Mehr Wissen – weniger Ressourcen

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Rezension
Mehr Wissen – weniger Ressourcen
Potentiale für eine ressourceneffiziente Wirtschaft
Inhalt
Problembeschreibung und Zielvorstellung
Lösungsansätze nach Bedürfnisfeldern
Nachhaltige Mobilität
Nachhaltig Bauen und Wohnen
Nachhaltige Ernährung und Landwirtschaft
Information und Kommunikation
Schluss - kritische Würdigung - Empfehlungen
1
2
2
3
3
4
5
Studie:
Ploetz/Reuscher/Zweck
VDI-ZTC, 2009
(Kompletter Titel und Bestellung s. S. 6)
Rezension:
Sebastian Schmidt,
VDI-ZRE, 2010
Problembeschreibung und
Zielvorstellung
D
er anthropogene Klimawandel findet
statt. Nach Nicolas Stern kommen in der
Zukunft Kosten von bis zu 20% des globalen
Sozialprodukts für Anpassungsmaßnahmen an
den Klimawandel und weitere Folgekosten1
auf die Weltwirtschaft zu. Um dies zu verhindern
und den Anstieg der globalen Temperatur auf 2
C° über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, müssten aktuell jährlich etwa 1% des WeltBSP aufgewendet werden. Untersuchungen von
McKinsey, Münchener Rück und weiteren angesehenen Instituten ergeben Ähnliches.
E
in eng mit dem Klimawandel verbundenes
Problem, ist die zunehmende Verknappung von Rohstoffvorkommen bei steigender Nachfrage. Als Ursache werden in der
Studie eine wachsende Weltbevölkerung sowie
eine allgemeine Steigerung des Wohlstands
durch Wirtschaftswachstum identifiziert. Fossile
Energieträger und Ressourcen (biotisch/abiotisch) sowie Wasser, Boden und die Atmosphäre
werden dadurch immer stärker in Anspruch genommen.
E
in Ökosystem ist ein systemisches Modell, das eine abgeschlossene Einheit der
Biosphäre beschreibt. Es beinhaltet die Gesamtheit aller Lebewesen in einem Lebensraum
und den anorganischen Lebensraum selbst, der
sich in Litho-, Pedo-, Hydro- und Atmosphäre
unterteilt. Spricht man von dem Ökosystem,
bezeichnet es alle auf der Erde vorfindbaren
Ökosubsysteme. Eine allgemeingültige Definition für die Systemgrenzen von Ökosystemen
gibt es nicht. Sie orientieren sich meist an einem charakteristischen Übergangsbereich wie
Waldrändern, Seeufern und Meeresküsten. Zum
System gehören auch die Wechselbeziehungen
zwischen den Elementen des Systems.
D
ie anthropogene Nutzung von Ökosubsystemen, sei es durch die Entnahme
von Rohstoffen oder durch die Einbringung
von Stoffen (Immission), bedroht zunehmend
deren Regenerations- und Funktionsfähigkeit und damit die Voraussetzungen für die
Erzeugung von Wohlstand.
D
ie Weltbevölkerung wächst jedoch und außerdem nutzen viele Menschen die Natur
immer intensiver. Deshalb ist das Ziel, eine
nachhaltige Nutzung der Ökosysteme zu erreichen und zu verstetigen nur dann zu erreichen, wenn die natürlichen Ressourcen effizienter genutzt werden.
1 Migrationsströme und kriegerische Auseinandersetzungen als Folgen von wiederkehrenden Dürren und Überschwemmungen
sowie die dauerhafte Degradierung von Ackerland.
1 Handy
effizient
2
1 Handy
1 Handy
4
1 Handy
6
8
1 Handy
Zeit (Jahre)
ineffizient
Grafik: ZRE
A
ufgrund der bereits jetzt weit vorangeschrittenen Zerstörung von Ökosystemen, einer wachsenden Weltbevölkerung und einer
erwarteten durchschnittlichen pro-Kopf Wohlstandsteigerung, sind die Erfordernisse sehr anspruchsvoll. Das bedeutet, dass die Effizienz
bei der Nutzung von Ökosystemen um ein
Vielfaches verbessert werden muss – Prozentwerte sind bei Weitem nicht genug. Nach
der Studie muss von 2010 bis 2050 alle zehn
Jahre eine Verdopplung der CO2-Effizienz erreicht werden, um das 2°C-Ziel zu erreichen.
Das CO2-Minderungspotential sei dabei nach
einer Untersuchung von McKinsey in Entwicklungsländern mehr als doppelt so hoch, wie in
den Industriestaaten. Eigentlich sind es jedoch
die Industriestaaten, die ihre Emissionsbudgets
(Rechte an einem pro-Kopf-Anteil der Atmosphäre)2 schon weitgehend ausgeschöpft haben
und auch heute noch die höchsten Emissionen
haben. Die Industriestaaten könnten also den
Entwicklungsländern – ggf. im Austausch gegen Emissionsrechte – Technologien zur Verfügung stellen, damit deren Wachstum nicht mit so
schädlichen Auswirkungen einher geht wie unseres. Potentiale im Bereich Ressourcenschonung bzw. Ressourceneffizienz (RE) werden
in der Studie mangels Datenverfügbarkeit nicht
vergleichend dargestellt.
Lösungsansätze nach Bedürfnisfeldern
D
ie Steigerung der Ressourceneffizienz (RE)
verfolgt zwei Ziele: zum einen die Verringerung des Ressourceneinsatzes (Input) pro erzeugter Nutzungseinheit und zum anderen die
Verringerung stofflicher Emissionen (Output)
pro erzeugter Nutzungseinheit. Die Studie identifiziert eine Reihe von Ansätzen, um dieses Ziel
zu erreichen. Diese sind im Einzelnen: Produktgestaltung, Effiziente Prozesse, Substitution,
Recycling, Kaskadennutzung, Koppelnutzung,
effiziente Produktnutzung sowie das Konzept
„Nutzen statt Besitzen.“ Sie werden im Folgenden anhand von Beispielen erläutert.
F
Nachhaltige Mobilität
ür alle Fahr- und Flugzeugkategorien spielt
das Produktdesign eine entscheidende
Rolle. So ist dabei nicht nur von Interesse, wie
viele Rohstoffe und Emissionen bei der Produktion eines Fahrzeugs anfallen. Die Produktgestaltung beeinflusst die Ressourceneffizienz auf
allen Stufen der Wertschöpfungskette über den
gesamten Produktlebenszyklus hinweg (d.h. von
der Rohstoffgewinnung bis hin zur Entsorgung
bzw. zum Recycling des Produkts). So wird z.
B. die Menge von Rohstoffen und Emissionen,
welche beim Betrieb von Fahrzeugen anfällt
2 Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt das Konzept der Klimagerechtigkeit (Rechte an einem pro-Kopf-Anteil der Atmosphäre), auch wenn sie der Realisierung dieser Gerechtigkeit einen Zeithorizont zumisst, der auf dem internationalen Parkett nicht
akzeptiert wird. Vgl: http://www.zeit.de/2008/42/U-Klimagerechtigkeit?page=all
bzw. verbraucht wird, wird signifikant durch das
Produktdesign beeinflusst. Im Bereich Mobilität werden Elektro-, Hybridfahrzeuge, und der
Leichtbau als Ansatz für Ökodesign genannt. Ein
weiterer wichtiger Einflussfaktor ist die effiziente Produktnutzung. So könne zum Beispiel mit
einem Sprit sparenden Fahrstil der Verbrauch
eines Fahrzeugs um bis zu 30% gesenkt werden. Ein weiterer Aspekt, der im Bereich Mobilität eine entscheidende Rolle spielt, ist das Konzept „Nutzen statt Besitzen“. So könnten sich
zum Beispiel Automobilhersteller in Zukunft als
Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen verstehen. Der Anreiz würde dann nicht darin bestehen, möglichst viele und möglichst große Fahrzeuge zu verkaufen, sondern den Nutzern eine
bedarfsgerechte und komfortable Fortbewegung
anbieten zu können.
Nachhaltig Bauen und Wohnen
D
er Gebäudebereich bietet ebenfalls ein anschauliches Beispiel für die zentrale Rolle
des Produktdesigns. Dort werden 80% des
späteren Energieverbrauchs durch die Planung
festgelegt. Nur noch 20% des Verbrauchs können die Nutzer durch ihr Verhalten beeinflussen.
Auch beim Stoffverbauch sind Einsparmöglichkeiten durch Produktdesign (u. a. Herstellung
von Baustoffen) gegeben, die aber in der Studie
nicht quantifiziert wurden. Ein weiterer vielversprechender Ansatz bei der „Produktgestaltung“
ist die Konzipierung von energieautarken, beinahe abfallfreien Nullemissionsstädten wie z.B.
Masdar City / Abu Dhabi. Der nächste Ansatzpunkt ist die Sanierung des Bestands, d.h. die
Substitution suboptimaler Bau- und Dämmstoffe mit Besseren: Insgesamt hat der Gebäudebereich einen Anteil von rund 40% am gesamten
Endenergieverbrauch in Deutschland. Bis 2020
könnten in Deutschland durch die energetische
Gebäudesanierung 50 Mrd. Euro an Heizkosten
eingespart werden. Nach McKinsey ergibt sich
ein Gesamtpotenzial von 63 Mt CO2e, von denen etwa 90% als wirtschaftlich eingestuft werden. Das Recycling von Baustoffen bzw. die
Nutzung von Recyclingprodukten im Bausektor
ist ebenfalls ein wichtiger Ansatzpunkt.
in Beispiel für die Koppelnutzung bietet
die Verwendung von Lignin, das bei der
Papierherstellung anfällt, als Ausgangsstoff für
E
Ökodesign – Erneuerbar vs. Fossil
Brennstoffzellen- und Elektroantrieb bieten
Vorteile, da beim Fahren keine schädlichen
Emissionen anfallen. Bei CO2-freier Wasserstoff- bzw. Stromerzeugung verbessert sich die
Bilanz noch einmal beträchtlich. Für Strom aus
erneuerbaren Quellen beträgt die Gesamtemissionsbilanz nur etwa 10 g CO2 pro gefahren Kilometer - zum Vergleich: Die Emissionen erdölbasierter Fahrzeuge einschließlich der Vorkette
der Energieproduktion liegen heute bei knapp
200 g CO2. Weitere interessante Ansatzpunkte
sind die Energie- und Ressourceneffizienzpotentiale bei der Herstellung der Fahrzeuge und
ihrer Entsorgung bzw. dem Recycling.
den neuen Holzwerkstoff Arboform. Ein weiteres Beispiel für die Bedeutung des Bausektors
bietet ein intelligentes Produktdesign zur Kaskadennutzung von Wasser. So kann Dusch- und
Spülabwasser durch intelligente energieeffiziente Leitungssysteme für die Klospülung zwischengelagert werden, bevor es endgültig zu
Abwasser wird.
D
Nachhaltige Ernährung
und Landwirtschaft
a die Landwirtschaft aktuell und auch in Zukunft der größte Wasserverbraucher ist, ist
sie ein “natürliches Ziel” für Effizienzsteigerungen. Für den Bereich Produktdesign wird ein
beeindruckendes Beispiel angeführt: Ein chinesischer Forscher hat durch die Entdeckung und
geschickte Steuerung eines PflanzenstressHormons erreicht, dass in Nordwest-China der
Bedarf an Wasser für die Bewässerung von
Reisfeldern halbiert werden konnte, während
gleichzeitig die Erträge stiegen.3 In der Bewässerung liegen insbesondere für Entwicklungsländer weitere große Potenziale: Während Verfahren wie die Mikro- oder Tröpfchenbewässerung
Effizienzen von über 90% erreichen, kann durch
die hohe Verdunstung bei Beregnungsverfahren
nur eine Effizienz von 65% erzielt werden. Dies
ist ein Beispiel für effiziente Prozesse. Die optimale Nutzung und Speicherung von Regenwas-
3 Über die gesellschaftliche Kontroverse und die Chancen und Risiken der Bio- und Gentechnologie in verschiedenen Bereichen
siehe umfangreiche, empirisch unterlegte Erörterungen der DFG:
http://www.dfg.de/dfg_profil/gremien/senat/grundsatzfragen_genforschung/index.html
Information und Kommunikation
ser kann in vielen Fällen ebenfalls hilfreich sein
und fällt in den Bereich Recycling.
in Beispiel für die Substitution findet man
auch hier in der Wertschöpfungskette der
Papierherstellung: Auf der Stufe der Rohstoffgewinnung kann eine Ertragssteigerung des
Zellstoffs pro Hektar um den Faktor 5,0 erreicht
werden, indem Holz aus natürlich gewachsenem
Wald durch Holz aus Weichholzplantagen substituiert wird. Einer der größten Hebel zur Reduktion der Ressourcenintensität der Landwirtschaft
besteht außerdem in der Reduktion bzw. Substitution des Fleischverzehrs. Egal welche Ressource man betrachtet – Wasser, Flächenbedarf
oder Emission von Treibhausgasen – die Produktion von Fleisch benötigt die meisten Ressourcen. Rindfleisch schneidet dabei (aufgrund
der Methanemissionen) deutlich schlechter ab
als andere Sorten. Die Energie-, Material- und
Ressourceneffizienz im Fischereisektor wäre ein
sehr interessantes Forschungsfeld, siehe z. B.
Aquakulturen.
E
E
in großes Potenzial bietet in vielen Branchen
die Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zur Steigerung
der Ressourceneffizienz (effiziente Prozesse).
Vielversprechende Anwendungsbereiche sind
die effizientere Steuerung von Prozessen in der
Logistik, bei Verkehrssystemen, bei der Stromerzeugung und -verteilung sowie beim Gebäudemanagement. Weitere Potenziale bestehen
im Bereich der Dematerialisierung, also z. B. bei
der Substitution von Papier durch elektronische
Rechnungen oder einer Ausweitung von Telearbeit und Videokonferenzen. Natürlich muss man
Kosten und Nutzen der Substitution einzelfallspezifisch abwägen.
ie Bemühungen nicht nur Transistoren effizienter auf Computerchips zu packen, sondern auch die Energie-, Material- und Nutzungseffizienz ihrer Systeme zu verbessern treibt die
IKT-Industrie unter dem Label „Green IT“ voran.
Dies lässt sich unter Ökodesign verbuchen.
D
Effiziente Prozesse – Logistik
Kühlwasser und Shrimps
Ein innovatives Beispiel für die Kaskadennutzung von Wasser ist die Aufzucht von Shrimps
mithilfe der Abwärme von Industrieanlagen.
D
urch eine Untersuchung, die sich über 10
Jahre von 1994–2004 erstreckt hat, konnte festgestellt werden, dass mit der Aussaat von
bis zu 16 verschiedenen Grassorten auf landwirtschaftlicher Brachfläche nach 10 Jahren bis
zu 238% mehr Bioenergie gewonnen werden
kann, als mit Monokulturen. Um die Effizienz der
natürlichen Ökosysteme über reine Ertragssteigerungen hinaus als Kohlenstoffsenke sowie als
biologische Stabilisatoren zu erhalten und wiederzugewinnen werden in der Studie verschiedene Lösungen angeboten: Der Erhalt von Feuchtgebieten und Wäldern, die Wiedervernässung
von Mooren, die pfluglose oder Minimalbodenbearbeitung und der ökologische Landbau sind
nur ein Teil davon. Die Mehrzahl dieser Ansätze
lässt sich ebenfalls unter effiziente Prozesse
subsumieren.
IKT können bei der Abwicklung von Gleisanschlussverkehren und ihrer Integration in moderne Logistikketten helfen. Immer öfter sind
regionale Eisenbahnunternehmen an komplexen Logistikketten beteiligt. Dabei stellt der
Informationsaustausch zwischen den beteiligten Akteuren eine besondere Herausforderung dar. Darüber hinaus machen aufwändige
Betriebsverfahren den Gleisanschlussverkehr
häufig unwirtschaftlich. Vgl.: http://www.iml.
fhg.de/1645.html
E
in Beispiel für neue Ideen auf der Suche
nach mehr Effizienz in Rechenzentren ist
die Koppelnutzung der Abwärme, die bei der
Kühlung der Server anfällt. Bis zu 50 % des
Energieverbrauchs in Rechenzentren wird für
die Kühlung aufgewendet. Wissenschaftler des
IBM Forschungslabors in Zürich wollen nun mit
der Abwärme, die durch die Kühlung der Server
entsteht, Gebäude oder Schwimmbäder beheizen oder Fernwärmenetze beliefern. Dazu setzen die Forscher auf ein neuartiges Wasserkühlsystem, das einem Blutkreislauf ähnelt und das
Wasser mittels Mikrotechnologie-Kühlern in fein
verästelten Adern direkt auf den Chip führt und
von dort wieder abtransportiert.
Schluss kritische Würdigung Empfehlungen
D
ie Studie kommt zu dem Schluss, dass Anreize für Steigerung der RE umso stärker
sind, je höher Rohstoff- und Ressourcenpreise sind. In allen untersuchten Bedürfnis- bzw.
Handlungsbereichen liegen große Potentiale
zur Steigerung der RE. Bei der Bedeutung der
verschiedenen Lösungskategorien fällt auf, dass
Ökodesign und effiziente Prozesse bei den genannten Lösungsansätzen das größte Gewicht
haben, gefolgt von Substitution und Recycling.
Es wäre hilfreich, eine möglichst vergleichbare
tabellarische Darstellung der RE-Potentiale für
die genannten Bereiche zu erstellen. Es ist unstrittig, dass dies eine sehr große methodische
Herausforderung ist.
ie Fokussierung auf Bedürfnis- bzw. Handlungsbereiche bringt mit sich, dass Wertschöpfungsketten und Produktlebenszyklen
häufig nicht auf einen Blick klar werden. Vielmehr verteilen sich die einzelnen Stationen von
der Rohstoffgewinnung über die Erzeugung von
Werkstoffen und deren sukzessive Weiterverarbeitung in der Studie auf verschiedene Bedürfnisfelder: z.B. das Thema Papierherstellung
wird hier unter die Rubriken „Landwirtschaft und
Ernährung“ sowie „Information und Kommunikation“ subsumiert. Darüber hinaus hat die Papierherstellung auch einen Bezug zur Rubrik „Bauen
und Wohnen.“ Trotzdem erscheint die gewählte
Kategorisierung aus Kommunikationsgründen
als sinnvoll.
m Bereich Mobilität scheint die Vertiefung der
verschiedenen Ansätze etwas einseitig umgesetzt: anstatt neue Systemlösungen zu analysieren, wird hauptsächlich auf eine Verbesserung
D
I
bestehender Automobile durch „Aufsatzmaschinen“ sowie das Verhalten der Nutzer diskutiert.4
Visionen für mehr öffentliche Mobilität und Elektromobilität werden dagegen nur gestreift. Dass
„realistischerweise“ nur 17% des Fahrzeugbestands bis 2050 über einen elektrischen oder
einen Plug-in-Hybridantrieb verfolgen sollen, ist
offensichtlich höchst unambitioniert. Dies wiegt
schwer, da die Substitution von erdölbasierten
Fahrzeugen mit Elektromobilen, welche ihren
Strom aus erneuerbaren Energiequellen beziehen, nach der Studie bezogen auf CO2-Emissionen eine Effizienzverbesserung von einem Faktor 20 ermöglichen würde.
m Bereich Landwirtschaft ist das Verhältnis
zwischen „Grüner Revolution“ und Biolandbau etwas widersprüchlich dargestellt: zunächst
wird darauf verwiesen, dass die Steigerung der
Nahrungsmittelproduktion ohne Agroindustrie
nicht mit der wachsenden Weltbevölkerung hätte Schritt halten können; gleichzeitig wird eine
Studie zitiert, die zu dem Ergebnis kommt, dass
die Ernteerträge der ökologischen Anbauvariante nur geringfügig niedriger gewesen seien
als die der konventionellen; bei vielen Anbausystemen in Entwicklungsländern hätten durch
ökologischen Landbau sogar höhere Erträge erwirtschaftet werden können. Bei einer systematischen Betrachtung fällt auf, dass der Bereich
Landwirtschaft sehr genau analysiert wurde,
wogegen die industrielle Produktion von Gütern
etwas kurz kommt. Es ist anzunehmen, dass die
Studie deshalb zu dem Schluss kommt, dass die
größten Reduktionspotentiale in den Entwicklungsländern liegen.
in wesentlicher Bereich der in der Studie etwas kurz kommt ist die Langlebigkeit von
Produkten. Ein Handy, das zwei Jahre genutzt
wird kann z.B. nur dann ressourceneffizienter
sein wie eines, das sechs Jahre genutzt wird,
wenn der Ressourcenaufwand für dessen Produktion weniger als ein Drittel des anderen beträgt. Dass das Nutzerverhalten großen Einfluss
haben kann, wurde jedoch erläutert.
I
E
4 In seinem Buch „Das MIPS-Konzept“ erläutert Friedrich Schmidt-Bleek (S.108): Die Gestaltung ökointelligenter Güter erfordert,
dass man nicht in bestehenden Produktkonzeptionen denkt, sondern sich von dem Gedanken an ein existierendes Produkt löst und
zunächst die Dienstleistung definiert, die geleistet werden soll.
5 Darin könnten beispielhaft Prozesse aus der Energie-, Chemie-, Metall-, Papier- und sonstigen Industrien erläutert werden. Als
Oberbegriff gilt hier „Manufacturing“ bzw. Fertigung/Herstellung.
B
ei Innovationen, die den Einsatz zusätzlicher Technik erfordern, ist stets genau zu
prüfen, ob bei der Berücksichtigung der gesamten Wertschöpfungskette der neuen Lösung wirklich eine Verbesserung der RE attestiert werden
kann. Im Fall von Elektrochips würde das z.B.
bedeuten, dass auch der Herstellungsprozess,
sowie die dafür verwendeten Werkstoffe genau
analysiert werden müssen.
nsgesamt bietet die Studie einen guten Einstieg in das Thema und sensibilisiert für wichtige Ansatzpunkte zur Steigerung der RE. Auf der
Ebene der technischen Lösungsansätze können
viele Ideen für Verbesserungen gewonnen werden. Auch der Hinweis auf die politische Rahmensetzung, welche die Wirtschaftlichkeit der
RE-Potentiale beschreibt, leuchtet ein. Bei einer
Fortführung der Studie sollte der Bereich der industriellen Produktion bzw. die den Bedürfnisfelder vorgelagerten Stufen des Wertschöpfungsprozesses genauer betrachtet werden. So sind
z.B. Potentiale oder Beispiele für Kaskaden- und
Koppelnutzung von Ressourcen auf Betriebsebene kaum in der Studie enthalten. Dagegen
können viele Beispiele aus dem landwirtschaftlichen Bereich in unseren Breiten überhaupt nicht
angewendet werden; einen Bezug zu Deutschland haben z.B. Tröpfchenbewässerungssysteme insofern, als dass deutsche Unternehmen
die Technologien dafür exportieren und die damit erzeugten Endprodukte auf dem deutschen
Markt vertrieben werden. Neben einer weiteren
Vervollständigung und detaillierteren Ausführung der Lösungsansätze könnte außerdem eine
vergleichende Quantifizierung der einzelnen
Bausteine und Bereiche große Erkenntnisfortschritte mit sich bringen. Hindernisse hierfür
könnten mangelhafte Datenverfügbarkeit und
methodische Herausforderungen sein.
I
Industrielle Produktion
In der Umgestaltung von betrieblichen
Abläufen und Produktionsprozessen
steckt ein großes Potenzial zur Reduktion
des Ressourcenverbrauchs und der Betriebskosten in Unternehmen. Dabei helfen zum einen Informations- und Kommunikationstechnologien zur Optimierung
der Abläufe als auch neue Technologien
für effizientere Produktionsprozesse.
Darunter können auch Kaskaden- und
Koppelnutzung von Ressourcen fallen
(Prozesswasserrückgewinnung). Grundsätzlich geht es darum, Herstellungs- und
Kommunikationsprozesse so simpel und
ressourcenschonend wie möglich zu gestalten.
Zur Studie
Christiane Ploetz, Günter Reuscher, Axel
Zweck (2009):
Mehr Wissen - weniger Ressourcen. Potenziale für eine ressourceneffiziente Wirtschaft.
Zukünftige Technologien Band 74, ISSN:
1436-5928, Hrsg. VDI-Technologiezentrum
Düsseldorf.
Die Studie kann bestellt werden unter:
[email protected]
und
steht als download zur Verfügung unter:
http://www.zukuenftigetechnologien.de/detail.
php?c=473&s=2
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