Wiedereingliederung – Hilfen auf dem „Weg zurück“ Markus Drosten - Integrationsamt Hamburg Ewa Jakubczak - Beratungs- und Inklusionsinitiative Hamburg (BIHA) Agenda • Integrationsamt und BIHA: Was wir machen… • Was sagt der Gesetzgeber zur stufenweisen Wiedereingliederung (Hamburger Modell) und zum betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM)? • Erfolgsfaktoren einer gelungenen stufenweisen Wiedereingliederung • Nutzen und Grenzen des BEM • Unterschiede zwischen der stufenweisen Wiedereingliederung und dem BEM • Fazit und Ausblick Vorstellung Integrationsamt Was wir machen… • • • • Prävention (§ 84 SGB IX) Begleitende Hilfen im Arbeitsleben Besonderer Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen Schulungs- und Öffentlichkeitsarbeit Was sagt der Gesetzgeber zur stufenweisen Wiedereingliederung und wie sollte sie ablaufen? • • SGB V § 74 Stufenweise Wiedereingliederung Können arbeitsunfähige Versicherte nach ärztlicher Feststellung ihre bisherige Tätigkeit teilweise verrichten und können sie durch eine stufenweise Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit voraussichtlich besser wieder in das Erwerbsleben eingegliedert werden, soll der Arzt auf der Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit Art und Umfang der möglichen Tätigkeiten angeben und dabei in geeigneten Fällen die Stellungnahme des Betriebsarztes oder mit Zustimmung der Krankenkasse die Stellungnahme des Medizinischen Dienstes (§ 275) einholen. SGB IX § 28 Stufenweise Wiedereingliederung Können arbeitsunfähige Leistungsberechtigte nach ärztlicher Feststellung ihre bisherige Tätigkeit teilweise verrichten und können sie durch eine stufenweise Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit voraussichtlich besser wieder in das Erwerbsleben eingegliedert werden, sollen die medizinischen und die sie ergänzenden Leistungen entsprechend dieser Zielsetzung erbracht werden. Durch § 28 SGB IX wird bestimmt, dass alle Träger der medizinischen Rehabilitation Leistungen zur stufenweisen Wiedereingliederung erbringen können, wenn der Betroffene dadurch voraussichtlich besser wieder in das Erwerbsleben eingegliedert werden kann. Die stufenweise Wiedereingliederung erfolgt aus therapeutischen Gründen. Die stufenweise Wiedereingliederung ist als Mittel zur Rehabilitation von arbeitsunfähigen Versicherten vorgesehen. Sie dient der Erprobung und dem Training der Leistungsfähigkeit des arbeitsunfähigen Mitarbeiters an seinem bisherigen Arbeitsplatz. Voraussetzung: Es müssen aus medizinischer Sicht eine ausreichende Belastbarkeit des Betroffenen und eine günstige Aussicht auf berufliche Wiedereingliederung gegeben sein. Die Anregung einer stufenweisen Wiedereingliederung erfolgt meist durch behandelnde Ärzte (Hausarzt, Facharzt), sonstige Ärzte, durch die Krankenversicherung oder einen anderen Rehabilitationsträger. (Rentenversicherung oder Unfallversicherung) Der arbeitsunfähige Versicherte kann aber auch selbst eine Wiedereingliederung beantragen. Zielgruppe sind arbeitsunfähige Beschäftigte, die wegen schwerer Krankheit(en) oder Arbeitsunfällen über lange Zeit (in der Regel mehr als 6 Wochen) aus dem Erwerbsleben ausgegliedert waren, ihre bisherige Tätigkeit nach ärztlicher Feststellung teilweise wieder verrichten können. Indikationen können grundsätzlich alle schwereren oder chronischen Erkrankungen sein. Während der stufenweisen Wiedereingliederung ist der Beschäftigte weiterhin arbeitsunfähig. Während der stufenweisen Wiedereingliederung steht dem arbeitsunfähigen Beschäftigten weiterhin Krankengeld, Verletztengeld oder Übergangsgeld zu. Er ist zusätzlich im Betrieb!!! Durch die stufenweise Wiedereingliederung entstehen dem arbeitsunfähigen Beschäftigten keine versicherungsrechtlichen Nachteile im Hinblick auf Arbeitslosengeld, Rente oder Unfallversicherungsschutz. Die Dauer der stufenweisen Wiedereingliederung wird auf die maximale Krankengeldbezugsdauer von 78 Wochen innerhalb von 3 Jahren angerechnet. Die stufenweise Wiedereingliederung eines arbeitsunfähigen Beschäftigten erfolgt freiwillig und bedarf daher immer seiner Zustimmung. Die Durchführung einer stufenweisen Wiedereingliederung bedarf immer der Zustimmung des Arbeitgebers. Die stufenweise Wiedereingliederung muss in Abhängigkeit vom Fortschritt der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers und von den Belastungen am Arbeitsplatz individuell geplant, flexibel gestaltet und durchgeführt werden. (Wiedereingliederungsplan) Der Wiedereingliederungsplan wird in enger Zusammenarbeit von allen Beteiligten erarbeitet. Wiedereingliederungspläne sind laufend medizinisch zu überprüfen und im Bedarfsfall an die individuellen gesundheitlichen Erfordernisse eines Arbeitnehmers anzupassen. Bei der Abstufung der schrittweisen Arbeitsaufnahme sind auch betriebliche Bedingungen und Anfahrtswege zur Arbeitsstätte zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber kann eine schrittweise Arbeitsaufnahme ohne Angabe von Gründen ablehnen! In der Regel dauert eine stufenweise Wiedereingliederung zwischen sechs Wochen und sechs Monaten. Alle Beteiligten sollen bei Einleitung und Durchführung einer stufenweisen Wiedereingliederung vertrauensvoll zusammenarbeiten. Personenbezogene Daten von Versicherten dürfen nur mit deren schriftlicher Einwilligung ausgetauscht werden. Zur Vermeidung von Reibungsverlusten bei Einleitung und Durchführung der stufenweisen Wiedereingliederung ist ein koordiniertes Vorgehen der Beteiligten wichtig. Standardisierte Betrachtungs- und Vorgehensweisen sind neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht möglich! Lösungen müssen unter angemessener Berücksichtigung der Umstände im Einzelfall im vertrauensvollen, einvernehmlichen Zusammenwirken aller Beteiligten auf der Basis der vom Arzt gegebenen Empfehlungen erarbeitet werden. Alle Beteiligten müssen dem Wiedereingliederungsplan zustimmen. Der arbeitsunfähige Versicherte hat während einer stufenweisen Wiedereingliederung grundsätzlich Anspruch auf Entgeltersatzleistungen. Erzielt ein arbeitsunfähiger Versicherter während einer stufenweisen Wiedereingliederung beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, so wird dies auf seine Entgeltersatzleistung angerechnet. Zusammenfassung: Eine stufenweise Wiedereingliederung ist nur möglich, wenn sie aus medizinischer Sicht, d.h. von behandelndem Arzt, Betriebsarzt, MDK usw., befürwortet wird, der Versicherte einer solchen Maßnahme zustimmt, der Arbeitgeber einer solchen Maßnahme zustimmt. Die Planung der stufenweisen Wiedereingliederung (Wiedereingliederungsplan) erfordert die vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Beteiligten. Der Mitarbeiter muss dieser Zusammenarbeit und der dazu notwendigen (begrenzten) Weiterleitung personenbezogener Daten schriftlich zustimmen. (Datenschutz) Erfolgsfaktoren einer gelungenen stufenweisen Wiedereingliederung Harte Faktoren • umfassende Information im Unternehmen aller Beteiligten • Interessenvertretung rechtzeitig einbinden • klare Prozessbeschreibung • Verbindlichkeiten Herstellen (feste Terminierungen von Gesprächen) • eindeutige Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten (Vorgesetzte + Kollegen frühzeitig einbinden) • Ggf. festes Team zur Begleitung bilden • Datenschutz gewährleisten Weiche Faktoren Vertrauen und Verlässlichkeit (!) • Transparenz • Kompetenz und Qualität • Fördern und Fordern (!) Fazit und Ausblick Unerlässlich ist aus unserer Sicht ein vorgeschaltetes BEM Verfahren Vorstellung Beratungs- und Inklusionsinitiative Hamburg (BIHA) Was wir machen… • Schwerbehindertenrecht und Integrationsvereinbarung • Prävention und betriebliches Eingliederungsmanagement • Bewältigung des demografischen Wandel (inkl. Altersstrukturanalyse) Was sagt der Gesetzgeber zum BEM? „Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 93, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (BEM). (§ 84 II SGB IX) BEM - unverstellter, verlaufs- und ergebnisoffener Suchprozess“ BAG 10.12.2009 - 2 AZR 198/09 Vom Nutzen und Grenzen des BEM Betrachtungszeitraum Jan. 2006 – Mrz. 2015 • • • • 2630 persönliche Beratungen in 740 verschiedenen Unternehmen, davon 1150 Beratungen zum BEM 68 "Runde Tische" als Netzwerk und Expertenforum über 70 Workshops und Fortbildungen Erfahrungen im Betrachtungszeitraum • ca. 10 % der Beschäftigten weisen im Zeitraum von 12 Monaten AU-Zeiten von mehr als 6 Wochen auf • ca. 70 % der Mitarbeiter weisen nach Einführung des BEM-Prozesses geringere Fehlzeiten auf • Zustimmungsquote beim BEM sollte über 50 % liegen, besser: 70 %; kritisch: 30 % und weniger Vom Nutzen und Grenzen des BEM Harte Erfolgsfaktoren • • • • umfassende Information im Unternehmen Interessenvertretung rechtzeitig einbinden klare Prozessbeschreibung eindeutige Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten (Vorgesetzte einbinden) • festes BEM-Team mit guter Qualifikation • Datenschutz gewährleisten Weiche Erfolgsfaktoren • • • • Vertrauen und Verlässlichkeit (!) Transparenz Kompetenz und Qualität Fördern und Fordern (!) Unterschiede zwischen stufenweisen Eingliederung und des Betrieblichen Eingliederungsmanagement Stufenweise Wiedereingliederung BEM • • • • • Zentrale Maßnahme: Prävention, Rehabilitation, Integration • Rechtsanspruch, da AG gesetzlich verpflichtet • Mitarbeiter kann arbeitsunfähig sein, muss aber nicht • BEM Team stellt den Eingliederungsplan zusammen • Kann am bisherigem Arbeitsplatz stattfinden mit Bspw. umgebauten Arbeitsplatz • Diverse Arbeitsplätze kommen in Betracht • Betriebsrat hat Mitbestimmungsrecht § 87 Ab. 1. Nr. 7- Betriebsverfassungsgesetz Zentrale Maßnahme: Rehabilitation Kein Rechtsanspruch gegenüber dem AG Mitarbeiter ist arbeitsunfähig Behandelnder Arzt stellt den Eingliederungsplan zusammen • Fängt immer mit geringer Arbeitszeit (stufenweise) an • Ausschließlich bisheriger Arbeitsplatz wird betrachtet • Kein Mitbestimmungsrecht bei Betriebsrat Fazit und Ausblick BEM als Instrument und Strategie im Unternehmen Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!