Spontane Symmetriebrechung: Goldstone

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Wissenschaftliche Prüfungsarbeit im Fach Physik
gemäß §12 der Landesverordnung über die Erste Staatsprüfung für das Lehramt
an Gymnasien vom 07. Mai 1982, in der derzeit gültigen Fassung
Thema der Arbeit:
Spontane Symmetriebrechung:
Goldstone-Theorem und Higgs-Mechanismus
Kandidat: Hans Christian Lange
Erstgutachter: Prof. Dr. Stefan Scherer
Zweitgutachter: Prof. Dr. Martin Reuter
Abgabedatum:
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
5
I
7
Grundlagen
2 Von der klassischen Feldtheorie zur Quantenfeldtheorie
2.1 Kanonische Quantisierung diskreter Systeme . . . . . . . . . . . .
2.2 Kanonische Quantisierung eines skalaren
Feldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
II
21
Spontane Symmetriebrechung
3 Spontane Symmetriebrechung: Globale Symmetrie
3.1 Entartete Grundzustände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Noether-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Spontane Brechung einer globalen, kontinuierlichen Symmetrie .
3.4 Goldstone-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
9
.
.
.
.
23
23
28
36
42
4 Spontane Symmetriebrechung: Lokale Symmetrie
4.1 Eichtheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Yang-Mills-Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3 Spontane Brechung einer lokalen, kontinuierlichen Symmetrie . .
47
47
51
56
5 Spontane Symmetriebrechung: Standardmodell der Elementarteilchenphysik
5.1 Elektroschwache Wechselwirkung:
Higgs-Mechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Vereinheitlichte Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
65
65
71
III
Das Higgs in Forschung und Unterricht
75
6 Die Suche nach dem Higgs
77
7 An- und Verwendung im schulischen Unterricht
79
8 Fazit
85
A Rechnungen zum ersten Kapitel
A.1 1. Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
91
91
B Rechnungen zum dritten Kapitel
B.1 1. Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
B.2 2. Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
B.3 3. Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
92
92
93
93
C Literaturverzeichnis
94
D Eidesstattliche Erklärung
99
4
Kapitel 1
Einleitung
Symmetrien spielen in der Physik eine bedeutende Rolle, sei es bei der Entwicklung von Theorien oder der (mathematischen) Vereinfachung durch die geschickte, an die Geometrie des Problems angepasste Wahl geeigneter Variablen. Ein
sehr wichtiger Aspekt ist die Beobachtung, dass zwischen der Invarianz aufgrund
von Symmetrien und den Erhaltungsgrößen eines Systems ein Zusammenhang
besteht. Dieser wird durch das Noether-Theorem beschrieben.
Beschäftigt man sich mit Symmetrien, so muss man auch die Brechung von Symmetrien in Betracht ziehen. Ein recht eingängiges Beispiel für die explizite Brechung einer Symmetrie ist die des Wasserstoff-Atoms, dessen Potential im Vakuum eine SO(3)-Symmetrie, eine Kugelsymmetrie, aufweist. Wird ein schwaches,
äußeres Magnetfeld, wie beispielsweise beim Zeeman-Effekt, angelegt, so wird
das Potential, in Abhängigkeit von der Ausrichtung des Magnetfeldes, verformt.
Erhöht man die Stärke des Magnetfeldes, so kann im Extremfall die Symmetrie
gebrochen werden und reduziert sich entweder zu einer geringeren Symmetrie,
beispielsweise einer SO(2), oder geht gänzlich verloren. Dieses Beispiel zeigt,
dass eine äußere Störung des Systems zu einer expliziten Brechung einer Symmetrie führen kann. Es wird allerdings für diese Arbeit als interessanter erachtet
ausschließlich die Fälle zu betrachten, in denen Symmetrien ohne eine äußere Manipulation gebrochen werden.
Diese sogenannten spontanen Brechungen einer Symmetrie, resultierend aus bereits im System angelegten, infinitesimalen Störungen, werden Schwerpunkt der
vorliegenden Arbeit sein. Dabei wird zunächst auf Grundbeobachtungen, die bei
der spontanen Brechung von Symmetrien gemacht werden können, eingegangen.
Daran anschließend wird ausführlicher die Brechung globaler und lokaler Symmetrien, mit den zugehörigen Vorbereitungen wie Eich- und Yang-Mills-Theorien,
diskutiert. Im letzten Teil wird der Higgs-Mechanismus im Rahmen der Symmetriegruppe der elektroschwachen Wechselwirkung im Standardmodell betrachtet. Nicht nur, dass sich mittels spontaner Symmetriebrechung über den Higgs5
Mechanismus die Masse von Teilchen erklären lässt, es bietet sich darüber hinaus
die Möglichkeit an, die spontane Symmetriebrechung als Werkzeug zur Entwicklung und Prüfung neuer, fundamentaler Theorien zu nutzen.
Eine Methode zur Entwicklung fundamentaler Theorien ist das Eichprinzip: Beschreibt man Elementarteilchen mathematisch mit Hilfe von Feldern mit zugehöriger Lagrange-Dichte und definiert die Operation einer Gruppe auf der Menge
dieser (Materie-)Felder, so lässt sich eine freie Theorie konstruieren, die unter
Operationen aller Gruppenelemente invariant ist, also eine bestimmte Symmetrie
aufweist. Wird die Invarianz der Felder und Funktionen unter einer lokalen Transformation gefordert, so werden zur Behebung der Defekte, die aus den partiellen Ableitungen entstehen, sogenannte kovariante Ableitungen eingeführt, die sogenannte Eichfelder mit ihren eigenen Transformationseigenschaften beinhalten.
Daraus folgt, dass eine Wechselwirkung zwischen den eingeführten Eichfeldern
und den Elementarteilchen festgestellt werden kann. Indem das Eichprinzip auf
die Symmetriegruppe des Standardmodells angewandt wird, lässt sich die Suche
nach einer vereinheitlichten Theorie vorantreiben. Der Mechanismus der spontanen Symmetriebrechung kann dabei dazu genutzt werden, Symmetriegruppen, die
als potentielle Kandidaten für die Symmetriegruppe der verallgemeinerten Theorie gehandelt werden, auf ihre Eignung hin zu überprüfen. Es wird untersucht, ob
sich von der unweigerlich größeren Symmetriegruppe hin auf die des Standardmodells brechen lässt. Es lassen sich allerdings auch Einbettungen der Symmetriegruppe des Standardmodells in eine größere Gruppe konstruieren und diese
dann überprüfen.
Die mathematisch ausgeführten Betrachtungen werden sich in der vorliegenden
Arbeit auf spinlose Teilchen, Bosonen, beschränken. Da eine Ausweitung auf die
Konsequenzen für Fermionen den Rahmen der Arbeit sprengen würde, werden für
diese an einigen Stellen nur kurze Ausblicke gewährt. Um eine größere Übersichtlichkeit erreichen zu können, werden die Abhängigkeiten der Felder, Funktionen,
etc. von Argumenten ganz oder teilweise unterdrückt, falls die vereinfachte Darstellung keine Einschränkung für das allgemeine Verständnis bewirkt.
6
Teil I
Grundlagen
7
Kapitel 2
Von der klassischen Feldtheorie zur
Quantenfeldtheorie
Zur Diskussion der weiteren Sachverhalte in dieser Arbeit wird in diesem Kapitel
ein grundlegendes Verständnis der kanonischen Quantisierung klassischer Feldtheorien erarbeitet. Zunächst wird dazu der Übergang von diskreten zu kontinuierlichen Systemen und im Anschluss die kanonische Quantisierung eines skalaren
Feldes ausgeführt.
2.1
Kanonische Quantisierung diskreter Systeme
Ausgehend von der Vorgehensweise in [Sch07], Kapitel 7, wird in diesem Abschnitt das Verständnis für die Betrachtung kontinuierlicher Systeme und der Quantisierung skalarer Felder schrittweise entwickelt und eine Alternative zu den ersten
Schritten zusammengefasst dargestellt.
Für das diskrete System sei dabei eine lineare Kette aus n ∈ N Massenpunkten
der Masse 0 < m ∈ R mit äquidistanten Abständen der Länge 0 < d ∈ R, die an
den beiden Aufhängungspunkten stationär ist, gewählt. Die Massenpunkte seien
dabei über gleichartige Federn mit Federkonstanten k ∈ R und Schermodul S ∈ R
miteinander verbunden, insgesamt besitzt dieses System somit n Freiheitsgrade.
Für das kontinuierliche System sei eine schwingende Saite gleicher Länge der
Kette gewählt. Da die Saite als eine Aneinanderreihung einer unendlichen Anzahl
an Massenpunkten betrachtet werden kann, geht die Anzahl der Freiheitsgrade für
dieses System gegen unendlich, d.h. n → ∞.
Die einzige unabhängige Variable des diskreten Systemes ist die Zeit t, wohingegen im kontinuierlichen System zwei unabhängige Variablen, die Zeit t und
der Ort bzw. die Ortskoordinate x berücksichtigt werden müssen. Im Hinblick auf
die dynamischen (abhängigen) Variablen beider Systeme ist festzustellen, dass im
9
ersten Fall der Ort bzw. die Koordinaten q j (t), sowie die entsprechende zeitliche
Ableitung ∂t∂ q j (t) = q̇ j (t) betrachtet werden, wohingegen im zweiten Fall mit dem
Feld Φ(t, x) und dessen zeitlicher Ableitung ∂t∂ Φ(t, x) = Φ̇(t, x) gearbeitet wird.
Es lassen sich also symbolisch Übergänge von
j → x,
d.h. von (maximal) abzählbar unendlich vielen nach überabzählbar unendlich
vielen Freiheitsgraden, sowie
q → Φ,
t →t
und
q j (t) → Φ(t, x)
betrachten. Es werden zunächst die Konsequenzen dieser Übergänge auf die zu
dem gewählten Beispielsystem der linearen Kette gehörenden Gleichungen und
Lösungen diskutiert.
Das diskreten System
Im Folgenden sei
qi (t) := xi (t) − xi0 ,
(2.1)
xi0 bezeichnet dabei die Ruheposition des entsprechenden Massenpunktes. Diese
Festlegung wurde gewählt, damit die transversale oder longitudinale Auslenkung
der Massen betrachtet werden kann, wobei zu beachten ist, dass an dieser Stelle,
aus Gründen der Vereinfachung, keine Mischungen zwischen transversalen und
longitudinalen Schwingungen betrachtet werden. Wird eine longitudinale Schwingung diskutiert, so sei C = k die Federkonstante und für transversale Schwingungen sei C = dS die Federspannung.
Die gesamte kinetische Energie des Systemes ist nun durch
T=
1
2
n
∑ mq̇2j (t),
(2.2)
j=1
also der Summe der kinetischen Energie der einzelnen Massenpunkte gegeben,
und dementsprechend lautet die Gleichung für die gesamte potentielle Energie
2
1 n
U = C ∑ q j+1 (t) − q j (t) .
2 j=0
10
(2.3)
q
Mit der Definition der Eigenfrequenz ω0 := Cm wird nun die Lagrange-Funktion
des Systems aufgestellt:
2 i
1 n h
(2.4)
L = m ∑ q̇2j (t) − ω20 q j+1 (t) − q j (t) .
2 j=0
!
Hieraus lassen sich, unter Beachtung der Bedingungen q0 = q̇0 = 0 und
!
qn+1 = q̇n+1 = 0, die Euler-Lagrange-Gleichungen, die Bewegungsgleichungen
des Systems, entwickeln:
q̈ j = ω20 q j+1 (t) − q j (t) − ω20 q j (t) − q j−1 (t) , j ∈ {1, ..., n}.
(2.5)
Die Wahl des Lösungsansatzes
pπ
exp (iω pt) , j ∈ {0, 1, ..., n + 1}
q j (t) = A sin j
n+1
(2.6)
mit den Eigenfrequenzen des gekoppelten Systems
pπ
,
ω p = 2ω0 sin
2(n + 1)
liefert als Ergebnis die Normalschwingungen
pπ
(p)
(p)
q j (t) = A sin j
sin(ω pt), j ∈ {0, ..., n + 1}, p ∈ {1, ..., n} .
n+1
(2.7)
Dabei ist zu beachten, dass diese Normalschwingungen nur für eine endliche Anzahl an p ermittelt werden. Nun lassen sich hieraus die allgemeinen Lösungen
n
pπ
(p)
q j (t) = ∑ A sin j
sin(ω pt + ϕ p )
(2.8)
n+1
p=1
bestimmen.
Vergleicht man die Normalschwingung mit der p-ten harmonischen Schwingung
einer Saite der Länge L = (n + 1)d, also genau der Länge der linearen Kette, und
betrachtet einen Übergang j → dx , so kommt man zu dem Schluss, dass sich die
beiden Gleichungen in bemerkenswerter Weise ähneln,
pπx (p)
Φ(t, x) = A sin
sin(ω pt),
(2.9)
L
wobei im Falle der Saite gilt, dass p ∈ N0 ist.
Die in diesem Fall festgestellten Ähnlichkeiten sind nicht zufällig. Eine Möglichkeit, wie man, mittels einer Grenzwertbetrachtung, von dem diskreten in das
kontinuierliche System überleiten kann, wird im Folgenden diskutiert.
11
Grenzübergang zum kontinuierlichen System
Zur Vereinfachung und Kürzung der Darstellung beschränkt sich die nachfolgende
Betrachtung auf transversale Schwingungen sowie die Grenzwertprozesse n → ∞
und d → 0.
Wie schon zu Anfang dieses Kapitels erläutert, wird nun anstatt der von der Zeit
abhängigen Ortsabweichung der einzelnen Massenpunkte q j (t) das Feld Φ(t, x),
also eine Funktion die von mehreren Variablen abhängig ist, der Saite an der Ortskoordinate x = jL/(n + 1) zur Zeit t betrachtet.
Es lässt sich somit symbolisch schreiben:
q j (t) ≡ Φ(t, x) .
Werden die Grenzwerte der Differenzen der q j (t) aus Gleichung (2.5) untersucht,
indem eine Grenzwertbetrachtung d → 0 mit der Entwicklung der Gleichung an
der Stelle x = jd + d/2 kombiniert wird, so ergibt sich für die erste Differenz
q j+1 (t) − q j (t)
Φ(t, x + d) − Φ(t, x)
∂Φ(t, x) = lim
≈
,
lim
d→0
d→0
d
d
∂x x= jd+ d
2
(2.10)
was sich zu
∂Φ(t, x) q j+1 (t) − q j (t) ≈ d
(2.11)
∂x x= jd+ d
2
umschreiben lässt. In analoger Weise ermittelt sich für die zweite Differenz, wobei
hier an der Stelle x = jd − d2 entwickelt wird,
∂Φ(t, x) q j (t) − q j−1 (t) ≈ d
.
(2.12)
∂x x= jd− d
2
Somit ergibt sich unter einer weiteren Grenzwertbetrachtung des Typs aus Gleichung (2.10):
2
2 ∂ Φ(t, x) (q j+1 (t) − q j (t)) − (q j (t) − q j−1 (t)) ≈ d
.
(2.13)
∂x2 x= jd
Die Bewegungsgleichungen des gekoppelten linearen Systemes, Gl. (2.5), werden
nun zu einer partiellen Differentialgleichung zweiter Ordnung in den Parametern
t und x:
2
∂2 Φ(t, x)
2 2 ∂ Φ(t, x)
≈
ω
d
.
(2.14)
0
∂t 2
∂x2
Für die Grenzwertbetrachtung n → ∞ ist ρ := m/d die Massendichte pro Längeneinheit, mit Hilfe der Ausbreitungsgeschwindigkeit v2 = S/ρ = ω20 d 2 lässt sich
12
die Differentialgleichung zu
2
∂2 Φ(t, x)
2 ∂ Φ(t, x)
−
v
=0
∂t 2
∂x2
(2.15)
umformen.
Es muss noch betrachtet werden, wie sich die Lagrange-Funktion aus Gleichung
(2.4) unter den Grenzwertprozessen verhält. Man betrachte zu diesem Zweck symbolisch folgende Übergänge
1.
∑ −→
Z
2.
m −→ ρd
3.
mω20 (q j+1 (t) − q j (t))2
∂Φ(t, x)
→ ρd
∂x
2
ω20 d 2
∂Φ(t, x)
= ρd
∂x
2
v2 .
Weiterhin gehe der infinitesimale Abstand d in das Differential dx über.
Somit erhält man insgesamt die Lagrange-Funktion
Z L
L=
0
dxL
mit der sogenannten Lagrange-Dichte
"
2 #
1
∂Φ(t, x) 2
∂Φ(t,
x)
L= ρ
− v2
,
2
∂t
∂x
welche in diesem Fall eine Funktion der Form
∂Φ(t, x) ∂Φ(t, x)
L := L Φ(t, x),
,
, x,t
∂x
∂t
(2.16)
(2.17)
(2.18)
ist.
Die Analogie zur Lagrange-Funktion der Punktmechanik ist sehr gut erkennbar,
wenn der Übergang der dynamischen Variablen q(t), mit dem Parameter t, zu
der dynamischen Variablen Φ(t, x), mit Parametern x und t, sowie der zeitlichen
Ableitung q̇(t) zu den beiden partiellen Ableitungen ∂Φ(t,x)
und ∂Φ(t,x)
∂x
∂t , beachtet
wird.
13
Daraus folgend stellt sich die Frage, ob es auch möglich ist, die Bewegungsgleichungen des Systems direkt aus der Lagrange-Dichte zu ermitteln. Mit diesem
Problem wird sich der Abschnitt über das Hamilton’sche Extremalprinzip beschäftigen.
Vorher soll jedoch noch eine gängige Möglichkeit skizziert werden, wie ein kontinuierliches System und dessen Lagrange-Dichte zu erhalten sind. Diese lässt sich
kurz in vier Punkten zusammenfassen, vgl. [Ryd96] Kapitel 4:
1. Man wähle zunächst ein Feld Φ(t,~x) als dynamische Variable mit den unabhängigen Variablen ~x und t.
2. Dann unterteile man den dreidimensionalen Raum in Zellen, von denen jede
einzelne das Volumen δV hat und kennzeichne jede Zelle Z~r durch ein Tripel
~r ganzer Zahlen.
3. Man definiere sich eine neue dynamische Variable Φ~r (t) als Mittelwert von
Φ(t,~r) in Z~r .
4. Für die Lagrange-Funktion gilt nun:
δV →0
L(t) = ∑ L~r (t) = ∑ δV L~r −→
~r
Z
d 3 xL .
(2.19)
~r
Dabei ist L~r der Mittelwert der Lagrange-Dichte L~r (t)/δV in der durch ~r
gekennzeichneten Zelle.
Auf diese Alternative in der Vorgehensweise kann im Rahmen dieser Arbeit nicht
mehr ausführlich eingegangen werden, der Ansatz findet jedoch später noch Verwendung, insbesondere auch im Zusammenhang mit der kanonischen Quantisierung.
Das Hamilton’sche Extremalprinzip
Es sei zunächst eine Lagrange-Dichte mit einem Feld Φ(t, x) ∈ R,
∂Φ(t, x) ∂Φ(t, x)
,
,t, x ∈ C1 ,
L Φ(t, x),
∂x
∂t
(2.20)
mit zugehöriger Lagrange-Funktion L = dxL gewählt.
Das Feld Φ(t, x) ist die dynamische Variable der Gleichung, beziehungsweise des
Systems, deshalb fordert das Hamilton’sche Extremalprinzip, dass das Funktional
R
Z t2
Z t2
dtL =
I[Φ] :=
t1
dt
t1
14
Z
dxL
(2.21)
für eine physikalische Lösung extremal ist.
In gleicher Weise wie in der Punktmechanik bettet man diese Lösung zu fest vorgegebenen Randwerten Φ(t1 , x) und Φ(t2 , x) in eine Schar von Vergleichslösungen
ein, d.h. man variiert das Feld Φ(t, x) derart, dass die Variation zu den Zeitpunkten
t1 und t2 verschwindet und fordert, dass I[Φ] ein Extremum annimmt.
Es seien nun δΦ(t, x) die Variation, Φ̇(t, x) die zeitliche Ableitung und Φ0 (t, x) die
räumliche Ableitung des gewählten Feldes. Dann ist
Z t2 Z
∂L
∂L
∂L
0
δΦ(t, x) +
δΦ̇(t, x) + 0
δΦ (t, x) ,
δI[Φ] =
dt dx
∂Φ(t, x)
∂Φ (t, x)
∂Φ̇(t, x)
t1
(2.22)
∂
δΦ(t, x) gilt. Das Feld Φ(t, x) wurwobei δΦ̇(t, x) = ∂t∂ δΦ(t, x) und δΦ0 (t, x) = ∂x
de dabei so gewählt, dass
lim Φ(t, x) = 0 = lim δΦ(t, x) .
x→±∞
x→±∞
Wird nun der zweite Summand aus Gleichung (2.3) partiell bezüglich t und der
dritte Summand partiell bezüglich x integriert und dabei beachtet, dass δΦ(t, x) an
den Integrationsgrenzen verschwindet, so ist
Z t2 Z
d
∂L
∂L
d
∂L
−
δΦ(t, x)
δI[Φ] =
−
dt dx
∂Φ(t, x) dt ∂Φ̇(t, x)
dx ∂Φ0 (t, x)
t1
!
=0.
(2.23)
!
Da die Bedingung δI[Φ] = 0 für alle zulässigen Variationen δΦ(t, x) erfüllt sein
soll, folgt somit:
d ∂L
d ∂L
∂L
−
−
=0.
∂Φ(t,x)
∂Φ(t, x) dt ∂
dx ∂ ∂Φ(t,x)
∂t
∂x
(2.24)
Diese Gleichung (2.24) ist die gesuchte Euler-Lagrange-Bewegungsgleichung für
das kontinuierliche System.
Eine weitere Illustration der hier präsentierten Ergebnisse anhand von Beispielen
ist in [Sch07], Kapitel 7, zu finden, weswegen an dieser Stelle auf eine solche
verzichtet werden kann.
Da später in dieser Arbeit zusätzlich zu Lagrange-Dichten auch Hamilton-Dichten
benötigt werden, wird im folgenden Abschnitt eine kurze Herleitung zur Bildung
von Hamilton-Dichten präsentiert.
Die Hamilton-Dichte
Es sei wie in Gleichung (2.20) eine Lagrange-Dichte L in der zugehörigen reellen
Feldvariablen Φ(t, x) gegeben. In Analogie zum kanonisch konjugierten Impuls
15
der Punktmechanik, p = ∂L/∂q̇ für eine Lagrange-Funktion L, wird das zum Feld
Φ(t, x) kanonisch konjugierte Impulsfeld (auch kurz kanonisch konjugierter Impuls genannt)
∂L
Π(t, x) =
(2.25)
∂Φ(t, x)
∂
∂t
definiert und analog zu
e q̇) = q̇ ∂L − L(q, q̇)
(2.26)
H(q,
∂q̇
lässt sich die Hamilton-Dichte1
∂Φ(t, x) ∂Φ(t, x)
∂Φ(t, x) ∂Φ(t, x)
∂L
e
H Φ(t, x),
− L Φ(t, x),
,
,
= Φ̇(t, x)
∂x
∂t
∂x
∂t
∂Φ̇(t, x)
(2.27)
zuordnen.
Mit Hilfe einer Legendre-Transformation lässt sich daraus, wie aus der Punktmechanik bekannt, die Hamilton-Dichte H = H (Φ(t, x), ∂/∂x(Φ(t,Rx)), Π(t, x)),
welche die Energiedichte des Systems beschreibt, bestimmen. H = dxH ist somit die Gesamtenergie unseres Systems.
Die hier vorgestellten Definitionen behalten auch in höheren Dimensionen des
Ortsraumes ihre Gültigkeit.
2.2
Kanonische Quantisierung eines skalaren
Feldes
Bislang wurden freie skalare Felder als klassische Systeme betrachtet. Im Folgenden werden nun aber probate Mittel und Wege benötigt, diese Felder und daraus
resultierende Bewegungsgleichungen, insbesondere die Klein-Gordon-Gleichung
( + m2 )Φ(t,~x) = 0,
(2.28)
2
mit = c12 ∂t∂ 2 − 4 und m2 ∈ R+ , quantenmechanisch zu interpretieren.
Dabei stehen der Interpretation der Gleichung (2.28), welche forminvariant unter
Lorentz-Transformationen ist und spinlose Teilchen beschreibt, als relativistische
Einteilchen-Gleichung zwei Probleme, die im Rahmen der Quantenfeldtheorie gelöst werden, siehe [Ryd96] Kapitel 4, gegenüber:
1. Die Klein-Gordon-Gleichung erlaubt Lösungen mit negativer Energie, wenn
∂µ als ein Operator, der dem Vierer-Impuls entspricht, interpretiert wird.
1 Im
Folgenden wird eine explizite Zeit- und Ortsabhängigkeit ausgeschlossen.
16
2. Es ist nicht möglich eine positiv definite Wahrscheinlichkeitsdichte ρ zu
definieren.
Diese „Defekte“ sollen im Folgenden ausgeräumt werden.
Im ersten Schritt wird untersucht, ob die erste der beiden Problematiken im klassischen Fall auftritt. Als Hilfsmittel werden die in dem vorherigen Abschnitt vorgestellten Definitionen für den kanonisch konjugierten Impuls Π, die HamiltonDichte H und die Hamilton-Funktion H benötigt.
Man betrachte zunächst das freie skalare Feld Φ(t,~x) mit der Lagrange-Dichte
L=
1
Φ̇(t,~x)Φ̇(t,~x) − ~∇Φ(t,~x) · ~∇Φ(t,~x) − m2 Φ2 (t,~x) , m ∈ R+ .
2
(2.29)
Hier gilt nun mittels geeigneter Umformungen:
Π(t,~x) = Φ̇(t,~x),
(2.30)
1
H (Π(t,~x), Φ(t,~x)) = Π2 (t,~x) + ~∇Φ(t,~x) · ~∇Φ(t,~x) + m2 Φ2 (t,~x) ,
2
Z
1
H(t) =
d 3 x Π2 (t,~x) + ~∇Φ(t,~x) · ~∇Φ(t,~x) + m2 Φ2 (t,~x) .
2
(2.31)
(2.32)
Es ist an dieser Stelle zu betonen, dass H(t) ≥ 0 ∀ t, da der Integrand nur aus einer
Addition von geraden Summanden besteht. Das Problem negativer Energien tritt
somit im Fall der klassischen Feldtheorie nicht zu Tage.
Die Felder als Operatoren
Um die Konsequenzen der Quantisierung der Felder untersuchen zu können, findet im Folgenden die im Abschnitt 2.1 kurz vorgestellte Methode der Einteilung
des Raumes in Zellen Anwendung, siehe [Ryd96] Kapitel 4. Hierbei ist der zum
Mittelwert Φ~r (t) des Feldes Φ(t,~x) in der Zelle ~r kanonisch konjugierte Impuls
p~r definiert über
δV ∂L~r
∂L
=
≡ δV Π~r (t)
(2.33)
p~r =
∂Φ̇~r (t) ∂Φ̇~r (t)
und es ist für δV → 0:
Π(t,~x) =
∂L
.
∂Φ̇(t,~x)
(2.34)
Es werden im Folgenden die Mittelwerte Φ~r und die dazu kanonisch konjugierten
Impulse p~r als Operatoren im Heisenberg’schen Bild, d.h. als direkt zeitabhängige Operatoren, angesehen. In den folgenden Rechnungen dieses Abschnittes sind
natürliche Einheiten verwendet worden, es ist also zu beachten, dass ~ = 1 und
c = 1 sind.
17
Das erste Ziel ist, eine Aussage über das Verhalten und Eigenschaften dieser Operatoren im kontinuierlichen System treffen zu können. Hierzu werden zunächst
die zugehörigen Kommutator-Relationen betrachtet:
i)
qi (t), p j (t) = iδi j −→ [Φ~r (t), p~s (t)] = iδ~r,~s ,
ii)
qi (t), q j (t) = 0 −→ [Φ~r (t), Φ~s (t)] = 0,
iii)
pi (t), p j (t) = 0 −→ [p~r (t), p~s (t)] = 0 .
(2.35)
Das Kronecker-Symbol der ersten Kommutator-Relation ist eins, wenn~r =~s, und
null sonst.
Es ist somit festzustellen, dass sowohl die Feldoperatoren, als auch diejenigen
der zugehörigen konjugierten Impulse, mit gleichartigen Operatoren vertauschen,
siehe ii) und iii). Im Falle einer Mischung von Feld- und Impulsoperatoren ist
eine Vertauschung allerdings nur dann möglich, wenn die Operatoren in derselben
Zelle lokalisiert sind.
Betrachtet man nun den Übergang in das zugehörige kontinuierliche System über
den Grenzwertprozess δV → 0, so treten in unserem System folgende Limites auf:
lim Φ~r (t) = Φ(t,~x),
δV →0
p~s (t)
= Π(t,~y),
δV →0 δV
δ~r,~s
lim
= δ3 (~x −~y) .
δV →0 δV
lim
(2.36)
Dabei sei ~x der Position~r und ebenso ~y der Position ~s zugeordnet. Werden die Ergebnisse dieser Grenzwertprozesse in die Kommutator-Relationen eingesetzt, so
ergeben sich die sogenannten kanonischen, gleichzeitigen Vertauschungsrelationen (im Folgenden kurz als ETCR = engl.: „equal-time commutation relations“)
der Operatoren Φ(t,~x) und Π(t,~y):
[Φ(t,~x), Π(t,~y)] = iδ3 (~x −~y),
[Φ(t,~x), Φ(t,~y)] = 0 = [Π(t,~x), Π(t,~y)] .
(2.37)
Bedingung für Operatoren
Beim Übergang von der klassischen Feldtheorie zur Quantenfeldtheorie werden
aus den reellen Feldern Φ(t,~x) und Π(t,~x) Hermite’sche Operatoren, die den
ETCR aus Gleichung (2.37) genügen sollen. Weiterhin müssen diese Operatoren auch die Euler-Lagrange-Bewegungsgleichung (kurz EOM = engl.: „equation
of motion“)
∂L
∂L
−
= ( + m2 )Φ(t,~x) = 0,
∂µ
∂∂µ Φ ∂Φ
18
hier die Klein-Gordon-Gleichung, lösen.
Zur Ermittlung der Form und weiterer Eigenschaften des Feldoperators findet die
Fourier-Zerlegung
Z
Φ(t,~x) =
d3k
(2π)3 2ω(~k)
|
{z
}
i
h
~
~
a(~k)e−ik ·~x + a† (~k)eik ·~x = Φ† (t,~x)
(2.38)
3k
dg
Verwendung.
p
Aus der Bewegungsgleichung folgt k0 = ω(~k) = m2 +~k2 . Bei a(~k) und a† (~k)
handelt es sich um Vernichtungs- bzw. Erzeugungsoperatoren. Der Grund für diese Namensgebung wird später einsichtig werden, jedoch kann schon gesagt werden, dass sie bereits suggestiv gewählt sind.
Setzt man hiernach die Fourier-Zerlegung in die ETCR ein, so ergeben sich folgende Vertauschungsrelationen:
h
i
† ~0
~
a(k), a (k ) = (2π)3 2ω(~k)δ(~k − ~k0 ),
h
i
h
i
a(~k), a(~k0 ) = 0 = a† (~k), a† (~k0 ) .
(2.39)
Ausgehend von den bisherigen Ergebnissen ist nun eine Interpretation der Operatoren a(~k) und a† (~k) vorzunehmen. Hierzu wird die Hamilton-Operator
1
H=
2
Z
†~
†~
f
3
~
~
~
d k ω(k) a (k)a(k) + a(k)a (k)
(2.40)
sowie ein Zustand | Ei betrachtet, der Eigenzustand des Hamilton-Operators mit
Eigenwert E sein soll:
H | Ei = E | Ei .
Untersucht man Ha(~k) | Ei, so ergibt sich unter der Verwendung der Vertauschungsrelationen für die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren (siehe Anhang A.1)
h
i
Ha(~k) | Ei = E − ω(~k) a(~k) | Ei
(2.41)
und ebenso ist
h
i
Ha† (~k) | Ei = E + ω(~k) a† (~k) | Ei .
(2.42)
Es ist somit festzuhalten, dass im ersten Fall ein Energiequantum ω(~k) vernichtet
und im zweiten Fall ein solches erzeugt wird. Wird diese Untersuchung auch mit
dem Impulsoperator
Z
3 k ~ka† (~k)a(~k)
~P = df
(2.43)
19
durchgeführt, so ist insgesamt festzustellen, dass der Operator a† (~k) (beziehungsweise a(~k)) ein Energiequantum ω(~k) und ein Impulsquantum ~k erzeugt
(beziehungsweise vernichtet).
Normierung des Hamilton-Operators
Es verbleibt noch, den Hamilton-Operator beziehungsweise dessen Vakuumerwartungswert zu überprüfen. Hierzu sei der Grundzustand | 0i mit den Eigenschaften a(~k) | 0i = 0 und h0 | a† (~k) = 0 ∀ ~k gewählt. Wenn man nach Einsetzen
der Definition des Hamilton-Operators geschickt 0 = a† (~k)a(~k) − a† (~k)a(~k) zur
Erzeugung eines Kommutators addiert, ergibt sich der Vakuumerwartungswert zu
1
h0 | H | 0i =
2
Z
h
i
†~
†~
f
3
~
~
~
d k ω(k)h0 | 2a (k)a(k) + a(k), a (k) | 0i = ∞ .
| {z } |
{z
}
→0
(2.44)
∼δ3 (0)
Man erhält also nach Ausführung der Integration über ~k eine unendliche Konstante. Diese wird als eine unendliche Summe über die Grundzustände von Oszillatoren interpretiert. Da solch ein Ergebnis für den Vakuumerwartungswert des
Hamilton-Operators, bei einer notwendigen Unterscheidung der Erwartungswerte
einzelner Zustände, als ungünstig zu betrachten ist, muss der Operator redefiniert
werden. Dies wird derart gestaltet, dass der Erwartungswert im Grundzustand mit
dem Energieeigenwert E0 = 0 überein stimmen soll:
Z
h
i
1 f
d 3 k ω(~k) a† (~k)a(~k) + a(~k)a† (~k) − h0 | a† (~k)a(~k) + a(~k)a† (~k) | 0i
H =
2Z
1 f
=
d 3 k ω(~k) : a† (~k)a(~k) + a(~k)a† (~k) :
2
Z
3 k ω(~k)a† (~k)a(~k) .
= df
(2.45)
0
Hierbei ist : . : das sogenannte Normalordnungssymbol, das eine Anordnung von
Erzeugungsoperatoren linker Hand zu Vernichtungsoperatoren vorschreibt.
20
Teil II
Spontane Symmetriebrechung
21
Kapitel 3
Spontane Symmetriebrechung:
Globale Symmetrie
In diesem Kapitel wird zunächst die Entartung von Grundzuständen eines Systems
betrachtet und hiernach eine Ausführung des Noether-Theorems, zugeschnitten
auf die vorliegende Diskussion, präsentiert. Ziel soll sein, die spontane Brechung
einer globalen, kontinuierlichen Symmetrie diskutieren zu können.
3.1
Entartete Grundzustände
Bevor die Brechung einer kontinuierlichen Symmetrie diskutiert werden kann,
muss man zunächst eine Bedingung für das Auftreten von spontaner Symmetriebrechung erarbeiten. Eine Feldtheorie mit einer diskreten, inneren Symmetrie erlaubt die Unterscheidung zwischen zwei Möglichkeiten, einerseits der eines dynamischen Systems mit einem einzelnen Grundzustand und andererseits eines Systems mit einer endlichen Anzahl verschiedener Grundzustände. Im zweiten Fall
ist als Besonderheit zu sehen, wie eine infinitesimale Störung einen bestimmten
Grundzustand niedrigster Energie wählt. Die Darstellung in diesem Abschnitt orientiert sich dabei an [ScSc12], Kapitel 2.
Man betrachte zunächst die Lagrange-Dichte eines reellen skalaren Feldes
Φ = Φ(t,~x),
1
m2 2 λ 4
µ
(3.1)
L Φ, ∂µ Φ = ∂µ Φ∂ Φ − Φ − Φ ,
2
| 2 {z 4 }
:=−V (Φ)
welche invariant unter der Transformation R : Φ(t,~x) 7→ −Φ(t,~x) ist. Stelle mittels
des zu dem Feld zugehörigen kanonisch konjugierten Impulses
23
Π = Π(t,~x) = Φ̇(t,~x) die Hamilton-Dichte
2
1
λ 4
2
2 2
e
~
~
H Φ, Φ̇, ∇Φ = ΠΦ̇ − L = Φ̇ + ∇Φ + m Φ + Φ
2
2
(3.2)
e eine untere Schranke besitzt.
auf. Dabei sei 0 < λ ∈ R derart gewählt, dass H
Es wird nun ein Feld Φ0 gesucht, welches die Hamilton-Dichte minimiert. Dieses muss konstant und gleichförmig sein, unabhängig von Zeit und Ort immer
denselben Wert annehmen, sodass für die ersten beiden Terme gilt:
2
~∇Φ(t,~x) = 0 ∀ t,~x .
Φ̇2 (t,~x) = 0,
(3.3)
Zudem muss es das Potential V minimieren, d.h. V (Φ(t,~x)) > V (Φ0 ) ∀ Φ(x).
Daraus ergibt sich dann zur Bestimmung des gesuchten Φ0 die Bedingung
!
V 0 (Φ) = Φ(m2 + λΦ2 ) = 0 .
(3.4)
Es lassen sich nun zwei echt verschiedene Fälle unterscheiden:
m2 > 0: Das Potential V nimmt sein Minimum für den Wert Φ = 0 an.
In der quantisierten Theorie (mit diskreter Symmetrie) assoziiert man damit
einen festen Grundzustand | 0i. Im Falle einer kontinuierlichen Symmetrie,
wird diese Situation als Wigner-Weyl-Realisierung der Symmetrie bezeichnet.
Abbildung 3.1: Wigner-Weyl-Realisierung für V (x) =
x2
2
4
+ x4
m2 < 0: Das Potential bildet nun zwei voneinander unterscheidbare, diskrete Minima aus.
Für den Fall einer kontinuierlichen Symmetrie wird diese Situation als NambuGoldstone-Realisierung oder Nambu-Goldstone-Modus bezeichnet.
24
2
4
Abbildung 3.2: Nambu-Goldstone-Realisierung für V (x) = − x2 + x4
Die folgende Betrachtung beschränkt sich auf die Diskussion des zweiten Falles,
da dieser später zum Auftreten von Goldstone-Bosonen führen und ihm, im Kontext einer kontinuierlichen Symmetrie, die größere Bedeutung zukommen wird.
In dem nun vorliegenden Fall nimmt das Potential V (Φ) für den Wert Φ = 0 ein
lokales Maximum an und bildet zwei lokale Minima für die Werte
s
−m2
Φ± = ±
=: ±Φ0
(3.5)
λ
aus.
Wie im Folgenden eingehend erläutert werden soll, entwickelt die quantisierte
Theorie zwei entartete Vakuumzustände | 0, +i und | 0, −i. Diese werden durch
ihre Vakuumerwartungswerte zu dem Feld Φ(t,~x) = Φ(x) unterschieden:
h0, + | Φ(x) | 0, +i = h0, + | eiP · x Φ(0)e−iP · x | 0, +i
= h0, + | Φ(0) | 0, +i
=: Φ0 ,
ebenso h0, − | Φ(x) | 0, −i = −Φ0 .
(3.6)
Hierbei nutzt man die Translationsinvarianz Φ(x) = eiP · x Φ(0)e−iP · x sowie die
Tatsache, dass ein Grundzustand Eigenzustand von Energie und Impuls ist, aus.
Es sei mit der Transformation R : Φ 7→ Φ0 = −Φ ein unitärer Operator R in dem
Hilbert-Raum des Modells mit den Eigenschaften
R 2 = I, R = R −1 = R †
(3.7)
assoziiert. Nach Gleichung (3.6) ist die Wirkung des Operators auf die Grundzustände über die Relation
R | 0, ±i =| 0, ∓i
(3.8)
25
gegeben.
Man wähle nun einen der zwei Erwartungswerte aus, auch wenn im Folgenden
allgemein weiter gerechnet wird, und entwickele die Lagrange-Dichte aus Gleichung (3.1) um den Wert ±Φ0 :
Φ(x) = ±Φ0 + Φ0 (x)
∂µ Φ(x) = ∂µ Φ0 (x) .
(3.9)
Es ergibt sich daraus für das Potential V der neue Ausdruck
1
2
λ
4
λ
4
V (Φ) = Ve (Φ0 ) = − Φ40 + (−2m2 )Φ02 ± λΦ0 Φ03 + Φ04 ,
(3.10)
e (Φ0 ) ist im Anhang B.1 zu finden. Entsprechend lautet dann
die Berechnung von V
die Lagrange-Dichte in der veränderten dynamischen Variablen:
1
2
1
2
L 0 (Φ0 , ∂µ Φ0 ) = ∂µ Φ0 ∂µ Φ0 − (−2m2 )Φ02 ∓ λΦ0 Φ03
λ
λ
(3.11)
− Φ04 + Φ40 .
4
4
Es ist erkennbar, dass die Symmetrie unter der Transformation R in der Variablen
Φ0 (x) nicht mehr vorhanden ist, sie ist nun verborgen. Die Wahl eines Grundzustandes führt zu einer spontanen Brechung der Symmetrie, welche immer mit der
Existenz von entarteten Grundzuständen verbunden ist. Somit wurde die Bedingung für das Auftreten einer spontanen Symmetriebrechung erarbeitet.
Es ist an dieser Stelle der Betrachtung noch nicht geklärt, wieso der Grundzustand
des quantisierten Systems ausgerechnet einer der beiden Zustände | 0, ±i sein soll
und nicht eine Superposition beider. So ist beispielsweise die Linearkombination
√1 (| 0, +i+ | 0, −i) gleich der ursprünglichen Lagrange-Dichte invariant unter
2
R . Allerdings ist diese Superposition gegenüber infinitesimalen, in Φ(t,~x) ungeraden, äußeren Störungen nicht stabil. Es sei 0 < ε ∈ R infinitesimal, mit
R εH 0 R † = −εH 0 .
(3.12)
Jede solche äußere Störung wird somit den Grundzustand eher in die Nähe von
| 0, +i oder | 0, −i treiben denn bei √12 (| 0, +i+ | 0, −i belassen, vergleiche Abbildung 3.3. Dies ist im Rahmen der Störungstheorie leicht einsehbar und wird im
Folgenden skizziert.
Es sei
1
| 1i = √ (| 0, +i+ | 0, −i) sowie
2
1
| 2i = √ (| 0, +i− | 0, −i)
2
26
Abbildung 3.3: Potential mit kleiner, ungerader Störung
1
10 x:
2
4
V (x) = 10x − x2 + x4
gewählt, sodass
R | 1i =| 1i,
R | 2i = − | 2i .
(3.13)
Die Bedingung für die Energieeigenwerte des Grundzustandes,
E = E (0) + εE (1) + · · · , zur ersten Ordnung in ε resultiert aus der Determinante
h1 | H 0 | 1i − E (1)
h1 | H 0 | 2i
!
det
=0.
(3.14)
h2 | H 0 | 1i
h2 | H 0 | 2i − E (1)
Mit den Symmetrieeigenschaften aus Gleichung (3.8) erhält man
h1 | H 0 | 1i = h1 | R −1 R H 0 R −1 R | 1i = h1 | −H 0 | 1i = 0
(3.15)
und ebenso ist h2 | H 0 | 2i = 0.
Es sei nun h1 | H 0 | 2i = a > 0 für ein a ∈ R gesetzt, was jederzeit durch Multiplikation eines der Zustände mit einer geeigneten Phase erreicht werden kann. Man
erhält daraus
h2 | H 0 | 1i
H 0 =H 0†
=
h1 | H 0 | 2i∗ = a∗ = a = h1 | H 0 | 2i,
woraus gefolgert werden kann, dass
−E (1)
a
det
= E (1)2 − a2 = 0 ⇒ E (1) = ±a .
a
−E (1)
(3.16)
(3.17)
Mit anderen Worten: Die Entartung wurde aufgehoben und es ergibt sich für die
Energieeigenwerte E = E (0) ± εa + . . . .
27
Die korrespondierenden Eigenzustände nullten Grades in ε sind | 0, +i, sowie
| 0, −i. Es ist somit zu folgern, dass eine beliebig kleine, ungerade äußere Störung mit Beachtung von R den Grundzustand entweder hin zu | 0, +i oder | 0, −i
schieben wird.
In der Diskussion wurde bislang zur Vereinfachung stillschweigend angenommen,
dass der Hamilton-Operator und das Feld im Bereich des Grundzustandes gleichzeitig diagonalisiert werden können, so beispielsweise h0, + | 0, −i = 0. Ein Beleg
für diese Annahme findet sich bei [Wei96].
Die Gültigkeit dieser Annahme wird unter anderem in die spätere Diskussion des
Falls einer kontinuierlichen Symmetrie einfließen.
3.2
Noether-Theorem
Das Noether-Theorem etabliert eine Verbindung zwischen kontinuierlichen Symmetrien eines dynamischen Systems und Erhaltungsgrößen, beispielsweise Konstanten der Bewegung. Zur Vereinfachung der Diskussion werden im Folgenden
nur innere Symmetrien betrachtet. Es wird sich von der klassischen Feldtheorie in
die Quantenmechanik und daraus folgend in die Quantenfeldtheorie vorgearbeitet und es werden die Konsequenzen, die das Noether-Theorem mit sich bringt,
betrachtet.
Klassische Feldtheorie
Man betrachte die Lagrange-Dichte L = L (Φi , ∂µ Φi ), welche von n ∈ N unabhängigen Feldern Φi = Φi (t,~x) und deren ersten partiellen Ableitungen
∂µ Φi = ∂µ Φi (t,~x) abhängig ist.
Aus der Lagrange-Dichte erhält man insgesamt n Bewegungsgleichungen
∂L
∂L
− ∂µ
=0.
(3.18)
∂Φi
∂(∂µ Φi )
Ausgegangen wird von der Annahme, dass diese Lagrange-Dichte invariant unter
einer Gruppe kontinuierlicher, globaler Transformationen ist, welche von r ∈ N
reellen Parametern in glatter Weise abhängig sind. Anwendung findet dazu die
Methode von Gell-Mann und Lévy, siehe [GeLe60]. Diese besteht darin, die globale Symmetrie zu einer lokalen umzuwandeln und aus dieser dann die NoetherStröme zu identifizieren.
Hierzu werden Transformationen T (εa ), welche von r reellen, lokalen Parametern
0 < εa = εa (t,~x) abhängig sind, betrachtet:
T (εa ) : Φi (t,~x) 7→ Φ0i (t,~x) = Φi (t,~x) + δΦi (t,~x)
= Φi (t,~x) − iεa (t,~x)Fai (Φ(t,~x)) .
28
(3.19)
Dabei ist δΦi (t,~x) die Variation des Feldes basierend auf der Transformation und
die Funktion Fai = Fai (Φ(t,~x)) entsprechend δΦi (t,~x) = −iεa (t,~x)Fai [Φ(t,~x)] definiert. Betrachtet man nun die Variation der Lagrange-Dichte unter Vernachlässigung von Termen der Ordnung ε2a , so ergibt sich
δL = L (Φ0i , ∂µ Φ0i ) − L (Φi , ∂µ Φi )
∂L
∂L
δΦi +
∂µ δΦi
=
| {z }
∂Φi
∂∂µ Φi
=−i∂µ εa Fai −iεa ∂µ Fai
=: εa ∂µ Jaµ + ∂µ εa Jaµ
.
(3.20)
Dieser Gleichung entsprechend wird für jede infinitesimale Transformation eine
Viererstromdichte
∂L
Fai
(3.21)
Jaµ = Jaµ (t,~x) = −i
∂∂µ Φi
definiert.
Durch Berechnung der Divergenz von Gleichung (3.21) ergibt sich:
∂L
∂L
)Fai − i
∂µ Fai
∂∂µ Φi
∂∂µ Φi
∂L
∂L
= −i
Fai − i
∂µ Fai .
∂Φi
∂∂µ Φi
∂µ Jaµ = −i(∂µ
(3.22)
Hierbei fand die Bewegungsgleichung aus Gleichung (3.18) Verwendung. Das
µ
Ergebnis ist explizit konsistent mit der Definition für ∂µ Ja aus Gleichung (3.20).
Die Viererstromdichte und ihre partiellen Ableitungen lassen sich nun auch direkt
berechnen:
∂δL
,
∂∂µ εa
∂δL
∂µ Jaµ =
.
∂εa
Jaµ =
(3.23)
(3.24)
Die Parameter der Transformation wurden lokal, die Lagrange-Dichte hingegen
nur als invariant unter einer globalen Transformation angenommen. Deshalb verschwindet in diesem Fall der Term ∂µ εa und da die Lagrange-Dichte unter solchen
Transformationen invariant ist, folgt aus Gleichung (3.20), dass die Viererstromµ
dichte Ja erhalten bleibt:
(3.25)
∂µ Jaµ = 0 .
Für einen erhaltenen Strom ist die Ladung
Z
Qa (t) :=
d 3 x Ja0 (t,~x)
29
(3.26)
zeitunabhängig, also eine Konstante der Bewegung. Ein Beweis dazu findet sich
bei [ScSc12] auf den Seiten 14 und 260f.
Bislang wurde das Noether’sche Theorem nur im klassischen Fall unter der Annahme diskutiert, dass die Ladungen Qa (t) jeden kontinuierlichen, reellen Wert
annehmen können. Es müssen allerdings auch die Konsequenzen, die sich aus
einem Übergang hin zu einer quantisierten Theorie ergeben, betrachtet werden.
Quantenmechanik
Im Folgenden wird zunächst eine Erinnerung an den Übergang der klassischen
Mechanik in die Quantenmechanik ausgeführt. Zudem werden der Übersichtlichkeit wegen natürliche Einheiten verwendet.
Man betrachte beispielsweise eine Punktmasse m in einem Zentralpotential V (r),
die zugehörigen Lagrange- und Hamilton-Funktionen sind aufgrund der Wahl der
Symmetrie rotationsinvariant. Die Folge dieser Invarianz ist, dass der Drehimpuls
~l =~r × ~p eine Erhaltungsgröße, d.h. eine Konstante der Bewegung ist und in der
klassischen Mechanik jeden kontinuierlichen, reellen Wert annehmen kann.
Beim Übergang in die Quantenmechanik werden die Komponenten von ~r und ~p
zu Hermite’schen, linearen Operatoren, welche den Vertauschungsrelationen
x̂i , p̂ j = iδi j ,
x̂i , x̂ j = 0 = p̂i , p̂ j
(3.27)
genügen.
Die Komponenten des Drehimpulsoperators sind durch
lˆi = εi jk x̂ j p̂k
(3.28)
gegeben, was für einen späteren Vergleich mit Resultaten aus der Quantenfeldtheorie derart umgeschrieben wird, dass der Drehimpuls mittels 3 × 3-Matrizen
der adjungierten Darstellung Tiad , siehe später in diesem Kapitel Gleichung (3.50),
ausgedrückt wird:
(3.29)
lˆi = −i p̂ j (−iεi jk ) x̂k .
| {z }
=:(Tiad ) jk
Es ist festzustellen, dass sowohl die Matrizen der adjungierten Darstellung als
auch die Komponenten des Drehimpulsoperators die Vertauschungsrelationen für
Drehimpulsoperatoren erfüllen:
h
i
Tiad , T jad = iεi jk Tkad ,
lˆi , lˆj = iεi jk lˆk .
(3.30)
30
Da die Komponenten des Drehimpulsoperators nicht simultan diagonalisierbar
sind, sind die Zustände als Eigenzustände von lˆi lˆi (beachte die Einstein’sche Summationskonvention) und lˆ3 mit Eigenwerten l(l + 1) und m = −l, ..., l mit l ∈ N0
gegeben. Zudem ist zu beachten, dass die Drehimpulsoperatoren die Erzeugenden
der Rotationen sind.
Die Rotationsinvarianz des quantisierten Systems impliziert, dass die Komponenten des Drehimpulsoperators mit dem Hamiltonoperator des Systems, Ĥ, vertauschen:
Ĥ, lˆi = 0 .
(3.31)
Die Drehimpulsoperatoren sind also immer noch Erhaltungsgrößen der Bewegung.
Es lassen sich dann gleichzeitig Ĥ, lˆi lˆi und lˆ3 diagonalisieren.
Quantenfeldtheorie
Das Beispiel der Quantenmechanik vor Augen, wird nun der analoge Fall in der
Quantenfeldtheorie betrachtet. Nach Durchführung einer kanonischen Quantisierung werden die Felder Φi = Φi (t,~x) und ihre kanonisch konjugierten Impulse
Πi = Πi (t,~x) = ∂(∂∂0LΦi ) als lineare Operatoren im Heisenberg’schen Bild in einem zugehörigen Hilbert-Raum betrachtet. In Folge einer Verallgemeinerung von
Gleichung (2.37) gehorchen sie den ETCR:
Φi (t,~x), Π j (t,~y) = iδ3 (~x −~y)δi j ,
Φi (t,~x), Φ j (t,~y) = 0,
Πi (t,~x), Π j (t,~y) = 0 .
(3.32)
Als Spezialfall der Transformation in der klassischen Feldtheorie, Gleichung (3.19),
werden nun infinitesimale Transformationen T (εa ) mit zugehörigen Faktoren
0 < εa (t,~x) = εa , welche linear in den Feldern sind, betrachtet:
T (εa (t,~x)) : Φi (t,~x) 7→ Φ0i (t,~x) = Φi (t,~x) − iεa (t,~x)ta,i j Φ j (t,~x),
(3.33)
dabei sind die ta,i j Konstanten, die eine Vermischung der Felder generieren.
Aus Gleichung (3.21) erhält man
Jaµ (t,~x) = −i
Qa (t) = −i
Z
∂L
ta,i j Φ j ,
∂∂µ Φi
d 3 x Πita,i j Φ j ,
µ
(3.34)
(3.35)
Ja (t,~x) und Qa (t) sind nun Operatoren. Zu beachten ist an dieser Stelle die perfekte Analogie zwischen dem Ladungsoperator Qa (t) und dem Drehimpuls aus
31
Gleichung (3.29), die sich ergibt, wenn man (Taad )i j = ta,i j setzt und die Übergänge von Ortskoordinaten zu Feldern beziehungsweise den Komponenten von
Impulskomponenten zu konjugierten Impulsdichten beachtet.
Zur weiteren Interpretation der Ladungsoperatoren werden nun die ETCR und
Gleichung (3.32) verwendet und damit ihre Kommutatorrelation mit den Feldoperatoren berechnet,
[Qa (t), Φk (t,~y)] = −ita,i j
Z
d 3 x Πi (t,~x)Φ j (t,~x), Φk (t,~y)
= −ta,k j Φ j (t,~y),
(3.36)
die Rechnung findet sich im Anhang unter B.2.
Dies ist die Entsprechung für
lˆk , x̂i = iεki j x̂ j
(3.37)
in der Quantenmechanik.
Zudem kann man für das Transformationsverhalten des Hilbert-Raumes, welches
mit einer globalen, infinitesimalen Transformation assoziiert wird, alternativ einen
Ansatz mittels einer infinitesimalen, unitären Transformation
| α0 i = (1 + iεa Ga (t)) | αi
(3.38)
mit Hermite’schem Operator Ga (t) als infinitesimalem Erzeuger untersuchen.
Dabei fordert man, dass für einen beliebigen Operator A
!
hβ | A | αi = hβ0 | A0 | α0 i ∀ | αi, | βi, εa
(3.39)
gilt. In Gleichung (3.33) wurde eine aktive Drehung der Feldoperatoren gewählt,
mit den Gleichungen (3.38) und (3.39) lässt sich nun folgern, dass die Zustände des Hilbert-Raumes somit in entgegengesetzte Richtung transformiert werden
müssen.
In Kombination mit der Transformationsvorschrift aus Gleichung (3.33) führt die
Forderung zu
!
hβ | Φi | αi = hβ0 | Φ0i | α0 i
= hβ | (1 − iεa Ga (t)) Φi − iεbtb,i j Φ j (1 + iεc Gc (t)) | αi.
(3.40)
Durch einen Vergleich der Terme auf beiden Seiten der Gleichung, die linear in εa
sind, sowie mit der Kommutatorrelation aus Gleichung (3.36) folgert man:
0 = −iεa [Ga (t), Φi (t,~x)] −iεata,i j Φ j (t,~x) .
{z
}
|
=iεa [Qa (t),Φi (t,~x)]
32
(3.41)
Es ergibt sich somit, dass die infinitesimalen Erzeuger Ga (t), die auf die Zustände
des Hilbert-Raumes wirken und mit der Transformation der Felder assoziiert sind,
mit den Ladungsoperatoren Qa (t) identisch sind.
Wertet man nun schlussendlich die Vertauschungsrelationen für mehrere dieser
Erzeuger aus,
[Qa (t), Qb (t)] = −i(ta,i j tb, jk − tb,i j ta, jk )
Z
d 3 k Π i Φk ,
(3.42)
so erkennt man, dass die rechte Seite der Gleichung (3.42) proportional zu einem
Ladungsoperator ist, falls
(ta,i j tb, jk − tb,i j ta, jk ) = Cabctc,ik .
(3.43)
Dies ist der Fall, wenn die Ladungsoperatoren Qa (t) eine Lie-Algebra mit Strukturkonstanten Cabc bilden:
[Qa (t), Qb (t)] = iCabc Qc (t).
(3.44)
Setzt man Gleichung (3.43) als gültig voraus und interpretiert die Konstanten ta,i j
als Einträge der i-ten Zeile und j-ten Spalte einer (n × n)-Matrix Ta , so bilden
diese Matrizen eine n-dimensionale Darstellung einer Lie-Algebra,
[Ta , Tb ] = iCabc Tc .
(3.45)
Mit den erhaltenen Ergebnissen besteht nun die Möglichkeit, die infinitesimalen
Transformationen der Felder kompakter zu schreiben:


Φ1 (t,~x)


..
0
(3.46)

 = Φ(t,~x) 7→ Φ (t,~x) = (1 − iεa Ta )Φ(t,~x).
.
Φn (t,~x)
Für die späteren Betrachtungen einer SU(2)-Symmetrie wird für die zugehörige
Lie-Algebra sowohl eine Basis für die fundamentale Darstellung, abgekürzt f , mit
der Dimension n = 2, als auch die adjungierte Darstellung, abgekürzt ad, mit der
Dimension n = 3, benötigt. Für erstere bieten sich die sogenannten Pauli-Matrizen
an:
0 1
0 −i
1 0
τ1 =
, τ2 =
, τ3 =
,
(3.47)
1 0
i 0
0 −1
woraus sich die Basis durch die Vorschrift
1
f
Ti := τi
2
33
(3.48)
ergibt. Die Basis der adjungierten Darstellung ist über die Definition
ti,adjk := −iεi jk
(3.49)
gegeben, somit sind die zugehörigen Matrizen






0 0 0
0 0 i
0 −i 0
T1ad =  0 0 i  , T2ad =  0 0 0  , T3ad =  i 0 0  . (3.50)
0 i 0
−i 0 0
0 0 0
Ausgangspunkt U(1)-Symmetrie
In diesem Abschnitt sollen die Betrachtungen für Erhaltungsgrößen aus den vorherigen Abschnitten, ausgehend von einer U(1)-Symmetrie und basierend auf der
kanonischen Quantisierung, erweitert werden.
Man betrachte nun eine Lagrange-Dichte L = L (Φ1 , Φ2 , ∂µ Φ1 , ∂µ Φ2 ) in den reellen, skalaren Feldern Φ1 (t,~x) = Φ1 und Φ2 (t,~x) = Φ2 , die unter Transformationen
der Gruppe SO(2) beziehungsweise U(1) global invariant ist. Die Lagrange-Dichte
sei
m2 2
λ
1
(Φ1 + Φ22 ) − (Φ21 + Φ22 )2
2
2
4
† µ
2 †
†
2
= ∂µ Φ ∂ Φ − m Φ Φ − λ(Φ Φ) ,
(3.51)
L = (∂µ Φ1 ∂µ Φ1 + ∂µ Φ2 ∂µ Φ2 ) −
mit m2 > 0 und λ > 0 reelle Zahlen. Die Felder Φ und Φ† seien dabei folgendermaßen definiert:
1
Φ = Φ(t,~x) := √ (Φ1 (t,~x) + iΦ2 (t,~x)) ,
2
1
Φ† = Φ† (t,~x) = √ (Φ1 (t,~x) − iΦ2 (t,~x)) .
(3.52)
2
Durch die Wahl von m2 > 0 und λ > 0 tritt keine spontane Symmetriebrechung
auf und die Energie ist durch eine untere Schranke EU begrenzt: E ≥ EU ∀E.
Die Lagrange-Dichte aus Gleichung (3.51) ist nun unter der globalen Transformation T mit
T : Φ1 7→ Φ01 = Φ1 − εΦ2 ,
T : Φ2 7→ Φ02 = Φ2 + εΦ1
(3.53)
beziehungsweise in der äquivalenten Ausdrucksweise
T : Φ 7→ Φ0 = (1 + iε)Φ,
T : Φ† 7→ Φ†0 = (1 − iε)Φ†
34
(3.54)
invariant, dabei sei ε ein infinitesimaler, reeller Parameter.
Die Anwendung der Methode von Gell-Mann und Lévy für einen lokalen Parameter ε(t,~x) = ε(x) ergibt
δL = ∂µ ε(x)(i∂µ Φ† Φ − iΦ† ∂µ Φ) .
(3.55)
Hieraus kann man mit Hilfe der Gleichungen (3.23) und (3.24) für den Strom,
welcher der globalen Symmetrie zugehörig ist, herleiten:
∂δL
= i∂µ Φ† Φ − iΦ† ∂µ Φ,
∂∂µ ε(x)
∂δL
∂µ J µ =
=0.
∂ε(x)
Jµ =
(3.56)
(3.57)
Es wird daran erinnert, dass die Identifizierung von Gleichung (3.24) als Divergenz des Stromes nur für Felder, die den Euler-Lagrange-Bewegungsgleichungen
genügen, korrekt ist.
Die Betrachtung wird nun von einer Feldtheorie auf eine Quantenfeldtheorie erweitert, vor dem Hintergrund kanonischer Quantisierung werden zunächst kanonisch konjugierte Impulse
Πi =
∂L
,
∂∂0 Φi
Π=
∂L
∂Φ†
=
,
∂∂0 Φ
∂t
Π† =
∂L
∂Φ
=
∂t
∂∂0 Φ†
(3.58)
definiert. Die Felder und die zugehörigen kanonisch konjugierten Impulse werden
nun als Operatoren im Heisenberg-Bild, welche den ETCS genügen, angesehen:
[Φi (t,~x), Π j (t,~y)] = iδi j δ3 (~x −~y),
[Φi (t,~x), Φ j (t,~y)] = 0 = [Πi (t,~x), Π j (t,~y)], beziehungsweise
[Φ(t,~x), Π(t,~y)] = iδ3 (~x −~y) = [Φ† (t,~x), Π† (t,~y)],
[Φ(t,~x), Π† (t,~y)] = 0 = [Φ† (t,~x), Π(t,~y)],
[Φ(t,~x), Φ(t,~y)] = 0 = [Φ† (t,~x), Φ† (t,~y)] = [Φ(t,~x)], Φ† (t,~y)],
[Π(t,~x), Π(t,~y)] = 0 = [Π† (t,~x), Π† (t,~y)] = [Π(t,~x), Π† (t,~y)] .
Für die quantisierte Theorie schreibt sich der Stromdichteoperator
µ
µ †
† µ
J (t,~x) = : i∂ Φ Φ − iΦ ∂ Φ : ,
(3.59)
(3.60)
dabei bezeichnet : ... : eine Normalordnungsvorschrift derart, dass Vernichtungsoperatoren zur Rechten von Erzeugungsoperatoren stehen.
Für einen erhaltenen Strom ist der Ladungsoperator, das Volumenintegral der
35
Stromdichte, zeitunabhängig und dient als Erzeuger infinitesimaler Transformationen der Zustände des Hilbert-Raumes:
Z
Q(t) =
d 3 x J 0 (t,~x).
(3.61)
Aus den ETCR in Gleichung (3.59) und der Definition des Ladungsdichteoperators ist es direkt möglich die zugehörigen ETCR zu berechnen:
[J 0 (t,~x), Φ(t,~y)] = δ3 (~x −~y)Φ(t,~x),
[J 0 (t,~x), Π(t,~y)] = −δ3 (~x −~y)Π(t,~x),
[J 0 (t,~x), Φ† (t,~y)] = −δ3 (~x −~y)Φ† (t,~x),
[J 0 (t,~x), Π† (t,~y)] = δ3 (~x −~y)Π† (t,~x) .
(3.62)
Insbesondere erhält man durch Ausführen der Volumenintegrale in Gleichung
(3.62) die ETCR für die Ladungsoperatoren:
[Q(t), Φ(t,~x)] = Φ(t,~x),
[Q(t), Π(t,~x)] = −Π(t,~x),
[Q(t), Φ† (t,~x)] = −Φ† (t,~x),
[Q(t), Π† (t,~x)] = Π† (t,~x) .
(3.63)
Um die Implikationen aus Gleichung (3.63) zu illustrieren, sei ein Eigenzustand
| αi von Q mit Eigenwert qα gewählt und man betrachte die Wirkung von Φ(t,~x)
auf diesen Zustand:
Q (Φ(t,~x) | αi) = ([Q, Φ(t,~x)] + Φ(t,~x)Q) | αi = (1 + qα )(Φ(t,~x) | αi) . (3.64)
Es kann daraus gefolgert werden, dass die Operatoren Φ(t,~x) und Π† (t,~x) (beziehungsweise Φ† (t,~x) und Π(t,~x)) die Noether-Ladung eines Systemes um eine
Einheit erhöhen (beziehungsweise erniedrigen).
3.3
Spontane Brechung einer globalen, kontinuierlichen Symmetrie
In diesem Abschnitt wird, unter der Nutzung der Vorgehensweise aus [ScSc12],
Kapitel 2, die Brechung einer globalen, kontinuierlichen Symmetrie diskutiert.
Hierzu sollen zunächst, unter Verwendung des O(3)-σ-Modells, einige für die Diskussion wichtige Aspekte wiederholt werden.
36
Es sei die Lagrange-Dichte
L (Φ, ∂µ Φ) = L (Φ1 , Φ2 , Φ3 , ∂µ Φ1 , ∂µ Φ2 , ∂µ Φ2 )
1
m2
λ
= ∂µ Φi ∂µ Φi − Φi Φi − (Φi Φi )2
2
2
4
(3.65)
gewählt, dabei sind 0 > m2 ∈ R, 0 < λ ∈ R und die Felder Φi = Φi (t,~x),
i = 1, 2, 3 reell. Durch die Wahl von m2 < 0 ist die Symmetrie im Nambu-GoldstoneModus realisiert, es tritt also eine spontane Symmetriebrechung auf.
Die Lagrange-Dichte ist invariant unter einer globalen „Isospin“-Rotation
g ∈ SO(3) : Φi 7→ Φ0i = Di j (g)Φ j = e−iαk Tk i j Φ j ,
(3.66)
dabei ist αk ∈ R und die Tk Hermite’sche Matrizen, die Erzeugende der Drehung
sind, siehe Gleichung (3.50). Da die Φ0i , ebenso wie bereits die Φi , reell sind, müssen die Tk rein imaginär und somit antisymmetrisch sein. Die iTk liefern eine Basis
einer Darstellung der so(3)-Lie-Algebra und genügen den Vertauschungsrelationen [Ti , T j ] = iεi jk Tk .
Im Folgenden sei die Darstellung aus Gleichung (3.50) mit der Bildungsvorschrift
aus (3.49) gewählt. Es wird nun das Potential nach einem von den Parametern t
und ~x unabhängigen Minimum untersucht. Bei der Bestimmung des Minimums
von
λ
m2
(3.67)
V (Φ1 , Φ2 , Φ3 ) = Φi Φi + (Φi Φi )2
2
4
ergibt sich nach Differentiation nach Φi und Berechnung der Nullstellen das Ergebnis
r
q
−m2
=: v, | ~Φ |= Φ21 + Φ22 + Φ23 .
(3.68)
| ~Φmin |=
λ
Da ~Φmin im Isospin-Raum omnidirektional ist, existiert eine überabzählbar-unendliche Anzahl entarteter Grundzustände. Jede infinitesimale, externe Störung,
welche nicht unter der Gruppe SO(3) invariant ist, wird eine bestimmte Richtung
auszeichnen, diese wird mittels geeigneter Wahl der inneren Koordinaten als die
3-Richtung festgelegt:
~Φmin := vê3 .
(3.69)
Das Minimum ~Φmin aus Gleichung (3.68) ist nun nicht unter der gesamten Gruppe
G =SO(3) invariant, da seine Ausrichtung von Rotationen um die 1- und 2-Achse
verändert wird. Zur Illustration dieses Sachverhaltes folgt die Rechnung hierzu:
Sei
 
0
~Φmin = v  0  ,
(3.70)
1
37
dann sind


 
 
0
i
0
~
~
~





T1 Φmin = v −i , T2 Φmin = v 0 , T3 Φmin = v 0  .
0
0
0
(3.71)
T1 und T2 vernichten somit den Grundzustand nicht. Dies ist äquivalent dazu, dass
durch T1 und T2 erzeugte endliche Gruppenelemente den Grundzustand nicht invariant lassen.
Zu beachten ist, dass die Menge der Transformationen, die ~Φmin nicht invariant
lassen, keine Gruppe bilden, da die Identität darin nicht enthalten ist. Andererseits
ist ~Φmin unter einer Untergruppe H ⊆ G invariant, die aus den Rotationen um die
3-Achse besteht:
h ∈ H : ~Φ 7→ ~Φ0 = D(h)~Φ = e−iα3 T3 ~Φ, D(h)~Φmin = ~Φmin .
(3.72)
Schreibt man Φ3 als
Φ3 (t,~x) =| ~Φmin | +η(t,~x) = v + η(t,~x),
(3.73)
wobei η(t,~x) = η ein neues Feld ist, welches an die Stelle von Φ3 (t,~x) tritt, und
drückt die Lagrange-Dichte nun durch die Felder Φ1 , Φ2 und η aus, so ergibt sich
für das Potential der neue Ausdruck
Ve =
λ
2 λ
1
−2m2 η2 + λvη Φ21 + Φ22 + η2 + Φ21 + Φ22 + η2 − v4 . (3.74)
2
4
4
Die zugehörige Rechnung findet sich im Anhang unter B.3.
Bei Betrachtung der Terme, die quadratisch mit den Feldern eingehen, findet man
nach spontaner Symmetriebrechung zwei masselose, spinlose Teilchen, sogenannte Goldstone-Bosonen, und ein massives Boson:
m2Φ1 = 0 = m2Φ2 ,
m2η = −2m2 .
(3.75)
Das modellunabhängige, besondere Merkmal des obigen Beispiels ist durch die
Tatsache gegeben, dass man für jeden der beiden Erzeuger T1 und T2 , welche den
Grundzustand nicht annihilieren, ein masseloses Goldstone-Boson erhält. Dies ist
bereits als Hinweis auf eine Gesetzmäßigkeit erkennbar, auf die später in diesem
Abschnitt und auch im Abschnitt 3.4 weiter eingegangen wird.
Mittels der Vereinfachung auf den zweidimensionalen Fall und der Betrachtung
eines Spezialfalles des sogenannten "mexicanhat"-Potentials (Mexikanerhut38
Abbildung 3.4: Mexikanerhut-Potential, aus [ScSc12], Seite 57
2
2 2
)
Potential) V (x, y) = −(x2 + y2 ) + (x +y
, siehe Abbildung 3.4, lässt sich der zu4
grunde liegende Mechanismus der Betrachtung quadratischer Terme einfach visualisieren und begründen. Infinitesimale Variationen, die orthogonal zum Kreis
des Minimums des Potentials angesetzt werden, erzeugen quadratische Terme,
d.h. rücktreibende Kräfte, die linear in der Auslenkung sind, wohingegen tangentiale Variationen nur rücktreibende Kräfte höherer Ordnung erzeugen.
Der nächste Schritt ist das Modell auf den Fall einer beliebigen, kompakten LieGruppe G der Ordnung nG ∈ N zu erweitern, was zu insgesamt nG infinitesimalen
Erzeugern führt. Dies ermöglicht unter anderem eine komplette Zerlegung jeder
endlich-dimensionalen Darstellung der Gruppe in eine Summe endlich-dimensionaler, irreduzibler unitärer Darstellungen.
Man geht dabei wiederum von einer Lagrange-Dichte des Typs
1
2
L = L (~Φ, ∂µ~Φ) = ∂µ~Φ∂µ~Φ − V (~Φ)
(3.76)
aus. Dabei ist ~Φ ein Multiplett aus skalaren reellen Feldern, die Funktionen von
Ort und Zeit sind. Die Lagrange-Dichte L und das Potential V = V (~Φ) werden
als global invariant unter der Gruppe G angenommen, wobei die infinitesimalen
Transformationen der Felder durch
g ∈ G : Φi (t,~x) 7→ Φi (t,~x)+δΦi (t,~x);
δΦi (t,~x) = −iεa (t,~x)ta,i j Φ j (t,~x) (3.77)
gegeben ist. Die Matrizen der Hermite’schen Generatoren der Transformationen
Ta = (ta,i j ) sind antisymmetrisch und rein imaginär.
Es wird nun angenommen, dass die geeignete Wahl der Form des Potentials V der
Lagrange-Dichte, es bietet sich zum Beispiel der allgemeine "mexicanhat"-Ansatz
39
m2
2 Φi Φi
+ λ4 (Φi Φi )2 an, eine spontane Symmetriebrechung zur Folge hat.
Dies führt zu einem Grundzustand mit einem Vakuumerwartungswert ~Φmin = h~Φi,
welcher invariant unter einer kontinuierlichen Untergruppe H ⊆ G ist.
Wird V um ~Φmin mit |~Φmin | ≡ v entwickelt und sei ~Φ = ~Φmin +~χ für ein Multiplett
~χ = ~χ(t,~x) gewählt:
V =
V (~Φ) = V (~Φmin ) +
1 ∂2 V (~Φmin )
∂V (~Φmin )
χi χ j + · · · .
χi +
∂Φ
2 ∂Φi ∂Φ j
| {z i }
(3.78)
=0
Nutzt man dann die Invarianz von V unter der Symmetriegruppe G, so ist
V (~Φmin ) = V (D(g)~Φmin ) = V (~Φmin + δ~Φmin )
1
= V (~Φmin ) + m2i j δΦmin,i δΦmin, j + · · ·
2
(3.79)
für eine Matrix M 2 = (m2i j ) die, da man um ein Minimum entwickelt, symmetrisch
und positiv definit ist, d.h. ∑i, j m2i j xi x j ≥ 0 ∀~x, und deren Eigenwerte nicht-negativ
sind.
Mittels eines Koeffizientenvergleichs in Gleichung (3.79) ergibt sich:
m2i j δΦmin,i δΦmin, j = 0 .
(3.80)
Hieraus ergibt sich mittels einer Differentiation von Gleichung (3.80) bezüglich
δΦmin,k und unter Verwendung der Symmetrieeigenschaft m2i j = m2ji die MatrixGleichung
M 2 δ~Φmin = ~0 .
(3.81)
Setzt man nun die Variationen für beliebige εa aus Gleichung (3.77) ein, so lässt
sich folgern:
M 2 Ta~Φmin = ~0 .
(3.82)
Die Lösungen von Gleichung (3.82) können in zwei Kategorien unterteilt werden:
1. Es sei {Qa ; a = 1, . . . , nH } eine Basis der Lie-Algebra der (abstrakten) Untergruppe H ⊂ G. Für a ∈ {1, ..., nH } seien die Ta Darstellung der Generatoren Qa . Der Grundzustand bleibt dabei unter Transformationen aus H
invariant, weshalb die Transformation unter der Untergruppe H direkt
Ta~Φmin = ~0
(3.83)
entspricht. Die Gleichung (3.82) ist somit sofort und ohne jedes Wissen über
M 2 erfüllt.
40
2. Die Ta , a = nH + 1, . . . , nG seien Darstellung der verbleibenden Generatoren. In diesem Fall ist Ta~Φmin 6= 0 und Ta~Φmin Eigenvektor von M 2 mit
Eigenwert 0. Jedem derartigen Eigenvektor entspricht ein masseloses
Goldstone-Boson. Insbesondere sind die verschiedenen Ta~Φmin linear unabhängig, was zu nG − nH voneinander unabhängigen Goldstone-Bosonen
führt. Wären sie nicht linear unabhängig, so würde eine nicht-triviale Linearkombination
!
nG
nG
~0 = ∑ ca (Ta~Φmin ) =
(3.84)
∑ caTa ~Φmin
a=nH+1
a=nH+1
|
{z
=:T
}
existieren. Dadurch wäre aber T ein Element der Lie-Algebra von H, was
der Annahme, dass dies nicht der Fall sein soll, widerspricht.
Überprüft man die Ergebnisse anhand des Beispiels aus Gleichung (3.74), so sind
in diesem Falle nG = 3 und nH = 1, was zu zwei masselosen Goldstone-Bosonen
führt, was in Gleichung (3.75) bestätigt ist.
Zum Ende dieses Abschnittes sind folgende Ergebnisse der Diskussion festzuhalten:
1. Die Anzahl der Goldstone-Bosonen bestimmt sich durch die Struktur der
Symmetriegruppen. Sei G die Symmetriegruppe der Lagrange-Dichte mit
nG Erzeugern und H ⊆ G die Untergruppe, die den Grundzustand nach
spontaner Symmetriebrechung invariant lässt, mit nH Erzeugern. Für jeden
Erzeuger, der den Grundzustand nicht annihiliert, erhält man ein masseloses Goldstone-Boson. So ist die Gesamtanzahl der Goldstone-Bosonen nGB
durch nGB = nG − nH gegeben.
Damit wurde bereits indirekt die Aussage des Goldstone-Theorems erarbeitet, im folgenden Abschnitt 3.4 soll noch eine alternative Zugangsmöglichkeit zu dem Theorem dargestellt werden.
2. Die Lagrange-Dichten, welche zur Motivation des Phänomens der spontanen Symmetriebrechung verwendet werden, werden typischerweise so konstruiert, dass die Entartung der Grundzustände auf dem klassischen Niveau
in das Potential eingebaut wird, Prototyp hierfür ist der sogenannte
„mexicanhat“.
Wie im präsentierten Fall wird dann argumentiert, dass ein elementares
Hermite’sches Feld eines Multipletts, welches nicht-trivial unter der Symmetriegruppe G transformiert, einen Vakuumerwartungswert annimmt, der
eine spontane Symmetriebrechung anzeigt.
41
Das Kriterium für das Auftreten einer spontanen Symmetriebrechung ist die
Existenz eines nicht-verschwindenden Vakuumerwartungswerts eines
Hermite’schen Operators, welcher durch die Dynamik der zugrunde liegenden Theorie erzeugt wird. Bei dem Hermite’schen Operator kann es sich
sowohl um einen elementaren Feldoperator (Beispiel: Higgs-Mechanismus)
als auch um einen zusammengesetzten Operator (Beispiel: Skalare Quarkdichte in der Quantenchromodynamik) handeln.
3.4
Goldstone-Theorem
Mittels des Beispiels des vorherigen Abschnittes wird ein Einstieg in das GoldstoneTheorem motiviert, ohne dabei auf alle Feinheiten eines quantenfeldtheoretischen
Ansatzes einzugehen. Die präsentierte Darstellung orientiert sich an [ScSc12],
Kapitel 2.
Es sei ein Hamilton-Operator H mit einer globalen Symmetriegruppe G =SO(3)
gegeben, es bezeichne ~Φ = ~Φ(x) = ~Φ(t,~x) = (Φ1 (t,~x), Φ2 (t,~x), Φ3 (t,~x)) ein Triplett lokaler Hermite’scher Operatoren, welche unter G wie ein Vektor transformiert werden,
3
3
3
g ∈ G : ~Φ(x) 7→ ~Φ0 (x) = ei ∑k=1 αk Qk ~Φ(x)e−i ∑k=1 αk Qk = e−i ∑k=1 αk Tk ~Φ(x), (3.85)
mit αk ∈ R.
Dabei sind die Qi = Qi (t) die Erzeuger der Transformationen der Gruppe SO(3)
auf dem Hilbert-Raum, nach dem Noether-Theorem also die sogenannten Ladungsoperatoren, welche als Operatoren im Heisenberg-Bild betrachtet werden
und der Relation [Qi , Q j ] = iεi jk Qk genügen. Die Matrizen der adjungierten Darstellung Ti = (ti, jk ) sind (3 × 3)-Basismatrizen und erfüllen die Bedingung ti, jk =
−iεi jk , siehe dazu Abschnitt 3.2, Gleichungen (3.49) und (3.50).
Man nimmt nun an, dass eine Komponente des Multipletts, in diesem Falle sei es
Φ3 (x), einen nicht-verschwindenden Vakuumerwartungswert annimmt:
h0 | Φ1 (x) | 0i = 0 = h0 | Φ2 (x) | 0i,
h0 | Φ3 (x) | 0i =: v 6= 0 .
(3.86)
Es lassen sich nun die folgenden Behauptungen aufstellen:
1. Im gegebenen Fall annihilieren die zwei Erzeuger Q1 und Q2 den Grundzustand nicht.
2. Zu jedem dieser Erzeuger korrespondiert ein masseloses Goldstone-Boson.
Um die erste der beiden Aussagen zu beweisen, entwickelt man zunächst Gleichung (3.85) bis zur ersten Ordnung in αk :
3
3
k=1
k=1
~Φ0 = ~Φ + i ∑ αk [Qk , ~Φ] = (1 − i ∑ αk Tk )~Φ = ~Φ +~α × ~Φ .
42
(3.87)
Das letzte Gleichheitszeichen ergibt sich mit Hilfe der Matrizen Tk aus Gleichung
(3.50) und ist konsistent mit einer infinitesimalen, aktiven Drehung des Vektors ~Φ
mit Drehwinkel α um die Achse α̂. Dabei ist ~α = (α1 , α2 , α3 ) und ein Vergleich
der in αk linearen Terme mit entsprechender Beachtung der Indizes ergibt
iαk [Qk , Φl ] = εlkm αk Φm .
(3.88)
Da alle drei Parameter αk voneinander unabhängig gewählt werden können, erhält
man
i[Qk , Φl ] = −εklm Φm .
(3.89)
Unter Verwendung von εklm εkln = 2δmn ergibt sich nun:
i
− εkln [Qk , Ql ] = δmn Φm = Φn .
2
(3.90)
Insbesondere ist
i
Φ3 = − ([Q1 , Φ2 ] − [Q2 , Φ1 ]),
(3.91)
2
die beiden anderen Fälle ergeben sich durch eine zyklische Permutation der Indizes.
An dieser Stelle lohnt es sich kurz innezuhalten und die Analogie zur quantenmechanischen Diskussion eines Punktteilchens in einem Zentralpotential (SO(3)Symmetrie) aufzuzeigen. Die drei Komponenten x̂i des Ortsoperators transformieren unter Drehungen wie die eines Vektors, was in den Vertauschungsrelationen
mit den Erzeugern infinitesimaler Drehungen, den Komponenten lˆj des Drehimpulsoperators, zum Ausruck kommt:
[lˆi , x̂ j ] = iεi jk x̂k .
(3.92)
~ ↔ ~lˆ und einer Umbenennung der Indizes sind
Mit den Zuordnungen ~Φ ↔ ~xˆ und Q
die Gleichungen (3.89) und (3.92) äquivalent.
Die Tatsache, dass Q1 und Q2 den Grundzustand nicht annihilieren, wird im Folgenden stellvertretend für Q2 gezeigt.
Man betrachte Gleichung (3.85) mit konkret gewähltem ~α = (0, π2 , 0) und erhält:



cos( π2 ) 0 sin( π2 )
Φ1
π
  Φ2 
0
1
0
e−i 2 T2 = 
π
π
− sin( 2 ) 0 cos( 2 )
Φ3




Φ3
Φ1
π
i π2 Q2 


Φ2
Φ2  e−i 2 Q2 .
=
=e
(3.93)
−Φ1
Φ3
43
Aus der ersten Zeile der letzten Gleichheitsrelation ergibt sich die Gleichung
π
π
Φ3 = ei 2 Q2 Φ1 e−i 2 Q2 .
(3.94)
Bildet man hiervon den Vakuumerwartungswert
π
π
v = h0 | ei 2 Q2 Φ1 e−i 2 Q2 | 0i
(3.95)
und verwendet die Festlegung des nicht-verschwindenden Grundzustandes aus
Gleichung (3.86), welcher auf Φ3 gesetzt war, so ist klarerweise Q2 | 0i 6= 0, da
andernfalls der Exponential-Operator durch die Einheit ersetzt werden könnte und
die rechte Seite der Gleichung laut Voraussetzung, Gleichung (3.86), verschwinden würde.
Ein gleichartiges Argument zeigt, dass Q1 | 0i 6= 0.
An dieser Stelle zwei Bemerkungen:
1. Die Zustände Q1(2) | 0i können nicht normiert werden. Da die Qi , i = 1, 2,
Erzeuger der Transformationen der Elemente des Hilbert-Raumes und somit mit den Ladungsoperatoren identisch sind, müssen in einer strengeren
Herleitung Integrale der Form
Z
d 3 x h0 | [Jk0 (t,~x), Φl (0)] | 0i
verwendet werden, bei denen zunächst der Kommutator bestimmt und dann
das Integral ausgewertet wird. Dies ist unter anderem in [Ber75] diskutiert.
2. Einige Herleitungen des Goldstone-Theorems beginnen sofort mit der Annahme Q1(2) | 0i =
6 0. Es wird allerdings als vorteilhaft für eine Diskussion spontaner Symmetriebrechung, unter anderem im Zusammenhang der
QCD, betrachtet, dass die Existenz von Goldstone-Bosonen auf nicht-verschwindende Erwartungswerte zurückgeführt werden kann.
Existenz von Goldstone-Bosonen
Ziel ist nun der Beweis der Existenz von Goldstone-Bosonen, hierzu wird der
Erwartungswert von Φ3 aus Gleichung (3.86) berechnet,
i
0 6= v = h0 | Φ3 (0) | 0i = − h0 | (1 , Φ2 (0)] − [Q2 , Φ1 (0)]) | 0i
2
i
:= − (A − B),
2
44
(3.96)
und gezeigt, dass A = −B. Zu diesem Zweck wird eine Rotation der Felder, wie
auch der Erzeuger, um π2 um die 3-Achse durchgeführt. Man verwende die Gleichung (3.85) mit dem Parameter ~α = (0, 0, π2 ). Für die Felder ergibt sich nun


−Φ2
π
π
π
e−i 2 T3 ~Φ =  Φ1  = ei 2 Q3 ~Φe−i 2 Q3
(3.97)
Φ3
und in analoger Weise für die Ladungsoperatoren




−Q2
Q1
 Q1  = ei π2 Q3  Q2  e−i π2 Q3 .
Q3
Q3
(3.98)
Dies kombiniert man zu
B =h0 | [Q2 , Φ1 (0)] | 0i
π
π
π
π
3 ei 2 Q3 Φ (0)e−i 2 Q3
ei 2 Q3 (−Q1 ) e|−i 2 Q{z
} 2
=h0 |
=1
!
i π2 Q3
−e
−i π2 Q3
Φ2 (0) |e
i π2 Q3
{ze
=1
−i π2 Q3
}(−Q1 )e
= − h0 | [Q1 , Φ2 (0)] | 0i = −A .
| 0i
(3.99)
Hierbei wurde ausgenutzt, dass Q3 | 0i = 0, der Grundzustand also invariant unter
Rotationen um die 3-Achse ist. Der nicht-verschwindende Vakuumerwartungswert kann somit zu
0 6= v = h0 | Φ3 (0) | 0i
= −ih0 | [Q1 , Φ2 (0)] | 0i
= −i
Z
d 3 x h0 | [J10 (t,~x), Φ2 (0)] | 0i
(3.100)
umgeschrieben werden.
Setzt man nun ein vollständiges Funktionensystem
Z
1n = ∑ | nihn |,
(3.101)
n
welches sowohl das Integral über den Gesamtdreierimpuls ~P, als auch die Summe über die anderen zur vollständigen Beschreibung des Systems notwendigen
Quantenzahlen beinhaltet, in den Kommutator ein,
Z Z
v = −i ∑ d 3 x h0 | J10 (t,~x) | nihn | Φ2 (0) | 0i − h0 | Φ2 (0) | nihn | J10 (t,~x) | 0i ,
n
(3.102)
45
und verwendet die Translationsinvarianz h0 | J10 (t,~x) | ni = e−iPn · x h0 | J10 (0) | ni
mit x = (t,~x), so ist
Z Z
v =−i∑
d 3 x e−iPn · x h0 | J10 (0) | nihn | Φ2 (0) | 0i
n
− eiPn · x h0 | Φ2 (0) | nihn | J10 (0) | 0i
Z
= − i ∑ (2π)3 δ3 (~Pn )[e−iEnt h0 | J10 (0) | nihn | Φ2 (0) | 0i
n
iEn t
−e
h0 | Φ2 (0) | nihn | J10 (0) | 0i] .
(3.103)
Eine Integration bezüglich des Impulses der eingesetzten Zwischenzustände führt
zu einem Ausdruck der Form
v = −i(2π)3 ∑ 0 e−iEnt · · · − eiEnt . . . ,
(3.104)
n
wobei die Summe ∑0 bedeutet, dass nur Zustände mit ~P = 0 bedacht werden müsµ
sen. Dadurch, dass der Stromdichteoperator Jk ebenso wie die Feldoperatoren Φl
Hermite’sch sind, ist
cn := h0 | J10 (0) | nihn | Φ2 (0) | 0i = hn | J10 (0) | 0i∗ h0 | Φ2 (0) | ni∗
(3.105)
und folglich
v = −i(2π)3 ∑ 0 cn e−iEnt − c∗n eiEnt .
(3.106)
n
Aus Gleichung (3.106) lassen sich nun die folgenden Schlüsse ziehen:
1. Durch die Annahme der Existenz eines nicht-verschwindenden Vakuumerwartungswertes v müssen Zustände | ni existieren, für die sowohl
0 (0) | ni als auch hn | Φ (0) | 0i nicht verschwinden. Der Grundzuh0 | J1(2)
2
stand selbst kann nicht zu Gleichung (3.106) beitragen, da laut Voraussetzung h0 | Φ1(2) (0) | 0i = 0 ist.
2. Sei ϕn die Phase von cn . Zustände mit En > 0 tragen zur Summe
1
1
cn e−iEnt − c∗n eiEnt = | cn | eiϕnt e−iEnt − e−iϕnt eiEnt
i
i
= 2 | cn | sin(ϕn − Ent)
(3.107)
bei. Da v zeitabhängig ist, muss somit die Summe über Zustände mit
(E, ~P) = (En > 0,~0) verschwinden.
3. Die rechte Seite der Gleichung (3.106) muss somit die Beiträge von Zuständen mit null Energie und auch null Impuls, aufgrund null Masse, enthalten.
Diese masselosen Zustände sind dann die Goldstone-Bosonen.
46
Kapitel 4
Spontane Symmetriebrechung:
Lokale Symmetrie
Bislang wurden nur globale Transformationen betrachtet, bei denen an unterschiedlichen Punkten des Minkowski-Raumes gleich transformiert wird. Für eine
globale Transformation, beispielsweise „Drehung“ des Feldes Φ(t,~x) aus Gleichung (3.52) um einen Winkel θ, D(θ), gilt an zwei verschiedenen Punkten
x = (t1 ,~x) und y = (t2 ,~y):
D(θ) : Φ(t1 ,~x) 7→ Φ0 (t1 ,~x) = Dθ (t1 ,~x)Φ(t1 ,~x)
D(θ) : Φ(t2 ,~y) 7→ Φ0 (t2 ,~y) = Dθ (t2 ,~y)Φ(t2 ,~y) .
(4.1)
Dabei ist
Dθ (t1 ,~x) = Dθ (t2 ,~y) = Dθ = exp(iθ).
Das Feld wird also an beiden Punkten um denselben Winkel θ, bzw. Faktor Dθ
gedreht.
Für die in diesem Kapitel angesprochenen lokalen Symmetrien ist dies jedoch
im Allgemeinen nicht mehr gültig. Es ist folglich notwendig, die bisherige Herangehensweise bei der Brechung von Symmetrien entsprechend anzupassen. Zu
diesem Zweck werden geeignete Eichungen eingeführt. Zunächst wird auf deren
Nutzen und auf Vorgehensweisen anhand eines Beispiels eingegangen, ehe eine
lokale Symmetrie spontan gebrochen werden soll.
4.1
Eichtheorien
Motivation
Zur Motivation betrachte man nun zunächst die homogenen Maxwell-Gleichungen
für das elektrische Feld ~E(t,~x) = ~E und das Magnetfeld ~B(t,~x) = ~B in der klas47
sischen Elektrodynamik. Zu beachten ist dabei, dass keine natürlichen Einheiten
verwendet werden:
~∇ · ~B = 0,
(4.2)
~
~∇ × ~E + 1 ∂B = 0.
c ∂t
(4.3)
Man führt dann zwei Potentiale Φ(t,~x) = Φ und ~A dergestalt ein, ~A(t,~x) = ~A dass
~B = ~∇ × ~A
(4.4)
gilt und sich Φ durch Einsetzen von Gleichung (4.4) in (4.3)
1 ∂(~∇ × ~A)
0 = ~∇ × ~E +
c
∂t!
~
1 ∂A
= ~∇ × ~E +
c ∂t
{z
}
|
=:−~∇Φ
1 ∂~A
⇒ ~E = −~∇Φ −
c ∂t
(4.5)
ergibt.
Durch die Einführung dieser neuen Potentiale lässt sich die ursprüngliche Anzahl
von sechs Feldern ~E und ~B auf vier Felder Φ und ~A reduzieren.
Man betrachte nun die inhomogenen Maxwell-Gleichungen, um die Bewegungsgleichung in Φ und ~A zu erhalten,
1 ∂~∇ · ~A
~∇ · ~E = 4πρ Gl.(4.5)
⇒ 4Φ +
= −4πρ ,
c ∂t
(4.6)
mit der Ladungsdichte ρ(t,~x) = ρ.
Und unter Verwendung von
~∇ × ~B = −4~A + ~∇ ~∇ · ~A ,
~
~∇ × ~B − 1 ∂E = 4π J~ ,
c ∂t
c
~ x) = J,
~ ergibt sich schlussendlich
mit dem Strom J(t,~
1 ∂2~A ~ ~ ~ 1 ∂Φ
4π
~
4A − 2 2 − ∇ ∇ · A +
= − J~ .
c ∂t
c ∂t
c
48
(4.7)
(4.8)
Man erhält somit vier gekoppelte, partielle Differentialgleichungen für die vier
Felder Φ und ~A.
An dieser Stelle ist zu beachten, dass die ursprünglich betrachteten Felder ~E und
~B physikalische Observablen sind, die sich durch direkte Messungen, beispielsweise mit Hilfe der Lorentz-Kraft auf ein Teilchen der Masse m, Ladung q und
Geschwindigkeit ~v am Ort ~r bestimmen lassen. Dahingegen sind die neu eingeführten Potentiale Φ und ~A „nur“ mathematische Hilfsgrößen, man nennt sie auch
Eichfelder oder Eichpotentiale, aus denen die elektrischen und magnetischen Felder berechnet werden. Sie sind zwar keine Messgrößen, dienen aber der rechnerischen Vereinfachung von sechs auf vier Freiheitsgrade.
Es besteht auch weiterhin die Freiheit in der Wahl von Φ und ~A. Um dies zu zeigen, sei zunächst eine zweifach stetig differenzierbare Funktion χ(t,~x) = χ und
weiterhin eine Eichtransformation E über die Vorschriften
1 ∂χ
,
c ∂t
E : ~A 7→ ~A0 := ~A + ~∇χ
E : Φ 7→ Φ0 := Φ −
(4.9)
gegeben. Allerdings lässt diese Transformation die physikalischen Felder unverändert, da für die transformierten Felder gilt, dass
~B0 = ~∇ × ~A0 = ~∇ × ~A + ~∇ × ~∇χ = ~B ,
| {z }
(4.10)
=0
~E 0 = −~∇Φ0 −
1 ∂~A0
1 ∂χ 1 ∂~A 1 ∂ ~
= −~∇Φ + ~∇ −
−
∇χ = ~E .
c ∂t
c ∂t c ∂t c ∂t
(4.11)
Sie ermöglicht somit ein mathematisches Anpassen der Gleichungen in eine für
das betrachtete Problem günstige Form.
Zur Veranschaulichung ein Beispiel:
Man wähle einen Satz von Potentialen, die die Bedingung
!
~∇ · ~A + 1 ∂Φ =
0
c ∂t
(4.12)
erfüllen.
Die Felder Φ und ~A genügen der sogenannten Lorenz-Bedingung, oder LorenzEichung. Bildet man nun die partielle zeitliche Ableitung von Gleichung (4.12)
und multipliziert mit dem Faktor 1c , so ist
1 ∂~ ~
1 ∂2 Φ
∇·A = − 2 2
c ∂t
c ∂t
49
(4.13)
und man erhält in Kombination mit den Gleichungen (4.6) und (4.8) vier entkoppelte inhomogene Wellengleichungen:
1 ∂2 Φ
= −4πρ ,
(4.14)
c2 ∂t 2
4π
1 ∂2~A
(4.15)
4~A − 2 2 = − J~ .
c ∂t
c
Die Gleichungen (4.14) und (4.15) sind zusammen mit Gleichung (4.12) äquivalent zu den Maxwell-Gleichungen, dies soll an dieser Stelle allerdings nicht
bewiesen werden.
4Φ −
Eichung einer lokalen Symmetrie
Auf die grundlegende Problematik bei dem Übergang zu einer lokalen Symmetrie
wurde bereits zu Anfang dieses Kapitels verwiesen, eine konkrete Auswirkung hat
die orts- und zeitabhängige Transformation auf die partiellen Ableitungen ∂µ Φ der
Felder Φ(t,~x) = Φ. Für diese wird nun eine verallgemeinerte Ableitung gesucht,
sodass die zu dem System gehörige Lagrange-Dichte L = L (Φ, ∂µ Φ) auch bezüglich einer lokalen Transformation invariant ist. Diese wird im Folgenden T
genannt.
Zu diesem Zwecke wird eine kovariante Ableitung Dµ Φ mit der Eigenschaft
0
!
T : Dµ Φ(t,~x) 7→ Dµ Φ(t,~x) = D0µ Φ0 (t,~x) = eiα(t,~x) Dµ Φ(t,~x)
(4.16)
definiert, dabei charakterisiere die Funktion α(t,~x) = α die Transformation. Die
neue Ableitung soll also genau dieselben Transformationseigenschaften wie auch
das Objekt selbst aufweisen.
Es wird dazu ein sogenanntes Eichfeld Aµ (t,~x) = Aµ eingeführt, an das die folgende Forderung gestellt wird:
1
0<ξ∈R.
(4.17)
T : Aµ (t,~x) 7→ A0µ (t,~x) = Aµ (t,~x) + ∂µ α(t,~x),
ξ
Anhand dessen ergibt sich durch die gewählte Transformation die Redefinition der
partiellen Ableitung zu einer kovarianten Ableitung
T : Dµ Φ := ∂µ − iξAµ Φ
7→D0µ Φ0 = ∂µ − iξA0µ Φ0
= ∂µ + i∂µ α − iξAµ − i∂µ α eiα Φ
= eiα ∂µ − iξAµ Φ .
(4.18)
Als Folge davon wird der Defekt in der partiellen Ableitung durch die Einführung eines Eichfeldes behoben und es lassen sich nun Lagrange-Dichten mit einer
lokalen Symmetrie diskutieren.
50
4.2
Yang-Mills-Theorien
Als Erweiterung der bisher betrachteten Idee der Eichtheorien werden nun die
sogenannten Yang-Mills-Theorien betrachtet, welche ursprünglich fälschlicherweise dazu entwickelt wurden die Erhaltung von Isospin und Eichinvarianz des
Isospins zu zeigen, siehe [YaMi54]. Heutzutage ist eine SU(3)×SU(2)×U(1)Eichsymmetrie Grundlage des Standardmodells der Elementarteilchenphysik.
Es sei eine Lagrange-Dichte
L = L0 (Φ, ∂µ Φ),
Φ = Φ(t,~x) = (Φ1 (t,~x), ..., Φn (t,~x))
(4.19)
gegeben, die invariant bezüglich globaler Transformationen der Felder Φ ist. Die
zugrunde liegende Symmetriegruppe G sei eine kompakte Lie-Gruppe mit r abstrakten, infinitesimalen Generatoren Xa und Strukturkonstanten Cabc .
Zur Erinnerung: Jede endlich-dimensionale Darstellung einer kompakten Lie-Gruppe ist äquivalent zu einer unitären Darstellung und kann vollständig in eine direkte Summe irreduzibler Darstellungen zerlegt werden. Typischerweise denkt man
dabei an die Gruppen SU(N) oder SO(N), die jeweils durch r = N 2 − 1 bezieinfinitesimale Generatoren charakterisiert sind. Denkbar
hungsweise r = N(N−1)
2
sind auch Symmetriegruppen aus direkten Produkten.
Es sei nun g ∈ G charakterisiert durch θ = (θ1 , ..., θr ), θa ∈ R. Die Felder sollen
nun folgendermaßen bezüglich einer vollständig reduziblen Darstellung (blockdiagonale Matrixform) transformieren:
U : g 7→ U(g) = exp(−iθa Ta ) ,
U : Φ(t,~x) 7→ Φ0 (t,~x) = U(g)Φ(t,~x) .
(4.20)
Die (n×n)-Matrizen Ta , a = 1, ..., r, sind, da U unitär gewählt wurde, Hermite’sch
und erfüllen die Kommutator-Relationen:
[Ta , Tb ] = iCabc Tc .
(4.21)
Für ein Gruppenelement g innerhalb einer ε-Umgebung, 0 < ε ∈ R, um die Identität e schreibt man mit Hilfe der Erzeuger Qa ,
g = e − iεa Qa
(4.22)
und ordnet diesem die infinitesimale, lineare Transformation
U : g 7→ U(g) = (1 − iεa Ta ) ,
U : Φ(t,~x) 7→ Φ0 (t,~x) = (1 − iεa Ta )Φ(t,~x)
51
(4.23)
zu.
Bis hierhin ist noch nichts Besonderes passiert, diese allgemeine Vorgehensweise
kann ebenso für eine globale Symmetrie verwendet werden. Es stellt sich allerdings dann die Frage, was passiert, falls für jedes (t,~x) ein anderes g = g(t,~x)
erlaubt und nach wie vor die Invarianz von L unter einer Transformation gefordert wird, diese Invarianz dann aber bezüglich der Transformation
U : Φ(t,~x) 7→ U (g(t,~x)) Φ(t,~x)
(4.24)
geprüft wird.
Für lokale ε(t,~x) treten in der Variation der Lagrange-Dichte δL Zusatzterme auf,
die ihren Ursprung in den partiellen Ableitungen
∂µ δΦ(t,~x) = −i∂µ εa (t,~x)Ta Φ(t,~x) −iεa (t,~x)Ta ∂µ Φ(t,~x)
{z
}
|
(4.25)
zusätzlicher Term
haben. Wie dieser Defekt behoben werden kann wurde bereits im Abschnitt über
die Eichtheorien angesprochen. Es werden also kovariante Ableitungen
0
!
U : Dµ Φ(t,~x) 7→ Dµ Φ(t,~x) = D0µ Φ0 (t,~x) = (1 − iεa (t,~x)Ta ) Dµ Φ(t,~x) (4.26)
eingeführt, die dieselben Transformationseigenschaften aufweisen sollen wie die
Felder. Man verwendet hierzu den folgenden Ansatz:
Dµ Φ(t,~x) := (∂µ + igTa Aµ,a )Φ(t,~x) .
(4.27)
Dieser findet beispielsweise auch in der Quantenelektrodynamik Anwendung, dort
allerdings mit einem einzigen Eichfeld Aµ , da die zugrundeliegende Eichgruppe,
U(1), nur einen Parameter besitzt. Für eine allgemeine Eichgruppe wird für jeden
Generator Ta der abstrakten Gruppe ein Eichfeld Aµ,a eingeführt.
Nach Einführung der Eichfelder stellt sich die Frage, welche Forderungen an ihre
Transformationseigenschaften gestellt werden müssen.
Um dies festzustellen, definiert man eine (n × n)-Matrix Õ
Õ = Ta Oa .
(4.28)
Mittels einer geschickten Wahl der Ta lassen sich die Oa aus Õ herausprojizieren.
Für
κTr(Ta Tb ) = δab
(4.29)
mit einer geeigneten Konstanten κ gilt
Oa = κTr(Ta Õ) .
(4.30)
Zur Illustration dieses etwas abstrakten Gedankenganges im Folgenden ein kurzes
Beispiel.
52
Beispiel
Sei Õ eine Hermite’sche (2 × 2)-Matrix mit Tr(Õ) = 0. Jede solche Matrix lässt
sich als Linearkombination der Pauli-Matrizen τa aus Abschnitt 3.2 schreiben,
Õ = τa Oa mit Oa ∈ R. Aus der Eigenschaft
1
Tr(τa , τb ) = δab
2
der Pauli-Matrizen ergibt sich für die Koeffizienten Oa :
1
Oa = Tr(τa Õ) .
2
Mit Hilfe von Gleichung (4.28) wird die kovariante Ableitung nun zu
Dµ Φ(t,~x) = ∂µ + igõ (t,~x) Φ(t,~x)
(4.31)
(4.32)
(4.33)
umgeschrieben. Aus der Forderung in Gleichung (4.26) lässt sich dann folgern:
(∂µ + igõ + igδõ ) ((1 − iε̃)Φ(t,~x)) = (1 − iε̃)(∂µ + igõ )Φ(t,~x) .
(4.34)
Woraus sich durch einen Vergleich der in ε̃ linearen Terme die Bedingung
− i∂µ ε̃ + gõ ε̃ + igδõ = gε̃õ
1
oder δõ = i[õ , ε̃] + ∂µ ε̃
g
(4.35)
ergibt.
In Gleichung (4.35) hat es vordergründig den Anschein, als sei das Transformationsverhalten der Eichfelder von der gewählten Darstellung der Generatoren, Ta ,
abhängig. Um zu zeigen, dass dem nicht so ist, verwendet man die Projektionsvorschrift aus Gleichung(4.30):
1
δAµ,a = κTr i[õ , ε̃]Ta + ∂µ εa .
(4.36)
g
Für den Kommutator verwendet man Gleichung (4.21):
[õ , ε̃] = [Tb Aµ,b , Tc εc ] = iCbcd Td Aµ,b εc .
(4.37)
Mit Hilfe von Gleichung (4.29) wird schließlich die Spur ausgewertet:
1
δAµ,a = κTr (Td Ta )Cbcd Aµ,b εc + ∂µ εa
g
1
= −Cbca Aµ,b εc + ∂µ εa
g
53
(4.38)
In das Transformationsverhalten geht über die Strukturkonstante Cabc nur die Struktur der Gruppe ein.
Als Zwischenergebnis wurde bislang erreicht, dass die Lagrange-Dichte
L0 (Φ, Dµ Φ) ,
mit Dµ Φ = (∂µ + igõ )Φ, bezüglich der lokalen Transformation
T : Φ(t,~x) 7→ U (g(t,~x)) = exp −iθ̃(t,~x) Φ(t,~x)
= exp (−iθa (t,~x)Ta ) Φ(t,~x) ,
i
T : õ (t,~x) = Ta Aµ,a (t,~x) 7→ UTa Aµ,a (t,~x)U † + ∂µUU †
g
(4.39)
(4.40)
(4.41)
invariant ist.
Aus dem Eichprinzip resultiert eine Wechselwirkung zwischen Materie- und Eichfeldern. Dazu betrachte man der Einfachheit halber einen Satz n reeller, skalarer Felder Φ = (Φ1 , . . . , Φn )T in Spaltenschreibweise. Der kinetische Anteil der
Lagrange-Dichte,
1
∂µ Φ† ∂µ Φ ,
(4.42)
2
wird durch
†
1
1
Dµ Φ Dµ Φ = ∂µ Φ† − igΦ† õ ∂µ Φ + igõ Φ
2
2
1
= ∂µ Φ† ∂µ Φ
2
1 + g i∂µ Φ† õ Φ − Φ† õ i∂µ Φ
2
1 2 †
+ g Φ Ãµ õ Φ
(4.43)
2
ersetzt. Im Fall von Bosonen als Materiefeldern entstehen demnach Wechselwirkungsterme von zwei Materieteilchen mit einem Eichfeld proportional zu g oder
zwei Eichfeldern proportional zu g2 .
Allerdings sind die zu den Eichfeldern zugehörigen Bosonen, die sogenannten
Eichbosonen, bisher keine wirklichen dynamischen Freiheitsgrade, da der kinetische Anteil bislang noch nicht berücksichtigt wurde. Es bietet sich dazu ein Ausdruck der Form
1
− Fµν,a Faµν
(4.44)
4
an, vorausgesetzt die Tensoren Fµν,a transformieren bezüglich der adjungierten
Darstellung. Darunter ist Folgendes zu verstehen:
Es seien Taad die Matrizen für die Generatoren in der adjungierten Darstellung,
54
d.h. es handele sich um (r × r)-Matrizen mit der Eigenschaft (Taad )bc = −iCabc .
Man sagt, dass die Felder Fa , a = 1, ..., r bezüglich der adjungierten Darstellung
transformieren, wenn gilt:
T : Fa 7→Fa − iεc (Tcad )ab Fb
= Fa − εcCcab Fb
= Fa + εcCacb Fb
= Fa +Cabc εb Fc .
(4.45)
Wählt man für die Tensoren Fµν,a zunächst den „naiven“ Ansatz
Fµν,a = ∂µ Aν,a − ∂ν Aµ,a ,
(4.46)
so ergibt sich zunächst nicht das gewünschte Transformationsverhalten. Durch
Einführung eines zusätzlichen Terms,
Fµν,a = ∂µ Aν,a − ∂ν Aµ,a − gCabc Aµ,b Aν,c
(4.47)
kann dies korrigiert werden, sodass dadurch Gleichung (4.45) erfüllt ist.
Insgesamt ergibt sich also als Lagrange-Dichte der Eichtheorie:
1
4
L = L0 (Φ, Dµ Φ) − Fµν,a Faµν .
(4.48)
Anmerkungen:
µ
1. Massenterme der Art 12 m2a Aµ,a Aa verletzen die Eichinvarianz und treten somit nicht weiter auf. Aus dem Prinzip der Eichsymmetrie folgt, dass Eichbosonen, solange keine spontane Symmetriebrechung auftritt, masselos sind.
2. Liegt der Betrachtung eine nicht-abelsche Gruppe zugrunde, so treten in der
Definition der Feldstärke, Gleichung (4.47), in den Eichfeldern quadratische
Terme auf. Die Lagrange-Dichte in Gleichung (4.48) enthält deshalb Wechselwirkungsterme mit drei und vier Eichfeldern. Insbesondere tritt in der
Wechselwirkung der Eichfelder mit den Materiefeldern, siehe Gleichung
(4.42), dieselbe Kopplungskonstante wie bei der Wechselwirkung der Eichfelder untereinander auf.
3. Ist die Gruppe G das direkte Produkt mehrerer Untergruppen
G = G1 × ... × Gk , so muss man mit jeder Untergruppe Gi eine unabhängige
Kopplungskonstante gi verknüpfen. Ein Beispiel hierfür ist die Eichgruppe
55
des Standardmodells
×
SU(3)C
| {z }
starke Wechselwirkung
SU(2)L ×U(1)Y
|
{z
}
elektroschwache Wechselwirkung
bei der drei Kopplungskonstanten
g3 ←→ SU(3)C ,
g ←→ SU(2)L ,
g0 ←→ U(1)Y ,
benötigt werden.
4.3
Spontane Brechung einer lokalen, kontinuierlichen Symmetrie
Im Folgenden werden zunächst an jeweils einem Beispiel die spontane Brechung
einer lokalen, kontinuierlichen, abelsche Symmetrie und danach der Fall einer
nicht-abelschen Symmetrie diskutiert.
Abelscher Fall
Eine Lagrange-Dichte bekannter Form
1
2
1
2
L (Φi , ∂µ Φi ) = ∂µ Φ1 ∂µ Φ1 + ∂µ Φ2 ∂µ Φ2 −
m2 2
λ
(Φ1 + Φ22 ) − (Φ21 + Φ22 )2
|2
{z 4
}
=V (Φ1 ,Φ2 )
(4.49)
in den Feldern Φ1 = Φ1 (t,~x) und Φ2 = Φ2 (t,~x) mit 0 > m2 ∈ R und 0 < λ ∈ R
werde zur Betrachtung einer U(1)-Invarianz einer lokalen Symmetrie nun durch
die komplexen Felder
1
Φ = √ (Φ1 + iΦ2 ) ,
2
1
Φ† = √ (Φ1 − iΦ2 ) ,
2
1
Φ† Φ = (Φ21 + Φ22 )
(4.50)
2
dargestellt. Es wird hierzu eine durch das Eichfeld Aµ = Aµ (t,~x) und den reellen
Faktor 0 < e gegebene kovariante Ableitung
Dµ Φ = (∂µ + ieAµ )Φ
56
(4.51)
und der kinetischen Anteil, siehe Gleichung (4.44),
1
− Fµν F µν
4
(4.52)
mit Fµν = ∂µ Aν − ∂ν Aµ , eingeführt. Es ergibt sich hieraus insgesamt die LagrangeDichte
1
L = L (Φ† , Φ, (Dµ Φ)† , Dµ Φ) = (Dµ Φ)† Dµ Φ −m2 Φ† Φ − λ(Φ† Φ)2 − Fµν F µν ,
|
{z
} 4
=V (Φ† Φ)
(4.53)
die wie gewünscht lokal invariant unter Transformationen der Gruppe U(1) ist.
Ganz konkret ist L nun unter Transformationen T mit den Eigenschaften
T : Φ 7→ eiα(t,~x) Φ
T : Φ† 7→ e−iα(t,~x) Φ†
1
T : Aµ 7→ Aµ − ∂µ α(t,~x) ,
e
mit α(t,~x) ∈ R invariant.
Man nehme nun an, dass Φ einen Vakuumerwartungswert
r
v
−m2
hΦi = √ , mit v =
λ
2
(4.54)
(4.55)
annimmt. Diese Wahl eines physikalischen Grundzustandes für das System führt
zu einer spontanen Symmetriebrechung und entspricht der Wahl eines Koordinatensystemes mit hΦ1 i = v und hΦ2 i = 0.
Es werden die Felder nun mittels einer Verschiebung dergestalt angepasst, dass L
durch zwei Felder ϕ1 = ϕ1 (t,~x) und ϕ2 = ϕ2 (t,~x) mit verschwindendem Vakuumerwartungswert ausgedrückt wird:
Φ 1 = v + ϕ1 ,
Φ 2 = ϕ2 ,
v
oder Φ = √ + ϕ ,
2
v
†
Φ = √ + ϕ† ,
2
1
mit ϕ = √ (ϕ1 + iϕ2 ),
2
(4.56)
1
ϕ† = √ (ϕ1 − iϕ2 ) .
2
(4.57)
Die Auswirkungen auf V (Φ1 , Φ2 ) bzw. V (Φ† Φ) sind dieselben wie im Falle einer globalen Symmetrie, vergleiche dazu Gleichung (3.74) mit angepassten Feldern.
57
Es stellt sich die Frage, wie sich die Verschiebung auf den Term (Dµ Φ)† Dµ Φ
auswirkt. Wegen
v
1
iev
Dµ √ = √ (∂µ + ieAµ )v = √ Aµ ,
(4.58)
2
2
2
gilt für die kovarianten Ableitungen von Φ:
iev
v
Dµ Φ = Dµ ( √ + ϕ) = Dµ ϕ + √ Aµ .
2
2
(4.59)
Man erhält somit insgesamt für die kovarianten Ableitungen:
iev
iev
1
(Dµ Φ)† Dµ Φ = (Dµ ϕ)† Dµ ϕ − √ Aµ Dµ ϕ + (Dµ ϕ)† √ Aµ + e2 v2 Aµ Aµ
2 } 2
| 2
{z
=:A ,siehe Nebenrechnung
1
= (Dµ ϕ)† Dµ ϕ + evAµ (∂µ ϕ2 + eϕ1 Aµ ) + e2 v2 Aµ Aµ .
2
(4.60)
Dabei ist
1
iev
A = − √ Aµ √ [∂µ (ϕ1 + iϕ2 ) + ieAµ (ϕ1 + iϕ2 ) − ∂µ (ϕ1 − iϕ2 ) − (−ie)Aµ (ϕ1 − iϕ2 )]
2
2
µ
= evAµ (∂ ϕ2 + eϕ1 Aµ ) .
(4.61)
Es können folgende Zwischenergebnisse festgehalten werden:
Ohne Beachtung der Eichfelder, also bei der Betrachtung einer globalen Symmetrie, treten für die Felder ϕ1 und ϕ2 ein massebehaftetes und ein masseloses
Goldstone-Boson auf:
p
(4.62)
mϕ1 = −2m2 , mϕ2 = 0.
Bezieht man die Eichfelder jedoch mit in die Betrachtung ein, so ist zum einen
feststellbar, dass das Eichfeld einen Massenterm
1 2 2
e v Aµ Aµ
2
(4.63)
bekommen hat und zum anderen eine Mischung zwischen Aµ und ϕ2 aufgetreten
ist, die an dieser Stelle noch nicht interpretiert werden kann. Letzteres ließe sich
über eine Berechnung der Propagatoren und einer Untersuchung der Polstellen
klären. Es soll jedoch ein alternativer, einfacherer Weg aufgezeigt werden.
Die alternative Methode besteht darin, die Mischung über eine Feldredefinition zu
58
beseitigen. Hierzu drückt man Φ in Polarkoordinaten aus und verschiebt nur die
Amplitude:
ζ
1
v+η
ei v
= √ (v + η + iζ + · · · ) ,
(4.64)
Φ= √
|{z}
2
2
ζ
=1+i v +···
dabei sind η = η(t,~x) und ζ = ζ(t,~x) reelle Felder, was aber offensichtlicherweise
nur für ein v 6= 0 zulässig ist. Für kleine Auslenkungen ist in guter Näherung
Φ1 ≈ v + η und Φ2 ≈ ζ.
Wird nun von der Eichinvarianz Gebrauch gemacht und die Eichfunktion
α(t,~x) = −
ζ(t,~x)
v
(4.65)
gewählt, so erhält man als Ergebnis nur physikalische Teilchen und die Konsequenzen der Betrachtung sind leichter zugänglich. Die Wahl dieser Eichfunktion
führt auf die sogenannte unitäre oder physikalische Eichung hin.
Nun lauten die mit der Eichfunktion transformierten Felder:
ζ
v+η
Φ0 = e−i v Φ = √ ,
2
v
+
η
Φ†0 = √ ,
2
∂µ ζ
,
Bµ := A0µ = Aµ +
ve
0
Fµν
= ∂µ Bν − ∂ν Bµ
da abelsch
=
(4.66)
(4.67)
(4.68)
Fµν .
(4.69)
Setzt man dies in die Lagrange-Dichte ein, so erhält man
1
(v + η)2
1 0 0µν
µ
µ
L = [(∂µ − ieBµ )(v + η)][(∂ + ieB )(v + η)] − V
− Fµν
F .
2
2
4
(4.70)
Dies lässt sich allerdings noch etwas sortieren. Es sei dazu ∆ := v + η, dann ist
zunächst
1
1
1
(∂µ − ieBµ )∆(∂µ + ieBµ )∆ = ∂µ ∆∂µ ∆ + e2 Bµ Bµ ∆2
2
2
2
2
1
e
= ∂µ η∂µ η + Bµ Bµ (η2 + 2vη + v2 )
2
2
1
e2 v2
e2
= ∂µ η∂µ η +
Bµ Bµ + e2 vηBµ Bµ + η2 Bµ Bµ .
2
2
2
(4.71)
59
Wird das Potential nun folgendermaßen umgeschrieben,
λ
(v + η)2
m2
(v + η)2 + (v + η)4
V
=
2
2
4
λ
λv2
= −m2 η2 + vλη3 + η4 −
,
4
4
(4.72)
so lässt sich die Lagrange-Dichte in drei Summanden
L = L0 + Lint + const.
(4.73)
zusammenfassen.
Dabei sind die einzelnen Terme der Gleichung:
1
{z 2
1
| 4
0 µν0
F + v2 e2 Bµ Bµ +
L0 = − Fµν
}
1
1
∂µ η∂µ η − (−2m2 )η2 ,
|2
{z2
}
ein massebehaftetes Vektorboson ein massebehaftetes skalares Boson
e2
λ
Lint = Bµ Bµ η(2v + η) − vλη3 − η4 ,
2
const. =
4
λv4
.
4
(4.74)
(4.75)
(4.76)
Es kann festgehalten werden, dass am Schluss der bisherigen Betrachtung die
Lagrange-Dichte eines Vektorbosons
mit Masse MV B = ev und eines skalaren Bo√
sons mit Masse MSB = −2m2 steht.
Das Feld ζ wurde sozusagen "weggeeicht" und taucht nur noch als longitudinaler
Freiheitsgrad im nun massebehafteten Eichfeld Bµ auf. ζ wird deswegen auch als
sogenanntes "would-be-Goldstone-Boson" bezeichnet.
Die Anzahl der dynamischen Freiheitsgrade des Systems ist gleich geblieben. Vor
der Feldredefinition hatte man zwei skalare Bosonen und ein masseloses Vektorboson mit zwei Freiheitsgraden, danach nur noch ein skalares Boson aber ein
massebehaftetes Vektorboson mit drei Freiheitsgraden.
Nicht-Abelscher Fall
Der nicht-abelsche Fall soll im Folgenden am Beispiel der Gruppe SO(3) diskutiert werden.
Hierzu betrachte man eine Lagrange-Dichte der üblichen Gestalt
1
4
1
2
L = L (Φi , Dµ Φi ) = Dµ Φi Dµ Φi − V (~Φ2 ) − Fµν,i Fiµν
(4.77)
in den Feldern Φi = Φi (t,~x), i ∈ {1, 2, 3} mit kovarianten Ableitungen Dµ Φi und
µν
kinetischem Term − 14 Fµν,i Fi , die eine lokale SO(3)-Symmetrie aufweist.
60
Es seien
Dµ Φi := ∂µ + gεi jk Aµ, j Φk , i = 1, 2, 3 ,
Fµν,i := ∂µ Aν,i − ∂ν Aµ,i + gεi jk Aµ, j Aν,k , i = 1, 2, 3 .
(4.78)
(4.79)
Zu beachten ist dabei, dass der zweite Summand in der Definition der kovarianten
Ableitung eine Mischung der Felder bewirkt.
Das Potential V ist von der Gestalt wie in Gleichung (3.67) und nimmt sein Minimum somit für den Wert
r
−m2
| ~Φmin |=
=: v
(4.80)
λ
an. Deshalb dreht man das interne Koordinatensystem derart, dass
~Φmin := vê3 .
(4.81)
ist.
Nun wird eine Feldredefinition mit den Feldern η = η(t,~x), ζ1 = ζ1 (t,~x) und
ζ2 = ζ2 (t,~x) analog dem abelschen Falle durchgeführt und es ergibt sich für eine
Entwicklung des Feldes der Ausdruck:

 

0
−ζ2
~Φ = exp i T1 ζ1 + T2 ζ2  0  =  ζ1  + · · ·
(4.82)
v
v+η
v+η
Die Ti sind die Matrizen der adjungierten Darstellung aus Gleichung (3.50). Für
kleine Fluktuationen gelten die Näherungen Φ1 ≈ −ζ2 , Φ2 ≈ ζ1 und Φ3 ≈ v + η.
Im Falle einer globalen Symmetrie wären ζ1 und ζ2 Goldstone-Bosonen, da aber
eine lokale Symmetrie betrachtet wird, sind es "would-be"-Goldstone-Bosonen.
Man führe nun für die lokale Symmetrie folgende Eichtransformation durch,
−ζ1 (t,~x)
,
v
−ζ2 (t,~x)
α2 (t,~x) =
,
v
α3 (t,~x) = 0 ,
α1 (t,~x) =
(4.83)
sodass


~Φ0 = exp 
−i


T1 ζ1 + T2 ζ2
v
|
{z
}


~
Φ = 

=:Ω, der Übersichtlichkeit wegen
61

0
0 ,
v+η
(4.84)
sowie
~T · ~Bµ := ~T · ~A0µ = exp(−iΩ)~T · ~Aµ exp(iΩ) − i ∂µ exp(−iΩ) exp(iΩ) .
g
(4.85)
Eine Anwendung der Eichtransformation auf die Lagrange-Dichte ergibt
1
2
1
4
0
L = (∂µ Φ0i + gεi jk Bµ, j Φ0k )(∂µ Φ0i + gεilm Bµl Φ0m ) − V (~Φ02 ) − Fµν,i
F 0µν,i , (4.86)
dabei ist
0
Fµν,i
= ∂µ Bν,i − ∂ν Bµ,i + gεi jk Bµ, j Bν,k
da nicht-abelsch
6=
Fµν,i .
(4.87)
Verwendet man nun die folgenden drei Gleichungen als Hilfsmittel,
1. Φ0i = δi3 (v + η) ⇒ Φ0i εilm Φ0m = δi3 εilm δm3 (v + η)2 = ε3l3 (v + η)2 = 0 ,
ebenso εi jk δk3 δi3 = 0 ,
(4.88)
2. εi jk εilm δk3 δm3 = εi j3 εil3 = δ jl δ33 − δ j3 δl3 ,
(4.89)
3. V (~Φ02 ) = −m2 η2 + vλη3 +
λη4 λv4
−
,
4
4
(4.90)
so lässt sich die Lagrange-Dichte zu
L = L0 + Lint + const.
(4.91)
umschreiben.
Dabei nehmen die einzelnen Summanden die folgende Gestalt an:
1
|2
1
{z2
L0 = ∂µ η∂µ η − (−2m2 )η2
}
massebehaftetes skalares Boson
2
1
1 0
µ
+ (− Fµν,i
F 0µν,i + (vg)2 Bµ,i Bi )
4
2
i=1
∑
|
{z
}
zwei massebehaftete Vektorbosonen
1 0
0µν
− Fµν,3
F3
| 4 {z
}
,
(4.92)
masseloses Vektorboson
1
2
2
λ
4
Lint = g2 ∑ (2vη + η2 )Bµ,i Bµi − vλη3 − η4 ,
(4.93)
λ
const. = v4 .
4
(4.94)
i=1
62
Es ist somit festzuhalten, dass man nach der Eichtransformation und spontaner
Symmetriebrechung zwei massebehaftete Vektorbosonen erhalten hat. Es sind
diejenigen, die mit den Generatoren T1 und T2 , welche den Grundzustand nicht invariant lassen, verknüpft sind. Ihre Massen sind durch M = gv gegeben. Das Vektorboson, das mit der Symmetrie des Grundzustandes assoziiert ist, verbleibt nach
der Brechung der Symmetrie nach wie vor masselos. Die „would-be“-GoldstoneBosonen tauchen in der neuen Lagrange-Dichte nicht mehr auf. Sie wurden weggeeicht und verbleiben nur als longitudinale Freiheitsgrade in den massebehafteten Eichfeldern. Die Anzahl der Freiheitsgrade ist nach spontaner Symmetriebrechung gleich geblieben. Waren es vorher insgesamt neun bei drei Freiheitsgraden
skalarer Bosonen und sechs Freiheitsgraden der drei Vektorbosonen, so entfallen nun insgesamt acht Freiheitsgrade auf Vektorbosonen, nämlich zwei auf ein
masselos gebliebenes Eichboson und sechs auf zwei massebehaftete Eichbosonen, und schließlich einer auf ein massebehaftetes skalares Boson.
Es sei G die Eichgruppe einer Lagrange-Dichte mit nG Generatoren und H ⊆ G
die Symmetriegruppe des Grundzustandes aufgrund einer spontanen Symmetriebrechung mit nH Generatoren. Im Allgemeinen ist festzustellen, dass die Theorie
dann nH masselose Vektorbosonen und nG − nH massebehaftete Vektorbosonen
besitzt. Die in der Theorie ebenfalls auftretenden nG − nH „would-be“-GoldstoneBosonen wurden „weggeeicht“ und treten nur noch als longitudinale Freiheitsgrade der massebehafteten Vektorbosonen auf.
Die Diskussion der spontanen Brechung lokaler Symmetrien ist hiermit abgeschlossen. Im nächsten Kapitel wird die spontane Brechung einer Symmetrie im
Rahmen des Standardmodells der Elementarteilchenphysik betrachtet.
63
Kapitel 5
Spontane Symmetriebrechung:
Standardmodell der
Elementarteilchenphysik
Wie bereits angekündigt beschränkt sich diese Arbeit im Folgenden auf die Betrachtung der spontanen Symmetriebrechung im bosonischen, d.h. Yang-MillsSektor, allerdings sollen für die Fermionen an einigen Stellen kurze Ausblicke
gewährt werden. Bei der Betrachtung in diesem Kapitel werden nur die für die
spontane Symmetriebrechung wesentlichen Fakten erwähnt und nicht alle Einzelheiten diskutiert, dies würde andernfalls den Rahmen dieser Arbeit sprengen.
Die Darstellung orientiert sich dabei an [Sch06] Kapitel 9, Erörterungen, die auf
Einzelheiten genauer eingehen, lassen sich unter anderem bei [AbLe73], [Ryd96]
oder [Wei67] finden.
5.1
Elektroschwache Wechselwirkung:
Higgs-Mechanismus
Die Eichgruppen des Standardmodells sind die Gruppen SU(3)C für die starke
Wechselwirkung und SU(2)L × U(1)Y für die elektroschwache Wechselwirkung,
zusammengesetzt aus dem schwachen Isospin TW und der schwachen Hyperladung Y . Im Folgenden wird sich dieser Abschnitt auf die Diskussion der elektroschwachen Wechselwirkung beschränken. Möglichkeiten der Erweiterung der
Theorie des Standardmodells auf eine vereinheitlichte Theorie, beziehungsweise
Methoden, wie sich dies umsetzen lässt, werden in einem weiteren Abschnitt angesprochen.
Die Lagrange-Dichte der elektroschwachen Wechselwirkung lässt sich in zwei
65
Summanden,
L = LY M + LH ,
(5.1)
aufteilen. Der Yang-Mills-Anteil LY M besteht aus vorerst masselosen Fermionen
als Materiefelder und den Eichbosonen zu SU(2)L ×U(1)Y , dahingegen beinhaltet
der Higgs-Anteil LH sowohl Higgs-Eichfeld- und Higgs-Fermionen-Kopplungen
als auch Higgs-Selbstkopplungen. Die Fermionen- und Eichbosonenmassen werden durch den Mechanismus einer spontanen Symmetriebrechung induziert. Ziel
soll es sein, diese spontane Symmetriebrechung für den Teil des Higgs-Anteils zu
diskutieren, der frei von Wechselwirkungen mit den Fermionen ist und aus dem
schlussendlich das Higgs-Boson resultiert. Zunächst soll aber die Yang-MillsLagrange-Dichte Beachtung finden, da sich an dieser einige Mittel, die für die
Diskussion der Higgs-Lagrange-Dichte benötigt werden, aufzeigen lassen.
Yang-Mills-Lagrange-Dichte
Die Yang-Mills-Lagrange-Dichte setzt sich aus einem Materiefeldanteil mit Kopplung an die Eichfelder, LF und einem reinen Eichfeldanteil, LEF , zusammen,
LY M = LF + LEF .
(5.2)
Ähnlich wie in Gleichung (4.43) enthält der Materiefeldanteil über die kovarianten
Ableitungen die Kopplung der Eichfelder an die Materiefelder. Im Folgenden soll
LF nicht weiter betrachtet werden.
Die Eichbosonen, die an den schwachen Isospin und die schwache Hyperladung
µ
µ
µ
koppeln, werden im Folgenden mit (W1 ,W2 ,W3 ) und Bµ bezeichnet.
Der reine Eichfeldanteil lautet
1
4
1
4
LEF = − Fµν,i Fiµν − Bµν Bµν
(5.3)
µν
und setzt sich aus den SU(2)-Feldstärken Fi , i = 1, 2, 3, mit den Strukturkonstanten εi jk der Gruppe SU(2) und einer Kopplungskonstanten g,
µν
Fi
µ
µ
= ∂µWiν − ∂νWi − gεi jkW j Wkν
(5.4)
sowie der U(1)-Feldstärke
Bµν = ∂µ Bν − ∂ν Bµ
(5.5)
zusammen.
Die Yang-Mills-Lagrange-Dichte aus Gleichung (5.2) mit dem Eichfeld- und Materiefeldanteil ist eine mathematisch konsistente Eichtheorie für den schwachen
66
Isospin und die schwache Hyperladung. Sie ist allerdings physikalisch nicht akzeptabel, da die Fermionen und Eichbosonen masselos sind.
Mit Hilfe des im vorherigen Kapitel erarbeiteten Mechanismus der spontanen
Symmetriebrechung für lokale Symmetrien wird im Folgenden ein Ansatz erarbeitet, der zu drei massiven Eichbosonen W ± und Z und dem masselosen Photon
führt. Zudem ließe sich über die sogenannte Yukawa-Kopplung mit der spontanen Symmetriebrechung für die geladenen Fermionen Massen erzeugen, was aber
nicht diskutiert werden soll.
Zu diesem Zweck führt man ein komplexes SU(2)L -Higgs-Dublett ein,
+ Φ
,
(5.6)
Φ :=
Φ0
zu dessen Beschreibung vier reelle Freiheitsgrade Re(Φ+ ), Im(Φ+ ), Re(Φ0 ) und
Im(Φ0 ) benötigt werden. Der Ansatz ist dergestalt gewählt, dass zum einen die Informationen über die zu brechende Symmetrie und die Zielsymmetrie in das Dublett gelegt wurden und zum anderen später drei „would-be“-Goldstone-Bosonen,
die in der Unitaritätseichung als longitudinale Freiheitsgrade der massebehafteten
Vektorbosonen auftreten, und ein reelles Higgs-Feld als Ergebnis stehen.
Es seien im Folgenden:
~τ
~t = ,
2
1 0
y=
,
0 1
mit den Pauli-Matrizen ~τ, siehe Abschnitt 3.2.
Higgs-Lagrange-Dichte
Man betrachtet nun die Higgs-Lagrange-Dichte
LH = LΦ + LΦF ,
(5.7)
die aus einem reinem Higgs-Anteil LΦ und einer SU(2)L ×U(1)Y -invarianten Wechselwirkung zwischen Higgs und Fermionen LΦF besteht.
Die allgemeinste, mit der SU(2)L ×U(1)Y -Eichinvarianz, Lorentz-Invarianz und
Renormierbarkeit konsistente Form für den Term LΦ ist
1
µ2 †
λ
† µ
LΦ = (Dµ Φ) D Φ − Φ Φ − (Φ† Φ)2
2
2
4
mit der kovarianten Ableitung
~ µ − ig0 1 yBµ )Φ ,
Dµ Φ = (∂µ − ig~t · W
2
67
(5.8)
(5.9)
den beiden reellen Parametern µ2 und λ > 0 und den Kopplungskonstanten g und
g0 .
Zu beachten ist, dass im Folgenden die Normierung von Weinberg mit dem Faktor
1
2 Anwendung findet. Diese hat den Vorteil, dass die später zu diskutierende Unitaritätseichung zu einer konventionellen Normierung eines skalaren Feldes führt.
Die Lagrange-Dichte aus Gleichung (5.8) ist unter der Transformation
θ
T : Φ 7→ exp(−i~θ ·~t) exp(−i )Φ
2
(5.10)
sowie den Transformationen der Eichfelder invariant.
Spontane Brechung der Symmetrie
Für einen Wert µ2 < 0 wird eine spontane Brechung der Symmetrie erwartet. Definiert man
+ v
hΦ+ i
:=
= hΦi ,
(5.11)
v0
hΦ0 i
wobei v+ und v0 im Allgemeinen komplexe Zahlen sind, so ergibt sich ein klassisches Minimum für die Hamilton-Dichte für den Wert
hΦi† hΦi =| v+ |2 + | v0 |2 =
−µ2
=: v2 .
λ
(5.12)
Mit Hilfe einer SU(2)L ×U(1)Y -Eichtransformation kann man immer zu einer sogenannten Unitaritätseichung gelangen, in der Φ+ = 0 und Φ0 Hermite’sch mit
positivem Vakuumerwartungswert hΦ0 i = v ist:
0
ΦUE =
.
(5.13)
v+h
Dabei sei h ein reelles, skalares Higgs-Feld und es wurde, wie aus dem Vorkapitel
0 um v entwickelt.
bekannt, das Feld ΦUE
Für v 6= 0 erzeugt
ζ1 τ1 + ζ2 τ2 ζ τ3 1
0
+
−
(5.14)
exp i
v+h
2v
v 2 2
für ein komplexes Dublett jeden beliebigen Wert. Entwickle dazu die Exponentialfunktion und es ergibt sich
"
!
#
ζ1 −iζ2
0
0
i ζ21 + ζ22
2v
1 + i ζ1 +iζ2
+···
=
+ · · · . (5.15)
v+h
−iζ + v + h
− ζv
2v
68
Dabei ist zu beachten, dass der Grundzustand der Unitaritätseichung
0
v
bezüglich der Untergruppe H =U(1) ⊂SU(2)L ×U(1)Y mit den Elementen
α
exp −i (1 + τ3 )
(5.16)
2
mit α ∈ R, invariant ist, da
0
(1 + τ3 )
=0.
(5.17)
v
Diese Untergruppe interpretiert man als elektromagnetische U(1), das zugehörige
Eichboson, das Photon, bleibt masselos.
Man betrachte nun die Lagrange-Dichte LΦ in der Unitaritätseichung. Hierzu führe man zunächst die Notation
0
H=
,
h
0
V=
(5.18)
v
ein, schreibe
g0
g ~
Dµ Φ = Dµ H − i ~τ · W
µV − i BµV ,
2
2
0
g
~ µ + i g BµV †
(Dµ Φ)† = (Dµ H)† + i V †~τ · W
(5.19)
2
2
und bestimme dann das Produkt der kovarianten Ableitungen
g † ~
g0
g ~µ
g0 µ
† µ
†
†
µ
(Dµ Φ) D Φ = (Dµ H) + i V ~τ · Wµ + i BµV
D H − i ~τ · W V − i B V
2
2
2
2
2
0
g
~ µ~τ · W
~ µV ) + 2 gg (V †~τ · W
~ µ BµV )
=(Dµ H)† Dµ H + (V †~τ · W
4
4
g02
+ (BµV † BµV ) + · · ·
4
1 ~ ~µ
0 3 µ
02
µ
=∂µ h∂µ h + v2 g2W
+ · · · . (5.20)
µ · W − 2gg Wµ B + g Bµ B
4
Dabei wurde verwendet, dass
~ µ~τ · W
~ µ =W
~ µ ·W
~µ
~τ · W
~ µV = −v2Wµ3 (Verwende Auf- und Absteigeoperatoren)
und V †~τ · W
69
gilt.
Wechselwirkungsterme, die mindestens drei Felder enthalten, wurden nicht explizit ausgeschrieben, da sie für die Diskussion der Masse nicht relevant sind.
Wenn man zusätzlich noch die Rechnung für das Potential aus Gleichung (3.74),
dabei sei h anstelle von η eingesetzt und die Felder entsprechend angepasst, für
den Potentialanteil verwendet, ergeben sich für LΦ in der Unitaritätseichung die
folgenden, in den Feldern quadratischen Ausdrücke:
v2 2 ~ ~ µ
(g Wµ · W − 2gg0Wµ3 Bµ + g02 Bµ Bµ ) + · · · .
8
(5.21)
In Analogie zu Abschnitt 4.3 untersucht man zunächst die Konsequenzen, die
sich aus der spontanen Symmetriebrechung für die Massen der Vektorbosonen
ergeben. Man betrachte zuerst den Anteil mit den beiden neutralen Bosonen:
1
2
1
2
LΦ = ∂µ h∂µ h − (−2µ2 )h2 +
v2 2 3 3µ
(g Wµ W − 2gg0Wµ3 Bµ + g02 Bµ Bµ ) .
8
Mittel einer geeigneten Superposition soll nun erreicht werden, dass das zur elektromagnetischen Untergruppe U(1)em gehörige Eichboson, das Photon, masselos
ist, da diese Symmetrie nicht spontan gebrochen wird.
Zu diesem Zweck wird eine Mischung der Felder über
3 Wµ
Zµ
cos(θW ) − sin(θW )
=
,
(5.22)
Aµ
sin(θW ) cos(θW )
Bµ
mit dem schwachen Weinberg-Winkel θW eingeführt. Einsetzen und sortieren
nach Zµ Z µ , Aµ Aµ und Zµ Aµ liefert:
v2
v2 2 3 3µ
(g Wµ W − 2gg0Wµ3 Bµ + g02 Bµ Bµ ) = ([g cos(θW ) + g0 sin(θW )]2 Zµ Z µ
8
8
+ [g sin(θW ) − g0 cos(θW )]2 Aµ Aµ
+ 2{(g2 − g02 ) cos(θW ) sin(θW )
− gg0 [cos2 (θW ) − sin2 (θW )]}Zµ Aµ ) .
(5.23)
Fordert man nun, dass Aµ masselos bleibt, so erhält man die Bedingung
!
g sin(θW ) = g0 cos(θW ) oder
tan(θW ) =
g0
.
g
(5.24)
Woraus des Weiteren folgt, dass
und
[g cos(θW ) + g0 sin(θW )]2 = g2 + g02
2
(g − g02 ) cos(θW ) sin(θW ) − gg0 [cos2 (θW ) − sin2 (θW )] = 0 .
70
(5.25)
Die Felder Aµ und Zµ wurden somit orthogonalisiert.
Will man die eingeführte Mischung der Felder beseitigen, so wird man insgesamt
0
auf zwei Lösungen geführt. Im ersten Fall ist tan(θW ) = gg , das Photon ist somit
masselos und im zweiten Fall für tan(θW ) = − gg0 wäre das Z-Boson masselos
gewesen.
Nun ist schlussendlich
v2
v2 2 3 3µ
(g Wµ W − 2gg0Wµ3 Bµ + g02 Bµ Bµ ) = (g2 + g02 )Zµ Z µ
8
8
und somit ergibt sich der neue Ausdruck für die Lagrange-Dichte
(5.26)
v2 2 02
v2 g2
(g +g )Zµ Z µ +
Wµ1W 1µ +Wµ2W 2µ +· · · .
8
8
(5.27)
Es stellt sich die Frage, wie dieses Ergebnis zu interpretieren ist. Dazu betrachte man die kinetischen Terme aus der Eichfeld-Lagrange-Dichte aus Gleichung
(5.3). Da die Mischung der Felder Wµ3 und Bµ zu Zµ und Aµ über eine orthogonale
Transformation erfolgt, siehe Gleichung (5.22), gilt für den kinetischen Term,
1
2
1
2
LΦ = ∂µ h∂µ h− (−2µ2 )h2 +
−
1 2 i µν 1
1
1 3 i µν 1
WµνWi − Bµν Bµν = − ∑ Wµν
Wi − Zµν Z µν − Fµν F µν ,
∑
4 i=1
4
4 i=1
4
4
(5.28)
i = ∂ W i − ∂ W i und analog B , Z und F
wobei „freie“ Feldstärketensoren Wµν
µ ν
ν µ
µν µν
µν
für die Felder Bµ , Zµ und Aµ eingeführt werden.
Mit der Vorbereitung der letzten beiden Kapitel entsteht folgendes Bild: Das eingeführte
pHiggs-Feld h beschreibt ein neutrales, skalares Higgs-Boson mit Masse
mH = −2µ2 und das Feld Aµ beschreibt ein masseloses Photon√der elektromagnetischen Untergruppe U(1)em . Die Felder Wµ± := (Wµ1 ∓ iWµ2 )/ 2 beschreiben
massive, geladene Vektorbosonen mit Masse MW = vg/2.
Insbesondere
p
ist festzustellen, dass das neutrale Z-Boson mit Masse MZ = v g2 + g02 /2 > vg/2
schwerer als die geladenen W-Bosonen ist.
5.2
Vereinheitlichte Theorie
Nachdem die SU(2)×U(1)-Symmetriegruppe der elektroschwachen Wechselwirkung auf die Gruppe U(1) spontan gebrochen wurde, stellt sich hier die Frage, ob
dieser Mechanismus auch anderweitig ausgenutzt werden kann.
Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik, obwohl phänomenologisch sehr
gut belegt und mathematisch konsistent, kann nicht auf alle Fragen eine Antwort
geben, so auch nicht auf die nach der Quantisierung der elektrischen Ladung. Somit wird weiterhin nach mathematischen Modellen gesucht, mit denen sich die
71
offenen Fragen klären lassen. Eine Methode, die man dabei anwendet, ist die
Konstruktion einer sogenannten vereinheitlichten Theorie, englisch „Grand Unified Theory“. Die Idee der Vereinheitlichung besteht darin, die Wechselwirkungen der Elementarteilchen als verschiedene Aspekte einer einzigen zugrundeliegenden Wechselwirkung mit einer einfachen Lie-Algebra zu interpretieren. Von
der Symmetriegruppe der vereinheitlichten Theorie lassen sich dann die Wechselwirkungen des Standardmodells mittels einer spontanen Brechung der Symmetrie
erreichen.
Zur Konstruktion einer vereinheitlichten Theorie werden zwei mögliche Vorgehensweisen in Ansätzen präsentiert. Die erste geht von der SU(3)×SU(2)×U(1)Symmetriegruppe des Standardmodells aus und versucht eine Einbettung in eine
möglichst einfache Gruppe zu konstruieren, wohingegen die andere eine von den
Eigenschaften her passende Gruppe wählt und hiervon ausgehend beweisen will,
dass auf die Symmetriegruppe des Standardmodells hin gebrochen werden kann.
Die zweite Möglichkeit wird zuerst vorgestellt. Hierbei werden im Folgenden die
Vorgehensweise und Bezeichnungen aus [ChLi00], Kapitel 14.2, verwendet.
Im Higgs-Sektor des SU(5)-Modells kann man das skalare Potential in der Form
V (H) = −m2 Tr(H 2 ) + λ1 (Tr(H 2 ))2 + λ2 Tr(H 4 )
(5.29)
schreiben. Dabei sei H das Higgs-Feld in der adjungierten Darstellung der SU(5)
und über eine (5 × 5)-Matrix dargestellt. Zur Vereinfachung der Diskussion wird
eine Invarianz unter der Transformation T : H 7→ −H angenommen, um die Existenz eines kubischen Terms auszuschließen.
Es lässt sich zeigen, dass H in eine reelle, diagonalisierte, spurfreie Matrix


h1


h2


†


h3
H = UHd U
mit Hd = 
(5.30)



h4
h5
transformiert werden kann, dabei ist h1 + h2 + h3 + h4 + h5 = 0 und U sei eine unitäre (5 × 5)-Matrix. Des weiteren können die Diagonalelemente hi , i ∈
{1, 2, 3, 4, 5}, am Minimum maximal drei verschiedene Werte annehmen.
Aus diesem Ergebnis lässt sich auf die allgemeine Form der Symmetriebrechungen, die durch ein Higgs-Feld in der adjungierten Darstellung mit 24 Freiheitsgraden induziert werden können, schließen.
Schlussendlich gelangt man somit zu dem Ergebnis, dass für eine spontane Symmetriebrechung ausgehend von der SU(5) nur zwei Möglichkeiten bestünden. Die
erste
SU(5) → SU(4) × U(1)
72
passt nicht zur bereits gut bekannten Symmetriegruppe des Standardmodells, die
zweite hingegen
SU(5) → SU(3) × SU(2) × U(1) → SU(2) × U(1) → U(1)
liefert die Möglichkeit, eine Kette von Symmetriebrechungen bis hin zur Gruppe
U(1) durchzuführen, also von zunächst 24 auf 12 dann vier und zuletzt einen Freiheitsgrad hin zu brechen.
Die Variante der Konstruktion bzw. Suche nach einer Einbettung der
SU(3)×SU(2)×U(1)-Symmetrie des Standardmodells in eine passende größere
Gruppe wird bei [Geo99], Kapitel 18, am Beispiel der Gruppe SU(5) skizziert.
Im Folgenden wird der Einstieg in die Vorgehensweise hierzu schematisch dargestellt werden, auf Einzelheiten oder eine mathematische Ausarbeitung wird
aufgrund der Tatsache, dass hierzu weitere Grundlagen, unter anderem YoungDiagramme, notwendig wären und diese über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen, verzichtet. Für einen Einstieg in gruppentheoretische Grundlagen wird
zusätzlich zu den im Anhang aufgeführten Vorlesungen die Lektüre der wissenschaftlichen Prüfungsarbeit für das erste Staatsexamen Nichtrelativistisches Quarkmodell für Hadronen aus dem Jahr 2012, von M.C. Schulz vorgeschlagen.
Zunächst muss man sich in der SU(3)×SU(2)×U(1)-Klassifikation über die Anzahl und Art der Erzeugungsoperatoren, die von links- bzw. rechtshändigen Fermionen abhängig sind, klar werden und die entsprechenden Zerlegungen für diese
aufstellen. Gesucht wird dann eine einfache, kompakte Gruppe G, sodass diese die
Gruppe H = SU(3)×SU(2)×U(1) als Untergruppe besitzt und eine Darstellung
besitzt, die entsprechend der Zerlegung der Erzeugungsoperatoren unter der Untergruppe H transformiert. Der Rang der zugehörigen Lie-Algebra muss aufgrund
der vier vertauschenden Operatoren auch mindestens vier sein. Das einfachste
Beispiel ist hier die Gruppe SU(5). Da diese zwei nicht-äquivalente fünfdimensionale Darstellungen 5 und 5̄ besitzt, muss untersucht werden, ob eine Untergruppe U = SU(2) × U(1) dieser Darstellungen gefunden wird, sodass eine dieser
Darstellungen wie eine fünfdimensionale Untermenge der Erzeugungsoperatoren
transformiert. Ist diese Frage beantwortet, kann die genaue Art der Einbettung
konstruiert werden.
Abschließend ist allerdings festzustellen, dass das minimale SU(5)-Modell aufgrund der experimentell gemessenen Grenzen für baryonenzahlverletzende Zer-
73
fälle,
τ(p → e+ π0 ) > 8, 2 · 1033 a ,
τ(n → e+ π− ) > 1, 6 · 1032 a ,
τ(p → K + ν̄) > 6, 7 · 1032 a ,
τ(n → K 0 ν̄) > 8, 6 · 1031 a ,
siehe [PDG12], mittlerweile ausgeschlossen wird.
74
Teil III
Das Higgs in Forschung und
Unterricht
75
Kapitel 6
Die Suche nach dem Higgs
Am 4. Juli 2012 ging ein Raunen durch die Physiker-Gemeinde: Das HiggsBoson, das Gottesteilchen sei (endlich) gefunden. War nun die größte aller Fragen,
nach der Masse der Teilchen, geklärt?
An diesem Tag gab CERN (=„Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire“),
das europäische Kernforschungszentrum in Genf, bekannt, dass sich nach Auswertung von Messungen aus dem Jahr 2011 und ersten Daten aus einer neuen
Messung im Frühjahr 2012 eindeutige Hinweise auf die Existenz eines neuen
Teilchens, eines Bosons, ergeben. Der LHC (=„Large Hadron Collider“) wurde bei den Messungen im Jahr 2011 mit 7 TeV und 2012 mit 8 TeV betrieben.
Das Boson ist neutral und hat den beiden Experimenten ATLAS (=„A Toroidal
LHC ApparatuS “) und CMS („Compact Muon Solenoid“) nach eine Masse von
∼ 126, 5 GeV/c2 beziehungsweise 125, 3 ± 0, 6 GeV/c2 . Die Signifikanz beider
Experimente liegt bei 5 σ, 4, 9 σ für die Hinzunahme eines weiteren Kanals am
CMS. Das gefundene Teilchen passt von seinen Eigenschaften gut in das Muster
des gesuchten Higgs-Bosons.
Doch was ist dieses Boson überhaupt und warum wurde es so intensiv gesucht?
Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik hat bislang jeder experimentellen Prüfung Stand gehalten und eine exzellente phänomenologische Übereinstimmung gezeigt. Insgesamt beschreibt es hervorragend die Bestandteile und Wechselwirkungen der Materie, liefert allerdings für manche Phänomene wie beispielsweise die Masse der Teilchen oder die Quantisierung der elektromagnetischen Ladung keine Erklärung. Das Higgs-Feld bildet einen Vakuumerwartungswert aus,
der für die Massen der anderen Teilchen verantwortlich ist. Es existieren quantisierte Anregungen des Higgs-Feldes (analog zu Abschnitt 2.2) die als HiggsTeilchen interpretiert werden. Dies ist nun der Grund dafür, warum ein Beweis der
Existenz oder Nicht-Existenz der Higgs-Bosonen derart gespannt erwartet wird.
Wenn die Higgs-Bosonen existieren, hätte das Standardmodell der Elementarteilchenphysik Bestand, und es wäre eine große Frage in der Physik beantwortet.
77
Kann deren Existenz hingegen nicht nachgewiesen werden, würden sich die Fragen stellen, ob es das Higgs-Boson nicht gibt, der Higgs-Mechanismus und somit
auch das Standardmodell widerlegt wären und neue mathematische Modelle gesucht und diese überprüft werden müssten. Eine weitere Frage wäre, ob das Boson beziehungsweise dessen Zerfallsprodukte nicht experimentell erfasst werden
können und dies somit auf neue, unsichtbare, möglicherweise supersymmetrische
Teilchen hinweisen würde.
Der LHC am CERN in Genf, mit seinen Detektoren ATLAS und CMS, nahm 2008
seinen Betrieb auf. Er wurde zur Erforschung verschiedener Fragestellungen, auf
die hier im Einzelnen nicht eingegangen werden soll und unter denen sich die Suche nach dem Higgs-Boson befindet, konzipiert. Bis zum Jahr 2011 wurden dabei
unter anderem die bisherigen Abschätzungen für die Masse des Higgs-Bosons, mit
einem Augenzwinkern wird an dieser Stelle die Benennung als "wish-to"-HiggsBoson vorgeschlagen, da die Identifikation noch nicht bestätigt ist, man sich aber
das Higgs-Boson wünscht, bestätigt und verfeinert. Aufgrund von Daten des LEP
(=„Large Electron-Positron Collider“) am CERN aus den Jahre 2003 wurde für
die Masse eine untere Grenze von 114 GeV/c2 und durch diverse Experimente an
Teilchenbeschleunigern, auf die an dieser Stelle nicht genauer eingegangen werden kann, eine Obergrenze von 200 GeV/c2 festgestellt. Das Tevatron am Fermilab in den USA schloss durch weitere Experimente einen Bereich von 156 − 175
GeV/c2 als Masse für das Higgs-Boson aus. Am 4. Juli 2012 erregte deshalb die
Veröffentlichung von Daten mit Ergebnissen, die eine bis dato unerreichte Genauigkeit aufwiesen und auf die Existenz eines Bosons schließen lassen, das weltweite Interesse.
Die Existenz beziehungsweise Identifikation des neuen Teilchens als Higgs-Boson
ist bislang noch nicht eindeutig be- oder widerlegt, es stehen dazu am LHC noch
Experimente zu den Zerfallsprodukten an, um dies zu verifizieren. Die Messergebnisse zur Masse des "wish-to"-Higgs-Bosons wurden mittlerweile vom CMS,
Stand 31.07.2012, auf 125, 3 ± 0, 4 ± 0, 5 GeV/c2 bei einer Signifikanz von 5 σ
verfeinert, die Existenz eines neuen Teilchens ist gesichert, doch ob die Eigenschaften mit den gewünschten des Higgs-Bosons übereinstimmen, muss erst noch
nachgewiesen werden. Hierzu und zur weiteren Verfeinerung der Daten sind bereits weitere Experimente am LHC in Planung, deren Ergebnisse können mit
Spannung erwartet werden.
78
Kapitel 7
An- und Verwendung im schulischen
Unterricht
Nicht immer gelingt es im Physikunterricht, aktuelle Forschungsthemen zu verarbeiten und somit für die Schüler einen Lebensweltbezug herzustellen. Deshalb
ist, aufgrund der Aktualität und Relevanz der möglichen Entdeckung des HiggsBosons und deren Konsequenzen für die Physik der Neuzeit, über ein Einbringen
des Themas dieser Arbeit in den schulischen Unterricht nachzudenken.
Natürlich lässt sich das Themenfeld nicht in seiner gesamten Ausprägung im Unterrichtsablauf platzieren, auch nicht in dem deutlich reduzierten Umfang, wie er
hier in dieser Arbeit präsentiert wurde. Jedoch ist es als äußerst lohnenswert zu betrachten, den Schülern einige Grundvorstellungen und Ideen von spontaner Symmetriebrechung, bis hin zum Higgs-Mechanismus, zu vermitteln, denn sicherlich
fragt sich jeder Schüler, woher die Masse, auf dem Niveau der elementaren Bausteine der Physik, kommt. Es sollen im Folgenden nur Anregungen zur Einbindung in oder zur Entwicklung von Unterrichtskonzepten dargestellt werden. Es
wird dabei zunächst mit der spontanen Symmetriebrechung begonnen, danach am
selben Bild wie für die spontane Symmetriebrechung eine Erweiterung auf das
Goldstone-Theorem vorgestellt und zuletzt das Phänomen des Higgs-Feldes und
der Higgs-Bosonen erklärt. Ein kompletter, didaktisch ausgearbeiteter Entwurf einer Unterrichtseinheit würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.
Den Zugang zur spontanen Symmetriebrechung kann man schon durch ein recht
eingängiges Beispiel aufzeigen, der Metapher von Buridans Esel.
Buridan erzählt von einem Esel, der in gleicher Entfernung zwischen zwei, für
ihn nicht unterscheidbaren Heuhaufen stehend, sich nicht entscheiden konnte, von
welchem er fressen sollte und schließlich verhungerte. Die Physik sagt mit Hilfe
der spontanen Symmetriebrechung, dass der Esel gar nicht verhungern kann. Wie
erklärt sich das?
Grundlegend ist zunächst immer eine Symmetrie, global oder lokal. Im vorliegen79
den Falle genügt es von einer globalen Symmetrie auszugehen, diese ist den Schülern bereits implizit, wenn auch nicht unter diesem Begriff, bekannt. Zu empfehlen
ist dabei, auf den Schülern bereits bekanntes Wissen über Symmetrien, beispielsweise über Spiegelsymmetrien aus dem Mathematikunterricht, zurückzugreifen.
In einer direkten Analogie zu mehreren Zuständen in einem Mexikanerhutpotential nimmt man den Esel dabei als einen instabilen Anfangszustand an, er hat
Hunger und sucht nach einem Weg diesen zu stillen, wohingegen die beiden Heuhaufen jeweils einen Zustand darstellen, in dem der Esel frisst, beziehungsweise
gesättigt ist. Die spontane Symmetriebrechung bewirkt nun, dass der Esel, sei es,
weil er einen Heuhaufen einen Moment länger ansieht, oder aus einem anderen
vorstellbaren Grund, den Zustand quasi auswählt, von seinem Anfangs- in einen
der beiden Endzustände wechselt und folglich nicht verhungern wird. Jede noch
so kleine Störung sorgt somit dafür, dass einer der beiden Zustände eintritt. Wer
die Diskussion der spontanen Symmetriebrechung in dieser Arbeit, oder auch anderswo, verfolgt hat, wird bemerken, dass die hier präsentierte Vorstellung zwar
nicht exakt ist, sich aber für die Zwecke eines Physikunterrichtes nahe genug an
der Realität bewegt, um Einbußen in der Genauigkeit tolerierbar zu gestalten.
Eine gute Illustration zum besseren Verständnis des Goldstone-Theorems soll im
Folgenden in Anlehnung an [Sch12] präsentiert werden. Man stelle sich vier Städte vor, die an den Eckpunkten eines Quadrates mit der Seitenlänge a liegen, siehe
Abbildung 7.1.
Die Oberhäupter dieser vier Städte wollen ihre Städte nun mit einem Straßennetz
Abbildung 7.1: Ausgangssituation der vier Städte
verbinden und beauftragen eine Straßenbaufirma. Die Bedingungen, die an dieses
Netz gestellt werden, sind, dass es alle vier Städte verbindet, lückenlos ist, und
die Gesamtlänge möglichst klein ist. Der erste Vorschlag, siehe Abbildung 7.2, ist
eine einfache Verbindung der Ecken des Quadrates und ergibt eine Gesamtlänge
von 4a, er ist sicherlich noch ausbaufähig.
80
Abbildung 7.2: Die erste Idee
Dann erinnert sich einer der Planer an den Satz des Pythagoras beziehungsweise
daran, dass die beiden
√ Diagonalen eines Quadrates zusammen kürzer sind als der
Umfang, nämlich 2 2a < 4a, vergleiche Abbildung 7.3.
Abbildung 7.3: Die zweite Idee
Dies ist natürlich ein weitaus besserer Vorschlag als der erste, doch stellt sich natürlich die Frage, ob sich das Problem noch weiter optimieren lässt. Insgesamt
läuft diese Aufgabe auf eine Extremwertbestimmung heraus, die an dieser Stelle
nicht präsentiert
werden
√ soll, bei der am Ende das kürzeste Wegenetz eine Länge
√
von (1 + 3)a < 2 2a < 4a hat und ungefähr (es lässt sich zeichnerisch nicht
konstruieren, die hier verwendete Konstruktion weicht in der Länge des Wegenetzes bei einer Seitenlänge des Quadrates von a = 3 cm um ca. 0, 1 cm von der
rechnerischen Lösung ab) wie in Abbildung 7.4 skizziert aussieht.
81
Abbildung 7.4: Die beiden Lösungen des Problems
Es sind natürlich beide der hier vorgestellten Varianten gültig und erfüllen alle
an sie gestellten Bedingungen, im Folgenden sei die linke der beiden fest gewählt.
Die nachfolgenden Erläuterungen lassen sich auf beide Realisierungen anwenden,
es ist dabei nur zu beachten, dass die Ausgangssituation fest gewählt werden muss
und dann nicht mehr von der einen in die andere Variante überführt werden kann.
Die Illustration des Goldstone-Theorems, die der eigentliche Zweck dieses Beispiels ist, lässt sich nun über die Analogien aus Tabelle 7.1 einsehen. Das Beispiel
wird dabei durch die mittlere Zeile und das Goldstone-Theorem durch die unterste
Zeile beschrieben.
Tabelle 7.1: Analogie: Beispiel - Goldstone-Theorem
Gebilde
Symmetrie
Kriterium
Symmetrie der Lösung
4 Städte
D4
kürzestes Wegenetz
D2
Hamilton-Operator
G
Grundzustand
Untergruppe H ⊂ G
Die Analogie zum Goldstone-Theorem für kontinuierliche Gruppen besteht nun
darin, dass die tatsächliche Lösung des Problems eine geringere Symmetrie besitzt als die Geometrie des Vierstädteverbundes. Dies ist unabhängig davon, für
welche der beiden Lösungen aus Abbildung 7.4 die Planer sich entscheiden. Man
erinnere sich, das Goldstone-Theorem besagt, dass zu jedem infinitesimalen Generator einer Lie-Gruppe G, der den Grundzustand nicht vernichtet, ein masseloses Goldstone-Boson existiert.
82
Zwar kann auf das Konzept der spontanen Symmetriebrechung mit dieser Vorstellung im Unterricht eingegangen werden, da aber den Schülern zu einem tieferen
Verständnis mathematische Grundlagen fehlen, wird dies hauptsächlich nur phänomenologisch, also über Beispiele, möglich sein.
Allein schon die Eigenschaften des Higgs-Bosons selbst und seine Bedeutung für
die Physik werden für die Schüler hochinteressant sein. Hierzu kann direkt gesagt werden, dass das momentan in der Physik verwendete Modell, das Standardmodell der Elementarteilchenphysik, von dem Teile auch im Unterricht in der
MSS12 behandelt werden, zur Zeit durch Experimente sehr gut bestätigt ist und
alles zu passen scheint, solange ein ominöses Higgs-Feld, das den Teilchen ihre
Massen verleiht, und zugehörige Higgs-Bosonen existieren. Die Higgs-Bosonen
sind Teilchen, die sich aufgrund der großen Masse nur künstlich in Teilchenbeschleunigern erzeugen und beobachten lassen, und stellen die einzige Möglichkeit
dar, das Higgs-Feld nachzuweisen. Zur besseren Illustration und Schaffung einer
Vorstellung der Begriffe „Higgs-Feld“ und „Higgs-Boson“ ist an dieser Stelle ein
Vergleich angebracht. Das allgemein verbreitete Bild des Higgs-Feldes als eine
Art Gelee im Raum, der portionsweise an Teilchen kleben bleibt und sich löst
und ihnen somit ihre Masse verleiht und dass Higgs-Bosonen Klumpen dieses
Gelees sind, ist für Schüler möglicherweise ein wenig schwer vorstellbar. Nützlich kann es hier sein, das Bild der Situation und der Schülerschaft entsprechend
etwas anzupassen. Dazu bietet sich das Bild des Higgs-Feldes als eine Ansammlung von Menschen auf einer Party an: Sie driften hierhin und dorthin, sammeln
sich kurzfristig in Grüppchen und gehen dann wieder auseinander. Kommt nun
eine Person allgemeinen Interesses in den Raum und bewegt sich durch diesen, so
sammeln sich Bewunderer, Bekannte, Geschäftspartner, o.ä. um diese Person und
verlangsamen ihr Fortkommen, bis beim Fortschreiten genauso viele Leute hinzu
kommen wie weg gehen, sie hat somit vom Higgs-Feld ihre Masse verliehen bekommen. Higgs-Bosonen sind nun im Bild der Party das, was ein Gerücht oder
eine interessante Geschichte bewirkt: Die Leute sammeln sich in einem Bereich,
verleihen diesem Masse und Existenz und verzerren somit das Partygefüge, also
das Higgs-Feld.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass sich für Lehrkräfte eine Beschäftigung mit
spontaner Symmetriebrechung, Goldstone-Bosonen und dem Higgs-Mechanismus
im Interesse ihrer Schüler lohnt, auch wenn hierzu einige Hilfsvorstellungen entwickelt werden müssen. Es bietet die Gelegenheit, den Schülern aktuelle Forschung auf einem, vom Anspruch her reduzierten und somit zugänglichen Niveau
zu präsentieren und einen Bezug zur Alltagswelt der Schüler, durch den im Unterricht sehr ungeklärt gehaltenen Begriff „Masse“, herzustellen. Denn jeder Schüler
hat Erfahrungen mit diesem Begriff sammeln können, doch zumeist keine Vorstellung davon entwickelt.
83
Kapitel 8
Fazit
Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit wurde, anhand des Beispiels einer Kette
und einer Saite, schrittweise der Umgang mit der Quantisierung klassischer Systeme, sowie mit den entsprechenden Begrifflichkeiten wie Lagrange-Funktionen,
-Dichten etc., und den daraus resultierenden Konsequenzen für die Eigenschaften
der Felder, sowie der zugehörigen Hamilton-Funktion, erarbeitet.
Davon ausgehend wurden Grundvoraussetzungen für die Betrachtung der spontanen Brechung einer globalen Symmetrie, die Entartung von Grundzuständen,
sowie im Rahmen des Noether-Theorems die Verbindung zwischen Symmetrien und Erhaltungsgrößen eines Systems und schließlich das Goldstone-Theorem
diskutiert. Der darauf folgende Übergang von einer globalen zu einer lokalen
Symmetrie wurde durch eine allgemeine Einführung in Eichtheorien und dann
Yang-Mills-Theorien, unter anderem zum Zwecke der Behebung der Defekte in
den partiellen Ableitungen und der späteren Transformation der Felder, eingeleitet. Eine wichtige Folgerung, die daraus abgeleitet wurde, ist, dass die Eichfelder in Wechselwirkung mit den Materiefeldern getreten sind. Danach wurde
anhand eines abelschen und eines nicht-abelschen Falles die spontane Brechung
einer lokalen Symmetrie untersucht. Im letzten Teil zur Diskussion spontaner
Symmetriebrechung wurde das Auftreten von Higgs-Bosonen nach einer spontanen Brechung der Symmetrie der elektroschwachen Wechselwirkung, der sogenannte Higgs-Mechanismus, betrachtet und Möglichkeiten auf dem Weg zu einer
vereinheitlichten Theorie über zwei unterschiedliche Herangehensweisen an die
Konstruktion einer Einbettung der Symmetriegruppe des Standardmodells in die
Gruppe SU(5) aufgezeigt.
Zum Abschluss wurden dann, in einem mehr populärwissenschaftlich geprägten
Teil, kurz die Suche nach dem Higgs und Möglichkeiten der Einbindung des Themas dieser Arbeit in den schulischen Unterricht mittels einiger Illustrationen vorgestellt.
85
Gerüstet mit dem Wissen aus den Vorlesungen zur Theoretischen Physik für Lehramtsstudierende, [Sch0809], ließen sich die ersten Schritte dieser Arbeit, der Übergang von diskreten zu kontinuierlichen Systemen, gut erarbeiten. Auch die spontane Brechung einer globalen Symmetrie mit den Theoremen von Noether und
Goldstone, ebenso wie die einer lokalen Symmetrie mit den vorangehenden Eichtheorien, waren gut zugänglich. Schwierigkeiten traten erst bei der Diskussion der
spontanen Symmetriebrechung für die Symmetriegruppe der schwachen Wechselwirkung, beziehungsweise allgemein im Kontext des Standardmodells der Elementarteilchenphysik, auf, da sich diese nur unter Hinzunahme einiger Grundlagen der Gruppentheorie weiter beleuchten ließen. Aufgrund des Umfangs dieser
Grundlagen wurde die Diskussion darüber sehr allgemein gehalten. Auf eine Betrachtung von Fermionen wurde innerhalb dieser Arbeit verzichtet.
Die Beschäftigung mit den in dieser Arbeit präsentierten Themen vermittelt ein
erweitertes Wissen über Quantenfeldtheorien, den Mechanismus der spontanen
Symmetriebrechung, Eichtheorien und ihre Anwendung, Symmetrien und Symmetriegruppen, sowie Aspekte des Standardmodells der Elementarteilchenphysik
und dem Weg hin zu vereinheitlichten Theorien.
86
Danksagung
Ich danke Herrn Prof. S. Scherer für die Anregung dieser Arbeit und die engagierte Betreuung.
Herzlichen Dank auch an C.R. Müller und M.C. Schulz für ihre Diskussionsbereitschaft und Korrekturlesen.
Ein besonderer Dank gilt meiner Familie, für ihre große Unterstützung.
87
Anhang
89
Anhang A
Rechnungen zum ersten Kapitel
A.1
1. Rechnung
Zeige:
h
i
~
~
Ha(k) | Ei = E − ω(k) a(~k) | Ei .
Mittels einer geschickten Ergänzung durch 0 = a(~k)H − a(~k)H erhält man
~
~
~
Ha(k) | Ei = a(k)H + [H, a(k)] | Ei .
Berechne nun den Kommutator:
Z
h
i
1 g
~
d 3 k0 ω(~k0 ) a† (~k0 )a(~k0 ) + a(~k0 )a† (~k0 ) , a(~k)
[H, a(k)] =
2Z
h
i
h
i
1 g
=
d 3 k0 ω(~k0 ){a† (~k0 ) a(~k0 ), a(~k) + a† (~k0 ), a(~k) a(~k0 )
2
|
{z
}
|
{z
}
=0
=−(2π)3 2ω(~k)δ(~k−~k0 )
h
i
h
i
+ a(~k0 ) a† (~k0 ), a(~k) + a(~k0 ), a(~k) a† (~k0 )}
|
{z
}
|
{z
}
=−(2π)3 2ω(~k)δ(~k−~k0 )
= − ω(~k)a(~k) .
Somit ergibt sich, was zu zeigen war.
91
=0
Anhang B
Rechnungen zum dritten Kapitel
B.1
1. Rechnung
Setze in das Potential
V=
m2 2 λ 4
Φ + Φ
2
4
die Entwicklung um den Wert Φ0
Φ(x) = ±Φ0 + Φ0 (x),
mit Φ0 (x) = Φ0
ein und es ergibt sich
2 λ
4
m2
±Φ0 + Φ0 + ±Φ0 + Φ0
2
4
m2 2
=
Φ0 ± 2Φ0 Φ0 + Φ02
2
λ
+ Φ40 ± 4Φ30 Φ0 + 6Φ20 Φ02 ± 4Φ0 Φ03 + Φ04
4
λ 4 1
λ
= − Φ0 + (−2m2 )Φ02 ± λΦ0 Φ03 + Φ04 .
4
2
4
V (Φ) = Ve (Φ0 ) =
Dabei fand Verwendung, dass Φ20 =
−m2
λ ,
denn somit sind
m2 2 λ 4
m4 m4
λ
Φ0 + Φ0 = − +
= − Φ40 ,
2
4
2λ 4λ
4
−m2
Φ0 Φ0 = 0,
± m2 Φ0 Φ0 ± λΦ30 Φ0 = ±m2 Φ0 Φ0 ± λ
λ
m2 02 3λ 2 02 m2 02 3λ −m2 02 1
Φ + Φ0 Φ =
Φ +
Φ = (−2m2 )Φ02 .
2
2
2
2 λ
2
92
B.2
2. Rechnung
Zeige:
[Qa (t), Φk (t,~y)] = ta,k j Φ j (t,~y) .
Es ist
Z
d 3 x Πi (t,~x)Φ j (t,~x), Φk (t,~y)


Z


= −i ta,i j d 3 x Πi (t,~x) Φ j (t,~x), Φk (t,~y) + Φ j (t,~x) [Πi (t,~x), Φk (t,~y)]
|
{z
}
[Qa (t), Φk (t,~y)] = −i ta,i j
=−iδ3 (~x−~y)δik
= −ta,k j Φ j (t,~y)
B.3
3. Rechnung
Zeige, dass das Potential V für die Felder Φ1 , Φ2 und η + v die Form
Ve =
λ
2 λ
1
−2m2 η2 + λvη Φ21 + Φ22 + η2 + Φ21 + Φ22 + η2 − v4
2
4
4
annimmt.
Es ist
m2
λ
Φi Φi + (Φi Φi )2
2
4
2
λ
2
m
Φ21 + Φ22 + (η + v)2 + Φ21 + Φ22 + (η + v)2
=
2
4
2
m
m2
=
Φ21 + Φ22 + η2 + m2 ηv + v2
2
2
λ 4
+ Φ1 + Φ42 + η4 + 2Φ21 Φ22 + 2Φ21 η2 + 2Φ22 η2 + ληv Φ21 + Φ22 + η2
4
λ
λ 2 2
+ v Φ1 + Φ22 + η2 + v4
2
4
λ
2 λ
1
= −2m2 η2 + λvη Φ21 + Φ22 + η2 + Φ21 + Φ22 + η2 − v4 ,
2
4
4
Ve =
denn unter Verwendung von v2 =
−m2
λ
ergeben sich:
λ
m2 2
Φ1 + Φ22 + η2 + v2 Φ21 + Φ22 + η2 = 0,
2
2
λ 4 m2 2
λ 4
v + v =− v .
4
2
4
93
Anhang C
Literaturverzeichnis
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[Wei67]
S. Weinberg, A Model of Leptons, Phys. Rev. Lett. 19 (1967) 1264
[Wei96]
S. Weinberg, The Quantum Theory of Fields, Vol.2,
Cambridge University Press, Cambridge, 1996
[YaMi54] C.N. Yang und R.L. Mills,
Conservation of Isotopic Spin and Isotopic Gauge Invariance,
Phys. Rev. 96 (1954) 191
Über das CERN, den LHC und die dortigen Experimente, letzter Besuch der Seiten am 17.09.2012:
http.cern.ch
www.weltmaschine.de
Lehrpläne aus Rheinland-Pfalz, letzter Besuch der Seite am 20.09.2012:
www.lehrplaene.bildung-rp.de
Tabelle zu Zerfallszeiten von Baryonen, letzter Besuch der Seite am 17.9.2012:
[PDG12] http://pdg.lbl.gov/2012/tables/rpp2012-sum-baryons.pdf,
Dokument vom 18.06.2012
Abbildungen ohne Quellenangaben wurden mit dem Programm GeoGebra erstellt, siehe dazu:
www.geogebra.org
96
Eine Anwendung quantisierter Systeme findet sich unter anderem auch bei C.R.
Müller in der wissenschaftlichen Prüfungsarbeit zum ersten Staatsexamen ComptonStreuung und elektromagnetische Polarisierbarkeiten aus dem Jahr 2012.
97
Anhang D
Eidesstattliche Erklärung
Hiermit versichere ich, Hans Christian Lange, dass ich die wissenschaftliche Prüfungsarbeit für die erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien selbständig ohne fremde Hilfe verfasst und keine
anderen als die angegebenen Hilfsmittel verwendet habe. Diese Erklärung schließt auch die im Internet zugänglichen Daten ein. Die
Stellen der Arbeit, die dem Wortlaut oder dem Sinn nach anderen
Werken entnommen wurden, sind unter Angabe der Quelle der Entlehnung kenntlich gemacht. Die Arbeit ist noch nicht veröffentlicht
oder in gleicher oder anderer Form an irgendeiner Stelle als Prüfungsleistung vorgelegt worden.
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Datum
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Unterschrift
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