Messunsicherheit und Fehlerrechnung - public.fh

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Messunsicherheit und
Fehlerrechnung
Kurzeinführung
Peter Riegler
[email protected]
Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 1/25
Übersicht
Messunsicherheit
Fehlerfortpflanzungsgesetz
(Fitten von Daten)
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 2/25
Messunsicherheit
Messergebnisse haben immer Messunsicherheit (historisch:
Fehler).
Unterscheidung zwischen
• systematische Fehler: zeigen systematisch in eine
Richtung
Beispiele: warmes Metalllineal, Zeigergerät unter
Paralaxe, Nullpunktsverschiebung
• zufällige Fehler: positive und negative Abweichungen
sind gleich häufig
Messung ist umso besser, je geringer Messunsicherheit.
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 3/25
Angabe von Messunsicherheit
x = x ± ∆xx = x ± ∆xx = x ± ∆x
bester Wert, typischer Wert, Mittelwert
Messunsicherheit, Messgenauigkeit, Messfehler
relativer Fehler: ∆x/x (meistens in %)
Beispiele
• U = (0.57 ± 0.02)V , relativer Fehler 3.5%
• I = 0.131A ± 0.001A,
relativer Fehler 0.8%
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 4/25
Messunsicherheit bei Einzelmessung
Messunsicherheit ergibt sich aus Ablesegenauigkeit bzw.
Fehlergrenzen des Messgeräts.
Beispiel: Lineal mit mm–Skala: Messunsicherheit 0.5mm
Tipp: Bei Messgeräten mit umschaltbaren Messbereichen
Messbereich immer so wählen, dass Messwert nahe
Messbereichsendwert liegt.
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 5/25
Messunsicherheit bei Mehrfachmessung
Messergebnisse x1 , . . . , xn streuen
Histogramm
Häufigkeit
40
30
20
10
0.8 0.9 1 1.1 1.2 1.3 1.4
Wert
Berechnung des typsichen Wertes durch arithmetisches Mittel
n
1X
x=
xi
n i=1
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 6/25
Messunsicherheit bei Mehrfachmessung
Maße für die Stärke der Streuung sind Varianz σ 2 und
Standardabweichung σ :
Varianz: σx2
n
1 X
(xi − x)2
=
n − 1 i=1
Standardabweichung: σx =
q
σx2
Ein geeignetes Unsicherheitsmaß ist Standardfehler σx
(Standardabweichung des Mittelwerts):
σx
∆x = σx = √
n
√
σx ∝ 1/ n ⇒ Halbierung der Messunsicherheit durch
Vervierfachung der Zahl der Messungen
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 7/25
Woher kommen Messunsicherheiten?
Viele kleine Dreckeffekte“ ǫi summieren sich bei einer
”
Messung auf.
⇒ Messabweichung ǫ =
P
ǫi
Zentraler Grenzwertsatz: Für zufällige ǫi ist ǫ Gauß–verteilt
( normal–verteilt“).
”
rel. Häuf.
3
2
1
0.6 0.8
1
1
1.2 1.4
Wert
(ǫ − ǫ)2
p(ǫ) = √
exp −
2
2σ 2
2πσ
!
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 8/25
Beispiel
x
y
1.05415 0.823304 1.17054 1.09787 1.09443
3.19828 3.11579 3.25057 3.18332 3.15349
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 9/25
Runden von Messergebnissen
Ausschlaggebend ist Messunsicherheit:
x wird auf letzte signifikante Ziffer von ∆x gerundet.
Beispiel: x = 3.141592653
• ∆x = 0.006 ⇒ x = 3.142 ± 0.006
• ∆x = 0.00018 ⇒ x = 3.14159 ± 0.0018
Auf wieviele signifikante Ziffern gibt man ∆x an?
→ ∆x abgeschätzt: 1 Ziffer
→ ∆x aus Statistik: max. 2 Ziffern
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 10/25
Indirekte Messgrößen
Interessierende Größe y wird aus anderen Messgrößen xi
errechnet
y = f (x1 , x2 , . . . , xn )
Beispiele:
• Widerstand R aus U , I –Messungen (R = U/I )
Pn
•
Länge L aus mehreren Teilmessungen li (L = i=1 li )
• Fläche A eines Rechtecks mit Kantenlängen l, b
(A = l · b)
Was ist Messunsicherheit von y ?
Wie pflanzen sich Messunsicherheiten fort?
⇒ Fehlerfortpflanzungsgesetz (FFG)
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 11/25
Fehlerfortpflanzungsgesetz
•
Indirekte Messgröße y = f (x1 , . . . , xn ) bei gegebenen
xi ± ∆xi ?
• Bester Messwert ist y = f (x1 , . . . , xn )
• Messunsicherheit ∆y der indirekten Messgröße ergibt
sich aus dem Fehlerfortpflanzungsgesetz
2
(∆y) =
n
X
i=1
• ∂f /∂xi
∂f
∂xi
!2
(∆xi )2
ist bei x1 , . . . , xn auszuwerten
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 12/25
FFG — Beispiel
Fläche A eines Rechtecks mit Seitenlängen l, b
z.B. DIN–A4 Blatt
Messungen: l = (29.7 ± 0.05)cm, b = (21.0 ± 0.05)cm
A = l · b = 623.7cm2
!2
!2
∂A
∂A
2
2
(∆l) +
(∆b)2
(∆A) =
∂l
∂b
=
b · ∆l
2
⇒ ∆A = 1.8cm2
+ l · ∆b
2
= 3.3cm4
A = (623.7 ± 1.8)cm2
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 13/25
FFG — Herleitung
Zunächst: Funktion einer Veränderlicher
Taylorreihe: f (x) = f (x)+f ′ (x)(x − x) + . . .
Mittelwert:
f (x) = f (x) + f ′ (x)(x − x)
= f (x)1 + f ′ (x) (x − x)
| {z }
=0
= f (x)
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 14/25
FFG — Herleitung
Varianz:
f 2 (x) =
h
f (x) + f ′ (x)(x − x) + . . .
i2
2
= f (x) + 2f (x)f (x)(x − x) + f (x) (x − x)2 + . . .
2
′
′
⇒ f 2 (x) = f 2 (x) + 2f (x)f ′ (x) (x − x) + f ′ (x)
| {z }
=0
2
= f (x) + f (x) (∆x)2
2
⇒ (∆f )
2
=
=
′
2
2
f (x) − f (x)
2
(x − x)2
|
{z
=(∆x)2
}
2
f (x) (∆x)2
′
Bei mehreren Veränderlichen:
(∆f )2
=
P
(∂f /∂xi ))2 (∆xi )2
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 15/25
FFG bei besonderen Funktionen
Bei Potenzgesetzen
f (x1 , . . . , xn ) = xα1 1 · xα2 2 · . . . · xαnn
ist
∂f
= xα1 1 · xα2 2 · . . . ·
∂xi
∂f /∂xi
⇒
f
αi !
∂xi
∂xi
· . . . · xαnn
= xα1 1 · xα2 2 · . . . · αi xiαi −1 · . . . · xαnn
αi αi
α2
α1
= x1 · x2 · . . . · xi · . . . · xαnn
xi
αi
=
f
xi
αi
=
xi
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 16/25
FFG bei besonderen Funktionen
Fehlerfortpflanzungsgesetz:
(∆f )
2
=
=
(∆xi )2
i=1
n X
∂f
∂xi
!2
αi
f
xi
2
(∆xi )2
n
X
n
X
i=1
∆f
f
!2
=
i=1
αi
∆xi
xi
2
Bei Potenzgesetz ist relativer Fehler von f die Summe der
mit den Potenzen gewichteten relativen Fehler von xi .
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 17/25
Aufgabe
Programmieren Sie das Fehlerfortpflanzungsgesetz auf Ihrem
Taschenrechner
Eingaben: f (x1 , . . . , xn ), xi , ∆xi
Ausgabe: f , ∆f
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 18/25
Fitten von Daten
Fit = Regression, Datenanpassung, Parameterbestimmung
Fragestellung:
chi2
y
100
14
12
10
8
6
4
2
80
60
40
20
0.5
1
1.5
2
2.5
3
x
3.5
0.9
1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
a
Welche Funkion y = f (a; x) beschreibt die Daten am besten?
Modellfunktion (gegeben)
ein oder mehrere Parameter
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 19/25
2
χ –Minimierung (LMS)
•
Häufig verwendete Methode um Parameter zu
bestimmen
• Kriterium
χ2 =
N
X
i=1
!
(yi − f (a; xi ))2 = min.
∂χ2 !
=0
⇒
∂a
•
LMS = Least Mean Square
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 20/25
Lineare Regression
Daten {xi , yi }i=1...n sollen an Modellfunktion y = a · x + b
angepasst werden.
y
100
80
60
40
20
2
4
6
8
10
x
xy − x · y
a =
x2 − x2
x2 y − x · xy
b =
x2 − x2
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 21/25
Herleitung der Regressionsformel
•
Ableiten nach Achsenabschnitt b
X
∂ X
!
2
(yi − axi − b) = −2
(yi − axi − b) = 0
∂b
⇔ y − ax − b = 0
•
Ableiten nach Steigung a
X
∂ X
!
2
(yi − axi − b) = −2
(yi − axi − b)xi = 0
∂a
⇔ xy − ax2 − bx = 0
•
Auflösen nach a, b
xy − x · y
x2 y − x · xy
a=
,b=
2
2
x −x
x2 − x2
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 22/25
Offene Punkte
•
Messunsicherheit von Parameter?
• Lineare Regression mit Taschenrechner
• FFG: Größen müssen unabhängig sein
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 23/25
Hinweise zum Praktikum
•
Messergebnisse ohne Angabe der Messunsicherheit sind
keine Messergebnisse!
• Typenangaben, Inventarnummer und Messgenauigkeit,
Fehlergrenzen von Messgeräten ins Protokoll aufnehmen.
Messunsicherheit und Fehlerrechnung – p. 24/25
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