis);
• Politische Qualität (Politik beurteilt die Qualität nach dem sachlichen Nutzen für die
Gesellschaft; sozialer Nutzen; Angemessenheit der staatlichen Intervention).
3
New Public Management – eine internationale Strategie zur
Reorganisation des Staates
Seit dem Ende der Achtziger und dem Beginn der Neunziger Jahre ist die neue Reform- und
Reorganisationsstrategie für den Staat und die öffentlichen Verwaltungen, das New Public
Management (NPM) sukzessive eingeführt worden. Wenngleich in einzelnen Erdteilen und
Staaten (Japan und Teile Südostasiens; Nordamerika, Nord- und Westeuropa) unterschiedliche
Schwerpunkte verfolgt werden, basieren diese internationale Reformstrategie doch auf einer
einheitlichen Logik, eben jener des modernen Management und des unternehmerischen
Denkens. Das einflussreiche Buch von Osborne und Gaebler “Reinventing Government – How
the Entrepreneurial Spirit is transforming the Public Sector“ lieferte bereits im Jahr 1992 in den
USA und den Reformstaaten der ersten Stunde eine Zusammenstellung der konzeptionellen
Ansätze und der ersten praktischen Erfahrungen.
9
New Public Management und Public Governance
3.1
02.03.06
Definition und Annahmen des NPM
Unter NPM versteht man eine – besonders aus der Praxis heraus entwickelte – stärker
ökonomisch (vor allem betriebswirtschaftlich) definierte Rolle von Staat und öffentlicher
Verwaltung und damit verbunden eine neue, an Kategorien des Managements ausgerichtete
Steuerung der öffentlichen Aufgabenerfüllung.
Wie definieren Wissenschafter NPM?
NPM strebt insgesamt eine “Stimulierung neuer Wirkungsmechanismen im öffentlichen Sektor,
mit dem Ziel der Verbesserung der Qualität, der Effizienz und der Effektivität der
Dienstleistungsproduktion“ an (Naschold/Bogumil 1998, S. 79).
Nach Schedler/Proeller (2003, S. 5) ist „NPM der Oberbegriff der weltweit relativ einheitlichen
‚Gesamtbewegung’ der Verwaltungsreformen, die auf einer institutionellen Sichtweise basieren.
Charakteristisch für NPM-Reformen ist der Wechsel der Steuerung von der Input- zur
Outputorientierung.“
Die Grundannahmen des New Public Management haben Schedler/Proeller (2003, S. 41 ff)
anschaulich zusammengestellt. Es sind dies:
• ein optimistisches Menschenbild (wonach beispielsweise der Mensch leistungsbereit und
durch Erfolge motiviert wird; wenn er einbezogen wird, lässt er sich auch auf Reformen ein);
• die Anerkennung der Notwendigkeit von Staat und öffentlicher Verwaltung;
• jedoch weisen die öffentlichen Verwaltungen nicht ausreichende Bemühungen um Effizienz
und Effektivität auf, im Bereich der Rechtsstaatlichkeit gibt es dagegen wenige Mängel;
• die Ansicht, dass rationales Management möglich ist (die Verwaltung ist ein komplexes,
soziales Gebilde, das wie andere Organisationen funktioniert);
• die Erkenntnis dass Wettbewerb zu mehr Effizienz und Effektivität als Planung und Steuerung
führt;
• die Überzeugung, dass Politik und Verwaltung „lernfähig“ sind (Politik und Verwaltung sind
Systeme, die lernen können).
Das Konzept des NPM wurde und wird je nach der vorherrschenden Staatskonzeption, also der
grundsätzlichen politischen Einstellung zur öffentlichen Intervention akzentuiert6. So gilt etwa für
die USA, Neuseeland, teils auch für Großbritannien, wo neo-liberale Modernisierungspolitiken in
markanter Weise verfolgt worden sind und noch werden, eine besonders marktnahe Ausrichtung
des NPM. Dabei setzt man auf Deregulierung und Entstaatlichung bzw. Privatisierung öffentlicher
Aufgaben ebenso wie auf Benchmarking (Vergleichen und Lernen von den Besten). In den
skandinavischen Ländern wiederum stehen andere Reformansätze im Zentrum des NPM; sie
werden von Verwaltungsforschern als „Regime der Ergebnissteuerung, das mit Wettbewerbs-,
Wahlfreiheitsinstrumenten sowie selektiven Dezentralisierungs- und Privatisierungsvorhaben
ausgebaut wird“ (Naschold/Riegler 1997, S. 16), bezeichnet.
6
Heute können vereinfachend drei Staatskonzeptionen unterschieden werden; die in (West-)Europa in den vergangenen
Jahrzehnten einander gegenüberstehenden Ideen des Sozial- (Wohlfahrts-)staates und die marktbetonte neo-liberale
Staatsidee, die auch in hohem Maße von der Europäischen Union verfochten wird; schließlich formiert sich gegenwärtig
eine Konzeption vom „Gewährleistungsstaat“, mit dem eine Synthese der beiden genannten Staatskonzeptionen angepeilt
wird: aus den Modellen des Wohlfahrtsstaates und des neo-liberalen Mini-Staates wird ein „schlanker“, wohlfahrtssichernder
Staat entwickelt, der sozialstaatliche Verantwortung nicht über Bord wirft, jedoch die gesellschaftlichen Gruppen an der
Gestaltung der öffentlichen Aufgaben beteiligt und die Bürgerinnen und Bürger zur Partizipation einlädt.
10
New Public Management und Public Governance
02.03.06
So unterschiedlich die Auffassungen vom Staat, von den Strategien und den einzusetzenden
Instrumenten auch sein mögen, zwei Umstände sind konstitutiv für NPM:
1. Man hat erkannt, dass eindimensionale Ansätze der Reform und Reorganisation nicht
ausreichen, sondern nur eine ganzheitliche und umfassende Strategie, die wegen der
wechselseitigen Abhängigkeiten bei den verschiedenen Führungsfunktionen möglichst
gleichzeitig ansetzen muss; so etwa bei einer neuen Aufgabenteilung zwischen Politik und
Verwaltung, bei umfassender Kundenorientierung, bei Personalentwicklung, bei der
Delegation bzw. beim Schaffen von Verantwortungszentren.
2. Weiters ist klar geworden, dass eine Balance zwischen den gesellschaftlichen Kräften und
den Ideologien ebenso gefunden werden muss wie zwischen „Staatsbürokraten“ und
„Wettbewerbsfetischisten“. Diese Erkenntnisse haben Ökonomen und Sozialforscher wie
Henry Mintzberg und Joseph E. Stiglitz in den USA oder Egon Matzner in Österreich7
formuliert. So betont Stiglitz (2001, S. 219 f.) die Notwendigkeit einer „balanced view of the
role of government, one which recognizes both the limitations and failures of markets and
government, but which sees the two as working together, in partnership, with the precise nature of the partnership differing among countries, depending on their stages of both political
and economic development”.
Im folgenden Überblick (Abbildung 4) werden zunächst die wichtigsten Strategien und
Gestaltungsansätze des NPM, die auch für mitteleuropäische Staaten wie Österreich und
Deutschland heute bedeutsam sind, angeführt.
Abbildung 4: Zentrale Strategien und Instrumente des NPM (nach Naschold/Bogumil 1998, S. 83
sowie Rechnungshof 2002, S. 14 f)
7
Strategie
Gestaltungsansatz (Instrument) im NPM
“Politische“
Steuerung
Strategisches Management auf der Ebene der politischen und administrativen
Führung; die zentralen öffentlichen Aufgaben und ihre Finanzierung werden
jeweils festgelegt (Kontrakte); Trennen von politisch-administrativer Führung und
Ausführung der Aufgaben
Schlanke, flexiblere
organisatorische
Strukturen
Dezentralisierungs-, Entflechtungs- und/oder Verselbständigungsstrategien
(Ausgliedern von Funktionen aus der öffentlichen Verwaltung und Einrichten von
rechtlich selbstständigen, jedoch voll im Eigentum der Gebietskörperschaften
stehende Gesellschaften);
Zusammenführen von Fach- und Ressourcenverantwortung auf der Ebene der
ausführenden Organisationseinheiten (Schaffen von Ergebnis-,
Verantwortungscenters) und damit auch Reduzieren des „mittleren Managements“;
Querschnittseinheiten bieten Service für die strategische Arbeit und für die
operativen Einheiten;
Siehe hierzu etwa bezogen auf Österreich E. Matzner: „Die vergeudete Republik“ (2001)
11
New Public Management und Public Governance
Verfahren
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Ergebnisorientierung (Berücksichtigen der Anforderungen und Wünsche von
Bürgern und Kundengruppen) durch Festlegen von “Produkten“ (Output) und
erforderlichen bzw. gewünschten Wirkungen (“Outcome“); Zielvereinbarungen und
Kontraktmanagement mit den Ausführenden;
Steuern der Zielerreichung (Controlling) über Leistungsberichte, Kosten- u.
Leistungsrechnung, Wirkungsanalysen (Evaluationen);
als Motor der Veränderung werden Wettbewerb und wettbewerbsähnliche
Verfahren (z.B. Vergleiche zwischen ähnlichen Einrichtungen und Betrieben im
öffentlichen Bereich, Vergleiche zwischen öffentlicher und privatwirtschaftlichen
Leistungsangeboten) eingeführt oder forciert
Führungskräfte auf allen Ebenen erhalten vermehrte Verantwortung für
Personal- und
Organisationsentwick zielkonformes, kunden-, mitarbeiter- und innovationsorientiertes Handeln;
lung
Personalentwicklung im Sinn einer verstärkten Befähigung durch Ausbau der
Weiterbildung, Mitarbeitergespräche, Karriere- u. Verwendungsplanung;
Organisationsentwicklung durch Schaffen einer neuen Corporate Identity,
umfassende Delegationsansätze, Betonen von Team- und Projektarbeit
Außenverhältnis
3.2
Orientieren an den Umfeldbedingungen;
Ausbau der Kundenorientierung durch Marketing und Qualitätsmanagement;
Öffnen zu Wettbewerb und Forcieren verwaltungsübergreifender Vergleiche auf
Basis Leistungs- und Kostenkennzahlen
Hauptdimensionen und Handlungsfelder
Der komplexe Ansatz des NPM umfasst mehrere Dimensionen, die im Prinzip in einem modernen
und selbstkritischen Managementverständnis enthalten sind, aber auch Bedingungen des
Erfüllens öffentlicher Aufgaben gerecht werden müssen.
Zunächst handelt es sich um eine veränderte Organisationskultur im öffentlichen Sektor, die
neues Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Staates gleichzeitig aber auch die Einsicht in die
begrenzte öffentliche Steuerungsfähigkeiten der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung
entwickeln muss. Mintzberg hat dies anschaulich wie folgt ausgedrückt: „Der Staat braucht das
Engagement seiner Bürger, […] er hat Lebenskraft bitter nötig […] besonders trifft dies auf
kundenorientierte qualifizierte Dienstleistungen zu, etwa im Gesundheits- und Bildungswesen.
Die Dienste hier können nie besser sein als die Menschen, die sie leisten. Darum gilt es, diese
Spezialisten von zweierlei zu befreien: Von den direkten Kontrollen durch die Staatsbürokraten
und von den engen Zwängen des Marktwettbewerbs [...]“ (Mintzberg 1996, S. 16).
Zu der veränderten Organisationskultur gehören neue Leitbilder von Politik und Verwaltung, ein
management-bezogenes Selbstverständnis der Führungskräfte und ein geänderter Umgang mit
dem Personal, eine neue „Fehlerkultur“ (möglichst viele Rückmeldungen der Bürger und
Leistungsempfänger werden angestrebt, Fehler werden tendenziell als Ansatz zu
Verbesserungen angesehen), umfassende Kommunikation und Kooperation anstelle von
Geheimhaltung und arbeitsteilig bedingter Informationsmängel und Isolierung der öffentlichen
Bediensteten.
Eine weitere Dimension betrifft die „Steuerungsphilosophie“, die weg von direkten
Anordnungen und Eingriffen von „oben“ in das Handeln der ausführenden Mitarbeiter zu einer
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New Public Management und Public Governance
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indirekten Steuerung über Ziele und Leistungsvereinbarungen („Steuerung auf Abstand“) führt,
die Selbststeuerung und umfassendem Qualitätsstreben besondere Bedeutung beimisst. Als
logische Konsequenz gewinnen Controlling auf Basis von Leistungsberichten der ausführenden
Stellen an die „politischen“ Auftraggeber, durch periodisches Aufstellen und Analysieren von
Kennzahlen zur Zielerreichung und Entwickeln von Maßnahmen zur Sicherung der Zielerreichung
sowie – am Ende des Managementzyklus – Soll-Ist-Vergleiche großes Gewicht.
Weitere Dimensionen sind das Anwenden neuer Organisationsprinzipien, wie z.B. Öffnen nach
Außen, Teamarbeit, Arbeiten in Projekten, Matrixmanagement, Delegation von
Ergebnisverantwortung und der hiefür notwendigen Handlungskompetenzen möglichst auf die
Ebene der ausführenden Mitarbeiter, Ausbau von Budgetierung und der Rechnungslegung und –
last but not least - das Heranziehen einer großen Vielfalt von Managementinstrumenten. Zu
solchen Instrumenten zählen etwa Qualitätsmanagement und Bewertungen der erreichten
Qualität, Stärken- und Schwächenanalysen, Leistungsmessung und Feststellen der
Zielerreichung, die Mitarbeitermotivation, die Kosten- und Leistungsrechnung, u.a.m.
Die zentralen Handlungsfelder des NPM sind – worauf schon oben hingewiesen worden ist – die
starke Ausrichtung an den Bürgern und Kunden (bezüglich der Steuerung der Outputs), teilweise
auch der Outcomes, das sind positive gesamtgesellschaftliche Wirkungen, die schlanken und
dezentralen Organisationsstrukturen (insbesondere durch das Verknüpfen von fachlicher
Verantwortung und von Verantwortung für den wirtschaftlichen Einsatz auf der Ebene der
handelnden Organisationseinheiten) sowie die Institutionalisierung von Wettbewerb,
Leistungsvergleichen sowie anderen Marktmechanismen. Sie werden in der nachstehenden
Abbildung 5 zusammengefasst dargestellt.
Abbildung 5: NPM - Strategie
S teue run g s ph ilo so phie
M an a gem entin s tru m ente
E rg e bn is o rie ntieru ng
K on tra kte
D e ze ntrale
R es so urce n
V eran tw ortun g
W ettb ew erb
B ü rg er- /
K un den o rie ntieru n g
n eue O rgan isa tionsp rin zipie n
„K ultur“-V erän de ru ng
4
Die konzeptionelle Vielfalt des NPM ergibt sich aus unterschiedlichen Ausgangspunkten in den
einzelnen Staaten, verschiedenen politischen Ansätzen und aus einer gewissen
wissenschaftlichen sowie wirtschaftlichen “Konkurrenz“ um die jeweils prägenden Begriffe. Unter
NPM zu subsumieren wären etwa die (Teil-)Konzepte:
• des „Schlanken Staates“ („lean government“),
• des “Neuen Steuerungsmodells“ (NSM, das bei den meisten deutschen Städten und
Kreisverwaltungen verbreitet ist),
13
New Public Management und Public Governance
02.03.06
• der „wirkungsorientierten Verwaltungsführung“ (WOV), das in der Schweiz längst in großem
Stil umgesetzt, teils auch in Österreich angepeilt wird,
• des etwa in der Europäischen Union für die öffentlichen Verwaltungen forcierten
Qualitätsmanagements (QM, auch TQM – Total Quality Management),
• der Wettbewerbsorientierung sowie
• der neuen öffentlichen Budgetierung (z.B. über Globalbudgets) und Rechenschaftslegung für
die verschiedenen Anspruchgruppen.
Kasten 2: Ein Beispiel für das im NPM erweiterte Steuerungsverständnis bietet die
folgende Darstellung
„Input“
Steuerung
Ressourcenbereitstellung
legislative
Steuerung
Ergebnissteuerung
§
Organisat.
strukturen
materielle
und immat.
Anreize
Kultur
Leitbild
Bisher bildeten die Steuerung über Gesetze und Richtlinien sowie die Steuerung über die
öffentlichen Budgets den Kern der Verhaltenslenkung im bürokratischen Modell. Bei der
legislativen Steuerung handelt es sich um die Vorgabe von Handlungsgrundlagen mit geringem
Ermessensspielraum, die in der Regel in der Form von allgemeinen Verfahrensnormen sowie von
fachgesetzlichen Normen zu befolgen sind. Mit verschiedenen anderen Instrumenten wird das
Sichern der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns angestrebt. Über die öffentlichen Budgets
wiederum wird auf den Entstehungsprozess von Verwaltungsleistungen durch die Bereitstellung
von Ressourcen – in der Regel Geld, Personal und Technik – Einfluss genommen; es erfolgt
insgesamt eine “Input“-Steuerung, die häufig ohne expliziten Bezug auf die erforderlichen
und/gewünschten Leistungen stattfindet.
Das NPM fügt nun weitere Steuerungsformen hinzu, v.a. die Ergebnissteuerung (was erreicht
werden soll, wird festgelegt – Ziele), weiters eine vermehrte Delegation von Befugnissen
(Kompetenzen) bei gleichzeitiger Ergebnisverantwortung (Steuerung über neue organisatorische
Strukturen) sowie Anreize zu einem effizienten und kundenorientierten Verhalten.
14
New Public Management und Public Governance
3.3
02.03.06
Stärken und Schwächen des NPM
Nach mehreren Jahren der Umsetzung der NPM – Modernisierung und einer Vielzahl von
internationalen Evaluationen zeigen sich im Urteil der Wissenschaft8, teils auch im Urteil von
Repräsentanten der politischen Praxis einige übereinstimmende Einschätzungen.
Grundsätzlich zeigen die Evaluationen, dass der internationale Wettbewerb sich in den zuletzt
vergangenen Jahren auch auf die Staats- und Verwaltungskonzepte ausgeweitet hat. „Auch das
europäische Sozialstaatsmodell kann sich diesem Leistungswettbewerb hinsichtlich Qualität,
Kosten...und Akzeptanz nicht entziehen“ (Naschold 1999, S. 31), dementsprechend hat NPM in
vielen europäischen Staaten Einzug gehalten.
Zu den Stärken der Reformen können gezählt werden:
• Wirkungsvolle Bekämpfung der Mängel bürokratischer Verwaltungsorganisation und der
Produktion von Dienstleistungen, auf den unteren staatlichen Ebenen vor allem. In Österreichs
Städten9 wurden viele Aspekte der Bürger- und Kundenorientierung realisiert, ebenso die
bessere Steuerung der Outputs (Qualitätsgewinne). Für die deutschen
Kommunalverwaltungen bringt der Befund von Wollmann (2001, S. 44) die strategischen
Stärken („Verdienste“) des NPM (und des deutschen Neuen Steuerungsmodells – NSM) auf
den Punkt: „Die Prinzipien des Managerialismus und der Kostentransparenz haben kaum
umkehrbar prägenden Einfluss auf die deutsche Verwaltungswelt gewonnen und damit die
traditionelle Dominanz des Typus einer primär rechtsregelgesteuerten, hierarchisch
vollziehenden und gewissermaßen kostenblinden Verwaltung korrigiert und überwunden.
Allein darin wäre eine tief greifende Metamorphose des überkommenen deutschen
Verwaltungssystems und das verwaltungshistorische Verdienst des Neuen
Steuerungsmodells als maßgeblicher Auslöser und Treibsatz dieser Entwicklung zu
erkennen.“
• Verstärken der konkreten betriebswirtschaftlichen Denk- und Sichtweisen; man spricht häufig
von einer gelungenen „Binnenmodernisierung“ vor allem in marktnahen und bürgernahen
Leistungsbereichen von Stadt- und Regionalverwaltungen. Besonders die „Bürgernähe“ (z.B.
erleichterter Zugang der Bürger zu den Leistungen des Staates), eine erhöhte Flexibilität bei
der Leistungserbringung („kundenfreundliche Ermessensauslegung“ (siehe Schedler/Proeller
2003, S. 263) und weit reichende Bemühungen um die Bestimmung der Leistungsergebnisse
und der hiefür eingesetzten Ressourcen sind hervorzuheben.
Schwächen der Reformprozesse:
• Naschold weist auf vier kritische Bereiche hin – Dominanz des Managerialismus (und damit
Probleme im Verhältnis Politik und Verwaltung), Anzeichen für eine Blockade der
Partizipations- und anderer Demokratisierungspotentiale, zu geringe Einbeziehung des
Verwaltungspersonals und Schwierigkeiten des Gewährleistungsregimes (S. 27 ff.)
8
Siehe u.a. Naschold (1999), Wollmann (2001), Schedler/Proeller (2003) und Reichard (2002).
9
Eine Zwischenbilanz zur Verwaltungsmodernisierung der österreichischen Städte im Jahr 2003 erbrachte folgende Einschätzung: „Im Großteil der Städte brachten die Verwaltungsreformen kundenorientierte und gestraffte Strukturen [...] für vier
Fünftel der Städte standen Qualitätsverbesserungen im Mittelpunkt, die zumindest teilweise bereits realisiert werden konnten [...] wachsenden Stellenwert haben Kooperationen mit privaten Leistungserbringern (PPP-Projekte sind für die Hälfte
der Städte etwa in Realisierung)“ (Biwald et al. 2003, S. 63)
15
New Public Management und Public Governance
02.03.06
• Ein ausgeprägtes Bewusstsein für die Verwaltungskultur fehlt; dieser Mangel an
Verwaltungskultur (weiche Faktoren der Modernisierung) ist besonders störend für die teils
langwierigen Veränderungsprozesse, was „zur Folge hat, dass Dissonanzen zwischen
formalen Eingriffen und kulturellen Gegebenheiten nicht erkannt und zu Fallstricken für die
Wandelprozesse werden“ (Schedler/Proeller 2003, S. 272).
• Personal wird noch immer in erster Linie als Kostenfaktor gesehen; die Potentiale der
Personalentwicklung (z.B. Einrichten neuer, leistungsfördernder Anreizstrukturen,
kontinuierliche Weiterbildung der Führungskräfte) werden oft zu wenig ausgeschöpft, die
Mitarbeiterorientierung ist im Konfliktfall mit Einsparungszwängen nachrangig (vgl. Dearing
2003, S. 100).
• Eine gewisse Abkoppelung der politischen Entscheidungsgremien von der „modernisierten“
Verwaltung; da öffentliche Aufgaben nicht oder nur bedingt nach der betriebswirtschaftlichen
Effizienz- und Effektivitätslogik gesteuert werden können, treten zunehmende Spannungen
zwischen wirtschaftlicher Steuerung durch die Manager im Verwaltungsbereich und
politischer Steuerung durch die hierzu berufenen politischen Instanzen auf10. In
demokratischen Systemen gilt es jedoch „die ökonomische Effizienz immer auf demokratischpolitische Ziele zu beziehen“ (Naschold 1999, S. 31).
Unterschiedlich bewertet werden in Theorie und Praxis zwei Fragen:
1. das Aushöhlen und Reduzieren der öffentlichen Verwaltungen durch Übertragen von
möglichst viel Aufgaben an den Marktsektor, aber auch an Non-Profitorganisationen;
2. das Ausmaß der Übernahme erwerbswirtschaftlicher Strategien und Instrumente.
Die Beurteilung hängt von den Gegebenheiten, Traditionen, vorherrschenden politischen
Ideologien (Stellenwert der „Neoliberalisierung“) in den einzelnen Staaten ab. Deswegen lässt
sich kein sinnvoller internationaler Vergleich aufstellen.
4
Public Governance zur „politischen“ Steuerung
Governance im öffentlichen Bereich (zum Unterschied von corporate Governance in der Welt der
Konzerne) wurde bis vor einiger Zeit – wenig präzise – als „verantwortungsbewusste und gute
Staatsführung und -verwaltung“ verstanden (OECD 2001, S. 259). Im Jahr 1989 wird in einer
Studie der Weltbank das Governance-Konzept in Bezug auf die Entwicklungszusammenarbeit
der Weltbank mit Ländern der Dritten Welt verwendet (vgl. König 2001, S. 2). Die Weltbank hat
damals von Hilfe empfangenden Staaten die stärkere Beachtung verschiedener institutioneller
Faktoren verlangt: einen geordneten Staat und eine effektive öffentliche Verwaltung, Aufbauen
bzw. Sichern der Grundgebote der Demokratie, Achten der Menschenrechte. In jüngster Zeit wird
die Bedeutung von „Public Governance“ betont und zwar im Zusammenhang mit verbesserten
politischen Entscheidungsprozessen, der „politischen“ Steuerung der Aufgabenerfüllung, der
demokratischen Beteiligung von Bürgern („Bürgergesellschaft“) im Grundsätzlichen ebenso wie
an praktischen Fragen des Alltagslebens sowie der Kooperation in gesellschaftlichen
Netzwerken.
10
Siehe hierzu: Bovaird/Loefller 2003 a, S. 18: „In the NPM, managers were given a much greater role in policy making than
before, essentially at the expense of politicians and service professionals […] it led to a vision of the public sector which often seemed peculiarly empty of political values and political debate”
16
New Public Management und Public Governance
4.1
02.03.06
Gründe für Public Governance
Die Diskussion um Public Governance hat sich in den vergangenen fünf Jahren etwa aus
folgenden Gründen verstärkt und weitgehend öffentliche Aufmerksamkeit erreicht.
• Unzureichende politische Steuerung sowie Mängel in der Umsetzung der
Verwaltungsmodernisierung werden erkannt; so etwa das teilweise Vernachlässigen von
wirtschaftlichen Grundsätzen und finanzpolitischen Grundzielen durch politische
Entscheidungsträger (nicht ausreichend stringenter Umgang mit knappen Mitteln; teilweise
mangelndes Einräumen angemessener eigener Gestaltungsansätze auf allen Ebenen des
öffentlichen Handelns), einseitiges Ausrichten der Modernisierung an zu engen
Effizienzkriterien („Binnenmodernisierung“) mit politischen Entscheidungsdefiziten und/oder
durch zu wenig reflektiertes Ausgliedern von öffentlich wahrzunehmenden Aktivitäten auf
selbständige Organisationsformen bei anhaltender öffentlicher Finanzierung;
• alte, verschärfte Probleme und teils neue Ziele fordern die öffentliche Verwaltung und Politik,
die Wirtschaft, die „Zivilgesellschaft“ heraus; so etwa die hohe Arbeitslosigkeit, die erweiterten
Kommunikations- und Partizipationsansprüche von BürgerInnen, die mittelfristigen EU-Ziele
der Lissabon-Strategie (aus dem Jahr 2000);
• Grenzen der Ökonomisierung verschiedener öffentlicher Aufgabenbereiche werden sichtbar;
Qualität kann nicht in allen Aspekten gemessen werden, Qualität muss man auch spüren und
erfahren können;
• ein verstärkter Einfluss der Medien, insbesondere auch der neuen Medien wie Internet, wird
spürbar und äußert sich u.a. durch mehr Druck nach Transparenz sowie der Suche nach
neuen Dialogqualitäten zwischen Politik, Verwaltung und den BürgerInnen;
• Moral und ethische Werte sind auch im öffentlichen Bereich immer wieder zu kommunizieren,
zu festigen und weiter zu entwickeln.
4.2
Definition und Ziele von Public Governance
Professor Hill von der deutschen Verwaltungshochschule in Speyer versteht Governance als
einen ganzheitlichen Ansatz „zur Beurteilung der Qualität der Regulierung und Steuerung, der
Problemlösung und der Gestaltung des staatlichen Handlungsfeldes“ (Hill 2000, S. 8). Er hebt
damit die Qualitätsperspektive der öffentlichen Aufgabenerfüllung und die institutionellen Aspekte
als grundsätzliches Ziel heraus. Hill meint damit die qualitätsvolle Zusammenarbeit und
Entscheidungsfindung zwischen Staat und Zivilgesellschaft in Angelegenheiten von öffentlichem
Interesse.
Die Experten von Governance International11 rücken den Aspekt der Zusammenarbeit mit den
verschiedenen stakeholdern in den Vordergrund ihrer Definition: Good Governance verstehen sie
als “konstruktive[s] Zusammenwirken der öffentlichen Verwaltung mit wichtigen Akteuren und
Organisationen [stakeholder], um die Lebensqualität vor Ort zu verbessern.” (Bovaird, Löffler
2005, S. 35).
11
Governance International in Großbritannien – www.govint.org (zitiert nach Bovaird/Löffler 2003, S. 165)
17
New Public Management und Public Governance
02.03.06
Eine internationale Forschergruppe (Bovaird et al. 2002, S. 12) hat den Governance-Ansatz auf
die Kommunalpolitik („local governance“) übertragen und hierbei folgende Definition vorgeschlagen: “Local governance may be defined as the set of formal and informal rules, structures and
processes by which local stakeholders collectively solve their problems and meet social needs.
This process is inclusive because each local stakeholder brings important qualities, abilities and
resources. In this process, it is critical to build and maintain trust, commitment and a system of
bargaining”.
Als – ein verhältnismäßig pragmatisches – Ziel von Governance im Zusammenhang mit der
Verwaltungsmodernisierung könnte gelten:
• Durch politisches Handeln den sozialen Frieden und den Zusammenhang von Gemeinwesen
zu sichern (Senken des Konflikt-, gegebenenfalls auch des Gewaltpegels um einen gewissen
Anteil),
• damit wird die Gleichstellungsproblematik verschiedener Bevölkerungssegmente (genderAspekt, ethnische Gruppen, Alter, Religion) besonders aktualisiert,
• die partnerschaftliche Kooperation von öffentlichen und privaten Akteuren bei der Lösung von
gesellschaftlichen Problemen zu forcieren (Einbeziehen bzw. Fördern von Minderheiten; auch
wenig organisierte Gruppen ansprechen; möglichst alle Beteiligten zufrieden stellen) und
damit auch
• das Vertrauen in die Demokratie zu erhöhen (Akzeptanzrate um ein gewisses Maß steigern;
Wahlbeteiligung zu erhöhen).
Politik und Verwaltung können somit Governance als eine Denkweise auffassen, wie öffentliche
Angelegenheiten im Sinn des Suchens von „win-win-Lösungen“ für alle Beteiligten gehandhabt
werden. Dies setzt etwa voraus, dass gesellschaftliche Interaktionen verstärkt an demokratischen
Grundwerten wie Fairness und Transparenz ausgerichtet werden, und nicht zuletzt, das Stärken
und Fördern der Eigeninitiative der am Gemeinschaftsleben interessierten Personen.
Skandinavische, auch deutsche Beispiele zeigen, wie die Bürgerbeteiligung gefördert werden
kann. So hat die Stadt Duisburg im Jahr 2002 den Speyerer Qualitätspreis u.a. deswegen
erhalten, weil sie Projekte wie „Büro für Bürgerengagement“, „Sozialagenturen“,
„Bürgerservicestationen“ und „Call Center“ eng miteinander verknüpft im Modernisierungsprozess
integriert hat. BürgerInnen wurden an der lokalen Politik im Rahmen von moderierten „runden
Tischen“, Ideenwerkstätten, Beiräten, Arbeitsgemeinschaften beteiligt, verschiedene PublicPrivate-Partnerships wurden gegründet.
Politik und Verwaltung sind dabei auch gut beraten, die Dialektik anzuerkennen, dass
Engagement (bei den eigenen MitarbeiterInnen ebenso wie bei den BürgerInnen, bei Institutionen
und Unternehmungen) zwar angeregt, gestärkt und vernetzt, aber nie abschließend erfasst,
geplant und verwaltet werden kann und sollte (vgl. Hummel 2000, zitiert bei Hill, 2002, S. 3).
18
New Public Management und Public Governance
02.03.06
Kasten 3: Zur Rolle der Bürger und der Bürgergesellschaft im Governance-Konzept
“A healthy climate for understanding public services requires a clarified understanding of the
important concept of citizenship, and an ability to distinguish citizens, voters and taxpayers and
‘customers’. Citizens are bearer of rights and duties in a framework of community. Citizenship
aggregates; the concept of ‘customers’ disaggregates. The satisfaction of individual ‘customers’
may not add up to an overarching public good. For this reason …. political accountability must
always come higher in the public service hierarchy of values than ‘customer’ or stakeholder
accountability. The true role of public servants is not just to serve ‘customers’ but also to balance
the interests and preserve the rights of ‘citizens’. It is the sum and balance of these interests,
democratically determined, that may add up to something that could be called the public interest.”
Canadian Centre… (2000), S. 55
Governance dient dem Festigen und erforderlichenfalls auch der Akzentuierung oder
Neuinterpretation grundlegender Wertvorstellungen über öffentliches Handeln. Dies ist im Bereich
der Verwaltungsmodernisierung mit teils starkem Übernehmen (durch internationale Berater) von
US-amerikanischen Werten, Strategien und Konzepten nicht bedeutungslos, da sich das
politische Wertesystem in den USA doch deutlich von europäischen Werten unterscheidet.
Letztere hat Matzner (2002, S. 4) Bezug nehmend auf Hutton wie folgt zusammengefasst:
Sozialbindung des Eigentums; Eigentum ist in Europa mit sozialen Pflichten verbunden;
• Gesellschaftsvertrag; in der europäischen Tradition bindet er alle Bürger ein, denn er
verlangt nach Fürsorge für die Schwächeren und Vorsorge für Notfälle;
• Bewahren einer öffentlichen Sphäre, das sind meist umfassende öffentliche Infrastrukturen
und öffentliche Dienstleistungen, die doch den meisten europäischen Ländern gemeinsam
sind und im deutschen Sprachraum mit dem Begriff der „Daseinsvorsorge“ bezeichnet
werden.
„Öffentliche Gärten, öffentliche Plätze, öffentliches Fernsehen, öffentliche Museen, öffentlicher
Verkehr, um nur einige Aufgaben zu nennen, sollten nicht allein als Ausdruck kollektiven
Wollens geschätzt werden. Sie sind lebenswichtig auch für das bessere Verständnis unserer
privaten Entscheidungen.“ (Hutton 2002, S. 84).
Die Betonung von Werthaltungen in Leitbildern und Verhaltenskodices ist ein weiterer Aspekt von
Governance. Verschiedene Staaten haben hiefür Leitbilder für den öffentlichen Dienst, Leitbilder
für Führungskräfte und Verhaltensregeln (z.B. für öffentliche Kontrolle) verabschiedet und
propagiert.12,
Governance kann schließlich auch als Aspekt der Politikmodernisierung aufgefasst werden, die in
den bisher umgesetzten Management-Reformen eher zu wenig betont worden ist, obwohl
beispielsweise die strategischen Aspekte des NPM den Vertretern des politischen Systems aus
Legislative und Exekutive viele Handlungsansätze bieten würden.
12
Siehe als Beispiel die kanadischen „Principles of the Conflict of Interest and Post-Employment Code for the Public Service”,
Annex 1, S. 65, die “Components of an Ethics Regime”, Annex 2, S. 67 f. beide in: Canadian Centre …. (2000) sowie den
UK Civil Service Code (Annex 3, S. 69 f.)
19
New Public Management und Public Governance
4.3
02.03.06
Prinzipien von Public Governance
Folgende Prinzipien von Public Governance kann man in Anlehnung an Bovaird/Löffler (2003, S.
10) und an das Weißbuch der Europäischen Union „Gutes Regieren“ anführen:
Abbildung 6: Prinzipien von Public Governance
Transparenz
Entscheidungsprozesse und öffentliche Institutionen sollten transparent
sein, z.B. bei Auswahlkriterien von Führungskräften, bei Vergleichen von
Leistungen und Kosten für einzelne Produkte und Leistungen.
Beteiligung
Umfassende Beteiligung ergänzend zur Politik führt zu mehr Vertrauen, zu
höherer Prozess- und Ergebnisqualität.
Gleichstellung
Aufheben der Benachteiligung von Gruppen wegen Geschlecht, Rasse,
Religion, Alter
Verantwortung für die Qualität der Leistungen, für Effizienz, Nachhaltigkeit
etc. gegenüber Stakeholdern, z.B. einzelne Bürger, Kundengruppen,
Vereine/NGO’s, Arbeitnehmer- und Unternehmerverbände.
Verantwortung
(Accountability)
Effektivität
Kohärenz
Nachhaltigkeit
Evaluieren
Bedarfe müssen effektiv erfüllt bzw. Probleme gelöst werden, basierend auf
Objektivität und Evaluierung; z.B. sind etwa therapeutische Ergebnisse und
Wirkungen von Maßnahmen im Gesundheitsbereich maßgeblich, nicht die
Zahl der Betten, Röntgenbefunde, Behandlungen.
Politik und Handlungen müssen zusammenpassen und verständlich sein;
politisches und administratives Handeln muss abgestimmt werden; Maßnahmen zur Befähigung sollen mit entsprechenden Ergebnissen korrespondieren.
Langfristige Einschätzung der Resultate von öffentlichen Aktivitäten, die
üblicherweise ökonomische (z.B. Vollbeschäftigung, Qualität der öffentlichen Finanzen), soziale (z.B. Gleichberechtigung) sowie ökologische
Aspekte (z.B. Umweltqualität) berücksichtigt.
Die Umsetzung aller genannter Prinzipien ist periodisch zu überprüfen
Diese Prinzipien müssen durch Politik und die Bürgerinnen und Bürger, durch die Wissenschaft,
und die Medien, durch die öffentlichen Verwaltungen ebenso wie durch NGO’s vertieft diskutiert,
umgesetzt und immer wieder auf die Übereinstimmung mit den sich verändernden
gesellschaftlichen Gegebenheiten überprüft werden.
Zum zentralen Grundsatz der ‚Verantwortung’ (accountability) bestehen etwa verschiedene
Interpretationen: Häufig wird Verantwortung als Pflicht oder Bereitschaft zur
Rechenschaftslegung verstanden. Es wird einem Vorgesetzten, dem Parlament, der
Öffentlichkeit berichtet, wie die auferlegten Pflichten, wie die erteilten Aufträge erledigt worden
sind. Immer stärker wird heute auch verlangt, die nachhaltigen Wirkungen die erzielt worden sind,
festzustellen und zu zeigen.
Verantwortung wird auch – wenngleich kontroversiell diskutiert – im Sinn des Übernehmens
personeller Konsequenzen im Fall von Ereignissen, die durch korrektes und aufmerksames
Handeln vermieden hätten werden können, verstanden. Diese Verantwortung wird in einigen
Staaten überwiegend als politische Verantwortung aufgefasst. In Kanada wird dieser Aspekt
besonders hervorgehoben: „Public office holders are responsible for all that occurs within their
authority, but are not always subject to personal consequences such as discipline or blame for
problems that occur. The issue and degree of blame depend, among other things, on whether
office holders were personally involved in activities, or should have been; that is, on a fair assessment of whether they could have avoided the problem or ought to have taken steps to correct
it…. Political realities mean that responsibility and accountability are often taken to imply that
ministers are to blame when things go wrong. But in fairness, and in terms of common sense,
20
New Public Management und Public Governance
02.03.06
ministers cannot and should not be blamed and certainly should not be compelled to resign for all
matters that go wrong which fall within their authority, irrespective of the importance of the problem ore the minister’s knowledge of or influence on it […]” (Canadian Centre for Management
Development, 2000, S. 9 f.)
Ein weiterer Aspekt von Verantwortung besteht in dem Sinn, dass Führungskräfte in Politik und
Verwaltung für die Qualität der Organisationskultur, für das Wohlbefinden, für Gleichbehandlung
und für das Engagement der Mitarbeiter, zu sorgen haben. Damit soll der öffentliche Sektor eine
Vorbildwirkung für andere Sektoren in Wirtschaft und Gesellschaft übernehmen.
Die folgende Gegenüberstellung macht am Beispiel der Kommunalpolitik deutlich, dass die Prinzipien von Public Governance und von Public Management sich substanziell unterscheiden (nach
Bovaird/Löffler 2002).
Abbildung 7: Public Management <=>Public Governance
Functioning of the Local Authority
Serving the community by producing policies,
services and knowledge (“Service Provider”)
Improving internal efficiency of local authorities
Increasing users’ satisfaction in local services
4.4
Developing Good Local Governance
Enabling the community to plan and manage
its own affairs (“Community Developer”)
Improving the external effectiveness of local
authorities
Building public trust in local government
through transparent processes, accountability
and through democratic dialogue
Bürgerbeteiligung und Einbeziehung der Stakeholder13
Das Einbeziehen von BürgerInnen, Interessensgruppen, Wirtschaftstreibenden in die Gestaltung
der staatlichen Aufgabenerfüllung ist ein wesentliches Element von Public Governance. Die
einzelnen Beiträge im dritten Teil dieses Buches beleuchten unterschiedliche Ausprägungen und
Aspekte von Öffentlichkeitsbeteiligung. Die Palette reicht dabei von europäischen Perspektiven
der Bürgerbeteiligung, über Bürgereinbindung via Internet, das bürgerschaftliche Engagement
von Unternehmen bis zur tatsächlichen Übernahme staatlicher Aufgaben durch private Vereine.
Im Beitrag Bürgerbeteiligung – Stand und europäische Perspektiven werden grundsätzliche
Rahmenbedingungen und Erfolgsfaktoren wirksamer Bürgerbeteiligung beschrieben und anhand
einiger positiver Beispiele aus Europa konkretisiert. Wenn Bürgereinbindung von Verwaltung und
Politik oft als Behinderung von Entscheidungsprozessen oder als ohnehin durch die repräsentative Demokratie abgedeckt gesehen wird, stellt sich die Frage nach dem Nutzen. Dieser liegt darin,
die Akzeptanz für politische Entscheidungen zu erhöhen, Streitigkeiten, die als Folge getroffener
Entscheidungen entstehen, zu vermeiden und soziales Kapital auszubauen. Gerade letzteres
ermöglicht der Verwaltung, Verantwortung an die Zivilgesellschaft zu delegieren und so Geld zu
sparen. Die Praxisbeispiele lassen den Schluss zu, dass dort, wo man echte Bürgerbeteiligung
zulässt, kein Gegensatz zwischen Effizienz und Demokratie besteht. Die Auswahl der passenden
Form von Bürgerbeteiligung erfolgt zwischen Information, Konsultation und Zusammenarbeit. Bei
der Information kommt es nicht auf die Quantität, sondern auf die Qualität an und darauf, dass
diese der Zielgruppe entsprechend aufbereitet wird. Erfolgreiche Konsultation muss beweisen,
13
Bauer, Biwald, Dearing: (2005), S. 391-394.
21
New Public Management und Public Governance
02.03.06
dass zugehört wurde. Dies bedeutet, dass zumindest über die Ergebnisse der Konsultation informiert wird. Eine Zusammenarbeit zwischen den BürgerInnen und der Verwaltung wird dann
fruchtbar sein, wenn sich die Ergebnisse unmittelbar auf die Lebensqualität der Beteiligten auswirken.
Standards zur Öffentlichkeitsbeteiligung sichern die Qualität von Bürgerbeteiligungsprozessen. Der Beitrag nähert sich dem Thema über die Beschreibung EU-weiter Vorgaben zur Öffentlichkeitsbeteiligung und eines Best Practice-Beispiels aus Großbritannien. Dort werden in einem
„Code of Practice on Consultation“ die Erfordernisse für einen erfolgreichen Beteiligungsprozess
dargestellt. Als besondere Herausforderung wird die Veränderung von Einstellungen sowie der
Verhaltensweisen von Politik und Verwaltung gegenüber der Öffentlichkeit betont. Als förderliche
Rahmenbedingungen für die Öffentlichkeitsbeteiligung werden u.a. vereinbarte Standards für
Öffentlichkeitsbeteiligung oder die Bereitstellung erforderlicher Ressourcen, um etwa die eingelangten Stellungnahmen adäquat zu bearbeiten, genannt. Nur wenn die Methoden der Bürgereinbindung ständig weiterentwickelt und erweitert werden, wird die Öffentlichkeitsbeteiligung
lebendig bleiben. Neben den klassischen Instrumenten, wie Bürgerbefragung oder formale Stellungnahmeverfahren, finden neuere Methoden wie Zukunftskonferenzen, Bürgergutachten oder
die schon seit Jahrzehnten fallweise praktizierten „Planungszellen“ zunehmend Anwendung.
Die Qualitätsoffensive „klasse:zukunft“ beschreibt die Chancen und Möglichkeiten einer
breiten Einbindung Betroffener über das Medium Internet. Im Auftrag der Bildungsministerin sollte
ein wissenschaftliches Expertenteam (Zukunftskommission) die Stärken des Schulsystems identifizieren, die Schwächen benennen und Verbesserungen empfehlen. Die Analysen und Vorschläge der Zukunftskommission wurden auf der Internetplattform klasse:zukunft allen Interessierten
zur Diskussion zur Verfügung gestellt. In moderierten Diskussionsforen und Chatrooms wurde
aktive Beteiligung gelebt. Insgesamt verzeichnete die Plattform nach 220 Tagen Online-Zeit,
499.750 Zugriffe von über 53.000 BesucherInnen, meist LehrerInnen, SchulleiterInnen, SchülerInnen und Eltern. Im Unterschied zu anderen Internetangeboten der öffentlichen Verwaltung, die
überwiegend auf Information (Transparenz) setzen, wurden durch die Plattform klasse:zukunft
Information und Partizipation gleichermaßen berücksichtigt. Bemerkenswert ist auch, dass über
das Internet Anregungen und Ideen für die strategische Planung und die Qualitätsdebatte gewonnen werden konnten, was auch für das demokratiepolitische Potenzial des Mediums spricht.
Das Salzburger Kulturleitbild als Beispiel für aktive Bürgerbeteiligung zeigt, dass selbst in
einer kleineren Stadt in einem begrenzten Aufgabenfeld (in diesem Fall die Kulturpolitik der Stadt
Salzburg) die Einbindung von betroffenen Interessensgruppen in breiten Umfang erfolgen kann.
Dabei ist es nicht einfach, die Grenze zwischen einer möglichst großflächigen Einbindung einerseits und der Sicherung der Arbeitsfähigkeit der Gruppe andererseits zu ziehen. Durch die nicht
homogene inhaltliche Zusammensetzung der Beteiligungsebenen konnte eine Vernetzung der
unterschiedlichsten Kompetenzen und damit auch die Beantwortung der anstehenden Fragen
aus unterschiedlichen Perspektiven erzielt werden. Neben einer Vielzahl an moderierten Diskussionsforen wurde auch eine Internetplattform für den Informationsaustausch und die Diskussion
genutzt. Aus dem Kulturleitbild entstanden ein Kulturentwicklungsplan, der eine Fülle an Maßnahmen zur Umsetzung des Leitbildes enthält sowie ein internes Leitbild für die städtische Kulturverwaltung.
Am Beispiel des Umgangs mit ethischen Minderheiten in der Stadt Wien wurden die Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung dargestellt. In den zuletzt vergangenen Jahren sind hierfür neue
organisatorische Formen eingerichtet, bewährte Leistungen fortgeführt und neue Serviceleistungen (teilweise auch nach Innen gerichtet) zum Ausbau der interkulturellen Sensibilität und Kom-
22
New Public Management und Public Governance
02.03.06
petenz entwickelt worden. Man bedient sich dabei des „Diversitätsmanagements“ und fördert
durch das in Dienst stellen von MigrantInnen auch die „Aufwärtsmobilität“. Im Rahmen von Stadtteil- Planungs- und -Infrastrukturprojekten setzt man zunehmend auf Einbeziehen von AusländerInnen, vor allem von AnrainerInnen und sonst direkt Betroffenen. Das im Sinn von Good Governance angestrebte Ausländerwahlrecht auf der Ebene der Stadtbezirke in Wien, das durch den
Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig erkannt worden ist, gilt weiterhin als politisches
Ziel, ebenso das Verstärken von Toleranz und des Respekts gegenüber anderen Kulturen und
Lebensformen. Schließlich wird gezeigt, dass zur politischen Steuerung des besseren Umgangs
mit ethnischen Minderheiten eine bundesweite Debatte über Art und Ausmaß von Zuwanderung
– die auch von Demografen gefordert wird – hilfreich wäre.
Bürgerschaftliches Engagement von Unternehmen ist ein immer wichtiger werdendes Element von Good Governance. Deutlich wird dies auch an der Entwicklung vom „schlanken“ zum
„aktivierenden“ Staat, der nun zwar grundsätzlich für die Regelung bestimmter gesellschaftlicher
Probleme und die Gewährleistung bestimmter Sicherheitsleistungen zuständig bleibt, für die
Leistungserstellung aber auf Co-Produktion und selbstverantwortliche Eigenleistung externer
AkteurInnen setzt. Der Beitrag befasst sich mit dem Nutzen von bürgerschaftlichem Engagement
für Unternehmen und mit den Erwartungen der öffentlichen Hand, an die dann die gezielte Förderung des bürgerschaftliche Engagements durch den Staat geknüpft ist. Anhand von Praxisbeispielen aus Deutschland werden die Ausprägungen bürgerschaftlichen Engagements beleuchtet,
die von kostenloser Personalüberlassung über Know-How-Transfer bis zur Vermittlung von
Netzwerkkontakten aber auch zur Bereitstellung von Geldmitteln reichen. Als Leistungspotenziale
von Corporate Citizenship für das Gemeinwesen werden u.a. Innovation (z.B. Modernisierung
von Produktionsprozessen) und Unternehmenskultur (Orientierung am Gemeinwohl wird zum
Bestandteil der Unternehmenskultur) genannt.
NGO’s im Dialog zwischen Politik und BürgerInnen beschreibt am Beispiel von pro mente
kärnten die Erfahrungen von NGO’s, die staatliche Aufgaben übernehmen und diese in einem
Netz zwischen Politik, Verwaltung, Betroffenen und BürgerInnen erfüllen müssen. Kritisch wird
dabei der Umstand gesehen, dass das Engagement der NGO’s mithilft, die Verabschiedung der
Politik aus brennenden gesellschaftlichen Fragen wie Sozial-, Bildungs-, Beschäftigungs-, Umwelt- und Entwicklungspolitik zu verharmlosen. Anstatt professioneller Zusammenarbeit zwischen
dem Staat und jenen, die staatliche Aufgaben übernehmen, „verkommen“ die Kommunikationsmuster oft zu einer Kommunikation zwischen Bittsteller (NGO) und Spender (Staat) anstatt sich
auf partnerschaftlicher Ebene zu bewegen. Anhand von Beispielen werden bürgernahe Problemlösungsansätze verdeutlicht und die ehrenamtliche Arbeit als immer notwendiger werdende
Ergänzung mit Brückenfunktion zur Gesellschaft beschrieben.
4.5
Stärken und Verbesserungsbereiche – Beispiele für Transparenz und Accountability
Accountability
„Die effizientere Nutzung von Ressourcen ist das Ziel nahezu aller Aspekte von
Modernisierungsbestrebungen und des Technikeinsatzes in den öffentlichen Verwaltungen. Vor
allem durch die Dezentralisierung der „Ressourcenverantwortung“ wird diesem Prozess
zusätzliche Schubkraft verliehen“. 14
14
Brunzel, Marco: (1999), S. 18.
23
New Public Management und Public Governance
02.03.06
Wie bereits erwähnt wurde, ist unter Accountability die Zurechenbarkeit und Verantwortung für
die Erstellung, für den Ressourceneinsatz und für die Qualität von Leistungen zu verstehen.
Hierbei geht es aber ebenso um die Verantwortung für die Qualität von Prozessen, die Festlegung von Qualitätsstandards und die Verantwortung für Querschnittsmaterien wie Gleichstellung
und schonenden Ressourceneinsatz.
Prof. Brodtrick interpretiert den Begriff viel umfassender. Zum einen macht er deutlich, dass ein
„punktuelles“ Verständnis von Accountability der Sachlage nicht immer dienlich ist, sondern auch
Entwicklungen zu betrachten wären: „When we exact accountability, we typically do so in order
to get a snapshot view of what happened […]. Very often, though, the snapshot gives us only
limited understanding about what occured before, or what occured in parallel with the event we
are srcutinizing… and there might be important connections that remain hidden….we might
consider therefore to examine trends instead of of snapshots […]”. Zum anderen unterstreicht
Brodtrick den Umstand, dass nicht nur Ergebnisse, sondern auch Vorgangsweise und Prozesse der Accountability unterliegen. Er verweist diesbezüglich auf Entscheidungsprozesse, auf
integrierte Vorgehensweisen und auf die Verantwortung für Lernprozesse. „ From a Good Governance point of view, accountability should be a positive process to foster learning, change and
innovation for the future.”15
Aus dem Bereich der Accountability ist ein praktisches Beispiel vom Treasury Board of Canada
bekannt, das so genannte „Management Accountability Framework“16. Die dadurch erreichte
verstärkte Verantwortung soll zu:
• einem effektiven Management in den Organisationen,
• besserem Service für Minister und Regierung und
• der Kommunikation der Ergebnisse an die BürgerInnen
beitragen. Das Rahmenwerk besteht aus zehn verschiedenen Feldern, wie sie in der untenstehenden Grafik abgebildet sind:
15
Brodtrick, Otto: (2005), S. 58 ff.
16
http://www.tbs-sct.gc.ca/maf-crg/maf-crg_e.asp; Treasury Board of Canada – Management Accountability Framework (Stand:
14.07.2005)
24
New Public Management und Public Governance
02.03.06
Abbildung 8: Management Accountability Framework – Ziele / Erwartungen
Quelle: Treasury Board of Canada 2003
Die Ziele, die im Bereich “Governance and Strategic Directions“ vorgegeben sind, führen letztlich
zu den „Results and Performances“. Für die Erstellung der Leistungen werden demokratipolitische, ethische und bürgerInnenbezogene Werte („Public Service Values“) vorgegeben – weiters
wird das Rahmenwerk durch den Bereich „Learning, Innovation and Change Management“ abgerundet.
Die gesetzten Ziele werden über Maßnahmen und Ergebnisse aus den Bereichen „Politik und
Programme“, „MitarbeiterInnen“, „BürgerInnenorientierter Service“, „Risiko Management“, „Controlling (stewardship)“ und „Accountability“ angepeilt.
Die Ziele und operativen Maßnahmen aus den zehn Bereichen können selbstverständlich nicht
alle zur gleichen Zeit erfüllt werden. Weiters können diese auch für Abteilungen und Organisationen unterschiedlich bewertet und definiert werden. Dennoch sollten alle Abteilungen Fortschritte
und Verbesserungen in den einzelnen Bereichen nachweisen können. Manager sollten alle
Ebenen des Frameworks dazu benutzen, um ihre Abteilung gut zu führen, die MitarbeiterInnen zu
engagieren und einzubeziehen, damit durch die so erreichten Vorstellungen die Organisation als
Ganzes gut funktioniert.
25
New Public Management und Public Governance
02.03.06
Selbstverständlich unterliegt dieses Rahmenwerk ständigen Veränderungen und entwickelt sich
selbst weiter. In einem nächsten Schritt werden für die Ziele Indikatoren und Messgrößen festgelegt.
Dieser umfassende Ansatz der „Accountability“ verfolgt das umfassende Ziel, die Leistungen der
öffentlichen Verwaltungen modern zu gestalten, wobei:
• die Leistungen an den BürgerInnen ausgerichtet sind,
• Werte, die mit den öffentlichen Leistungen verbunden sind (wie ethische, demokratische etc.),
klar definiert, kommuniziert und umgesetzt werden,
• die Politik von der Verwaltung unterstützt wird und die strategische Richtung in Ergebnisse
und Wirkungen übersetzt wird,
• Entscheidungen transparent und verantwortlich getroffen werden,
• MitarbeiterInnen geschätzt und menschliche sowie intellektuelle Kapazitäten entwickelt werden,
• mit finanziellen Mittel verantwortungsbewusst umgegangen wird und die
• Leistung der Organisation stets durch Lernen, Weiterentwicklung und Innovation aufgewertet
wird.
In der österreichischen Bundesverwaltung sind derzeit folgende praktische Ansätze im Bereich
„Accountability“ bereits vorhanden:
Abbildung 9: Projekte auf Basis der Accountability in der Praxis
Accountability
BKA
BMaA
BMF
BMI
BMLFUW
BMWA
Parlamentsdirektion
Kosten-Leistungsrechnung
Outsourcen von Hausverwaltungs-, EDV- und anderen Leistungen; Motivationsund Leistungssteigerung der Kulturinstitute und Ö-Bibliotheken durch dezentrale
Entscheidungsprozesse und Accountability
Flexibilisierungsklausel
Flexibilisierungsklausel in der Sicherheitsakademie; Digitalfunk BOS Austria;
Ausgliederung des Bundesamtes und Forschungszentrums für Wald; Anwendung
der Flexibilisierungsklausel in einer Dienststelle mit Einführung der KostenLeistungsrechnung
Management von Auslegungsfragen, Auswahl der Betriebe für die Kontrolle
Projektmanagementhandbuch zur Festlegung von Regeln und Standards, Rekrutierungshandbuch zur Festlegung von Standards und Verfahren
Quelle: Governance-Umfrage 2005
Das Bundesministerium für Finanzen und die betreffenden Fachressorts setzen hier im Rahmen
der Budgeterstellungsprozesse und der Delegation von Fach- und Ressourcenverantwortung
über die Flexibilisierungsklausel richtungweisende Schritte, was auch aus dem Interview mit
Herrn SC Dr. Steger abgeleitet werden konnte. Die Verantwortung über die Ergebnisse ist einer
der zentralen Ansatzpunkte der Flexibilisierungsklausel, die im Jahr 1999 in das Haushaltsrecht
des Bundes aufgenommen worden ist. Weitere Schlüsselelemente sind eine mehrjährige Planung mit einem „qualitativen und quantitativen Leistungskatalog, einer mehrjährigen Ausgabenund Einnahmenvorschau sowie einer Planstellenentwicklung, Anreiz- und Sanktionsmechanismen – Ergebnisverbesserungen (gegenüber dem Plan, Anm. d. Verf.) verbleiben teilweise der
Dienststelle zur freien Verwendung sowie Begleitung und Evaluierung durch einen Controllingbei-
26
New Public Management und Public Governance
02.03.06
rat“.17 Die Erfahrungen mit der Anwendung der Flexibilisierungsklausel in 14 nachgeordneten
Organisationseinheiten des Bundes sind positiv. Dies kann in erster Linie der Verknüpfung von
Ergebnis- und Ressourcenverantwortung, also der Umsetzung des „Accountability“-Ansatzes,
zugeschrieben werden.18
Wie die Ergebnisse der Umfrage zur Frage der „Accountability“ zeigten, ist lediglich die Verantwortung für die Qualität der Leistungen und Produkte ein breit angewandter Ansatz (85 Prozent
der Befragten). Dagegen werden Maßnahmen wie die Festlegung von Leistungsstandards oder
die Definition der Qualität von Prozessen in geringerem Umfang praktiziert - lediglich von 50
Prozent der befragten Sektionen/Abteilungen im Fall der Festlegung von Leistungsstandards und
von 54 Prozent für den Ansatz der Verantwortung für die Qualität der Prozesse. Vergleichsweise
wenig umgesetzt werden Maßnahmen im Bereich der Querschnittsmaterien wie Gleichstellung
und schonender Ressourceneinsatz (wird von 42 Prozent der Befragten wahrgenommen).
Transparenz
In Skandinavien, ähnlich auch in Kanada, Großbritannien etc. wird Offenheit und Transparenz –
welche grundlegende Teilbereiche von Public Governance darstellen – groß geschrieben. Für die
BürgerInnen ist es ein selbstverständliches Recht, die Möglichkeit der Überprüfung zu haben, wie
die Politik und die staatlichen Institutionen ihre Macht ausüben.
„Das Öffentlichkeitsprinzip, das in Schweden umfassender ist als in den meisten anderen Ländern, gewährt den Medien und der Öffentlichkeit nicht nur Zugang zum Schriftwechsel der Ministerien, der Städte und Gemeinden sowie der staatlichen Institutionen, sondern schreibt auch vor,
dass diese Informationen benutzerfreundlich und kostenfrei zur Verfügung zu stellen sind. International wird dieses Öffentlichkeitsprinzip als so radikal gewertet, dass es ständig zu Reibungen
in der EU kommt, wo schwedische Repräsentanten oft auf Widerstand und mangelndes Verständnis stoßen, wenn sie für größere Offenheit und Transparenz eintreten.“19
Beispiele hiefür bietet auch die Bundesebene in Kanada. Es wird dort etwa ein jährlicher
Performance Plan dem Parlament vorgelegt, aus dem die Erreichung wichtiger Wirkungsziele
nachgewiesen und kommentiert wird.
17
Herbeck, G. (2005), S. 250 f.
18
Vgl. hierzu Steger, G. (2005).
19
http://www.sweden.se; Stand: 30.08.2005
27
New Public Management und Public Governance
02.03.06
Outcome
Indicator
Canada´s
Exonomy
An Innovative and Knowledgebased Economy
- Innovation
- Educational Attainment
- Literacy …
Income Security and
Employment
- Employment Rate …
Safe Communities
- Safety (crime rate,
victimization rate)
Caring Communities
- Volunteerism
A Vibrant Canadian Culture and
Heritage
- Participation in Culture and
Heritage Activities
Health of
Canadiens
A Healthy Population
- Life Expectancy
- Self-Rated Health
- Infant Mortality …
Canadian
Environment
Canada has a sustainable Approach to its Natural Resources
and Healthy Ecosystems
- Biodiversity
- Natural Ressources
Sustainability
Society,
Culture and
Democracy
Nov-05
Area
KDZ - Zentrum für Verwaltungsforschung, Managementberatungs- und Weiterbildungs GmbH
www.kdz.or.at
Canada´s Performance – Annual Report to Parliament 2004
Quelle: Canada´s Performance Plan 2004 (www.tbs-sct.gc.ca) 11
Ebenso wird in Kanada jährlich ein Bericht der Regierung für das Parlament und die
BürgerInnensowie andere Stakeholder veröffentlicht, der über den Fortschritt der Maßnahmen
zur Steigerung der Lebensqualität der KanadierInnen, das als oberstes Ziel der Regierung
gesehen wird, berichtet. Grundlagen hierfür sind unter anderem interne Audits der öffentlichen
Verwaltung, die sich auf die Outputorientierung konzentrieren. Gemessen wurde die Leistung der
öffentlichen Verwaltung an best practices und Empfehlungen auf Basis des „Capacity Check
Tools“, das mit dem europäischen CAF vergleichbar ist. Ziel ist es hierbei auch, den KundInnen
und Stakeholdern einen Status-Quo-Bericht darüber abgeben zu können, welcher ManagementAnsatz derzeit verfolgt wird und ob der gesamte „Management-Rahmen“ in klaren Strukturen
abläuft. Diese Vorgehensweise ermöglicht Transparenz für die Stakeholder sowie deren
Einbeziehung in verschiedene Prozesse und verfolgt vor allem die strategische Planung in der
öffentlichen Verwaltung – einige der Hauptaspekte von Public Governance.20
Weitere interessante Beispiele für Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz betreffen etwa
den vom Büro des britischen Premierministers herausgegebenen „Code of Practice on
Consultation“ sowie die EU-Richtlinien zur Öffentlichkeitsbeteiligung (Richtlinie 2003/35/EG des
Europäischen Parlaments) und zur Strategischen Umweltprüfung (Richtlinie 2001/42/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der
Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme.21
Die Ansätze von Transparenz im jeweiligen Verantwortungsbereich zeigen folgende breit
gestreute Ergebnisse:
• Für die Transparenz im Entstehungsprozess von Gesetzen und Verordnungen wird in 31
Prozent der befragten Sektionen/Abteilungen gesorgt;
• auch Ergebnismessungen werden von 35 Prozent der Befragten erst teilweise praktiziert bzw.
öffentlich gemacht;
20
http://www.tbs-sct.gc.ca Treasury Board of Canada – Management Accountability Framework (Stand: 14.07.2005)
21
Für weitere Hinweise siehe Arbter, Kerstin; Trattnigg, Rita: (2005), S. 295 ff.
28
New Public Management und Public Governance
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• Beschwerdemanagement wird von 38 Prozent der Befragten umgesetzt.
Dagegen dürften weiter verbreitet sein: Leistungs- und Kostenvergleiche (73 Prozent), das
Sichtbarmachen von Entscheidungsprozessen (ebenfalls 73 Prozent) sowie Maßnahmen zur
Erhöhung der internen Transparenz/Kommunikation (85 Prozent).
Die Frage nach Beispielen für Transparenz im Bereich der Bundesverwaltung liefert beachtliche
Ergebnisse, die auch öffentlich gewürdigt werden.
Abbildung 10: Praktische Beispiele aus dem Bereich der Transparenz
Transparenz
BKA
BMaA
Leistungsberichte des Bundes
Transparente Postenvergabe für die häufigen Funktionswechsel zw. In- und Ausland
BMF
BMI
Elektronischer Akt (ELAK); Neue Budgetunterlagen des Bundes
Transparenz bei Entscheidungsprozessen
BMJ
BMWA
Elektronische Sachverständigendatei
Benchmarking der Geschäftsstellen des AMS; Informationsbereitstellung über Homepage
Quelle: Governance-Umfrage 2005
Als besonders aktuelles Beispiel für einen grundsätzlichen Strategieansatz im Bereich der
Transparenz kann das im Jahr 2005 gestartete Projekt des Lebensministeriums und des
Bundeskanzleramts Standards zur Öffentlichkeitsbeteiligung genannt werden. Ziel dieses
Projektes ist es, „für die Bundesverwaltung verbindliche Mindeststandards und Best-PracticeEmpfehlungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung zu entwickeln. Diese Standards sollen in Zukunft bei
Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren routinemäßig angewandt werden.“22
Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Antworten auf die Frage nach den bestehenden
Ansätzen von Transparenz in der Praxis und die hier angeführten Beispiele ein beachtliches
Problembewusstsein und vielfältige Maßnahmen zeigen. Dennoch ist im Bereich der Transparenz
im Vergleich zu anderen hoch entwickelten Industrieländern noch erhebliches
Handlungspotenzial gegeben.
5
Stärken und Schwächen der Maßnahmen im Bereich von Public
Governance aus der Sicht der befragten Bundesstellen
Die Umfrage galt schließlich auch der Selbsteinschätzung von Stärken und Schwächen im
Umgang mit dem Konzept und den vielfältigen Ansatzpunkten und Maßnahmen von Public
Governance. Die jeweiligen Antworten, die teils auf die Situation der betreffenden
Sektion/Abteilung möglichst objektiv Bezug nehmen, teils als subjektive Einschätzungen der
Befragten gelten können, werden im Folgenden Abschnitt dargestellt. Die Zahl in der Klammer
hinter der jeweiligen Stärke/Schwäche stellt die Anzahl der Nennungen dar.
Stärken
• Hohe Akzeptanz in der Öffentlichkeit; idF bessere Umsetzung der Maßnahmen,
Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit (8)
22
Arbter, Kerstin; Trattnigg, Rita: (2005), S. 307.
29
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• Qualitätssteigerung der Leistungen/Produkte (7)
• Transparenz (5)
• Zurechenbarkeit von Erfolg/Misserfolg und Qualität der Aufgaben/ Einbettung in klare
Strukturen (5)
• Bürgerorientierung/Steigerung der Kundenzufriedenheit (4)
• Evaluierung/Kennenlernen der Wirkungen der erbrachten Leistungen (3)
• Motivation aller Beteiligten (3)
• Nachhaltigkeit von Ergebnissen (3)
• Effektivität (2)
• Netzwerkbildung (2)
• Vergleich/Benchmarking möglich (2)
• Hohe Multiplikatorwirkung (1)
• Relativ rasche erkennbare Erfolge (1)
Es zeigt sich, dass die Stärken der Anwendung von Governance aus der Sicht der befragten
Stellen:
• überwiegend zu einer erhöhten Akzeptanz/Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit führen,
• zur Erhöhung der Kundenorientierung und damit zur Qualitätssteigerung der
Produkte/Leistungen beitragen,
• und im Bereich verbesserter Transparenz und Accountability, also einer stringenteren
Zurechenbarkeit von Qualität der Leistungen an die LeistungserbringerInnen liegen.
Schwächen
• Hoher bürokratischer Aufwand, zeitaufwendigere und personalintensivere
Umstellungsprozesse/Entscheidungsprozesse (8)
• Schwierige Umsetzung in starren Strukturen und mit starren Verhaltensmustern der
AkteurInnen (2)
• Prioritätensetzung schwierig (2)
• Strategische Planungen nur bedingt möglich (2)
• Auswirkungen werden nicht abgewartet (1)
• Geringere Flexibilität bei der Leistungserbringung (1)
• Mangelnde Instrumente zur Reaktion von Abweichungen (1)
• Probleme bei der Leistungsmessung (1)
• Transparenzforderung führt zu geringerer Dokumentation (1)
• Verhältnis Stab/Linie – Einflussnahme des Stabes auf höherer Ebene kann Umsetzung
erschweren (1)
Die hauptsächlichen Schwächen von Public Governance liegen nach Ansicht der Befragten
eindeutig in einem erhöhten bürokratischen Aufwand sowie in personal- und zeitintensiven
Umstellungs- und Entscheidungsprozessen. Weiters werden die starren Rahmenbedingungen,
innerhalb derer die Leistungen erbracht werden, als Schwäche gesehen. Dies dürfte allerdings
nicht als Schwäche der Governance-Strategien und Maßnahmen zu verstehen sein, sondern
dass die tradierten „bürokratischen“ Strukturen zentralen Ansatzpunkten von Governance
entgegenstehen oder Handeln im Sinn von Governance-Prinzipien eher behindern.
Darauf deuten auch die von einzelnen befragten Personen genannten „Risiken“ bei der oder für
die Anwendung von Public Governance, wie beispielsweise das starre Haushalts-, Dienst- und
Besoldungsrecht oder eine fehlende zielgenaue Einbindung der Zielgruppen.
30
New Public Management und Public Governance
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Risiken
• Fehlende zielgenaue Einbindung der Zielgruppen
• Starrheit von Haushalts-, Dienst- und Besoldungsrecht
• Fehlendes Qualitätsmanagement
Zur Überwindung der oben genannten Schwächen und Risiken von Public Governance sind
seitens der Befragten folgende Chancen – im Sinn unterstützender Maßnahmen etwa - gegeben,
um Public Governance besser zu nutzen und weiter zu verbreiten.
Chancen
• Unterstützung und Interesse der Politik (7)
• Nutzen von Governance deutlich machen, verstärkte Zielgruppen- und Öffentlichkeitsarbeit (5)
• Flexibilisierung in den Bereichen Budget, Personal und Organisation einführen (4)
• MitarbeiterInnen- und Führungskräfteschulung (4)
• Ausbau der elektronischen Informationsverbreitung und Zugangserleichterungen (3)
• Kosten- und Leistungsrechnung (2)
• Hinweise auf best practices / Ergebnisse publizieren (2)
• Übergreifende zielführende Koordination der Governance-Maßnahmen (2)
• Einsatz von Controlling-Instrumenten (1)
Bei diesen Potenzialen und Chancen fällt auf, dass vor allem die Unterstützung und das
Interesse seitens der Politik, also im Bereich der politischen Führungskräfte erhofft bzw.
eingefordert werden. Die seit längerem als Teile der Verwaltungsmodernisierung diskutierten
Flexibilisierungen in den Bereichen Budget, Personal und Organisation sowie die Schulungen
von MitarbeiterInnen und Führungskräften sowie verstärkte Zielgruppen- und Öffentlichkeitsarbeit
zur Bewusstseinsbildung werden ebenfalls als hilfreich für weiteres Nützen der Potenziale von
Governance-Strategien und Maßnahmen gesehen.
6
Resumé – Zur Umsetzung von Public Governance (10 Thesen)23
These 1: Verstärktes Bemühen um das Setzen zeitgemäßer Rahmenbedingungen
Public Governance setzt vermehrt auf umfassend und gemeinsam geplante öffentliche Aufgaben
und auf eine die Wirkungen im Auge behaltende Umsetzung dieser Aufgaben. Dies ergibt sich
aus der Erkenntnis, dass in komplexen Gesellschaften der Staat kein umfassendes Machtmonopol ausüben kann und soll. Vielmehr bedarf es eines gut organisierten Zusammenspiels der
verschiedenen gesellschaftlichen Kräfte, die auch vom Gedanken der partnerschaftlichen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben getragen sind. Allerdings bleibt es dem Gesamtstaat vorbehalten,
die Rahmenbedingungen der Aufgabenerfüllung, wie z.B. die Bundesverfassung und die Aufgabenverteilung im föderalen Staatswesen, die Finanzverfassung und die zeitgemäße Interpretation
der Prinzipien der Konnexität und der Wahrung der Autonomie zu bestimmen und für zukunftsorientierte abgestimmte staatliche Strukturen (z.B. Verhältnis Bezirkshauptmannschaften und autonome Gemeinden) zu sorgen.
23
Bauer, Biwald, Dearing (Hrsg.): (2005), S. 394-398.
31
New Public Management und Public Governance
02.03.06
These 2: „Politische“ Steuerung ist unersetzbar
Während im System des NPM gutes Management oft als Bündel unpolitischer, wissenschaftlicher
Techniken aufgefasst wird, zeigt sich, dass bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben selbst scheinbar unpolitische Maßnahmen doch die Politik auf den Plan rufen können. Die politische Steuerung des Verwaltungshandelns ist grundsätzlich wichtig, da „sie sich nicht nur an ökonomischen
Kriterien, sondern an gesellschaftlichen Werten orientiert“ (Löffler und Bovaird). Die politische
Steuerungsverantwortung sollte allerdings seitens der Politik auch angenommen werden. Gleichzeitig muss erkannt werden, dass die „politische“ Steuerung nicht der Politik allein vorbehalten ist.
Wenngleich die PolitikerInnen eine besondere Legitimation zum Treffen von Entscheidungen
haben, kommt auch anderen AkteurInnen, wie den Betroffenen, der Verwaltung und ExpertInnen,
die Befugnis zur Mitwirkung an der Entscheidungsfindung zu, d.h. die Souveränität muss geteilt
werden.
These 3: Entwickeln und Festigen ethischer Grundsätze des Handelns im öffentlichen
Bereich
Ethisches Handeln im öffentlichen Bereich insgesamt bedarf einer gemeinsamen Wertebasis
bezüglich Sinn und Ausmaß der staatlichen Interventionen. Dementsprechend gilt es heute, allen
Beteiligten Klarheit über das aktuell verfolgte Konzept öffentlicher Aufgabenerfüllung und über die
öffentliche Finanzierung von Gemeinschaftsleistungen zu verschaffen. Ethisches Handeln des
Einzelnen im öffentlichen Bereich ist in einem offenen System, das auf Selbststeuerung, auf
Delegation und direkte Gestaltung der Beziehung zwischen BürgerInnen und den öffentlichen
Dienstleistern setzt, verstärkt bewusst zu machen. Hierzu braucht es institutionelle Vorkehrungen, Trainings und anderer Maßnahmen der Personalentwicklung zur Erhöhung interkultureller
Sensibilität und Kompetenz von Politik und Verwaltung ebenso wie beispielsweise zur präventiven Bekämpfung von Korruption.
These 4: Erfolgsfaktoren und Voraussetzungen für Public Governance
Public Governance in fortgeschrittenen demokratischen Systemen ist nicht nur von den Zugängen, begrifflichen Fassungen, sektoralen Ausprägungen (z.B. Local Governance) vielfältig. Es
kann auch für verschiedene Einsatzzwecke hilfreich sein: So bietet Governance Leitbilder für
Politik und den gesamten öffentlichen Sektor ebenso wie für einzelne Teilbereiche; weiters können „Governance-Konzepte als Analyse- und Diagnoseinstrumente für gutes Staatshandeln
genutzt“24 werden. Dabei sollte nicht übersehen werden, dass der jeweilige wirtschaftliche und
gesellschaftliche Kontext die Übertragbarkeit von Governance-Konzepten von einem Land auf
andere beschränkt.
These 5: Anforderungen an ganzheitliches und damit effektiveres Steuern
Zentrale Merkmale von Public Governance bestimmen die Anforderungen an ganzheitliches
Steuern. Es sind dies zunächst nachhaltige Partizipation und neue Regeln der Konsensbildung,
mit denen eine lebendige Demokratie und mehr Lebensqualität erwartet werden. Weiters verbessern strategisches Management, partnerschaftliche Zielentwicklung und das Arbeiten in Netzwerken Effizienz und Effektivität der Aufgabenerfüllung. Dabei wäre die gesamte Organisation in das
Steuerungssystem einzubeziehen. Es wird deshalb ein System benötigt, mit dem sowohl auf der
24
Vgl. dazu: Hill: (2004), S. 15.
32
New Public Management und Public Governance
02.03.06
grundsätzlichen (normativen), auf der strategischen wie auch auf der operativen Ebene, sowohl
auf politischer wie auch auf Verwaltungsebene, sowohl intern als auch in den Außenbeziehungen
zu BürgerInnen und Interessensgruppen, gesteuert werden kann.
These 6: Auch die Politik muss Ziele setzen
Public Governance erfordert politisch-strategische Ziele – trotz der damit verbundenen Probleme
in Politik und Verwaltung zeigen aktuelle Beispiele in diesem Band, dass eine Zielsteuerung
möglich und notwendig ist. Für die Umsetzung von Public Governance ist dies eine zentrale
Voraussetzung um die Transparenz zu gewährleisten, die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen zu erleichtern sowie auch die Wirkungsorientierung zu ermöglichen. Dafür bedarf es einerseits politischer Visionen, festgehalten in Leitbildern und konkretisiert in strategischen Zielen;
weiters sind Bereitschaft und Bekennen der Politik erforderlich, sich mit der Verwaltungsspitze
und anderen AkteurInnen in Strategie- und Zielvereinbarungsprozesse einzulassen.
These 7: Verknüpfen bewährter Modernisierungsinstrumente für die neue Steuerung
Public Governance ist geprägt vom Netzwerkgedanken: Nicht mehr überwiegend hierarchisch
strukturierte Organisationen erbringen gesetzlich vorgeschriebene und freiwillige Leistungen.
Vielmehr bilden sich Netzwerke und Partnerschaften, um mit komplexen Problemstellungen
adäquater umgehen zu können. Diese Netzwerkphilosophie wirkt sowohl innerhalb der Verwaltung als auch gegenüber den BürgerInnen, Interessensgruppen, NGO’s, etc. Dabei wird deutlich,
dass Transparenz über die Verwaltung, ihre Leistungen, ihre Kosten, erst eine entsprechende
Partizipation der BürgerInnen ermöglicht. Nur wenn man genau weiß, in welcher Sache man wie
weit mitgestalten kann, ist Partizipation auch sinnvoll und zielführend.
Es bedarf eines systematischen Zusammenspiels jener Instrumente, die zur Messung von Input
(Finanzen, Kosten, Personal, etc.), Output (Quantität aber auch Qualität) und Outcome (Wirkung
und Nutzen für die Gesellschaft bzw. einzelne Zielgruppen) der Leistungserbringung geeignet
sind. Verfahren und Instrumente des NPM, die BSC, wie auch Qualitätsmanagementansätze sind
möglichst gut zusammen zu führen, das strategische Management wäre stärker als bisher zu
betonen.
These 8: Wirkungsorientierung als Schlüsselelement
Aus demokratiepolitischen Gründen, aus Gründen der Legitimation staatlichen Handelns und aus
Gründen der Sorgfaltspflicht im Umgang mit den „treuhänderisch überantworteten Steuergeldern“
sind Politik und Verwaltung den BürgerInnen und KundInnen ein wirksames Verwaltungshandeln
schuldig. Dabei hat die Verwaltung die Aufgabe, durch ihre Leistungen möglichst nahe an die von
der Politik vorgegebenen Wirkungen heranzukommen. Es reicht daher nicht aus, lediglich die
konkreten Leistungen, wie etwa die Anzahl der Bescheide oder die Dauer von Verfahren zu
messen. Vielmehr gilt es angestrebte Wirkungen zu definieren und mit Wirkungsindikatoren
messbar zu machen. Durch die so gewonnene Klarheit über Ziele und die Messung der Zielerreichung durch Indikatoren verbessern sich bereits die Leistungen einer Organisation. Wenn man
den MitarbeiterInnen klar macht, welche Ziele erreicht werden sollen und was ihr Anteil an der
Gesamtleistung der Organisation ist, braucht man sich über die Motivation der Menschen keine
Sorgen mehr zu machen. Nicht zuletzt ist der wirkungsorientierte Einsatz von Ressourcen die
nachhaltigste Möglichkeit, den Staatshaushalt zu konsolidieren.
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New Public Management und Public Governance
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These 9: Vielfältige Beteiligungen gesellschaftlicher Gruppen bestimmen die Qualität von
Public Governance
Bürgerbeteiligung erhöht nur dann die Akzeptanz und Effektivität staatlichen Handelns, wenn sie
vom Vertrauen zwischen BürgerInnen, Politik und Verwaltung getragen ist, professionell gestaltet
und qualitätvoll umgesetzt wird. Nur durch einen kontinuierlichen Dialog zwischen BürgerInnen
und Verwaltung/Politik kann die Skepsis etwa von Gemeinderäten gegenüber potenziellen Beiträgen der MitbürgerInnen und die Skepsis der MitbürgerInnen gegenüber unvermittelten Meinungsbefragungen abgebaut werden. Das Internet bietet gute Möglichkeiten, demokratiepolitischen Defiziten entgegenzuwirken. Eine Plattform kann dabei sowohl das Informationsbedürfnis
decken als auch die aktive Mitgestaltung durch Anregungen ermöglichen. Das neue Medium lässt
darüber hinaus echten Dialog und Interaktion sowohl zwischen den Interessierten, als auch
zwischen Verwaltungen und BürgerInnen zu.
Auch Unternehmungen können durch bürgerschaftliches Engagement („corporate citizenship“)
substanziell an der Mitgestaltung des Gemeinwesens, an der Schaffung neuer Ordnungsmuster
bei der Verbesserung der Standort- und Lebensqualität mitwirken. Ein solches Engagement kann
weiters einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung einer Unternehmenskultur leisten, in der „die
Übernahme sozialer Verantwortung und die Orientierung am Gemeinwohl Kernelement unternehmerischer Aktivitäten“ (M. Oppen) sind.
Empirische Studien in Deutschland haben gezeigt, dass die Handlungslogik von Unternehmen
bei der Entscheidung für soziale Investitionen weniger irgendwelchen Förder- oder Anreizmechanismen als vielmehr dem Konkurrenzmechanismus folgen. Die Rolle des Staates wird dabei
weniger als Entscheider und Produzent gesehen, sondern eher als Mode rator oder Aktivator für
gesellschaftliche Entwicklungen, die er nicht selbst bestimmen kann und soll.
These 10: Erfolgsfaktoren für Public Governance
Wenngleich es keine weltweiten Patentrezepte für Public Governance gibt, kristallisieren sich
dennoch mehrere Erfolgsfaktoren hierfür heraus. Sie sind auch aus dem jeweiligen Kontext, in
dem der öffentliche Sektor agiert, zu bestimmen.
Einige der Erfolgsfaktoren lauten:
• ein Wandel in der Einstellung der PolitikerInnen und VerwaltungsmitarbeiterInnen ist zu erreichen; denn diese müssen sich selbst und der Öffentlichkeit eingestehen, dass sie nicht die
Lösung aller Probleme kennen und alleine umsetzen können;
• verstärktes Einbeziehen der Zivilgesellschaft in informelle Prozesse der Politikgestaltung und
der Entscheidungsfindung (z.B. im Rahmen von Stakeholder-Dialogen) ebenso wie bei der
Umsetzung von Aufgaben;
• (neue) staatliche Aufgaben und Programme sollten der Lösung von gesellschaftlichen Problemen dienen und so auf ihre Wirkung, auf die Nachhaltigkeit, auf die ‚FöderalismusTauglichkeit‘ geprüft werden;
• eine von oben nach unten durchgängige Zielvereinbarungskultur und Kontraktmanagement;
• eine verstärkte Wahrnehmung der politikberatenden Aufgabe der Verwaltung im Rahmen
eines neuen Selbstverständnisses (Verwaltung als ‚Kompetenzzentrum‘);
• ein vielfältiges Benchmarking, d.h. Orientieren an wirksamen Lösungen öffentlicher Aufgaben
im Sinn einer „offenen Koordinierung“.25
25
Vgl. dazu: Hill: (2004), S. 10.
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New Public Management und Public Governance
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Wichtige Voraussetzungen für das Erreichen der Ziele von Public Governance – mehr noch als
im NPM – sind:
• ein Wandel in der Organisationskultur, so etwa bezüglich des Vergleichens und des Lernens
voneinander, bezüglich des Setzens von Zielen und Entwickelns von Strategien, bezüglich
des Beteiligens der MitarbeiterInnen in den Organisationen bei der Suche nach neuen Ideen
für mehr Bürgernähe und nach schlankeren Prozessen,
• ein abgestimmter und dosierter Einsatz der verfügbaren Instrumente.
7
Fragen zur Diskussion
• Arbeiten Sie Hauptelemente des hoheitlichen Regierens, des Dienstleistungsstaates sowie
des Gewährleistungsstaates der Betriebe heraus. Welche Entwicklungen in den Teilbereichen
lassen sich für die vergangenen fünf Jahre feststellen, welche werden in den nächsten paar
Jahren zu erwarten sein?
• Welchen Stellenwert genießen Ausbildung, Weiterbildung und etwa Lernen an
Reformprojekten im Bereich des Public Management und von Good Governance?
• Welche Anreize könnte das Management bereits heute für das Einlösen des Prinzips der
„accountability“ im öffentlichen Rechnungswesen setzen?
• Die Beteiligung der Bürger an politischen Entscheidungen und am Verwaltungsmanagement
soll verstärkt werden. Welche Maßnahmen können hiefür im Bereich der Aufgabenkritik und
der Bestimmung der Qualität für öffentliche Leistungen ergriffen werden?
• Prüfen Sie in Ihrem Einflussbereich welche Entscheidungsprobleme im Management und in
Politik mit dem Ansatz von Public Governance besser gelöst werden könnten als auf die
herkömmliche Weise?
• Geben Sie bitte zwei Beispiele für erfolgreiche Bürgerbeteilung in Ihrer Verwaltung an!
• Welchen Stellenwert nimmt die Selbstbewertung nach CAF im Hinblick auf Good Governance
in Ihre Verwaltung ein?
35
New Public Management und Public Governance
02.03.06
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