26 Elektrotechnik für Studierende – Signale sind häufig von endlicher Dauer. Ein Beispiel für ein Signal endlicher Dauer ist ein Rechteckimpuls oder eine endliche Pulsfolge. Ein transientes Signal ist ein vorübergehendes Signal, z. B. eine abklingende, kurzfristige Schwingung. Abb. 12: Zeitfunktionen einiger kontinuierlicher aperiodischer Signale, Impulsfunktion, Sprungfunktion, Exponentialfunktion, gedämpfte Sinusschwingung (von links nach rechts) Abb. 13: Unterteilung der Signale in verschiedene Klassen 1.3 Standardsignale Die tatsächlich vorkommenden Eingangssignale eines elektrischen Netzwerkes (eines Nachrichten-Übertragungssystems) sind statistische Signale, da sie z. B. aus Sprache, Musik, Bildern gewonnen werden. Diese Signale lassen sich im Allgemeinen nicht explizit als Zeitfunktionen angeben. Bei der Analyse elektrischer Netzwerke werden deshalb mathematisch determinierte Zeitfunktionen verwendet, die sich wiederum aus elementaren Zeitfunktionen (Komponenten) zusammensetzen. Diese Komponenten sind so einfach, dass die Antwort eines Systems auf die Erregung mit einer solchen Zeitfunktion (einem Testsignal, Prüfsignal) einfach berechnet werden kann. Bei einem linearen Netzwerk kann dann die Antwort auf eine beliebige Zeitfunktion aus den einzelnen Komponentenantworten nach dem Superpositionsprinzip zusammengesetzt werden. Als Beispiel für eine solche Zerlegung in elemen- 95489_ET-für-Studierende_Band3_CS4.indd 26 17.04.2014 16:16:08 Elektrotechnik für Studierende – Wechselstromwiderstände 3.2 73 Wechselstromkreis mit Induktivität Untersucht wird der Zusammenhang zwischen Spannung und Strom an einer Spule im Wechselstromkreis. Eine ideale Spule (ohne Wicklungswiderstand und parasitäre Kapazitäten) mit der Induktivität L ist an eine sinusförmige Spannungsquelle u ( t ) = Uˆ ⋅ sin (ω t + ϕ u ) (3.15) angeschlossen. Abb. 44: Ideale Spule an sinusförmiger Wechselspannungsquelle Ein Ansatz für den Strom ist: i ( t ) = Iˆ ⋅ sin (ω t + ϕ i ) (3.16) Bei der Spule ist der Zusammenhang zwischen Spannung und Strom durch das Induktionsgesetz gegeben (Bauteilgleichung für die Spule): u (t ) = L ⋅ di ( t ) dt (3.17) Durch Einsetzen von Gl. (3.16) in Gl. (3.17) folgt: π u ( t ) = ω ⋅ L ⋅ Iˆ ⋅ cos (ω t + ϕ i ) = ω ⋅ L ⋅ Iˆ ⋅ sin ω t + ϕ i + 2 ϕ u (3.18) Aus obiger Gleichung folgt für den Nullphasenwinkel der Spannung: ϕu = ϕi + π 2 (3.19) Somit ist der Phasenwinkel: ϕ = ϕ ui = ϕ u − ϕ i = 95489_ET-für-Studierende_Band3_CS4.indd 73 π 2 (3.20) 17.04.2014 16:16:13 102 Elektrotechnik für Studierende – Einfache Sinusstromkreise u1 ist damit 5 cm . u2 hat die gleiche Zeigerlänge wie u1 und wird mit dem Winkel −30° eingetragen. Ein Maschenumlauf ergibt: u1 − u2 − u0 = 0 oder u0 = u1 − u2 . Zum Subtrahieren wird der Zeiger von u2 parallel verschoben. Es ergeben sich zwei Seiten eines gleichseitigen Dreiecks, welches mit der dritten Seite u0 geschlossen wird. u0 steht senkrecht auf der Bezugsachse, der Nullphasenwinkel ist somit 90° . Ergebnis: u0 ( t ) = 5 ⋅ 2 ⋅ sin (ω t + 90° ) . Abb. 61: Zeigerdiagramm zu Abb. 60 4.3 eihenschaltung von Wirkwiderstand und R Kondensator Wie bei der RL -Reihenschaltung ist auch bei der Reihenschaltung eines ka- 1 mit einem ohmschen Widerstand R ω ⋅C der Strom i durch beide Verbraucher gleich groß. Beim Widerstand R sind u und i in Phase, am Kondensator C eilt der Strom der Spannung um 90° 1 ⋅ i werden in das Bild voraus. Die Spannungsabfälle uR = R ⋅ i und uC = ω ⋅C der Sinusverläufe eingetragen. uR liegt in Phase mit i , uC eilt beiden um 90° nach. Die punktweise Addition der Augenblickswerte von uR und uC ergibt die pazitiven Blindwiderstandes X C = Gesamtspannung u. Der Strom eilt der Spannung voraus, der Phasenwinkel ist negativ (ϕ < 0 ). 95489_ET-für-Studierende_Band3_CS4.indd 102 18.06.2014 13:47:22 142 Elektrotechnik für Studierende – Leistung im Wechselstromkreis c)Wie im Widerstandsdreieck Abb. 93 ersichtlich, addieren sich Wirkwiderstand R und induktiver Blindwiderstand X L = ω L geometrisch zum Scheinwiderstand Z . Der Scheinwiderstand ist: Z= U 230V = = 13,2Ω I 17,4A Der Phasenverschiebungswinkel ϕ ist: ϕ = arccos ( 0,5) = 60° Abb. 93: Widerstandsdreieck mit Wirk- und Blindwiderstand Die Komponenten R und X L = ω L können mit Hilfe der Winkelbeziehungen bestimmt werden. R = Z ⋅ cos ( 60° ) = 13,2Ω ⋅ 0,5 = 6,6Ω ; ω L = Z ⋅ sin ( 60° ) = 13,2Ω ⋅ L= d)C = C= I'= 11,4Ω = 36,3mH 2 ⋅ π ⋅ 50s −1 3 = 11,4Ω 2 P ⋅ tan (ϕ ) − tan (ϕ ' ) ω ⋅U 2 2000W ⋅ tan ( arccos ( 0,5) ) − tan ( arccos ( 0,92 ) ) 2 ⋅ π ⋅ 50s −1 ⋅ 2302 V 2 = 157 ⋅ 10−6 A ⋅s = 157µ F V P 2000W = = 9,5A U ⋅ cos (ϕ ' ) 230V ⋅ 0,92 Beispiel 30 Ein ohmsch-induktiver Verbraucher wird durch die in Abb. 94 angegebene Ersatzschaltung beschrieben. Der Verbraucher entnimmt dem Wechselstromnetz mit U = 230V,f = 50Hz die Wirkleistung P = 600W . Der Leistungsfaktor ist cos (ϕ ) = 0,8. 95489_ET-für-Studierende_Band3_CS4.indd 142 17.04.2014 16:16:23 244 Elektrotechnik für Studierende – Wechselstromkreise in Abhängigkeit der Frequenz Die bei Spulen verwendeten Frequenzen sind meistens nicht so hoch, dass die Windungskapazitäten für das elektrische Verhalten der Spule berücksichtigt werden müssen. Somit ergibt sich eine einfache Ersatzschaltung einer realen Spule für niedrige und mittlere Frequenzen. Die reale Spule wird häufig durch eine Ersatz-Reihenschaltung eines ohmschen Widerstandes RS (Wicklungswiderstand) und einer idealen Spule mit der Induktivität L dargestellt. Diese Ersatzschaltung berücksichtigt die Stromwärmeverluste durch den ohmschen Widerstand des Spulendrahtes und bei Spulen mit magnetischem Kern zusätzlich die Kernverluste. Der Phasenwinkel ϕ der realen Spule weicht infolge des vorhandenen Wirkwiderstandes von 90° ab, der Strom eilt der Spannung um weniger als 90° nach. Abb. 141: Einfaches Ersatzschaltbild einer realen Spule und zugehöriges Widerstandsdreieck Güte Verlust entsteht, wenn elektrische Energie in Wärme umgeformt wird. Verluste in Spulen treten auf durch den ohmschen Widerstand der Wicklung, durch den Skin-Effekt, durch die Hysterese (Ummagnetisierungsverluste) und durch Wirbelströme im Kern. Der Drahtwiderstand und der dadurch bedingte Verlust PVS steigt wegen des Skin-Effektes proportional zur Wurzel aus der Frequenz an. Die Hystereseverluste PVH sind proportional zur Frequenz, während die Wirbelstromverluste PVW proportional zum Quadrat der Frequenz verlaufen. PVS f (10.5) PVH f (10.6) PVW f 2 (10.7) Die Güte einer Spule ist umso größer, je kleiner der ohmsche Wicklungswiderstand ist und je kleiner die Verluste im Kern sind. Die Güte Q wird bei einer Messfrequenz angegeben und ist: 95489_ET-für-Studierende_Band3_CS4.indd 244 17.04.2014 16:16:38