Mittwoch, 20. April 2016 · Nr. 31 19 20 Das Shiller-KGV ist unter Beschuss 22 Singapurs Kampf gegen die Delation Märkte Alle Börsen, Devisen, Obligationen, Rohstoffe im Monitor ab Seite 36 23 Die Nationalbank interveniert 26 «Genügend Pulver trocken halten» «Geldpolitik muss den Kollaps verhindern» Nouriel Roubini, US­Starökonom und als «Dr. Doom» bekannt, sieht derzeit einzig die Zentralbanken als Schutz all gegen eine elt eite Depression. O b sein Ruf als Untergangsprophet «Dr. Doom» wirklich zu ihm passe, wird Nouriel Roubini oft gefragt. «Ich bin Dr. Realist», lautet dann seine Antwort.Während der Börsenturbulenzen Anfang Jahr erklärte der Starökonom denn auch zur Überraschung des Publikums, es stehe keine Finanzkrise wie 2008 bevor und auch keine weltweite Rezession. «Es gibt zwar viele Risiken, aber auch ein gewisses Aufwärtspotenzial», sagte er vergangene Woche am FuW Fund Experts Forum in Rüschlikon. «Nötig ist eine vernünftige und realistische Einschätzung.» Zur Person Nouriel Roubini alias «Dr. Doom» trägt seinen Übernamen, eil er schon Jahre or der Finanzkrise or Ungleichge ichten ge arnt hatte. Roubini erbrachte seine ersten Lebensjahre als Sohn iranisch­ jüdischer Eltern in der Türkei, im Iran und in Israel. Er studierte an der Uni ersità Luigi Bocconi in Mailand Ökonomie und dokto­ rierte in Har ard. Es folgten ein Lehrstuhl an der Uni ersität Yale und ab 1998 drei Jahre im Wirtschaftsberaterstab Präsident Clintons. Seit 2000 lehrt Roubini an der Stern School of Business an der Ne York Uni ersity. Er ist Mitgründer des un­ abhängigen Wirtschaftsforschungsunter­ nehmens Roubini Global Economics. Herr Roubini, ird die unkon entionelle Geldpolitik noch eskaliert? Vermutlich schon. Wenn es hart auf hart kommt, lassen sich die Zinsen weit ins Negative senken. Wird der Negativzins verschärft, wollen die Banken ausweichen und dazu ihre bei der Zentralbank deponierten Überschussreserven in Bargeld wechseln. Das würde verboten. Die Banken dürften nur so viel Bargeld halten, wie sie für Transaktionen mit Kunden benötigen. Der Rest bliebe Überschussreserve zum Negativzins. Letztendlich könnte auch Bargeld besteuert werden. In solch einer Welt könnten wir uns wiederinden. Sind strukturelle Reformen nicht ichtiger? In Europa gebe es strukturelle Probleme, wird gesagt. Das mag sein, aber die Wirtschaft wächst weit unter ihrem Potenzial, die Unterbeschäftigung ist enorm. Der Unterauslastung muss mit gesamtwirtschaftlicher Nachfrage begegnet werden, durch Geld- oder Fiskalpolitik. Sonst droht Depression. Das will nach den Erfahrungen der Dreissigerjahre niemand. Negati zinsen schaden den Banken und somit der Kredit ergabe und der Wirtschaft. Nicht nur Negativzinsen schaden den Banken, sondern auch der Kauf von Staatsanleihen. Das Quantitative Easing drückt die langfristigen Zinsen nach unten und reduziert die Zinsmarge der Banken. Ist das nicht kontraprodukti ? Die Politik der Zentralbanken kann den Banken schaden, aber wenn die Massnahmen Delation und eine Rezession verhindern, geht es den Banken dennoch besser als in einem heftigen Abschwung, in dem ihre Kunden in Konkurs gehen und Risiken sowieVerluste am Finanzmarkt zunehmen. Insgesamt proitieren die Banken von der unkonventionellen Geldpolitik. Werden die Notenbanken auch ihre Anleihenkäufe aus eiten? Die Geldmenge lässt sich erhöhen, indem die Zentralbanken neben Staats- und Unternehmensanleihen auch ausländische Vermögenswerte kaufen. Da gibt es keine Limite – auch wenn das zu einem Währungskrieg führen kann. Falls der Euro und der Yen zu stark werden, haben die Europäische Zentralbank und die Bank of Japan keine andere Wahl. Japan Aktuell auf .fu .ch Sch eizer Mieten stagnieren Das Ende des jahrelangen Booms am Sch eizer Wohnungsmarkt scheint nahe. Gemäss einer Erhebung on Wüest & Partner sind die Preise er­ gangenes Jahr in den Wohnsegmen­ ten landes eit nur noch leicht gestie­ gen. 2016 dürfte der Nachfrageüber­ hang eiter abgebaut erden. Der Bedarf an neuen Geschäftsflächen bleibt tief. .fu .ch/200416-12 BILD: IRIS C. RIT TER «Kommt es hart auf hart, lassen sich die Leitzinsen weit ins Negative senken.» «Ich kaufe kein Gold. Sein Auf ärtspotenzial ist limitiert, ausser in einer globalen Krise.» kauft schon jetzt ausländische Assets durch die Hintertür, etwa mit dem staatlichen Pensionsfonds GPIF. Ist die US-Wirtschaft denn robust genug für Zinserhöhungen der Notenbank Fed? Mitte Februar betrug der Risikoaufschlag für hochverzinsliche Unternehmensanleihen 9 Prozentpunkte. Drei Monate mit so hohen Marktzinsen, und die USA geraten in eine Rezession. Das Fed ist sich dessen sehr wohl bewusst. Hohe Risikoprämien sind für jede Wirtschaftserholung tödlich. Sie sind schlimmer als fallende Aktien oder ein starker Dollar. Das Fed sollte mit Zinserhöhungen zuwarten. Gehen die Notenbanken nicht zu eit? Wenn Sie wie Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble Nein sagen zur Europäischen Zentralbank und Nein zu einem Fiskalstimulus, dann bedeutet dies für die Eurozone eine erneute Rezession, Delation, Depression. Wer keine expansive Geldpolitik will, braucht massiven iskalischen Stimulus. Andernfalls ist die «Drei Monate mit solch hohen Marktzinsen wie Mitte Februar, und die USA geraten in eine Rezession.» gesamtwirtschaftliche Nachfrage kleiner als das Angebot, die Wirtschaft fällt in eine Depression. Doch die meisten Kritiker der Zentralbanken sind auch kritisch gegenüber höheren Staatsausgaben. Das ist ein Widerspruch. Die Regierungen tun also zu enig. Wir beinden uns in einerWelt, in der Politiker das Werkzeug der Fiskalpolitik nicht einsetzen wollen, selbst wenn sie Spielraum dafür hätten, und in der strukturelle Reformen nur langsam geschehen. Reformen benötigen Zeit, bis sie positiv auf das Wachstum wirken, kurzfristig können sie die Wirtschaft bremsen. Deshalb bleibt derzeit nur die Geldpolitik. Die Europäische Zentralbank hat demnach den Bogen nicht überspannt? Die Leute vergessen, dass die Alternative schlimmer ist. Bundesbankpräsident Jens Weidmann vertritt im EZB-Rat stets eine kritische Meinung. Doch selbst er sagte kürzlich, zwar sei er mit dem Umfang der geldpolitischen Massnahmen nicht einverstanden, aber die Richtung stimme: Eine expansive Geldpolitik und somit eine Kombination von Anleihenkäufen und Negativzinsen sei nötig. Ist die EZB im Tiefzinsumfeld nicht allzu sehr auf ihr Inlationsziel on 2% ixiert? Der Grund für die expansive Politik ist nicht nur, dass die EZB ihr Inlationsziel und damit ihr Mandat verfehlt. Die Geldpolitik muss den Kollaps der Wirtschaft verhindern. Weidmann sagte: Die Leute sind nicht nur Sparer, die unter tiefen Zinsen leiden, sondern auch Schuldner, die in Konkurs gehen können, und Arbeitnehmer, die unter Umständen ihre Stelle verlieren. Selbst Weidmann attestiert, dass negative Zinsen per saldo positiv sind. Wie ent ickelt sich die Welt irtschaft? Die Turbulenzen an den Finanzmärkten im Januar und Februar lasteten auf dem globalen Wachstum. Die US-Wirtschaft verlangsamte sich, ebenso China, die Schwellenländer und Rohstoffexporteure. Als Einzige expandierten paradoxerweise Europa und Japan. Sie schwächen sich seither jedoch ab. In den USA wird es nun ein bisschen besser. China ist zwar nicht in einer Abschwächung, sondern stabilisiert sich, aber von einem neuen Aufschwung bin ich nicht überzeugt. Es sieht also nicht besonders gut aus. Die Situation ist nicht so schlecht. Die Leute nennen sie das neue Mittelmass, die neue Normalität, die säkulare Stagnation – wir sagen die neue Anormalität. Wenigstens beinden wir uns nicht in einer Rezession oder einer Depression. Es ist womöglich das Beste, was wir für die Welt erwarten können in den nächsten paar Jahren. Eine Gefahr für die Welt irtschaft ist ein Wachstumseinbruch in China. Die befürchtete harte Landung der chinesischenWirtschaft oder gar Nullwachstum sind unwahrscheinlich. China hat in der Tat zu viel investiert, hat Überkapazitäten und zu hohe Schulden. Das Wachstum schwächt sich deutlich ab und beträgt nicht 6,7% wie ofiziell rapportiert, sondern eher zwischen 5,5 und 6%. Das Potenzialwachstum in China für die nächsten fünf Jahre beträgt 5%. Die schlechte Nachricht ist, dass die Abschwächung holprig verläuft – die gute, dass es keine harte Landung gibt. «China wird die Ab­ schwächung bewältigen, wenn auch auf turbulente und chaotische Weise.» Wie schlimm ist die Verschuldung in China? Sehr schlimm. Doch China hat die Möglichkeit, Schulden zu sozialisieren, deshalb ist ein Bank Run unwahrscheinlich. Von Zeit zu Zeit ereignet sich ein Schock, und die Märkte geraten in Panik. Aber die Wirtschaft und die Währung werden nicht kollabieren. Die Regierung hat genügend Instrumente, um dies einigermassen zu bewältigen – wenn auch auf turbulente und chaotische Weise. Wie gross ist die Gefahr, dass China eine elt eite Rezession auslöst? Eine globale Rezession oder Finanzkrise würde ausgelöst durch einen Wachstumseinbruch in China, der zu einem Kollaps der chinesischen Währung und des Aktienmarktes führt. Die Wahrscheinlichkeit FORTSETZUNG AUF SEITE 22 Anzeige ONLINE TRADING Co-Investing mit Schweizer Family-Office Ihr bestes Investment kostet Sie heute keinen Rappen. « WEIL DIE SAGEN, WAS SIE DENKEN – UND HALTEN, WAS SIE VERSPRECHEN» Swiss Rock Anlagefonds, Bankenunabhängige Fondsgesellschaft, www.swiss-rock.ch, Tel. +41 44 360 57 00 Märkte 22 Mittwoch, 20. April 2016 · Nr. 31 Singapur sagt Delation den Kampf an Eine schwache Währung und ein Infrastrukturprogramm sollen das Wachstum stützen. ERNST HERB, Hongkong BILD: SEONGJOO CHO/BLOOMBERG S ingapurs Notenbank hat mit der Ankündigung, sie wolle die weitere Aufwertung der eigenen Währung bis auf weiteres unterbinden, vergangene Woche den globalen Devisenmarkt überrascht. Die Monetary Authority of Singapore (MAS), die die Konjunktur nicht mit dem Zinsinstrument, sondern dem Wechselkurs steuert, hat den Entscheid mit der sich abkühlenden Binnenwirtschaft und dem delationären Umfeld begründet. Ein Blick aus den Fenstern der Hochhäuser des Singapurer Finanzviertels auf die Küstengewässer hätte die Devisenhändler allerdings schon längst auf den Entscheid der MAS gefasst machen müssen. Hunderte von hier ankernden Tankern, Schüttgutfrachtern und Containerschiffen warten teilweise schon seit Wochen auf Aufträge. Das ist ein unübersehbares Zeichen, dass die relativ kleine, doch sehr stark auf den Weltmarkt ausgerichtete Volkswirtschaft des südostasiatischen Staates die Schwäche der globalen Konjunktur zunehmend spürt. Ein ähnliches Bild bot sich auch nach Ausbruch der globalen Finanzkrise, als die MAS im Oktober 2008 die Aufwertung des Singapur-Dollars letztmals unterband. Der stark auf den Weltmarkt ausgerichtete Stadtstaat spürt die sch ache externe Nachfrage: Frachter arten or Singapur auf bessere Zeiten. Singapurs Exporte brechen ein Andere werden folgen Der jüngste geldpolitische Entscheid hatte über die Grenze Singapurs hinaus Folgen, verloren seit vergangenem Donnerstag doch die meisten anderen Schwellenländerwährungen gegenüber dem Greenback an Aussenwert. Ökonomen der UBS gehen davon aus, dass auch andere aufstrebende Volkswirtschaften zur Stützung desWachstums ihreWährungen abschwächen werden. Denn die jüngsten Handelsdaten zeigen nicht nur, wie stark der sieben Millionen Einwohner zählende Stadtstaat die schwache globale Nachfrage und dabei insbesondere auch die Folge der tiefen Rohstoffpreise spürt. Das sind Probleme, mit denen zunehmend auch andere asiatische Volkswirtschaften zu kämpfen haben. Singapurs Exporte (Erdöl ausgenommen) lagen im März 15% unter dem Stand des Vorjahres. Beigetragen zur schlechten Vorgabe haben zwar auch Sondereffekte etwa bei den saisonal stark schwankenden Exporte Singapur (in % zum Vorjahr) 2% aufgewiesen hat. DBS, das grösste lokale Geldhaus, geht für das laufende Jahr auch mit Blick auf die fallenden Immobilienpreise und die schlechte Performance der Börse lediglich von einem Wachstum von 1,5% aus. Notenbank unterbindet Aufwertung Realer Wechselkurs des Singapur-Dollars in % zum Vorjahr 15 30 10 20 5 10 Schlusslicht in Südostasien 0 0 –5 –10 –10 –20 –30 –15 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 –20 96 00 04 08 12 16 Quelle: Thomson Reuters / FuW Quelle: IMF, CEIC, HSBC / Grafik: FuW, sp Arznei- oder Elektronikprodukten. Doch weisen die im Vormonat wie auch im Februar gegenüber der Vorjahresperiode weit über 90% gefallenen Exporte von Schiffen und schwimmenden Industriepattformen auf ein tiefer gehendes Problem hin. Singapur ist ein weltweit führender Produktionsstandort von Off-Shore- Erdöl- und Gasplattformen. «Der Ausblick auf Singapurs Wirtschaft wird dadurch eingetrübt», heisst es in einer Lageanalyse von Nomura. Die Ökonomen des japanischen Finanzhauses gehen davon aus, dass das Bruttoinlandprodukt (BIP) im laufenden Jahr 1,8% expandieren wird, nachdem es 2015 noch ein Wachstum von Anzeige Diese Zahlen mögen im Vergleich zu den meisten traditionellen Industriestaaten zwar nicht schlecht aussehen, doch bildet Singapur damit in der Region Südostasien, deren BIP im laufenden Jahr nach den Schätzungen der Asiatischen Entwicklungsbank insgesamt über 5% steigen wird, mit Abstand das Schlusslicht. Doch wird das Wachstum nicht nur durch die fallenden Exporte, sondern auch durch die bereits seit einiger Zeit zur Schwäche neigende interne Nachfrage gebremst. Das ist vor allem eine Folge der ungünstigen demograischen Entwicklung. Das mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von über 55000 $ neben dem Erdölproduzenten Brunei reichste Land Süd- ostasiens bringt es auf eine der tiefsten Geburtenraten der Welt. Das BIP expandierte lange vor allem dank Zuwanderung und dem Boom auf dem Immobilienmarkt. Allerdings wurde das Ausländerthema und die steil ansteigenden Wohnpreise zu einem zunehmend heissen politischen Eisen. Die Regierung riss vor zwei Jahren nicht zuletzt mit Blick auf die 2015 abgehaltenen Parlamentswahlen mit der Bremsung der Immigration und auch der Immobilienpreise das Ruder herum. Vorderhand hat sich vor allem wegen der nach wie vor tiefen Arbeitslosigkeit keine Panik breitgemacht. Doch hat Premierminister Lee Hsien Loong zu verstehen gegeben, dass er mit einer ganzen Reihe von Massnahmen einen Wachstumseinbruch verhindern will. Dafür verfügt die Regierung und die ihr direkt unterstellte Notenbank auch über wirksame Instrumente. So sollen in den kommenden vier Jahren bis zu 6% des BIP in den Ausbau der Infrastruktur investiert werden. Fortsetzung von Seite 19 «Geldpolitik muss den Kollaps verhindern» PHARMACEUTICALS EFFICIENTLY TARGETED PATIENTENWOHL IM FOKUS – BERNER STARTUP BRINGT INNOVATION IN DER KREBSTHERAPIE Patentgeschützte Technologie imitiert das natürliche Targeting des Immunsystems: Mehr Medikament direkt im Tumor bei weniger Nebenwirkungen. INFORMATIONSANLASS FÜR INTERESSIERTE INVESTOREN EVENTS IN BERN EVENT IN ZÜRICH Montag, 25. April 2016 Donnerstag, 12. Mai 2016 jeweils 18.15 Uhr Berner Generationen Haus Bahnhofplatz 2 im Spittelsaal Donnerstag, 28. April 2016 um 18.15 Uhr Europaallee 41 beim Hauptbahnhof Zürich Öffentliche Kapitalerhöhung mit Zeichnungsfrist bis 31. Mai 2016 zur Finanzierung der ersten klinischen Studie in den Schweizer Spitälern. Kontakt für Informationen: Andrea Zurkirchen, Kommunikationsmanager www.innomedica.com – [email protected] – Tel. 044 383 88 22 dafür würde ich auf 20% beziffern. Das ist nicht mein Hauptszenario, sondern ein Extremrisiko, ein Tail Risk, über das man sich Gedanken machen muss. Allerdings will die Regierung dasWachstum auf 6,5% halten – das ist über dem Potenzial. Die einzige Möglichkeit, dies zu erreichen, sind mehr schlechte Investments, mehr Überkapazität und höhere Schulden. Das wird letztlich zu Problemen führen. erfolgreich – und Europa und Deutschland haben Geduld mit ihm. Oder Italien könnte den Zugang zum Kapitalmarkt verlieren und die Eurozone verlassen. «Was in den nächsten Monaten in Italien geschieht, ist entscheidend für das Überleben der Eurozone.» Kann daneben die Sch eizerische Nationalbank überhaupt unabhängig agieren? Wenn andere Zentralbanken lockern, muss die SNB mehr lockern. Falls Grossbritannien aus der EU austritt, wird der Franken als sicherer Hafen gefragt sein. Für die SNB bedeutet eine weitere Lockerung eine Kombination aus mehr Interventionen am Devisenmarkt, noch tieferen Negativzinsen und kleineren vom Negativzins ausgenommenen Freibeträgen für die Banken. Die Spareinlagen muss man nicht besteuern, der Zins also nicht negativ sein. Man muss die Banken daran hindern, Überschussreserven in Bargeld zu wechseln, denn damit könnten sie dem Negativzins ausweichen. Welche Risiken für die Welt irtschaft lauern in der Eurozone? Griechenland war ein 200-Mrd.-€-Staatsschuldenproblem, es gab genug Geld von der EU, der EZB und dem IWF für ein Auffangnetz. Italien ist ein 2-Bio.-€-Staatsschuldenproblem. Falls Italien den Zugang zum Kapitalmarkt verliert, ist ein Bail-out nicht möglich. In einem positiven Szenario bleibt Premier Matteo Renzi an der Macht, die Wirtschaft läuft ordentlich, und die Schulden werden stabilisiert. In einem anderen Szenario verliert Renzi die Macht, und mit dem neuen Wahlgesetz übernimmt die Partei Cinque Stelle. Sie ist gegen den Euro; Italien könnte aus der Währungsunion austreten. Entweder ist also Renzi politisch und wirtschaftlich Was bedeutet das für die Währungsunion? Falls Italien geht, bedeutet dies das Ende der Eurozone. Was in den kommenden sechs Monaten in Italien geschieht, ist entscheidend dafür, ob die Eurozone überlebt oder dem Untergang geweiht ist. Was sonst könnte die Sch eiz tun? Sie hat grossen Spielraum für iskalische Expansion. Da wird nicht viel getan, unter anderem wegen der Schuldenbremse. Aber wenn die Massnahmen der SNB an ihre Grenzen stossen, mit dem Risiko einer massiven Überbewertung des Frankens und einer Rezession, dann müsste die Schweiz ihre Einstellung zur Fiskalpolitik möglicherweise überdenken. Z ischen einer noch expansi eren Geldpolitik und Risiken für die Wirtschaft – as sollen In estoren tun? Nach sieben Jahren Relation, in denen die Zentralbanken die Vermögenspreise in die Höhe getrieben haben, gibt es keine offensichtlich günstige Anlageklasse mehr. Aktien sind hoch bewertet, mehr noch in den USA als in Europa und Japan – auch wenn ich dies nicht als Blase bezeichne. Ich würde wegen des Risikos von Marktkorrekturen empfehlen, mehr Bargeld zu halten als sonst üblich. Ich kaufe hingegen kein Gold, denn sein Aufwärts- «Derzeit sind US-Staatsanleihen eine gute Anlage. Die Renditen könnten sogar fallen und die Kurse steigen.» potenzial ist limitiert, ausser, es gibt globale Inlation oder eine weltweite Finanzkrise. Derzeit sind zehnjährige US-Staatsanleihen eine gute Anlage. Die Bewertung ist in Ordnung, und die Renditen könnten sogar noch fallen und damit die Kurse steigen – wenn auch nur, weil die Zentralbanken in Japan und Europa ihre Geldpolitik noch mehr lockern. INTERVIEW: PHILIPPE BÉGUELIN