RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM FAKULTÄT FÜR PHYSIK UND ASTRONOMIE Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker A. Berlin 15. Mai 2014 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Lernziele – Die Größen Winkelgeschwindigkeit, Drehmoment und Drehimpuls sind Vektoren die senkrecht auf der Bewegungsebene stehen – Ein rotierendes System ist immer auch ein beschleunigtes System – Das Drehmoment ist Kraft mal effektiver Hebelarm – Ein drehender Körper ist im Gleichgewicht wenn gilt ähnlich zum Kraftbegriff P~ Mi = 0; i – Geht die Drehachse durch den Schwerpunkt, so ist das effektive Drehmoment gleich Null – Der Drehimpuls ist eine Erhaltungsgröße; so wie der Impuls bei der Translation A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 2 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Kreisbewegung ebener Winkel/Bogenlänge ebener Winkel: – Gradmaß → Vollkreis 360° 51° – Bogenmaß → Vollkreis 2π Einheit [ϕ] = rad j ϕ= Kreisbogenlänge Radius s r = s 51° j r Umrechnung: Vollkreis = b 360° = b → Dreisatz: A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 2π r r ϕ° = = 2π 360° 2π ϕrad 3 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Kreisbewegung Winkelgeschwindigkeit s(t2) Ds s(t1) s = rϕ ∆s = r ∆ϕ 51° Dj r Tangentialgeschwindigkeit vT = Dt = t2 - t1 Tangential- (aT ) und Winkelbeschleunigung (ω̇): A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | ds dϕ = r dt dt |{z} ω → vT = r · ω [ω] = s−1 = rad/ s → aT = r · ω̇ [ω̇] = s−2 = rad/ s2 4 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Kreisbewegung Kennwerte der Rotation w ω ~ ist die Winkelgeschwindigkeit in [ω] = rad/ s und ein Vektor. Allgemein gilt r ~v = ω ~ × ~r Das Vorzeichen von ω gibt die Drehrichtung an (Drei-Finger-Regel, rechte-Hand Regel) Umlaufzeit T: Zeit für eine Umdrehung ϕ = 2π ω · T = 2π T = 2π ω A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | v Frequenz f: Anzahl der Umdrehungen pro Zeit f = 1/T [f] = s−1 = Hz → ω = 2π f 5 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Beschleunigung in rotierenden Systemen Man unterscheidet zwei Arten von Beschleunigungen – Winkelbeschleunigung, die zeitliche Änderung der Winkelgeschwindigkeit dω 1 dvT aT = ω̇ = = dt r dt r – Radialbeschleunigung auch bei einer konstanten Winkelgeschwindigkeit wirkt eine Beschleunigung auf den rotierenden Körper. Radialbeschleunigung: aR = ω 2 · r = v2T r A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | Dr j r(t2) Der Vektor ~aR ist dabei immer zum Mittelpunkt der Kreisbewegung gerichtet. Für ∆t geht ϕ → 0 und ∆v steht senkrecht zu v1 und zeigt somit zum Mittelpunkt. v1 r(t1) v2 v2 j v1 Dv 7 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Radialkraft Zentripetalkraft / Zentrifugalkraft Mit der Radialbeschleunigung ist auch eine Kraft verbunden, die ebenfalls zum Zentrum hin gerichtet ist. Radialkraft: FR = m aR = m ω 2 r = m v2T r (Zentripetalkraft) Für den Rotierenden existiert eine gleichgroß entgegengesetzte Kraft → Zentrifugalkraft Quelle: Computerbild.de Autor: Distelfalter A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 8 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Beispiel Abstand Stern – Planet 4 1 3 2 Helligkeit 2 3 1 4 Zeit FG A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | FR 9 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM starre Körper Um was geht es? – Unter einem starren Körper versteht man einen nicht-verformbaren ausgedehnten Körper – Entweder ist die Masse kontinuierlich über den Körper verteilt oder in diskreten Massenpunkte (z.B. Molekül) Anders als in der Punktmechanik – neben der Translation ist auch eine Rotation des Körpers möglich – Kräfte können an verschiedenen Punkten des Körpers angreifen → Unterscheidung zwischen homogene und inhomogene Körper A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 10 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Dichte Die Dichte ist das Verhältnis zwischen Masse und Volumen eines Körpers. Dichte: ρ = m V [ρ] = kg m3 Siehe Ergänzungsübung D homogene Körper – die Masse ist gleichmäßig über das Volumen verteilt – die Dichte ist im ganzen Körpervolumen konstant inhomogene Körper – ungleichmäßige Massenverteilung – die Dichte ist nicht über das gesamte Volumen konstant – Bsp. gezinkter Würfel, der menschliche Körper, Schweizer Käse,... A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 11 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Bewegung starrer Körper Rotationsenergie – Zerlegung des Körpers in infinitesimale Volumina mit konstanter Dichte – Für diese Massenstücke gelten nun die Überlegungen der Punktmechanik r – Summierung der jeweiligen Effekte, die auf die Massenstücke wirken, um den Gesamteffekt des starren Körpers zu erhalten r Dm A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 12 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Trägheitsmoment R Definition: Θ = r2 dm Einheit: [Θ] = kg m2 r Q=1/2 mr 2 Das Trägheitsmoment ist der ”Widerstand” eines starren Körpers gegenüber einer Änderung seiner Rotationsbewegung um eine bestimmte Achse. 2 Q=2/5 mr Die Größe von Θ hängt ab von – der Form des Körpers. – der Massenverteilung. – der Drehachse. 2 2 Q= 1/2 m (r1 +r2 ) L → Systems aus N Punktmassen: Θ = m1 · d21 + m2 · d22 + ... + mN · d2N = di ist der Abstand der Masse i zur Drehachse. N P i=1 mi · d2i 2 2 Q= 1/4 m r + 1/12 m L A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 13 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Drehmoment Das Drehmoment ist das Pendant zur der Kraft in der Translation, es beschleunigt oder bremst Drehbewegungen. ~ = ~r × ~F Drehmoment: M ~ = Θω̇ ~ M oder oder als Betrag [M] = N · m ~ = |~r| · |~F| sin (~r, ~F) |M| Das Drehmoment ist ein Vektor, welcher senkrecht auf ~r und ~F steht. Das Vorzeichen von M gibt dabei die Richtung der wirkenden Kraft an. (im oder gegen den Uhrzeigersinn, Drei-Finger-Regel) r r r' F r a F F In Worten ist das Drehmoment gleich der Kraft mal effektiven Hebelarm. A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 14 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Beispiele zum Drehmoment r F A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | Quelle: aus Telekolleg-Physik, BR 15 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Addition von Drehmomenten Zwei gleichgroße und bezüglich des Drehsinns gleichgerichtete Drehmomente ergeben ein doppelt so großes Drehmoment F r F Zwei gleichgroße aber im Drehsinn entgegengesetzt gerichtete Drehmomente heben sich auf F F r Ein Körper ist, in Bezug auf die Drehung, dann im Gleichgewicht, wenn alle angreifende Drehmomente sich zu Null kompensieren. P~ Mi = ~0 i A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 16 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Hebel zweiarmiger Hebel Die Balkenwaage oder die Spielplatzwippe sind gute Beispiele für ’zweiarmige Hebel’ Prinzip der Hebelwirkung: Mit kleinen Kräften und langem Hebelarm → große Lasten heben A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 17 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Hebel einarmiger Hebel einarmiger Hebel → Beide Kräfte greifen auf der gleichen Seite des Drehpunktes an A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 18 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Schwerpunkt 1 dimensional Der Schwerpunkt ist ein ausgezeichneter Punkt eines Körpers, aber er muss sich nicht notwendigerweise im Körpervolumen befinden. A Quelle: www.tripadvisor.co.uk Ist ein Körper im Schwerpunkt aufgehängt so kompensieren sich alle Drehmomente zu Null, bezüglich der Schwerkraft. A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 19 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Experimente Schwerpunkt Bei einfachen Formen, lässt sich der Schwerpunkt aus der Geometrie leicht ableiten Bsp. Würfel, Kugel, Scheibe Experiment: Besenstiel Unregelmäßige und/oder Pinhomogene Körper kann man an verschiedenen Punkten aufhängen → In der Ruhestellung gilt Mi = 0. A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 20 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Experimente Schwerpunkt Bei einfachen Formen, lässt sich der Schwerpunkt aus der Geometrie leicht ableiten Bsp. Würfel, Kugel, Scheibe Experiment: Besenstiel Unregelmäßige und/oder Pinhomogene Körper kann man an verschiedenen Punkten aufhängen → In der Ruhestellung gilt Mi = 0. So läuft ein Lot vom Aufhängepunkt direkt durch den Schwerpunkt. Aus dem Schnittpunkt mehrerer Lote erhält man exakt die Position des Schwerpunktes. A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 20 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Drehimpuls L Definition: ~L = ~r × ~p = Θ~ ω Einheit: [L] = kg m2 s r mv A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 21 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Drehimpulserhaltung Innere Kräfte können den Drehimpuls nicht ändern. Wenn keine äußeren Kräfte wirken bleibt er zeitlich konstant, sowohl betrags- als auch richtungsmäßig. Wenn P~ M=0 A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | gilt P~ L = const. 22 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Drehimpulserhaltung Innere Kräfte können den Drehimpuls nicht ändern. Wenn keine äußeren Kräfte wirken bleibt er zeitlich konstant, sowohl betrags- als auch richtungsmäßig. Wenn P~ M=0 A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | gilt P~ L = const. 22 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Experiment Kreisel A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 23 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Rechnung Kreisel / Präzession wP L M M L FG= mg FG r A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 24 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Rechnung Kreisel / Präzession A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 25 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Die Erde als Kreisel Polarstern (Polaris) Wega wP ~ 23° Sowohl Sonne als auch Mond wirken gravitativ auf die Erde ein und versuchen ihre Rotationsachse zu kippen. Entlang dieser Präzession führt die Erdachse sogenannte Nutationsbewegungen aus. Hauptursache → der Mond. 23,5° Nutationsbewegung der Erdachse T ~ 26000 a Die Anwesenheit des Mondes stabilisiert jedoch auch die Lage der Erde. Aufgrund seiner Nähe wirkt er gravitativ stärker auf die Erde ein als z.B. ein Vorbeiflug des Mars. Ohne den Mond gebe es Abweichungen von 10° bis 30° vom Neigungswinkel. A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 26 RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Vergleich: Translation ↔ Rotation Translation Rotation Verknüpfung Weg: ~r Geschw.: ~v = ~r˙ Beschl.: ~a = ~¨r Kraft: ~F = m~a Impuls: ~p = m~v Energie: Ekin,trans = Winkel: ϕ W.-Geschw.: ω = ϕ̇ W.-Beschl.: ω̇ = ϕ̈ ~ = Θω Drehmoment: M ~˙ Drehimpuls: ~L = Θ~ ω Rot.-Energie: Ekin,rot = 21 Θω 2 s = rϕ v = rω a = rω̇ ~ = ~r × ~F M ~L = ~r × ~p ~F = d~ p dt 1 mv2 2 ~ = M d~ L dt Wir sehen, wir können die Rotation eines starren Körpers formal genauso behandeln, wie die Translation einer Punktmasse. Aber es muss das Trägheitsmoment Θ bezüglich der Drehachse bekannt sein. A. Berlin | Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker | 27