Lösung - Höhere Mathematik an der TUM

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TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN
Zentrum Mathematik
P ROF. D R .D R . J ÜRGEN R ICHTER -G EBERT, VANESSA K RUMMECK , M ICHAEL P R ÄHOFER
Höhere Mathematik für Informatiker II (Sommersemester 2004)
— Aufgabenblatt 2 (3. Mai 2004) —
— Präsenzaufgaben —
Aufgabe 8. Syntax der Prädikatenlogik
Welche der folgenden Ausdrücke sind syntaktisch korrekte Formeln der Prädikatenlogik? Hierbei sollen xi Variablen
sein, Pi Prädikate, fi Funktionen und ai Konstanten.
∃x1 P1 (x1 , f1 (x2 )),
∀x2 (P2 (x3 , x2 ) ∨ ∃x3 P2 (x2 , x3 )),
P3 (a1 , x3 ) ∨ f3 (x4 ).
Zeichnen Sie zu den syntaktisch korrekten Formeln die Ableitungsbäume. Finden Sie zu den syntaktisch korrekten
Formeln die freien und die nicht freien Variablen.
L ÖSUNG :
(a) syntaktisch korrekt, x1 gebunden durch ∃x1 , x2 frei.
(b) syntaktisch korrekt, erstes Vorkommen von x3 frei, alle Vorkommen von x2 gebunden durch ∀x2 , zweites Vorkommen von x3 gebunden durch ∃x3 .
(c) nicht syntaktisch korrekt, da ∨ auf beiden Seiten eine Formel verlangt, aber f3 (x4 ) keine Formel, sondern nur ein
Term ist.
Die Ableitungsbäume sehen wie folgt aus:1
(a)
ONML
HIJK
∃x1
ONML
HIJK
∀x2
(b)
@ABC
GFED
P1 B
|
BB
|
BB
||
|
BB
||
BB
|
|
|
@ABC
GFED
@ABC
GFED
x1
f1
GFED
@ABC
x2
89:;
?>=<
∨
===
==
==
=
@ABC
GFED
HIJK
ONML
P2
∃x3
:::
::
::
:
@ABC
GFED
@ABC
GFED
@ABC
GFED
x3
x2
P2
;;
;;
;;
;;
@ABC
GFED
@ABC
GFED
x2
x2
Aufgabe 9. Semantik der Prädikatenlogik
Gegeben sei die prädikatenlogische Formel F ,
F = ∀xP (x, f (x)).
Welche der folgenden Strukturen sind ein Modell von F ?
(a) UA = N,
PA (x, y) = (x < y)
fA (x) = x + 1.
(b) UB = N, 1, falls y eine Primzahl ist,
PB (x, y) =
0, sonst.
fB (x) = x! = 1 · 2 · · · x.
(c) UC = {rot, grün, blau},
PC (x, y) = (x 6= y),
fC (rot) = blau, fC (blau) = grün, fC (grün) = rot.
1 Danke
für die TEX-Bäume, Martin!
L ÖSUNG :
(a) F gilt für A, die Bedeutung ist: für alle natürlichen Zahlen n ist n kleiner als sein Nachfolger n + 1.
(b) F gilt für B nicht, die Bedeutung ist: für alle natürlichen Zahlen n ist n! eine Primzahl. (Gegenbeispiel: 3! = 6.)
(c) F gilt für C, die Bedeutung ist: die Funktion f (rot 7→ blau, blau 7→ grün, grün 7→ rot) hat keinen Fixpunkt
(f (x) = x).
Aufgabe 10. Strukturen in der Prädikatenlogik
Es sei die folgende Struktur gegeben:
U = N, P (x, y) = (x ≤ y), Q(x, y) = (x = y).
Formulieren Sie folgende Aussagen in Prädikatenlogik unter Verwendung der obigen Struktur:
(a) Für alle x gilt x ≤ x.
(b) Immer, wenn x ≤ y und y ≤ z, dann soll auch x ≤ z.
(c) Wenn x ≤ y und y ≤ x, dann kann nur x = y.
(d) Es gibt keine größte natürliche Zahl.
L ÖSUNG :
(a) ∀x P (x, x),
(b) ∀x ∀y ∀z ((P (x, y) ∧ P (y, z)) → P (x, z)),
(c) ∀x ∀y ((P (x, y) ∧ P (y, x)) → Q(x, y)), statt Q(x, y) kann man auch gleich (x = y) benutzen,
(d) ¬ ∃x ∀yP (y, x), oder (semantisch äquivalent) ∀x ∃y ¬ P (y, x),
oder (nicht semantisch äquivalent) ∀x ∃y (P (x, y) ∧ ¬ Q(x, y)).
Anmerkung: Die Allquantoren in (a), (b) und (c) sind notwendig. Für Formeln, die freie Variablen enthalten, kann die
angegebene Belegung keine Struktur sein. Eine Struktur zu einer Formel muss auch alle freien Variablen dieser Formel
mit einem Wert aus dem Universum belegen.
— Hausaufgaben —
Aufgabe 11. Modelle in der Prädikatenlogik
Gegeben sei die prädikatenlogische Formel F , F = ∀x∃yP (x, y). Geben Sie je ein Modell und ein Nicht-Modell
(eine Struktur für F , die kein Modell ist). Benutzen Sie folgende Universen:
• UA = N := {0, 1, . . .},
• UB = {blabla}
L ÖSUNG :
• Es sind z.B. PA (x, y) = (x = y) oder auch PA (x, y) = (x < y) Modelle.
Ein Nicht-Modell ist z.B. PA (x, y) = (x > y) (für x = 0 gibt es kein kleineres y) oder auch PA (x, y) = 0,
welches bei dieser Formel ein Nicht-Modell für jedes Universum ist.
• Bei einem einelementigen Universum gibt es nur zwei Prädikate:
PB (blabla, blabla) = 1 und PB (blabla, blabla) = 0. Das erste ist ein Modell, das zweite nicht.
Aufgabe 12. Familienbande
Es sei eine Struktur gegeben, die als Universum alle Menschen enthält, die je gelebt haben, und die die Prädikate
Elternteil, Geschwister, Großelternteil, CousinE definiert. Geben Sie prädikatenlogische Formeln an, die die folgenden
Aussagen formalisieren:
1. Zwei Menschen sind genau dann Geschwister, wenn sie ungleich sind und ein gemeinsames Elternteil besitzen.
2. Ein Mensch x ist genau dann ein Großelternteil von einem anderen Menschen y, wenn x das Elternteil eines
Elternteils von y ist.
Geben Sie eine entsprechende Aussage für das CousinE-(Cousin oder Cousine)-Prädikat. Vergessen Sie nicht, eventuelle Gleichheiten auszuschliessen: z.B. ist man nicht seinE eigeneR CousinE.
L ÖSUNG :
(a) ∀x∀y(Geschwister(x, y) ↔ ∃z(Elternteil(z, x) ∧ Elternteil(z, y) ∧ ¬(x = y))),
(b) ∀x∀y(Grosselternteil(x, y) ↔ ∃z(Elternteil(x, z) ∧ Elternteil(z, y)))
(c) ∀x∀y(CousinE(x, y) ↔ ∃z1 ∃z2 (Geschwister(z1 , z2 ) ∧ Elternteil(z1 , x) ∧ Elternteil(z2 , y) ∧ ¬(x = y)))
Aufgabe 13. Lyrics vs Logic
Wieso meint Calvin, dass der Sänger und sein “Baby” dieselbe Person sind?
1. Formalisieren Sie das von Calvin im Radio gehörte Lied mit einer prädikatenlogischen Formel F . Benutzen Sie
nur das zweistellige Prädikat Loves und die beiden Konstanten me und mybaby.
2. Argumentieren Sie, warum (mybaby = me) eine Folgerung von F ist.
3. Schreiben Sie einen neuen Liedtext, welcher das ausdrückt, was der ursprüngliche Autor ausdrücken wollte.
L ÖSUNG :
1.
F =
∀xLoves(x, mybaby) ∧ ∀xLoves(mybaby, x) → (x = me)
|
{z
} |
{z
}
Everybody loves my baby
...but my baby loves nobody but me
2. Wenn jeder mybaby liebt, dann liebt auch mybaby sich selbst. Aber mybaby liebt nur me, also ist mybaby =
me.
Ausführlicher:
∀xLoves(x, mybaby) ist eine Folgerung von F .
Loves(mybaby, mybaby) ist eine Folgerung von ∀xLoves(x, mybaby), durch Spezialisierung auf x = mybaby.
Ebenso ist ∀xLoves(mybaby, x) → (x = me) eine Folgerung von F .
Und Loves(mybaby, mybaby) → (mybaby = me) ist Folgerung von ∀xLoves(mybaby, x) → (x = me),
wieder durch Spezialisierung auf x = mybaby.
Somit kann Loves(mybaby, mybaby) ∧ (Loves(mybaby, mybaby) → (mybaby = me)) aus F gefolgert werden.
Schließlich ist mybaby = me eine direkte Folgerung von Loves(mybaby, mybaby)∧(Loves(mybaby, mybaby) →
(mybaby = me)).
3. Everybody but my baby loves my baby, but my baby loves nobody but me.
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