Einsparpotenzial 2012

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Berlin, 2012
Eine Gemeinschaftspublikation von
Potenziale innovativer Medizintechnik
Verbesserter Patientennutzen
trotz Einsparungen – ein
Widerspruch?
1. Auflage
Berlin, November 2012
ISBN-Nr.:
978-3-941502-10-9
Inhalt
Vorwort:
Hans-Peter Bursig,
Fachverband Elektromedizinische Technik im ZVEI
und Dr. Tobias Weiler, SPECTARIS e.V.
5
Verbesserter Patientenutzen trotz Einsparungen –
ein Widerspruch?
Prof. Dr.-Ing. Marc Kraft, Fachgebiet Medizintechnik
6
der Technischen Universität Berlin
Einsparpotenzial und Patientennutzen:
Ausgewählte Beispiele innovativer
Medizintechnik 2011/2012
Accuray Europe: CyberKnife® System
Ein nicht-invasives System zur robotergesteuerten
Radiochirurgie zur ambulanten Behandlung von
Tumoren in jeder Körperregion
14
Ulrich GmbH & Co. KG:
Kontrastmittelinjektoren
CT/MRT XD 200x Serie & CT Motion
Ein System zur optimierten Kontrastmittelinjektion im CT und MRT
21
Dräger Medical GmbH: Zeus® IE (Infinity® Empowered)
Ein regelkreisbasiertes Anästhesiesystem
für die Allgemein- und Regionalanästhesie
29
Spezifische, aktualisierte Darstellung des Patientennutzens
anhand früherer Beispiele innovativer Medizintechnik
aus der Studienreihe „Das Einsparpotenzial innovativer
Medizintechnik“ 2008 –2010
Carl Zeiss Meditec AG: INTRABEAM®
Intraoperative Radiotherapie für die
risikoadaptierte, verkürzte und schonende
Behandlung von Brustkrebspatientinnen
36
Gebrüder Martin GmbH & Co. KG: SonicWeld Rx®
Ein System zur ultraschallgestützten Einbringung
von Osteosynthesepins in Schädelknochenfragmente
39
FEG Textiltechnik mbH: DynaMesh®-IPST
Ein dreidimensionales
Netzimplantat für die Stoma-Chirurgie
43
Impressum
47
4
Vorwort
Die öffentliche Diskussion über das
Gesundheitswesen ist geprägt vom
Thema Ausgaben. Die Patienten
spielen manchmal eine Nebenrolle.
Die öffentliche Diskussion über das Gesundheitswesen ist oft
vom Thema Ausgaben geprägt. Die Patienten spielen dabei
manchmal eine Nebenrolle. Ähnlich sieht es bei der Medizintechnik aus: Auch hier drehen sich die Debatten der Politik und
Kostenträger überwiegend um aufwandsbezogene Größen.
Richtigerweise wird auch das Thema Patientensicherheit mit
großer Aufmerksamkeit diskutiert. Der Patientennutzen bleibt
aber allzu oft unberücksichtigt. Innovative Medizintechnik
bietet jedoch ein enormes Potenzial für die Verbesserung der
Behandlungsoptionen.
Einerseits hilft sie dabei, Kosten im Gesundheitswesen einzusparen. So können beispielsweise durch moderne Operationsoder Therapieverfahren sowie durch Systeme zur Prozessoptimierung im Krankenhaus und beim niedergelassenen
Arzt Operations- und Liegezeiten verkürzt, Heilungsprozesse
beschleunigt und der Verwaltungsaufwand reduziert werden.
Personalkosten können so gesenkt, Material kann gespart
werden. Dies belegt die Studienreihe „Das Einsparpotenzial
innovativer Medizintechnik im Gesundheitswesen“, die 2006
ins Leben gerufen wurde und jährlich zahlreiche neue Produktbzw. Verfahrensbeispiele präsentierte.
Andererseits kommt innovative Medizintechnik insbesondere
den Menschen zugute. Zum Beispiel durch die Früherkennung
von Krankheiten, bessere Heilungschancen, geringere Komplikations- oder Wiedereingriffsraten, kürzere Liegezeiten,
durch eine schnellere Genesung oder aufgrund einer höheren
Lebensqualität nach einer erfolgreichen Behandlung.
Auch wir haben in den vergangenen Studien unserer Studienreihe zum Einsparpotenzial innovativer Medizintechnik das
Hauptaugenmerk auf die Kostenseite bzw. das Einsparpotenzial gelegt. Dieser Blickrichtung bleiben wir grundsätzlich treu
und so werden Sie auch in dieser Publikation wieder neue Beispiele innovativer Medizintechnik finden, die Einsparungen im
Gesundheitswesen generieren.
Zusätzlich möchten wir dieses Mal aber auch das Thema
Patientennutzen stärker beleuchten und zeigen, dass ein verbesserter Patientennutzen und Einsparungen im Gesundheitswesen nicht im Widerspruch zueinander stehen. Dies wird
auch für einige frühere Beispiele der Studienreihe spezifisch
und aktualisiert dargestellt. Schaut man sich die Beschreibung
des „qualitativen Nutzens“ aller bisherigen Beispiele der Einsparpotenzialstudien an, wird deutlich, dass es sich hierbei
nicht um Ausnahmen, sondern um Regelfälle handelt.
Wir wünschen Ihnen eine spannende und interessante Lektüre
und wir wünschen uns für alle Patienten, dass die oftmals einseitige Kostendebatte auch in ihrem Sinne zukünftig deutlich
offener geführt wird.
Dr. Tobias Weiler
Geschäftsführer SPECTARIS e.V.
5
Hans-Peter Bursig
Geschäftsführer
ZVEI-Fachverband
Elektromedizinische Technik
Prof. Dr.-Ing. Marc Kraft,
Fachgebiet Medizintechnik
der Technischen Universität Berlin
Einführung
Verbesserter Patientennutzen trotz
Einsparungen – ein Widerspruch?
Selbstverständlich ist ein verbesserter Patientennutzen trotz
möglicher Einspareffekte bei der Anwendung innovativer
Medizinprodukte kein Widerspruch sondern vielmehr der
Idealfall, den es anzustreben gilt. Eine sehr eingängige Analogiebetrachtung ist über den „Wirkungsgrad“ möglich, der – in
der Ingenieurwissenschaft auf eine Leistungsbilanz bezogen –
als das Verhältnis von Nutzleistung zu zugefügter Leistung
definiert ist. Idealerweise ist die Leistungsbilanz verlustfrei
bei 100 %. In Bezug auf den Einsatz von Medizinprodukten im
Gesundheitswesen, ließe sich der „Wirkungsgrad“ als Verhältnis von Nutzen zu Aufwand interpretieren. Um den Wirkungsgrad zu erhöhen, sollte also
a) entweder der Aufwand (als Kosten quantifizierbar) bei konstantem Nutzen sinken, dazu gehört u. a.:
„„
der finanzielle Aufwand,
„„
der personelle Aufwand und
„„
der infrastrukturelle oder organisatorische Aufwand
b) oder der Nutzen bei konstantem Aufwand steigen, bezogen
auf den medizinischen Betreuungsprozess heißt das:
„„
in der Prävention: ein besserer Gesundheitserhalt
(bzw. Krankheitsvorbeugung),
„„
in der Diagnose/Prognose: eine verbesserte (Früh-)Erkennung von Krankheiten und Voraussage des Verlaufs,
„„
in der Therapie/Nachsorge: eine minimale Patientenbelastung bei optimalem Heilungsprozess,
„„
in der Rehabilitation: eine bestmögliche Wiedereingliederung und Teilhabe am Leben,
c) beziehungsweise ein sinkender Aufwand sogar mit einem
steigenden Nutzen verbunden sein. Dies ist der in der Titelfrage
angesprochene Idealfall, der im Rahmen dieser Studie anhand
von konkreten Beispielen näher beschrieben werden soll.
Aufwand und Nutzen müssen grundsätzlich bei allen medizinischen Verfahren im „richtigen“ Verhältnis stehen. So fordert
die Sozialgesetzgebung in Deutschland (§ 70, SGB V): „eine dem
allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten“ (medizinischer Nutzen) und eine „ausreichende und zweckmäßige“
Versorgung, die „wirtschaftlich erbracht“ wird (Aufwandsbegrenzung). Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit
im Gesundheitswesen (IQWiG) kann vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) im Zuge der Selbstverwaltung des
Gesundheitssystems in Deutschland beauftragt werden, Nutzenbewertungen innovativer Medizinprodukte vorzunehmen.
„Das Institut hat zu gewährleisten, dass die Bewertung des
medizinischen Nutzens nach den international anerkannten
6
Standards der evidenzbasierten Medizin und die ökonomische
Bewertung nach den hierfür maßgeblichen international anerkannten Standards, insbesondere der Gesundheitsökonomie,
erfolgt“ (aus §35b und 139a, SGB V). Es sollen nach Aussage des
IQWiG in Zukunft prinzipiell alle medizinischen Technologien
wie zum Beispiel Operationsmethoden, Diagnoseverfahren
oder Früherkennungsuntersuchungen bewertbar sein. Jedoch
gibt es bisher für die spezielle deutsche Situation keine Standardmethoden, die ähnlich gut abgesichert sind wie die
Methoden der evidenzbasierten Medizin. Deshalb hat das
IQWiG internationale Experten beauftragt, auf Basis akzeptierter Methoden ein gesundheitsökonomisches Konzept zu
erarbeiten, das die besonderen Gegebenheiten in Deutschland
berücksichtigt [1]. Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes der Krankenkassen (MDS) erklärt auf seiner Webseite [2]:
„Der MDS wird diesen Methodenvorschlag auch zur KostenNutzen-Bewertung von Medizinprodukten bzw. von Methoden
einsetzen, die maßgeblich von Medizinprodukten abhängen.“
Die Entwicklung von Methoden zur Bewertung des KostenNutzen-Verhältnisses von Behandlungsverfahren, die auf dem
Einsatz von Arzneimitteln basieren, ist schon sehr komplex.
Bei der Bewertung des Einsatzes von Medizinprodukten sind
weitere Aspekte zu berücksichtigen, die in der derzeit laufenden Methodenentwicklung eine große Herausforderung
darstellen. Zunächst wird einleitend auf die Bewertung des
Kosten-Nutzen-Verhältnisses von Arzneimitteln eingegangen.
Die etablierten „Standards der evidenzbasierten Medizin“
dienen dazu, den medizinischen Nutzen auf der Basis randomisierter kontrollierter klinischer Studien (RCT) zu bewerten.
Übergeordnete Analysen des medizinischen Nutzens (z. B.
durch die vergleichende und zusammenfassende Bewertung
aller, zu einer spezifischen Fragestellung weltweit publizierten klinischen Studien), aber auch Aussagen zu Risiken und
Kosten eines Behandlungsverfahrens erlauben Health Technology Assessments (HTA). Untersuchte Aspekte sind dabei:
„„
die experimentelle Wirksamkeit (efficacy),
„„
die Wirksamkeit unter Alltagsbedingungen (effectiveness),
„„
die vergleichende Bewertung der Wirksamkeit
(comparative effectiveness),
„„
die gesundheitsökonomische Bewertung (efficiency) und
„„
soziale, rechtliche und ethische Implikationen
[Quelle basisinfo-hta.pdf].
Problematisch erweist sich an dieser Vorgehensweise neben
dem hohen Aufwand vor allem der Zeitverzug zwischen dem
Start einer Bewertung und dem Vorliegen valider Ergebnisse.
Oft kann erst rückwirkend, viele Jahre nach der Einführung
eines neuen Behandlungsverfahrens, dessen Nutzen objektiv
bewertet werden. Zu diesem Zeitpunkt stehen möglicherweise
schon weitere neue, wiederum (noch) nicht bewertbare
Verfahren zur Verfügung, deren Eignung als Behandlungsalternative zu prüfen ist. Unklar ist derzeit weiterhin, wie ver-
7
schiedene Aspekte des Nutzens (z. B. bei notwendigen Werturteilen in Bezug auf Abwägungen zwischen verschiedenen
Krankheitsbildern: Ist es wichtiger Schlaganfälle oder Herzinfarkte wirksam zu behandeln?) berücksichtigt werden
sollen. [1].
Auch in der Kostenanalyse von Behandlungsverfahren ergeben sich einige Herausforderungen. So sind neben dem Preis
eines Medikaments auch die Kosten von Kontrolluntersuchungen, für die Behandlung von Nebenwirkungen oder Kosten
von Krankenhausaufenthalten zu berücksichtigen. Man kann
die Kosten aus Sicht der Patienten, aus Sicht der Krankenkassen oder auch aus Sicht aller Sozialversicherungen (inklusive Pflege- und Rentenversicherung) betrachten. Weiterhin
kann die Kostenanalyse um gesellschaftliche Aspekte (wie Arbeitsausfallzeiten, Verrentungen, Pflegekosten oder die finanzielle Belastung von Angehörigen) erweitert werden [1]. Hier
liegen zahlreiche Herausforderungen für die derzeit Lösungen
gesucht werden.
Im Detail ähnlich komplex, wie die Analyse des Nutzens einerseits und der Kosten andererseits, ist die Gegenüberstellung
beider Aspekte in einer Bewertung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses. Das zugrunde liegende Prinzip soll hier kurz (basierend
auf der Beschreibung in [1]) zusammenfassend beschrieben
werden. Bei Kosten-Nutzen-Analysen wird üblicherweise neben den Kosten des Behandlungsverfahrens auch jede Veränderung des Gesundheitszustandes bzw. der Lebensdauer
monetär (in Geldeinheiten) bewertet, wobei als Maß für den
geldwerten Nutzen in der Regel die Summe der Zahlungsbereitschaften der befragten Personengruppe zugrunde gelegt
wird [3]. So lässt sich das Verhältnis von Kosten und Nutzen
in einem zweidimensionalen Diagramm (Ordinate: Nutzen,
Abszisse: Kosten, siehe Abb. 1) darstellen. Es ergeben sich im
Vergleich von zwei Verfahren in einem solchen Diagramm vier
mögliche Varianten der Bewertung eines neuen Behandlungsverfahrens gegenüber einem älteren (Verfahren C in Abbildung 1):
8
„„
es ist besser und kostengünstiger
(sollte eingeführt werden, Idealfall, s. o.), dargestellt
im Quadrant 1 in Abbildung 1,
„„
es ist schlechter und teurer (sollte nicht eingeführt
werden), dargestellt im Quadrant 4 in Abbildung 1,
„„
es ist schlechter, aber günstiger (unterliegt in der Nutzenbewertung und wird deshalb i.d.R. nicht eingeführt),
dargestellt im Quadrant 3 in Abbildung 1,
„„
es ist besser, aber teurer (Fragestellung: Sind die höheren
Kosten dem zusätzlichen Nutzen angemessen? Wenn ja,
sollte das Verfahren eingeführt werden.), dargestellt im
Quadrant 2 in Abbildung 1,
Komplexer wird der Vergleich von mehr als zwei Behandlungsalternativen, z. B. anhand der „Analyse der Effizienzgrenze“. Eine effizientere Therapie erbringt bei gleichen Kosten
mehr Nutzen oder ist bei gleichem Nutzen kostengünstiger
Abbildung 1: grafische Darstellung
des Kosten-Nutzen-Verhältnisses
von Behandlungsverfahren (nach [1])
(siehe Analogie zum „Wirkungsgrad“ oben). Grafisch ist dieser
Zusammenhang mit der Steigung der Verbindung zwischen
zwei Therapien im Kosten-Nutzen-Diagramm darstellbar. Je
höher der Anstieg ist, desto größer ist auch der Effizienzunterschied zwischen zwei Behandlungsverfahren [1]. In Abbildung 1
ist die dort linear dargestellte Effizienzerhöhung von Verfahren A auf B höher, als von Verfahren B auf C (die investierten
Kosten haben anteilig mehr Nutzen bewirkt, auch wenn das
Nutzenniveau niedriger ist). Im Ergebnis sind neue Verfahren,
die in der Teilfläche 3a liegen würden zu bevorzugen, gegenüber weiteren, die in der Teilfläche 3b oder 4 liegen.
Soweit in aller Kürze zum Stand der Methodenentwicklung
in der Bewertung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses von medizinischen Behandlungsverfahren, die nach Intention des
Gesetzgebers im Jahr 2007 mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vorrangig für Arzneimittel eingeführt wurde.
Medizinische Behandlungsverfahren werden jedoch auch
unter Einsatz von Medizinprodukten durchgeführt. Das
Kosten-Nutzen-Verhältnis ihrer medizinischen Anwendung
lässt sich aus verschiedenen Gründen noch schwerer als in
Bezug auf Arzneimittel bewerten.
Ein erstes Problem stellt die Verfügbarkeit von Ergebnissen
klinischer Studien mit Medizinprodukten dar. Während die
Durchführung randomisierter kontrollierter Studien bei
Arzneimitteln zum Nachweis der Wirksamkeit und Sicherheit
obligatorisch ist, sind sie im Rahmen der Zulassung von
Medizinprodukten in vielen Fällen nicht erforderlich und zum
Teil auch gar nicht möglich. Zwar beinhaltet die neue Richtlinie 2007/47/EG eine Erweiterung des Anhanges X der Richtlinie 93/42/EWG dahingehend, dass der „Nachweis, dass die …
Anforderungen von dem Produkt erfüllt …“ werden „… generell auf der Grundlage klinischer Daten“ zu erfolgen hat. „Bei
implantierbaren Produkten und bei Produkten der Klasse III
sind klinische Prüfungen durchzuführen, es sei denn, die Verwendung bereits bestehender klinischer Daten ist ausreichend
gerechtfertigt“ [4].
9
Diese Forderung nach klinischen Studien kann aber aus wirtschaftlichen oder aus statistischen Gründen nicht für alle
Medizinprodukte erfüllt werden. Es ist den überwiegend
kleineren Unternehmen kaum möglich, in größere klinische
Studien zur Bewertung des medizinischen Nutzens ihrer Produkte zu investieren. Gravierender sind jedoch statistische
Ausschlusskriterien für die Durchführung von klinischen
Prüfungen bei einigen Medizinprodukten (siehe [5]). Sofern
einige Randbedingungen wie Standardabweichung, Trennschärfe bzw. Power und erwarteter relevanter Unterschied
bekannt sind bzw. in einer Pilotstudie bestimmt wurden, lässt
sich die Testverfahren-abhängige notwendige Stichprobengröße (Anzahl der einzuschließenden Patienten) berechnen [6]. Die oft geringen Unterschiede der Ergebnisse in
der Prüf- und der Kontrollgruppe einer klinischen Studie an
Medizinprodukten bei gleichzeitig hohen Streuungen können
unerreichbar große Stichprobenumfänge für den Nachweis
signifikanter Unterschiede erfordern. Der Zeitbedarf für klini-
sche Studien ergibt sich neben dem erforderlichen Stichprobenumfang aus der Rekrutierungs- und der Drop-out-Rate
(Anzahl der pro Zeiteinheit in die Studie aufgenommenen
bzw. ohne Ergebnis aus der Studie entlassenen Patienten). Eine
randomisierte Multicenter-Pilotstudie an spezifischen Medizinprodukten (Hilfsmitteln gegen Dekubitus), die vom Fachgebiet
Medizintechnik der TU Berlin durchgeführt wurde [7], zeigte,
dass im ungünstigsten Fall unter den Randbedingungen
dieser Studie eine Anzahl von 2 659 Patienten notwendig
gewesen wäre, was in den beteiligten Kliniken einer notwendigen Laufzeit der Studie von 67 Jahren entsprochen hätte.
Zweifellos ist eine klinische Prüfung von Medizinprodukten
unter derartigen Randbedingungen indiskutabel. Auch wenn
bei anderen Medizinprodukten die statistischen Rahmenbedingungen möglicherweise besser sind, liegt in den notwendigen Stichprobenumfängen und den sich daraus ergebenden
Laufzeiten ein ernsthaftes Problem.
10
Glücklicherweise lassen sich zahlreiche Medizinprodukte
auch ohne klinische Studien analytisch oder experimentell
bewerten. Eine Prüfung zulassungsrelevanter Parameter eines
Medizinproduktes kann in vielen Fällen nach einer Modellierung der relevanten Wechselwirkungen zwischen dem Medizinprodukt und dem menschlichen Körper erfolgen (analytisches, numerisches, physikalisches, biologisches, chemisches
Modell usw.). Zahlreiche genormte Prüfverfahren für Medizinprodukte nutzen entsprechende Modelle. So ist es z. B. nicht
notwendig, eine klinische Studie mit Infusionspumpen an
Patienten durchzuführen, um deren Volumenstrom zu bewerten, gleiches gilt für die Bildqualität einer endoskopischen
Kamera, für die Dauerfestigkeit einer Beinprothesenkomponente usw.. Verallgemeinernd kann man ableiten, dass empirische Untersuchungen (auch klinische Prüfungen) am Menschen eigentlich nur dann zwingend erforderlich sind, wenn
die Modellierungsmöglichkeiten der relevanten Wechselwirkungen zwischen dem Medizinprodukt und dem menschlichen Körper Einschränkungen unterliegen, weil z. B. die
Wechselwirkungen zu komplex sind oder ihre Art, ihr Einfluss oder ihr Ausmaß unbekannt sind. In Abschnitt 7.1
Anhang I RL 93/42/EWG wird darauf verwiesen, dass „gegebenenfalls (auf) die Ergebnisse von Untersuchungen an biophysikalischen oder anderen Modellen, deren Gültigkeit
bereits erwiesen wurde“ zu achten ist. Allerdings ist mit
diesen modellbasierten und validierten Prüfverfahren nie
der tatsächliche „medizinische Nutzen“ in vollem Umfang
bewertbar, da eben keine Anwendung am Menschen beobachtet wird. Sie können jedoch präklinisch Studien ergänzen
und dort ersetzen, wo klinische Studien (aus den genannten
Gründen) nicht durchführbar oder eben auch nicht erforderlich sind. Für die Kosten-Nutzen-Analyse ergibt sich jedoch
ein Problem, wenn unterschiedliche Methoden (Studien, Prüfverfahren etc.) und Ergebnisse der Nutzenbewertung des Einsatzes von Medizinprodukten miteinander verglichen werden
müssen. Es ist bei Medizinprodukten eben nicht wie bei
Arzneimitteln davon auszugehen, dass Ergebnisse klinischer
Studien verfügbar sind.
Perleth et. al. sehen weitere Unterschiede in der Nutzenbewertung von Medizinprodukten gegenüber der von Arzneimitteln
[8]. Sie stellen fest, dass es Einschränkungen bei der Verblindung oder Randomisierung und hinsichtlich der Variabilität,
des Mechanismus der Marktzulassung, der Wahrnehmung
und des Placeboeffekts sowie hinsichtlich methodischer und
organisatorischer Aspekte gibt. Mit der gegenüber Arzneimitteln höheren Variabilität seien „die sehr heterogenen Wirkmechanismen (z. B. Strahlung, Temperatur, mechanisch, elektrisch, Schall), die unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten (z. B. mit Arzneimitteln, Zellen, Geweben, Computern
und Laboren) und die kurzen Produktzyklen gemeint, die eine
uniforme Methodik bei der Nutzenbewertung kaum zulassen
sowie der sehr unterschiedliche Charakter des Spektrums verfügbarer Medizinprodukte“. Hinsichtlich der Kostenanalyse
(Aufwandsabschätzung) ergeben sich bei Medizinprodukten
die gleichen Probleme, wie sie oben in Bezug auf Arzneimittel
erläutert wurden.
Auf die Ausgangsfrage zurückkommend kann zusammengefasst werden: Ein verbesserter Patientennutzen mit gleichzeitig realisierbaren Einspareffekten bei der Anwendung
innovativer Medizinprodukte stellt einen Idealfall dar. Dies
jedoch wissenschaftlich anhand einer allgemein akzeptierten
Methodik nachzuweisen, ist nach heutigem Erkenntnisstand
(noch) nicht möglich. Trotzdem lassen sich anhand konkreter
Beispiele Indizien und Anzeichen finden, die eine berechtigte
Hoffnung auf die ideale Verknüpfung medizinischer und
wirtschaftlicher Zielstellungen zulassen. Genau diesem Ziel
ist die diesjährige Studie des Industrieverbandes SPECTARIS
und des Fachverbandes Elektromedizinische Technik im ZVEI in
Kooperation mit der Droege Group Internationale Unternehmer-Beratung und dem Fachgebiet Medizintechnik der Technischen Universität Berlin gewidmet. Die nachfolgende Tabelle
fasst übersichtlich die in dieser Studie beschriebenen Produktbeispiele, einschließlich ihres spezifischen Patientennutzens
und der jeweiligen Einsparpotenziale, zusammen:
11
Firma/Produkt
Beschreibung
Innovation
Verbesserter
Patientennutzen
Accuray Europe:
CyberKnife® System
Ein nicht-invasives System
zur robotergesteuerten
Radiochirurgie zur ambulanten Behandlung von
Tumoren in jeder Körperregion
Sehr hohe Beweglichkeit
und Präzision eines Linearbeschleunigers aufgrund
einer Kombination intelligenter Robotik, Computersteuerung und Bildgebung
„„
Besonders schonende,
ambulante sowie
schmerzfreie Krebstherapie
„„
Reduzierung der Behandlungszeit: 1–5 (CyberKnife®
System) gegenüber 20–45
Behandlungssitzungen (herkömmliche Strahlentherapie)
Ulrich GmbH & Co. KG:
Kontrastmittelinjektoren CT/MRT XD
200x Serie & CT Motion
Ein System zur optimierten Kontrastmittelinjektion im CT und MRT
Fördern von Medien
(Kontrastmittel) mittels
einer neuartigen
Rollenpumpentechnologie
„„
Reibungslose und zeitsparende Untersuchung
der Patienten
Dräger Medical GmbH:
Zeus® IE
(Infinity® Empowered)
Ein regelkreisbasiertes
Anästhesiesystem für die
Allgemein- und Regionalanästhesie
Vereinigung verschiedener
Anästhesietechniken in
einem zentral gesteuerten
System mit integriertem
Patientenmonitoring und
unter Einbindung von intravenösen Spritzenpumpen
„„
Vermeidung von Über- und
Unterdosierungen von Narkosemitteln
„„
Aufgrund eines hohen Rückatemanteils gute Atemgasklimatisierung und dadurch
Reduktion postoperativer
Komplikationen
„„
Besondere Eignung für (unterstützte) Spontanatmung
Carl Zeiss Meditec AG:
INTRABEAM®
Einsparpotenziale
„„
Geringere Kosten je
Behandlung im Vergleich
zu Behandlungsalternativen (z. B. Operation)
„„
Geringerer Zeitaufwand
pro Untersuchung, dadurch
geringere Personalkosten
„„
Reduktion des Kontrastmittelverbrauchs
„„
Reduktion des Narkosemittelverbrauchs
Verkürzung der Behandlungsdauer, da die Operation
und Bestrahlung in einer
Prozedur erfolgen, dadurch
mehr Lebensqualität für die
Patientinnen und schnellere
Rückkehr zur „Normalität“
des täglichen Lebens
„„
Verkürzung der Gesamtbehandlungsdauer
„„
Reduktion von Rezidiven
und den damit verbundenen Zweiteingriffen
Intraoperative Radiotherapie für die risikoadaptierte,
verkürzte und schonende
Behandlung von Brustkrebspatientinnen
Miniaturisierte Strahlenquelle mit niederenergetischen Röntgenstrahlen und
einem kugelförmigen Strahlungsfeld als Basis für ein
mobiles Strahlentherapiegerät, das eine lokal hochpräzise Bestrahlung von
Tumorrändern ermöglicht
„„
Gebrüder Martin
GmbH & Co. KG:
SonicWeld Rx®
Ein System zur ultraschallgestützten Einbringung
von Osteosynthesepins in
Schädelknochenfragmente
Neuartiges Verfahren, um
mit einem Ultraschallgenerator Osteosynthesematerialien einzubringen
„„
Vermeidung von Zweiteingriffen zur Entfernung
von metallischen Implantaten
„„
Kosten für Zweiteingriff
zur Entfernung von metallischen Implantaten entfallen
FEG Textiltechnik mbH:
DynaMesh®-IPST
Ein dreidimensionales
Netzimplantat für die
Stoma-Chirurgie (künstlicher Darmausgang)
Einteiliges, dreidimensional
vorgeformtes Implantat mit
nahtfreiem Übergang in die
Intestinalmanschette, dadurch hohe Elastizität und
Flexibilität bei der Präparation der Stoma-Plastik
„„
Verhinderung von parastomalen Hernien, dadurch
Vermeidung von Folgeoperationen und von Beschwerden
oder Problemen mit der
Stomaversorgung
„„
Reduktion der Reparationshäufigkeit von parastomalen Hernien (Kosteneinsparung durch weniger
Folgebehandlungen)
Quellenverzeichnis
[1] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Kosten und Nutzen in der
Medizin: Allgemeine Methoden zur Bewertung von Verhältnissen zwischen Nutzen und Kosten. Berlin
2009. Online im Internet: https://www.iqwig.de/download/ (Stand: 20.10.2012)
[2] Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS): Kosten-NutzenBewertung: Die Spreu vom Weizen trennen. Online im Internet: http://www.mds-ev.de/Kosten_Nutzen_Bewertung.htm (Stand: 20.10.2012)
[3] C. Arentz: Medizinisch-technischer Fortschritt im Gesundheitswesen: Zentrale Kosten-Nutzen-Bewertung ohne Alternative?. Otto-Wolff-Institut Discussion Paper 01/2011. Online im Internet: http://www.
otto-wolff-institut.de/Publikationen/DiskussionPapers/OWIWO_DP_1_2011.pdf (Stand: 20.10.2012)
[4] RL 2007/47/EWG des europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Änderung
der Richtlinien 90/385/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
aktive implantierbare medizinische Geräte und 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte sowie der
Richtlinie 98/8/EG über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten
[5] M. Kraft: Qualitätsmanagement in der Medizintechnik, in Das Einsparpotenzial innovativer Medizintechnik im Gesundheitswesen, Eine Gemeinschaftsstudie der Technischen Universität Berlin, der
Droege Group Internationale Unternehmer-Beratung, des Industrieverbandes SPECTARIS e.V. und des
Fachverbandes Elektromedizinische Technik im ZVEI e.V., Berlin 2008
[6] H. J. Trampisch, J. Windeler: Medizinische Statistik, Springer, Berlin, 1997
[7] P. Diesing: Prüf- und Bewertungsmethoden für Antidekubitus-Systeme, Dissertation, Technische Universität Berlin, Berlin, 2006. Online im Internet: http://opus.kobv.de/tuberlin/volltexte/2007/1388/pdf/
diesing_peter.pdf
12
[8] M. Perleth, D. Lühmann: Nutzen- und Wirtschaftlichkeitsbewertung der biomedizinischen Technik,
Bundesgesundheitsbl 2010 · 53:825–830, DOI 10.1007/s00103-010-1099-7, Springer-Verlag 2010. Online
im Internet: http://www.brainguide.de/upload/publication/50/mt1q/e6a422971eb1b1854039425a1ca9c033_1311535672.pdf
13
Einsparpotenzial und Patientennutzen
Ausgewählte Beispiele
innovativer Medizintechnik
2011/2012
Übersicht/Produktbeschreibung
Accuray: CyberKnife® System
Nicht-invasives System zur robotergesteuerten Radiochirurgie zur
ambulanten Behandlung von
Tumoren im ganzen Körper
14
Anwendungsbereich: Die interdiziplinäre Onkologie
steht vor großen Herausforderungen: Es gilt, ambulante Versorgungsoptionen mit Anspruch auf Lebensqualität zu entwickeln, Therapien für komplexe Krankheitsbilder mit individuellen Verläufen anzubieten und dabei krankheits- und
altersbedingte Einschränkungen und Komorbiditäten zu
berücksichtigen. Die hohen Gesamttherapiekosten von durchschnittlich rund 50 000 Euro bei Krebsbehandlungen im Allgemeinen dürfen dabei nicht außer acht gelassen werden.
In Deutschland erhalten jährlich rund 470 000 Menschen
die angstbesetzte Diagnose „Krebs“, Tendenz steigend.1 Der
demografiebedingte Versorgungsbedarf umfasst verträgliche,
bedarfsgerechte und finanzierbare Therapien.
Das CyberKnife® System ist das weltweit einzige robotergesteuerte Radiochirurgiesystem zur Behandlung von Tumoren in jeder Körperregion. Im Bereich der sogenannten
„Radiochirurgie“, einer hochdosierten Präzisionsbestrahlung,
ermöglicht das CyberKnife® System eine nicht-chirurgische
Behandlungsalternative in der Krebstherapie von z. B. Hirn-,
Wirbelsäulen-, Lungen-, Prostata-, Leber-, Nieren- oder auch
Bauchspeicheldrüsentumoren. Die Technologie kommt im
strahlentherapeutischen Fachabteilungen von Kliniken, aber
auch privatgeführten Strahlentherapie-Zentren zum Einsatz.
In Deutschland gibt es bislang acht CyberKnife® Systeme.
Funktion: Das CyberKnife® System ermöglicht Ärzten,
Tumore nicht-invasiv und mit äußerster Präzision mit hohen
Dosen zu behandeln. Hochdosierte Strahlung (Photonen), die
mittels eines auf den Roboter montierten kompakten Linearbeschleunigers punktgenau angewendet wird, schont gesundes Gewebe maximal, so dass auf eine Immobilisierung
verzichtet werden kann. Das CyberKnife® System stellt eine
innovative Weiterentwicklung der bereits seit Jahrzehnten
praktizierten intrakraniellen stereotaktischen Radiochirurgie
dar, bei der hochenergetische Strahlung wie ein Skalpell eingesetzt wird.
Besonderheiten: Mit Hilfe der kontinuierlichen Bildführung und der Roboterbeweglichkeit werden Tumor- und
Patientenbewegungen während der Behandlung verfolgt,
erkannt und korrigiert. Darüber hinaus können nicht nur
Tumore im Kopf (intrakraniell) radiochirurgisch behandelt
werden, sondern auch Tumore in allen Körperregionen (extrakraniell).
Auch bei Linearbeschleunigern modernerer Bauart für die
konventionelle Strahlentherapie wird die Tumorposition
vor Beginn der Bestrahlung mittels Bildgebung kontrolliert.
Allerdings sind diese Therapiesysteme nicht in der Lage,
unmittelbar und ohne manipulativen Aufwand die Ausrichtung des Therapiestrahls auch nach Beginn der Bestrahlung
an die tatsächliche, sich verändernde Position des Tumor-Zielgewebes automatisch und durchgängig anzupassen.
1 Robert Koch-Institut, Zentrum für Krebsregisterdaten, Daten für 2008
Dadurch gerät bei beweglichen Tumoren oder durch die
unbeabsichtigte Bewegung des Patienten auf dem Behandlungstisch der Tumor aus dem Fokus des Therapiestrahls.
Durch diese Limitation konventioneller Strahlentherapie-Systeme wird dort im Allgemeinen bereits in der Behandlungsplanung eine größere Marge in der Umgebung des Tumors
eingerechnet, um jede potenzielle Tumorposition während der
Behandlungszeit mit dem Therapiestrahl zu erfassen. Negative Folge ist jedoch, dass dadurch auch gesundes Gewebe in
unmittelbarer Umgebung des Tumors von hohen Strahlendosen erfasst wird.
Das Steuerungssystem des CyberKnife® Systems hingegen ist
so geschickt konzipiert, dass die Bildgebung des Tumors selbst
(über Röntgenbilder) z. B. mit dem ebenfalls erfassten Atemzyklus des Patienten (über Infrarot) korreliert wird. Und das
fortlaufend auch während der Bestrahlung. Die tatsächliche
Position des Tumors wird kontinuierlich online verifiziert. Diese Information wird verzögerungsfrei auf den Roboter und
damit die Steuerung des Therapiestrahls rückgekoppelt und
somit die hochpräzise Ausrichtung auf das Tumorgewebe
automatisch und permanent sichergestellt.
Innovation
Die Grafik verdeutlicht die Präzision
des CyberKnife® Systems und die damit
verbundene Überlegenheit gegenüber
konkurrierenden Bestrahlungsverfahren:
Bestrahlung mit
herkömmlichen Geräten:
Das gesunde Gewebe wird
mitbestrahlt (Türkis 10 %
der Gesamtdosis, Gelb 30 %)
Bestrahlung mit dem
CyberKnife®: Das gesunde
Gewebe wird geschont
15
Technische Beschreibung der Innovation: Die technologische Innovation besteht vor allem aus einer Kombination von intelligenter Robotik, Computersteuerung und Bildgebung, die eine von anderen Technologien nicht zu leistende
Beweglichkeit und Präzision des Linearbeschleunigers ermöglicht. Die intelligente Robotik des Systems bietet ein Beispiel
deutscher Ingenieurskunst: Für die millimetergenaue Anwendung der hohen Strahlendosis bedient sich das CyberKnife®
der Robotertechnik aus der Automobilindustrie. Der Roboter
selbst wird von der Firma Kuka hergestellt. Die Technologie zur
Bündelung der Strahlen wurde in Zusammenarbeit mit dem
Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg
entwickelt; die Planungssoftware wurde im Rahmen eines
Kooperationsprojektes mit dem Universitätsklinikum Lübeck
validiert.
Zentrales Merkmal ist, dass die Technik dem Tumor folgt und
sich jeder Bewegung anpassen kann, wodurch es zu einer
kontinuierlichen Positionskorrektur während der Behandlung
kommt. Auf diese Weise können sehr hohe Dosen mit einer
Genauigkeit von unter einem Millimeter sicher an den Tumor
verabreicht werden.2 Im Ergebnis ermöglicht das CyberKnife®
System eine äußerst präzise Bestrahlung bei maximaler Schonung des umliegenden Gewebes in potenziell allen relevanten Körperregionen, so dass Nebenwirkungen durch unnötige
Bestrahlung des gesunden Gewebes vermieden werden können.
2 Chang BK et al. Prostate Stereotactic Body Radiation Therapy: A Comprehensive Review. Amer J Clin
Oncol 2007; 30: 637–644.
Neuheitsgehalt der Lösung/Marktdurchdringung:
In Deutschland wurde das erste Gerät erst 2005 installiert. Der
Neuheitsgehalt liegt in erster Linie in der kontinuierlichen Bildführung und der Roboterbeweglichkeit: Sie ermöglicht Medizinern eine hochdosierte Bestrahlung von Organen, die durch
die Atmung oder andere Körperfunktionen in Bewegung sind.
Dies trifft insbesondere auf die Lunge, aber auch auch auf die
Leber und die durch Darm- oder Blasenaktivität bewegliche
Prostata zu. Eine hohe Dosis ermöglicht dabei eine bessere
Tumorkontrolle und reduziert zudem die Behandlungszeit auf
nur eine oder wenige Bestrahlungssitzungen. Das war bislang
der Behandlung intrakranieller Tumore (z. B. Hirnmetastasen)
vorbehalten. Dank der Kombination des robotergesteuerten
Linearbeschleunigers mit einem exakten Bildführungssystem
werden Patienten- und Tumorbewegungen in Echtzeit aufgezeichnet und die Ausrichtung des Behandlungsstrahls automatisch korrigiert.3
Der Roboter bewegt sich synchron mit der z. B. durch die
Atmung oder andere Körperfunktionen verursachten Tumorbewegung und verhindert somit ungewollte Bestrahlung und
dadurch Schädigungen am gesunden Gewebe.
Darüber hinaus wird Patienten eine Alternative zur Behandlung von Tumoren geboten, die durch ungenauere Methoden
bislang lokal nicht zu behandeln waren. Ein wichtiger Aspekt
ist dabei auch, dass auf eine bei anderen Strahlentherapieverfahren notwendige Fixierung des Patienten verzichtet werden
kann.
Punktgenaue
Bestrahlung: Roboterarm
des CyberKnife® Systems
steuert einzelne
schwache Strahlen aus
bis zu 1 500 möglichen
Richtungen.
Verbesserung zu bestehenden Lösungen/Historie/
Wirksamkeit: Eine deutliche Verbesserung zu bestehenden
Lösung liegt darin, dass bislang nicht oder nur sehr schwer zu
behandelnde Tumore mit dem CyberKnife® System bestrahlt
werden können. Patienten, die aufgrund der Lage der Tumore
oder aufgrund von Komorbiditäten nicht operiert werden können, haben somit eine neue Behandlungsalternative. Darüber
hinaus ist die Möglichkeit, bereits bestrahlte Patienten erneut
strahlentherapeutisch zu behandeln4, eine herausragende
Verbesserung, die von „Krebs als fatale Diagnose“ einen Schritt
hin zu „Krebs als chronische Krankheit“ bedeutet.
Das CyberKnife® System kann durch den Roboter viele hundert
verschiedene Positionen einnehmen und dadurch die Zahl der
Einstrahlwinkel signifikant erhöhen. Für die punktgenaue Bestrahlung steuert der Roboterarm des CyberKnife® Systems
die einzelnen schwachen Strahlen aus bis zu 1 500 möglichen
3 King CR, Brooks JD, Gill H, et al. Stereotactic body radiotherapy for localized prostate cancer: interim
results of a prospective phase II clinical trial. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2009;73:1043-1048.,
Mahadevan A, Jain S, Goldstein M, et al. Stereotactic body radiotherapy and gemcitabine for locally
advanced pancreatic cancer. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2010;78:735-742.,
van der Voort van Zyp NC, Prevost JB, Hoogeman MS, et al. Stereotactic radiotherapy with real-time tumor
tracking for non-small cell lung cancer: clinical outcome. Radiother Oncol 2009;91:296-300.,
Vautravers-Dewas C, Dewas S, Bonodeau F, et al. Image-Guided Robotic Stereotactic Body Radiation
Therapy for Liver Metastases: Is There a Dose Response Relationship? Int J Radiat Oncol Biol Phys in press.,
Wowra B, Muacevic A, Tonn JC. Quality of radiosurgery for single brain metastases with respect to treatment technology: a matched-pair analysis. J Neurooncol 2009;94:69-77.,
Wowra B, Zausinger S, Drexler C, et al. CyberKnife® radiosurgery for malignant spinal tumors: characterization of well-suited patients. Spine 2008;33:2929-2934.
16
4 Jereczek-Fossa B, Beltramo G, Fariselli L et al. Robotic image-guided stereotactic radiotherapy, for isolated recurrent primary, lymph node or metastatic prostate cancer. Int J Radiat Oncol Biol Phys. 2012 Feb
1;82(2):889-97.
Dewas S, Bibault, JE, Mirabel X, et al. Robotic image guided reirradiation of lateral pelvic recurrences:
preliminary results. Radiat Oncol 2011;6:77
Richtungen, so dass sich die Wirkung in ihrer Schnittmenge
(dem Tumorgewebe) aufsummiert. In diesem Punkt entfaltet die Bestrahlung eine so starke Gesamtdosis, dass das Zielvolumen zerstört wird; umliegendes Gewebe wird durch einen
rapiden Dosisabfall geschont.5
Qualitativer Nutzen/
Verbesserter Patientennutzen
Dem Patienten bietet das innovative Verfahren eine besonders schonende Krebstherapie. Viele Patienten haben Tumore
in äußerst sensiblen Regionen. Diese müssen mit maximaler
Präzision bestrahlt werden. Bei der Therapie mit herkömmlicher Bestrahlungstechnik muss der Patient der Maschine
angepasst werden: In einer aufwändigen Prozedur wird z. B.
ein Metallrahmen in den Schädel geschraubt und an dem
Gerät fixiert; oder der Patient wird durch den Einsatz einer
Bauchpresse daran gehindert, frei zu atmen, um die Bewegung des Tumors während der Behandlung einzuschränken.
Beim CyberKnife® System hingegen folgt die Maschine per Bildgebungsführung der Bewegung des Tumors millimetergenau.
Die Behandlung ist schmerzfrei, verringert durch die Genauigkeit die typischen Nebenwirkungen der Strahlentherapie und
erfolgt ambulant. Dabei erreicht das CyberKnife® System mit
in der Regel nur einer oder sehr wenigen Bestrahlungen den
gleichen oder vielfach bessere Effekte als die, die mit dem herkömmlichen Linearbeschleuniger erst in 20 bis 45 Anwendungen erzielt werden. Bei bestimmten Tumoren ist diese nichtinvasive Methode erwiesenermaßen genauso effektiv wie
ein risikobehafteter chirurgischer Eingriff. 6 Bei bestimmten
Indikationen kann das CyberKnife® System sogar eine Chemotherapie ersetzen und die damit verbundenen, teils massiven
Nebenwirkungen vermeiden.7
Für den Arzt und/oder das Krankenhaus bietet das CyberKnife®
System eine innovative, patientenschonende und effiziente
Behandlungsmethode mit hoher Wirkung nach Außen. Die
interdisziplinäre Arbeit fördert Kommunikation und Kooperation im Sinne des Patienten und erweitert das Therapieangebot um einen Bereich, der durch herkömmliche Strahlentherapieangebote bislang so nicht abgedeckt werden konnte.
Aus Sicht der Kostenträger bietet die Technologie potenzielle Einsparungen u. a. durch ein ergebnisorientiertes Versorgungskonzept mit ambulanter Ausrichtung und stationärem
Substitutionspotential. Geringere Nebenwirkungen aufgrund
des nicht-invasiven Charakters sowie eine Verringerung der
Behandlungssitzungen tragen ebenfalls zur Wirtschaftlichkeit
der Technologie bei.
5 Hossain S, Xia P, Huang K, et al. Dose gradient gear target-normal structure interface for nonisocentric
CyberKnife® and isocentric intensity-modulated body radiotherapy for prostate cancer. Int J Radiat Oncol
Biol Phys 2010;78:58-63.
6 Timmerman R et al. Front Radiat Ther Oncol 2007;40:368-385., Handy JR, et al. Chest 2002;122:21-30.,
Sibley GS et al. Int J Radiat Oncol Biol Phys 1998;40:149-154., Martin A, Gaya A. Clin Oncol (R Coll Radiol).
2010, Brown et al. Clin Oncol (R Coll Radiol) 2009;21:623-631., Collins et al. J Hematol Oncol 2009;2:1.,
van der Voort van Zyp et al. Radiother Oncol 2009;91:296-300., Onishi et al. Cancer 2004;101:1623-1631.
17
7 Versorgungsverbesserung in der Onkologie durch kosteneffektiv eingesetzte Innovationen – Das Potenzial der Kostenträger am Beispiel CyberKnife® – Gesundheits- und Sozialpolitik 2009
Kosten-Nutzen-Analyse
Um das Einsparpotenzial aus Sicht der Gesetzlichen Krankenkassen zu quantifizieren wird bei der Kosten-Nutzen-Analyse
die radiochirurgische Behandlung mit dem CyberKnife® System der Firma Accuray anderen Behandlungsalternativen
(ambulante Radiotherapie, ambulante intensitätsmodulierte
Radiotherapie, Operation ohne Rehabilitation, Operation mit
Rehabilitation sowie Operation mit Rehabilitation und mit
ambulanter Radiotherapie) gegenübergestellt. Dabei werden
in beiden Fällen (CyberKnife® System und Behandlungsalternativen) die Kosten für die Behandlung von fünf Indikationen
(primäre Lungentumore, singuläre Lebermetastasen, singuläre Lungenmetastasen, singuläre Hirnmetastasen und singuläre Wirbelsäulenmetastasen) auf der Basis einer Kostenrechnung für eine Beispielklinik analysiert.
In Deutschland werden jährlich bei 16 617 Patienten primäre Lungentumore, singuläre Lebermetastasen, singuläre
Lungenmetastasen, singuläre Hirnmetastasen und singuläre Wirbelsäulenmetastasen diagnostiziert (vgl. www.rki.de,
www.gekid.de, www.tumorzentrum-freiburg.de). Die Verteilung der Inzidenzen stellt sich wie folgt dar: 1 862 primäre
Lungentumore, 4 441 singuläre Lebermetastasen, 4 649 singuläre Lungenmetastasen, 3 338 singuläre Hirnmetastasen und
2 327 singuläre Wirbelsäulenmetastasen. Davon ist in der
medizinischen Praxis ist jedoch nur ein bestimmter Anteil
auch tatsächlich für eine radiochirurgische Behandlung mit
dem CyberKnife® System geeignet. Daher werden für die Analyse des Einsparpotenzials jährlich insgesamt 6 470 (vgl. InEK
GmbH [2008]) potenzielle CyberKnife® Behandlungsfälle in den
oben genannten Indikationen einkalkuliert. Die Fälle verteilen
sich auf 931 primäre Lungentumore, 1 332 singuläre Lebermetastasen, 2 325 singuläre Lungenmetastasen, 835 singuläre Hirnmetastasen und 1 047 singuläre Wirbelsäulenmetastasen. Die jährlich insgesamt theoretisch mit einem CyberKnife® System behandelbaren Erkrankungen werden von den
heute acht in Deutschland installierten Geräten nicht abgedeckt. Für die Kalkulation wird von jährlich 300 Patienten pro
Gerät ausgegangen. In Europa werden im Durchschnitt zwischen 250–300 Patienten pro Jahr mit einem CyberKnife®
System behandelt. Danach können heute potenziell rund
2 400 Patienten mit den genannten Indikationen an den acht
CyberKnife® Systemen in Deutschland behandelt werden. Ausgehend von der Gesamtinzidenz von 6 470 möglichen Fällen
verbleiben somit potenziell 4 070 CyberKnife® Behandlungsfälle.
18
Für die Berechnungen des Einsparpotenzials wird ein
gewichteter Mittelwert der Behandlungskosten aus
GKV-Sicht für die fünf untersuchten Indikationen in
den betrachteten Behandlungsmethoden (CyberKnife®
Radiochirurgie und Behandlungsalternativen) gebildet.
Hierfür wird die prozentuale Verteilung der jeweiligen Indikation im Verhältnis zu den Gesamterkrankungen angenommen. Darüber hinaus werden die von der GKV erstatteten Fahrtkosten einkalkuliert. Die durchschnittlichen
Kosten einer Behandlung belaufen sich demnach auf 9 818
Euro für die radiochirurgische Behandlung mit dem CyberKnife® System und auf 11 701 Euro für die alternativen Behandlungsmethoden. Das Einsparpotenzial, das mit einem
CyberKnife® System erzielt werden kann, liegt somit bei
564 900 Euro. Bei einem angenommenen Durchdringungsgrad für ein Jahr in Höhe von 22 % (bezogen auf die 4 070
potenziell verbleibenden CyberKnife® Behandlungsfälle) ergäbe sich ein Einsparpotenzial durch die Behandlung mit drei
weiteren CyberKnife® Systemen (Annahme) in Höhe von insgesamt 1 694 700 Euro.
Neben dem gezeigten Einsparpotenzial aus Sicht der Gesetzlichen Krankenkassen wurde in zahlreichen Studien auch der
positive Patientennutzen bei einer CyberKnife® Behandlung
nachgewiesen. So kann z. B. eine Steigerung von Lebensqualität und Lebenserwartung beim Patienten mit einem Lungentumor oder mit spinalen Metastasen durch eine radiochirurgische Behandlung nachgewiesen werden (vgl. z. B. Collins
et al. [2009], Gagnon et al. [2009], Stüve et al. [2009], Van der
Voort van Zyp et al. [2010]).
Kosten-Nutzen-Analyse
CyberKnife®
Behandlungs-
Radiochirurgie
alternativen
Inzidenz in Deutschland pro Jahr
Primäre Lungentumore
Singuläre Lebermetastasen
Singuläre Lungenmetastasen
Singuläre Hirnmetastasen
Singuläre Wirbelsäulenmetastasen
Summe Inzidenz in Deutschland pro Jahr
1 862
4 441
4 649
3 338
2 327
16 617
Davon potenzielle CyberKnife® Behandlungsfälle in Deutschland pro Jahr
Primäre Lungentumore
Singuläre Lebermetastasen
Singuläre Lungenmetastasen
Singuläre Hirnmetastasen
Singuläre Wirbelsäulenmetastasen
931
1 332
2 325
835
1 047
Summe potenzielle CyberKnife® Behandlungsfälle in Deutschland pro Jahr
6 470
Davon aktuell mit CyberKnife® Systemen behandelbar in Deutschland pro Jahr*
2 400
* Kalkulationsbasis: 300 Patienten pro System pro Jahr
Verbleibende Summe potenzielle CyberKnife® Behandlungsfälle
in Deutschland pro Jahr*
4 070
* Kalkulationsbasis: 300 Patienten pro System pro Jahr
Durchschnittliche Kosten der Behandlungen inkl. Fahrtkosten
gem. Kostenrechnung (in Euro)*
9 818
11 701
*gewichtet nach Verteilung der Inzidenzen
Durchschnittliches Einsparpotenzial pro CyberKnife® System (in Euro)*
* Kalkulationsbasis: 300 Patienten pro System pro Jahr
Durchdringungsgrad von CyberKnife® System (Annahme für ein Jahr)*
* ausgehend von 4 070 verbleibenden potenziellen Behandlungsfällen
Jährliches potenzielles Einsparpotenzial (in Euro)
19
564 900
22 %
(entspricht drei
weiteren Geräten)
1 694 700
Fazit
Zweck: Das CyberKnife® System ist ein robotergesteuertes Radiochirurgiesystem zur Behandlung von Tumoren in
jeder Körperregion. Im Bereich der sogenannten „Radiochirurgie“, einer hochdosierten Präzisionsbestrahlung, ermöglicht
das System eine nicht-chirurgische ambulante Behandlungsalternative in der Krebstherapie von z. B. Hirn-, Wirbelsäulen-, Lungen-, Prostata-, Leber-, Nieren- oder auch Bauchspeicheldrüsentumoren. Hochdosierte Strahlung (Photonen), die
mittels eines auf den Roboter montierten kompakten Linearbeschleunigers punktgenau angewendet wird, schont gesundes Gewebe maximal, so dass auf eine Immobilisierung verzichtet werden kann.
Innovation: Die Innovation des CyberKnife® Systems
liegt darin, dass mit Hilfe der kontinuierlichen Bildführung
und der Roboterbeweglichkeit Tumor- und Patientenbewegungen während der Behandlung verfolgt, erkannt und korrigiert
werden. Es können sehr hohe Dosen mit einer Genauigkeit von
unter einem Millimeter sicher an den Tumor verabreicht werden. Gleichzeitig schont das System durch die äußerst präzise
Bestrahlung das umliegende Gewebe, so dass Nebenwirkungen verringert werden.
Einspareffekt: Weniger Nebenwirkungen aufgrund
des nicht-invasiven Charakters sowie eine Verringerung der
Behandlungssitzungen tragen zur Wirtschaftlichkeit der Technologie bei. Das Einsparpotenzial liegt bei ca. 1,7 Mio. Euro.
Quellenverzeichnis
Collins et al. (2009): Radical CyberKnife® radiosurgery with tumor tracking: an effective treatment for
inoperable small peripheral stage I non-small cell lung cancer, in: Journal of Hematology & Oncology,
2009, 2:1.
Gagnon et al. (2009): Treatment of spinal tumors using CyberKnife® fractionated stereotactic radiosurgery: pain and quality-of-life assessment after treatment in 200 patients, in: Neurosurgery, 2009 February,
64 (2), 297-306; discussion 306-307.
Stüve et al. (2009): Versorgungsverbesserung in der Onkologie durch kosteneffektiv eingesetzte Innovationen – Das Potenzial der Kostenträger am Beispiel CyberKnife®, in: G+S, 5/2009, S. 11-20.
Van der Voort van Zyp et al. (2010): Quality of life after stereotactic radiotherapy for stage I non-smallcell lung cancer, in: International Journal of Radiation Oncology, Biology, Physics, 2010 May, 77 (1), 31-37.
InEK GmbH (2008): G-DRG Browser, Datenveröffentlichung gem. § 21 KHEntgG and Begleitforschung
gem. § 17b Abs. 8; anschl. Validierung durch KOL.
www.gekid.de, Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e. V.
www.rki.de, Robert Koch-Institut
www.tumorzentrum-freiburg.de, Tumorzentrum des Universitätsklinikums Freiburg
20
Übersicht/ Produktbeschreibung
Ulrich GmbH & Co. KG
System zur optimierten
Kontrastmittelinjektion
im CT und MRT
(XD 200x Serie & CT motion)
Anwendungsbereich: Eine Differenzierung von Organund Gewebestrukturen sowie eine mögliche Veränderung dieser (in Form von Zysten, Tumoren, Lymphknoten, Läsionen etc.)
ist in der radiologischen Diagnostik häufig erst durch den Einsatz von Kontrastmitteln möglich.
ulrich medical Kontrastmittelinjektoren dienen zur automatischen, kontrollierten, venenseitigen Verabreichung von Kontrastmitteln (KM) an Menschen während einer Untersuchung
mit einem Computertomografen (CT) oder Magnetresonanztomografen (MRT).
„„
Das System besteht jeweils aus einem Injektor, einem
Terminal, dem Pumpenschlauch, dem Patientenschlauch,
Zubehör und abnehmbaren Teilen.
„„
Das System ist dazu bestimmt, mehrere Patienten nacheinander mit Kontrastmittel aus mehreren Kontrastmittelbehältern zu bedienen.
Funktion: Um eine optimale Diagnostik zu ermöglichen, kommt es bei CT/MRT-Untersuchungen auf die zeitgenaue und präzise Injektion von Kontrastmittel (KM) und
physiologischer Kochsalzlösung (NaCl), abgestimmt auf die
Untersuchung und den vom Anwender eingesetzten Scanner,
an. Hierbei sind die Bolusgröße von KM und NaCl sowie die
Bolusgeschwindigkeit (Flow) entscheidend.
ulrich medical Injektoren werden abhängig von der Untersuchung und dem zur Verfügung stehenden Platz im Untersuchungsraum vor oder hinter der Gantry des CT/MRT platziert.
Die Medien (NaCl und Kontrastmittel) werden über eine Rollenpumpe und ein zweiteiliges Schlauchsystem zum Patienten
gefördert. Das Schlauchsystem besteht aus einem Pumpenund einem Patientenschlauch. Die Rollenpumpe schließt eine
definierte Flüssigkeitsmenge im Schlauch ein. Durch Drehen
der Rollen wird die Flüssigkeit in Flussrichtung gefördert.
Medien- und Luftdetektoren überwachen den Vorgang und
bieten höchste Sicherheit für Anwender und Patient.
„„
Über ein Touch-Terminal im Überwachungsraum werden
Injektionsparameter eingegeben und Injektionen überwacht.
„„
Über eine Bedieneinheit am Injektor lassen sich Injektionen
starten, pausieren und stoppen sowie einzelne Bedienschritte durchführen.
Besonderheiten: ulrich medical Kontrastmittelinjektoren basieren auf der innovativen und patentierten Rollenpumpentechnologie. Im Gegensatz zu herkömmlichen Kolbenspritzeninjektoren gibt es bei den ulrich medical Kontrastmittelinjektoren nur eine vordefinierte Flussrichtung der Medien.
Diese schließt eine untersuchungsbedingte retrograde Kontamination durch das System zuverlässig aus.
21
ulrich medical Injektoren sind die einzigen Injektoren mit
einem zweiteiligen Schlauchsystem, bestehend aus einem
Pumpenschlauch für die Verwendung von bis zu 24 Stunden sowie einem Patientenschlauch für den Wechsel nach
jedem Patienten. Das zweiteilige Schlauchsystem verfügt
über zwei bis drei Rückschlagventile (XD 200x: zwei RSV, CT
motion: drei RSV – ein Ventil im Pumpenschlauch und zwei
Ventile im Patientenschlauch). Darüber hinaus ist der
Pumpenschlauch mit einem Partikelfilter ausgestattet. Ein
automatischer Schlaucheinfädelmechanismus vereinfacht
und beschleunigt beim CT motion den Arbeitsablauf.
Gerätemerkmale wie eine schwenkbare Flaschenführung,
eine Halterung für Tropfbecher u. a. ermöglichen ein sauberes
und tropffreies Arbeiten. Die Injektoren von ulrich medical
verfügen über Medien-, Druck- und Luftsensoren, die für eine
sichere, absolut zuverlässige Anwendung sorgen. Beim CT
motion befindet sich dabei einer der Luftsensoren auf
Patientenseite am Patientenschlauch. Er kontrolliert fortwährend den Wechsel des Patientenschlauchs, und erkennt
und erfasst Luftbläschen.
Für die Bedienung der ulrich medical Kontrastmittelinjektoren
sind nur sehr wenige Handgriffe pro Patient nötig. Die Vorbereitungszeit pro Patient reduziert sich somit auf ein
Minimum. Die Injektoren sind mit drei Mediensteckplätzen (1x NaCl und 2x Kontrastmittel) ausgestattet, auf
die sowohl Flaschen, Medienbeutel mit integriertem Einstechseptum wie auch Kontrastmittel in Spritzen über einen
Adapter (betrifft ulrich medical Injektoren XD 200x) gesteckt
werden können. Die Injektion erfolgt direkt aus den Medienbehältern. Es sind mehrere Injektionen an unterschiedlichen
Patienten aus einem Behälter möglich. Läuft ein Kontrastmittelbehälter leer, erfolgt vollautomatisch eine Umschaltung auf den zweiten Kontrastmittelbehälter. Dieser große
Medienvorrat und die direkten Injektionen ermöglichen
einen einfachen und sehr schnellen Workflow. Das Aufziehen
von Kolben und/oder die Verwendung von Transfersets,
wie bei herkömmlichen Kolbenspritzeninjektoren üblich,
entfallen.
Mit der „Tandem-Funktion“ können auf die beiden Kontrastmittel-Steckplätze zwei verschiedene Kontrastmittel, entsprechend Freigabe der verschiedenen KontrastmittelAnbieter, aufgesetzt werden. Hierdurch kann wahlweise,
entsprechend der Patientenanforderungen, zwischen beiden
Kontrastmitteln gewechselt werden. Bis zu 40 programmierbare Boli beim CT motion (bei Kolbenspritzeninjektoren
max. sechs Boli) ermöglichen vielfältige und individuelle Injektionsprogramme.
Die Vielzahl dieser besonderen Gerätemerkmale bietet Anwendern viele bedeutende Vorteile: ulrich medical Kontrastmittelinjektoren erfüllen höchste Hygieneanforderungen,
sind äußerst effizient in der Bedienung und führen durch
reduzierte Kosten zu überaus wirtschaftlichen Injektionen.
22
Innovation
Technische Beschreibung der Innovation: ulrich medical Kontrastmittelinjektoren basieren auf einem innovativen Rollenpumpenantrieb. Dieser gestattet die Verwendung
eines zweiteiligen Schlauchsystems, bestehend aus Pumpenschlauch und Patientenschlauch. Der Pumpenschlauch ist
mehrfach über einen Zeitraum von bis zu 24 Stunden verwendbar. Der Patientenschlauch wird über eine Luer-LockVerbindung an den Pumpenschlauch angeschlossen und mit
jedem Patienten gewechselt. Dem Wunsch und den Gewohnheiten des Anwenders entsprechend, sind unterschiedliche
Patientenschlauchlängen verfügbar.
Funktionsskizze zur Erklärung des
Unterschieds zwischen ulrich medical
Kontrastmittelinjektoren (rechts)
und Doppelkolbeninjektoren
des Wettbewerbs (links)
Neuheitsgehalt der Lösung/Marktdurchdringung:
Der erste Kontrastmittelinjektor mit einer vereinfachten Form
der noch heute bewährten Rollenpumpentechnologie wurde
bereits 1985 von ulrich medical auf dem Markt eingeführt.
Bis heute sind ulrich medical Kontrastmittelinjektoren die
einzigen Injektoren mit einer fest integrierten Rollenpumpe
und zugelassenem 24-Stunden-Verbrauchsmaterial (Pumpenschlauch). Mit dieser Technologie erreicht das Unternehmen
weit überproportionale, prozentual zweistellige Wachstumsraten und gehört seit Jahren weltweit zur absoluten Spitzengruppe der Kontrastmittelinjektorhersteller.
23
Verbesserung zu bestehenden Lösungen/Historie/
Wirksamkeit: Klassische Kolbenspritzeninjektoren erlauben
hauptsächlich nur den Einmalgebrauch des für eine Injektion
notwendigen Verbrauchsmaterials. Zum Teil sind auch Systeme
für dieVerwendung bis zu acht Stunden erhältlich. ulrich medical
Kontrastmittelinjektoren weisen hier einen besonders kosteneffizienten Einsatz auf, da ein Teil des Verbrauchsmaterials, der
Pumpenschlauch, für eine Verwendung bis zu 24 Stunden zugelassen ist.
Bei Patientenwechseln ist bei herkömmlichen Kolbenspritzeninjektoren der Verwurf des kompletten Verbrauchsmaterials
vorgeschrieben. Das bedeutet, dass der Injektor bei der Beachtung der bestimmungsgemäßen Anwendervorschriften für
die nächste Anwendung komplett neu aufgerüstet wird. Bei
den ulrich medical Kontrastmittelinjektoren hingegen ist für
einen Patientenwechsel lediglich der Verwurf des Patientenschlauchs vorgeschrieben. In diesem Fall wird ein neuer
Patientenschlauch über eine Luer-Lock-Verbindung an den
24-Stunden-Pumpenschlauch angeschlossen. Diese Vorgehensweise erlaubt deutlich schnellere Patientenwechsel und
somit eine maximale Zeiteffizienz.
Auch das direkte Injizieren aus den Kontrastmittel- und NaClMedienbehältern verschafft ulrich medical Kontrastmittelinjektoren einen deutlichen Zeitvorteil. Das Aufziehen der
Spritzenkolben und/oder die Verwendung von Transfersets
nach jedem Patienten, wie bei Kolbenspritzeninjektoren in der
Regel notwendig, entfallen. ulrich medical Kontrastmittelinjektoren bieten darüber hinaus einen ökologischen Vorteil.
Durch den geringeren Verwurf von Verbrauchsmaterial inkl.
Verpackung reduziert sich mit den Injektoren deutlich das
Müllvolumen, verglichen mit Kolbenspritzeninjektoren.
Qualitativer Nutzen/
Verbesserter Patientennutzen
Ein großer Nutzen der ulrich medical Kontrastmittelinjektoren liegt in ihrer äußerst effizienten Nutzung. Die
Injektoren unterstützen Anwender optimal in ihrem täglichen Workflow. Die Arbeitsroutine wird durch die reibungslose und zeitsparende Untersuchung nicht unterbrochen.
Dies trägt letztlich zu einem hohen Patientendurchsatz
und großer Arbeitszufriedenheit bei den Anwendern bei.
Die beschriebene, patentierte Rollenpumpentechnologie in
Kombination mit dem zweiteiligen Schlauchsystem führt zu
einer bedeutenden Kosteneinsparung und somit zu einer sehr
wirtschaftlichen und zugleich ökologischen Nutzung des Systems.
Das durchdachte Gerätedesign und Bedienkonzept der ulrich
medical Kontrastmittelinjektoren bietet Anwendern und
Patienten Sicherheit auf höchstem Niveau. Automatische
Sicherheitsabfragen erlauben eine äußerst zuverlässige
Anwendung des Systems. Die hygienische Sicherheit wurde in
zahlreichen bakteriologischen Studien und virologischen Gutachten detailliert geprüft und nachgewiesen.
24
Kosten-Nutzen-Analyse
Im Rahmen der Kosten-Nutzen-Analyse wird ein CT-Kontrastmittelinjektor mit Rollenpumpenantrieb der Firma ulrich
medical einem herkömmlichen Doppelkolbeninjektor als
Wettbewerbsprodukt gegenübergestellt. In beiden Fällen wird
die Untersuchung durch eine Medizinisch-technische Assistentin bzw. einen Medizinisch-technischen Assistenten (MTA)
durchgeführt. Als durchschnittlicher Kostensatz für eine/
einen MTA wird 0,39 Euro pro Minute angenommen (Annahme:
3 750 Euro Bruttogehalt pro Monat inkl. Arbeitgeberanteil; 160
Stunden Arbeitszeit im Monat; vgl. www.hitec-consult.de). Der
Zeitbedarf in Minuten ist von der jeweiligen zu untersuchenden
Körperpartie abhängig und dauert in der Regel im CT-Bereich
zwischen 15–30 Minuten. Hier wird für beide Verfahren eine
durchschnittliche Untersuchungsdauer von 20 Minuten als
Annahme getroffen. Der Rollenpumpeninjektor muss morgens
einmalig aufgerüstet werden. Dieser Vorgang beansprucht im
Durchschnitt drei Minuten und 36 Sekunden. Bei einer konservativen Annahme von durchschnittlich 12 Untersuchungen
pro Tag wird diese einmalige morgendliche Aufrüstzeit mit
18 Sekunden je Untersuchung berücksichtigt. Darüber hinaus ist eine durchschnittliche Injektorrüstzeit zwischen einem
Patientenwechsel durch den Anwender zu berücksichtigen. Bei
dem ulrich medical Rollenpumpeninjektor beträgt diese Rüstzeit höchstens 54 Sekunden je Untersuchung (konservative
Annahme, da häufig nur ein Patientenschlauchwechsel anfällt
und Kontrastmittelflaschen ggf. nur alle 4–8 Untersuchungen
gewechselt werden), hingegen bei einem herkömmlichen
Doppelkolbeninjektor beläuft sich dieser Wert auf eine Minute
und 50 Sekunden pro Untersuchung (vgl. Buerke et al. [2011],
W229-W230). Insgesamt ergibt sich ein durchschnittlicher
Zeitaufwand je Untersuchung in Höhe von 21 Minuten und
12 Sekunden bei dem Rollenpumpeninjektor und in Höhe von
21 Minuten und 50 Sekunden bei dem Doppelkolbeninjektor.
Durch Multiplikation des durchschnittlichen Zeitaufwands
pro Untersuchung mit dem durchschnittlichen Kostensatz
MTA pro Minute (0,39 Euro), entstehen bei dem ulrich medical
Rollenpumpeninjektor durchschnittliche Personalkosten pro
Untersuchung in Höhe von 8,27 Euro während bei dem Wettbewerbsprodukt durchschnittliche Personalkosten pro Untersuchung in Höhe von 8,52 Euro anfallen .
25
Neben den Personalkosten fallen bei beiden Injektoren zusätzlich Materialkosten an. Bei dem Rollenpumpeninjektor sind
Kosten für den Pumpenschlauch, 24 Stunden anteilig auf die
Patienten gerechnet, und für den Patientenschlauch insgesamt
in Höhe von 4,37 Euro anzusetzen (18,90 Euro dividiert durch
12 angenommene Patienten am Tag zzgl. 2,79 Euro). Bei dem
Doppelkolbeninjektor bestehen diese Kosten aus einem Doppelkolbenset mit Patientenschlauch in Höhe von ungefähr
22,49 Euro (vgl. www.bendergruppe.de). Sowohl bei dem Rollenpumpeninjektor als auch bei dem Doppelkolbeninjektor werden
im CT-Bereich durchschnittlich 100 ml Kontrastmittel je Untersuchung benötigt (Verabreichung zwischen 80–120 ml Kontrastmittel je nach Körpergröße, -gewicht, etc.), so dass bei beiden
Verfahren bei einem durchschnittlichen Kontrastmittelpreis in
Höhe von 0,83 Euro je ml (gängige Marktpreise liegen zwischen
0,75– 0,91 Euro je ml, vgl. www.braccoimaging-shop.de, vgl.
www.medizinfuchs.de) Kosten für eine Untersuchung in
Höhe von 83,00 Euro für das Kontrastmittel anfallen. Mit dem
Rollenpumpeninjektor sind somit 87,37 Euro und mit dem
Doppelkolbeninjektor 105,49 Euro an durchschnittlichen Materialkosten je Untersuchung verbunden. Insgesamt ergeben
sich dann je Untersuchung durchschnittliche Personal- und
Materialkosten in Höhe von 95,64 Euro für den ulrich medical
Rollenpumpeninjektor und in Höhe von 114,01 Euro für den
Doppelkolbeninjektor.
Das Schlauchsystem der ulrich medical
Kontrastmittelinjektoren ist zweiteilig. Der Pumpenschlauch ist für eine Verwendung bis zu 24 Stunden
zugelassen, der Patientenschlauch wird mit
jedem Patienten gewechselt.
26
Zum Aufzeigen der jährlichen durchschnittlichen Personalund Materialkosten wird von durchschnittlich 12 Untersuchungen pro Tag bei 200 Arbeitstagen im Jahr als konservative Annahme ausgegangen. Auf der Basis der getroffenen
Annahmen ergibt sich für eine betrachtete Beispielklinik eine
Anzahl an jährlichen Untersuchungen in Höhe von 2 400.
Es entstehen hierdurch jährliche laufende Kosten in Höhe von
229 536 Euro für den Rollenpumpeninjektor und in Höhe von
273 624 Euro für das Wettbewerbsprodukt. Neben den laufenden Kosten sind die Anschaffungskosten der Geräte zu berücksichtigen. Die Anschaffungskosten beider Geräte belaufen
sich jeweils auf ungefähr 17 000 Euro (Basis realistische Marktpreise). Bei einer Nutzungsdauer von acht Jahren entstehen
jährliche lineare Abschreibungen in Höhe von 2125 Euro, die
bei beiden Geräten anzusetzen sind. Die jährlichen Gesamtkosten des Produktes von ulrich medical belaufen sich auf
231 661 Euro, während die des Wettbewerbsproduktes 275 749
Euro betragen. Es ergibt sich ein jährliches Einsparpotenzial
im CT-Bereich in Höhe von 44 088 Euro für eine exemplarische
Klinik. Hochgerechnet auf die 2 041 Kliniken in Deutschland
(vgl. www.destatis.de), wobei ein Durchdringungsgrad von
15 % unterstellt wird, ergibt sich ein jährliches Einsparpotenzial durch den ulrich medical Rollenpumpeninjektor in Höhe
von 13 497 541 Euro.
Kosten-Nutzen-Analyse
Durchführung der Untersuchung
MTA
MTA
Durchschnittlicher Kostensatz MTA pro Minute (in Euro)
0,39
0,39
20 Min.
20 Min.
Durchschnittliche einmalige Aufrüstzeit pro Tag
3 Min.
und 36 Sek.
–
Durchschnittliche einmalige Aufrüstzeit pro Tag
bei 12 Untersuchungen (Annahme)
18 Sek.
–
Durchschnittliche Injektorrüstzeit Patientenwechsel je Untersuchung
54 Sek.
1 Min.
und 50 Sek.
21 Min.
und 12 Sek.
21 Min.
und 50 Sek.
Durchschnittliche Personalkosten pro Untersuchung (in Euro)
8,27
8,52
Kosten Verbrauchsmaterial pro Untersuchung (in Euro)
4,37
22,49
Durchschnittlicher Preis Kontrastmittel (in Euro/ml)
0,83
0,83
Durchschnittlicher Menge Kontrastmittel pro Untersuchung (in ml)
100
100
Durchschnittliche Kosten Kontrastmittel pro Untersuchung (in Euro)
83,00
83,00
Durchschnittliche Materialkosten pro Untersuchung (in Euro)
87,37
105,49
Durchschnittliche Personal- und Materialkosten je Untersuchung (in Euro)
95,64
114,01
12
12
200
200
2400
2400
229 536
273 624
17 000
17 000
8
8
2125
2125
231 661
275 749
Durchschnittliche Untersuchungsdauer
Durchschnittlicher Zeitaufwand je Untersuchung
Anzahl Untersuchungen pro Tag (Annahme)
Anzahl Arbeitstage pro Jahr (Annahme)
Anzahl Untersuchungen pro Jahr
I. Jährliche laufende Kosten (in Euro)
Anschaffungskosten (in Euro)
Nutzungsdauer in (Jahren)
II. Jährliche lineare Abschreibungen (in Euro)
I-II. Jährliche Gesamtkosten (in Euro)
Jährliches Einsparpotenzial (in Euro)
44 088
Anzahl Kliniken in Deutschland 2011
2 041
Durchdringungsgrad von ulrich medical Rollenpumpeninjektor (Annahme)
Jährliches Einsparpotenzial bei Durchdringungsgrad von 15 % (in Euro)
27
ulrich medical
DoppelkolbenRollenpumpeninjektor
injektor
15 %
13 497 541
Fazit
Zweck: Um in der radiologischen Diagnostik Veränderungen von Gewebe, Organen, Organstrukturen und
(Versorgungs-)Gefäßen ideal darstellen zu können, werden
sogenannte Kontrastmittel injiziert. Die Wirkung von Kontrastmitteln besteht darin, dass sie das Signal, das in der
jeweiligen Untersuchung registriert wird, modifizieren. Ziel
des Einsatzes ist es, bei der Untersuchung Zusatzinformationen zu gewinnen. Beispielsweise verwendet man in der
Radiologie oft Kontrastmittel, die Röntgenstrahlen stärker
absorbieren als normales Weichteilgewebe. Gewöhnlich sieht
man auf einem Röntgenbild z. B. keine Blutgefäße. Wird eine
iodhaltige Lösung injiziert, werfen die Gefäße, in die die
Lösung gelangt, Röntgenschatten und machen sie so sichtbar
(Angiografie). Diese Injektion mit genau definierten Kontrastmittelvolumina in einer definierten Zeit mit teilweise hohem
Druck ist in vielen Fällen nicht mehr manuell ausführbar.
Zu diesem Zweck werden Kontrastmittelinjektoren verwendet.
Innovation: Das Konstruktionsprinzip der ulrich medical Kontrastmittelinjektoren unter Verwendung einer Rollenpumpe ist innovativ. Dieses Pumpprinzip ermöglicht das
Injizieren direkt aus dem Medienbehälter. Die zeitgenaue und
präzise Injektion von Kontrastmittel und physiologischer Kochsalzlösung (NaCl), kann in Abstimmung auf die vom Anwender
während der Untersuchung eingesetzten Scanner erfolgen.
Einspareffekt: Die ulrich medical Kontrastmittelinjektoren reduzieren die Kosten für das Verbrauchsmaterial
und ermöglichen einen schnellen Patientenwechsel bei
hohem Untersuchungsaufkommen. Wenn ein sehr konservativ geschätzter Marktdurchdringungsgrad von nur 15 %
unterstellt wird, ergibt sich ein jährliches bundesweites Einsparpotenzial in Höhe ca 13,5 Mio. Euro.
Quellenverzeichnis
Buerke et al. (2011): Automatic MDCT Injectors: Hygiene and Efficiency of Disposable, Prefilled, and Multidosing Roller Pump Systems in Clinical Routine, in AJR American Journal of Roentgenology, 197 (2),
August 2011, W226-232.
28
Übersicht/Produktbeschreibung
Dräger Medical GmbH: Zeus® IE
Ein regelkreisbasiertes
Anästhesiesystem für die
Allgemein- und Regionalanästhesie
29
Der Zeus® IE (Infinity® Empowered) ist ein Anästhesiesystem,
das alle Formen der Allgemeinanästhesie (Inhalationsanästhesie, balancierte Anästhesie und total intravenöse Anästhesie)
sowie der Regionalanästhesie ermöglicht.
Anwendungsbereich: Der Zeus® IE ist zum Einsatz
in Operationssälen, Ein- und Ausleitungsbereichen sowie
weiteren medizinisch genutzten Räumen geeignet. Der Anwendungsbereich erstreckt sich auf Erwachsene, Kinder und
Frühgeborene.
„„
Invasive und nicht-invasive Beatmung
„„
Patientenmonitoring
„„
Intravenöse Therapie
Funktion: Das Anästhesiesystem Zeus® IE vereint
verschiedene Anästhesietechniken in einem System und
unterstützt den Anästhesisten durch das integrierte
Patienten-Monitoring und die Einbindung von IV-Spritzenpumpen bei therapeutischen Entscheidungen sowie deren
Umsetzung. Alle Funktionen sind für den Anästhesisten über
eine gemeinsame Bedienoberfläche auf einen Blick sichtbar
und steuerbar. Schnittstellen wie USB oder Ethernet sorgen
dafür, dass der Zeus® IE sowohl in bereits bestehende als auch
in zukünftige IT-Systemlandschaften integriert werden kann.
Besonderheiten: Neben den Anästhesietechniken
integriert der Zeus® IE Patientenüberwachung sowie die
Steuerung von intravenösen Medikamenten. Im Gegensatz
zu Standardanästhesiesystemen ist der Zeus® IE mit Regelkreisen ausgestattet und kann im geschlossenen Kreissystem mit vollständiger Rückatmung eingesetzt werden. Dies
ermöglicht eine Reduktion von Interaktionen mit dem Gerät und des Frischgases inklusive der volatilen Anästhetika.
Innovation
Technische Beschreibung: Das Anästhesiesystem
Zeus® IE besteht aus einem elektronisch gesteuerten und
angetriebenen Anästhesieventilator, einer elektronischen
Gas- und Narkosemitteldosierung, einem integrierten Patientenmonitor sowie der Fernsteuerfähigkeit für intravenöse
Spritzenpumpen.
Alle Funktionen des Systems werden von einem zentralen
Rechner über einen Touchscreen gesteuert. Ebenso laufen
alle Patientenparameter auf diesem Bildschirm zusammen.
Die automatisch gesteuerte Ventilations- und Narkosemitteldosiereinheit bildet den innovativen Kern des Zeus® IE. Die aufeinander abgestimmten Module sind darauf optimiert, zum
einen eine mit der Beatmung im Intensivbereich vergleichbare
Funktionalität aufzuweisen und zum anderen die Dosierung
volatiler Narkosemittel mit Hilfe von Regelkreisen so zu gestalten, dass bei geringstem Verbrauch gleichzeitig eine Reduzierung des Bedienaufwandes einhergeht.
Um diese Ziele erreichen zu können, wurde das System mit
innovativen, patentierten Lösungen ausgestattet. Für die Beatmung wird ein Blowerantrieb verwendet, der im Atemsystem
integriert ist. Diese Anordnung ermöglicht es, einen Kreisfluss
im Atemsystem zu erzeugen. Die Anordnung erlaubt zudem
eine sehr kleine Bauform mit sehr geringem kompressiblem
Volumen. Das Narkosemittel wird mit Hilfe eines Dosiermoduls zugeführt, welches ein Einspritzventil verwendet und
so in der Lage ist, kleinste Volumina direkt in das Atemsystem
zu dosieren und natürlich auch den Verbrauch der Narkosemittel genau zu bestimmen. Die Gasdosierung verwendet
eine Ventilbank, die computergesteuert Frischgasmengen von
0 –18l/min ins Atemsystem dosieren kann.
Abb.: Anästhesiesystem
Zeus® IE hier in Kombination mit SmartPilot View
und integrierter Spritzenpumpen-Steuerung
Neuheitsgehalt der Lösung/Marktdurchdringung:
Zeus® IE besitzt zusätzlich zur klassischen manuellen Frischgasdosierung, einen automatischen Dosiermodus. In diesem
sogenannten „TCA®“-Modus (Target Controlled Anesthesia)
wird mit Hilfe von Regelkreis-Funktionen die gewünschte
endtidale Narkosemittelkonzentration und die gewünschte
inspiratorische O²-Konzentration konstant gehalten. Zudem
sorgt ein weiterer Regler für einen der jeweiligen Situation
angepassten Frischgasfluss. Neu ist darüber hinaus die
Verwendung eines Direkteinspritzens des NarkosemittelDosierers und einer blowerangetrieben Beatmungseinheit.
Ein adäquates Sicherheitssystem mit redundanter Sensorik
sorgt darüber hinaus dafür, dass Störungen automatisch
erkannt werden.
30
Verbesserung zu bestehenden Lösungen/Historie/
Wirksamkeit: Ein klassisches Anästhesie-Rückatmesystem
erlaubt die Anästhesiebeatmung mit reduziertem Frischgasfluss. Das ausgeatmete Patientengas wird über einen CO2Absorber geführt und dem Patienten wieder zugeführt.
Diese Betriebsweise mit reduziertem Frischgasfluss erlaubt zwar eine begrenzte Reduzierung des Narkosemittelverbrauchs gegenüber Systemen ohne Rückatmung.
Jedoch sind der Reduzierung des Frischgases Grenzen gesetzt.
So muss die Gasmenge ständig der wechselnden Aufnahme
des Patienten angepasst werden, Änderungen der Narkosemittelkonzentration sind mit einer großen Zeitkonstante
verbunden, die dem Patienten zugeführte Konzentration von
O2 und Narkosemittel muss ständig überprüft und durch Einstelländerungen korrigiert werden.
Dies alles entfällt bei der Steuerung durch TCA. Sensoren und
ein Computersystem übernehmen die Steuerung der Konzentrationen und der Frischgasmenge gemäß den vom Benutzer eingestellten Wunschkonzentrationen. Der Frischgasfluss
passt sich jederzeit automatisch an, wenn der Verbrauch (Uptake) sich ändert oder wenn es der Konzentrationswechsel
erforderlich macht. Die besondere Anordnung des Narkosemittelverdunsters als Direkteinspritzer ermöglicht schließlich
ein Wash-In des Narkosemittels bei gleichbleibend niedrigem
Frischgasfluss. Das System bleibt geschlossen; der Verbrauch
von Narkosemittel bleibt auf niedrigstem möglichen Niveau.
Qualitativer Nutzen/
Verbesserter Patientennutzen
Für den Patienten ergibt sich der Nutzen, dass die Narkoseführung exakt der Zielvorgabe des Anästhesisten folgt. Überund Unterdosierung aufgrund systembedingter Limitationen werden vermieden. Eine besonders positive Eigenschaft
des Ventilationsantriebs Zeus® IE ist darüber hinaus in der
besonderen Eignung für (unterstützte) Spontanatmung zu
sehen. Weiterhin ist bekannt, dass Systeme mit hohem Rückatemanteil eine gute Atemgasklimatisierung erlauben. Diese
Eigenschaft kann postoperative Komplikationen reduzieren.
Für den Arzt ist der wesentliche Vorteil im reduzierten Workload zu sehen. Die Anzahl vorzunehmender Einstellungen kann
mit Zeus® IE um mehr als die Hälfte gegenüber der Anwendung mit klassischen Systemen reduziert werden. Der Vorteil für das Krankenhaus bzw. den Kostenträger ist in der Reduktion des Narkosemittelverbrauchs zu sehen. In Studien konnte
gezeigt werden, dass der Verbrauch von Desflurane innerhalb
von zwei Stunden um 65 % reduziert werden konnte.
31
Daraus ergeben sich auch positive ökologische Auswirkungen.
Durch die Verringerung der Anästhesiemittelverbräuche auf
ein physiologisches Minimum wird mit dem Zeus® IE die Umweltbelastung durch halogenierte Flurkohlenwasserstoffe
(Basis der volatilen Narkosemittel) signifikant reduziert.
Kosten-Nutzen-Analyse
In der Studie “Assessing the clinical or pharmaco-economical
benefit of target controlled desflurane delivery in surgical
patients using the Zeus® IE anesthesia machine” von LoratJacob, Billard, Buschke und Severin, die 2009 in der
Anaesthesia veröffentlicht wurde, zeigen die Autoren Reduktionen der Desflurane (volatiles Anästhetikum) Verbräuche,
des Sauerstoffverbrauches sowie des Lachgasverbrauches
bei der Nutzung eines Zeus® IE Anästhesiesystems auf.
Vergleicht man eine mit dem Zeus® IE durchgeführte Allgemeinanästhesie mit einer durch Standardnarkosegeräte
durchgeführten Allgemeinanästhesie ergeben sich beim
Einsatz der Standardnarkosegeräte Allgemeinanästhesieverbräuche von 0,34ml Desflurane, 1 772 ml O2 und 618 ml
N2O je Minute. Im Gegensatz dazu fallen bei einer Zeus® IE
Allgemeinanästhesie die Verbräuche von 0,14 ml Desflurane, 767 ml O2 und 173 ml N2O je Minute deutlich geringer
aus. Unter der Annahme, dass eine Operation durchschnittlich 61 Minuten dauert, entstehen bei Anwendung einer
Standardtechnik Allgemeinanästhesie infolgedessen Gesamtverbräuche von 20,74ml Desflurane, 108 092,00 ml O2 und
37 698,00 ml N2O je Operation, wohingegen bei einer Zeus®
IE Allgemeinanästhesie geringere Gesamtverbräuche von
8,54 ml Desflurane, 46787,00 ml O2 und 10553,00 ml N20 je
Operation entstehen. Bei durchschnittlichen Preisen je Liter
von 541,67 Euro für Desflurane, 0,0008 Euro für O2 und
0,0045 Euro für N20 ergeben sich insgesamt laufende Kosten
je Operation in Höhe von 11,49 Euro für eine Standardtechnik Allgemeinanästhesie und in Höhe von 4,71 Euro für
eine Zeus® IE Allgemeinanästhesie.
Unter der Annahme von durchschnittlich 250 Operationstagen pro Jahr und einer durchschnittlichen Anzahl von vier
Operationen am Tag, ergeben sich für einen Operationssaal
1 000 Operationen im Jahr. Für diesen Operationssaal entstehen bei der Standardtechnik Allgemeinanästhesie jährliche
laufende Kosten pro Operationssaal in Höhe von 11 490 Euro,
wohingegen bei der Zeus® IE Allgemeinanästhesie jährliche
laufende Kosten pro Operationssaal in Höhe von 4 710 Euro
anfallen. Um beide Alternativen gegenüberstellen zu können,
ist der Mehraufwand für die Anschaffung der Zeus® IE Allgemeinanästhesie mit einer Nutzung der Standardtechnik zu
vergleichen. Bei einer Abschreibungsdauer von fünf Jahren ist
somit ein jährlicher Mehraufwand an linearer Abschreibung
pro Operationssaal in Höhe von 2 000 Euro anzusetzen. Hierdurch erhöhen sich die jährlichen Gesamtkosten pro Operationssaal auf 6710 Euro pro Jahr. Gegenüber der Standardtechnik Allgemeinanästhesie verbleibt dann ein jährliches
Einsparpotenzial pro Operationssaal in Höhe von 4 780 Euro.
Bei ca. 8 000 Operationssälen in Deutschland ergibt sich für
den Fall, dass mit der Zeus® IE Allgemeinanästhesie Technik
ein Durchdringungsgrad von 10 % erzielt werden kann, ein
jährliches Einsparpotenzial gegenüber der Standardtechnik
Allgemeinanästhesie in Höhe von 3 824 000 Euro.
32
Die Einsparpotenziale ergeben sich daraus, dass der Zeus® IE
im Gegensatz zu Standardnarkosegeräten mit Regelkreisen
ausgestattet ist und im geschlossenen Kreissystem mit vollständiger Rückatmung eingesetzt werden kann und somit nur
den Sauerstoff- und Anästhesiemittelverbrauch (Uptake) des
Patienten dosieren muss. Zusätzliche in der Kosten-NutzenAnalyse nicht berücksichtigte Einsparungen ergeben sich
dadurch, dass mit dem Zeus® IE eine Patientenüberwachung
sowie eine Steuerung von intravenösen Medikamenten
ermöglicht werden. Eine Reduktion von Interaktionen mit dem
Gerät und des Frischgases inklusive der volatilen Anästhetika
wird so möglich.
Zeus® IE
Allgemeinanästhesien
Standardtechnik
Allgemeinanästhesien
0,14
0,34
Verbrauch O² pro Minute (in ml)
767
1 772
Verbrauch N²O pro Minute (in ml)
173
618
61
61
8,54
20,74
Verbrauch O² pro OP (in ml)
46 787,00
108 092,00
Verbrauch N²O pro OP (in ml)
10 553,00
37 698,00
Preis Desflurane pro Liter (in Euro)
541,67
541,67
Preis O² pro Liter (in Euro)
0,0008
0,0008
Preis N²O pro Liter (in Euro)
0,0045
0,0045
4,63
11,23
Kosten O² pro OP (in Euro)
0,037430
0,086474
Kosten N²O pro OP (in Euro)
0,047489
0,169641
Laufende Kosten je Operation (in Euro)
4,71
11,49
Durchschnittliche Operationstage pro Jahr
250
250
4
4
Anzahl Operationen im Jahr
1 000
1 000
I. Jährliche Laufende Kosten pro Operationssaal (in Euro)
4 710
11 490
10 000
0
5
5
II. Jährliche Mehraufwand Abschreibungen pro Operationssaal (in Euro)
2 000
0
I.-II. Jährliche Gesamtkosten pro Operationssaal (in Euro)
6 710
11 490
Kosten-Nutzen-Analyse
Verbrauch Desflurane pro Minute (in ml)
Durchschnittliche Minuten je OP (Annahme)
Verbrauch Desflurane pro OP (in ml)
Kosten Desflurane pro OP (in Euro)
Durchschnittliche Anzahl an Operationen pro Tag
Mehraufwand Anschaffung Zeus® IE vs. Nutzung Standardtechnik
Abschreibungsdauer (in Jahren)
Jährliches Einsparpotenzial pro Operationssaal (in Euro)
4 780
Operationssäle in Deutschland (Annahme)
8 000
Durchdringungsgrad von Zeus® IE (Annahme)
Jährliches Einsparpotenzial bei Durchdringungsgrad von 10 % (in Euro)
33
10 %
3 824 000
Fazit
Zweck: Das Gerät Zeus® IE ist ein komplett integriertes, vollständig geregeltes Anästhesiesystem, welches
über die bisherige Funktionalität von Narkosebeatmungssystemen weit hinaus geht. Es ist nicht nur für die Inhalationsanästhesie, sondern auch für die balancierte Anästhesie,
die total intravenöse Anästhesie und die Regionalanästhesie geeignet. So kann es in Operationssälen, in Ein- und
Ausleitungsbereichen als auch in allen anderen medizinischen
Behandlungsräumen Einsatz finden.
Innovation: Zu den wichtigsten Innovationen des
Anästhesiesystems Zeus® IE gehört die Kombination aller wichtigen Narkoseformen. Dazu integriert es neben der geregelten
Narkosegasdosierung auch Spritzenpumpen für die balancierte und die intravenöse Anästhesie. Die Bedienung aller Gerätekomponenten wird über ein Patienten-Monitoringsystem
mit gemeinsamer Bedienoberfläche ermöglicht. Eine zweite
Innovation liegt in der Regelung des Narkosebeatmungssystems, bei der dem geschlossenen System nur die Gasmenge
zugeführt wird, die dem tasächlichen Verbrauch des Patienten
entspricht. Mit einem automatischen Dosiermodus wird die
gewünschte Narkosemittel- und Sauerstoffkonzentration bei
einem jeweils angepassten Frischgasfluss konstant gehalten.
Dafür finden ein direkt einspritzen der Narkosemittel-Dosierer
und ein neuartiger Antrieb der Beatmungseinheit Anwendung.
Einspareffekt: Der wirtschaftliche Vorteil für den
Nutzer des Anästhesiesystems Zeus® IE liegt in der Reduktion
des Narkosemittelverbrauchs durch die Systemregelung. Der
verringerte Verbrauch von Desflurane ergibt ein jährliches
Einsparpotenzial pro Operationssaal in Höhe von 4 780 Euro.
Zusätzlich wird der Arbeitsaufwand des Anästhesisten deutlich reduziert. Für den Patienten ist es von großem Vorteil, dass
die Narkoseführung exakt erfolgt und die hohen Rückatemanteile eine gute Atemgasklimatisierung erlauben.
Quellenverzeichnis
Lorat-Jacob, Billard, Buschke und Severin (2009): Assessing the clinical or pharmaco-economical
benefit of target controlled desflurane delivery in surgical patients using the Zeus® IE anesthesia
machine, in: Anaesthesia, 64 (11), S. 1229–1235.
34
35
Einsparpotenzial und Patientennutzen
Spezifische, aktualisierte Darstellung
des Patientennutzens anhand
früherer Beispiele innovativer
Medizintechnik aus der Studienreihe
„Das Einsparpotenzial innovativer
Medizintechnik“ 2008 – 2010
Kurzbeschreibung71der Technologie
Carl Zeiss Meditec AG: INTRABEAM®
Intraoperative Radiotherapie für
die risikoadaptierte, verkürzte
und schonende Behandlung von
Brustkrebspatientinnen
36
Mit mehr als 57 000 Neuerkrankungen in Deutschland pro
Jahr ist Brustkrebs die häufigste Krebserkrankung der Frau.
Die Operationsmethoden haben sich dabei in den letzten
30 Jahren weg von der radikalen Brustamputation hin zu einer
brusterhaltenden Therapie (BET) entwickelt, bei der die Patientin nach der Tumorresektion und einer eventuellen Chemotherapie eine Serie von 33 ambulanten Bestrahlungen der
betroffenen Brust über etwa sieben Wochen erhält. Etwa 80 %
der Patientinnen können eine BET erhalten. Die Dauer und
Dosis der Bestrahlung sind jedoch weitgehend standardisiert
und berücksichtigen die individuellen Risikofaktoren kaum.
Dies betrifft insbesondere das frühe Mammakarzinom, wie es
bei den verbesserten Screeningprogrammen immer häufiger
gefunden wird.
INTRABEAM® ist ein mobiles Strahlentherapiegerät von Carl
Zeiss, das vor allem für die intraoperative Radiotherapie (IORT)
von Brustkrebs eingesetzt wird und eine lokal hochpräzise Bestrahlung der Tumorränder erlaubt. Das umgebende gesunde
Gewebe wird dabei geschont. Weitere Anwendungsgebiete
sind zum Beispiel Tumore im Kolorektalbereich, des Hirns oder
der Wirbelsäule.
Die miniaturisierte Strahlenquelle des INTRABEAM® arbeitet
dabei mit niederenergetischen Röntgenstrahlen und hat ein
kugelförmiges Strahlungsfeld. Das Team aus Strahlentherapeut und Chirurg bringt die Strahlenquelle nach Tumorresektion in die Wundhöhle ein, adaptiert das Gewebe und appliziert die verschriebene Strahlendosis. Nach der Bestrahlung
wird die Wundhöhle wie üblich vernäht. Inzwischen können zusätzliche Applikatoren in neuen Indikationen, wie der
Kyphoplastie und der intraoperativen Bestrahlung im Bauchraum, bei Kopf-/Halstumoren sowie bei Hauttumoren eingesetzt werden.
In der Studie zum Einsparpotenzial innovativer Medizintechnik
2009 [1] wurde ein Einsparpotenzial in Höhe von mehr als
22 Millionen Euro durch die Verkürzung der Gesamtherapiedauer und durch die Vermeidung von Rezidiven und damit verbundenen Zweiteingriffen errechnet.
Qualitativer Nutzen/
Verbesserter Patientennutzen
Der Nutzen für die Patientinnen stellt sich insbesondere in
der Verkürzung der Behandlungsdauer dar. Operation und Bestrahlung erfolgen in einer Prozedur. In einer internationalen
Studie mit mittlerweile über 3 400 Patientinnen mit frühem
invasiven Brustkrebs konnte gezeigt werden, dass die intraoperative Strahlentherapie mit INTRABEAM® gleichwertig (nicht
unterlegen) ist im Vergleich zu einer als Goldstandard bezeichneten vier- bis siebenwöchigen Strahlentherapie [2].
7 Vgl. dazu: „Das Einsparpotenzial innovativer Medizintechnik im Gesundheitswesen 2009“, Beispiel 2:
Carl Zeiss Meditec AG: INTRABEAM® (S. 105 ff.); Studie verfügbar unter www.einsparpotenzial-medizintechnik.de
Schritt 1:
Die Position des Tumors
wird ermittelt.
Schritt 2:
Der Tumor wird
operativ entfernt.
Schritt 3:
Der INTRABEAM® Applikator
wird in der Brust in der
Tumorhöhle platziert.
Die INTRABEAM® Bestrahlung dauert ca. 30 Minuten.
Schritt 4:
Der Applikator wird
entfernt und die
Wunde geschlossen.
Bei der Kombination der intraoperativen Radiotherapie mit der
konventionellen Nachbestrahlung mittels der sogenannten
Boost-Bestrahlung auf das Tumorbett wird die Behandlungsdauer von sieben auf fünf Wochen verkürzt [3, 4]. Neben den
medizinischen Vorteilen bedeutet die Behandlung mit
INTRABEAM® für die Patientinnen mehr Lebensqualität,
da die wochenlange tägliche Fahrt zum Strahlentherapiezentrum entfällt bzw. stark verkürzt wird. Daraus resultiert
weniger Arbeits- und potenziell Verdienstausfall und je nach
Versicherung weniger Fahrtkosten. Ebenso sind die Patientinnen weniger abhängig von Verwandten oder Freunden,
die die Patientinnen eventuell begleiten. Die Behandlung der
Brustkrebserkrankung ist schneller abgeschlossen, so dass
Patientinnen nach der Operation nicht noch wochenlang mit
der Erkrankung konfrontiert werden. Das bedeutet, es wird
eine schnellere Rückkehr zur „Normalität“ des täglichen Lebens
ermöglicht, die Patientinnen können früher in ihr gewohntes
Sozialleben zurückzukehren [5].
Die Präferenzen der Patientinnen für das neue Verfahren
der intraoperativen Radiotherapie versus der wochenlangen
Standardtherapie wurden in einer australischen Studie mittels validierten Fragebogen überprüft [6]. Die Mehrheit der
befragten Patientinnen würde sogar ein vier bis sechs Prozent
erhöhtes Risiko eines Rezidivs in Kauf nehmen, um trotzdem
mit der interoperativen Strahlentherapie behandelt zu werden.
Patientinnen, die in strukturschwachen Ländern und die in
abgelegenen Gebieten leben, werden häufiger einer Mastektomie (Resektion des Brust) zugeführt, als dies das Brustkrebsstadium erfordern würde. Durch die intraoperative Strahlentherapie ergibt sich eine zusätzliche Gelegenheit zu brusterhaltenden Operationen. Darüber hinaus profitieren
Patientinnen mit Komorbiditäten, wie Lungen-/Herzkreislauferkrankungen und implantierten Schrittmachern, von
der Möglichkeit der intraoperativen Bestrahlung, da auch
hier meist nur die Mastektomie angeboten werden kann.
Ein besonderer Fall für eine mögliche intraoperative Bestrahlung findet sich bei Patientinnen, bei denen erneut ein Tumor
in der schon behandelten Brust entdeckt wird. Hier kann die
intraoperative Behandlung mit dem INTRABEAM® Gerät aufgrund der gezielten Bestrahlung des Tumorbetts und der
Schonung des umliegenden Gewebes die Chance einer zweiten brusterhaltenden Behandlung bieten. Die Chance ist bei
einer konventionellen Behandlung mit Linearbeschleuniger
nicht gegeben. Eine Mastektomie ist in der Regel die einzige
Option nach konventioneller Behandlung [7].
37
Ebenso wird eine Vermeidung von Kollateralschäden bei der
Bestrahlung des angrenzenden Gewebes, wie Rippen, Lunge
und Koronargefäßen postuliert [8]. Weiterhin haben die Patientinnen geringere oder sogar keine Nebenwirkungen verglichen mit der konventionellen externen Brustbestrahlung
[2, 3, 4, 9] auch in der langfristigen Nachbeobachtung [10]. Das
kosmetische Ergebnis wird von Ärzten und Patientinnen
besser eingeschätzt als bei der Standardtherapie [11].
Quellenverzeichnis
[1] Spectaris (Hrsg.). Das Einsparpotenzial innovativer Medizintechnik im Gesundheitswesen 2010:
105-109.
[2] Vaidya J, Joseph D, Tobias J, et al. Targeted intraoperative radiotherapy versus whole breast radiotherapy for breast cancer (TARGIT-A trial): an international, prospective, randomised, non-inferiority phase 3
trial. Lancet 2010; 376: 91-102.
[3] Vaidya J, Baum M, Tobias J, et al. Long-term results of targeted intraoperative radiotherapy (Targit)
boost during breast-conserving surgery. Int J Radiat Oncol Biol Phys. 2011; 81: 1091-7.
[4] Wenz F, Welzel G, Blank E, et al. Intraoperative Radiotherapy as a boost during breast-conserving
surgery using low-kilovoltage X-rays: the first 5 years of experience with a novel approach. Int J Radiat
Oncol Biol Phys. 2010; 77: 1309-14.
[5] Welzel G, Hofmann F, Blank E, et al. Health-related quality of life after breast-conserving surgery
and intraoperative radiotherapy for breast cancer using low-kilovoltage X-rays. Ann Surg Oncol. 2010; 17
Suppl 3:359-67.
[6] Corica T., Novak A, Saunders C, et al. Improved Cosmetic Outcome After TARGIT Compared with External Beam Radiotherapy for Early Breast Cancer. On Behalf of the TARGIT Trialists‘ Group Proc. EBCC
2012, Vienna.
[7] Keshtgar M, Vaidya J, Tobias J, et al. Targeted intraoperative radiotherapy for breast cancer in patients in whom external beam radiation is not possible. Int J Radiat Oncol Biol Phys. 2011; 80: 31-8.
[8] Aziz MH, Schneider F, Clausen S, et al. Can the risk of secondary cancer induction after breast conserving therapy be reduced using intraoperative radiotherapy (IORT) with low-energy x-rays? Radiat Oncol. 2011; 16: 174.
[9] Kraus-Tiefenbacher U, Bauer L, Scheda A, et al. Long-term toxicity of an intraoperative radiotherapy
boost using low energy X-rays during breast-conserving surgery. Int J Radiat Oncol Biol Phys. 2006; 66:
377-81.
[10] Sperk E, Welzel G, Keller A, et al. Late Radiation Toxicity After Intraoperative Radiotherapy (IORT) for
Breast Cancer: Results From the Randomized Phase III Trial TARGIT A. Proc. EBCC 2012, Vienna.
[11] Keshtgar M, Williams N, Corica T, et al. Cosmetic outcome 2 and 3 years after intraoperative radiotherapy compared with external beam radiotherapy for early breast cancer: An objective assessment of
patients from a randomized controlled trial. Proc. ASCO Breast Cancer Symposium 2012, San Francisco.
Fotos: INTRABEAM® Carl Zeiss
38
Kurzbeschreibung82der Technologie
Gebrüder Martin GmbH & Co.KG
Ein System zur ultraschallgestützten Einbringung von
Osteosynthesepins in
Schädelknochenfragmente
(SonicWeld Rx®)
39
Bei Verletzungen des Mittelgesichtsschädels oder bei der
operativen Korrektur von Schädelfehlbildungen werden heute
in aller Regel metallene Implantate aus Reintitan oder Titanlegierungen verwendet. Diese Metallimplantate werden nach
Erfüllung ihrer Überbrückungsfunktion in der derzeitigen
medizinischen Praxis als Fremdkörper im menschlichen Körper
angesehen, die in einer zweiten Operation entfernt werden
sollten. Die Zweitoperation findet in der Regel drei bis sechs
Monate nach der Erstversorgung statt. Sie wird von den Kostenträgern bezahlt. Teilweise stellt sie aber eine erhebliche Belastung für die Patienten dar.
Zwar gibt es auch resorbierbare Implantate, die sich im Körper
auflösen und somit einen Zweiteingriff überflüssig machen.
Da aber resorbierbare Materialien in ihrer Ursprungseigenschaft spröde sind, wiesen die etablierten Schrauben oder Pins
nicht die notwendige mechanische Stabilität auf. So wurden
sie vom Anwender nur ungern verwendet.
SonicWeld Rx® ist ein Verfahren, bei dem resorbierbare Basismaterialien aufgrund einer Ultraschallaktivierung in einer
Geradeausbewegung in den Knochen eingeschweist werden
können. Die Verbindung der Schädelfragmente auf diese Weise ist deutlich komplikationsärmer, schneller und gleichzeitig
fester, als mit etablierten Systemen.
Der Anwendungsbereich erstreckt sich auf Traumen des knöchernen Mittelgesichts, Umstellungsosteotomien kraneofazialer Fehlstellungen und Syndrompatienten (z. B. Apert,
Crouzon), Neurochirurgie und (pediatrische) Neurochirurgie,
Präprothetische Aufbauten des Kieferkamms, plastische
Chirugien (z. B. Eyebrowlift).
In der Studie zum Einsparpotenzial innovativer Medizintechnik
2008 wurde beim Vergleich des Verfahrens mit Titanimplantaten ein Einsparpotenzial in Höhe von mindestens 22 Millionen Euro durch verhinderte Zweiteingriffe errechnet. Die in
der damaligen Studie beschriebene prinzipielle Funktionsweise von SonicWelding, einschließlich des Nutzens für den Patient und für den Kostenträger sind heute noch zutreffend. Auch
der Gerätetyp, die verwendeten Implantate und die grundsätzlichen Anwendungen sind weitgehend identisch.
Nach Meinung führender Anwender ist SonicWelding heute
der Goldstandard zur Verwendung resorbierbarer Materialien. Dennoch gibt es immer noch zahlreiche vermeidbare
Zweiteingriffe. Da die Traumazahlen aufgrund verbesserter
präventiver Maßnahmen und strengerer gesetzlicher Auflagen heute tendenziell erfreulicherweise rückläufig sind, ist
davon auszugehen, dass das heute verbliebene Einsparpotenzial vermutlich etwas geringer sein wird.
8 Vgl. dazu: „Das Einsparpotenzial innovativer Medizintechnik im Gesundheitswesen 2008“,
Beispiel 2: Gebrüder Martin GmbH & Co.KG: SonicWeld Rx® (S. 37 ff.); Studie verfügbar unter
www.einsparpotenzial-medizintechnik.de
Qualitativer Nutzen/
Verbesserter Patientennutzen
Hinsichtlich des Patientennutzens von SonicWelding muss ein
Bezug zu den alternativen Verfahrensweisen bzw. Materialien
hergestellt werden. Folgende Materialien werden heute überwiegend eingesetzt:
A. Titan und Titanlegierungen: Dieser Werkstoff ist
der nach wie vor dominante Werkstoff bei allen Eingriffen
der Mund- Kiefer- Gesichtschirurgie und deren angrenzende
Fachabteilungen Neurochirurgie, plastische Chirurgie, HNO
oder Oralchirurgie. Nach dem heutigen Kenntnisstand gilt
Titan allgemein als biokompatibel und auch bei dessen langfristigem Verbleib im Körper sind allgemein keine negativen
Begleiterscheinungen zu erwarten. Trotzdem weist auch Titan
bei längerfristiger Implantation die folgenden Unzulänglichkeiten auf:
„„
Titanimplantate werden vom körpereignen Knochen
und von Bindegewebe eingeschlossen und sind dann nur
schwer zu entfernen.
„„
Titanimplantate sind fühl- und tastbar. Stört sich der Patient an ihnen, so kann es zu Reizungen, Schwellungen oder
Freilegungen (Dehiszenzen) kommen.
„„
Metallische Implantate weisen ggf. teilweise scharfe Kanten oder Knicke auf, die ebenfalls zu ungewollten Reaktionen mit dem sie umgebenden Gewebe führen können.
Verbleiben sogar Metallspäne im Körper, sind sie gefährliche Fremdkörper.
„„
Wie alle Metalle ist auch Titan ein guter Wärmeleiter.
Es kann passieren, dass Patienten über eine erhöhte thermische Sensibilität klagen. Dies speziell dann, wenn die
Implantate sehr nahe an der Körperoberfläche liegen und
nur wenig durch Weichgewebe abgedeckt sind.
„„
Im Körper belassene Implantate können sich lockern.
„„
Metalle werfen beim Röntgen oder im MRT Artefakte auf,
die eine exakte Diagnostik erschweren. Bei starken Magnetfeldern der neuen Generationen hochauflösender
Magnetresonnanztomografen sind thermische Irritationen oder Dislokationen nicht völlig auszuschließen.
Aus all den genannten Punkten werden Titanimplantate heute
in Deutschland als Fremdkörper angesehen, die nach Erfüllung ihrer chirurgischen Funktion in einem Zweiteingriff wieder entfernt werden müssen. Das ist prinzipiell auch nicht zu
beanstanden, solange der Zweiteingriff schnell, einfach und
risikoarm zu machen ist und sich die Kosten dafür in Grenzen
halten. Sobald der Patient allerdings in die Klinik einbestellt,
in Vollnarkose versetzt werden muss, oder falls die Metallentfernung nicht einfach und risikoarm erfolgen kann, sind
metallische Implantate kritisch zu sehen. Interessant ist, dass
die deutsche Haltung zur Explantation metallischer Implanta-
40
te international nicht generell geteilt wird. In Ländern wie England, Spanien, Italien oder den USA verbleiben Titanimplante
im Körper eines erwachsenen Patienten, zumindest solange
sie unauffällig sind. Möchte ein Patient in diesen Ländern die
Metallimplantate nach Ausheilung wieder entfernen lassen,
so muss er die Kosten dafür selbst tragen.
In Deutschland werden die Kosten über die Abrechnungsziffer
DRG D 16 Z im DRG-System erfasst und standardisiert vergolten. Die gezielte Einbestellung der Patienten zur Metallentfernung ist für die Klinken lukrativ, denn die über die Ablöseziffer
generierten Erlöse übersteigen in aller Regel die damit verbundenen Kosten. Auch kann der Zweiteingriff zeitlich flexibel
gesteuert werden und sorgt so für eine gewisse Grundauslastung der vorhandenen Kapazitäten. Nicht zuletzt ist die
Metallentfernung auch ein willkommenes Training für angehende Ärzte, um die nötige chirurgische Praxis zu erlangen.
B. Resorbierbare Implantate: Aus den oben genannten Nachteilen der Titanimplantate resultiert die Idee, resorbierbare Implantate zu verwenden, die sich in einem biologisch kontrollierten Abbauprozess selbst auflösen und vom
Körper ausgeschieden werden. Zumindest bei Operationen im
schnell wachsenden Knochen von Kindern sind resorbierbare
Implantate heute erste Wahl.
Osteosynthese
mit SonicWelding:
Ein resorbierbarer
Osteosyntheseträger
wird am Knochen
ankonturiert.
Mit einem speziellen
Vorbohrer wird ein
genau auf den
SonicPin abgestimmtes
Bohrloch gebohrt.
Durch Ultraschallenergie
wird der SonicPin an
dessen Außenrändern
verflüssigt. Er gleitet
in das Bohrloch ein und
füllt die knöchernen
Hohlräume aus.
41
Resorbierbare Implantate sind heute von mehreren Herstellern erhältlich. Ihre Basismaterialien sind üblicherweise
Polylaktide, Polydioxanone oder Polyglykolide in verschiedenen Mischungsverhältnissen. Üblicherweise werden die Implantate analog zu den vorherrschenden Titanimplantaten
als Platten, Meshes und Schrauben produziert. Allerdings
weisen resorbierbare Implantate den generellen Nachteil auf,
dass sie recht spröde sind und sie deshalb längst nicht an die
Festigkeitswerte der Titanimplantate heranreichen. Die mangelnde Festigkeit ist speziell bei den Schrauben problematisch,
für die mit einem speziellen Gewindeschneider ein Gewinde vorgeschnitten werden muss. Das ist umständlich, zeitaufwändig und es besteht die Gefahr, dass sich Knochensegmente dislozieren oder gar brechen. Auch resorbierbare Pins,
die wie ein Nagel eingeschlagen werden müssen, verringerten
diese Risiken nicht.
Bei SonicWelding wird der resorbierbare Pin durch einen
Ultraschallimpuls in das Knochengewebe eingeschmolzen.
Das geschieht weitestgehend mechanisch und thermisch neutral. Nach einer sehr kurzen Lernphase kann der Anwender
SonicPins ohne Komplikationen einbringen. Er ist dabei ungefähr doppelt so schnell als bei Verwendung resorbierbarer
Schrauben. Der Werkstoff der SonicPins dringt in die knöchernen Hohlräume (Trabekularstruktur) des Knochens ein und
füllt diese aus. Der Kopf des SonicPins verbindet sich mit dem
Osteosynthesemedium Platte oder Pin zu einer Einheit und die
Werkstoffverzahnung der beiden Komponenten sorgt so für
einen deutlichen Zuwachs an Stabilität.
Dass resorbierbare Materialien speziell unter dem Gesichtspunkt des Patientennutzens nicht nur bei Kindern für viele
Eingriffe die bessere Versorgungsalternative sind, konnte
bereits in der Studie zum Einsparpotenzial innovativer Medizintechnik 2008 dargelegt werden. Resorbierbare Implantate
haben allerdings den gewichtigen Nachteil des zunächst
höheren Preises für die Erstversorgung. Der höhere Preis ist
in den Kosten für die Basispolymere sowie durch die deutlich aufwändigeren Produktionsmethoden begründet, die bei
einem Produkt der Risikoklasse III unter Reinraumbedingungen erfolgen müssen. Dieser höhere Einstandspreis relativiert sich allerdings, wenn man die tatsächlichen, volkswirtschaftlich relevanten Kosten aufgrund vermeidbarer Zeiteingriffe mit in Betracht zieht.
Resorb x Implantate
gibt es in den unterschiedlichsten Designs
und Durchmessern
Winzig klein,
aber sehr stabil:
Die SonicPins
Herzstück der SonicWeld-Technologie:
Der SonicWelder Rx
42
Kurzbeschreibung93der Technologie
43
FEG Textiltechnik mbH: DynaMesh® -IPST
Ein dreidimensionales
Netzimplantat für die
Stoma-Chirurgie
Das neuartige dreidimesionale Textilimplanat DynaMesh®IPST wurde speziell für die intraperitoneale Platzierung
optimiert und zeichnet sich durch eine einzigartige zweilagige
offenporige und elastische Textilstruktur (PVDF + PP) aus. Diese
führt zu minimaler Gewebsirritation und maximalem Patientenkomfort. Darüber hinaus bietet sie optimales Handling bei
offenen und laparoskopischen Techniken. DynaMesh®-IPST
Netzimplantate wurden speziell für die Prävention der Parastomalhernie in der Stoma-Chirurgie entwickelt und werden
prophylaktisch bei der Neuanlage eines künstlichen Darmausgangs verwendet.
Das einteilige, dreidimensional vorgeformte Implantat mit seinem nahtfreien Übergang in die Intestinalmanschette bietet
eine exzellente Elastizität und Flexibilität bei der Präparation
der Stoma-Plastik. Optimales Handling bei offener und laparaskopischer Operation als auch minimale Gewebeirritationen
bei maximalem Patientenkomfort sind gewährleistet.
In der Studie zum Einsparpotenzial innovativer Medizintechnik
2008 wurde durch den Einsatz des dreidimensionalen Netzimplantates DynaMesh®-IPST für die Stoma-Chirurgie aufgrund der Reduzierung der Reparationshäufigkeit von parastomalen Hernien ein Einsparpotenzial von 5,7 Millionen Euro
errechnet.
Verbesserter Patientennutzen
In Deutschland leben über 100 000 Menschen mit einem
künstlichen Darmausgang (Stoma). Jährlich werden ca. 32 000
Neuanlagen eingesetzt, meist in Folge einer Darmkrebserkrankung [1].
Dabei handelt es sich um eine für die Patienten sehr belastende
Operation, die auch im weiteren Verlauf die aktive Unterstützung von qualifizierten und speziell ausgebildeten Pflegekräften erfordert.
60,8 % aller Stoma-Patienten entwickeln im weiteren Verlauf
eine parastomale Hernie [2]. Zudem weisen bis zu 80 % der
Patienten mit einer Hernie Symptome wie Beschwerden
oder Probleme mit der Stomaversorgung auf. Eine parastomale Hernie kann sich als subcutaner Prolaps der Stomaschlinge, also als Vorfall im Unterhautfettgewebe, und/oder
als Eindringen von weiteren Darmanteilen neben der Stomaschlinge in das Unterhautgewebe manifestieren.
Die Reparation der parastomalen Hernie ist technisch schwierig und mit einer erneuten OP-Belastung des vorbelasteten
Stoma-Patienten verbunden. Obwohl bei der Reparation standardmäßig Netzmaterielaien implantiert werden, ist auch diese Reparation mit einer weiteren hohen Rezidivrate behaftet.
9 Vgl. dazu: „Das Einsparpotenzial innovativer Medizintechnik im Gesundheitswesen 2008“, Beispiel 3:
FEG Textiltechnik Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH: DynaMesh®-IPST (Seite 44 ff.); Studie
verfügbar unter www.einsparpotenzial-medizintechnik.de
Mehrere internationale Studien belegen inzwischen die Wirksamkeit prophylaktischer Netzanwendung bei Anlage eines
definitiven, endständigen Stomas. Mit Erreichen dieses
Erkenntnisstandes ist heute die prophylaktische Verwendung
eines Netzes zu fordern, da die Rate parastomaler Hernien
drastisch gesenkt werden kann und dem Patienten somit eine
weitere schwere Operation erspart wird [3].
Der prophylaktische Einsatz von DynaMesh®-IPST verhindert
sicher das Auftreten einer parastomalen Hernie und führt zu
keinen weiteren infektiösen Komplikationen. Dabei verlängert
sich die Operationszeit bei endständiger Stomaanlage um
lediglich sieben Minuten [4].
Mittlerweile hat Prof. Berger in Baden-Baden in der weltweit
größten Studie 112 Patienten prophylaktisch versorgt mit
einem mittleren Follow-up von 30 Monaten (6-72). Er berichtet
auf der aktuellen DGAV Tagung im September 2012 in Hamburg von insgesamt lediglich zwei parastomalen Hernien in
der Studiengruppe und keinen weiteren netzbedingten Komplikationen.
Die patentierte dreidimensionale Struktur aus dem Hochleistungspolymer PVDF wird ausschließlich in Deutschland gefertigt. Der elastische Tunnel umschließt dabei die Stomaschlinge
und verhindert effektiv einen erneuten Prolaps (Vorfall) und
die Entstehung der parastomalen Hernie.
Quellenverzeichnis
[1] BVMED
[2] J. Moreno-Matias et al. (2009) Colorectal Dis. 11:173-177
[3] Tam,K.W. et al. (2010) World. J. Surg. 34:2773-2729
[4] D. Berger, Hernia Vol. 12-2008
Dreidimensionales nahtfreies
Netzimplantat aus PVDF
zur Prophylaxe der
parastomalen Hernie
44
45
Hinweis
In welchem Umfang die dargestellten Einsparmöglichkeiten
in der Praxis realisierbar sind, hängt natürlich von verschiedenen Faktoren ab. So sind die konkreten Gegebenheiten der
einzelnen Krankenhäuser oder Arztpraxen von Bedeutung.
Auch spielt die Erstattung durch die Kostenträger eine wichtige Rolle. Unsicherheiten in den Prognosen wurden berücksichtigt, indem bei den Hochrechnungen immer nur von einer
teilweisen, eher geringen Marktdurchdringung ausgegangen
wurde.
Haftungsausschluss
Die Daten, Informationen und Berechnungen dieser Studie
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Unerlaubte Vervielfältigung der Studie
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Impressum
Autorenverzeichnis
Mike Bähren, Leiter Betriebswirtschaft,
Volkswirtschaft und Marktforschung
SPECTARIS e.V.
Andreas Bätzel, Referent
ZVEI-Fachverband Elektromedizinische Technik
Prof. Dr.-Ing. Marc Kraft, Leiter des Fachgebietes
Medizintechnik der Technischen Universität Berlin
Dr. Christian M. Strothmann, Senior Consultant,
Droege Group Internationale
Unternehmer-Beratung
Hans-Peter Welsch, Vorsitzender des SPECTARISFachbereichs Medizinprodukte für Diagnostik
und Chirurgie (Aesculap AG & Co. KG)
Herausgeber
SPECTARIS – Deutscher Industrieverband
für optische, medizinische und mechatronische
Technologien e.V.
Werderscher Markt 15 | 10117 Berlin
www.spectaris.de
ZVEI-Fachverband Elektromedizinische Technik
Lyoner Straße 9 | 60528 Frankfurt am Main
www.zvei.org
Technische Universität Berlin
Fachgebiet Medizintechnik
Dovestraße 6 | 10587 Berlin
www.tu-berlin.de
Droege Group Internationale
Unternehmer-Beratung
Poststraße 5–6 | 40213 Düsseldorf
www.droege-group.com
Gestaltung
GDE | Kommunikation gestalten
www.gde.de
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