Dunkle Materie Jan Schäffer 19. Juli 2010 Inhaltsverzeichnis 1 Hinweise 1.1 Widersprüche zu Keplers Gesetzen 1.2 Gravitationslinsen . . . . . . . . . 1.3 Bullet Cluster . . . . . . . . . . . . 1.4 Kosmische Hintergrundstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 3 4 5 2 Ansätze zur Erklärung 2.1 Normale Materie . . . . . . . 2.2 Exotische Materie . . . . . . 2.2.1 Millennium Simulation 2.2.2 Kandidat: Neutrino . 2.2.3 Supersymmetrie . . . 2.2.4 Kandidat: Neutralino 2.3 MoNd . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 6 6 7 7 8 8 9 3 Suche nach Beweisen 3.1 Suche nach WIMPs . 3.1.1 Orpheus . . . 3.1.2 CDMS-II . . 3.1.3 LHC . . . . . 3.2 Suche mit Neutrinos 3.2.1 IceCube . . . 3.2.2 MINOS . . . 3.3 Dunkle Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 10 10 10 11 11 11 11 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsverzeichnis 13 2 Kapitel 1 Hinweise 1.1 Widersprüche zu Keplers Gesetzen • Fritz Zwicky (Schweizer Astronom) beobachtet Bewegungen im Coma Galaxienhaufen (1933) • Rotationsgeschwindigkeiten sind viel zu schnell für die Schwerkraft der sichtbaren Materie • Zehn mal mehr Materie wäre notwendig • Spätere Beobachtungen bestätigen dies • Dunkle Materie wird postuliert Abbildung 1.1: Gemessene Geschwindigkeiten (blau) und theoretische Vorhersagen nach Kepler (rot) 1.2 Gravitationslinsen • Große Masseansammlungen (z.B. Galaxienhaufen) lenken licht durch Gravitation ab, man sieht ein verzerrtes Bild 3 • Masse der Gravitationslinsen kann berechnet werden ⇒ Masse zu groß für sichtbare Materie ⇒ Dunkle Materie? Abbildung 1.2: Gravitationslinse 1.3 Bullet Cluster • Kollision zweier Galaxienhaufen • Gase wechselwirken und Bremsen sich gegenseitig aus • Aber: Masse bewegt sich ungebremst weiter ⇒ Dunkle Materie mit extrem schwacher Wechselwirkung Abbildung 1.3: Pink: heißes Gas, sendet Röntgenstrahlen aus (NASA-Satellit Chandra), Blau: Ort der Materie (Lichtablenkung) 4 1.4 Kosmische Hintergrundstrahlung • Dichtefluktuation der Materie ⇒ Grund könnte Dunkle Materie sein • Fluktuationen wachsen durch Expansion, ziehen sich später wegen Gravitation wieder zusammen ⇒ Potentialbrunnen enstehen, in die die normale Materie hineinfällt ⇒ Bildung von Galaxien und Sternen • Heutige Vermutung: Alle Galaxien liegen in Halos Dunkler Materie Abbildung 1.4: Emission kosmischer Hintergrundstrahlung unserer Galaxie, aufgenommen vom Cosmic Background Explorer Satellit (COBE) 5 Kapitel 2 Ansätze zur Erklärung 2.1 Normale Materie • Normale Materie = Baryonische Materie • Wurde bisher nicht gefunden ⇒ muss versteckt sein ⇒ Objekte die kein Licht produzieren und hohe Dichte haben Abbildung 2.1: Liste möglicher DM-Verstecke; M = Sonnenmasse = 1, 989 · 1030 kg • Aus Berechnungen geht hervor, dass maximal 6% der Masse des Universums baryonisch ist ⇒ Großteil der DM muss nicht-baryonisch sein 2.2 Exotische Materie Vorüberlegung zur „exotischen“ dunklen Materie: Ist DM heiß oder kalt? • Heiße DM: leichte und schnelle (v≈c) Teilchen • Kalte DM: schwere und langsame (v«c) Teilchen 6 2.2.1 Millennium Simulation Simuliert Strukturbildung im Universum • Vor dem Urknall: Größenordnung 10−33 cm • 10−34 s danach: Expansion um das 3 · 1043 -fache • Modellannahme: Homogene Verteilung aller Teilchen • Dann: einschalten der Wechselwirkung zwischen den Teilchen Abbildung 2.2: Vom Urknall bis heute Es zeigt sich: • Modelle ohne dunkle Materie bilden keine Cluster → Gravitation zu gering • Modelle mit heißer dunkler Materie bilden keine Cluster → Verwirbelungen durch hohe Geschwindigkeiten • Modelle mit kalter dunkler Materie bilden Cluster → Struktur wie wir sie im Universum vorfinden ⇒ Großteil der DM muss kalt sein Link zu Videos der Millennium Simulation: http://www.mpa-garching.mpg.de/galform/millennium/ 2.2.2 Kandidat: Neutrino • Benötigt eine Masse von ca. 1eV um Phänomene zu erklären (Vergleich: mp ≈ 940MeV) • Masse erscheint winzig, aber Anzahl der Neutrinos ist um einen Faktor 1010 größer als die der Baryonen • Problem: Neutrinomasse im Standardmodell auf Null gesetzt • Größeres Problem: Neutrinos sind heiße Teilchen (Widerspruch zur Strukturbildung) 7 2.2.3 Supersymmetrie • Wir wissen: Standardmodell ist nicht die letzte Wahrheit → beschreibt nicht die gravitative Wechselwirkung • Verschiedene Modelle zur Erweiterung des Standardmodells ⇒ Postulate neuer Teilchen • Supersymmetrie (SuSy) postuliert zu jedem Teilchen einen supersymmetrischen Partner • Stabiles, leichtestes, neutrales supersymmetrisches Teilchen: Neutralino • Problem: Bisher konnte kein Supersymmetrie Partner gefunden werden Abbildung 2.3: Standard Teilchen und ihre supersymmetrischen Partner 2.2.4 Kandidat: Neutralino • Durch SuSy postuliert • Stabil, elektrisch Neutral, Masse zwischen 10-1000GeV (kaltes Teilchen) • Wechselwirkt extrem schwach mit normaler Materie ⇒ Weakly Interacting Massive Particles (WIMPs) • Problem: Bisher kein experimenteller Nachweis • Allerdings: SuSy wurde unabhängig zur DM vorgeschlagen, erklärt diese jedoch 8 Abbildung 2.4: Schematische Darstellung des Halo unserer Galaxie • Neutralinos sitzen im Halo unserer Galaxie • Dichte ungefähr 320MeV/cm3 , Geschwindigkeit ungefähr 270km/s • Erwartete Raten in Detektoren wg. extrem schwacher Wechselwirkung bei weniger als 1 pro kg Detektormaterial pro Tag ⇒ Sehr schwer nachweisbar 2.3 MoND Idee: Zusammenhang zwischen und gravitativer Beschleunigung wird newton’scher a modifiziert: an = a · µ a0 . a0 ist eine noch nicht näher bekannte Naturkonstante. Häufig benutzte Formel (konstruiert): a a 0 µ = r a 2 a0 1 + aa0 a 1 a >> a0 (→ Zentrum) ⇒µ = a a << a0 (→ Außenregionen) a0 a0 Mit diesem Ansatz folgt für die Rotationsgeschwindigkeiten in Außenregio√ nen: v = 4 GM a0 = konstant. Konstante Geschwindigkeiten werden beobachtet (Siehe 1.1). Daraus kann die eingeführte Naturkonstante zu a0 ≈ 10−10 sm2 bestimmt werden. Problem: Bullet Cluster • Beobachtete Effekte können nicht durch MoND vorher gesagt werden • Es müsste eine andere Art der dunklen Materie eingeführt werden, um das Modell zu retten ⇒ Heiße Neutrinos (ca. 2eV, heiße DM) ⇒ Widerspruch zur Strukturbildung 9 Kapitel 3 Suche nach Beweisen 3.1 Suche nach WIMPs • Extrem schwache Wechselwirkung der WIMPs ⇒ sehr geringe Rückstoßenergien werden freigesetzt • extreme Bedingungen für Experimente ⇒ Temperartur bei -273◦ C → sehr geringe Wärmekapazität • s.g. „Cryogenic Detectors“ → Orpheus (Bern), CDMS-II (Minnesota) • Suche ebenfalls am LHC 3.1.1 Orpheus • Suche nach freien WIMPs aus dem Universum • 70m unter der Erde um Störungen zu minimieren • Besteht aus Milliarden kleiner Zinnkörner im supraleitendem Zustand, von außen angelegtes Magnetfeld kann diese nicht durchdringen (MeißnerOchsenfeld-Effekt) • Bei Wechselwirkung mit Wimp: „Flip“ in normalleitenden Zustand • Änderung des Magnetfelds kann detektiert werden 3.1.2 CDMS-II • Suche nach freien WIMPs aus dem Universum • Forschungseinrichtung in ehemaligem Bergwerk • Besteht aus viel abschirmendem Material, in die Detektorkristalle eingebaut sind • Bei Wechselwirkung mit Wimp: elastischer Stoß und entstehen eines Phonons im Kristall 10 • Diese lösen Elektronen in der Aluminiumhülle, diese versetzen supraleitendes Wolfram in normalleitenden Zustand ⇒ Detektierbar 3.1.3 LHC • Keine direkte Suche nach DM • Es sollen neue schwere Teilchen erzeugt werden können, z.B. SuSy-Teilchen • Falls das gelingt: Neutralinos heißester Kandidat für Kalte DM → Prüfung ob Neutralinos in gefundener Form die Phänomene erklären können • Gesucht wird in den Detektoren ATLAS und CMS 3.2 3.2.1 Suche mit Neutrinos IceCube • Suche nach kosmischen heißen Teilchen • Forschungsstation am Südpol • Sensoren in 1450-2450m Tiefe • Teilchen wechselwirken mit Eis-Teilchen, erzeugen z.B. (im Fall von MyonNeutrinos) Myonen, die Tscherenkov-Strahlung freisetzen • Aus Ankunftszeiten an den Detektoren wird die Richtung und die Quellen der Teilchen bestimmt • Man erhofft sich: Aufschluss über Quellen kosmischer Strahlung, Entdeckung von Supernovae und Strahlungsausbrüchen (z.B. aus schwarzen Löchern), sowie die Detektion von heißen unbekannten Teilchen, die zur DM beitragen könnten 3.2.2 MINOS • Ziel: Detektion von erzeugten Neutrinos und genaueres bestimmen ihrer Masse • Minosdetektor in ehemligem Bergwerk in Minnesota • Erzeugung von Myonneutrinos am Fermilab in Chicago und Beschuss des MINOS-Detektors (735km vom Detektor Distanz) • Neutrinos oszillieren zum Teil in andere Flavors • Differenz der Massenquadrate kann bestimmt werden 11 3.3 Dunkle Energie • Beobachtung von Supernova-Explosion und Bestimmung des Abstandes • Ergebnis: Universum dehnt sich mit zunehmener Beschleunigung aus • Phänomen benötigt negativen Druck ⇒ Postulat: Dunkle Energie • Ca. 70% der Energie im Universum ist dunkle Energie • Ihre Gravitation muss abstoßend sein Abbildung 3.1: Zusammensetzung des Universums 12 Abbildungsverzeichnis 1.1 1.2 1.3 1.4 Gemessene Geschwindigkeiten (blau) und theoretische Vorhersagen nach Kepler (rot) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gravitationslinse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pink: heißes Gas, sendet Röntgenstrahlen aus (NASA-Satellit Chandra), Blau: Ort der Materie (Lichtablenkung) . . . . . . . . Emission kosmischer Hintergrundstrahlung unserer Galaxie, aufgenommen vom Cosmic Background Explorer Satellit (COBE) . 3 4 4 5 2.1 2.2 2.3 2.4 Liste möglicher DM-Verstecke; M = Sonnenmasse = 1, 989 · 1030 kg Vom Urknall bis heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Standard Teilchen und ihre supersymmetrischen Partner . . . . . Schematische Darstellung des Halo unserer Galaxie . . . . . . . . 6 7 8 9 3.1 Zusammensetzung des Universums . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 13