KULTURLANDSCHAFT Vieles an Saale und Unstrut wirkt grün und naturnah. Den menschlichen Einfluss offenbart erst ein zweiter Blick. Die Landschaft wird genutzt, als Feld und Grünland, daneben als Weinberg, Streuobstwiese oder Steinbruch. So zeigen auch viele Wälder die menschliche Prägung. Die Intensität der Nutzung ließ im 20. Jh. nach, kam teils zum Erliegen. Insbesondere an offenen Orchideenstandorten können sich Gehölze wieder etablieren bis hin zur Wiederbewaldung. Irgendwo zwischen Nutzung und Natur liegt der Reichtum dieser Kulturlandschaft, die einer enormen Artenvielfalt Lebensraum bietet. Viele Tallandschaften im Naturpark sind ein gutes Beispiel dafür. Seit dem Mittelalter intensiv bewirtschaftet (Feld, Weide, Obst, Wein, Holz, Stein), mitunter militärisches Übungsgelände, sind heute viele dieser Flächen Naturschutzgebiet, einige davon mit FFH-Status (Fauna-Flora-Habitat). Man bemüht sich, die Trockenlebensräume vor allem durch Beweidung offen zu halten, wodurch das alte „Kulturlandschafts-Gleichgewicht“ zu Gunsten der Artenvielfalt erhalten bleiben soll. Vor allem die Hanglagen tragen nur karge, nährstoffarme Böden. Wo der Untergrund aus Muschelkalk (Unterer) besteht, versickern die wenigen Niederschläge rasch. Von der Hochfläche fallen die Hänge bis zu 100 m steil ab, wo sich Unstrut und Saale eingeschnitten haben. Hervorgegangen aus einer alten, tertiären Landoberfläche und der quartären Vergletscherung finden sich hier auch die ältesten Steinbruchareale der Region (13. Jh. Schaumkalk Naumburger Dom; 15. Jh. Stadtbefestigung Freyburg). ORCHIDEEN WÄRMELIEBENDE KULTURFOLGER 11 13 15 17 Waldhyazinthe (Platanthera bifolia): weiße Blüte, April-Juni, mittlerer Größe; zwei Arten (Weiße W. Pl. bifolia / Grüne W. Pl. chloranta) auffallend mit hellen, filigranen Blüten, im Grünland unscheinbarer Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera): lila-braune Blüte, Mai-Juni, geringe Größe; zumeist selbst bestäubende Orchidee (Autogamie), Anzahl blühender Pflanzen jährlich stark schwankend, Blütenfärbung sehr variabel Braunroter Sitter (Epipactis atrorubens): braun-rote Blüte, Mai-Juli, groß; Färbung namensgebend, hohe Orchidee mit grazilem Blütenstand, deren Zugehörigkeit erst auf den zweiten Blick offenbar wird (sternchenförmige Blüte), etliche weitere Sitterarten im Gebiet Rotes Waldvögelein (Cephalanthera rubra): rote Blüte, Juni-Juli, klein; eine der seltenen Arten, sehr charakteristisch aufgrund der Blütenfarbe und -form, dennoch leicht zu übersehen in geschlossenen Wäldern (meist Buchenwälder) 12 14 16 18 Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea): rosa Blüte, Mai-Juli, groß; eine Sommerorchidee, die an geeigneten Standorten üppige Bestände zur Blüte bringen kann, durch Unterarten stark variabel in ihrer Erscheinung und Verbreitung im Gebiet Herbst-Wendelorchis (Spirantes spiralis): weiße Blüte, August-September, klein; markante aber kleine und unscheinbare Orchidee, Namensgebung aufgrund der bezeichnenden Verdrehung des Blütenstandes und des späten Blühzeitpunktes, leicht zu übersehen IMPRESSUM Hrsg: Geo-Naturpark „Saale-Unstrut-Triasland“ e.V. Unter der Altenburg 1, 06642 Nebra Tel.: 03 44 61 / 22 086, Fax: 03 44 61 / 22 026 [email protected] www.naturpark-saale-unstrut.de Druck: Druckhaus Blochwitz, Zeitz Auflage: 7.000 (2014) Front: Rosenkäfer auf Knabenkraut, M. Henniger Foto: M. Henniger 1-18, 17 s. Grafik //Grafik: 1-6, 8, 10-11, 13, 16, 18 http://commons.wikimedia.org/wiki/; 7, 9, 12 / Hein, Ch. LVWA S-A, 14-15, 17 https://orchid. unibas.ch/phpMyHerbarium Lizenz: GFDL 3, 10-11, 16, 18; gemeinfrei 1, 2, 4-6, 8, 13 1 File: Ophrys_sphegodes_(as_Ophrys_aranifera)_-_Bot._Reg._14_pl._1197_ (1828).jpg 2 File: Orchis_pallens_(as_Orchis_sulphurea) _-_Curtis%27_52_pl._2569_(1825).jpg 3 Kleines_Knabenkraut#mediavie wer/File: Sturm04012_clean.jpg 4 File: Illustration_Ophrys_incectifera0.jpg 5 File: Illustration_Orchis_purpurea0.jpg 6 File: Orchis_militaris_-_K%C3 %B6hler%E2%80%93s_Medizinal-Pfl anzen231.jpg 7 /301166/1/Neotinea /tridentata/Scopoli_Giovanni_Antonio/Bateman_Richard_M./specimen. php s. Grafik 8 File: Cephalanthera_damasonium_Nordens_Flora_414.jpg 9 /302614/1/Cypripedium/calceolus/ Linnaeus_Carl/specimen.php s. Grafik 10 Neottia_ovata#mediaviewer/File:Sturm04019.jpg 11 7/7b/Platanthera_chlorantha_fl ower.png 12 12 /300057/1/Neottia/nidus-avis/Linnaeus_Carl/Richard_Louis_Claude_Marie/specimen.php, s. Grafik 13 File: Illustration_Ophrys_fucifl ora0.jpg 14 /300033/1/Anacamptis/pyramidalis/ Linnaeus_Carl/Richard_Louis_Claude_Marie/specimen.ph, s. Grafik 15 /302604/1/Epipactis/atrorubens/ Hoffmann_George_Franz/Besser_Wilibert_Swibert_Joseph_Gottlieb/img/302604m.jpg, s. Grafik 16 File: Sturm04014.jpg 17 /301114/1/Cephalanthera/rubra/Linnaeus_Carl/Richard_Louis_Claude_Marie/specimen. php, s. Grafik Foto: File: Cephalanthera_rubra_catenarangeval_55_170602_2.JPG 18 0/08/Sturm04020.jpg Vogel-Nestwurz (Neottia nidus-avis): ockerfarbige Blüte, Mai-Juni, klein; an schattigen Standorten, unter dichtem Blätterdach, ernährt sich vom Pilzpartner, keine Photosynthese (blaßbraune Färbung) Pyramiden-Spitzorchis (Anacamptis pyramidalis): Blüte pink, Juni-Juli, mittlere Größe; seltene Orchidee mit kräftig gefärbten Blüten deren spitzpyramidaler Blütenstand namensgebend ist a NATUR verbunden Orchideen Orchideen Die reizvolle Landschaft an Saale und Unstrut ist neben ihrer Geschichte, den Bauwerken und dem Weinbau vor allem durch die wärmeliebende Flora, insbesondere die Orchideen, bekannt. Eine wesentliche Rolle hierbei kommt den im Untergrund anstehenden Kalk- und Sandsteinen zu, ohne die sich diese Kulturlandschaft nicht herausgebildet hätte. Mit 15.-30.000 Arten stellen sie die zweitgrößte Familie der Blütenplanzen dar, mit einem Verbreitungsschwerpunkt in den Subtropen. In unseren Breiten schuf die menschliche Nutzung auch steiler Lagen (Weide, Holz, Weinbau, Steinbruch) von Orchideen bevorzugte, nährstoffarme und meist lichte Standorte. Das trockenwarme und wintermilde Klima im Regenschatten des Harzes (Jahresniederschlag ~ 550 mm, viele Sonnenstunden, Januartemperatur Ø bei 0 °C) begründen die Vielfalt mit rund 30 Orchideenarten im Saale-Unstrut-Triasland. Die Schönheit der Orchideen ist sprichwörtlich, wenn auch einige Arten infolge unscheinbarer Blüten (Vogelnestwurz/ Großes Zweiblatt) oder geringer Größe (Herbstwendelorchis) weniger auffallen. Bei genauerer Betrachtung entdeckt man eine auch innerartliche Vielfalt an Formen und Farben. Dieses Spektrum erweitern zudem natürliche Kreuzungen (u.a. zw. Helm- / Purpurknabenkraut; Spinnen- / Fliegenragwurz). Die hervorgehenden Bastarde/Hybride bilden teils stabile Populationen mit oft höherem Wuchs aus. Ein spannendes Thema und Freilandexperiment zum Erleben. 1 Spinnen-Ragwurz (Ophrys sphegodes): bräunliche Blüte, April-Mai, mittlere Größe; Variable Blütenzeichnung, bildet formenreiche Hybriden mit der Fliegen-Ragwurz, eine der zuerst blühenden Orchideen, in den letzten Jahren stark ausgebreitet Der Blütenbau der Orchideen zeigt interessante Anpassungen an die Bestäuber, sei es durch eine Kesselfalle (Frauenschuh) oder die Imitation eines Insektenkörpers (inkl. Geruchsstoff Fliegenragwurz). Die winzigen Samen bilden Orchideen ohne Nährgewebe, wodurch Keimung und Entwicklung der Jungplanzen nur mit Hilfe bestimmter Pilze möglich sind (Mykorrhiza-Pilze). Bis zur ersten Blüte der Planze dauert es meist mehrere Jahre. Die ausgewachsene Größe variiert von Art zu Art aber auch innerartlich, abhängig von den jeweiligen Wachstumsbedingungen. Erreichen kleine Arten nur Höhen von wenigen Zentimetern (Herbstwendelorchis), gibt es eine Vielzahl an Orchideen die Größen bis 50 cm erlangen. Unter optimalen Bedingungen können einige noch größer werden (Mückenhändelwurz). 2 Blasses Knabenkraut (Orchis pallens): blass hellgelbe Blüte, April-Mai, mittlere Größe; einziges Knabenkraut ohne lila/rosafarbene Blüten, erscheint in lichten Wäldern, bevor das Blätterdach geschlossen ausgebildet ist 4 Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera): bräunliche Blüte, April-Juni, mittlere Größe, unscheinbare grazile Planze, deren Blüten (blaue, weiße, rote Akzente) in Gestalt und Geruch charakteristische Bestäuber anzulocken versucht 6 Helm-Knabenkraut (Orchis militaris): lila Blüte, auffallend heller „Helm“, AprilJuni, mittlere Größe; heller, namensgebender Helm im oberen Teil der Blüte, diese ansonsten kräftiger gefärbt, Bastardisierung häuig zu beobachten 8 Weißes Waldvögelein (Cephalanthera damosonium): weiße Blüte, Mai-Juni, mittlere Größe; meist kleine aber im Waldbereich durch die reinweißen Blüten auffallende Planze, wenig variabel und relativ verbreitet Orchideen stellen besondere Ansprüche an ihren Standort, was sie zu guten Indikatoren ihrer Umwelt macht. Unterstützen Sie deren Erhalt. Benutzen Sie Wege, junge und nicht blühende Orchideen sind klein und unscheinbar! Orchideen sind auch außerhalb der Schutzgebiete streng geschützt! Welche Orchideen gibt es, wann und wo blühen diese? Oft gestellte Fragen, die am besten ein erfahrener Gästeführer beantwortet. Nutzen Sie deren Erfahrung und den Geo-Naturpark als Ansprechpartner. 3 Kleines Knabenkraut (Orchis morio): kräftig gefärbte lila, aber auch fast reinweiße Blüten, April-Mai, klein; kurze gedrungene Form, sehr vielgestaltig in ihrer Erscheinung, eine andere Bezeichnung lautet Narrenkappe (gr. moros - Narr) 5 Purpur-Knabenkraut (Orchis purpurea): rosafarbene Blüte, auffallend purpurfarbener „Helm“, April-Juni, groß, verbreitete Art, häuige Bastardisierung mit dem Helm-Knabenkraut, diese von beachtlicher Statur, enormes Blütenspektrum von fast weiß bis purpur 7 Dreizähniges Knabenkraut (Orchis tridentata): lila Blüte, April-Juni; kleine Art, vorwiegend pastell gefärbt, deren Blütenstand rundlich bis lach spitz wirkt und an lauchartige Blütenstände erinnern kann 9 10 Frauenschuh (Cypripedium calceolus): gelb-braune Blüte, Mai-Juni, groß; unverwechselbare, eindrucksvolle Planze, die auf Halbtrockenrasen wie in lichten Wäldern vorkommt, deren Blütenform als Insektenfalle (Kessel-) fungiert und der Bestäubung dient Großes Zweiblatt (Listera ovata): grünliche Blüte, Mai-Juni, mittlere Größe; unscheinbar aber markant; leicht zu übersehen, da nur zwei breite basale Blätter und kleine grünliche Blüten