BCA Zeckenstudie Untersuchung zur Infektionsgefahr mit Borrelioseerregern durch Zeckenstich auf Golfplätzen in der Region Augsburg Im August 2015 initiierte die BCA-clinic in der neu geschaffenen Forschungsabteilung eine Studie zur Abschätzung der Häufigkeit und Verbreitung von Zecken auf Golfplätzen in der Region Augsburg. Die molekularbiologische Untersuchung der gesammelten Zecken sollte zudem den Nachweis und die Bestimmung von Borrelioseerregern in diesen Zecken und somit eine Risikoabschätzung für die Infektionsgefahr mit Borrelien ermöglichen. Abb. 1: Sammeln von Zecken durch Abstreifen mit In Deutschland heimische einer Zeckenfahne. und bekannteste Zeckenspezies: ● Ixodes ricinus, der gemeine Holzbock – ist der Hauptüberträger der Lyme-Borreliose ● Rhipicephalus sanguineus, die braune Hundezecke - befällt überwiegend Hunde ● Dermacentor reticulatus, die Auwaldzecke – beheimatet v.a. in feuchten Vegetationen Die Entwicklung der Zecke durchläuft verschiedene Stadien zwischen denen die Zecke jeweils eine Blutmahlzeit auf einem Wirt (kleine bis mittlere Säugetiere, Mensch) zur Häutung und Weiterentwicklung benötigt. Das vollgesogene Weibchen legt unter Steinen und Pflanzen bis zu 3000 Eier ab. Die Entwicklung verläuft vom Ei über die sechs-beinige Larve zur acht-beinigen Nymphe bis hin zur ausgewachsenen (adulten) Zecke. Für den kompletten Entwicklungszyklus vom Ei zur adulten Zecke benötigen die Tiere unter optimalen Bedingungen ca. 2 Jahre. Abhängig von Temperatur und Luftfeuchtigkeit gibt es jahreszeitliche Variationen in der Zeckenaktivität mit zwei Peaks zwischen Mai-Juni und September-Oktober. Zecken als Überträger von Borreliose Zecken dienen als Überträger, sogenannte Vektoren, für Bakterien der Borrelia burgdorferi sensu lato Gruppe, den Erregern der Lyme-Borreliose. In Deutschland zählen die Spezies Borrelia afzelii, Borrelia burgdorferi sensu stricto und Borrelia garinii zu den häufigsten Vertretern dieser Gruppe. Die Borreliose-Erkrankung stellt insofern ein Problem dar, da sie häufig aufgrund allgemeiner und unspezifischer Krankheitssymptome nicht als solche erkannt wird. Der Verlauf entwickelt sich oft erst Monate oder sogar Jahre nach der Infektion mit Borrelien, so dass der Zusammenhang zwischen einem Zeckenstich und den Symptomen leicht übersehen wird. Als typisches Anzeichen einer frischen Borrelieninfektion beim Menschen gilt eine Wanderröte (Erythema migrans) um die Einstichstelle. Nach erfolgter Etablierung der Borrelioseerkrankung können nicht nur im Anfangsstadium weitere Symptome wie anhaltende Müdigkeit, Grippe-ähnliche Beschwerden, Gelenkbeschwerden oder Fieber auftreten. Besonders Personen, die einen Beruf im Freien ausüben (Gärtner, Waldarbeiter, Greenkeeper) oder Freizeitaktivitäten in der Natur nachgehen, wie z. B. Wanderer, Golfer, etc. sind anfällig für Zeckenstiche. Um nun die Durchseuchungsrate der Zecken in der Region Augsburg und somit die Gefahr einer Übertragung von Borrelioseerregern auf den Menschen durch Zeckenstich abschätzen zu können, wurden im Zeitraum August bis November 2015 auf den Golfplätzen Golfclub Stadtbergen-Leitershofen e.V. und Golfclub Augsburg e.V. Bobingen-Burgwalden Zecken gesammelt und analysiert. Studiendesign Durch Abstreifen mit Hilfe einer Zeckenfahne erfolgte das Sammeln der Zecken an definierten Vegetationsorten (Abb. 1). Alle Zecken wurden noch vor Ort in Reaktionsgefäße überführt, bis zu weiteren Untersuchungen in 70 %-igem Ethanol fixiert und im Labor bei 20 °C gelagert. Fundort, Vegetation sowie Umgebungsbedingungen (Außentemperatur und Luftfeuchtigkeit) wurden ausführlich dokumentiert. Abb. 2: Auswertung der Entwicklungsstadien aller gesammelten Zecken Im Labor erfolgten zunächst die morphologische Bestimmung der Zeckenspezies am Mikroskop und die Einteilung der Zecken nach Entwicklungsstadium und Geschlecht. Bei ausgewählten Individuen wurde die Artbestimmung mittels Gensequenzierung bestätigt. Die anschließende molekularbiologische Analyse untersuchte alle Tiere auf eine vorliegende Infektion mit Borrelioseerregern (Borrelia burgdorferi sensu lato). Dazu wurde im ersten Schritt die GesamtDNS der Zecke isoliert und daraufhin mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) auf Borrelien-DNS untersucht. Im Falle eines positiven Ergebnisses wurde die exakte Erregerart mittels Gensequenzierung identifiziert. Ergebnisse Insgesamt wurden 177 Zecken gesammelt, die Mehrheit (n = 165) davon auf dem Gelände des Golfclub Augsburg e.V. Bobingen-Burgwalden. Wie die Artbestimmung und deren genetische Verifizierung ergab, gehörten alle gesammelten Zecken der Spezies Ixodes ricinus, dem gemeinen Holzbock an. Über 70 % der gefundenen Zecken befanden sich noch im Larvenstadium, während sich lediglich 19 Nymphen und 32 adulte Zecken unter den gesammelten Tieren befanden (Abb. 2). Abbildung 3 zeigt die genauen Fundorte der Zecken im Golfclub Augsburg. Die Tiere wurden vorzugsweise an zwei charakteristischen Biotopen gefunden: an Randbereichen der Golfbahnen mit Hochgrasflur (relativ trockene, hochwüchsige Vergrasung hauptsächlich von Landreitgras, Brennessel, Himbeer- und BrombeerGestrüpp) sowie am Rand des umgebenden Nadel-Laubmischwaldes (Abb. 4). Bemerkenswert war, dass keine Zecken auf dem kurz gemähten Gras der Golfbahnen aufgelesen Abb. 3: Übersicht Golfclub Augsburg e.V. Bobingenwurden. Burgwalden, mit Fundorten (rote Kreuze). Mit freundlicher Genehmigung durch den Golfclub Augsburg e.V. 2 Abb. 4 Charakteristische Biotope an den Zeckenfundorten Um die aktuelle Prävalenz der in Deutschland meist verbreiteten Borrelioseerreger - Borrelia afzelii, Borrelia burgdorferi und Borrelia garinii - für den Raum Augsburg genauer definieren zu können, wurden 163 Tiere einer molekularbiologischen Analyse mittels PCR unterzogen. So konnte in 9 % aller untersuchten Zecken (inkl. Larven) Borrelien-DNS nachgewiesen werden, wobei Zeckennymphen besonders hoch infiziert waren (33 % aller untersuchten Nymphen positiv). Die Gensequenzierung der positiven PCR-Proben ergab, dass 57 % der infizierten Zecken den Erreger Borrelia afzelii, 43 % Borrelia burgdorferi s.s. und 14 % beide Borrelia Spezies trugen. Für die finale Beurteilung des Risikos der Erregerübertragung durch Zeckenstich ist zu beachten, dass nur weibliche adulte Tiere und Nymphen den Menschen als Wirt nutzen und dadurch relevant für die Übertragung von Borrelien auf den Menschen sind. Unter Berücksichtigung diese Tatsache resultierte eine Infektionsrate der untersuchten Nymphen und adulten Weibchen (n = 26) mit Borrelioseerregern von 35 % (Abb. 5). Das bedeutet, dass über ein Drittel der in Augsburg 2015 gesammelten Zecken humanpathogene Borrelioseerreger in sich tragen und diese potentiell auf Menschen übertragen können. Wichtig ist aber, dass nicht jeder Zeckenstich durch ein infiziertes Tier automatisch zur Erregerübertragung und anschließenden Borreliose-Erkrankung führt. Abb. 5 Anteil der mit Borrelien infizierten Nymphen und weiblichen adulten Zecken. Beides ist entscheidend von der Dauer des Saugvorgangs der Zecke und der Kompetenz des Immunsystems des Betroffenen abhängig. Die BCA-clinic möchte mit der vorliegenden Studie und auch künftigen Untersuchungen keine Panik schüren, sondern vielmehr ein realistisches Gefahrenbewusstsein in der Bevölkerung wecken und zu sinnvollem/vernünftigem Vorgehen bei erfolgtem Zeckenstich aufrufen. 3