A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Die natürlichen Zahlen Das Problem I I I Warum stimmen die Rechnungen? Aussagen über unendlich viele Zahlen? Was ist eine Zahl? Nur Regeln Peano Axiome I I I 0 Höchstens ein Vorgänger Induktion Fragen I Existenz, Eindeutigkeit, Unabhängigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 8 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Vollständige Induktion Zeige: I A(0) ist wahr (Induktionsanfang). I Falls A(n) wahr ist (Induktionsannahme), dann ist auch A(n+1) wahr (Induktionsschritt). Dann ist A(n) wahr für alle n ∈ N (Induktionsschluss). Wegen Induktionsaxiom (N3) ist das ein Beweis. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 8 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Rekursive Definition Folge: Abbildung a : N → M. Schreibe (an )n∈N . I I 0! := 1, (n + 1)! := n! · (n + 1). k=0 X ak := a0 , k=0 k=n+1 X ak := k=0 k=n X ak + an+1 . k=0 Addition auf N Für n ∈ N sei I n + 0 := n, I n + m 0 := (n + m)0 . Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 8 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Ordnung auf den natürlichen Zahlen Definition: m ≤ n falls m + k = n. Satz: ≤“ ist eine Ordnungsrelation auf N: Es gelten ” Reflexivität, Antisymmetrie und Transitivität. Satz: Jede (nichtleere) Teilmenge A ⊆ N enthält ein kleinstes Element. Eindeutigkeit der natürlichen Zahlen Satz: Die natürlichen Zahlen sind durch die Peano-Axiome bis auf Umbennung eindeutig bestimmt. (Was heißt das genau?) Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 8 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Multiplikative Struktur von N n · 0 := 0, n · m0 := n · m + n. Potenzen. Satz: Jede Zahl ≥ 2 ist Produkt von Primzahlen. Es gibt unendlich viele Primzahlen (Beweis!). Kombinatorik und Binomialkoeffizienten I nk I n! n! I =: kn k!·(n−k)! Pascalsches Dreieck und Binomialkoeffizienten. Satz: n (a + b) = k=n X n k=0 Analysis 1, WS 2010/11 k an−k b k Ergänzungsvorlesung 8 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Weg zu den ganzen Zahlen I I I Fortsetzung des Zahlenstrahls nach links? Schulden? Konstruktion aus den natürlichen Zahlen. Äquivalenzrelationen I Relation. I Äquivalenzrelation: Reflexiv, symmetrisch, transitiv. Satz (Äquivalenzrelation = Klasseneinteilung): 1. (Mi )i∈I Partition von M. x ∼ y , falls x und y in derselben Teilmenge Mi liegen. Dann ist ∼ eine Äquivalenzrelation. 2. Sei R ⊆ M × M Äquivalenzrelation auf M. Für x ∈ M sei [x] := {y ∈ M : x ∼ y } ⊆ M. Dann {[x] : x ∈ M} Partition. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 8 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Ganze Zahlen I I I (n, m) ∼ (n̄, m̄) :⇔ n + m̄ = n̄ + m Äquivalenzrelation. Z := N × N/∼ . Bild der Äquivalenzklassen. Satz N ⊆ Z: Die Abbildung i : N → Z : n 7→ i(n) := [(n, 0)] ist injektiv und das Bild i(N) ist eine Menge natürlicher Zahlen. Satz (Addition auf Z): Für [(n, m)], [(l, k)] ∈ Z hängt [(n + l, m + k)] nicht von der Wahl der Repräsentanten ab. [(n, m)] + [(l, k)] := [(n + l, m + k)] ist also wohldefiniert auf den Äquivalenzklassen und I i(n) + i(m) = i(n + m). I (Z, +) ist eine kommutative Gruppe. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 8 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Multiplikation auf Z Satz: Für [(n, m)], [(l, k)] ∈ Z hängt [(nl + mk, nk + ml)] nicht von der Wahl der Repräsentanten ab. [(nl + mk, nk + ml)] ist also wohldefiniert auf den Äquivalenzklassen und erfüllt i(n) · i(m) = i(n · m) . (Z, ·) ist ein kommutativer Ring. Es folgt (−1) · (−1) = 1. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 8 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Rationale Zahlen Auf Z × Z\{0} Äquivalenzrelation durch (a, b) ∼ (ā, b̄) :⇔ a · b̄ = ā · b . Q := (Z × Z\{0})/∼ . Bild der Äquivalenzklassen. Satz: i : Z → Q : a 7→ [(a, 1)] ist injektiv. Schreibe [(a, b)] =: ba . Erweitern und Kürzen = Wechseln zwischen Repräsentanten einer Äquivalenzklasse. Satz: a c ad + bc a c ac + := und · := b d bd b d bd sind wohldefiniert und setzen Addition und Multiplikation auf Z fort. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 8 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Körper Definition: (K, +, ·) Körper, falls I (K, +) kommutative Gruppe. I (K, ·) kommutative Halbgruppe mit neutralem Elt 1 6= 0, (K\{0}, ·) kommutative Gruppe. I (K, +, ·) ist distributiv. Rechnen in den Gruppen (K, +) und (K\{0}, ·). Folgerungen aus dem Distributivgesetz: (1) x · 0 = 0. (2) x · y = 0 =⇒ x = 0 oder y = 0. (3) (−x) · y = −(x · y ), insbes. (−1) · y = −y . (4) (−x) · (−y ) = x · y . Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 8 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Angeordnete Körper Definition: (K, +, · ; K+ ) angeordneter Körper, falls I 0 ∈ K+ und 0 6= x ∈ K, dann entweder x ∈ K+ oder −x ∈ K+ . I x, y ∈ K+ ⇒ x + y ∈ K+ und x · y ∈ K+ . Satz: Ist (K, +, · ; K+ ) angeordneter Körper, dann ist x ≤ y :⇔ y − x ∈ K+ Ordnungsrelation auf K. Q mit Q+ := { mn : n ∈ N, m ∈ N\{0}} ist angeordneter Körper. Viele Ungleichungen Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 8 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Angeordnete Körper enthalten N, Z und Q: Definition: J ⊆ K heißt induktiv, falls I 0 ∈ J. I x ∈ J ⇒ x + 1 ∈ J. T Satz: Sei N̄ := {J ⊆ K : J induktiv } mit f : N̄ 3 n̄ 7→ n̄ + 1 ∈ N̄ als Nachfolgerabbildung ist ein System natürlicher Zahlen, d.h., erfüllt die Peano-Axiome. Satz: Sei K angeordneter Körper. Dann i : Z 3 [(n, m)] 7→ n − m ∈ K injektiver Ringhomomorphismus und i : Q 3 [(a, b)] 7→ a · b −1 ∈ K, a ∈ Z, b ∈ Z\{0} injektiver Körperhomomorphismus. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 8 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Archimedisch geordnete Körper Bernoulli-Ungleichung K angeordneter Körper, x > −1, n ∈ N, dann (1 + x)n ≥ 1 + n · x . Definition: K angeordneter Körper heißt archimedisch geordnet, falls (AA) ∀x, y ∈ K, x > 0, ∃n ∈ N : y < nx . Dann gilt unter anderem: (1) ∀x ∈ K ∃n ∈ N : x < n. (2) ∀x ∈ K ∃!n ∈ N : x ≤ n < n + 1. (3) ∀ε ∈ K, ε > 0, ∃n ∈ N\{0} : n1 < ε. (4) ∀b > 1∀x > 0∃n ∈ N : b n > x. Satz (Dichtesatz): K archimedisch geordnet dann: Für x, y ∈ K, x < y , existiert q ∈ Q : x < q < y . Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 8 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Supremum etc. Motivation: 1, 1, 4, 1, 41, ... lässt sich zu einer Folge (an )n∈N erweitern, sodass ∀n ∈ N: an ≥ 0, an ≤ an+1 , an2 < 2 < (an + 10−n )2 . Satz: K archimedisch geordneter Körper, a ∈ K mit a ≥ 0, a2 = 2. Dann I a ≥ an ∀n ∈ N. I Ist m ∈ K mit m ≥ an ∀n ∈ N, dann m ≥ a. Definition: (K, ≤) angeordneter Körper. I Untere (obere) Schranke, nach unten (oben) beschränkt. I Maximum (Minimum). I Supremum (Infimum). Beobachtung: In Q besitzt (an )n∈N kein Supremum! Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 8 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Reelle Zahlen Definition: Ein archimedisch angeordneter Körper K heißt ein Körper reeller Zahlen, falls gilt: Ist ∅ = 6 M ⊆ K nach oben beschränkt, dann besitzt M ein Supremum in K. a ∈ K =⇒ a = sup{q ∈ Q : q ≤ K}. Satz: Es gibt nur einen Körper reeller Zahlen. Intervalle Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 8 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Eigenschaften von R Satz: Für n ∈ N sei Jn = [a, b] ⊆ R abgeschlossenes Intervall, sodass ∀n ∈ N : Jn+1 ⊆ Jn . (1) Dann \ Jn 6= ∅ . n∈N (2) Falls sogar ∀ε > 0 ∃n ∈ N : bn − an < ε, dann existiert c ∈ R mit \ Jn = {c} . n∈N Satz: Sei 0 6= n ∈ N. Für 0 ≤ a ∈ R existiert genau eine Zahl 0 ≤ x ∈ R mit xn = a . Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 8 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Komplexe Zahlen C := R × R wird zu einem Körper. I Sei i := (0, 1), dann i 2 = −1. I Schreibe komplexe Zahl z ∈ C als z = a + ib (a, b ∈ R). I Komplexe Konjugation, Realteil, Imaginärteil. a −b 2 I Multiplikation auf C = R durch Tz = . b a I Rechnen, insbes. Reell Machen“ von Nennern. ” Polardarstellung: z = |z| cos ϕ + i sin ϕ . I Komplexe Zahlen werden multipliziert, indem man ihre Beträge multiplizert und ihre Argumente addiert. n-te Wurzeln in C: z n = a hat n verschiedene Lösungen in C. Geometrie! Mit C ist Schluss. I Veranschaulichung von Funktionen C → C. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 14 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Betrag . Definition: K Körper, | · | : K → R : x 7→ |x| Betrag, falls (B1) |x| ≥ 0, |x| = 0 ⇔ x = 0. (B2) |x · y | = |x| · |y |, insbes. | − x| = |x|. (B3) |x + y | ≤ |x| + |y | (Dreiecksungleichung). Satz I Auf R efüllt der Betrag (B1), (B2), (B3). I Auf C erfüllt der Betrag √ √ C 3 z = a + ib 7→ |z| := z̄z = a2 + b 2 (B1), (B2), (B3). Interpretation: Abstand zum Nullpunkt. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 14 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Norm und Metrik Definition: Sei V K − V .R., || · || : V → R : x 7→ ||x|| heißt Norm, falls (N1) ||x|| ≥ 0, ||x|| = 0 ⇔ x = 0. (N2) ||λ · x|| = |λ| · ||x|| (Homogenität). (N3) ||x + y || ≤ ||x|| + ||y || (Dreiecksungleichung). Definition: M Menge. d : M × M → R heißt Metrik, falls (M1) d(x, y ) ≥ 0, d(x, y ) = 0 ⇔ x = y . (M2) d(x, y ) = d(y , x) (Symmetrie). (M3) d(x, z) ≤ d(x, y ) + d(y , z) (Dreiecksungleichung). − − Bem. |y − x|, bzw. ||→ y −→ x ||, setzt Betrag, bzw. Norm, zu verschiebungsinvarianter Metrik auf K, bzw. V , fort. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 14 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Euklidische Norm x1 y1 P .. .. ~x = . , ~y = . , dann Skalarprodukt h~x , ~y i := ni=1 xi ȳi . xn yn p p Satz Sei ||~x || := ||~x ||2 := |x1 |2 + · · · + |xn |2 = h~x , ~x i. Dann: I Ungleichung von Cauchy-Schwarz |h~x , ~y i| ≤ ||~x || · ||~y || . ~x 7→ ||~x || ist Norm auf Kn . P √ I ||~ x || ≤ ni=1 |xi | ≤ n · ||~x ||. Prop: Dreiecksungleichung nach unten: (M, d) metrischer Raum, x, y , z ∈ M, dann I Insbes. Analysis 1, WS 2010/11 |d(x, y ) − d(y , z)| ≤ d(x, z) . kxk − kzk ≤ kx − zk. Ergänzungsvorlesung 14 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Folgen an := n1 , n 6= 0 (−1)n , n n bn := 1 + n 6= 0 cn := (−1) ( −1, n = 0 dn := 1, sonst n en := 1+i 2 n fn := 1 + n1 , n 6= 0 n gn := −1 − n1 = (−1)n fn , ( n falls n Primzahl hn := 1 sonst, n 6= 0 n Analysis 1, WS 2010/11 n 6= 0 Ergänzungsvorlesung 14 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Konvergenz Definition: Sei (an )n Folge, a Element in K, in normiertem Raum (E , k · k), in metrischem Raum (M, d). Die Folge (an )n heißt konvergent gegen a, falls gilt: |a − an | < ε in K ∀ε > 0 ∃n0 ∈ N : ∀n > n0 : ka − an k < ε in (E , k · k) d(a, an ) < ε in (M, d) Schreibe a = limn→∞ an oder an −→ a oder an → a für n → ∞. n→∞ a heißt der Grenzwert oder Limes der Folge (an )n . Besitzt die Folge keinen Grenzwert, so heißt sie divergent. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 14 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Diskussion I I I I I I n0 hängt von ε ab. Genausogut kann man fordern: ∀ε > 0 ∃n0 ∈ N : ∀n > n0 : |a − an | ≤ ε ∀k ∈ N ∃n0 ∈ N : ∀n > n0 : |a − an | < k1 In jeder ε-Umgebung von a liegen fast alle Folgenglieder. Konvergenzverhalten ändert sich nicht durch Abänderung endlich viele Folgenglieder. Veranschaulichungen. Fehlvorstellungen. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 14 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Konvergenz in metrischen Räumen Proposition. Sei (M, d) metrischer Raum, (an )n∈N Folge in M, a ∈ M. i) Die Folge (an )n∈N hat höchstens einen Grenzwert. ii) d(an , a) ≤ cn wo limn cn = 0, dann limn an = a. iii) limn an = a, dann für b ∈ M: limn d(an , b) = d(a, b). Insbesondere gilt in einem normierten Raum: limn ||an || = ||a||. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 14 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Konvergenz in normierten Räumen Sei (E , || · ||) normierter Raum. I Konvergente Folgen sind beschränkt. I Konvergente Folgen sind ein Vektorraum und der Limes ist linear. I Beschränkte Folge mal skalare Nullfolge ist Nullfolge. Konvergenz in Kd Konvergenz in Kd ist äquivalent zur koordinatenweisen Konvergenz. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 14 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Konvergenz in Körpern I I I Konvergente Folgen kann man multiplizieren und vorsichtig dividieren. Konvergente Folgen sind eine K−Algebra und der Limes ist Algebra-Homomorphismus. √ limn n n = 1. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 14 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Konvergenz und Ordnung in R Satz I Der Limes ist monoton. I Sandwich-Theorem. Rechnen mit Unendlich und bestimmte Divergenz. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 14 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Konvergenz ohne Kenntnis des Grenzwertes? Satz. Eine monotone beschränkte Folge in R konvergiert (denn in R existiert ein Supremum). Frage. Und wenn die Folge nicht monoton ist? Definition. Sei (an )n∈N ⊆ R beschränkt. Für k ∈ N sei σk := sup{an : n ≥ k} lim supn an := limk σk ik := inf {an : n ≥ k} lim inf n an := limk ik Proposition. (an )n∈N ⊆ R konvergiert genau dann, wenn lim inf n an = lim supn an . Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 14 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Teilfolgen und Häufungspunkte Frage. Und wenn lim inf n an 6= lim supn an ? Definition. Teilfolge. Proposition. Ist (an )n∈N ⊆ R beschränkt, dann existiert eine Teilfolge (ank )k∈N mit limk ank = lim supn an . Analog für lim inf n an . Frage. Wohin konvergieren Teilfolgen, wenn sie konvergieren? Proposition. Sei (M, d) metrischer Raum, (an )n∈N ⊆ M, a ∈ M. Dann sind äquivalent: (a) Es gibt eine Teilfolge von (an )n∈N , die gegen a konvergiert. (b) In jeder ε-Umgebung von a liegen unendliche viele Glieder der Folge (an )n∈N . Definition. Häufungspunkt. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 14 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Häufungspunkte und Bolzano-Weierstraß Proposition. Ist (an )n∈N beschränkte Folge, dann ist lim sup an der größte, lim inf n an der kleinste Häufungspunkt der Folge. Satz von Bolzano-Weierstraß. Jede beschränkte Folge in R, C, Rn , Cn besitzt einen Häufungspunkt, also eine konvergente Teilfolge. Der Satz gilt nicht in Q! Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 14 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Cauchy-Folgen Definition. Sei (M, d) metrischer Raum. Eine Folge (an )n∈N ⊆ M heißt Cauchy-Folge, falls gilt: |an − am | < ε in K ∀ε > 0 ∃n0 ∈ N : ∀n, m > n0 : kan − am k < ε in (E , k · k) . d(an , am ) < ε in (M, d) Verdichtungsprinzip“. ” Satz. I Eine konvergente Folge ist eine Cauchyfolge. I Hat eine Cauchyfolge einen Häufungspunkt, so ist dieser ihr Limes. Anschauung. Eine Cauchyfolge konvergiert, wenn der Raum an der Verdichtungsstelle kein Loch hat. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 14 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Vollständigkeit Definition. Ein metrischer Raum (M, d) heißt vollständig, wenn jede Cauchyfolge in M konvergiert. Ist ein normierter Raum vollständig, so heißt er Banachraum. Q ist also nicht vollständig. Satz. R, C, Rn , Cn sind vollständig! Satz. Für einen archimedisch geordneten Körper K sind äquivalent: (a) Ist A ⊆ K beschränkt, so existiert sup A in K. (b) Jede Cauchyfolge in K konvergiert. (c) Jede Cauchyfolge rationaler Zahlen in K konvergiert. In diesen Fällen ist K = R. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 14 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Konstruktion von R: Sei C die Menge aller Cauchyfolgen in Q. Zwei Cauchyfolgen (an )n∈N und (bn )n∈N in C heißen äquivalent, falls ihre Differenz eine Nullfolge ist. R := C/∼ (i) R ist Körper. (ii) Q ⊆ R. (iii) Sei R+ := {[q0 .q1 , q2 , . . . ] ∈ R : qn ≥ 0 für fast alle n ∈ N}, dann (R, R+ ) archimedisch geordnet. (vi) Jede Cauchyfolge (qn )n∈N rationaler Zahlen konvergiert in R. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 14 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Reihen Rahmen: R, C, Rn , Cn , E Banachraum. P Reihen = Folgen. ∞ k=0 ak steht für P i) Folge der Partialsummen sn := nk=0 ak , ii) limn sn , falls existiert. Die wichtigsten Reihen: P n i) Geometrische Reihe P ∞ n=0 q . ∞ 1 ii) Harmonische Reihe n=1 n . Reihen = Folgen. Also: I Konvergente Reihen addieren und mit Skalar multiplizieren. P∞ I Cauchy-Kriterium: k=0 ak konvergiert ⇔ ∀ε > 0 ∃ n0 : ∀n, m > n0 : n X |sn − sm | = ak < k=m+1 Analysis 1,. WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 14 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Umordnung von Reihen Leibniz-Kriterium für alternierende Reihen. I I Unendliches Assoziativgesetz ergibt manchmal Unsinn. Unendliches Kommutativgesetz gilt nicht immer. Riemannscher Umordnungssatz: P∞ an reelle konvergente Reihe. n=0P Falls ∞ n=0 |an | divergent, lässt sich durch Umordnung eine beliebiger Wert erzeugen. Ausweg? P P∞ Definition. ∞ n=0 an heißt absolut konvergent, falls n=0 |an | konvergiert. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 16 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Absolut konvergente Reihen P∞ Majorantenkriterium: |a | ≤ c , n n n=0 cn konvergent, dann P∞ a konvergent. n=0 n Insbesondere sind absolut konvergente Reihen konvergent. P Satz: Ist ∞ n=0 an absolut konvergent, so ändert sich bei Umordnung der Grenzwert der Summe nicht. Satz. Sei p (an )n eine Reihe in E . I Falls n |an | ≤ q < 1 für fast alle n ∈ N, oder |a | I Falls n+1 ≤ q < 1 für fast alle n ∈ N, |an | dann ist die Reihe absolut konvergent. Bemerkungen. I Beide Kriterien sind hinreichend aber nicht notwendig. I Genaue Formulierung ist wichtig. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 16 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Produkt von Reihen P P∞ Satz. Seien ∞ n=0 an und n=0 bn absolut konvergente Reihen in C mit Grenzwerten A und B. P Ist ∞ n=0 dn eine Reihe, in der jeder der a0 b0 a0 b1 a0 b2 . . . a1 b0 a1 b1 a1 b2 . . . Summanden a2 b0 a2 b1 a2 b2 . . . .. .. .. . . . . P .. genau einmal vorkommt. Dann ist ∞ n=0 dn absolut konvergent und ihr Wert ist A · B. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 16 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Cauchy-Produkt von Reihen P P∞ Satz (Cauchyprodukt): ∞ n=0 an und n=0 bn absolut konvergent, dann P∞ P∞ P∞ a · b = n=0 cn n n n=0 n=0 P mit cn := ni=0 ai · bn−i . P zn Satz: exp(z) := ∞ n=0 n! . Dann gilt: exp(z + w ) = exp(z) · exp(w ). Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 16 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Offene Mengen Definition. A ⊆ (M, d) heißt offen (in M), falls gilt: ∀x ∈ A ∃ε > 0 : Kε (x) ⊆ A . I I Kr (x) ist offen. Ob eine Menge A offen ist, hängt auch von M ab. (R nicht offen in R2 ). Satz: Beliebige Vereinigungen und endliche Durchschnitte offener Mengen sind offen. Offene Umgebung von a, Umgebung von a. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 16 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Abgeschlossene Mengen Satz. Für A ⊆ M sind äquivalent: a) Für jede Folge (xn )n ⊆ A gilt: Ist limn xn = a ∈ M, dann ist a ∈ A. b) Das Komplement A{ ist offen in M. In diesem Fall heißt A abgeschlossen. Satz: Beliebige Durchschnitte und endliche Vereinigungen abgeschlossener Mengen sind abgeschlossen. Beispiel: I Abgeschlossene Intervalle sind abgeschlossen I Abschluss einer Menge I ∅ und M sind abgeschlossen (und offen). Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 16 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Hauptsatz über Stetigkei: Sei f : M ⊇ D → N, a ∈ M. Dann sind äquivalent: a) Für jede Folge (xn )n ⊆ D mit limn xn = a ∈ D gilt limn f (xn ) = f (a) = f (limn xn ). b) ∀ε > 0 ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : f Kδ (a) ⊆ Kε (f (a)) . c) Ist V ⊆ N offene Umgebung von f (a), dann gibt es eine in D offene Umgebung U von a mit f (U) ⊆ V . In diesem Fall heißt f stetig in a. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 16 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Globale Stetigkeit Korollar. Für f : M ⊇ D → N sind äquivalent: a) f ist (global) stetig auf D. b) Das Urbild jeder offenen Menge in N ist offen in D. Beispiele. I Konstante Funktion, identische Funktion sind stetig. I Heaviside-Funktion und Dirichtletfunktion. I Funktionen auf Z. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 16 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Rechenregeln für Stetigkeit Satz. Die Komposition stetiger Funktionen ist stetig. Satz. Seien f , g : M ⊇ D → N stetig in a ∈ D. Dann gilt: I N normiert, dann f + g , λf , ||f || stetig in a. I N = Kn , dann f stetig in a genau dann wenn alle Koordinaten von f stetig sind. I N = K, dann f · g und f (wo es geht) stetig in a. g Insbesondere sind auf ganz C Polynome und (wo es geht) rationale Funktionen (Quotient von Polynomen) stetig. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 16 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Zwischenwertsatz Satz. Ist f : R 3 [a, b] → R stetig, dann nimmt f auch jeden Wert zwischen f (a) und f (b) wenigstens einmal an. Ist insbesondere f (a) · f (b) < 0, dann existiert c ∈]a, b[ mit f (c) = 0. I I I Beweis mit Intervallschachtelung gibt konstruktives Verfahren zur numerischen Berechnung von Nullstellen (wenn auch nicht sehr effizient). Der Satz gilt nur, weil R vollständig ist. In Q ist der Satz falsch. Der Satz ergibt neuen einfachen Beweis für die Existenz der k-ten Wurzel. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 16 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Satz über die Umkehrfunktion. Satz. Sei f : R 3 [a, b] → R stetig und streng monoton wachsend. Dann ist f : [a, b] → [f (a), f (b)] bijektiv und die Umkehrfunktion f −1 : [f (a), f (b)] → [a, b] : f (x) → x ist streng monoton wachsend und stetig. Analog für streng monoton fallend. √ Beispiel. Die Funktion [0, ∞[ 3 x 7→ k x ∈ [0, ∞[ ist die Umkehrfunktion von x 7→ x k , also streng monoton wachsend, bijektiv und stetig. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 16 A Prof. Burkhard Kümmerer Technische Universität Darmstadt A Exponentialfunktion Die Exponentialfunktion exp : C 3 z 7→ e z = ∞ X zn n=0 n! ist stetig auf ganz C. Analysis 1, WS 2010/11 Ergänzungsvorlesung 16