Einführung in die extragalaktische Astronomie Prof. Peter Schneider

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Das intergalaktische Medium
• Problem der fehlenden Baryonen
• Homogenes intergalaktisches Medium
• Ursprung des Lyα-Waldes
Einführung in die extragalaktische Astronomie
Prof. Peter Schneider & Dr. Patrick Simon
Das intergalaktische Medium
Das Problem der fehlenden Baryonen
Gibt es baryonische Materie zwischen den Galaxien
oder ist dieser Raum “leer”?
Eine Antwort geben Galaxienhaufen; in ihnen gibt es Gas zwischen den
Galaxien -- aber Haufen sind rar im Universum.
Entsprechend der Deuterium-Häufigkeit im primordialen Gas und der BBNS
befindet sich etwa 5% der (Energie-)Dichte im Universum in Baryonischer
Materie; ~ 25% in Dunkler Materie und ~ 70% in Dunkler Energie.
Bei höheren Rotverschiebungen findet man ca. 85% dieses HI im Lyα-Wald.
Im nahen Kosmos findet man aber nur etwa ~ 10% der vermuteten
Baryonischen Materie in Sternen/Galaxien und ~ 30 - 40% davon im
Intercluster-Gas.
Wo sind heute die restlichen ~ 50 - 60% der Baryonen?
Vermutlich schwer nachweisbar ionisiert im IGM...
Das intergalaktische Medium
Homogenes intergalaktisches Medium
Kann ein Teil der Baryonen im Universum in einem homogenen
intergalaktischen HI-Medium vorliegen?
Frage kann durch den Gunn-Peterson Test beantwortet werden:
Homogen verteilter neutraler Wasserstoff absorbiert Photonen bei
λLyα = 121.6 nm Ruhewellenlänge.
Photonen eines QSOs mit Rotverschiebung zQSO haben irgend wo auf dem
Sehstrahl zwischen uns und dem QSO die Wellenlänge λLyα, falls sie vom
QSO mit λ < λLyα emittiert werden, sonst nicht.
?
James Gunn
Bruce Peterson
Daher sollte zwischen der roten und der blauen
Seite der Lyα-Emissionslinie des QSOs ein Sprung
der Kontinuumsstrahlung sichtbar sein,
der Gunn-Peterson Trog.
Das intergalaktische Medium
Homogenes intergalaktisches Medium
Die optische Tiefe der HI-Absorption ist:
"
!
1
nHI (z)
10 −1
√
τ = 4.14 × 10 h ×
(1 + z) 1 + Ω0 z 1 cm−3
wobei nHI(z) die Dichte von HI bei der Absorptionsrotverschiebung
(1 + z) = λ/λLyα < (1 + zQSO) ist.
Obwohl zwar Linien-Absorption durch HI in QSO-Spektren gefunden wird,
hat man bisher noch nicht eindeutig den vollständigen Gunn-Peterson Trog
beobachten können, den man von einem homogenen HI-Medium erwarten
würde.
Als Obergrenzen erhält man τ < 0.05 für z <~ 3 und τ <~ 0.1 bei z ~ 5.
Da Absorption durch HI sehr effizient, muss also der Anteil an HI im
intergalaktischen Medium bis z ~ 5 also recht gering sein.
Beachte: Beobachtungen bei hohem zQSO schwierig, weil Lyα-Wald so dicht
ist, dass Kontinuum kaum sichtbar zwischen den einzelnen Linien.
Das intergalaktische Medium
Homogenes intergalaktisches Medium
Man folgert daraus:
nHI (mitbewgt.) ! 2 × 10−13 h cm−3 oder ΩHI ! 2 × 10−8 h−1
Entweder gibt es kaum homogen verteilte baryonische Materie im
intergalaktischen Medium oder aber der Wasserstoff ist praktisch vollständig
ionisiert bei z <~ 5 (vgl. Ωb ~ 0.05 aus BBNS oder CMB).
Letzteres scheint der Fall zu sein: Aus dem Lyα-Wald schliesst man, dass
Anteil der HI-Atome sehr klein; IGM ist also praktisch völlig ionisiert.
Diese Ionisation muss durch Photoionisation geschehen, denn Stossionisation
verlangt viel zu hohe Temperaturen.
Hohe Temperaturen ausgeschlossen:
Durch SZ-Effekt des IGM würden dann deutliche Abweichungen des CMB von
Planck-Form erzeugt, die aber nicht beobachtet werden
(ausser in Richtung von Galaxienhaufen natürlich).
Das intergalaktische Medium
Ursprung des Lyα-Waldes
Neutraler Wasserstoff im IGM wird aber im Lyα-Wald beobachtet;
man findet also HI konzentriert in bestimmten Regionen.
Für die Anzahldichte der Lyα-Absorptionslinien mit Äquivalentbreite (im
Ruhesystem des Absorbers) W ≥ 0.32 Angström findet man für z >~ 2:
dN
∼ k(1 + z)γ
dz
mit γ ~ 2.5, k ~ 4; also starke Entwicklung mit der Rotverschiebung!
Für kleinere Rotverschiebungen ist Entwicklung langsamer, Anzahldichte
weicht von Potenzgesetz ab.
Bei kleinem z ist Lyα-Wald nur im UV mit Satelliten wie IUE oder dem HST
(COS: Cosmic Origin Spectopraph) beobachtbar.
Das intergalaktische Medium
Ursprung des Lyα-Waldes
Säulendichten von HI
10 Mpc/h (mitbewegt)
192 Mpc/h
Simulierte T-Verteilung des IGM
Quelle: C3PO/MPA Garching
Simulierte Verteilung von HI
im IGM.
Berechnet man LyαAbsorption von Photonen
beim Durchgang durch
Volumen, kann Lyα-Wald
vorhergesagt werden.
Quelle: Miralda-Escude et al. (1996), ApJ, 471, 582
Das intergalaktische Medium
Ursprung des Lyα-Waldes
Quelle: Dave (2001), astroph/ 0105085
Simulierte Spektren können statistisch mit Beobachtungen verglichen
werden.
Eines der Spektren hier ist der Lyα-Wald in QSO 1422+231, das andere
simuliert. ...Welches ist welches?
Das intergalaktische Medium
Ursprung des Lyα-Waldes
Wasserstoff wird ionisiert durch UV-Strahlung (aus AGN und/oder
Sternentstehung); Dichte der ionisierten Strahlung kann ebenfalls aus LyαWald ermittelt werden.
Physik: Heizung und Kühlung des Gases durch Photoionisation, Kompression
bzw. Dekompression durch Pekuliarbewegung, Emission;
• Ein großer Teil (~ 85%) der baryonischen Materie bei 2 <~ z <~ 4
befindet sich im Lyα-Wald, hauptsächlich in Systemen mit
1014 cm-2 <~ NHI < 3 x 1015 cm-2;
• Zwei-Punkt-Korrelationsfunktion der Lyα-Linien spiegelt Dichte-
fluktuationsspektrum im Universum wider und kann daher zur Messung des
Leistungsspektrum P(k) benutzt werden;
• Entwicklung von dN/dz hauptsächlich durch Hubble-Expansion und
Änderung des daraus resultierenden Ionisationsgrades von HI.
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