Seelsorgeeinheit Johannes XXIII. Stuttgart-Filder Bei der Bekanntgabe des neuen Namens Johannes XXIII. beim gemeinsamen Gemeindefest gab es spontanen Beifall. Die Namenspatrone der vier Kirchengemeinden bleiben, doch die neue Seelsorgeeinheit und künftige Gesamtkirchengemeinde will nicht nur „zehn“ heißen. Bis Ostern wurden Vorschläge gesammelt. Die Kirchengemeinderäte wählten beim gemeinsamen Wochenende im April vier Namen aus, die bei den Gottesdiensten am 5. Juni in der Predigt vorgestellt wurden. Die Besucher/innen konnten im Anschluss ihr Votum abgeben. In Degerloch und Hohenheim war an erster Stelle der salvadorianische Märtyrerbischof Oscar Romero, in Sillenbuch und Heumaden Papst Johannes XXIII. Viele Voten gab es auch für Klara und Franziskus von Assisi – einzeln oder gemeinsam. An der Spitze aller lag Johannes XXIII. Diesen Namen übernahm dann der Gemeinsame Ausschuss. Er ist inzwischen durch die Diözese bestätigt. Johannes XXIII. war die Überraschung unserer Kirche im letzten Jahrhundert. Als eines von 13 Kindern einer Kleinbauernfamilie war Angelo Roncalli sein Leben lang den einfachen Menschen verbunden. Als Sanitäter erlebte er die Grauen des Ersten Weltkriegs an der Dolomitenfront. Im Tagebuch schrieb er: "Oft konnte ich mich nur noch auf die Knie werfen und wie ein Kind weinen." Als Kirchengeschichtsprofessor in Rom geriet er in Misskredit, weil er z.B. Verständnis für konfessionsverschiedene Ehen zeigte. In seiner Personalakte im Vatikan fand er später den Vermerk „Roncalli, des Modernismus verdächtig“. Im diplomatischen Dienst des Vatikan war er mit seiner Menschenfreundlichkeit ein geschickter Vermittler und fand Freunde unter Juden, Muslimen, Orthodoxen und Kommunisten. In Griechenland rettete er 200 000 Juden vor den Deutschen, indem er Taufscheine ausstellte. 1958 wurde Roncalli zum Papst gewählt. Er hatte ein klares Programm: Öffnung der Kirche für die Welt, ein kooperativer Führungsstil, ein menschliches Papstamt. Es ging um Aggiornamento, die Erneuerung der Kirche. Bei der Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils 1962 wandte sich der Papst gegen die Unheilspropheten, die in der Welt nur Schlechtes sehen. Im Oktober 1962, als die Menschheit am Abgrund eines Atomkrieges stand, trug er in einem dramatischen Appell zur Entschärfung der Kubakrise bei und hinterließ kurz vor seinem Tod 1963 mit der Friedensenzyklika „Pacem in Terris“ sein bleibendes Vermächtnis. Odilo Metzler