9. Jahrgang, Nr. 3 / September 2014 www.wgkk.at zahn info INFOR MATION FÜR ZAHNÄRZTINNEN UND ZAHNÄRZTE Kieferregulierungen für Kinder und Jugendliche zahn info INFOR MATIO N FÜR ZAHNÄR ZTI NN E N U N D Z A H N Ä RZ T E Inhalt Vorwort Kieferregulierungen für Kinder und Jugendliche Seite 3 Zum Verhältnis Extraktion eines Zahnes (E) zu Operativer Entfernung eines Zahnes (OZ) Seite 6 Juristische Infobox: Notfall in der zahnärztlichen Ordination Seite 8 Die Frage des Quartals: Warum wird von im gemeinsamen Haushalt lebenden Familienangehörigen 50 % des Honorars für die Behandlung in Abzug gebracht? Seite 10 Fit in der Zahnarztpraxis: Therapie Aktiv – „Diabetes im Griff“ Seite 11 Geschichten aus der Zahnpraxis: Die Wandergebisse des Teichgräbers Seite 15 Impressum Kontaktadresse: Abteilung Controlling, Organisation und Betriebswirtschaft, Peggy Schmid, Telefon +43 1 601 22-2233 E-Mail: [email protected] Herausgeber & Druck: Wiener Gebietskrankenkasse Alle: 1100 Wien, Wienerbergstraße 15–19 Satz- und Druckfehler vorbehalten Bildquelle: Bilderbox, WGKK Nachdruck und Vervielfältigung nur mit ausdrücklicher Genehmigung der WGKK gestattet 2 Sehr geehrte Frau Doktorin! Sehr geehrter Herr Doktor! Der Gesetzgeber sieht vor, ab Juli 2015 die Versorgung im Bereich der Kieferregulierungen durch ein Bundesgesetz neu zu regeln. Zur Feststellung der Behandlungsnotwendigkeit soll der Index of Orthodontic Treatment Need (IOTN) behilflich sein. Im Artikel „Kieferregulierungen für Kinder und Jugendliche“ wird ein Überblick über jene Fehlstellungen gegeben, für die ab Juli 2015 ein Sachleistungsanspruch bestehen soll. Die Begründung und Vorgehensweise bei einer besonders überdurchschnittlichen Verschiebung im Verhältnis von abgerechneten Extraktionen zu Gunsten der Operativen Zahnentfernung werden von OMR Dr. Riefler beschrieben. Ist eine/ein Zahnärztin/-arzt verpflichtet Erste Hilfe zu leisten? Die „Juristische Infobox“ dieser Ausgabe informiert über die allgemeine Verpflichtung zur Leistung der erforderlichen Hilfe bei einem Unglücksfall sowie im Zuge einer zahnärztlichen Behandlung bei einer Notfallsituation. Stoffwechselerkrankungen, insbesondere Diabetes mellitus sind weit verbreitet. Welche Ursachen und Risiken damit verbunden sind und welche Leistungen die WGKK anbietet, finden Sie in der Rubrik „Fit in der Zahnarztpraxis“. Warum - von im gemeinsamen Haushalt lebenden Familienangehörigen - 50 % des Honorars für die Behandlung in Abzug gebracht wird, ist in der Sparte „Frage des Quartals“ nachzulesen. Seit der Septemberausgabe 2011 werden regelmäßig Auszüge aus dem Buch „Freche Tratschgeschichten aus der Zahnpraxis“ von der Autorin Elfi Wanjek veröffentlicht. In der vorliegenden Ausgabe publizieren wir die heitere Episode über einen Teichgräber und seine verschwundenen Gebisse. Wir hoffen, dass auch in dieser Ausgabe interessante Artikel für Sie dabei sind. Peggy Schmid Kieferregulierungen für Kinder und Jugendliche Ab 01.07.2015 wird durch ein Bundesgesetz die Versorgung im Bereich der Kieferregulierungen neu geregelt. Anspruchsberechtigt sollen Kinder und Jugendliche sein, sofern zu Behandlungsbeginn die Volljährigkeit noch nicht erreicht ist und eine Mindestabweichung von der Normverzahnung vorliegt. Für zukünftige Leistungserbringer sieht der Gesetzgeber den Nachweis einer entsprechenden Mindestqualifikation vor. Ein Qualitätssicherungssystem zur Sicherstellung, dass Leistungen laufend bei qualifizierten Behandlern eingekauft werden, muss ebenfalls eingerichtet werden. Um Entscheidungen nicht auf subjektiver Einschätzung oder Erfahrung der/des Behandlerin/Behandlers basieren zu lassen, wurden in den letzten Jahrzehnten unterschiedliche Indizes entwickelt, um bei der Feststellung der Behandlungsnotwendigkeit behilflich zu sein. Ein weit verbreiteter Index ist der Index of Orthodontic Treatment Need (IOTN). Dieser Index unterteilt die Abweichung von der Normverzahnung in fünf Grade wobei die Grade 4 und 5 den künftigen Sachleistungsbereich umfassen sollen und etwa 30-40 % der Kinder eines Jahrganges darstellen. Im Folgenden wollen wir insbesondere jenen Vertragspartnern, die nicht Leistungserbringer sein werden, einen einfachen Überblick über jene Fehlstellungen geben, für die ab 01.07.2015 ein Sachleistungsanspruch bestehen soll. Dr.in med. dent. Bettina Lohmann kieferorthopädisch tätige Zahnärztin im Zahngesundheitszentrum Mariahilf Kraniofazialen Anomalien (Lippen-Kiefer-Gaumenspalte oder vergleichbar) Frontzahnstufe > 6mm Das Augenmerk liegt auf jenen Kindern die sich zum Untersuchungszeitpunkt bereits in der Spätphase des zweiten Wechselgebisses befinden. In dieser Darstellung noch nicht berücksichtigt sind vorerst die Frühbehandlungen. Eine Überweisung an eine/einen Vertragszahnärztin/-arzt für Zahnregulierungen wird jedenfalls angezeigt sein bei: 3 zahn info INFOR MATIO N FÜR ZAHNÄR ZTI NN E N U N D Z A H N Ä RZ T E Fehlenden Zähnen (einschließlich Nichtanlagen, ektopische Zähne und impaktierte Zähne mit Ausnahme der Weisheitszähne) und überzählige Zähne Kreuzbiss, Höcker-Höcker Verzahnung im Seitenzahnbereich Nichtanlage der Zähne 12, 22, 31, 41, 42, persistierende Zähne 53, 63 Ektopische Zähne Retinierter Zahn 23 Überzähliger Zahn 22 4 Scherenbiss Tiefbiss mit Einbiss in den Gaumen Offener Biss (> 4mm) Durchbruchstörung von bleibenden Zähnen (Ausnahme von Weisheitszähnen) und von Milchzähnen (mindestens zwei Höcker sind nicht durchgebrochen) Kontaktpunktverschiebungen >4mm (zwischen benachbarten bleibenden Zähnen im Frontzahnbereich) Retinierter Zahn 55, 16 5 zahn info INFOR MATIO N FÜR ZAHNÄR ZTI NN E N U N D Z A H N Ä RZ T E Zum Verhältnis Extraktion eines Zahnes (E) zu Operativer Entfernung eines Zahnes (OZ) Patientinnen/Patienten unbehandelt nach Hause schicken, wenn z.B. ein Zahn tief zerstört ist und der OZ Durchschnitt bereits überschritten wurde. Ein Hinterfragen der Ursachen ist allerdings sicher nicht vermessen, wenn starke Abweichungen in der Statistik auftreten. So stechen besonders jene Positionen ins Auge, die eine bestimmte zahnärztliche Leistung betreffen, wie z.B. die Zahnentfernung. Diese weist im Kassenvertrag aber unter Pos.2 (Extraktion eines Zahnes) und Pos.30 (operative Entfernung eines Zahnes) einen unterschiedlichen Leistungsumfang sowie eine verschieden hohe Honorierung auf. Anfrage des Schlichtungsausschusses OMR Dr. Günther Riefler Referent für Kassenangelegenheiten der Landeszahnärztekammer Wien, Vertreter im Schlichtungsauschuss Statistische Daten sind - wie in allen wissenschaftlichen Disziplinen – auch in der Zahnmedizin ein wichtiges Hilfsmittel. So geben in der zahnärztlichen Kassenabrechnung Vergleichszahlen auch einen Hinweis auf die Behandlungsmethoden. Eine/Ein vorwiegend konservierend behandelnde/r Zahnärztin/-arzt wird natürlich ein ganz anderes Bild ihrer/seiner durchschnittlichen Abrechnungspositionen bieten, als eine/ ein Kieferorthopädin/-orthopäde oder eine/ein chirurgisch ausgerichtete/r Kollegin/Kollege. Niemand trachtet nach einer völligen Gleichschaltung aller Zahnärztinnen/-ärzte, niemand wünscht sich die/den Normzahnärztin/-arzt, der zu den Nachbarkolleginnen/-kollegen völlig idente Durchschnittszahlen seiner erbrachten Leistungen aufweist. Die/Der Normzahnärztin/-arzt, die/der ihre/seine Ordination nach der Statistik führt, müsste viele 6 Fällt in einer Abrechnung eine besonders überdurchschnittliche Verschiebung im Verhältnis von abgerechneten Extraktionen zu Gunsten der OZ auf, so ist es Usus, dass der Schlichtungsausschuss bei den jeweiligen Zahnärztinnen/-ärzten Anfragen stellt. Dabei wird die Angelegenheit in vielen Fällen rasch aus der Welt geschaffen, wenn es sich z.B. um eine besonders kieferchirurgisch orientierte Ordination handelt oder Überweisungen von Nachbarkolleginnen/-kollegen vorliegen. Andererseits kommt es immer wieder zu irrtümlichen Vertragsauslegungen, bei denen man sich auf eine Reduzierung der verrechneten OZ einigt. Beobachtungszeitraum Der Schlichtungsausschuss, der paritätisch von der Landeszahnärztekammer und der WGKK besetzt wird, hatte schon vor vielen Jahren darüber beraten, dass die Statistik eines einzelnen Quartals wenig aussagekräftig ist. In diesem kurzen Zeitraum können, wie bei einer Momentaufnahme, immer wieder zufällige Abweichungen auftreten. Wer hat es nicht schon in der Praxis erlebt, dass gelegentlich etliche ähnlich gelagerte Fälle hintereinander auftreten, wie man es sonst seit langer Zeit nicht gesehen hatte. Daher wurde für die Prüfung des Verhältnisses von E zu OZ der Beobachtungszeitraum auf Wie errechnet sich die Anzahl der umzuwandelnden Operativen Entfernungen eines Zahnes (OZ)? • Datenbasis sind die Abrechnungsdaten eines Jahres. • Die Anzahl der im Beobachtungszeitraum verrechneten Extraktion eines Zahnes (E) und Operative Entfernung eines Zahnes (OZ) werden addiert und mit 30 % multipliziert. • Falls die Anzahl der verrechneten OZ mehr als 30 % der errechneten Summe ergibt, wird der Vertragspartner von OMR Dr. Riefler kontaktiert. Beispiel: JAHRESAUFSTELLUNG E : OZ I. Quartal 2013 E OZ II. Quartal 2013 E OZ III. Quartal 2013 E OZ IV. Quartal 2013 E OZ Dr. Mustermann Max 30 20 28 16 21 13 13 17 Dr. Muster Maria 43 33 22 20 21 15 34 16 Dr. Mustermaier Hans 31 19 28 28 21 15 13 5 Behandler I. – IV. Quartal 2013 E:OZ 92+66=158x30%=47 66–47=19 120+84=204x30%=61 84–61=23 93+67=160x30%=48 67–48=19 • Im gemeinsamen Einverständnis wird die Anzahl der Umwandlung einer OZ in eine E festgelegt und der WGKK mitgeteilt. • Die WGKK informiert den Vertragspartner mit einer „Vorentscheidung“ über den Betrag der Umwandlung und führt den Abzug in der nächsten Honorarabrechnung durch. Warum ausgerechnet 30 %? Dass sich bei 100 gezogenen Zähnen rund 70 als normale Extraktion (E) und 30 als Operative Zahnentfernung (OZ) herausstellen können, gilt in der Wiener Schlichtung als langjährige Spruchpraxis. Dieser Wert wurde festgelegt, indem man Durchschnittswerte und Abrechnungen von Kieferchirurginnen/-chirurgen durchforstet hat und mit einem Risikozuschlag aufgewertet hat. ein ganzes Jahr ausgedehnt. Dadurch wird sicherlich ein besserer Überblick geboten. Die immer wieder vorkommenden plötzlichen Häufungen von OZ innerhalb eines Quartals, werden demnach, wenn sie vorübergehend sind, im Schlichtungsausschuss nicht weiter behandelt. Fristen So weit, so gut. Bis ein findiger Anwalt, der eine Kollegin in einem Schlichtungsfall vertreten hatte, sich bezüglich der Jahresaufstellung von E : OZ auf ein Fristversäumnis der WGKK berufen hatte. Laut Gesamtvertrag § 36 (6) sind vom Schlichtungsausschuss Einwendungen gegen die Abrechnung spätestens 6 Monate nach Einlangen der Honorarabrechnung vorzubringen. Diese Frist wurde durch die Jahresaufstellung überschritten und die Schlichtung aus rein formaljuristischen Gründen beendet. Dies völlig unabhängig davon, ob die umstrittenen Leistungen nun erbracht wurden oder nicht. Daher ist man im Schlichtungsausschuss dazu übergegangen, die sinnvolle Jahresaufstellung bezüglich OZ zwar beizubehalten, aber aus erwähnten formaljuristischen Gründen des Fristenlaufs das jeweilige Quartal dennoch vorsichtshalber zu beanstanden. Dies sorgt gelegentlich für Verwirrung bei etlichen Zahnärztinnen/-ärzten, denen Briefe bezüglich Einspruch gegen die Abrechnung wegen OZ seitens der WGKK zugehen, dann aber nie wieder zu diesem Thema etwas zu hören bekommen. Da sich, wie gesagt, der Schlichtungsausschuss nur mit der Jahresaufstellung befasst, sich in vielen Fällen aber das Verhältnis E : OZ in den nächsten Quartalen ausgeglichen hatte, werden diese Beanstandungen einzelner Quartale als erledigt betrachtet. Ich hoffe, mit diesen Zeilen der Aufklärung gedient zu haben, stehe aber für alle Fragen der Kassenabrechnung immer gerne zur Verfügung. 7 zahn info INFOR MATIO N FÜR ZAHNÄR ZTI NN E N U N D Z A H N Ä RZ T E Juristische Infobox Verhältnissen notwendigen und somit zur Leistung Erster Hilfe erforderlichen Notfallmedikationen vorrätig zu halten. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung zur Hilfeleistung im Notfall kann schwerwiegende rechtliche Folgen nach sich ziehen. So ist jedenfalls mit disziplinarrechtlichen, zusätzlich aber auch mit zivil- und verwaltungsstrafrechtlichen Folgen zu rechnen. Je nach den Folgen des Unterlassens einer Erste Hilfe Leistung durch eine/einen Ärztin/Arzt können von der „einfachen“ Körperverletzung bis hin zur Körperverletzung mit tödlichem Ausgang zudem verschiedene strafrechtliche Tatbestände erfüllt sein. Mag.a Sarah Szadrowsky Abteilung Vertragspartnerverrechnung und Verhandlung in der WGKK Notfall in der zahnärztlichen Ordination In § 48 des Ärztegesetzes findet sich eine ausdrückliche Verpflichtung für alle Ärztinnen/ Ärzte zur Leistung von Erster Hilfe im Falle drohender Lebensgefahr. Hierbei ist davon auszugehen, dass sich diese Verpflichtung sowohl auf jegliche Patientinnen/Patienten bezieht, welche in der Ordination in eine lebensgefährliche Situation geraten als auch auf Personen, welche sich außerhalb der Ordination – gegebenenfalls auch in der Freizeit der/des Ärztin/ Arztes – in Lebensgefahr befinden. § 57 Ärztegesetz sieht weiters auch für Ärztinnen/Ärzte, welche nicht zur Führung einer Hausapotheke berechtigt sind, eine Verpflichtung vor, die nach Art der Praxis und nach den örtlichen 8 Als im Jahr 2005 das Zahnärztegesetz erlassen wurde, ist von einer Übernahme dieser Verpflichtung abgesehen worden. Es findet sich im Zahnärztegesetz keine Regelung wie in einem Erste Hilfe Fall vorzugehen ist bzw. ob entsprechende Arzneimittel vorrätig gehalten werden müssen. Es stellt sich nun die Frage, ob sich aus dem Fehlen einer entsprechenden Regelung ableiten lässt, dass für Zahnärztinnen/-ärzte keine Verpflichtung besteht, gegebenenfalls Notfallmaßnahmen zu setzen oder Notfallmedikation zu verabreichen. Eine entsprechende Anfrage wurde an das damals zuständige Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend gestellt, welches eine Verpflichtung aus den im Folgenden dargelegten Gründen auch mangels eigener Regelung im Zahnärztegesetz bejaht. Verpflichtung aus dem Strafrecht Selbstverständlich ist davon auszugehen, dass auch für Angehörige des zahnärztlichen Berufes die allgemeinen Verpflichtungen zur Hilfeleistung aus dem Strafgesetzbuch gelten. So kann in diesem Zusammenhang die Verpflichtung genannt werden, bei einem Unglücksfall oder einer Gemeingefahr Hilfe zu leisten (§ 95 StGB). Wird die zur Rettung eines Menschen aus einer Todesgefahr oder vor einer beträchtlichen Körperverletzung oder Gesundheits- schädigung offensichtlich erforderliche Hilfe nicht geleistet, kann eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten, bei Todesfolge sogar bis zu einem Jahr drohen, insofern die Hilfeleistung auch tatsächlich zumutbar war. Auch das Imstichlassen eines Verletzten ist unter Strafe gestellt (§ 94 StGB): Wer eine Person – wenn auch unter Umständen nicht widerrechtlich – am Körper verletzt, hat dieser in der Folge die erforderliche Hilfe zu leisten. Verpflichtung zur gewissenhaften Behandlung Zusätzlich zu diesen allgemeinen Verpflichtungen trifft Zahnärztinnen/-ärzte gemäß § 16 ZÄG die Verpflichtung, ausnahmslos jede in zahnärztliche Beratung oder Behandlung übernommene Person gewissenhaft zu betreuen und hierbei das „Wohl der Kranken und den Schutz der Gesunden nach Maßgabe der zahnmedizinischen Wissenschaft und Erfahrung sowie unter Einhaltung der bestehenden Vorschriften zu wahren.“ Wenn daher im Zuge der zahnärztlichen Behandlung eine Situation auftreten sollte, welche eine Erste Hilfe Leistung durch die/den Zahnärztin/-arzt erforderlich macht, ist davon auszugehen, dass diese Hilfeleistung im Rahmen der gewissenhaften Behandlung zu erbringen ist. In diesem Zusammenhang führte das Ministerium auch aus, dass Notfallmedikamente unter die „zur Ausübung des zahnärztlichen Berufes notwendigen Arzneimittel“ gemäß § 37 ZÄK fallen und daher vorrätig zu halten seien. Zahnärztliche vs. Ärztliche Hilfeleistungspflicht Die Regelung im Ärztegesetz, welche Ärztinnen/Ärzte zur Leistung Erster Hilfe verpflichtet soll laut Bundesministerium gewährleisten, dass „niemand bei drohender Lebensgefahr ohne ärztliche Hilfe bleibt und dass diese so rasch wie möglich geleistet wird, und geht damit über die vom/von der Arzt/Ärztin in seine/ ihre ärztliche Beratung und Behandlung über- Für Angehörige des zahnärztlichen Berufes gelten die allgemeinen Verpflichtungen aus dem Strafgesetzbuch nommenen Personen hinaus.“ Die ärztliche Hilfeleistungspflicht ist hiermit als eine weiterreichende anzusehen, als die zahnärztliche. Schlussfolgerung Zahnärztinnen/-ärzte sind wie auch der Rest der Bevölkerung an die allgemeinen Hilfe- 9 zahn info INFOR MATIO N FÜR ZAHNÄR ZTI NN E N U N D Z A H N Ä RZ T E leistungspflichten gebunden. Innerhalb des Ordinationsbetriebes sind sie zusätzlich zur gewissenhaften Behandlung und in diesem Rahmen auch zu entsprechenden Eingriffen und Hilfeleistungen in Notsituationen verpflichtet. Die geeigneten Mittel hierzu sind bereitzuhalten. Eine weiterführende Pflicht zur Ersten Hilfe, wie sie im Ärztegesetz verankert ist, besteht für Angehörige des zahnärztlichen Berufes indes nicht. Die Frage des Quartals Warum wird – von im gemeinsamen Haushalt lebenden Familienangehörigen – 50 % des Honorars für die Behandlung in Abzug gebracht? Doris Bauer Leiterin der Gruppe Abrechnungsstelle für Zahnbehandlerinnen/-behandler 10 In der Sonderregelung für die Vertragszahnärztinnen/-ärzte – gültig ab 8. Juli 1957 - wird bestimmt, dass die/der Vertragsärztin/arzt im Falle der Anspruchsberechtigung für die Behandlung der/des Ehegattin/-gatten, der Kinder, Enkel und Eltern, soweit diese im gemeinsamen Haushalt leben, dem Krankenversicherungsträger nur 50 v. H. der in der Honorarordnung vorgesehenen Tarifsätze verrechnet wird. Dazu muss im Zuge der elektronischen Abrechnung laut Datensatzaufbau das Zusatzkennzeichen im Feld „ZUSKZ“ mit 40 (Leistung bei Angehörigen des Abrechners) befüllt werden. Sollte ihre Abrechnung von der Landeszahnärztekammer für Wien erfasst werden, ersuchen wir Sie, dies am Abrechnungsbeleg zu vermerken, damit Ihre Abrechnungsstelle diese Fälle richtig an die Wiener Gebietskrankenkasse übermitteln kann. Die Honorierung einer Selbstbehandlung ist vertraglich nicht vorgesehen. GSP-­‐Rossa 22. Juli 2014 Fit in der Zahnarztpraxis „Therapie Aktiv – Diabetes im Griff“ In zunehmendem Maße ist unser Alltag von Hektik und Stress bestimmt. Dabei vergessen wir oft das Wichtigste – unsere Gesundheit. Leider bemerken wir oft erst beim Auftreten einer Krankheit wie „Therapie Aktiv – Diabetes im wichtig ein bewusster Umgang mit unserem Organismus ist. Daher geht es in diesem Artikel um eine Griff“ deren Auftreten aber auch deren Verlauf man mit der Änderung einiger liebgewonnener Erkrankung, Gewohnheiten positiv beeinflussen ann: Dvon iabetes mellitus Typ 2. In zunehmendem Maße ist unser kAlltag Hektik und Stress bestimmt. Dabei vergessen wir oft das Wichtigste – unsere Gesundheit. Diabetes mellitus bezeichnet eine Gruppe von Stoffwechselerkrankungen, die auf einer chronischen Leider bemerken wir oft erst beim Auftreten Erhöhung des Blutzuckerspiegels, der Hyperglykämie, beruhen. In Österreich geht man von einer einer Krankheit wie wichtig ein bewusster 1 Gesamtprävalenz von 8 bis 9 % aus, was rund 573.000 bis 645.000 Personen entspricht. Dabei sind Umgang mit unserem Organismus ist. Daher 2 geht es diesem Artikel eine Erkrankung, rund 5 inbis 10 % von um Typ-­‐1-­‐Diabetes betroffen, der durch einen absoluten Insulinmangel deren Auftreten aber auch deren Verlauf man gekennzeichnet ist. Der Großteil der Erkrankten ist jedoch vom Typ-­‐2-­‐Diabetes betroffen, wobei die mit der Änderung einiger liebgewonnener GeHyperglykämien durch einen relativen Insulinmangel und durch eine Insulinresistenz entstehen. wohnheiten positiv beeinflussen kann: DiabeNeben anderen tes mellitus Typ 2. spezifischen Diabetestypen spielt außerdem der Gestationsdiabetes eine Diabetes mellitus eine Gruppe von bedeutende Rolle. bezeichnet Stoffwechselerkrankungen, die auf einer chro nischen Erhöhung des Blutzuckerspiegels, der Ursachen Hyperglykämie, beruhen. In Österreich geht und Risikofaktoren man von einer Gesamtprävalenz von 8 bis 9 % aus, was rund genetischen 573.000 bis 645.000 Personen Neben einer Prädisposition tragen der Lebensstil aber auch Umweltfaktoren zur entspricht. Dabei sind rund 5 bis 10 % von Krankheitsmanifestation ls Hauptursache Typ-1-Diabetes betroffen,bei. derAdurch einen ab- für den Typ-­‐2-­‐Diabetes gilt Übergewicht. Ein erhöhter Bauchumfang mit gekennzeichnet vermehrter Fetteinlagerung ist besonders ungünstig und mit soluten Insulinmangel ist. Der Großteil der Erkranktenund ist jedoch Typ- Risiko für Gefäßerkrankungen verbunden. Weitere Entzündungsprozessen einem vom erhöhten 2-Diabetes betroffen, wobei die HyperglykäRisikofaktoren stellen eine fettreiche hochkalorische Ernährung, Bewegungsmangel und Rauchen mien durch einen relativen Insulinmangel und 3 dar. durch Da ab dem 40. Lebensjahr das Krankheitsrisiko ebenfalls steigt, sollten Personen mit weiteren eine Insulinresistenz entstehen. Neben Mag.a Martina Rossa anderen spezifischen Diabetestypenregelmäßig spielt au- überprüfen lassen. Vorsorgeuntersuchungen können Risikofaktoren ihren Zuckerspiegel Gesundheitsservice und ßerdem der Gestationsdiabetes bedeu- geben. Abteilung Aufschluss über ein potentielles Deine iabetesrisiko Prävention in der WGKK tende Rolle. Ursachen und Risikofaktoren 1 Österreichischer Diabetesbericht 2013 www.oedg.org 3 Österreichischer Diabetesbericht 2013 2 Neben einer genetischen Prädisposition tragen der Lebensstil aber auch Umweltfaktoren zur Krankheitsmanifestation bei. Als Hauptursache für den Typ2-Diabetes gilt Übergewicht. Ein erhöhter Bauchumfang mit vermehrter Fetteinlagerung ist besonders ungünstig und mit Entzündungsprozessen und einem erhöhten Risiko für Gefäßerkrankungen verbunden. Weitere Risikofaktoren stellen eine fettreiche hochkalorische Ernährung, Bewe gungsmangel und Rauchen dar. 11 zahn info INFOR MATIO N FÜR ZAHNÄR ZTI NN E N U N D Z A H N Ä RZ T E Gemeinsam mit der/dem Ärztin/Arzt werden erreichbare Therapieziele vereinbart Da ab dem 40. Lebensjahr das Krankheitsrisiko ebenfalls steigt, sollten Personen mit weiteren Risikofaktoren ihren Zuckerspiegel regelmäßig überprüfen lassen. Vorsorgeuntersuchungen können Aufschluss über ein potentielles Diabetesrisiko geben. Aber auch von zu Hause ist die Einschätzung seines persönlichen Diabetesrisikos möglich – dazu steht Ihnen der FINDRISK-Fragebogen online auf der Homepage der WGKK zur Verfügung. Abrufbar ist er unter folgendem Pfad: www.wgkk.at Service Online-Ratgeber Online-Ratgeber Ernährung Online-Ratgeber „Diabetes-Risiko-Test“. Die Gefahr von Folge- und Begleiterkrankungen Eine sehr große Gefahr bei einem Typ-2Diabetes geht von seiner Unscheinbarkeit in frühen Stadien aus. Da man moderat erhöhte Blutzuckerspiegel nicht spürt, kommt es vor, dass ein Diabetes erst erkannt wird, wenn bereits Folge- oder Begleiterkrankungen vorliegen. Ständige oder immer wiederkehrende hohe Blutzuckerspiegel können im Laufe der Zeit zu Veränderungen an kleinen und großen Gefäßen sowie an den Nerven führen. Erkrankungen wie eine Rethinopathie, Nephropathie oder Neuropathie können im schlimmsten Fall eine Erblindung, Dialysepflichtigkeit und Amputation von Gliedmaßen bedingen. Wenn zusätzlich zur Diabeteserkrankung eine Hypertonie vorliegt, erhöht sich das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen dramatisch und 12 Herzinfarkte oder Schlaganfälle können die Folge sein. Daneben fördern Faktoren wie starkes Übergewicht, Bewegungsmangel, erhöhte Blutfette, Rauchen sowie anhaltender Dystress das Auftreten von Folgeerkrankungen. Um Betroffene darin zu unterstützen, die zuvor genannten Folge- und Begleiterkrankungen zu verhindern bzw. in ihrer Entstehung zu verzögern, wurde in Österreich das erste Disease Management Programm (DMP) „Therapie Aktiv – Diabetes im Griff“ eingeführt. „Therapie Aktiv – Diabetes im Griff“ Mit „Therapie Aktiv – Diabetes im Griff“ wurde ein Langzeitbetreuungsprogramm für Typ2-Diabetikerinnen und –Diabetiker ins Leben gerufen, das auf eine verbesserte Lebensqualität und eine Verlängerung des Lebens bei Betroffenen abzielt. Den Schwerpunkt bildet die individuelle und umfassende Betreuung durch speziell geschulte Ärztinnen und Ärzte. Gemeinsam werden sinnvolle und erreichbare Ziele festgelegt, die sich an der Lebenssituation und dem Gesundheitszustand der bzw. des Erkrankten richten. Damit man als Patient/ in zum/zur Partner/in in der Behandlung werden kann, benötigt man Informationen, Hintergrundwissen und Beratung. Die im Programm vorgesehene intensive Diabetesschulung verfolgt das Ziel, Betroffene in ihrer Selbstverantwortung zu stärken und Strategien zu erarbeiten, die Erkrankung bestmöglich in den Alltag zu integrieren. Des Weiteren erhalten alle Teilnehmenden ein Diabeteshandbuch, in der Administrationsstelle für Fragen zur Verfügung: Hotline: +43 1 601 22-­‐3800 E-­‐Mail: therapie-­‐[email protected] dem man auch zu Hause immer wieder nach- erhoben und dokumentiert. Auf diese Weise schlagen kann, verschiedene Broschüren so- erhalten sowohl die/der Ärztin/Arzt als auch wie eine DVD, auf der verschiedene Themen- die Patientinnen und Patienten einen Überblick über den Verlauf der Erkrankung. bereiche in kurzen Informations-Länger und Motivatileben bei guter Gesundheit trotz Diabetes mellitus Ty onsfilmen dargestellt werden. Haben Sie Fragen? Programmablauf Weitere Informationen zu „Therapie Aktiv – Sie auf unserer Die bereits dargestellten Lebensstiländerungen eine wichtige Säule be Entscheidet sich eine/ein Diabetikerin/Diabe- Diabetes im Griff“ erhaltensind Homepage unter www.therapie-aktiv.at. Unter tiker zur Teilnahme an „Therapie Aktiv“, wird ihr Diabetes mellitus Typ 2. Da es nicht immer ganz einfach ist, theoretisches Wi bzw. sein aktueller Gesundheitszustand der Rubrik „Therapie Aktiv-Ärzte“ finden Sie auf einem sogenannten Dokumentationsbo- eine Liste mit allen teilnehmenden Ärztinnen liebgewonnene zu Ihnen ändern, bietet d in Wien. Außerdem stehen genumzusetzen festgehalten. Nebenund aktuellen Blut- und und ÄrztenGewohnheiten unsere Mitarbeiter/innen in der AdministratiHarnwerten werden darin bereits bestehende verschiedene Unterstützungen für all jene Personen an, die ihr Leben gesünd Beschwerden oder Erkrankungen, die Ergeb- onsstelle für Fragen zur Verfügung: Hotline: +43 1 601 22-3800 nisse der Augen- und m Fußuntersuchung, ein Nachfolgend öchten w ir I hnen einige Initiativen vorstellen. allfälliger Tabakkonsum, die Themenbereiche E-Mail: [email protected] der vereinbarten Ziele sowie die subjektiv empfundene Lebensqualität festgehalten. Länger leben bei guter Gesundheit Typ 2 Therapieziele können sowohl die Blutzucker-, trotz Diabetes mellitus Rauchstopp Blutdruck- und Fettstoffwechseleinstellung als Die bereits dargestellten Lebensstiländerungen auch Lebensstilbereiche wie Gewicht, Ernäh- sind eine wichtige Säule bei der Behandlung rung, Bewegung und Rauchen umfassen. des Diabetes mellitus Typ 2. Da es nicht immer Schädlichkeit Tabakrauch gilt mittlerweile als unumstritten. Für ein In Die weiterer Folge sollten dievon Patientinnen ganz einfach ist, theoretisches Wissen auch und Patienten regelmäßig bei ihrer „Thera- in die Praxis umzusetzen und liebgewonnene nie zu spät. werden, Das Rauchfrei Telefon ist bietet ein die kostenfreies, österreichw pie daher Aktiv“-Ärztin/Arzt vorstellig wel- Gewohnheiten zu ändern, Sozialverche Kontrolluntersuchungen durchführen und sicherung verschiedene Unterstützungen für rund Inum die Personen Themen Tabak und Rauchstopp. Eine die Informationsangebot Therapie an die Ergebnisse anpassen. all jene an, die ihr Leben gesünder jährlichen Abständen wird der Gesundheitszu- gestalten möchten. Nachfolgend möchten wir erhalten Sie durch die Rdetailliert auchfrei App. Nähere Informationen siehe Kasten. stand der Teilnehmenden neuerlich Ihnen einige Initiativen vorstellen. 13 zahn info INFOR MATIO N FÜR ZAHNÄR ZTI NN E N U N D Z A H N Ä RZ T E Ernährungsberatung Die Gesundheitszentren der Wiener Gebietskrankenkassen stehen mit ihren ernährungsmedizinischen Beratungsstellen für Fragen einer ausgewogenen Ernährung vor allem in Hinblick auf Übergewicht, Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Gicht oder erhöhter Harnsäure sowie Lebensmittelunverträglichkeiten kostenlos zur Verfügung. Gewichtsreduktion Alle teilnehmenden Personen erhalten das Patientenhandbuch, in dem man alles Wissenswerte über die Diabeteserkrankung auch zu Hause nachlesen kann Rauchstopp GSP-­‐Rossa Die Schädlichkeit von Tabakrauch gilt mittlerweile als unumstritten. Für einen Rauchstopp ist es daher nie zu spät. Das „Rauchfrei Telefon“ ist ein kostenfreies, österreichweites Beratungs- und Informationsangebot rund um die Themen Tabak und Rauchstopp. Eine interaktive Begleitung erhalten Sie durch die Rauchfrei App. Nähere Informationen siehe Kasten. Wer das persönliche Gespräch und medizi nischen Rat sucht, ist in den Gesundheitszentren der Wiener Gebietskrankenkasse gut aufgehoben. Neben Beratungsangeboten werden von Raucherberaterinnen/Raucherberatern auch kostenlose Einzel- und Gruppentherapien angeboten. Die Wiener Gebietskrankenkasse unterstützt das Projekt „rundum-gesund“ – einem Angebot des Instituts für Frauen und Männergesundheit FEM Süd und MEN. Dabei werden Kurse zur Änderung des Lebensstils bei starkem Übergewicht für Frauen und Männer über einen Zeitraum von acht Monaten angeboten. In dem Zeitraum werden in wöchentlichen ganzheitlichen Kursen Unterstützung in den Bereichen Ernährung, Bewegung sowie psychosoziale Aspekte des Lebensstils gegeben. Ergänzt werden diese durch Kochworkshops, Einkaufstrainings etc. GSP-­‐Rossa 22. Juli 2014 Wer das persönliche Gespräch und medizinischen Rat sucht, ist in den Gesundheitszentren der Wiener Gebietskrankenkasse gut aufgehoben. Neben Beratungsangeboten werden von 14 Raucherberaterinnen/Raucherberatern auch kostenlose Einzel-­‐ und Gruppentherapien angeboten. Evtl. Adressen der GZ? Geschichten aus der Zahnpraxis Sie kennen bestimmt die Situation, dass bei einem Umzug unvermutete Schätze zum Vorschein kommen. Einer dieser Schätze ist das Buch „Freche Tratschgeschichten aus einer Zahnarztpraxis“. Die Autorin Elfi Wanjek - auch die „schreibende Dentistin“ genannt - schildert in lustigen Worten Erlebnisse mit Patientinnen/Patienten in ihrer Ordination. Lesen Sie in der Zahn-Info einige Auszüge aus diesem Buch. Vielleicht kommt Ihnen die eine oder andere Episode bekannt vor, weil Sie sie selbst auch schon in Ihrem Berufsalltag erlebt haben. Viel Spaß beim Lesen! Die Wandergebisse des Teichgräbers Der kleine, stämmige Mann kam sogar aus Ebreichsdorf. Über das erste Gebiss will ich nicht viele Worte verlieren, denn er verlor es bereits in der ersten Nacht. Als er ausprobieren wollte, ob man mit ihm auch „Wein beißen“ könne. Um vier Uhr früh kam er heim – ohne Zähne. Beklagte sich bei seiner Frau, dass ihm fürchterlich übel gewesen wäre. Wo, wüsste er nicht mehr. Keine Kanalbrigade hat es jemals zutage gefördert, das Prachtgebiss. Auch in keinem Fundamt ist es je aufgetaucht. Aber der Gute war nicht kleinlich. Bald ließ er sich wieder eine Zahnprothese anfertigen. Sie war noch attraktiver als die erste. Der Teichgräber war darin so reizvoll anzusehen wie King-Kong in seinen besten Jahren. Meine innigsten Segenswünsche begleiteten den wieder beißgewaltigen Patienten. Aber bald war auch dieses Gebiss verschwunden, vierzehn Tage lang. Er hatte schon wieder begonnen, sich vorwiegend auf „flüssige“ Nahrung umzustellen, als es seine junge, hübsche Gattin endlich fand: im Tiefkühlfach des Eiskastens. Neben dem Spinat, der angeblich Kraft gibt. Nun, verdorben war es dort wenigstens nicht, umso weniger, als sie selten Spinat aßen. Nachher kam eine recht harmonische Zeit – er hatte Frieden geschlossen mit seinem Gebiss. Bis er eines Tages wieder vor mir stand und ein neues verlangte. „Ja, wo ist es denn schon wieder?“ wunderte ich mich. „Wir hobn a Künetten grobn, dann hobn ma in der Gruaben glei gfruastuckt – und auf amoi woas Gebiss weg. Mir hobn in alle Röhrln einigschaut, aber gfunden hobn ma’s nimma!“. Also fertigte ich eiligst das dritte Gebiss an, es hatte sogar zwei Goldzähne drin. Aber er trägt es nicht…, denn seine lebenslustige Frau hatte sich mittlerweile von ihm scheiden lassen. Also letztlich eine Tragödie? Wenn man nur mehr mit dem Wein „verheiratet“ ist, braucht man nicht mehr schön wie King-Kong zu sein! Ohne störendes Gebiss ist diese Liebe wenigstens ohne Angst und Schrecken. Zur Autorin: Elfi Wanjek wurde 1923 geboren. Nach einer siebenjährigen Ausbildung mit Abschluss einer staatlichen Dentistenprüfung hat sie im Industrieort Wiener Neudorf 1952 eine Zahnpraxis eröffnet, die sie bis 1978 erfolgreich führte. Mit dem Schreiben hat sie sich einen langjährigen Jugendwunsch erfüllt. Im Jahr 1988 ist die Autorin verstorben. Die Literarische Gesellschaft Mödling verwaltet den Nachlass der Autorin und hat der WGKK ihr Einverständnis zur Veröffentlichung der Texte gegeben. 15