PAUL HARTMANN AG 89522 Heidenheim Deutschland PAUL HARTMANN Ges.mbH 2355 Wiener Neudorf Österreich IVF HARTMANN AG 8212 Neuhausen Schweiz Aktuelle Themen aus den Bereichen Medizin und Pflege behandelt die Schriftenreihe der HARTMANN medical edition. Dabei steht nicht nur Basiswissen im Vordergrund, sondern auch die Vorstellung fachbezogener und interdisziplinärer Entwicklungen. Der produktübergreifenden Information kommt hierbei ein besonderer Stellenwert zu. Besuchen Sie uns im Internet: www.hartmann.info ISBN 978-3-929870-70-1 B109 (0809) 86 318/2 In einer Zeit rasch aufeinander folgender wissenschaftlicher Erkenntnisse muss Information vor allem auch aktuell sein. Mit diesem Anspruch will diese Buchreihe nicht nur erfahrenen Fachkräften ein Ratgeber sein. Auch denjenigen, die sich erstmalig auf neue Gebiete in Medizin und Pflege begeben, werden zeitgemäße Behandlungsmöglichkeiten aufgezeigt und nützliche Tipps gegeben. Damit setzen wir den Leitgedanken unseres Unternehmens in die Praxis um. HARTMANN hilft heilen. HARTMANN medicaledition – Phlebologische und lymphologische Erkrankungen der unteren Extremitäten medicaledition Phlebologische und lymphologische Erkrankungen der unteren Extremitäten Wundbehandlung Herausgegeben von der PAUL HARTMANN AG 89522 Heidenheim http://www.hartmann.info Redaktion: DGÄF – DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR ÄRZTLICHE FORTBILDUNG mbH Pasinger Straße 2 82152 Planegg /München Tel.: 089 / 8646680-0 Email: [email protected] www.dgaef.de Autoren: Prof. Dr. med. Eberhard Rabe Facharzt für Hautkrankheiten Allergologie, Phlebologie Klinik und Poliklinik für Dermatologie Rhein. Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn Sigmund-Freud-Str. 25 53105 Bonn Dr. med. Wolfgang Justus Brauer Facharzt für Radiologie Präsident der Deutschen Gesellschaft für Lymphologie Chefarzt der Radiologischen Abteilung und Praxis für Nuklearmedizin Kreiskrankenhaus Emmendingen Gartenstraße 44 79312 Emmendingen Tel.: 07641 / 4542280 Email: [email protected] www.krankenhaus-emmendingen.de Dr. med. Franz-Xaver Breu Facharzt für Allgemeinmedizin Phlebologie Tegernseer Straße 101/1 83700 Rottach-Egern (Weißach) Tel.: 08022 / 1218 Email: [email protected] Dr. med. Erika Mendoza Fachärztin für Allgemeinmedizin Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für CHIVA e.V. Speckenstraße 10 31515 Wunstorf Tel.: 05031 / 912781 Email: [email protected] www.chiva.info Prof. Dr. med. Wilfried Schmeller Facharzt für Dermatologie Hanse-Klinik, Fachklinik für Liposuktion und operativ-ästhetische Dermatolgie St.-Jürgen-Ring 66 23564 Lübeck Tel.: 0451 / 502720 Email: [email protected] www.hanse-klinik.de Dr. med. Christian Schuchhardt Facharzt für Innere Medizin, Haematologie und internistische Onkologie Chefarzt der Klinik Pieper OHG / Prävention - Rehabilitation Vorderdorfstr. 17 79837 St. Blasien-Menzenschwand Tel.: 07675 / 168464 Email: [email protected] Konzept und Co-Autorin: Dr. med. Carmen Martin Fichtenweg 2 86938 Schondorf Tel: 08192/ 8967 Email: [email protected] © PAUL HARTMANN AG August 2008 ISBN 978-3-929870-70-1 Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier Phlebologische und lymphologische Erkrankungen der unteren Extremitäten Inhaltsverzeichnis 1 1.3 Beurteilungskriterien phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen Schwellung als Leitsymptom phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen Anamneseerhebung und körperliche Untersuchung zur Abklärung der Ödemgenese Differenzialdiagnostische Hinweise 10 15 2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen Tiefe Bein-/Beckenvenenthrombose (TVT) Thrombophlebitis, Varikophlebitis Varizenblutung Lymphödem durch Entzündung Lymphangitis Lymphadenitis Erysipel (Wundrose) 20 21 33 37 37 38 38 39 3 3.1 3.1.1 3.1.1.1 3.1.1.2 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.1.5 3.1.6 3.1.7. 3.1.8 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.2.1 Chronische Erkrankungen Chronische venöse Insuffizienz (CVI) Definition Varikosis, Varikose Posttrombotisches Syndrom Klinik der CVI (Blickdiagnose) Ätiologie/Pathophysiologie Stadieneinteilung Abklärung der Diagnose Therapie Differenzialdiagnosen (DD) Komplikationen Lymphödem Primäres Lymphödem Sekundäres Lymphödem Malignes Lymphödem 44 45 45 48 51 51 54 55 59 61 62 63 64 72 75 77 1.1 1.2 8 9 3.2.2.2 Prätibiales Myxödem 3.3 Lipödem 78 80 4 4.1 4.1.1 4.1.2. 4.2 4.2.1 4.2.1.1 4.2.2 4.2.3 4.2.3.1 4.2.4 4.2.5 84 85 85 85 86 86 87 87 88 88 89 Diagnostische Verfahren Labor D-Dimer-Test Thrombophilie-Screening Bildgebende Nachweisverfahren in der Phlebologie Dopplersonographie Bestimmung des Knöchel-Arm-Index Zweidimensionale Ultraschalltechnik (B-Bild, Kompressionssonographie) Farbduplexsonographie Duplexsonographie mit Valsalva-Pressmanöver Phlebographie Magnetresonanztomographie (MRT)- und Computertomographie (CT)- Phlebographie 4.3 Bildgebende Nachweisverfahren in der Lymphologie 4.3.1 Überblick 4.3.2 Lymphszintigramm 4.3.2.1 Quantitatives Lymphszintigramm = Funktionslymphszintigraphie 4.3.2.2 Qualitatives Lymphszintigramm 4.3.3 Sonographie 4.3.4 Indirekte Lymphangiographie 4.3.5 Interstitielle Magnetresonanztomographie 89 90 90 92 93 97 98 100 101 5 5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.4 5.2 5.2.1 102 103 103 111 112 113 138 138 Therapiekonzepte Konservative Maßnahmen Kompressionstherapie Manuelle Lymphdrainage Komplexe physikalische Entstauungstherapie Wundbehandlung des Ulcus cruris venosum Invasive Maßnahmen bei Varikose Behandlung von Besenreiservarizen und retikulären Varizen Inhaltsverzeichnis [2.3] Verzeichnis der Abkürzungen 5.2.2 5.2.3 5.2.3.1 5.2.3.2 5.2.3.3 5.2.3.4 5.2.3.5 5.3 5.4 5.5 5.5.1 5.5.2 Ausschaltung von Perforansvenen Behandlung der Stamm- und Seitenastvarikose Krossektomie, Stripping und Kryoexhairese Endovenöse Radiofrequenzablation (RFA) Endovenöser Laser Duplexkontrollierte Schaumsklerosierung Venenerhaltende Verfahren: Die CHIVA-Methode Invasive Maßnahmen beim Lymphödem Invasive Maßnahmen beim Lipödem: Liposuktion Pharmakotherapie Pharmakotherapie bei der chronischen venösen Insuffizienz Pharmakotherapie beim Lymphödem 138 138 138 139 139 140 140 141 142 145 145 147 6 6.1 6.2 Tipps und Tricks für den Alltag Verhaltensregeln bei Venenerkrankungen Verhaltensregeln bei Beinlymphödem 148 149 151 7 7.1 7.2 Anatomie und Physiologie Venöses Gefäßsystem der unteren Extremitäten Lymphgefäßsystem der unteren Extremitäten 158 159 164 8 Wichtige Internetadressen 166 9 9.1 9.2 9.3 9.4 Weiterführende Literatur Fachbücher Ratgeber für Patienten Leitlinien für Diagnostik und Therapie Publikationen 167 167 169 170 176 10 Sachwortverzeichnis 180 11 Bildnachweis 182 AIK apparative intermittierende Kompression BSG Blutsenkungsgeschwindigkeit CHIVA Cure Hémodynamique d’Insuffisance Veneuse en Ambulatoire CT Computertomographie CVI chronische venöse Insuffizienz KPE komplexe physikalische Entstauungstherapie MKS medizinische Kompressionsstrümpfe/ -strumpfhose MLD manuelle Lymphdrainage MRT Magnetresonanztomographie PKV phlebologischer Kompressionsverband S. Seite TVT tiefe Bein- und Beckenvenenthrombose Inhaltsverzeichnis [4.5] Vorwort Phlebologische und lymphologische Erkrankungen der unteren Extremitäten müssen heute als eine der häufigsten Krankheitsgruppen in unserer Bevölkerung angesehen werden. Über 20 % unserer Bevölkerung leiden unter einer Varikose und ca. 15 % haben eine chronische venöse Insuffizienz von der Ödembildung bis hin zum offenen Bein. Die Krampfaderoperation gehört mit ca. 300.000 Eingriffen zu den häufigsten Operationen in Deutschland. Ca. 2% haben ein manifestes Lymphödem. Neue Verfahren wie die endovenöse Behandlung und die Schaumsklerosierung der Varikose haben das Therapiespektrum in den letzten Jahren erweitert. Trotz der erschreckend hohen Prävalenz dieser Krankheitsbilder lässt der Kenntnisstand der Ärzteschaft noch Wünsche offen. Auch haben nur etwa 40 % der Patienten mit einem Krampfaderleiden oder einem venösen Ödem jemals eine spezifische phlebologische Behandlung erfahren. Dieses Buch, verfasst von erfahrenen Phlebologen und Lymphologen, bietet einen guten Überblick über akute und chronische Venenkrankheiten von der Diagnose bis hin zu den therapeutischen Konzepten und bietet damit eine hervorragende Grundlage für die Auseinandersetzung mit phlebologischen und lymphologischen Krankheitsbildern in der täglichen Praxis. Prof. Dr. med. Eberhard Rabe (Präsident der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie) Vorwort [6.7] 1 Beurteilungskriterien phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen 1.1 Schwellung als Leitsymptom phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen F.X. Breu, C. Martin Ziel jeder Beurteilung phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen ist es, differenzierte Informationen über die Ursachen sowie den Umfang des Krankheitsgeschehens zu erhalten, um eine effiziente Therapie durchführen zu können. Hierbei helfen detaillierte Informationen über mögliche Ursachen von Ödemen sowie eine klinische Diagnostik, die aus Anamnese, Inspektion, Palpation und Volumenmessung besteht. Gleichermaßen hilfreich sind Kenntnisse über die wichtigsten Differentialdiagnosen. Schwellungen der unteren Extremitäten gehören zum Praxis-/Klinikalltag in der Allgemeinmedizin, Inneren Medizin, Dermatologie und Chirurgie. Der interdisziplinäre Charakter dieses klinischen Symptoms erklärt sich durch die Vielzahl der möglichen exogenen und endogenen Krankheitsursachen von Beinschwellungen. Eine Übersicht gibt Tabelle 1. Mögliche Ursachen für Schwellung der unteren Extremitäten n Steigerung des rechtsventrikulären Drucks und damit Steigerung des venösen hydrostatischen Kapillardrucks (Stauungsödeme bei Rechtsherzinsuffizienz) n gestörte venöse Hämodynamik (z.B. chronische venöse Insuffizienz, Postthrombotisches Syndrom) n Veränderung der Kapillarpermeabilität bei entzündlichen Erkrankungen oder Ischämie n Ineffektivität der Gelenk-/Muskelpumpfunktion (z.B. Inaktivitätsödem bei Querschnittlähmung oder Rollstuhlfahrern) n allergische oder toxische Gefäßerkrankung n idiopathisches Ödem n Änderung der Blutzusammensetzung bei: – Hypalbuminämie (renale und hepatische Erkrankungen) – Salz-/Wasserretention (z.B. Niereninsuffizienz, Arzneimittelnebenwirkung) n Lymphabflussbehinderung (z.B. primäres oder sekundäres Lymphödem) n Fettverteilungsstörung (Lipödem) n Ablagerung von Gykosaminoglycanen im Interstitium (bei Myxödem) Tabelle 1: Pathogenese von Schwellungen der unteren Extremitäten Ödeme (subkutane Flüssigkeitsansammlungen) treten an den unteren Extremitäten bei Varizen, bei Thrombose und Thrombophlebitis aber auch bei gestörtem Lymphabfluss auf. Sie sind Folge der venösen Blutrückflussstörung und/oder der Entzündung bzw. des behinderten Lymph1 Beurteilungskriterien phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen [8.9] abflusses. Ein Beinödem wird dann klinisch manifest, wenn die interstitielle Flüssigkeitseinlagerung in der Extremität mehr als 1 Liter beträgt. Beinschwellungen, die nicht mit einer Flüssigkeitseinlagerung im Sinne der Extremitätenödem-Definition einhergehen, sind das Lipödem, das eine Fettverteilungsstörung darstellt, und das Myxödem, verursacht durch Proteoglycanablagerungen im Interstitium. Anamnese, Inspektion, Palpation und Messungen zur Abklärung der Ödemgenese Anamnese n Aktuelle Symptome (Auftreten des Ödems, Schmerzen) n Vor-/Begleiterkrankungen, Operationen, Traumen in der betreffenden Region n Schwellungs-/Haematomneigung n Vor- und Begleittherapie (Arzneimittel/physikalische Therapie) n Schwangerschaften/Geburten n Beruf, Sport n Familiäre Disposition Körperliche Untersuchung Venöse und lymphatische Ödeme verursachen ein Schweregefühl und Spannungsschmerzen in den Beinen und können zu Bewegungs- und Leistungseinschränkung, starker psychischer Belastung und weiteren Komplikationen führen. Das Behandlungsziel ist, die Beschwerdesymptomatik zu verrringern, Komplikationen zu vermeiden sowie bei berufstätigen Patienten die Arbeitsfähigkeit zu erhalten, bzw. wiederherzustellen. 1.2 Anamneseerhebung und körperliche Untersuchung zur Abklärung der Ödemgenese A. Untersuchung im Stehen (Vor- und Rückseite): n Gesamthabitus n Gewicht n Beinstatik n Fußform (Fuß von Schwellung mitbetroffen?) n Gewebekonsistenz, transiente Dellenbildung durch Fingerdruck, Druckschmerz n Asymmetrien der Schwellung (Messung des Wadenumfangs) n Venenbefund B. Untersuchung im Liegen: n Hautveränderungen (Farbe, Temperatur, Entzündungszeichen, Ulcera, Narben, Behaarung) n Lymphknoten n Analyse der Ödemformen: typische Symptome, z.B. Faltenbildung, Tiefe der natürlichen Hautfurchen, Stemmer’sches Zeichen, Druckschmerz (spezielle Druckpunkte bei Thromboseverdacht) n Fußpulse n orthopädische Aspekte (z.B. Fehlhaltung, Arthrose) Tabelle 2: Anamnese und körperliche Untersuchung zur Abklärung der Ödemgenese W.J. Brauer, C. Martin Während Ödeme an den Armen in der Regel sehr einfach zu diagnostizieren sind, bestehen an den Beinen häufig Kombinationsödeme mehrerer Ödemkrankheiten. Die einzelnen Ödemkomponenten herauszudifferenzieren und die auch oft notwendigen Kombinationstherapien einzuleiten, ist oft nicht einfach und bedarf großer Erfahrung. Die klinische Diagnostik basiert auf Anamnese, Inspektion und Palpation sowie Volumenmessungen (Tabelle 2). Serologische Untersuchungen sind nur selten erforderlich, wie bei kombinierten Krankheitsbildern, z.B. der exudativen Enteropatie oder bei lymphatischen Refluxkrankheiten. Anamnese Die Anamnese sollte sich neben der Eigen- und Familienanamnese gezielt auf aktuelle Symptome, Erkrankungsbeginn, Operationen und Traumata in der betreffenden Region, Erysipele, Hämatomneigung bei geringfügigen Traumen, Schmerzhaftigkeit und laufende physikalische 1 Beurteilungskriterien phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen [10.11] Entstauungstherapie sowie Medikamentenanamnese beziehen. Ein ursächlicher Tumor muss im Vorfeld ausgeschlossen werden. Druckpunkte bei Thromboseverdacht, ‡ Tabelle 7a, S. 25). Lymphödeme sind nicht druckschmerzhaft, nicht therapierte Lipödeme dagegen immer. Inspektion Bei der Inspektion ist auf Varizen, Kollateralvenen, Verformungen, Asymmetrien, Volumenvermehrung, Beschaffenheit der Cutis, vertiefte natürliche Hautfalten an Extremitäten und Körperstamm zu achten. Volumenmessung Abbildung 4, rechts: Stemmer’sches Zeichen (Hautfaltenzeichen nach Kaposi und Stemmer); Verdickung und Sklerosierung der Cutis am 2. Zehengrundglied, die Hautfaltendicke liegt über 2 mm. Abbildung 4, links: unauffälliger Befund. Abbildung 1: Typisches Zeichen eines Lymphödems: Ödem des Fußrückens und vertiefte natürliche Hautfalten an den Zehen am linken Bein Abbildung 2: Typisches Zeichen eines Lymphödems: „Kastenzehen“ 1 2 Die Volumenmessung gehört zur Basisdiagnostik von lymphologischen Arm- oder Beinschwellungen, wird aber auch zur Sicherung des Therapieeffekts angewendet. Abbildung 3: Typische Hautveränderung beim primären Lymphödem: Papillomatose 3 Palpation Mit der Palpation werden die Dellbarkeit und die Konsistenz der Haut beurteilt. Wenn sich die Cutis z.B. über dem 2. Zehengrundglied nur als über 2 mm breite Falte abheben lässt, liegt ein positives „Stemmer’sches Zeichen“ vor; es beweist eine Fibrosklerose und somit ein Lymphödem. Es wird die Druckschmerzhaftigkeit geprüft (spezielle Die drei wichtigsten Methoden zur Volumenbestimmung sind: n Volumenbestimmung mit dem Maßband und die Berechnung des Volumens nach dem Scheibenmodell von Kuhnke,23 n Volumenverdrängungsmessung durch Eintauchen in eine Flüssigkeit (Plethysmographie), n die optoelektronische Volumenerfassung z.B. mit dem Perometer‚ (Schattenrissmessung in zwei Ebenen) nach Göltner. 18 Diese Methode wird auch vermehrt zur Anmessung von Kompressionsstrümpfen angewendet. Jede der drei Methoden weist Vor- und Nachteile auf (‡ Tabelle 3). 1 Beurteilungskriterien phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen [12.13] Vorteil Maßband Plethysmographie Perometer n billig n überall durchführbar n rasche Kontrolle des n billig n erfasst auch unregel- n schnelle Messung n gute Reproduzierbarkeit n sofortige Dokumentation mäßige Armformen n Hand mit erfasst Therapieergebnisses Nachteil n n n n relativ ungenau zeitaufwendig umständlich zunehmender Messfehler mit Volumenrückbildung n methodischer Fehler n proximaler Arm nicht n teuer n Hand/Fuß nicht erfasst erfasst n zeitaufwendig n Hygiene Tabelle 3: Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Methoden zur Messung des Ödemvolumens (nach Weissleder und Brauer) 37 Abbildung 5: Optoelektronische Volumenmessung mit dem Perometer im Sitzen und im Stehen. Die Schattengrenzen des Beines werden berührungsfrei mittels lichtemittierender Dioden (LEDs) beleuchtet und abgetastet (LED-Scanner). Die Scannereinheit befindet sich im Messrahmen, der berührungsfrei über die Extremität gefahren wird. Die Daten werden auf einen Rechner mit entsprechender Software übertragen. (Bilder: Pero-System GmbH) Merksätze: n Inspektion und Palpation des Beinödems sollte am stehenden Patienten erfolgen. n Bei Verdacht auf eine tiefe Venenthrombose sollte der Umfang beider Waden an der dicksten Stelle gemessen werden, um Asymmetrien zu erkennen. n Die Beurteilung der Hautveränderung (z.B. Stemmer’sches Zeichen) kann auch im Liegen erfolgen. n Immer auch Beurteilung der Rückseite des Patienten, da hier die Lymphödeme früher auftauchen (dorsaler Oberschenkel, Retromalleolarraum). 1.3 Differenzialdiagnostische Hinweise F.X. Breu, C. Martin Ein bilaterales Ödem wird gewöhnlich durch systemische Ursachen oder eine Veneninsuffizienz verursacht. Kann letztere ausgeschlossen werden, ist nach einer Nieren-, Herz- oder Lebererkrankung zu suchen. Das Lymphödem ist ein eigenständiges, chronisches, zur Progression neigendes Krankheitsbild, bedingt durch eine Transportstörung des Lymphgefäßsystems durch angeborene Fehlentwicklung des Lymphgefäßsystems (primäres Lymphödem) oder durch postnatale Schädigung (sekundäres Lymphödem). Bei Erkrankungen der Venen, z.B. bei chronischer venöser Insuffizienz (CVI) sind immer benachbarte Lymphgefäße gefährdet. Langfristig führt dies wegen der Dauerbelastung der Lymphgefäße zur Dekompensation des epi- und subfascialen Lymphgefäßsystems und im Stadium III der CVI zum Verschluss der initialen Lymphgefäße (‡ Kapitel 7.2 Lymphgefäßsystem der unteren Extremitäten, S. 162) Bei der Bein- oder Beckenvenenthrombose entwickelt sich das üblicherweise unilaterale Ödem erst allmählich. Die Ödembildung hängt vom Ausmaß und der Lokalisation der Thrombosierung ab. Die wichtigsten Differenzialdiagnosen symmetrischer und asymmetrischer Beinschwellungen sind in Tabelle 4 und in Tabelle 5 gelistet. 1 Beurteilungskriterien phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen [14.15] Diagnose Schmerz Weitere Hinweise Diagnose Schmerz Weitere Hinweise n Herzinsuffizienz nein reversibles Stauungsödem, leicht eindrückbar, Belastungsdyspnoe, nächtliche Orthopnoe, Tachykardie n Chronische venöse möglich Ödem im Frühstadium reversibel, im Spätstadium teigig und schwer eindrückbar, schwere Beine, Besserung beim Gehen, Varizen, Corona phlebectatica paraplantaris, Depigmentierung (Atrophie blanche), braune Hyperpigmentation (Purpura jaune d’ocre), florides oder vernarbtes Ulcus Beinschmerz möglich Ödem entwickelt sich erst allmählich, Linderung beim Hochlagern des Beines, „Thrombosefrühzeichen“ (schmerzhafte Druckpunkte) sind unspezifisch und können fehlen (siehe Tabelle 7, S. 24, S. 25) ansteigende Pulsfrequenz („Kletterpuls“), subfebrile Temperatur n Leberzirrhose nein reversibles Stauungsödem, leicht eindrückbar n Nephrotisches Syndrom nein reversibles Ödem, leicht eindrückbar, Labor: Proteinurie, Hypoproteinämie n Lipödem (‡ S. 80) gelegentlich druckschmerzhaft irreversibles Ödem, teigig und schwer eindrückbar, supramalleolärer Fettkragen, Füße werden von der Schwellung immer ausgespart n orthostatisches Ödem nein eindrückbares Ödem gewöhnlich am Abend durch langdauernde Steh- oder Sitzbelastung n Arzneimittelneben- nein Unterschenkel-/Knöchelödeme, z.B. CalciumKanalblocker wirkung Tabelle 4: Symmetrische Beinödeme (bilateral) Differenzialdiagnostische Hinweise Insuffizienz (‡ S. 45) n tiefe Bein- oder Becken- venenthrombose (S. 21) n Thrombophlebitis (‡ S. 33) im Verlauf einer Rötung, tastbarer Strang oberflächlichen Vene n Lymphödem (‡ S. 64) nein Ödem am Fußrücken und Retromalleolarraum, Ödem im Frühstadium reversibel, leicht eindrückbar, im Spätstadium irreversibel, teigig und schwer eindrückbar, Faltenbildung im Bereich des oberen Sprunggelenkes, Verdickung der Zehen („Kastenzehen“: (‡ Abb. 2, S. 12), positives Stemmer’sches Hautfaltenzeichen (‡ Abb. 4, S. 13) n Chronisch- nein irreversibles Ödem bei rheumatischen Erkrankungen, Kollagenosen oder chronischen Hauterkrankungen n Ischämisches Ödem nein arteriosklerotische Erkrankungen, Diabetes mellitus n Erysipel (‡ S. 39) Berührungsempfindlichkeit scharf begrenzte, flammende Rötung, Überwärmung, Lymphknotenschwellung, Fieber, Krankheitsgefühl, Leukozyten ·, BSG ·, ASL-Titeranstieg erst nach 1-2 Wochen n Arthrose gelenknah Bewegungseinschränkung n Gicht Großzehengrundgelenk anfallsartige Schwellung von Gelenken n Muskelfaserriss/ plötzlicher Wadenschmerz ausgeprägtes subfasziales Ödem nach starker körperlicher Anstrengung, CPK · plötzlicher Wadenschmerz starke Unterschenkelschwellung, heftige lokale Entzündungsreaktion möglich (Gewebsmasse in der Fossa poplitea in der Anamnese) entzündliches Ödem schwerer Muskelkater n rupturierte Baker-Zyste Tabelle 5: Asymmetrische Beinödeme (unilateral oder bilateral) - Differenzialdiagnostische Hinweise 1 Beurteilungskriterien phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen [16.17] Abbildung 6: Typische Zeichen eines Lymphödems: Ödeme am Fußrücken und retromalleolär (hier: primäres Lymphödem) Abbildung 7: Typische Zeichen eines Lipödems: supramalleolärer Fettkragen ohne Schwellung des Fußrückens 1 Beurteilungskriterien phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen [18.19] 2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen Zu den akuten phlebologischen und lymphologischen Erkrankungen der unteren Extremitäten zählen neben der tiefen Bein- und Beckenvenethrombose ebenfalls Thrombophlebitis und Varikophlebitis sowie Varizenblutung. Ebenfalls gehören dazu die durch Bakterien oder Parasiten hervorgerufenen Entzündungen wie die Lymphangitis, Lymphadenitis oder das Erysipel 2.1 Tiefe Bein-/Beckenvenenthrombose (TVT) F.X. Breu, C. Martin Definition und klinische Problematik Bei einer akuten tiefen Bein- und Beckenvenenthrombose (TVT) – auch Phlebothrombose genannt – handelt es sich um eine partielle oder vollständige Verlegung der Leitund/oder Muskelvenen durch ein Blutgerinnsel (Thrombus = Blutpfropf), das zum appositionellen Wachstum und zur Embolisation in die Lunge (Thromboembolie) neigt. Eine weitgehende, die Venenklappen erhaltende Auflösung der Thromben erfolgt spontan oder unter Standardtherapie nur ausnahmsweise. Im weiteren Verlauf kommt es teilweise zu einer bindegewebigen Organisation, überwiegend mit Rekanalisation und Zerstörung der Klappen. Die Entwicklung einer chronischen venösen Insuffizienz (CVI) ist relativ häufig. Abbildung 8: Tiefe Beinvenenthrombose links Klinik Eine Blickdiagnose der TVT ist nicht möglich. Der objektive Befund einer TVT ist oft wenig eindrucksvoll (insbesondere bei bettlägrigen Patienten). Eine Umfangdifferenz der Beine, livide Verfärbung im Stehen (Strömungszyanose), 2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [20.21] die Ausbildung von Kollateralvenen, besonders in Leiste und Unterbauch, sowie die so genannten „Pratt-Warnvenen“ über der Tibia werden nur bei ausgeprägten Beinvenethrombosen beobachtet, die hämodynamisch wichtige Abstromabschnitte blockieren. verlangsamung (Stase), Aktivierung der plasmatischen Gerinnung (Hyperkoagulabilität), Schädigung der Gefäßwand (Endothelläsion). Beckenvenethrombosen treten möglicherweise wegen des Beckenvenensporns häufiger links auf. Phlegmasien (Sonderformen der TVT) mit schmerzhaftem, sich rasch entwickelndem Beinödem und stasebedingter Ischämie im Bereich der Mikrozirkulation sind selten: Die wichtigsten Thromboseauslöser sind Schwangerschaft bzw. Geburt, die Einnahme von oralen Kontrazeptiva oder Östrogentherapie (vor allem in Kombination mit Rauchen - Malignome), Überanstrengung („thrombose par effort“) und schwere Erkrankung, insbesondere aber Immobilisierung kombiniert mit Operationen und Traumen, oder langes Sitzen (z.B. Reisethrombose). Die Gefahr von Venenthrombosen besteht nicht nur nach Interkontinentalflügen. Auch Autofahrer oder Bus- und Bahnreisende sind gefährdet. Nach den Ergebnissen einer Fall-Kontrollstudie (1999 -2002) verdoppelt sich das Risiko bereits ab einer vierstündigen Immobilisierung.9 Für Menschen mit einer Mutation des Faktor-V war das Risiko um den Faktor 8 erhöht, für Übergewichtige mit einem Bodymass-Index (BMI) von über 30 kg/m2 um den Faktor 10 und für Frauen, die orale Kontrazeptiva einnahmen, um den Faktor 20. Auch große Menschen (> 1,90 m) und kleine Menschen (< 1,60 m) hatten ein 4- bzw. 5-fach erhöhtes Thromboserisiko. Phlegmasia alba dolens („Milchbein“) Ein hochgradiges, blasses, schmerzhaftes unilaterales Beinödem bei Oberschenkel- und/oder Beckenvenenthrombose. Phlegmasia rubra dolens Ein plötzliches, schmerzhaftes unilaterales Beinödem mit Rotfärbung der Haut bei ausgedehnter TVT und Periarteriitis, manchmal Übergang in die Phlegmasia coerulea dolens. Phlegmasia coerulea dolens Ein perakutes, hochdramatisches Krankheitsbild mit meist sehr schmerzhaftem (oft nur auf Morphine ansprechendem), anfangs weichem, später „holzigem“ Beinödem mit rotzyanotischer Verfärbung („phlébite bleue“) infolge fulminanter Gerinnung des Blutes in allen Venen des Beines mit arterieller Minderdurchblutung. Periphere Arterienpulse sind abgeschwächt oder fehlen. Die Hauttemperatur ist leicht erniedrigt oder wegen der Phlebitiden erhöht. Die Krankheit zeigt rasche Progredienz mit Entwicklung eines hypovolämischen Schocks und eines ischämischen Syndroms mit akraler Gangrän („venöse Gangrän“). Ätiologie Für die Entstehung der Thrombose gilt die Virchow-Trias mit den drei pathogenetischen Mechanismen: Strömungs- Thrombusbildung Histologisch werden drei Arten von Thromben unterschieden: Der Gerinnungsthrombus (roter Thrombus: Fibrinlamellen mit Erythrozyten und Leukozyten) entsteht durch Blutgerinnung bei zu langsam fließendem Blut bzw. Stase und füllt das Gefäßlumen meist vollständig aus (Gefäßobliteration). Dieser Thrombus haftet der Gefäßwand nur partiell an. Daher können sich Teile dieses Thrombus leicht lösen (Embolus) und über das rechte Herz zu einer Lungenembolie führen (venöse Embolie). 2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [22.23] Der Abscheidungsthrombus (Thrombozyten + Fibrin) entsteht durch Läsion der Gefäßwand und sitzt der Gefäßwand fest an. Der gemischte Thrombus besteht aus einem Kopfteil (Abscheidungsthrombus) und einem Schwanzteil (Gerinnungsthrombus). Klinische Untersuchung (‡ Tabelle 7a + 7b) Inspektion: Stauungssymptome, Seitendifferenz, Farbe und Temperatur der Haut, Varizen, Kollateralvenen Palpation: Konsistenz der Haut, Dellenbildung, typische Druckschmerz-Punkte, subfasziales Ödem Abklärung der Diagnose Symptom Anamnese n Beginn, Art und Intensität der Symptome ? n Risikofaktoren? (‡ Tabelle 6) Risikofaktoren nach pathogenetischen Gesichtspunkten (Virchowsche Trias) Gefäßwandläsion (Endothelläsion) durch: Frakturen, Traumen (Hämatome, Verstauchungen), Operationen, Geburt, Entzündung Strömungsverlangsamung (Stase) durch: Immobilisierung, Paresen, langes Sitzen (z.B. Operation, Bettlägrigkeit, Reisethrombose), Herzinsuffizienz mit hoher Vorlast durch einen venösen Rückstau, Varizen, chronische venöse Insuffizienz, frühere Thrombosen (inkomplett rekanalisierte Venenlumina, pathologischer Reflux infolge Klappenzerstörung), Schwangerschaft (Behinderung des venösen Rückstroms durch den vergrößerten Uterus, veränderte Hormonsituation) Exsikkose, Adipositas (BMI > 30 kg/m2) Veränderung der Blutzusammensetzung (Hyperkoagulabilität) durch: Thrombozytose, Polyglobulie, Polyzythämie, Hyperfibrinogenämie, Plasminogenmangel, hereditäre/erworbene Thrombophilie: Antithrombinmangel, Protein-C-Mangel, Protein-S-Mangel, APC-Resistenz (Faktor-V-Leiden-Mutation), Prothrombinmutation, Antiphospholipid-Syndrom (Lupusantikoagulanzien, Antikardiolipin-Antikörper), persistierende Faktor-VIII-Erhöhung, u.a. Malignom, Kontrazeptiva, Östrogentherapie, Steroide Tabelle 6: Risikofaktoren für eine tiefe Bein-/Beckenvenenthrombose Schmerzen Eigenname Schmerzen im Bein beim Husten und Pressen Louvel-Zeichen Fußsohlendruckschmerz im Bereich der medialen Plantarmuskulatur, entspricht dem Schmerz, den der Patient spontan beim Auftreten angibt Payr-Zeichen spontaner Fußsohlenschmerz, ohne Druck Deneke-Zeichen Plantarüberempfindlichkeit Rössle-Zeichen Druckschmerz in der Regio calcaneo-malleolaris / Kulissendruckschmerz Bisgaard-Zeichen Druckschmerz entlang der betroffenen Vene medial der Tibiakante Meyer-Druckpunkte Wadenschmerz bei Dorsalflexion des Fußes Hohmans-Zeichen Wadenschmerz bei manueller Kompression der Wadenmuskulatur Ducuing-Zeichen Wadenkompressionsschmerz bei Druck >100 mmHg: langsames Aufpumpen einer Blutdruckmanschette im Bereich beider Waden bis zur Schmerzgrenze. Bei Seitendifferenz > 20 mmHg ‡ Verdacht auf TVT in dem Bein mit dem niedrigeren Druckwert Lowenberg-May Test Druckschmerz 3-4 cm unterhalb der Kniekehle und in der Kniekehle selbst Pratt-Zeichen Schmerzen in der Kniekehle bei Überstreckung Sigg-Zeichen Druckschmerz im Bereich des Adduktorenkanals Leistenschmerz Rielander-Zeichen Tabelle 7a: Klinische Zeichen einer tiefer Bein-/Beckenvenenthrombose (sog. Thrombosefrühzeichen) 2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [24.25] Symptom lokale Schwellung Eigenname Schwere in den Beinen (meist einseitig), Spannungsgefühl, verstrichene Gelenkkonturen, gesteigerter Gewebeturgor (Frühsymptome), eindrückbares Ödem am symptomatischen Bein (Spätsymptom); CAVE: rasche Extremitätenschwellung bei Phlegmasia coerulea dolens! Umfangdifferenz der Wade Unterschenkelschwellung > 3 cm gegenüber Gegenseite Hautveränderung einseitige leichte Zyanose im Stehen Überwärmung, evtl. Glanzhaut Hautvenendilatation prall gefüllte subkutane Venen über der Tibia nach lateral unten verlaufend Kollateralvenen oberflächliche Leiste, Schamgegend (oft in der Schambehaarung versteckt!), Unterbauch Herzfrequenz · Pulsanstieg bei zunächst normaler bis subfebriler Körpertemperatur; im fortgeschrittenen Stadium bis 38 °C und oft überproportionaler Pulsanstieg („Kletterpuls“); CAVE: Lungenembolie! Fußpuls normal oder fehlend Prattsche Warnvenen Kriterium Score aktive Krebserkrankung 1 Lähmung oder kürzliche Immobilisation der Beine 1 Bettruhe (> 3 Tage); große Chirurgie (< 12 Wochen) 1 Schmerz/Verhärtung entlang der tiefen Venen 1 Schwellung ganzes Bein 1 Unterschenkelschwellung > 3 cm gegenüber Gegenseite 1 eindrückbares Ödem am symptomatischen Bein 1 Kollateralvenen 1 früher dokumentierte TVT 1 alternative Diagnose mindestens ebenso wahrscheinlich wie TVT Mahler-Zeichen normal (außer bei starkem Ödem oder zusätzlicher arterieller Verschlusskrankheit); CAVE: pulslose Extremitätenschwellung bei Phlegmasia coerulea dolens! Tabelle 7b: Klinische Zeichen einer tiefer Bein-/Beckenvenenthrombose (sog. Thrombosefrühzeichen) Bestimmung der klinischen Wahrscheinlichkeit einer TVT (‡ Tabelle 8) Mittels Anamnese und körperlicher Untersuchung kann eine TVT nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Eine große Bedeutung kommt heute der Bestimmung der klinischen Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer TVT mittels Scores zu, die anamnestische Angaben und klinische Befunde berücksichtigen (z.B. Score nach Wells et al., siehe Tabelle 8). Daraus ergibt sich eine Graduierung in zwei Kategorien für die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer TVT (hohe und nicht hohe Wahrscheinlichkeit). -2 Score ≥ 2: Wahrscheinlichkeit für TVT hoch Score < 2: Wahrscheinlichkeit für TVT nicht hoch TVT= tiefe Venenthrombose Tabelle 8: Bestimmung der klinischen Wahrscheinlichkeit einer tiefen Bein-/Beckenvenenthrombose nach Wells et al. 2003 39 Diagnostischer Algorithmus bei Verdacht auf TVT (‡ Abbildung 9) Für den eindeutigen Ausschluss bzw. Nachweis einer TVT sind weitere Untersuchungen notwendig. Ihr Einsatz erfolgt je nach Einstufung der klinischen Wahrscheinlichkeit. Falls klinische Wahrscheinlichkeit für TVT nicht hoch: n D-Dimer-Test (‡ Kapitel 4.1.1, S. 85) Falls klinische Wahrscheinlichkeit für TVT hoch: n Kompressionssonographie kombiniert mit Farbduplexsonographie der Bein- und Beckenvenen (‡ Kapitel 4.2.2, S. 87 und Kapitel 4.2.3, S. 88) n Phlebographie (‡ Kapitel 4.2.4, S. 89) 2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [26.27] Verdacht auf TVT klinische Wahrscheinlichkeit hoch nicht hoch D-Dimer Sonographie der Beinvenen antikoagulieren positiv negativ positiv negativ nicht antikoagulieren nicht antikoagulieren nicht eindeutig Kontrollsonographie oder Phlebographie antikoagulieren positiv negativ nicht antikoagulieren Abbildung 9: Diagnostischer Algorithmus bei Verdacht auf tiefe Venenthrombose (TVT) 12 Zusatzdiagnostik n Bei Verdacht auf proximale TVT: n Magnetresonanz- und ComputertomographiePhlebographie (‡ Kapitel 4.2.5, S. 89) n Wenn TVT-Diagnose wahrscheinlich ist (vor Antikoagulation): Vitalparameter, Blutbild, BSG, Leukozyten, GOT, GPT, Gamma-GT, Kreatinin, Gerinnungsparameter. n Besonders bei idiopathischer TVT: - Malignom-Screening - Thrombophilie-Screening (‡ Kapitel 4.1.2, S. 85, Tabelle 17, S. 86) Merksätze: n Viele tiefen Beinvenenthrombosen (TVT) verlaufen klinisch oligo- oder asymptomatisch, insbesondere bei bettlägrigen Patienten. Ein unauffälliger klinischer Befund schließt eine TVT nicht aus! n Gelegentlich sind rezidivierender Thoraxschmerz und/oder Dyspnoe durch Lungenembolie einzige Symptome bei fehlenden Beinbeschwerden! n Mittels Anamnese und körperlicher Untersuchung kann eine TVT nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. n Verdächtig sind unklare subfebrile Temperatur, BSGErhöhung, Leukozytose, vor allem wenn postoperativ, posttraumatisch oder im Wochenbett persistierend. Treppenförmiges Ansteigen des Pulses („Kletterpuls“) bei gleichbleibender Temperatur können ein Frühzeichen der Thrombose oder der Lungenembolie sein (Mahler-Zeichen). n Der diagnostische Prozess sollte mit einer Einschätzung der klinischen Wahrscheinlichkeit beginnen. n Bei niedriger klinischen Wahrscheinlichkeit und einem negativem D-Dimer-Test lässt sich eine TVT mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen. n Bei hoher klinischer Wahrscheinlichkeit für eine TVT ist die Kompressions- und Duplex-Sonographie die wesentliche Standarduntersuchung. n Spezielle Untersuchungen sind bei idiopathischer TVT zu empfehlen (Malignom-Screening, ThrombophilieScreening). Differenzialdiagnosen Die wichtigsten Differenzialdiagnosen der TVT sind in Tabelle 9 zusammengefasst. 2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [28.29] Wichtigste Differenzialdiagnosen der TVT n Hämatom (sichelförmige Verfärbung hinter dem Innenknöchel) n posttraumatische Schwellung n Muskelriss, Muskel- und/oder Bänderzerrung n Baker-Zyste (Ultraschall der Kniekehle!) n Postthrombotisches Syndrom, Lipodermatosklerose n „Hypodermitis“ n Phlebitis superficialis, Vaskulitis n Erysipel (‡ S. 39) n Lymphangitis (‡ S. 38) n Acrodermatitis chronica atrophicans (ödematöses, präatrophisches Stadium bei Borreliose) n Lymphödem (‡ S. 64) n Lipödem (‡ S. 80) n Selbststauartefakte n kardiale, nephrogene, dysproteinämische Ödeme n Kompartmentsyndrom n Medikamentennebenwirkung (Diuretika, Laxantien, Lipidsenker, Antihypertonika, u.a.) n „Thrombophobie“ (Thromboseangst, vorwiegend bei Patienten mit Thromboseerfahrung) Tabelle 9: Differenzialdiagnosen der tiefen Beinvenenthrombose 30 Therapie Die Therapie der Venenthrombose hat zum Ziel, eine Lungenembolie und das postthrombotische Syndrom zu verhindern. Die Therapie kann auch ambulant von erfahrenen niedergelassenen Ärzten korrekt durchgeführt werden. n Heparinbehandlung Die therapeutische Antikoagulation muss sofort begonnen werden, um die bestmögliche Reduktion des Lungenembolierisikos zu erreichen (auch bei schwangeren Patientinnen und Tumorpatienten). Die initiale Antikoagulation erfolgt üblicherweise subkutan mit niedermolekularem Heparin. n Sekundärprophylaxe mit Vitamin-K-Antagonisten Die orale Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten (z.B. Marcumar) wird in der Regel am ersten oder zweiten Tag begonnen (überlappend mit Heparin über mindestens vier bis fünf Tage) mit dem International Normalized Ratio (INR) – Zielwert 2,0 bis 3,0. Bei den meisten Patienten genügt die derzeit übliche sechs- bis zwölfmonatige orale Antikoagulation zur RezidivProphylaxe. Etwa ein Drittel der Patienten mit TVT erleidet jedoch ein Rezidiv in den nächsten fünf bis acht Jahren. In einer Studie an 914 Patienten mit spontaner Thromboembolie wurde bei den 100 Patienten mit Rezidiv ein signifikant erhöhter Thrombin-Wert im Vergleich zu den rezidivfreien Patienten nachgewiesen (bei einem Thrombin-Wert von über 400nM betrug das Rezidivrisiko 20 Prozent).21 Die optimale Dauer einer Langzeittherapie mit Vitamin K-Antagonisten ist nicht bekannt. Prospektive klinische Studien haben gezeigt, dass der D-Dimer Spiegel des Patienten nach Absetzen der oralen Antikoagulation einen hohen Vorhersagewert für das Auftreten einer erneuten Venenthrombose besitzt. So erleiden Patienten mit einem erhöhten D-Dimer Spiegel signifikant weniger Rezidive, wenn die Therapie mit Vitamin K-Antagonisten weitergeführt wird.27 n Kompressionstherapie und Gehübungen Die Kompressionstherapie (Kompressionsverband oder Unterschenkelkompressionsstrumpf der Klasse II) reduziert die Inzidenz und die Schwere des postthrombotischen Syndroms. Sie sollte so früh wie möglich begonnen werden, kombiniert mit „kontrolliertem Gehen“ (3x täglich 20-30 Minuten bewusst spazieren gehen). Die Immobilisierung des Patienten mit einer TVT jedweder Lokalisation ist nicht indiziert, es sei denn zur Linderung der Beschwerden bei stark schmerzhafter Beinschwellung. 2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [30.31] n Lysetherapie Eine frühzeitige Lyse kann die Entstehung des postthrombotischen Syndroms verhindern (Wiederherstellung der venösen Strombahn ohne Schädigung der Venenklappen). Die Dauer der Lyse ist vom Präparat abhängig (z.B. Streptokinase maximal 5 Tage). Die Indikationsstellung muss kritisch unter sehr strenger Beachtung der Kontraindikationen und der teilweise lebensbedrohenden Komplikationen erfolgen (intrazerebrale Blutungen). Eine Lysetherapie ist zu diskutieren bei jungen Patienten (Alter < 45 Jahre), frischer Thrombose (höchstens 3 Tage alt) und ausgedehnten proximalen Thrombosen. n Thrombektomie Die operative Thrombusentfernung ist nicht Therapie der ersten Wahl. Sie ist indiziert bei sehr ausgeprägten proximalen Thrombosen und bei der Phlegmasia coerulea dolens mit Gefährdung der Extremität. n Cavafilter Die Implantation eines Cavafilters kann nach sorgfältiger Abwägung in Einzelfällen indiziert sein (z.B. Kontraindikation gegen Antikoagulation oder rezidivierende Lungenembolie trotz Antikoagulation), sollte aber wegen der möglichen Langzeitfolgen zeitlich stark begrenzt bleiben (z.B. Cavathrombose, Rezidiv einer Lungenembolie). n Die Bestimmung des Dimer-Spiegels im Blut vier bis fünf Wochen nach Ende der Koagulation klärt das Rezidiv-Risiko (erhöhter D-Dimer-Spiegel bedeutet erhöhte Rezidiv-Gefahr; d.h. Fortsetzung der Antikoagulation erforderlich). 2.2 Thrombophlebitis, Varikophlebitis F.X. Breu, C. Martin Definition und klinische Problematik Bei einer Thrombosierung epifaszialer Venen handelt es sich um eine Gerinnselbildung (Thrombus) in einer oberflächlichen Vene mit lokalen Entzündungszeichen. Für dieses Krankheitsbild, das häufiger bei Vorhandensein von Varizen entsteht (Krampfaderentzündung) werden die Begriffe Varikothrombose, Varikophlebitis oder Thrombophlebitis superficialis verwendet. Davon abzugrenzen ist die Phlebitis superficialis (migrans oder saltans), bei der die Gefäßentzündung im Vordergrund steht. Abbildung 10: Phlebitis der Vena saphena magna Komplikationen n Lungenembolie (akute Dyspnoe, plötzlicher Thoraxschmerz und Synkope, Tachypnoe, Zyanose) n Postthrombotisches Syndrom (Kapitel 3.1.1.2, S. 51) n Chronische venöse Insuffizienz (Kapitel 3.1, S. 45) Merksätze: n Wegen der Gefahr der Lungenembolie Heparintherapie schon bei Verdacht beginnen. Klinik (Blickdiagnose) Die Leitsymptomatik der Varikothrombose umfasst die klassischen Entzündungszeichen Tumor, Dolor, Rubor und Calor: Die betroffene Vene schmerzt, die Umgebung ist 2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [32.33] gerötet, heiß und geschwollen, eine Resistenz ist tastbar. Die Schmerzen verringern sich gewöhnlich innerhalb einer Woche. Die Entzündung klingt nach zwei bis sechs Wochen ab, die thrombosierte Vene kann aber noch monatelang Symptome verursachen. Therapie Die Behandlung ist lokal und Symptomorientiert. Bei aszendierender Phlebitis ist die Gabe von niedermolekularem Heparin (NMH) in prophylaktischer oder therapeutischer Dosierung nötig. Ätiologie Die Hauptursache der Varikothrombose ist eine lokale Stase. Sie betrifft Patienten mit Varikose, chronisch-venöser Insuffizienz oder einem postthrombotischen Syndrom. n Kompressionsbehandlung Die Phlebitis superficialis des Beines dagegen betrifft Patienten ohne ausgeprägte Venenerkrankung. Sie tritt auf nach intravenösen Injektionen, Intimaverletzung durch Traumen, nach Infektionen durch Bakterien (z.B. nach Drogeninjektion), Viren oder Parasiten und bei Systemerkrankung (Paraneoplasie, Gerinnungsstörungen, Kollagenosen, z.B. bei der Behçet-Krankheit und der Winiwater-Buerger-Krankheit =Thrombangiitis obliterans). Abklärung der Diagnose Die Diagnostik muss darauf gerichtet sein herauszufinden, ob der entzündliche oder der thrombotische Prozess im Vordergrund steht. Bei einer Varikothrombose in der Gegend der Vena saphena parva (Wade) oder ab der Mitte des Oberschenkels nach poximal muss die Beteiligung der tiefen Venen abgeklärt werden (aszendierende Varikothrombose). Differenzialdiagnosen n Tiefe Venenthrombose (‡ Kapitel 2.1, S. 21) n Lymphangitis (‡ Kapitel 2.4.1, S. 38) n Erysipel (‡ Kapitel 2.4.3, S. 39) n Insektenstichreaktion n Hypodermitis n n n n n n Die Basisbehandlung der Varikothrombose aber auch der Phlebitis superficialis besteht in einer exakten Kompressionstherapie (auch nachts), was zu einer prompten Schmerzlinderung führt. Der Kompressionsdruck kann evtl. durch Druckpolster erhöht werden. Lokaltherapie Heparinhaltige Salben und lokale Kälteapplikation (z.B. Kryopack auf den Verband legen). Häufiges Gehen Mindestens 3-mal täglich eine halbe Stunde gehen; in Ruhe das Bein hochlagern. Schmerzmittel bei Bedarf Stichinzision In allen dazu geeigneten Fällen soll die Varikothrombose durch eine Stichinzision mit dem Skalpell nach vorheriger Lokalanästhesie (Chlorethyl) entfernt werden. Die Schmerzen lassen dann schlagartig nach. Durch diese Maßnahme werden große Teile des Thrombus und damit die Ursache für das weitere Wachstum der Varikothrombose eliminiert. Antikoagulation Bei einer ausgedehnten Varikothrombose, einer Aszension und Mitbeteiligung des tiefen Venensystems, ist eine Antikoagulation mit niedermolekularem Heparin und überlappend mit oralen Antikoagulantien zu empfehlen. Krossektomie/Varizenoperation (‡ Kapitel 5.2.3.1, S. 138) Eine Varizensanierung nach Abklingen der akuten Symptome ist mit dem Patienten zu besprechen. Bei 2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [34.35] einer Krossenthrombose ist die notfallmäßige Operation zu erwägen. 2.3 Varizenblutung F.X. Breu, C. Martin Die orale Antikoagulation und die Kompressionsbehandlung werden im Allgemeinen 4-6 Wochen durchgeführt. Bei einer Phlebitis superficialis im Rahmen einer Grunderkrankung muss nach dieser entsprechend gesucht werden. Komplikationen n Tiefe Beinvenenthrombose n Lungenembolie Abbildung 11: Varikophlebitis Anamnese (46 Jahre, 70 kg/KG): n Seit 3 Tagen Schmerzen und Schwellung einer varikösen V. saphena magna li. n Varikose seit über 10 Jahren. Beginn der starken Schmerzen am Tag des Rückfluges aus dem Urlaub (Flugdauer über 20 Stunden). Schon im Urlaub leicht ziehende Schmerzen im Varizenbereich n Keine Thromboembolien in der Eigen- und Familienanamnese n Familiäre Varikosebelastung Klinik und Ätiologie Gerade bei ausgeprägten Varizen können schon kleinste Verletzungen (z.B. bei der Gartenarbeit) zu mitunter starken Blutungen führen. Therapie Steriler Druckverband und Hochlagerung des betroffenen Beines. Evtl. Operation oder Sklerosierung. Komplikation In seltenen Fällen kommt es zu einem starken Blutverlust, der eine Bluttransfusion notwendig macht. 2.4 Lymphödem durch Entzündung Ch. Schuchhardt Merksätze: n Die Behandlung der oberflächlichen Venenthrombose ist Symptomorientiert. n Eine tiefe Venenthrombose kann zeitgleich mit der oberflächlichen Venenthrombose auftreten oder auch verzögert (Tage bis Wochen nach der Diagnose einer oberflächlichen Venenthrombose). n Der D-Dimer-Test eignet sich nicht für die Differenzialdiagnose zwischen einer oberflächlichen und einer tiefen Thrombosierung. Die Entwicklung chronischer Lymphödeme durch infektiös entzündliche Prozesse ist in den gemäßigten Zonen eher selten. Weltweit gesehen stellt jedoch die tropische Filariasis die häufigste Ursache aller infektiös bedingten, sekundären Lymphödeme dar. Der Zusammenhang zwischen chronischen Lymphödemen und bakteriellen Hautinfekten oder Infekten der abführenden Lymphgefäße ist eindeutig. So stellt die Erysipelinfektion (Wundrose) die häufigste Komplikation chronischer Lymphödeme dar. Weniger bekannt ist, welche Erkrankung als primär ursächlich für welche Komplikation zu gelten hat: Primär chronisches Lymphödem mit Entwicklung der Komplikation Erysipelinfekt oder primär Erysipelinfekt mit Entwicklung chronischer Lymphödeme. 2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [36.37] Aus lymphologischer Sicht ist in der Regel eine latente Vorschädigung des Lymphgefäßsystems, welche sich klinisch noch nicht als Lymphödem manifestiert hat, verantwortlich für zahlreiche Erysipelinfekte oder Lymphangitiden. Ohne Vorschädigung des Lymphgefäßsystems (Anlagestörung) im Sinne eines primären Lymphödems, oder eines drohenden Lymphödems nach z.B. Axillarevision, führt ein einmaliger Erysipelinfekt nicht zu einem chronischen Lymphödem. Erst wenn mehrfach bakterielle Hautinfekte aufgetreten sind, z.B. bei immer wieder auftretenden Verletzungen mit Infektionen oder z.B. bei chronischen Hautekzemen mit immer wieder auftretenden bakteriellen Infekten, ist die Diagnose „Sekundärkomplikation chronisches Lymphödem“ zu akzeptieren. 2.4.3 Erysipel (Wundrose) Definition Das Erysipel ist eine akute entzündliche, auf die Subkutis übergreifende Infektion des Koriums, in der Regel verursacht durch beta-hämolysierende Streptokokken (Streptococcus pyogenes der Serogruppe A), gelegentlich auch durch Staphylokokken. Eintrittspforten sind kleine Hautläsionen (häufig Tinea pedum). 2.4.1 Lymphangitis Unter Lymphangitis versteht man eine bakterielle Infektion von Lymphkollektoren in der Regel an Arm oder Bein. Meist ist eine Eintrittspforte mit peripherem Hautinfekt festzustellen. Klinisch zeigt sich ein schmaler, druckschmerzhafter, geröteter, etwas derberer Strang vom Ort der Infektion bis zum jeweiligen regionären Lymphknoten. Dieser ist meist vergrößert, druckschmerzhaft und überwärmt tastbar (Lymphadenitis). 2.4.2 Lymphadenitis Unter Lymphadenitis versteht man eine durch Bakterien oder Parasiten verursachte Entzündung des Lymphknotens. Die früher häufigste Lymphadenitis war tuberkulosebedingt, bei Abszedierungen kam es gelegentlich zur Einschmelzung des Lymphknotens (tuberkulotisches Skrofulose). Lymphadenitiden sind sicher häufiger als Lymphangitiden. Häufig sind auch virale Infekte mit im Spiel. Klinik Die Krankheit beginnt subakut aus vollem Wohlbefinden heraus mit Schüttelfrost gefolgt von hohem Fieber, zuweilen verbunden Kopfschmerzen und Übelkeit/Erbrechen. Der Patient fühlt sich schwer krank. Abbildung 12: Erysipel: scharf begrenzte, flammende Rötung, die sich von der oberflächlichen Wunde (Eintrittspforte der Krankheitserreger) flächenhaft ausbreitet. Klinisch imponieren flächige, gerötete, überwärmte, schmerzhafte Hautbezirke, mal komplett im Hautniveau, gelegentlich auch das Niveau leicht überschreitend (Erisipela rubeosum). In schweren Fällen kommt es zu Gewebsuntergängen in Form von Blasen (Erysipela bullosum) oder Nekrosen (Erysipela gangraenosum). Eine 2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [38.39] lebensgefährliche Komplikation stellt die Fasciitis necroticans dar, welche die katastrophalste Komplikation eines Erysipela bullosums mit jetzt Erreichen auch der tiefen Hautschichten bis zur Fascie darstellt. Abbildung 13: Erysipela bullosum Diagnose Klinische Symptome Labor: BSG ·· , CRP ·· , Leukozyten · ; ASL-Titer kann positiv sein Differenzialdiagnosen Thrombophlebitis, Beinvenenthrombose, akutes Ekzem (Bläschen, Schuppung), Lymphangitis, Lymphangiosis carcinomatosa. Ätiologie Diese flächige bakterielle Hautinfektion ist die häufigste Komplikation chronischer Lymphödeme. Die sekundären Gewebsveränderungen der Haut und auch des Unterhautgewebes bei chronischer Lymphostase begünstigen das Eindringen der immer auf der Haut angesiedelten Bakterien. Da zusätzlich die chronische Lymphostase zu einer schlechteren Drainage des Interstitiums führt, können sich diese eingedrungenen Bakterien rasch unkontrolliert vermehren. Über die dilatierten initialen Lymphgefäße der Haut breiten sich die Bakterien blitzschnell innerhalb von Stunden über großflächige Hautareale aus. Therapie n Hochlagerung und Kühlung (feuchte Umschläge) der betroffenen Extremität n Penicillin (systemisch oder oral) über 10 Tage; bei Penicillin-Allergie: Erythromycin, neuere MakrolidAntibiotika oder Clindamycin n Erysipelprophylaxe: Hautpflege, Vermeidung von Bagatellverletzungen an der betroffenen Extremität, Sanierung interdigitaler Mykosen, bei Lymphödem zusätzlich Kompressionstherapie Bei einem dritten Rezidiv innerhalb von neun Monaten: antibiotische Langzeittherapie Kontraindikation Während der Entzündung keine manuelle Lymphdrainage in dem betroffenen Bezirk! Komplikationen n Zunahme des Lymphödems bei chronisch-rezidivierendem Verlauf n Fasciitis necroticans bei schwerer Verlaufsform des Erysipels: Lebensgefahr durch raschen Muskelzerfall binnen Stunden bis Tagen (sofort breite chirurgische Eröffnung, Ruhigstellung, offene Wundbehandlung, hochdosierte parenterale Antibiotikatherapie) 2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [40.41] Merksätze: n Entgegen der landläufigen Meinung, ist die Entwick- lung chronischer Lymphödeme durch bakterielle Infekte eher selten. n Bakterielle Infekte der Haut und abführenden Lymph- gefäße sind häufig durch eine latente Vorschädigung des Lymphgefäßsystems (primär oder sekundär) bedingt. n Ein zunächst akutes, später chronisches Lymphödem, kann dementsprechend durch eine bakterielle Hautinfektion ausgelöst werden. 2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [42.43] 3 Chronische Erkrankungen 3.1 Chronische venöse Insuffizienz (CVI) F.X. Breu, C. Martin In kurzgefasster und übersichtlicher Form werden die chronischen Erkrankungen mit dem jeweiligen klinischen Bild, der Ätiologie und Diagnose sowie den therapeutischen Möglichkeiten präsentiert. Hierbei werden die chronische venöse Insuffizienz (CVI), das Lymphödem sowie das Lipödem detailliert vorgestellt. 3.1.1 Definition Chronische venöse Insuffizienz ist ein Oberbegriff für eine chronische venöse (lymphatische) Abflussbehinderung unterschiedlicher Ätiologie und den hieraus entstehenden klinischen Veränderungen an den unteren Extremitäten. Eine CVI findet sich nicht nur beim postthrombotischen Syndrom, sondern auch als Folge einer ausgeprägten primären Varikose. Zu den klinischen Befunden, die unter dem Begriff der CVI summiert werden, gehören: n Phlebödem n Corona phlebectatica paraplantaris n Varikosis n Hyperpigmentierung (Purpura jaune d’ocre) n Atrophie blanche n Dermatolipofasciosklerose n Arthrogenes Stauungssyndrom n Ulcus cruris venosum 3 Chronische Erkrankungen [44.45] Abbildung 14: Corona phlebectatica paraplantaris bei chronischer venöser Insuffizienz: Typische intrakutane Venektasien am medialen und evtl. auch am lateralen Fußrand. Abbildung 16: Purpura jaune d’ocre (Dermite ocre) bei chronischer venöser Insuffizienz: Bräunliche Hyperpigmentierung der Unterschenkel als Folge der stauungsbedingten Erythrozytenextravasation in den Perikapillarraum und der damit verbundenen Hämosiderinablagerung zugrunde gegangener Erythrozyten, sowie Einlagerungen von Melanin aus Melanophagen. (Angiodermatitis pimentosa et purpurica FAVRE). Abbildung 15: Stauungsdermatitis/venöses Ekzem bei chronischer venöser Insuffizienz. Abbildung 17: Atrophie blanche bei chronischer venöser Insuffizienz: Verschlüsse intrakutaner Kapillaren führen zur weißlichen Atrophie der Haut (Capillaritis alba), in der stecknadelkopfartig erweiterte Kapillarschlingen angeordnet sind. 3 Chronische Erkrankungen [46.47] Abbildung 18: Ausgeprägte Dermatoliposklerose bei chronischer venöser Insuffizienz: Bedingt durch chronisch-rezidivierende Entzündungsprozesse, die zur Fibrosierung von Cutis, Subcutis und Muskelfaszie führen, kommt es zur Induration der Haut im distalen Unterschenkelbereich. Die Haut ist fest mit der Fascia cruris verbacken (nicht abhebbar) und zeigt manchmal vermehrten Glanz. Lage Bezeichnung Von der Venektasie/Dilatation betroffene Venen Kennzeichen Cutis Teleangiektasie/ Pinselfiguren oberster (subpapillärer) Hautvenenplexus ausstreichbar, nicht palpabel Besenreiservarizen größeren Hautsammelvenen (Venulen) nicht ausstreichbar, nicht palpabel, 1 mm Cutis/ Subcutis Retikuläre Varizen netzartig angeordnete Venen mit Verbindungsvenen zum Saphenasystem nicht palpabel, 3 mm Subkutan Seitenast-Varizen Seitenäste der V. saphena magna und V. saphena parva meist palpabel Stammvarizen V. saphena magna und/oder V. saphena parva meist palpabel Perforans-Varizen Verbindungsvenen zwischen epifaszialen und subfaszialen Beinvenen meist palpabel Subcutis/ Muskulatur Abbildung 19: Florides (aktives) Ulcus cruris venosum bei chronischer venöser Insuffizienz: Häufigste Lokalisation ist der mediale distale Unterschenkel (Bisgaard’sche Kulisse). Tabelle 10: Einteilung der oberflächlichen (epifaszialen) Varizen Mit Varikosis oder Varikose bezeichnet man die ausgedehnte Bildung von Varizen (sog. Krampfaderleiden). Primäre/sekundäre Varikose Unter einer primären Varikose versteht man eine anlagebedingte Wanddegeneration (sog. Bindegewebsschwäche), insbesondere der oberflächlichen (epifaszialen) Venen, die mit Dilatation und Funktionsverlust der Klappen einhergeht. 3.1.1.1 Varikosis, Varikose Varizen (lat. Varix = Krampfader) sind unregelmäßig schlauchförmig oder ampullär-knotenförmig erweiterte und geschlängelt verlaufende oberflächliche Venen (alter Begriff: „Krump Ader“). Als sekundäre Varikosis bezeichnet man die kompensatorische, variköse Degeneration von epifaszialen Venen, die als Umgehungskreisläufe für subfasziale Venenverschlüsse (tiefe Phlebothrombose) dienen oder gedient haben und im Rahmen des postthrombotischen Syndroms auftreten. Nach morphologischen Kriterien werden mehrere Typen von dilatierten Venen unterschieden (‡ Tabelle 10). 3 Chronische Erkrankungen [48.49] Epidemiologie der Varikose In den westlichen Ländern gehören Venenerkrankungen zu den großen Volkskrankheiten. Neun von zehn Erwachsenen haben Veränderungen an ihrem Venensystem – angefangen bei leichten Veränderungen wie etwa Besenreiser bis hin zum schwersten Stadium der chronischen Venenerkrankung, dem Ulcus cruris venosum. Ergebnisse der „Bonner Venenstudie“, die zwischen 2000 und 2002 von der Dermatologischen Klinik der Universität Bonn im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie durchgeführt wurde, zeigen, dass Venenerkrankungen mit dem Alter zunehmen. 17 % der erwachsenen Deutschen zwischen 18 und 79 Jahren haben laut Erkenntnissen der Bonner Forscher eine symptomatische Venenkrankheit, die ärztlich behandelt werden muss. Ungefähr jede zweite Frau (42 %) und jeder sechste Mann (16 %) sind betroffen.31 Deutlich weniger betroffen sind hingegen Bewohner von Entwicklungsländern.2 Risikofaktoren Eindeutige Risikofaktoren sind fortgeschrittenes Alter, weibliches Geschlecht, mehrere Schwangerschaften, erbliche Prädisposition sowie Übergewicht. Abbildung 20: Formen der Varikosis a b c d e 21 22 Abbildung 21: Stamm- und Astvarikose der V. saphena magna Abbildung 22: Astvarikose der V. arcuata anterior 3.1.1.2 Posttrombotisches Syndrom Das postthrombotische Syndrom (PTS) ist eine funktionelle Störung der venösen Hämodynamik bedingt durch eine tiefe Phlebothrombose. Bei ausgedehnten Thrombosen treten die Symptome einer CVI (Phlebödem/Phleb-Lymphödem, gestörte Trophik bis zum Ulcus cruris venosum) sowie Rezidivthrombosen häufiger auf; die Latenzzeit ist unterschiedlich. Nach der Rekanalisation der thrombosierten Vene kann es zur Wandsklerose dieser Vene und zur Ausbildung von sekundären Varizen kommen. Der Thrombus kann aber auch als sog. „Venenstein“ verkalken (Phlebolith) und wird dann im Röntgenbild sichtbar (ohne Krankheitswert). 3.1.2 Klinik der CVI (Blickdiagnose) Zu den häufigsten subjektiven Beschwerden der Patienten im Rahmen der CVI gehören: Schweregefühl beim Stehen und Sitzen sowie im Tagesverlauf zunehmende Ödemneigung im distalen Unterschenkelbereich (Phlebödem), chronischer Juckreiz, Müdigkeit, Spannungsgefühl, Wadenschmerzen. 3 Chronische Erkrankungen [50.51] Im fortgeschrittenen Stadium kann die CVI anhand der Unterschenkelödeme (Phlebödem/Phleb-Lymphödem) und dilatierten Venen (Corona phlebectatica paraplantaris, Varikosis) in Kombination mit den typischen Folgeerscheinungen an der Haut (Stauungsdermatitis, venöses Ekzem, Purpura jaune d’ocre, Atrophie blanche, Dermatoliposklerose, Ulcus cruris) auf den ersten Blick diagnostiziert werden (‡ Abbildung 14 bis Abbildung 19). Phlebödem Das Phlebödem bzw. phlebostatische Ödem ist ein Leitsymptom der chronischen venösen Insuffizienz. Im Gegensatz zum symmetrischen kardialen Ödem oder Lipödem, ist das venös bedingte Stauungsödem oft asymmetrisch, entweder uni- oder bilateral und tritt zunächst prätibial und im Bereich der Bisgaard-Kulisse und im Knöchelbereich auf. Die Patienten klagen über schwere und geschwollene Beine, insbesondere in der warmen Jahreszeit und nach längerem Sitzen oder Stehen. Im Frühstadium ist das Phlebödem reversibel (Abnahme der Schwellungen bei Hochlagerung der Beine und beim Gehen) und hinterlässt auf Fingerdruck transiente Dellen in der Haut (proteinarmes Ödem). Beim Übergang zum Phlebo-Lymphödem (Phlebödem mit zusätzlichem sekundärem Lymphödem) wird die Dellbarkeit nach Monaten bis Jahren durch die lymphostatische Proteinfibrosebildung geringer und das Ödem dann irreversibel. Beim postthrombotischen Syndrom kann das Ödem sogar „Holzhärte“ annehmen. des Unterschenkels lokalisiert, was immer eine differenzialdiagnostische Abklärung erfordert (‡ Tabelle 14, S. 63). Form und Größe des Ulkus sind variabel. Bei ausgeprägten Befunden kann der Substanzdefekt den gesamten Unterschenkel zirkulär erfassen (Gamaschenulkus). Der Wundgrund rein venöser Ulzera ist gelblich bzw. weißlich belegt. Ein blutig-seröser, eitriger Wundgrund zeigt eine Kontamination an. Schwarze Wundnekrosen deuten auf eine zusätzliche arterielle Perfusionsstörung (Ulcus mixtum) hin. Periulzerös findet man häufig eine Stauungsdermatitis (variköses Ekzem), begünstigt durch Applikation von Salben, oder ein Kontaktekzem als Reaktion auf sensibilisierende Substanzen. Ein Ulcus cruris, das unter optimaler phlebologischer Therapie innerhalb von drei Monaten keine Heilungstendenz zeigt, bzw. nicht innerhalb von zwölf Monaten abgeheilt ist, gilt als therapieresistent. 13 Das Ulcus cruris venosum stellt mit 57-80 % aller chronischen Ulzerationen die häufigste Ursache nicht spontan abheilender Wunden dar (arterielle Ulzera 4-30 %, gemischt arterio-venöse Ulzera ca. 10%, übrige Formen 10 %). Die Rezidivquote gibt Aufschluss über die Therapie und die Compliance des Patienten. Durchschnittlich ein Drittel aller Patienten hat mehr als vier Ulkusrezidive (Quelle: Leitlinie Phlebologie - Ulcus cruris venosum; 2004). Ulcus cruris venosum Das Ulcus cruris venosum ist die schwerste Form der CVI. Der Substanzdefekt tritt im pathologisch veränderten Gewebe des Unterschenkels auf, bevorzugt im Bereich der Innenknöchel (Bisgaard’sche Kulisse). In etwa 20 % der Fälle sind venöse Ulzera aber auch an anderen Stellen 3 Chronische Erkrankungen [52.53] Abbildung 23: Ulcus cruris venosum li. Füßen und konsekutiver Störung der Mikrozirkulation. Prädilektionstellen des Plebödems sind daher die perimalleoläre Region und die Fesseln. 3.1.3 Ätiologie/Pathophysiologie Wesentliche pathophysiologische Grundlage der CVI ist die über das physiologische Maß hinausgehende Druckerhöhung in den Beinvenen im Sitzen und Stehen und die mangelnde „Druckabschöpfung“ beim Gehen (ambulatorische venöse Hypertonie), verursacht durch eine Insuffizienz der Venenklappenmechanismen. Das heißt, auch durch Aktivierung der Gelenk- und Muskelpumpe kann kein adäquater Druckabfall in den Venen der von der CVI betroffenen Gliedmaßenabschnitte erreicht werden. Die Klappeninsuffizienz kann in den oberflächlichen Venen (epifaszial) und/oder in den Leitvenen (subfaszial) lokalisiert sein, z.B. bei Varikose, nach tiefen Beinvenenthrombosen (postthrombotisches Syndrom) oder Thrombosierung epifaszialer Venen (Thrombophlebitis/Varikophlebitis). Die langdauernde funktionelle Überbelastung der zunächst noch gesunden Lymphgefäße führt langfristig zur Dekompensation des epi- und subfascialen Lymphgefäßsystems und schließlich (im Stadium III der CVI) zum Verschluss der initialen Lymphgefäße durch narbige Veränderung (Phlebo-Lymphödem). Im Verlauf dieser Mikrozirkulationsstörung kommt es zu den typischen trophischen Hautveränderungen der CVI bedingt durch perivaskuläre Fibrosierungs-, Degenerations- und Entzündungsprozesse (Dermatitis, Ekzem, Purpura jaune d’ocre, Dermatoliposklerose, Atrophie blanche). Die nutritive Versorgung der am stärksten belasteten Region, medial retromalleolär, Bisgaardsche Kulisse, ist vermindert. Bereits kleinste Verletzungen, insbesondere an den sehr schmerzhaften atrophischen Hautbezirken (Atrophie blanche), können dann zu schlecht heilenden Ulzera führen (Ulcus cruris venosum). Die Dermatolipo(fascio)sklerose ist anfangs lokal begrenzt, schreitet dann aber fort und kann schließlich den gesamten Unterschenkel wie eine Manschette zirkulär umschließen. Die Einsteifung im Bereich des oberen Sprunggelenks (arthrogenes Stauungssyndrom) führt zum Ausfall der Gelenkbeweglichkeit und der damit verbundenen Muskelpumpe und so zur weiteren Verschlechterung der CVI. Die durch den gestörten venösen Rückfluss bedingte ambulatorische venöse Hypertonie setzt sich bis in die Kapillaren fort und führt dort zu einer verstärkten Filtration mit vermehrter Flüssigkeitsbildung und Flüssigkeitseinlagerung insbesondere in Unterschenkeln und 3 Chronische Erkrankungen [54.55] 3.1.4 Stadieneinteilung Die Ausprägung der CVI lässt sich hinsichtlich hämodynamischer, morphologischer und klinischer Kriterien unterteilen. Die im deutsch-sprachigen Raum übliche Stadieneinteilung nach Widmer, bzw. die modifizierte Stadieneinteilung nach Marshall, sind rein klinisch-morphologisch ausgerichtet (‡ Tabelle 11). Die internationale CEAP-Klassifikation berücksichtigt dagegen zusätzlich Aspekte der Ätiologie, Anatomie und Pathophysiologie. Sie wurde bezüglich ihrer Aussagekraft validiert. Daher wird die Klassifikation der Patienten nach CEAP-Score von der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft für Phlebologie für klinische Studien empfohlen. Für den täglichen klinischen Gebrauch kann die CEAP-Klassifikation in vereinfachter Weise angewendet werden, indem nur die C1 – C6 Einteilung verwendet wird (‡ Tabelle 12). Grad Widmer-Klassifikation, [AWMF Leitlinie DGP: Nr. 37/009L, 2004] Widmer-Klassifikation, modifiziert nach Marshall [AWMF Leitlinie DGP: Nr. 37/009L, 2004] Widmer-Klassifikation, modifiziert nach Marshall [AWMF Leitlinie DGP und DGG: Nr. 37/016, 2004] I Corona phlebectatica paraplantaris a) Corona phlebectatica paraplantaris, Stauungsekzeme b) Corona phlebectatica paraplantaris, Stauungsekzem + Ödem Krampfadern; keine (nennenswerten) Beschwerden; keine Komplikationen II Pigmentverschiebungen (Dermite ocre), Ekzem („stasis dermatitis“) Dermatoliposklerose mit/ohne Atrophie blanche + Ödem (unterschiedlicher Ausprägung) Krampfadern; Beschwerden (Dysäthesien, Juckreiz, Schweregefühl, Spannungsgefühl, leichte Schwellneigung, Wadenkrämpfe, Schmerzen, usw.); keine Komplikationen III Unterschenkelgeschwür oder Ulkusnarbe a) abgeheiltes Ulcus cruris (Ulkusnarbe) b) florides Ulcus cruris Krampfadern; Beschwerden (wie Grad II, stärker ausgeprägt); Komplikationen: - trophischen Hautstörungen (Induration, Pigmentierungen, Dermatitis, Ekzem, Atrophie) Varikophlebitis IV Krampfadern; (Bescherden wie Grad III); Komplikationen (wie Grad III, stärker ausgeprägt); florides Ulcus cruris Tabelle 11: Stadieneinteilung der CVI im deutschsprachigen Raum 3 Chronische Erkrankungen [56.57] C (Clinic) Klinische Zeichen a= asymptomatisch s= symptomatisch C0 keine sicht- oder tastbare Zeichen einer Venenerkrankung E (Etiology) Ätiologische Zuordnung A (Anatomy) Anatomische Verteilung EC kongenital AS AS1 AS2 AS3 AS4 AS5 C1 Besenreiser, retikuläre Varizen, Corona phebectatica EP primär (mit unbestimmtem Grund) C2 Varizen C3 Ödem ohne Hautveränderungen C4 Hautveränderungen (Pigmentation, Stauungsekzeme, Dermatoliposklerose, Hypodermitis) ES sekundär (mit bekanntem Grund: z.B. postthrombotisch, posttraumatisch, anderes) Defekt im superfizialen System: Besenreiser / retik. Venen V. saph. magna Oberschenkel V. saph. magna Unterschenkel V. saph. parva Seitenäste P (Pathophysiology) Pathophysiologische Dysfunktion PR Reflux AD Defekt im tiefen (deep) System AD6 V. cava inferior AD7 V. iliaca communis AD8 V. iliaca interna AD9 V. iliaca externa AD10 Beckenvenen AD11 V. femoralis communis AD12 V. femoralis profunda AD13 V. femoralis AD14 V. poplitea AD15 Venae tibiales AD16 Muskelvenen PO Obstruktion AP Defekt der Perforansvenen AP17 Perforans Venen Oberschenkel AP18 Perforans Venen Unterschenkel PRO Reflux und Obstruktion Tabelle 12: International übliche Stadieneinteilung der CVI: CEAPKlassifikation [AWMF Leitlinie DGP: Nr. 37/009L, 2004] Die klinische Einteilung der Varikosis ist nach unterschiedlichen Klassifikationen möglich, z.B. nach Widmer (Tabelle 11, S. 57), nach der CEAP-Klassifikation (Tabelle 12, S. 58) oder der Stadieneinteilung der Stammvarikosis nach Hach (Tabelle 13, S. 59). Vena saphena magna Stadium Vena saphena parva Insuffizienz der Mündungsklappen I Insuffizienz der Mündungsklappen Insuffizienz der Venenklappen mit retrogradem Blutstrom bis oberhalb des Knies II Insuffizienz der Venenklappen mit retrogradem Blutstrom bis zur Wadenmitte Insuffizienz der Venenklappen mit retro. gradem Blutstrom bis unterhalb des Knies III Insuffizienz der Venenklappen mit retrogradem Blutstrom bis zur Knöchelregion Insuffizienz der Venenklappen mit retrogradem Blutstrom bis zur Knöchelregion IV Die Stadieneinteilung erfolgt nach Lage des distalen Insuffizienzpunktes bei der Refluxuntersuchung mittels (Farb-) Duplexsonographie. Dieser meßbare Parameter bezeichnet das distale Ende der gesamten Strecke insuffizienter Venenklappen. Je tiefer dieser Punkt liegt, desto mehr Volumen rezirkuliert im Venensystem der Beine. Tabelle 13: Stadieneinteilung der Stammvarikose (Refluxstrecke der Stammvenen) modifiziert nach Hach. 19 C5 Hautveränderungen und Ulkusnarbe C6 Florides Ulcus cruris Beispiel 1: Aktives Ulkus bei primärer Varikose der V. saphena magna mit Klappenisuffizienz ohne Obliteration tiefer Venen ‡ C6, Ep, As, Pr Beispiel 2: Tiefer Venenthrombose mit Ausbildung eines Ulcus cruris ‡ C6, Es, AD, PO 3.1.5 Abklärung der Diagnose Ziel der Diagnostik ist es, differenzierte Informationen über Ursache, Ausprägung und medizinische Relevanz des Krampfaderleidens zur Einleitung einer rationalen Therapie zu gewinnen, d.h.: a) Klassifizierung - der chronischen venösen Insuffizienz (CVI) - des venösen Reflux b) Ausschluss bzw. Feststellung - einer Beteiligung des tiefen Venensystems - einer begleitenden peripheren arteriellen Erkrankung - einer begleitenden Lymphabflussstörung. 3 Chronische Erkrankungen [58.59] Vor operativen Eingriffen ist eine genaue Varikosediagnostik durch bildgebende Verfahren wie der (Farb-) Duplexsonographie erforderlich. n Plethysmographische Verfahren Basis-Diagnostik n Anamnese - Subjektive Symptome - Familiäre Belastung - Risikofaktoren (berufliche Belastung, sportliche Aktivitäten) - Anzahl und Komplikationen von Schwangerschaften - Begleiterkrankungen, Medikamenteneinnahme - Operationen, Traumatisierung der unteren Extremitäten und der Beckengürtelregion - Phlebitiden, Thrombosen - Phlebologische Vorbehandlung Zusatzdiagnostik n Farbduplexsonographie (‡ Kapitel 4.2.3, S. 88) n Phlebographie, ggf. in Kombination mit der Phlebodynamometrie (‡ Kapitel 4.2.4, S. 89) n Venenverschlussplethysmographie n Klinische Untersuchung - Inspektion der Beine: Ödem, Varizen, Hautbefund - Palpation: Ödem, Induration, Faszienlücken - Arterieller Gefäßstatus, Pulstastbefund - Ganzkörperuntersuchung, einschließlich orientierender neurologischer (Sensibilität) und orthopädischer Untersuchung (Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk) n Dopplersonographie - Direktionale Dopplersonographie mit spontanen und evozierten Signalen, besonders während eines Valsalva-Manövers zur Überprüfung der Funktion der Venenklappen (‡ Kapitel 4.2.3.1, S. 88) - Bidirektionale Dopplersonographie der Beinarterien, incl. Bestimmung des Knöchel-Arm-Index als Indikator für das Vorliegen einer arteriellen Verschlusskrankheit (‡ Kapitel 4.2.1 und 4.2.1.1, S. 86/87) z.B. Licht-Reflexions-Rheographie (digitale Photoplethysmographie) 3.1.6 Therapie Ziele der Behandlung sind: a) die Normalisierung oder Verbesserung der venösen Hämodynamik und evtl. Beseitigung des arthrogenen Stauungssyndroms; b) Verhinderung weiterer Komplikationen einer CVI (trophische Störungen, Ulcus cruris venosum, Varikophlebitis, Varizenblutung); c) Schutz des tiefen Venensystems vor Sekundärschäden; d) Abheilung oder Senkung der Rezidivrate von venösen Ulzera; e) Verbesserung der subjektiven Beschwerden und des Aussehens durch Varizensanierung. Diese Therapieziele können durch verschiedene konservative, nicht invasive und invasive Maßnahmen erreicht werden. Entscheidend für das therapeutische Vorgehen sind die Beschwerden des Patienten, die hämodynamischen Auswirkungen der Venenklappeninsuffizienz und die Varikoseform. n Kompressionstherapie (Basistherapie, sofern keine Kontraindikation vorliegt ‡ Kapitel 5.1.1 (S. 103): - Kompressionsverband/Medizinische Kompressionsstrümpfe - Evtl. apparative Entstauungsbehandlung 3 Chronische Erkrankungen [60.61] - Intensiviertes kontrolliertes Gehtraining, Venengymnastik - Krankengymnastische Mobilisierung der Sprunggelenkbeweglichkeit - Manuelle Lymphdrainage (‡ Kapitel 5.1.2, S. 111) n Lokale Wundbehandlung des Ulcus cruris venosum (‡ Kapitel 5.1.4, S. 113) n Invasive varizenausschaltende Maßnahmen (‡ Kapitel 5.2, S. 138) n Pharmakotherapie - Adjuvante systemische Pharmakotherapie (‡ Kapitel 5.5.1, S. 145) 3.1.7. Differenzialdiagnosen (DD) n DD des Phlebödems/Phleb-Lymphödems: ‡ Tabelle 4, S. 16, Tabelle 5, S. 17 n DD der Venektasien: - Klippel-Trénaunay-Syndrom (komplexe Angiodysplasie, Naevus teleangiectaticus, Störung des Längenwachstums) - Isolierte Aneurysmen der oberflächlichen oder tiefen Venen. n DD des Ulcus cruris venosum: ‡ Tabelle 14, S. 63 Andere Ursachen für ein Unterschenkelgeschwür (Ulcus cruris): Vaskuläre Ursache periphere arterielle Verschlusskrankheit, isoliert oder in Kombination mit CVI, Angiodysplasie, Lymphabflussstörung Vaskulitiden Begleitvaskulitis bei Autoimmunkrankheiten wie Kollagenosen, Livedovaskulitis/-vaskulopathie, Periarteritis nodosa, Pyoderma gangraenosum, kutane leukozytoklastische Vaskulitis Vaskulopathie/Mikrozirkulationsstörung Diabetische Mikroangiopathie, Kryoglobulinämie, Nekrobiosis lipidica, Ulcus hypertonicum Martorell, Cholesterinembolien, Calciphylaxie Hämatologische Ursachen Sichelzellanämie, Sphärozytose, Thalassämie, Sideroachrestische Anämie Myeloproliferative Erkrankungen Polycythämia vera, Thrombozythämie, Morbus Werlhof Neuropathische Ursachen Polyneuropathien Infektionen Mykosen, Infektionen durch Bakterien, Viren oder Protozoen Metabolische Ursachen Arzneimittel (Hydroxyurea-Therapie), Amyloidose, Gicht, Diabetes mellitus Ulzerierte Hauttumoren z.B. Plattenepithelkarzinom Chemische/physikalische Ursachen Artefakte Tabelle 14: Differenzialdiagnosen des Ulcus cruris venosum [AWMF Leitlinie DGP: Nr. 37/009L, 2004] 3.1.8 Komplikationen n Thrombophlebitis, Varikophlebitis ‡ Kapitel 2.2 (S. 33) n Varizenblutung ‡ Kapitel 2.3 (S. 37) n Insuffizienz des tiefen Venensystems Merksätze: n Pathophysiologische Grundlage der CVI ist die ambulatorische venöse Hypertonie verursacht durch eine Insuffizienz der Venenklappen bei primärer Varikose oder beim postthrombotischen Syndrom (mit sekundärer Varikose). n Das Phlebödem bzw. phlebostatische Ödem ist ein 3 Chronische Erkrankungen [62.63] Leitsymptom der chronischen venösen Insuffizienz; das Ulcus cruris venosum die schwerste Form der CVI. n Alter, Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit beeinflussen die Prävalenz des Krampfaderleidens n Das Ausmaß der Diagnostik hängt von der Varikoseform und der geplanten Therapie ab. n Gewebsveränderungen: Pachydermie, Hyperkeratose, Papillomatose n Ödem im Frühstadium reversibel, leicht eindrückbar, im Spätstadium irreversibel, teigig und schwer eindrückbar. n Positives Stemmer’sches Hautfaltenzeichen (Hautfaltenzeichen nach Kaposi und Stemmer (‡ Abbildung 4, S. 13). 3.2 Lymphödem Ch. Schuchhardt Definition Das Lymphödem ist ein eigenständiges, chronisches, zur Progression neigendes Krankheitsbild, bedingt durch eine Transportstörung des Lymphgefäßsystems. Abbildung 24: Lymphödem Stadium III mit Volumenvermehrung, Dekonturierung des Sprunggelenksreliefs, Ballonierung des Fußrückens, vertieften natürlichen Hautfalten, Kastenzehen, Papillomatosis cutis lymphostatica; noch mässiggradige Dellbarkeit (li Fußrücken). Eine Beschreibung der drei klinischen Stadien des Lymphödems gibt Tabelle 15 (S. 65). Merksätze: n Stemmer’sches Zeichen als Möglichkeit der Früherkennung chronischer Lymphabflussstörung. n Immer auch Beurteilung der Rückseite des Patienten, da hier die Lymphödeme früher auftauchen (dorsaler Oberschenkel, Retromalleolarraum). n Lymphödeme der Beine sind so gut wie nie symmetrisch, gelegentlich rein einseitig (ca. 20 %). Stadien des Lymphödems Stadium I (reversibel) Weiches, dellenhinterlassend spontan reversibles Ödem. Rückbildung der Schwellung bei Hochlagerung der Extremität. Stadium II (spontan irrreversibel) Mäßig dellenhinterlassendes Ödem bei ausgeprägter sekundärer Gewebeveränderung mit lymphostatischer Fibrose/Fibrosklerose. Stadium III (Elephantiasis) Klinik n Teigige Volumenvermehrung des Unterschenkels oder des gesamten Beines, d.h. Ödeme am Fußrücken, retromalleolär und am dorsalem Oberschenkel, Verdickung der Zehen („Kastenzehen“, ‡ Abbildung 2, S. 12), Elephantiastische Volumenentwicklung mit harter Gewebekonsistenz bei Fibrosklerose. Häufig lobuläre Gewebevermehrung mit zunehmender Entstellung der Extremität, typische sekundäre Hautveränderungen mit Lymphfistel, Hyperkeratose, Papillomatosen. Tabelle 15: Klinische Stadieneinteilung des Lymphödems 3 Chronische Erkrankungen [64.65] Abbildung 25: Elephantöses Beinlymphödem Lymphödem. Entsteht das Lymphödem nach einer Schädigung der Lymphgefäße bzw. Lymphknoten (z.B. nach Infektionen, Operationen oder Bestrahlung), spricht man von einem sekundären Lymphödem. Abklärung der Diagnose Anamnese Zeitpunkt des Auftretens (seit wann?), an welcher Körperstelle beginnend; Auslöser (Erysipele, Verletzungen, Operationen, Bestrahlung); Familiäre Belastung; Wundheilungsstörungen nach OP? Vorbehandlung/Vordiagnostik (ölige Lymphographie); Beschwerden (Analgetikabedürftige Schmerzen?). Abbildung 26: Papillomatose bei einem Beinlymphödem Stadium III Klinische Untersuchung Inspektion: Lokalisation des Ödems (Vorfuß, Retromaleollarräume, dorsales Kniepaket, dorsaler Oberschenkel Mitbeteiligung des Rumpfquadranten); Hautveränderungen (Papillomatose, Pachydermie, Hyperkeratose, Pigmentierung); Gangbild, orthopädische Fehlbildung. Ätiologie Anlagebedingte oder erworbene Beeinträchtigung der Transportfunktion des Lymphgefäßsystems, in der Regel bedingt durch zu geringe Anzahl funktionsfähiger Lymphgefäße. Ist die mechanische Insuffizienz des Lymphgefäßsystems genetisch bedingt (angeborene Fehlbildung bzw. Dysplasie der Lymphgefäße und/oder Lymphknoten) spricht man von einem primären (= idiopathischen) Palpation: Konsistenz des Ödems, Hautdicke, derbe Induration Innenseite oberhalb des Knies; Stemmer’sches Zeichen (‡ S. 13); Gelenkbeweglichkeit (Winkelgrade); Umfangsmessung (in Zentimeter). Apparative Untersuchung Bei Lymphödem im Stadium I zur Abklärung anderer Ödemursachen 3 Chronische Erkrankungen [66.67] Labor Verdacht auf Mitbeteiligung des Darmes, DifferenzialBlutbild, Serum Eiweiß, Elektrophorese Differenzialdiagnosen Sonstige Ödemursachen, Lipödem-Syndrom Therapie Komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) Kontraindikation der KPE Malignes Lymphödem; Erysipelinfekte; Thrombose. Therapiekonzepte Nachdem lange Zeit eine therapeutische Resignation bei Vorliegen eines Lymphödems primärer oder sekundärer Natur vorlag, verfügen wir heute über ein erfolgreiches Therapiekonzept in Form der komplexen physikalischen Entstauungstherapie (KPE, ‡ S. 112). Die reduzierte Lebensqualität von Lymphödempatienten kann durch diese Therapie durchaus langfristig verbessert werden, indem eine Rückbildung des Volumens der betroffenen Extremitäten oder des Genitale und eine Rückbildung der Konsistenzvermehrung erreicht werden kann. Hieraus folgt immer eine Steigerung der Lebensqualität mit verbesserter Beweglichkeit. Festzuhalten bleibt, dass ein chronisches Krankheitsbild, wie es das Lymphödem darstellt, eine lebenslang durchzuführende Therapie erfordert, in Form einer regelmäßigen ambulanten Betreuung wie auch der immer wieder notwendigen stationären Behandlung. Bei der von Vodder entwickelten manuellen Lymphdrainage, erweitert von Asdonk durch zusätzliche Ödemgriffe, handelt es sich um eine massageähnliche Therapie, welche durch Gewebeverschiebung unterschiedlicher Druckintensität eine Steigerung der Transportkapazität des Lymphgefäßsystems erzeugt. Durch die milde Druckerhöhung der oberflächlichen Hautgewebe werden die anschließenden Lymphkollektoren besser gefüllt, wodurch es Dank des Starling-Mechanismus (erhöhter intramuraler Druck der Muskelwand führt zu häufigerer und besserer Kontraktion) zu einer Steigerung der Lymphangiomotorik und damit des Lymphzeitvolumens kommt. Die anschließend immer notwendige Kompressionstherapie, sei es mit Bandagen, sei es mit einem Kompressionsstrumpf, soll die Neigung der entstauten Gewebe zur Reödematisierung verhindern. Die apparative Entstauungsbehandlung hat sich bei reinen Lymphödemen als problematisch erwiesen, indem hier meistens eine Blockadesituation in den betroffenen Extremitätenwurzeln vorliegt, z.B. sekundäres Beinlymphödem nach Leistenlymphknotendissektion. Mit der apparativen Entstauung wird die Gewebsflüssigkeit nach zentral verlagert, was zu einer Verstärkung des Ödems in den betroffenen Rumpfquadranten, gelegentlich auch im Genitalbereich führen kann. Bei reinen Lymphödemen kann die apparative Entstauungstherapie unterstützend durchgeführt werden, sollte aber immer von einer manuellen Lymphdrainage gefolgt werden, um den zentralen Ödemanteil definitiv wegzuarbeiten. Mit der manuellen Lymphdrainage gelingt eine kausale Therapie, indem die im Gewebe eingelagerten Proteine Dank der gesteigerten Lymphangiomotorik abtransportiert werden. Hierdurch ist auch die deutliche Konsistenzminderung der betroffenen lymphostatischen Gewebe unter einer manuellen Entstauungstherapie zu erklären. Die von Asdonk so genannte „komplexe physikalische Entstauungstherapie“ (=KPE) besteht aus mehreren Maßnahmen: 3 Chronische Erkrankungen [68.69] n hauthygienische Maßnahmen, n manuelle Lymphdrainage, n Bandagen nach manueller Lymphdrainage zur Vermeidung einer erneuten Flüssigkeitsanreicherung, n Entstauungsgymnastik der bandagierten Extremitäten. Der korrekte Ablauf der manuellen Lymphdrainage bedingt eine zentrale Vorbehandlung der nicht betroffenen Rumpfquadranten, um anschließend in den ödematisierten Rumpfquadranten zu münden. Erst anschließend werden die proximalen Extremitätenabschnitte und anschließend die distalen Extremitätenabschnitte in die Behandlung genommen. Operative Verfahren Eine große Anzahl operativer Maßnahmen als chirurgische Therapie von Lymphödemen wurde beschrieben. Im Prinzip lassen sich drei Hauptverfahren unterscheiden: n Resektionsmethoden n ableitende Verfahren n rekonstruktive Verfahren. Während die Resektionsmethoden wie auch die ableitenden Verfahren weitgehend der Vergangenheit angehören, wegen Unwirksamkeit , ja meist dramatischer Verschlechterung des vorliegenden Lymphödems, hat sich einzig das rekonstruktive Verfahren mit autologer Lymphgefäßtransplantation als langfristig wirksames Therapieprinzip chronischer Lymphödeme herausgestellt. In sehr ausgewählten Einzelfällen kann diese Behandlung zum Tragen kommen. Die Mehrzahl der zu behandelnden Lymphödempatienten erscheint nicht geeignet, wegen vorbestehender Komplikationen, wie Erysipelinfekt, Z.n. Bestrahlung oder wegen zu hohen Alters. Als sinnvolles Komplementärverfahren gilt die Resektion weitgehend entstauter Hautlappen bei elephantiastischen Lymphödemen. Des Weiteren hat sich die konservative Entstauungstherapie bei der Behandlung von Genitallymphödemen häufig als nicht ausreichend erwiesen, sodass gelegentlich Zuflucht zu operativ reduzierenden Maßnahmen (z.B. Teilskrotumresektion) zu nehmen ist. Speziell wenn im Bereich des Genitale, ob Vulva oder Skrotum, ausgeprägte Neigung zu Lymphzysten oder einer Papillomatosis besteht, kann eine Laserbehandlung oder auch chirurgische Resektion indiziert sein. Liposuktion ‡ Kapitel 5.4 (S. 142) Verhaltensregeln bei Beinlymphödemen (siehe auch S. 149) n Verletzungen vermeiden n Mückenstiche nicht aufkratzen, desinfizieren, juckreizlindernde Salben auftragen n Sonnenbrand vermeiden n auf vernünftiges Schuhwerk achten (Blasen!) n keine strangulierenden Kleidungsstücke (Tangaslip) n beim Wandern Wanderstöcke benützen Pharmakotherapie Eine wirksame medikamentöse Behandlung des Lymphödems ist nicht bekannt. Früher eingesetzte Substanzen, wie Cumarine, sind wegen erheblicher Leberschädigung vom Markt genommen. Ob durch andere Präparate eine Makrophagenstimulation möglich ist, scheint höchst fraglich. Diuretika sind zur Behandlung des reinen Lymphödems kontraindiziert. Hierdurch wird Wasser entzogen, sodass die im Gewebe abgelagerten Proteine noch schlechter abtransportiert werden können. Ist wegen einer Hypertonie oder einer Herzinsuffizienz eine Diuretikabehandlung notwendig, muss diese selbstverständlich fortgesetzt werden. 3 Chronische Erkrankungen [70.71] Prognose Das Lymphödem ist als chronische Erkrankung anzusehen und bedarf der lebenslangen Behandlung unterschiedlicher Intensität je nach Ausprägung. Komplikationen Erysipelinfekte, Funktionsbeeinträchtigung des Beines, in seltenen Fällen maligne Entartung 3.2.1 Primäres Lymphödem Primäre Lymphödeme sind bedingt durch eine genetische Entwicklungsstörung der Lymphgefäße und/oder der Lymphknoten. Das Lymphgefäßsystem ist verantwortlich für die Bewältigung der sogenannten lymphpflichtigen Last, d.h. zahlreicher Substanzen, welche im Interstitium anfallen. Hierzu gehören in erster Linie die Eiweißkörper, welche zum einen regelmäßig mit der Kapillarfiltration aus dem Blut in das Interstitium gelangen, zum anderen durch Zellmauserung und dem damit einhergehenden Eiweißanfall stammen. Zu berücksichtigen ist, dass auch sämtliche, in den Organismus gelangende Fremdeiweiße, wenn nicht parenteral verabreicht, in das Interstitium gelangen und von hier über die Lymphabflusswege den regionären Lymphknoten zugeführt werden. Diese Voraussetzung ist entscheidend für die Immunkontrolle unseres Organismus. So gelingt es, dass die eindringenden Eiweißkörper zunächst in den regionären Lymphknoten den immunkompetenten Zellen präsentiert werden und eine entsprechende immunologische Gegenantwort entwickelt werden kann. Die bei primären wie sekundären Lymphödemen typische vermehrte Anreicherung von Proteinen im Interstitium ist verantwortlich für die reaktive Bindegewebsvermehrung der betroffenen Gewebe, welche für die typische derbe Ödemkonsistenz chronischer Lymphödeme verantwortlich ist. Die bei allen Stoffwechselvorgängen in den Geweben anfallenden freien Radikale werden üblicherweise über Albumine abtrans- portiert. Die bei inkompetenter Lymphdrainage angereicherten Radikale führen zu reaktiven Gewebsproliferationen der Epidermis und Subcutis wie auch des subcutanen Fettgewebes. Hiermit wird der wesentlich mehr gewebsbedingte als flüssigkeitsbedingte Volumengewinn chronischer Lymphödeme eingeleitet. Entsprechend finden sich an der Haut eine verstärkte Verhornung (Hyperkeratose) sowie eine Hautverdickung (Pachydermie). Typisch ist die Entwicklung sei es herdförmiger, sei es flächiger Papillomatosen, welche gelegentlich die Oberfläche eines gesamten Unterschenkels erfassen können (Abbildung 3, S. 12, Abbildung 28, S. 75). Die chronische Lymphstauung kann zur Ausweitung von Hautkapillaren mit Entwicklung von Hautlymphzysten führen. Ein dauerhafter Lymphfluss aus solchen geplatzten Hautlymphzysten kann zu chronischen Lymphorrhoen mit persistierenden Lymphfisteln führen. Im schlimmsten Fall führt die Gewebeproliferation bei jahrzehntelangem Bestehen der Lymphabflußstörung sogar zur Entwicklung maligner Tumoren (Stewart-Treves-syndrom). Über die Prävalenz primärer Beinlymphödeme finden sich in der Literatur unterschiedliche Angaben: Casley-Smith wie auch Kinmonth geben relativ niedrige Raten mit einer Häufigkeit von 4 Fällen auf 100.000 an. Bei genauer klinischer Beurteilung wie auch Miteinbeziehung von Frühfällen gibt Herpertz ein zehnfach häufigeres Vorkommen in der Bevölkerung an. Insgesamt dürfte das Verhältnis primären zu sekundären Beinlymphödemen bei 1:2 liegen. 3 Chronische Erkrankungen [72.73] Abbildung 28: Elephantöses primäres Beinlymphödem Stadium III Die Geschlechtsverteilung ist je nach Lebensphase recht unterschiedlich: In der Phase zwischen Geburt und Pubertät ist das Verhältnis von Lymphödemen vom Jungen zum Mädchen etwa 1:1. Erst mit der Pubertät kommt es zu einem starken Überwiegen des weiblichen Geschlechtes bei der Entwicklung primärer Lymphödeme. Insgesamt liegt das Verhältnis primärer Lymphödeme zwischen Frauen und Männern bei etwa 8:2. Verschiedene Unterteilungen der primären Lymphödeme z.B. in familiär-kongenitales Lymphödem, Nonne Milroy oder nicht kongenitale Lymphoedem, Meige, oder die Unterteilung in primäres Lymphoedema praecox (vor dem 35. Lebensjahr) und Lymphödema tardum (nach dem 35. Lebensjahr), spielen im klinischen Alltag keine wesentliche Rolle. Therapeutisch ergeben sich aus diesen Einteilungen keinerlei Konsequenzen. Abbildung 27: Familiäres unilaterales Lymphödem des linken Beines (primäres Lymphödem): links Vater, rechts Tochter 3.2.2 Sekundäres Lymphödem Eine Übersicht über sekundäre Lymphödeme gibt die nachfolgende Übersicht. Sekundäre Lymphödeme n n n n n n n n n Postoperatives (iatrogenes) Lymphödem Postradiogenes Lymphödem Posttraumatisches Lymphödem Postinfektiöses Lymphödem Postentzündliches Lymphödem Lymphödem am diabetischen Fuß Parasitäres Lymphödem Angeborenes Lymphödem (Ringband/Haar-Tourniquet-Syndrom) Artifizielles Lymphödem durch Selbstschädigung Sonderformen: n Malignes Lymphödem n Prätibiales Myxödem Tabelle 16: Sekundäre Lymphödeme 3 Chronische Erkrankungen [74.75] Während in den westlichen Industriestaaten Operationen und/oder Bestrahlungen wegen maligner Tumoren zahlenmäßig die größte Rolle spielen als Auslöser sekundärer Lymphödeme, ist bei der weltweiten Erfassung sekundärer Beinlymphödeme das parasitäre Lymphödem bei Filiariosis millionenfach häufiger. Dies liegt an der außerordentlich hohen Infektionsrate der Bevölkerung in tropischen Ländern. So wird z.B. für Südindien davon ausgegangen, dass 30 % der Bevölkerung filariosebedingte Lymphödeme entwickelt. Gegenüber diesen beiden Hauptursachen ist das posttraumatische, postentzündliche Lymphödem sehr selten. Abbildung 29: Sekundäres Lymphödem rechts nach Venenentnahme für Bypassoperation Bei zahlreichen internistischen Krankheitsbildern (Diabetes mellitus, Schilddrüsenfunktionsstörungen, Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, Morbus Boeck, arterielle Durchblutungsstörung) sind die in der Regel krankheitsbegleitenden Ödeme zu einem Teil mitbedingt durch eine Lymphabflussstörung. Meist ist hierbei die so genannte Lymphbildung, d.h. der Übergang der interstitiellen Flüssigkeit in die Lymphkapillaren, gestört. Ebenso kann die Lymphangiomotorik bei eigentlich anatomisch intakten Lymphgefäßen reflektorisch derart gestört sein, dass es zu peripheren Ödemen kommt, welche dann damit auch lymphogen bedingt sind, z.B. beim Morbus Sudeck mit reflektorischer Störung der Lymphangiomotorik bei sympaticotonem Lymphangiospasmus. Auch die Ödementwicklung bei dem so genannten arthrogenen Stauungs-Syndrom ist zum Teil lymphogen bedingt. Die Bewegungsstörung beeinträchtigt die Hilfsmechanismen des Lymphtransportes wie Muskelpumpe und Gelenkpumpe. Ohne korrekte Bewegung findet kein korrekter Lymphfluss statt. Merksatz: n Ohne korrekte Bewegung kein korrekter Lymphfluss. Zwei sekundäre Lymphödemformen bedürfen der speziellen Berücksichtigung: das maligne Lymphödem (Kapitel 3.2.2.1, S. 77) und das Myxödem (Kapitel 3.2.2.2, S. 78). 3.2.2.1 Malignes Lymphödem Das Nichterkennen einer malignen Ursache bei Diagnose eines Lymphödems stellt neben der Missinterpretation einer vorliegenden Erysipelinfektion die häufigste ärztliche Fehlleistung bei der Konfrontation mit Patienten mit Lymphödem dar. Maligne Lymphödeme sind definiert als Obstruktion der abführenden Lymphgefäße und/oder Lymphknoten, sei es durch intralymphatisches Tumorwachstum (Lymphangiosis carcinomatosa), sei es durch Tumorinfiltration des Lymphknotens. Das vorliegende Lymphödem unterscheidet sich von den übrigen sekundären Lymphödemen durch eine rasche Progredienz, durch begleitende Schmerzen (Berstungsschmerz) sowie durch eine glasige, meist tief dellenhinterlassende Schwellung einer Extremität. Weist ein Beinlymphödem diese Symptome auf, muss ein Primärtumor bzw. ein Tumorrezidiv ausgeschlossen werden, bevor eine Therapie des Lymphödems begonnen wird. 3 Chronische Erkrankungen [76.77] Meist liegt ein Tumorbefall der inguinalen und iliacalen Lymphknoten vor. Bei beidseitigen Beinlymphödemen können auch höher liegende Lymphknotengruppen, wie die lumbalen oder para-aortalen Lymphknoten betroffen sein. Nicht selten findet sich nach Behandlung gynäkologischer Tumoren ein Beckenwandrezidiv – gelegentlich auch Jahre nach der Primärbehandlung – als Ursache eines plötzlich aufgetretenen Bein- oder Genitalschwellung. Das „maligne Lymphödem“ stellt die größte diagnostische wie auch therapeutische Herausforderung an den Lymphödembehandler dar. Merksatz: n Das Nichterkennen einer malignen Ursache eines Lymphödems stellt die häufigste lymphologische Fehldiagnose dar! Abbildung 30: Sekundäres Lymphödem nach CollumKarzinom 3.2.2.2 Prätibiales Myxödem Die zweite Sonderform des sekundären Lymphödems stellt das prätibiale Myxödem dar. Gelegentlich finden sich auch präradiale Myxödeme am Unterarm. Schilddrüsenerkrankungen, und zwar Überfunktionen, wie auch Unterfunktionen, besonders bei Erkrankungen aus dem autoimmunologischen Formenkreis (Hashimoto, Morbus Basedow) können in 1 bis 2 % der Schilddrüsenerkrankungen zu ausgeprägten derb-fibrotischen, kaum dellenhinterlassenden Gewebsveränderungen, besonders an den Unterschenkeln führen. Die Gewebsveränderungen erinnern ausgeprägt an chronische Lymphödeme. Verantwortlich sind hier Proteoglycanablagerungen, welche analog den sonstigen Eiweißablagerungen im Interstitium beim chronischen Lymphödem ebenfalls das klassische lymphostatische Gewebsreaktionsmuster hervorrufen mit Pachydermie (Verdickung aller Hautschichten), Hyperkeratose, Papillomatose sowie derb-fibrotischer subcutaner Bindegewebsveränderung. Abbildung 31: Prätibiales Myxödem mit Pachydermie 3 Chronische Erkrankungen [78.79] Abbildung 33: Lipödem Stadium III 3.3 Lipödem Ch. Schuchhardt Definition Das Lipödem ist eine zonale Fettverteilungsstörung. Hierbei kommt es zu einer symmetrischen Vermehrung des Unterhautfettgewebes der unteren Extremitäten. Gelegentlich findet sich die Fettgewebsvermehrung auch an den Armen. In den letzten Jahren hat sich in der Terminologie der Begriff „Lipödem“ erstmals geprägt von Allen und Hines 1940, durchgesetzt. Wegen der schwierigen Einordnung des Krankheitsbildes bestehen zahlreiche Synonyme: n Adipositas dolorosa n Schmerzhafte Lipomatosis n Lipalgie n Cellulitis n Lipodystrophia Abbildung 34: Elephantöses Lipolymphödem Stadium III Abbildung 32: Lipödem Stadium I Klinik Die Gewebe sind vermehrt berührungs- und druckschmerzhaft und entwickeln außerordentlich leicht Hämatome. Charakteristisch ist eine Ödemeinlagerung in der zweiten Tageshälfte, welche die Spannungsbeschwerden erklärt. Ätiologie Die Erkrankung betrifft ausschließlich Frauen. Bei Männern wird sie nur beobachtet, wenn eine hormonelle Dysregulation mit Oestrogenüberschuss vorliegt (antihormonelle Behandlung bei Prostata-Ca., Leberzirrhose, sonstige Formen des Testosteronmangels). Üblicherweise setzt die Fettgewebsvermehrung in der Pubertät ein, was neben der Geschlechtspezifität auch auf hormonelle 3 Chronische Erkrankungen [80.81] Einflüsse schließen lässt. Zunächst findet sich eine symmetrische Fettgewebsvermehrung in Höhe der Hüften und Oberschenkel, später auch der Unterschenkel, welche eine glatte Oberfläche aufweist. Die Veränderungen enden abrupt unterhalb der Knöchel, d.h. die Füße bleiben schlank und zart. Diese Tatsache ermöglicht die Unterscheidung des Lipödems im Stadium I von einem Lymphödem, bei welchem wir in der Regel ein Vorfußödem und ein positives Stemmer’sches Zeichen antreffen. Im Stadium II zeigt sich eine zunehmend feinknotige Veränderung der betroffenen Gewebe. Im Stadium III sehen wir eine groblappige deformierende, stark entstellende Fettgewebsvermehrung, welche jetzt auch zunehmend zu einer Störung des Lymphabflusses führt. Im Stadium II kann eine lymphszintigraphisch nachweisbare Lymphabflussstörung vorliegen, im Stadium III besteht sie praktisch immer. stark beeinträchtigenden Fettvermehrungen lässt sich allerdings nicht erreichen. Diätetische Maßnahmen zur Gewichtreduktion erreichen zwar eine allgemeine Rückbildung einer bestehenden Adipositas, die betroffenen Fettgewebe der Beine reagieren allerdings nicht auf gewichtsreduzierende Maßnahmen. Operative Maßnahmen, wie Resektionen der Fettvermehrungen (body sculpture) oder frühere Liposuktionstechniken führten eher zu Verschlechterungen der Situation mit zusätzlicher Entwicklung von Lymphödemen. Erst die modernen Verfahren der Liposuktion (‡ S. 142) unter Einsatz der Tumeszenz-Lokalanästhesie ermöglichen befriedigende kosmetische Ergebnisse. Pathogenetisch werden mehrere mögliche Ursachen diskutiert: n hormonelle Einflüsse n genetische Einflüsse n Störungen der Mikrozirkulation n generelle Störung des Fettstoffwechsels Festzuhalten bleibt, dass im Gegensatz zu dem beim Übergewichtigen auftretenden negativen Faktoren bezüglich des Herz-Kreislaufsystems mit Entwicklung einer Arteriosklerose diese Faktoren beim Lipödem-Syndrom nicht zum Tragen kommen. Therapie Über viele Jahre stand als einzige Therapiemöglichkeit die komplexe physikalische Entstauungstherapie (Manuelle Lymphdrainage, Kompressionsbandage, Gymnastik) zur Verfügung. Hiermit lässt sich immer eine Schmerzfreiheit der betroffenen Gewebe sowie eine Ödemfreiheit erzielen. Eine befriedigende Rückbildung der kosmetisch meist 3 Chronische Erkrankungen [82.83] 4 Diagnostische Verfahren Heute steht eine breite Palette diagnostischer Techniken zur Verfügung. Das Ziel der Diagnostik ist eine exakte anatomische und funktionelle Zustandsbeschreibung mit allen vorhanden Rezirkulationskreisen, die zu einer Überlastung des Lymph- bzw. Venensystems führen. Neben den laboratoriumsdiagnostischen Möglichkeiten werden in diesem Kapitel auch die bildgebenden Verfahren beschrieben. 4.1 Labor 4.1.1 D-Dimer-Test D-Dimere entstehen als Endprodukt bei der Proteolyse von Fibrin, das durch Faktor XIII quervernetzt wird. Auch bei nicht-thrombotischen Krankheiten und Situationen wie z.B. Operationen, Blutungen, Trauma, Tumorkrankheit, Entzündungsreaktionen und Schwangerschaft werden erhöhte D-Dimer-Spiegel nachgewiesen. Daraus resultiert die geringe Spezifität. Das Verfahren eignet sich demnach weniger für den Nachweis, als für den Ausschluss einer TVT durch den hohen (negativen) prädiktiven Wert (hohe Sensivität). Bei Blutkonzentrationen von < 500 mg/l gilt eine Thrombose als sehr unwahrscheinlich. Den Test gibt es als Schnell-Test (SimpliRED‚ Ergebnis in zwei Minuten ablesbar.) 4.1.2. Thrombophilie-Screening Eine Thrombophiliediagnostik ist in speziellen Fällen bei Bein- und Beckenvenenthrombose (TVT) indiziert. Im Fall eines thromboembolischen Erstereignisses kann eine Differenzierung vorgenommen werden zwischen einem Basisscreening und einem erweiterten Screening (Tabelle 17). 4 Diagnostische Verfahren [84.85] Thrombophilie-Screening bei idiopathischer TVT Wenn Erstereignis zwischen dem 45. und 60. Lebensjahr ‡ Basisscreening auf: n APC-Resistenz (Faktor-V-Genanalyse) n Prothrombinmutation (Faktor-II-Genanalyse) Wenn Erstereignis vor dem 45. Lebensjahr ‡ erweitertes Screening auf: n APC-Resistenz (Faktor-V-Genanalyse) n Prothrombinmutation (Faktor-II-Genanalyse) n Antithrombinmangel n Protein C-Mangel n Protein S-Mangel n Faktor VIII-Erhöhung n Antiphospholipid Antikörper oder – Rezidivereignis – atypische Lokalisation (Sinus-, Mesenterialvenen) – Häufung von TVT in der Familienanamnese – TVT während effektiver Antikoagulation – TVT während der Schwangerschaft – Aborte in der Anamnese. Tabelle 17: Thrombophilie-Screening bei idiopathischer tiefen Beinund Beckenvenenthrombose (TVT) Umfang und Zeitpunkt der Untersuchungen richten sich nach der daraus resultierenden Konsequenz und den möglichen Einflussfaktoren auf die Bestimmungsmethode.40 4.2 Bildgebende Nachweisverfahren in der Phlebologie Einfache Geräte (Taschendoppler) ermöglichen die alleinige akustische Wiedergabe venöser Dopplersignale ohne Angabe der Strömungsrichtung. Für die Venendiagnostik ist jedoch die Erkennung der Blutströmungsrichtung von entscheidender Bedeutung (Refluxdiagnostik). Dies lässt sich durch bidirektionale Dopplergeräte erreichen. 4.2.1.1 Bestimmung des Knöchel-Arm-Index Der Knöchel-Arm-Index (engl. Ankle Brachial Index, ABI) berechnet als Quotient der systolischen Blutdrücke der Knöchelarterien zu den Armarterien - eignet sich zum Screening der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK). Für die Messung wird eine Blutdruckmanschette wie bei einer üblichen Blutdruckmessung supersystolisch supramalleolär aufgepumpt zunächst am Oberarm (für die Bestimmung des systolischen Armdrucks) und dann (zur Bestimmung des Knöchelarteriendrucks) am Unterschenkel. Zur Ermittlung des ABI wird der mit der Dopplersonde erfasste arterielle Knöcheldruck (A. tibialis anterior und A. tibialis posterior) durch den ebenfalls dopplersonographisch bestimmten Armdruck (A. brachialis oder A. cubiti) geteilt. Entscheidend ist jeweils das erste Dopplersignal nach Ablassen des Manschettendrucks. Bei gefäßgesunden Patienten liegt der Wert ≥ 1, wohingegen ein Wert ≤ 0,9 eine pAVK anzeigt. Ein ABI < 0,6 ist eine Kontraindikation für eine Kompressionstherapie. F.X. Breu, C. Martin 4.2.1 Dopplersonographie Die dopplersonographische Diagnostik ist eine ScreeningMethode des Arztes bei der Untersuchung der Varikose und erlaubt eine Aussage über die Klappeninsuffizienz oberflächlicher und tiefer Venen, die Durchgängigkeit des tiefen Venensystems und Refluxphänomene im Leitvenensystem und in den epifaszialen Venen. 4.2.2 Zweidimensionale Ultraschalltechnik (B-Bild, Kompressionssonographie) Die Kompressionssonographie ist geeignet, eine Venenthrombose (TVT) festzustellen, bzw. auszuschließen. Hierbei werden die Leitvenen und die wichtigsten Muskelvenen im Quer- und Längsschnitt dargestellt und auf ihre Komprimierbarkeit hin untersucht. Eine freie Vene ist dabei vollständig mit der Ultraschallsonde komprimierbar, wohingegen eine thrombosierte Vene nur teilweise oder 4 Diagnostische Verfahren [86.87] gar nicht komprimierbar ist. Die Bakerzyste, der Muskelfaserriss, Aneurysmen oder Tumore werden auf den ersten Blick erkannt. Bei adipösen Patienten oder begleitendem Lymphödem sinkt die Aussagekraft der Kompressionssonographie. Für die Untersuchung der nicht komprimierbaren Beckenvenen besteht die Möglichkeit, mittels gepulsten Ultraschalls auch die Flusskomponente in der Vene zu beurteilen (Farbduplexsonographie) 4.2.3 Farbduplexsonographie Die Farbduplexsonographie ist eine Kombination von Dopplertechnik und zweidimensionalem Ultraschallverfahren mit farbkodierter Darstellung der Blutströmung. Dies erlaubt sowohl eine zuverlässige Beurteilung der Venenklappeninsuffizienz und deren Ausdehnung, als auch die Lokalisation von Thrombosen mit Bestimmung der oberen und unteren Thrombusgrenze. 4.2.3.1 Duplexsonographie mit Valsalva-Pressmanöver Mittels des Valsalva-Pressmanövers werden die Klappen der proximalen Venen auf Reflux getestet (V. saphena magna, V. femoralis communis, V. femoralis). Der Patient bläst dazu mit hohem Ausatmungsdruck in ein Rohr, das mit einem Manometer verbunden ist (Valsalvagerät). Wenn die Klappen dicht schließen, sistiert der Venenfluss (Normalbefund). Bei Klappenisuffizienz fließt das Blut während des Pressmanövers retrograd weiter und kann duplexsonographisch im Dopplerspektrum erfasst werden (pathologischer Befund). 4.2.4 Phlebographie Die Phlebographie – bis vor wenigen Jahren noch „Goldstandard“ in der Routinediagnostik bei Thromboseverdacht – ist wegen ihrer Invasivität (Punktion der Fußrückenvene) und der mit der Verabreichung eines Röntgenkontrastmittels verbundenen Risiken durch die Sonographie verdrängt worden. Die Phlebographie ist jedoch eine Alternative bei technisch schwieriger Sonographie. Bei standardisierter Technik lassen sich kleinste Gerinnsel in den Klappentaschen abbilden und Kollateralkreisläufe in ihrer Gesamtheit darstellen. Unter der Voraussetzung einer qualitativ gut durchgeführten Untersuchung bedeutet die negative Phlebographie mit hoher Sicherheit den Ausschluss einer venösen Thrombose. Besonderer Vorteil ist die gute Dokumentationsmöglichkeit. Die Phlebographie wird daher hauptsächlich immer noch zur Indikationsstellung und Verlaufskontrolle einer thrombolytischen oder operativen Thrombosetherapie und bei der Beurteilung von Malformationen eingesetzt. 4.2.5 Magnetresonanztomographie (MRT)- und Computertomographie (CT)- Phlebographie Beide Schnittbildverfahren, die MRT und die CT-Phlebographie, weisen eine hohe Treffsicherheit in der Diagnostik einer proximalen TVT auf (popliteofemorale Etage, Beckenvenenstrombahn und Vena cava). Von Vorteil ist die gleichzeitige Darstellung von pathologischen Raumforderungen in unmittelbarer Nähe der Gefäße sowie bei der CT die gleichzeitige Erfassung einer Lungenembolie. 4 Diagnostische Verfahren [88.89] 4.3 Bildgebende Nachweisverfahren in der Lymphologie chend, da damit eine geringergradige Lymphostase nicht zu erfassen ist. W.J. Brauer Zur Planung operativer Eingriffe in der plastischen Chirurgie und Wiederherstellungschirurgie kann die Kenntnis verbliebener Lymphgefäße und der Drainagewege erforderlich werden. Mit der statischen Lymphszintigraphie lassen sich die Drainagewege erkennen. Die Ergebnisse der dynamischen Studie erleichtern den zielgenauen Einsatz einer indirekten Lymphangiographie zur detaillierten morphologischen Lymphgefäßdarstellung (Abbildung 35, S. 92). 4.3.1 Überblick Das unkomplizierte klinisch manifeste Extremitätenlymphödem des Stadiums 1, 2 und 3 bedarf in der Regel nicht der Bestätigung durch ein bildgebendes Verfahren. Es ist meist einfach und zuverlässig mit der klinischen Untersuchung zu diagnostizieren. Subklinische Lymphödeme (Stadium 0) dagegen lassen sich nur durch eine quantitative Untersuchung, die Funktionslymphszintigraphie erkennen. Zum Absichern der Diagnose und zum Vermeiden aufwändiger und überflüssiger Überprüfungen von Verordnungen und möglicher Regressforderungen durch die Kostenträger werden neuerdings Funktionslymphszintigraphien auch bei klinisch manifesten Frühstadien veranlasst. Das gilt besonders für die Patienten, bei denen dank effizienter Behandlung mit der kombinierten physikalischen Entstauungstherapie das Lymphödem für den mit der Materie wenig vertrauten Arzt schwierig zu erkennen ist. Weitere Indikationsgebiete liegen in der Beurteilung des Lymphtransportes der Gegenseite bei (scheinbar) einseitigem Extremitätenlymphödem, der Differenzierung von Lipödemen und Lipolymphödemen, Klärung von Kombinationsformen lymphostatischer Erkrankungen, der Abklärung artefizieller Ödeme und gutachterlichen Fragestellungen. Sonographie, indirekte Lymphangiographie und in Zukunft wohl auch die Magnetresonanz-Lymphographie sind ergänzende morphologische Untersuchungsverfahren, die in der Regel erst bei unklaren szintigraphischen Ergebnissen zum Einsatz kommen. Als adäquate Untersuchungstechnik kommt die Funktionslymphszintigraphie in Kombination mit der statischen Szintigraphie zum Einsatz. Die Beschränkung auf die statische Szintigraphie oder auf eine nicht quantitative oder semiquantitative Lymphszintigraphie ist nicht ausrei- 4 Diagnostische Verfahren [90.91] Abbildung 35: Zustand nach ausgedehntem traumatischen Weichteildefekt und Latissimus dorsi-Plastik. Sekundäres Lymphödem. Morphologische Diagnostik mit statischer Lymphszinigraphie und indirekter Lymphangiographie zur Lokalisation verbliebener Lymphgefäße und Lymphabflusswege vor plastisch-chirurgischer Revision. Bei mikrochirurgischen Eingriffen am Lymphgefäßsystem gehört die qualitative und quantitative Lymphszintigraphie zur prä- und posttherapeutischen Standarddiagnostik. Die Methode wird außerdem bei der Planung plastischer chirurgischer Eingriffe in Extremitäten mit Lymphödem eingesetzt. 4.3.2.1 Quantitatives Lymphszintigramm = Funktionslymphszintigraphie Die Funktionslymphszintigraphie ist ein minimal invasives risikoarmes nuklearmedizinisches Untersuchungsverfahren, das zur Funktionsdiagnostik des epi- und subfascialen Lymphgefäßsystems der oberen und unteren Extremitäten eingesetzt wird. a): Latissimus dorsi-Plastik mittlerer Unterschenkel. b): Statische Lymphszintigraphie linkes (li) Bein; zwei Darstellungsvarianten der selben Aufnahme. Dermal backflow medialer Unterschenkel. Lymphabflusswege vorwiegend medial sowie subfascial mit Darstellung poplitealer Lymphknoten. c): Indirekte Lymphangiographie; dilatierter geschlängelter Kollektor mit Gefäßabbruch sowie netzförmig angeordnete erweiterte initiale Lymphgefäße. 4.3.2 Lymphszintigramm Ein normales quantitatives und qualitatives Lymphszintigramm schließt eine lymphogene Ursache einer bestehenden Extremitätenschwellung weitgehend aus. Abnormale lymphszintigraphische Ergebnisse sind Ausdruck einer primären oder sekundären Schädigung des Lymphgefäßsytems. Eine szintigraphische Differenzierung der verschiedenen Ödemformen ist nicht möglich. Nicht berücksichtigte anatomische Varianten und Unkenntnis von Vorschäden des Lymphsystems sind häufige Gründe für Fehlinterpretationen. Bei phlebologischen Erkrankungen ist zu beachten, dass beim postthrombotischen Syndrom der subfasziale Lymphtransport erniedrigt ist, jedoch bei der chronisch venösen Insuffizienz Stadium 2 und 3 als Folge einer kompensatorischen Erhöhung des Lymphtransportes erhöhte Uptakewerte über den inguino-iliacalen Lymphknoten gemessen werden können. Ebenso werden bei jungen Patientinnen mit Lipödem und gelegentlich bei jungen Lipolymphödem-Patientinnen erhöhte oder hochnormale Uptakewerte gefunden.4 Das Prinzip der Funktionslymphszintigraphie liegt in der Erfassung der Transportzeit eines radioaktiv markierten Tracers, der ausschliesslich vom Lymphgefäßsystem abtransportiert wird, vom Ort der Injektion zu den regionalen Lymphknoten und vor allen Dingen in der Bestimmung des Lymphknotenuptakes. Der Uptake gibt das Maß der Tracerspeicherung in Bezug auf die applizierte Tracermenge in Prozent an. Die Funktionslymphszintigraphie wird vorwiegend zur Funktionsbeurteilung des peripheren Lymphgefäßsystems eingesetzt. Relevante Aussagen über morphologische Veränderungen an Lymphgefäßen und Lymphknoten sind kaum möglich. Hauptanwendungsgebiete der Methode sind primäre und sekundäre Lymphödeme im subklinischen Stadium (Stadium 0) und im klinischen Stadium 1 (spontane Reversibilität) sowie bei Extremitätenschwellungen unklarer Genese. Ein Lymphödem im Stadium 2 oder 3 benötigt in der Regel keine Abklärung durch die quantitative Lymphszintigraphie. Die Durchführung der Funktionslymphszintigraphie sollte 4 Diagnostische Verfahren [92.93] sich an einem standardisierten Protokoll orientieren: n Subcutane Injektion eines Einzeldepots des radioaktiven Tracers in den Hand- oder Fußrücken. n Unmittelbar danach kontinuierliche standardisierte körperliche Belastung über einen festgelegten Zeitraum (dynamische Studie). n Schwächungskorrektur bei der Berechnung der Lymphknotenuptake-Werte. n Ergänzende statische Lymphszintigraphie. Berechnung des Lymphknoten-Uptakes Für die Berechnung des Lymphknoten-Uptakes wird anschließend bei der Untersuchung der Arme eine Lymphknotentiefenbestimmung mit der Single Photon Computed Tomography (SPECT) durchgeführt. Bei der Untersuchung der Beine kann neuerdings durch Einsatz eines mathematisch-statistischen Verfahrens („BMI – Korrekturformel“) häufig auf die SPECT verzichtet werden und der Untersuchungsablauf erheblich vereinfacht und verkürzt werden. 6 Radiopharmakon: In der BRD wird fast ausnahmslos mit 99m-Technetium (99m-Tc) markiertes HumanserumAlbumin-Nanokolloid verwendet. Eine Radioaktivitätsdosis je Extremität bei Erwachsenen von 37 MBq in 0,2 ml Volumen ist immer ausreichend. Die Lymphknoten-Uptakewerte sind methodenabhängig. Bei der standardisierten Belastung (60 Minuten) liegt bei den Beinen der Normalbereich des Lymphknoten-Uptakes zwischen 16,2 % und 43,1 %, der Graubereich zwischen 13,8 % und 16,2 % und der Uptake bei Lymphödemen unter 13,8 %.6 Bei den Armen überlappen sich die Messbereiche für Normalkollektive und Lymphödeme geringfügig; der Normalbereich des Lymphknoten-Uptakes (60 Minuten) liegt zwischen 5,1 % und 17,4 % (10. und 90. Percentil, n=28) und der Uptake bei Lymphödemen unter 5,3 % (90. Percentil, n=27). 7 Dynamische Studie Da der Lymphfluss unter Ruhebedingungen extrem langsam ist, muss während der dynamischen Studie eine körperliche Belastung unter standardisierten Bedingungen durchgeführt werden. Bei der Untersuchung der Beine hat sich das Gehen auf dem Laufband als optimal erwiesen. Andere Formen der Belastung, aktive Belastung mit Fahrradergometer, aktive Fußbewegung oder unkontrolliertes Gehen sowie passive Belastung mit Pedalometer sind weniger zuverlässig. 5 Bei der Untersuchung der Arme erfolgt die Untersuchung am liegenden Patienten. Belastet wird durch metronomgesteuerten rhythmischen Faustschluss, wobei das Ausmaß der Fingerbewegung durch rhythmisches Umgreifen einer Kugel standardisiert werden kann. Statische Studie Nach der dynamischen Studie erfolgt die statische Studie in der Regel als Ganzkörperszintigraphie am liegenden Patienten. Eine wesentliche altersabhängige Abnahme der Uptakewerte und damit des Lymphtransportes ist nicht nachweisbar.4 Hochnormale Werte deuten auf eine kompensatorische Mehrleistung des Lymphgefäßsystems. Eine solche Konstellation wurde bisher bei der chronisch venösen Insuffizienz, idiopatisch zyklischen Lymphödemen und Lipödemen gesehen. 4 Unter der Voraussetzung einer standardisierten Ergometer-Belastung mit 25 Watt werden bei gesunden unteren Extremitäten Ankunftszeiten bis 5 Minuten gemessen. Primäre und sekundäre Lymphödeme sowie deren Kombinationsformen zeigen erniedrigte Lymphknotenuptake4 Diagnostische Verfahren [94.95] werte; je nach Ausprägung sind die Ankunftszeiten verlängert, normale Ankunftszeiten schließen jedoch ein Lymphödem nicht aus. Beim Lipödem ist es erforderlich, bei der Interpretation der Uptakewerte das Alter der Patientin zu berücksichtigen, da die Uptakewerte bei jungen Lipödempatientinnen auch dann im Normbereich liegen können, wenn der Lymphtransportes eingeschränkt ist oder es zu einem Übergang in ein Lipolymphödem gekommen ist. 4 Eine exakte quantitative Funktionslymphszintigraphie wird nur an wenigen Stellen durchgeführt. Das führt dazu, dass die Patienten für diese Untersuchung oft weite Wege zurücklegen müssen. Die größte Fehlerquelle liegt in fehlerhafter Untersuchungstechnik. 38 Ungenügende körperliche Belastung während der Untersuchung kann zu Fehleinschätzungen führen. Es konnte nachgewiesen werden, dass die sonographische Tiefenbestimmung der Lymphknoten zur Schwächungskorrektur bei der Uptakebestimmung Ungenauigkeiten aufweist. Vergleichsuntersuchungen mit der genaueren aber aufwändigen Lymphknotentiefenbestimmung mit der SPECT (Single Photon Emission Computed Tomography) haben Differenzen der schwächungskorrigierten Uptakewerte bis über 50 % ergeben. Der meistens geübte Verzicht auf eine Schwächungskorrektur ist ein methodischer und unsystematischer weil exponentieller Fehler, der in seinem Ausmaß erheblich wechselt. 4.3.2.2 Qualitatives Lymphszintigramm Lymphkollektoren stellen sich als bandartige Radioaktivitätsanreicherungen dar. Aussagen über die Zahl der Lymphgefäße und deren Lumenweite sind nicht möglich. Die Speicherung des Radiopharmakons in Lymphknoten führt zu fokalen Radioaktivitätsanreicherungen unterschiedlicher Größe und Intensität. Eine Beurteilung der Lymphknotengröße und Lymphknotenstruktur gestattet diese Methode allerdings nicht. Beim Lymphödem sind Lymphkollektoren und Lymphknoten der betroffenen Extremitäten weniger deutlich abgrenzbar als unter normalen Bedingungen. Bei ausgeprägten chronischen Lymphödemformen gelingt die szintigraphische Darstellung von Lymphkollektoren und Lymphknoten nicht regelmäßig. Atypische Kollektorverläufe und Umgehungskreisläufe sind nach traumatischer oder iatrogener Kollektorschädigung und bei anderen Abfußhindernissen zu beobachten. Lokalisierte oder generalisierte flächige Anreicherungen des Radiopharmakons sind Ausdruck eines dermal back flow, bedingt durch eine Abflussstörung und Klappeninsuffizienz. Fokale Mehranreicherungen können Ausdruck von Lymphozelen oder Lymphzysten sein. Eine Funktionslymphszintigraphie ohne Schwächungskorrektur ist keine quantitative Untersuchung. 4 Diagnostische Verfahren [96.97] Abbildung 36: 41-jährige Patientin. Zustand nach OvarialcystenOperation, Nachblutung mit Beckenvenenkompression und Beckenvenenthrombose, Thrombektomie und AV-Shuntanlage sowie Revision des AV-Shunts. Ausbildung eines Lymphödems des rechten (re) Beines. a): Gering ausgeprägtes Lymphödem Stadium 2 re Ober- und Unterschenkel. Unauffälliges linkes (li) Bein. b): Funktionslymphszintigraphie. Kontinuierliche schwächungskorrigierte Lymphknotenuptakebestimmung inguinoiliacal (Ordinate) in Abhängigkeit von der Zeit (Abszisse) während Belastung durch Gehen auf dem Laufband. Lymphödem mit erniedrigtem Uptake re. Grenzwertig erniedrigter Uptake li als Hinweis auf vorbestehendes subklinisches primäres Lymphödem. c): Statische Lymphszintigraphie. Zwei Darstellungsvarianten derselben Aufnahme. Deutlich verminderte Aktivitätsanreicherung in den inguinoiliacalen Lymphknoten (Lnn) rechts. Links scheinbarer Normalbefund. Abbildung 37: Sekundäres Lymphödem und Lymphozele nach Lymphknotenextirpation und Radiatio rechtes Bein bei NonHodgkin-Lymphom. Funktionslymphszintigraphisch eingeschränkte Transportfunktion rechts (re), normale Werte links (li). a): Statische Lymphszintigraphie. Zwei Darstellungsvarianten derselben Aufnahme. Dermal backflow re. Eingeschränkte Aktivitätsbelegung in den iliacalen Lymphknoten re. Der inguinale Speicherbezirk re ist eine Lymphozele, die sich sonographisch als liquide gekammerte Struktur darstellt (b). (a) 4.3.3 Sonographie Die Sonographie als morphologisches Untersuchungsverfahren bleibt speziellen Fragestellungen vorbehalten. Lymphgefäße lassen sich auch unter Einsatz der farbcodierten Duplexsonographie und des Powermodes nicht zuverlässig erkennen. Für die Diagnostik der Lymphtransportstörungen und des Lymphödems ist die Sonographie mangels Standardisierung nicht geeignet. Selbst klinisch und nuklearmedizinisch eindeutige Lymphödeme sind teilweise nur unzuverlässig zu erkennen (Abbildung 37, S. 99). Häufig findet sich bei Ödemen lediglich eine feindisperse Dichtezunahme, dann wenn die Distanz der Impedanzsprünge unter der Wellenlänge und des Auflösungsvermögens des Ultraschalles liegt. Zuätzliche liquide Strukturen sind erst zu erkennen, wenn die Weite der liquiden Bezirke im Interstitium über dem frequenzabhängigen Auflösungsvermögen der Sonographie liegt. 32 Auch fehlen exakte (Vergleichs-) Studien mit der Funktionsdiagnostik oder klinische Studien mit verblindeter Auswertung. Für die Klärung lokaler Befunde, der Differenzierung von Erysipelen von der Fasciitis und bei lyphmologisch-phlebologischen Fragestellungen ist die Sonographie dagegen ein unverzichtbares Verfahren. c): Sonographisch re nur diskrete Symptomatik mit verdickter Cutis, geringer feindisperser Dichtzunahme und verstärkter Schwächung. Indikationen bei Lymphödempatientinnen, ergeben sich vorwiegend bei der Differenzierung von lokalen Schwellungen, der Frage nach Lymphzysten und Lymphozelen sowie in der Lymphknotendiagnostik, außerdem bei der Differenzierung von Erysipelen und der Fasciitis. 4 Diagnostische Verfahren [98.99] Merksätze: n Für die Diagnostik der Lymphtransportstörungen und des Lymphödems ist die Sonographie mangels Standardisierung nicht geeignet. n Für die Klärung lokaler Befunde, der Differenzierung von Erysipelen von der Fasciitis und bei lymphologischphlebologischen Fragestellungen ist die Sonographie dagegen ein unverzichtbares Verfahren. 4.3.4 Indirekte Lymphangiographie Die indirekte Lymphangiographie ist eine schonende morphologische radiologische Untersuchungsmethode zur Darstellung von Lymphgefäßen. Merksatz: n Eine unauffällige indirekte Lymphangiographie schließt eine Lymphtransportstörung nicht aus. 4.3.5 Interstitielle Magnetresonanztomographie Interstitielle Magnetresonanztomographie ist ein in Entwicklung befindliches Untersuchungsverfahren, das allerdings klinisch noch nicht einsetzbar ist. Mit dem Verfahren lassen sich pathologisch veränderte Lymphgefäße der unteren Extremität nach intrakutaner Applikation eines wasserlöslichen, gadoliniumhaltigen Kontrastmittels darstellen. Unter hohem Druck wird ein dimeres Röntgenkontrastmittel langsam intrakutan infundiert. Es bildet sich ein intrakutanes Kontrastmitteldepot, von dem aus Lymphgefäße maximal über eine Distanz von ca. 30 cm zur Darstellung kommen. Lymphknoten lassen sich nicht kontrastieren. Diagnostische Kriterien sind Form des Kontrastmitteldepots, Visualisierung initialer (und damit pathologisch erweiterter) Lymphgefäße, Weite der Kollektoren, Gefäßabbrüche, atypische Drainagewege. Die Dokumentation erfolgt auf Mammographie-Film-Folienkombinationen. Die Methode ist aus belichtungstechnischen Gründen auf relativ oberflächlich liegende Lymphgefäße beschränkt. Eine unauffällige indirekte Lymphangiographie schliesst eine Lymphtransportstörung nicht aus. Das Verfahren ist eine wichtige Untersuchungsmethode zur präoperativen Planung bei plastischen lymphologischen Eingriffen. Bei Patienten, bei denen eine standardisierte Funktionslymphszintigraphie nicht durchführbar ist, kann alternativ die indirekte Lymphangiographie zur Anwendung kommen. 4 Diagnostische Verfahren [100.101] 5 Therapiekonzepte 5.1 Konservative Maßnahmen C. Martin Erst das Wissen über den pathophysiologischen Mechanismus bei der Entstehung phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen der unteren Extremitäten ermöglicht wirksame therapeutische Konzepte. Ziel ist die Erhaltung oder Wiederherstellung der Funktion und Leistungsfähigkeit. Dieses wird unter anderem erreicht durch physikalische, operative/invasive, diätetische sowie geeignete hautpflegende und wundheilungsfördernde Maßnahmen. 5.1.1 Kompressionstherapie Die konsequente Kompressionstherapie bildet die Basis der Behandlung der CVI (Phlebödem/Thromboseprophylaxe) und der Erhaltungstherapie eines entstauten Lymphödems. Die Wirkung der Kompressionstherapie ist multifaktoriell: n Reduktion des Querschnitts der ektatischen Venen ‡ erneute Schließfähigkeit der Klappen ‡ weniger Reflux ‡ Verhinderung des Fortschreitens der CVI n Erhöhung der venösen Strömungsgeschwindigkeit ‡ venöse Entstauung ‡ Verringerung von trophischen Störungen, Besserung der subjektiven Beschwerden n Lockerung sekundärer Gewebsverhärtungen (Bindegewebsproliferationen) durch die bei Bewegung stattfindende „Mikromassage“ unter der Bandage Die Hauptwirkung entfaltet die medizinische Kompressionstherapie bei Aktivierung der Muskel-Gelenk-Pumpen. Zum Einsatz kommen der phlebologische Kompressionsverband (PKV) mit Bindenmaterial unterschiedlichen Kraft-Dehnungsverhaltens, maßgefertigte medizinische Kompressionsstrümpfe/-strumpfhosen (MKS) und die apparative intermittierende Kompression (AIK) mit pneumatischen Wechseldruckmanschetten. Phlebologischer Kompressionsverband (PKV) PKV können als Wechselverbände (täglich neu angelegt, nicht über Nacht) oder als Dauerverbände (über mehrere Tage belassen, auch über Nacht) angewendet werden. Zur Verstärkung der Effektivität können Druckpolster aus Schaumstoff verwendet bzw. Vertiefungen ausgepolstert werden (z.B. die Bisgaard-Kulisse hinter dem Innenknö5 Therapiekonzepte [102.103] chel). Bei jedem PKV – egal welche Verbandtechniken verwendet wird (Technik nach Pütter, Sigg oder Altenkämper) – muss der Druck von distal nach proximal abnehmen und die Ferse sowie die Zehengrundgelenke müssen vom Verband eingeschlossen sein. Es dürfen keine Schnürfurchen oder Druckstellen auftreten, das heißt, der Druck darf nicht zu hoch sein und gefährdete Stellen sind abzupolstern. Verband aus Kurzzugbinden Bei der hier dargestellten Verbandtechnik handelt es sich um einen modifizierten Pütterverband mit zwei gegenläufig angelegten Kurzzugbinden. Diese Technik sichert eine hohe Festigkeit und eine bessere Haltbarkeit des Verbandes. 1 2 5 6 3 4 7 8 Abbildung 1 Fuß rechtwinklig stellen und mit der ersten Bindentour von innen nach außen an den Zehengrundgelenken beginnen. Abbildung 2 Nach 2 – 3 Touren um den Mittelfuß herum umschließt die Binde dann die Ferse und führt über den Innenknöchel zum Rist zurück. Abbildung 3 Mit je einer weiteren Tour, zuerst oben, dann unten, werden die Ränder der ersten Fersentour zusätzlich fixiert. Nach einer weiteren Tour um den Mittelfuß führt die Binde über die Sprunggelenksbeuge zur Fessel zurück. Abbildung 4 Anschließend der Form des Beines folgend in steilen Touren die Wade umschließen. Die Binde darf nur in Abrollrichtung angezogen werden. Abbildung 5 Von der Kniekehle läuft die Binde einmal um das Bein herum, führt dann der Beinform entsprechend wieder nach unten und schließt vorhandene Lücken im Verband. Abbildung 6 Die 2. Binde wird gegenläufig von außen nach innen am Knöchel angesetzt und führt mit der ersten Tour über die Ferse zum Fußrücken zurück. Abbildung 7 Zwei weitere Touren fixieren zuerst den oberen und dann den unteren Rand dieser Fersentour. Abbildung 8 Anschließend läuft die Binde noch einmal um den Mittelfuß und dann in gleicher Weise wie die erste steil nach oben und wieder zurück. Der fertige Verband wird mit Fixierpflaster (z.B. Omniplast) an der Außenseite des Verbandes fixiert. 5 Therapiekonzepte [104.105] Laplace`sches Gesetz Beim Anlegen eines Verbandes zur Kompressionstherapie ist unter anderem zu beachten, dass der Andruck von distal nach proximal gleichmäßig nachlässt. So soll der Druck im Fersenbereich am höchsten sein und zum Knie hin kontinuierlich abnehmen. können zur Erzielung eines größeren Radius und damit zu einer Verringerung eines übermäßig starken Drucks abgepolstert werden. Demgegenüber bietet sich eine Aufpolsterung zur Verkleinerung des jeweiligen Radius und damit zur Erhöhung des Druckes in flächigen Bereichen an. Die Gleichung von Laplace sagt, dass der Druck der Binde, der auf die Oberfläche des Beines wirkt, proportional zur Spannung des elastischen Gewebes, d.h. zur angelegten Binde, ist. Je höher die Spannung der angelegten Binde, umso höher ist auch der Druck, der auf die Oberfläche des Beines einwirkt. Durch das Auf- bzw. Abpolstern gemäß des Lacplace`schen Gesetzes können darüber hinaus Druckstellen vermieden werden. Der Druck der Binde, der auf die Oberfläche des Beines wirkt, ist jedoch auch umgekehrt proportional zum Krümmungsradius des umspannten Körpers. Das bedeutet, dass nur auf einem gleichmäßig zylindrischen Körper eine gleichmäßige Verteilung des Drucks erfolgen kann. Laplace`sche Gleichung in der Kompressionstherapie Druck, der auf die komprimierte Oberfläche wirkt entspricht Spannung des Bindengewebes dividiert durch Radius (Druck, der auf die Oberfläche wirkt = Gramm pro cm2 Spannung des Bindengewebes = Gramm pro cm2 Radius = cm) Bei einer konstanten Spannung der angelegten Binde, nimmt der Druck ab, wenn der Radius des Beines zunimmt. Deshalb ist es nicht nötig, die Binde beim Anlegen des Verbandes im Fußrandbereich oder über den Knöcheln straffer anzulegen, als im Wadenbereich oder am medialen distalen Unterschenkel (Ulcus-cruris-Region). Körperbereiche mit kleinen Radien, wie der Knöchelbereich, die Kante des Schienbeins oder die Achillessehne, Abbildung 38: Beispiel des Abpolstern und des Aufpolstern vor dem Anlegen eines Verbandes zur Kompressionstherapie. Abpolsterung Aufpolsterung Medizinische Kompressionsstrümpfe/-strumpfhosen (MKS). MKS gibt es in unterschiedlichen Größen und Längen (Kniestrumpf, Halbschenkelstrumpf, Oberschenkelstrumpf, Strumpfhose) und in 4 verschiedenen Kompressionsklassen, je nach Stärke des Andrucks im Knöchelbereich (‡ Tabelle 18, S. 108). Oft sind Unterschenkelstrümpfe ausreichend. Der Andruck muss von distal 100 % nach proximal 40 % abfallen. Im Handel erhältliche Hilfen erleichtern das An- und Ausziehen der MKS. Ist der Patient körperlich nicht in der Lage, Strümpfe hoher Kompressionsklassen anzuziehen, können zwei Kompressionsstrümpfe niedrigerer Kompressionsklassen übereinandergetragen werden. Für Patienten mit einem Ulcus cruris gibt es spezielle Kompressionsstrümpfe, die mit der ent5 Therapiekonzepte [106.107] sprechenden Wundauflage eine gute Alternative zu den Kompressionsbinden darstellen. 22 Kompressionsklasse Kompression Kompressionsdruck Anwendungsbereich mmHg I leicht ca. 20 Vorbeugend bei schweren, müden Beinen durch langes Sitzen oder Stehen und in der Schwangerschaft. II mittel ca. 30 Ausgeprägte Krampfadern, geschwollene Beine, nach Venenentzündung, nach Verödung oder Operation, bei vorhandenen Krampfadern in der Schwangerschaft. III stark ca. 40 Nach tiefer Beinvenenthrombose, bei ständiger Beinschwellung, nach Ulcus cruris venosum. IV extra stark > 40 Bei stark ausgeprägtem Phlebödem bzw. Lymphödem. Tabelle 18: Überblick über die vier Kompressionklassen des medizinischen Kompressionsstrumpfs (MKS) Saphenamed ucv – Das medizinische Kompressionsstrumpf-System bei Ulcus cruris venosum Nach einer erfolgreichen Entstauung von Ödemen der unteren Extremitäten mit Kompressionsverbänden erfolgt der Übergang vom Kompressionsverband zum medizinischen Kompressionsstrumpf. Saphenamed ist ein zweilagiges System aus Unterstrumpf und Überstrumpf, bestehend aus weichem, temperaturregulierendem Material mit SeaCell®, einer mit Algen angereicherten Textilfaser mit hautvitalisierender Wirkung. Dank des zweilagigen Systems, das aus dem Unterstrumpf mit integrierter Anziehhilfe und dem Überstrumpf besteht, gelingt das Anziehen mühelos. Beide Strümpfe verhaken miteinander und erzeugen einen konstanten Arbeitsdruck von bis zu 55 mgHg im Ulkusbereich. Das Anziehen von Saphenamed ucv ist denkbar einfach: Zuerst wird der weiße Unterstrumpf und darüber der hautfarbene Überstrumpf gezogen, der die Zehen frei lässt. So gewährleistet Saphenamed ucv eine Kompressionswirkung, die der eines Verbandes mit Kurzzugbinden entspricht. Der Unterstrumpf wird Tag und Nacht, der Überstrumpf wird nur tagsüber getragen. Sapenamed ucv erleichtert die Versorgung von Venenerkrankungen. Neben den Vorteilen, wie Sicherheit der Kompression, einfache Handhabung des Strumpf-Systems sowie Anziehen ohne Mühe, ist der Aspekt der Zeitersparnis von zusätzlicher Bedeutung. Saphenamed ucv ist in sechs Größen erhältlich, als Set mit 1 Überstrumpf und 2 Unterstrümpfen. Apparative intermittierende Kompression (AIK) Die AIK kann als adjuvante Therapie eingesetzt werden, um die Behandlungsfrequenz des Patienten beim Therapeuten zu senken (Kostenreduktion). Dies bedeutet, dass der Patient in der Lage sein muss, die zentrale Entstauung selbsttätig nach Anleitung durch den Therapeuten durchführen zu können. Das System der AIK bestehen aus einem Kompressor und einer Behandlungsmanschette. Am Kompressor werden die Therapiedauer, der gewünschte Behandlungsdruck und die Pausenzeiten eingegeben. Die neueren Mehr-Kammer-Behandlungsmanschetten haben 12 oder mehr überlappende Luftkammern, die eine gleitende Druckwelle von distal nach proximal bewirken. 5 Therapiekonzepte [108.109] Kontraindikationen (KI) für Kompressionsverband/-strümpfe Kontraindikationen für die apparative intermittierende Kompression Absolute n Fortgeschrittene, periphere arterielle Verschlusskrankheit (Knöchel-Arm-Index < 0,6) n Dekompensierte Herzinsuffizienz n Septische Phlebitis n Phlegmasia coerula dolens Absolute n Frischer Myokardinfarkt n Dekompensierte Herzinsuffizienz n Lungenödem n Kardial und renal bedingte Ödeme n Thrombophlebitis, Thrombose oder Thromboseverdacht n Erysipel n Sekundäres Lymphödem bei aktiven malignen Erkrankungen Relative n Sensibilitätsstörungen der Extremität n Fortgeschrittene periphere Neuropathie (z.B. Diabetes mellitus) n Unverträglichkeit auf Binden-/Strumpfmaterial n Noch kompensierte periphere arterielle Relative n Unterschenkeltrauma n Tumoren im proximalen Abflussbereich n Schmerzen während der intermittierenden Kompression Verschlusskrankheit n Nässende Dermatosen n Primär chronische Polyarthritis Tabelle 19: Kontraindikationen für eine Kompressionstherapie 17, 22 Merksätze: n Die Kompression sorgt dafür, dass die Venenklappen besser funktionieren. n Der Druck auf das Gewebe muss von distal nach proximal abnehmen. n Der phlebologische Kompressionsverband (PKV) muss mindestens ein großes Gelenk einschließen. n Bei Anlage des PKV sollte der Winkel zwischen Fuß und Unterschenkel 90° betragen, da der Umfang des Sprunggelenks bei 90° etwa 1,5 cm größer ist als bei Plantarflexion des Fußes (der Verband wäre bei Anlage in Plantarflexion zu eng). n Die Binde ist so in die Hand zu nehmen, dass der aufgerollte Teil der Binde oben liegt und nach außen zeigt. n Zehengrundgelenke und Ferse müssen vom Kompressionsverband/-strumpf eingeschlossen sein. n Es dürfen keine Schnürfurchen oder Druckstellen verursacht werden (d.h. Unterpolsterung wo nötig). n Ein Kompressionsverband darf nie schmerzhaft sein! n Der Kompressionsverband ist morgens nach dem Aufstehen anzulegen. Nicht erst herumgehen, sonst wird die Entstauung, die während der Nacht stattgefunden hat, zunichte gemacht. 5.1.2 Manuelle Lymphdrainage Die manuelle Lymphdrainage (MLD) wurde 1932 von dem dänischen Philologen Dr. Emil Vodder (1896-1986) entwickelt und ab 1963 von dem deutschen Allgemeinarzt Dr. Johannes Asdonk (1920-2003) erweitert. Die MLD ist eine Interstitiumsdrainage, bei der es zu einer Zunahme der Transportkapazität des Lymphgefäßsystems kommt. Das Prinzip der MLD beruht im Gegensatz zu der herkömmlichen Massage auf einer bestimmten Grifftechnik (verschiedene Grund- und Spezialgriffe nach Vodder und Asdonk). Durch flaches Auflegen der Finger bzw. Hände wird mit rhythmisch-kreisenden-pumpenden Griffen die Lymphflüssigkeit unter feindosiertem Druck manuell abdrainiert (ab- und weitergeleitet). Die milde Gewebekompression führt zu einer besseren Füllung der initialen Lymphstrombahn, einer Steigerung der Schlagfrequenz der Lymphangione sowie zu einer Dilatation der Hautlymphgefäße und zur Ausbildung akzessorischer Lymphkollektoren. 35 Die Behandlung beginnt immer beidseits der medialen Supraklavikulargrube zur Entleerung der terminalen Ampulle, sodass die Lymphflüssigkeit von distal nachströmen kann. Bei der Behandlung von Beinödem folgen als zweiter und dritter Schritt Atemgymnastik und Bauchbehandlung. Die weitere Behandlung geschieht abschnittsweise von der Leiste bis zu den Füßen. Innerhalb der 5 Therapiekonzepte [110.111] einzelnen Abschnitte wird von distal nach proximal entsprechend der Strömungsrichtung und Lage der Hauptlymphgefäße gearbeitet (d.h. von der Leiste zu den Achseln, vom Knie zur Leiste, vom Sprunggelenk zum Knie und schließlich von den Zehenspitzen zum Sprunggelenk). 20 Kontraindikation der MLD sind: n Akute tiefe Phlebothrombose n Thrombophlebitis n Regionen mit akuter Infektion (z.B. Erysipel) n Dekompensierte Herzinsuffizienz 5.1.3 Komplexe physikalische Entstauungstherapie Basistherapie eines Gliedmaßenlymphödems ist die komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE). Sie erfolgt in zwei Phasen: Phase I: Entstauung durch manuelle Lymphdrainage (MLD) plus Kompressionsbandage. Die MLD erfolgt 1-2-mal täglich bis keine weitere Reduktion des Beinumfangs erzielt werden kann (Dauer ca. 3-6 Wochen). Im Anschluss der MLD erhält der Patient eine Kompressionsbandage zur Vermeidung der erneuten Flüssigkeitsanreicherung (sollte nur zur Körperhygiene und zur MLD entfernt werden). Eine apparative intermittierende Kompression (AIK) mit Mehrkammergeräten und gerichtetem Druckaufbau von distal nach proximal kann unterstützend in Phase II (nicht aber in Phase I) durchgeführt werden. Kontraindikationen der KPE n Erysipel n Akute Thrombophlebitis/Phlebothrombose n Herzinsuffizienz n Arterielle Verschlusskrankheit 5.1.4 Wundbehandlung des Ulcus cruris venosum Beurteilung der Wunde/Verlaufsdokumentation Der Lokalbehandlung des venösen Ulcus cruris geht die Beurteilung und (Verlaufs-) Dokumentation der Wunde voran: Lokalisation, Größe (Länge, Breite, Tiefe), Exsudation, Ausmaß der Gewebeschädigung (Beteiligung von Epidermis/Dermis, Subcutis, Faszie/Muskeln, Sehnen/ Knochen), Zustand des Wundgrundes (Nekrosen, Fibrinauflagen, Granulationsgewebe, Epithelisierung) und des Wundrandes bzw. der Wundumgebung (Schwellung, Rötung, Schmerzen, Mazeration, Ekzem, Atrophie, Fibrose). Phase II: Erhaltungstherapie durch Kompressionsstrumpf, Gymnastik plus Verhaltensmaßnahmen Die Konservierung und Optimierung des Behandlungsergebnisses aus Phase I erfolgt lebenslang durch maßgefertigte Kompressionsstrümpfe (Knie-, Schenkelstrümpfe oder Strumpfhosen), evtl. mit zusätzlichem Fußteil oder Zehenkappen. Begleitend wird der Patient zu entstauenden Bewegungsübungen unter der Kompression und zur Beachtung spezieller Verhaltensregeln bei Beinlymphödem angehalten (‡ Kapitel 6.2, S. 151). 5 Therapiekonzepte [112.113] Abbildung 39: Beispiel eines Erfassungsbogens zur Wunddokumentation von chronischen Wunden Wunddokumentation Chronische Wunden (Dekubitus, Ulcus cruris venosum, Ulcus cruris arteriosum, Ulcus cruris mixtum, Postoperative Wundheilungsstörungen, Sonstige Wunde) Name/Vorname: Geburtsdatum: Straße: PLZ /Ort: Angehörige: Zusatzinformationen (wo, was): Telefon: Psychischer Zustand: Arzt: Zusatzinformationen Pflegedienst: sonstiges Rötung Ekzem Mazeration Minderdurchblutung Höhlen-/ Taschenbildung PEG-Sonde DK-Träger Krankenkasse: Bemerkungen: Einflussfaktoren Ulcus cruris Ulcus cruris venosum Schweregrade der chronisch venösen Insuffizienz nach Widmer 6) Diagnose/ Wundtyp Stadium I Ödem, subfasziale Stauung, Corona phlebectatica Stadium II Induration, Pigmentierung, Ekzem Stadium III Ulkus, Ulkusnarbe Dekubitus Dekubitusrisiko Modifizierte Norton-Skala 1) Norton-Skala2) Braden-Skala3) Medley-Skala 4) Kompressionsverband Kompressionsstrumpf apparative intermittierende Kompression Dekubitusgrad Stadium Lagerung 135° Lagerung 30° Lagerung 5-Kissen-Lagerung Spezialmatratzen: Lagerungshilfsmittel: Alter Mangelernährung Kachexie Diabetes mellitus Vitaminmangel AVK chronisch venöse Insuffizienz Immobilität mangelnde Compliance Adipositas Infektionskrankheit Allergie Anämie Medikamente Zytostatika Cortison sonstige Medikamente Kompressionstherapie* Punkte Einteilung nach: Vier-Stadien-Einteilung (orientiert an der Einteilung des National Ulcer Advisory Panel)5) Kompressionsstrumpf* Klasse I ca. 20 mmHg Klasse II ca. 30 mmHg Klasse III ca. 40 mmHg Klasse IV über 60 mmHg Kompressionsverbandtechnik modifiziert nach Pütter Zinkleim kohäsive Fixierbinde sonstige Wundbeurteilung Hautzustand trocken schuppig rissig feucht Antibiotika Wundränder unauffällig Nekrose Ödem Entzündung Kontraktion Wundgrund sauber Schorf fibrinös Wundexsudat serös eitrig nekrotisch Fremdkörpereinlagerung blutig serös Geruch: Wundheilungsphase Reinigungsphase Granulationsphase Epithelisierungsphase Zielsetzung Wundgröße Länge (mm) Breite (mm) Tiefe (mm) Auslitern (ml) Unterstützung der Wundreinigung Förderung und Schutz der Granulation Förderung der Epithelisierung Beurteilung der Zielsetzung: Wundzustand aseptisch infiziert Abstrich am: Biopsie am: kontaminiert Wundlokalisation Sonstige Maßnahmen bei Dekubitus Ulcus cruris arteriosum Stadien der arteriellen Verschlusskrankheit nach Fontaine7) Stadium I Stadium II II II * Kontraindikationen beachten Die lokale Therapie des venösen Beinulkus stützt sich auf eine sachgerechte Wundbehandlung, die sich sinnvollerweise an den einzelnen Wundheilungsphasen orientiert. Im Rahmen der Wundbehandlung sind nach Möglichkeit auch alle Faktoren auszuschalten, die sich allgemein wundheilungsstörend auswirken, so beispielsweise Infektionen, Einflüsse von Begleiterkrankungen und Nebenwirkungen anderer Therapien oder negative psychosoziale Faktoren. Unabhängig von der Art der Wunde und vom Ausmaß des Gewebeverlustes verläuft jede Wundheilung in Phasen, die sich zeitlich überlappen und nicht voneinander zu trennen sind. Üblich sind Einteilungen in drei bzw. vier Wundheilungsphasen, wobei hierfür die nachfolgende Systematik von drei Grundphasen benutzt wird: Beschwerdefreiheit bei nachgewiesener Stenose oder fehlenden Pulsen Belastungsschmerz = Claudicatio intermittens = Schaufensterkrankheit n Die inflammatorische bzw. exsudative Phase dient zur a Gehstrecke > 200 m b Gehstrecke < 200 m Stadium III Ischämischer Ruheschmerz Stadium IV Nekrose, Gangrän 1), 2), 3), 4), 5), 6), 7) Literatur siehe Rückseite Therapeutische Maßnahmen Die Behandlung eines Ulcus cruris venosum konzentriert sich auf folgende Punkte: Der dem Ulkus zugrunde liegende venöse Hypertonus muss so gut wie möglich beseitigt werden. Hierdurch wird die nutritive Situation im geschädigten Hautgebiet verbessert. Ein Geschwür kann nur dann abheilen, wenn der venöse Abfluss im Bein wieder einen kompensierten Zustand erreicht hat. Diese Therapieziele können im Wesentlichen durch die Kompressionsbehandlung und gegebenenfalls durch invasive Therapieverfahren (Operation und/oder Sklerosierung) erreicht werden. Blutstillung und Wundreinigung, vorrangig durch Phagozytose. n In der proliferativen Phase werden Blutgefäße und Ersatzgewebe, das sog. Granulationsgewebe, zur Defektauffüllung aufgebaut. n In der Differenzierungsphase erfolgt die Ausreifung des neuen Gewebes, dessen Epithelisierung und die abschließende Narbenbildung. In der Praxis werden die drei Wundheilungsphasen verkürzt als Reinigungs-, Granulations- und Epithelisierungsphase bezeichnet. Inhaltsverzeichnis [114.115] inflammatorische Phase: Reinigung Kriterien des Delphi-Prozesses zur Aufstellung von Kriterien bei venösen Unterschenkelulzera proliferative Phase: Fibroblasteneinwanderung und Aufbau des Granulationsgewebes Differenzierungsphase: Ausreifung und zunehmende Wundkontraktion/Epithelisierung 1. Cellulitis 2. Verzögerte Heilung trotz angemessener Kompressionstherapie 3. Erhöhung der lokalen Hauttemperatur 4. Erhöhung des Ulkusschmerzes/Veränderung der Art des Schmerzes 5. Neubildung von Ulzera in entzündeten Grenzbereichen von vorbestehenden Ulzera 6. Wundbettverbreiterung in entzündeten Grenzbereichen 7. Verfärbung, z.B. mattes, dunkles Ziegelrot 8. Bröckeliges Granulationsgewebe, das leicht blutet 9. Erhöhung der Exsudatviskosität 10. Erhöhung des Exsudatvolumens 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 11. Schlechter Geruch 12. Neu aufgetretene schwärzliche Wundschattierung Abbildung 40: Schematische Darstellung des Zeitablaufs der Wundheilungsphasen Bei venösen Ulzera können die klassischen Infektionszeichen (Schmerz, Erythem, Wärme und Purulenz) aufgrund dermatologischer Probleme vermindert oder maskiert sein. Die zunächst von Cutting, Harding und Gardner aufgestellten Indikatoren für eine Infektion eines venösen Ulcus cruris (Steigerung der Intensität und/oder Änderung des Wesens der Schmerzen, verfärbtes oder bröckeliges Granulationsgewebe, Geruch, Zersetzung der Wunde und verzögerte Wundheilung) wurden 2005 von Cutting, White, Mahony und Harding weiterentwickelt und sind in Tabelle 20 (S. 117) zusammengestellt.10, 26 13. Plötzliches Auftreten/Erhöhung der Menge von Schorf 14. Plötzliches Auftreten von nekrotischen schwarzen Punkten 15. Ulkusvergrößerung Tabelle 20: Identifikation einer Wundinfektion bei venösen Unterschenkelulzera 10 Débridement Der erste Schritt der Wundbehandlung besteht darin, totes Gewebe und Fremdkörper auszuräumen zur Reduzierung der aktiven Infektion. Dies ist durch Exsudatkontrolle, Reinigung mit Ringerlösung und gegebenenfalls durch scharfes und chirurgisches Débridement mit dem Skalpell, oder physikalisches Debridement mithilfe der feuchten Wundbehandlung, biochirurgische Therapie (Madentherapie) und experimentellen Débridmentverfahren (Wasserstrahldissektor, Ultraschall, Krill-Enzyme) zu erreichen. 8 Für Ulzera mit ausgeprägten fibrinösen und/oder schmierigen Belägen und ekzematösen Veränderungen der umgebenden (äußerst empfindlichen) Haut ist die Feuchttherapie mit TenderWet 24 active indiziert. 29 Antibakterielle Behandlung Bei Wunden mit lokalen Infektionszeichen, die trotz an5 Therapiekonzepte [116.117] gemessener Versorgung und Débridement nicht heilen, sollten topische Antiseptika in Erwägung gezogen werden. Häufig verwendete Antiseptika sind u.a. PolyvidonJod, ionisiertes Silber, Chlorhexidin und Octenidin.36 Eine Behandlungsoption ist die silberhaltige Salbenkompresse Atrauman Ag, die einem Verkleben mit der Wunden entgegenwirkt, die Wundränder pflegt und antibakteriell wirkt. Dabei entfaltet sich die antibakterielle Wirkung im direkten Kontakt mit der Wundauflage. 29 Topische Antibiotika sind wegen des Risikos einer Hautsensibilisierung, Deaktivierung, Hemmung der Heilung und Bildung resistenter Stämme nicht zu empfehlen. 26 Systemische Antibiotika sollten erst dann eingesetzt werden, wenn systemische Infektionszeichen, wie z.B. Fieber, Erysipel oder Infektion tieferer Strukturen oder eine Größenzunahme der Wunde erkennbar sind. 36 Feuchtigkeitsgleichgewicht Venöse Unterschenkelgeschwüre produzieren in der Regel reichlich Exsudat, das die Heilung verhindert und eine Mazerierung der umliegenden Haut verursachen kann. Chronisches Exsudat führt zum Abbau von extrazellulären Matrixproteinen und Wachstumsfaktoren, verlängert die Entzündung, hemmt die Zellproliferation und führt zum Zerfall der Gewebematrix. 26 Die Behandlung des Exsudats durch ausreichende Kompressionstherapie, u.U. Vakuumpumpe und die richtige Auswahl des Verbandes sind daher äußerst wichtig für die Wundbettvorbereitung. Die Wundauflage sollte das Gewebetrauma auf ein Mindestmaß reduzieren, überschüssiges Exsudat auch unterhalb des Kompressiosverbandes aufsaugen, schorfiges/nekrotisches Gewebe behandeln und hypoallergene Eigenschaften haben. Besonders gut geeignet zur Behandlung unter Kompressionsverbänden ist der hydroaktive Schaumverband PermaFoam. Er verfügt über eine hohe vertikale Kapillarwirkung zur raschen Regulierung des Wundexsudates sowie eine hohe Retention zur sicheren Flüssigkeits- bindung, wodurch Wundränder vor Mazeration geschützt werden. 29 Hautpflege Gute Hautpflege zur Hydratation der Wundumgebung und zum Schutz vor Mazeration mittels paraffinhaltiger Produkte oder Zinkpaste sind grundlegende Aspekte der Pflege. Restbestände müssen allerdings regelmäßig abgewaschen werden, da sich sonst eine dicke Schicht bildet, die die Enfernung abgestorbener Keratozyten verhindert und die Entwicklung eines Ekzema varicosum und einer Hyperkeratose begünstigt. 26 Das Ulcus cruris venosum wird häufig von einem Ekzem begleitet. Das Ekzem kann auf eine Besiedelung der geschädigten Haut mit Bakterien und Pilzen (mikrobielles Ekzem) zurückzuführen sein oder eine Kontaktallergie auf topisch gegebene Medikamente darstellen. Die Behandlung richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen der Ekzemtherapie: Das akute, nässende Ekzem wird feucht behandelt, beispielsweise mit feuchten Mullkompressen mit adstringierenden oder desinfizierenden Lösungen. Ein Austrocknen der Haut ist dabei jedoch zu verhindern. Das subakute oder chronische Ekzem ist einer differenzierten Behandlung zu unterziehen, wobei ausschließlich allergenneutrale Salbengrundlagen und Substanzen zur Anwendung kommen dürfen. Bewährt hat sich dazu beispielsweise Pasta Zinci und Unguentum leniens zu gleichen Teilen. Eine Dauertherapie mit kortikoidhaltigen Externa sollte dagegen wegen der drohenden Hautatrophie vermieden werden. Förderung der Reepithelisierung Bleibt die Migration des Epidermisrandes über das Wund5 Therapiekonzepte [118.119] bett aus, kann dies viele Gründe haben, unter anderem Hypoxie, Infektion, Austrocknung, Verbandtrauma, wuchernde Hyperkeratosen und Schwielen am Wundrand. Das Vorhandensein von Epithelinseln, die aus Haarfollikeln hervorgehen und der Nachweis einer Wundrandstimulierung sind nützliche Heilungsindikatoren. Häufig ist bei chronischen Ulzera die Konstellation vorzufinden, dass ein Teil des Wundbetts bereits granuliert, während sich andere Partien noch in der Reinigungsphase befinden. Bei einer eventuell erforderlichen Wunddesinfektion sowie bei mechanischer Reinigung ist das frisch-rote (äußerst empfindliche) Granulationsgewebe auszusparen. Eine hydroaktive Wundauflage, die den Erfordernissen der Granulationsphase besonders gut entspricht, ist der Hydrogelverband Hydrosorb. Diese Wundauflage verfügt über einen hohen Wasseranteil in ihrer Gelstruktur und kann so der Wunde über lange Zeit selbsttätig Feuchtigkeit zuführen, ohne dabei auszutrocknen. So wird das Granulationsgewebe, das durch das eiweißreiches Sekret und die hohe Anzahl feinster Haarkapillaren außerordentlich zum Verkleben neigt, vor Zellstripping beim Verbandwechsel geschützt. 29 Durch den oft langen Heilungsverlauf neigen die Wundränder chronischer Ulzerationen zuweilen dazu, zu epithelisieren und sich nach innen einzustülpen. Da dann vom Wundrand aus keine weitere Epithelisierung mehr stattfinden kann, ist eine Anfrischung der Wundränder mit dem Skalpell oder einer scharfen Schere angezeigt. Zeigt die Ulkuswunde trotz adäquater Wundbettvorbereitung nach 12 Monaten keine Heilungstendenz (therapieresistentes Ulcus cruris venosum) können modernste Behandlungsstrategien (Gewebe-Engineering, Zytokine, Wachstumsfaktoren, proteasemodulierende Verbände, Proteasehemmer) und andere Methoden (Laserstrahlen, Ultraschall, hyperbare 02-Therapie, u.a.), deren Nutzen für das Ulcus cruris venosum umstritten ist, erfolgreich sein, sofern sie auf einem gut vorbereiteten Wundbett angewendet werden. 13, 20 Die feuchte Wundbehandlung mit Verbandstoffen Einen wesentlichen Fortschritt, nicht nur im Hinblick auf die Effizienz, sondern auch auf die praktische Durchführbarkeit der Feuchttherapie, stellen die so genannten hydroaktiven Wundauflagen dar. Hierzu zählen die gelbildende Calciumalginat-Kompresse Sorbalgon, das Wundkissen TenderWet, der Schaumverband PermaFaom, der Hydrokolloidverband Hydrocoll, der Hydrogelverband Hydrosorb sowie die hydroaktive Salbenkompresse Hydrotüll. Mit ihrer Hilfe können die verschiedensten chronischen Wunden auf Dauer problemos feucht gehalten werden. Daneben ermöglicht die Darreichungsform Hydrosorb Gel als klares, visköses Gel eine einfache und sichere Anwendung bei tiefen und zerklüfteten Wunden mit geringer Sekretion. Darüber hinaus ist durch die differenzierten physikalischen Wirkprinzipien der einzelnen Wundauflagen sichergestellt, dass gezielt auf die Erfordernisse bei den unterschiedlichsten Wundzuständen eingegangen werden kann. TenderWet-Wundkissen mit Superabsorber TenderWet ist eine äuißerst effektive Wundauflage zur raschen Reinigung, Nekrosenablösung, Keimreduzierung und Wundbettsanierung vor allem von chronischen und infizierten Wunden. Grundlage der hohen Effizienz ist ein spezielles Wirkprinzip, das eine kontinuierliche „Spülung“ der Wunde ermöglicht. TenderWet ist eine mehrschichtige, kissenförmige Wundauflage, die als zentralen Bestandteil ihres Saug-Spülkörpers superabsorbierendes Polyacrylat enthält. Der wirkstofffreie Superabsorber wird vor der Anwendung mit einer entsprechenden Menge Ringerlösung aktiviert, die dann über Stunden kontinuierlich an die Wunde abgege5 Therapiekonzepte [120.121] ben wird. Durch die permanente Zufuhr von Ringerlösung werden Nekrosen aufgeweicht, abgelöst und ausgespült (1). 1 2 3 Abbildung 41: Das Wirkungsprinzip von TenderWet Gleichzeitig wird aber auch keimbelastetes Wundexsudat in das Wundkissen aufgenommen und dort gebunden. Dieser Austausch – Ringerlösung wird abgegeben und Proteine werden aufgenommen – funktioniert, weil der Superabsorber des Wundkissens eine höhere Affinität für das proteinhaltige Wundexsudat besitzt als für die salzhaltige Ringerlösung (2), die somit aus dem Kissen verdrängt wird. Sobald die wundheilungshemmenden Faktoren entfernt sind, d. h. die Wunde von Nekrosen, Detritus und Belägen gereinigt ist, sind die Voraussetzungen zum Aufbau von Granulationsgewebe gegeben: Proliferative Zellen können in das Wundgebiet einwandern und Kapillaren können einsprießen (3). Die Feuchtigkeit sowie die in der Ringerlösung enthaltenen Elektrolyte wie Natrium, Kalium und Calcium tragen dabei zur Zellproliferation bei. TenderWet hat keine Kontraindikationen und kann auch bei infizierten Wunden angewendet werden. In Einzelfällen kommt es bei der Initialreinigung mit TenderWet zu einer scheinbaren Vergrößerung der Wunde. Dies bedeutet, dass mit dieser Methode auch devitalisiertes Gewebe, das als solches nicht erkennbar war, entfernt wurde. Bei tiefen Wundverhältnissen ist TenderWet locker einzutamponieren, um den für den Flüssigkeitsaustausch erforderlichen direkten Kontakt sicherzustellen. Die physikalischen Eigenschaften des Superabsorbers in Verbindung mit dem äußeren Hüllgestrick des Wundkissens verleihen TenderWet die notwendigen Tamponadeeigenschaften. Bei großflächigen Wunden sind die TenderWet Wundkissen leicht überlappend aufzulegen. TenderWet steht in verschiedenen Ausführungen sowie in runden und recht- eckigen Formaten zur Verfügung, damit jeweils auf die Praxisbesonderheiten eingegangen werden kann. Das klassische TenderWet hält seine Saug-Spülwirkung für etwa 12 Stunden aufrecht. Dementsprechend sollte ein Verbandwechsel alle 12 Stunden stattfinden. Die Häufigkeit des Verbandwechsels wird aber letztlich von der anfallenden Exsudatmenge bestimmt. Wie viel Ringerlösung zur Aktivierung benötigt wird, ist von der Kompressengröße abhängig. Zur problemlosen Aktivierung von TenderWet (und auch von TenderWet 24) gibt es die TenderWet Solution in gebrauchsgerechter Größe von 15 ml. Die Zusammensetzung der sterilen, pyrogenfreien und isotonen Solution entspricht der einer Ringerlösung. TenderWet 24 besteht aus den gleichen Materialien wie TenderWet, ist jedoch so konstruiert, dass die SaugSpülwirkung bis zu 24 Stunden erhalten bleibt. Um ein Durchfeuchten des Verbandes nach außen zu verhindern, ist das Wundkissen zudem mit einer feuchtigkeitsabweisenden Schutzschicht ausgestattet. Die Kompressenseite mit der integrierten Schutzschicht ist durch parallel verlaufende Farbstreifen gekennzeichnet, damit das Wundkissen sicher platziert werden kann. TenderWet 24 sollte wegen dieser Schutzschicht nicht eintamponiert werden. Für eine vereinfachte Anwendung stehen TenderWet und TenderWet 24 in bereits aktivierter Form als TenderWet active cavity und TenderWet 24 active zur Verfügung. Diese „active“ Wundkissen sind gebrauchsfertig mit Ringerlösung getränkt und können sofort appliziert werden. Damit entfällt ein vorbereitender Arbeitsgang, was Zeit einspart. Ein weiterer Vorteil der bereits aktivierten Wundkissen ist, dass ein deutlich größeres Volumen an Ringerlösung in den Saugkörper eingebracht werden kann, als dies durch manuelles Tränken möglich ist. So kann die Wunde über einen längeren Zeitraum feucht gehalten werden. Abbildung 42: TenderWet und TenderWet 24 sind vor Gebrauch mit TenderWet Solution oder mit Ringerlösung zu aktivieren. Abbildung 43: TenderWet 24 active und TenderWet active cavity sind bereits gebrauchsfertig mit Ringerlösung aktiviert. 5 Therapiekonzepte [122.123] Außerdem sind die Kissen weich und gut modellierbar, was insbesondere TenderWet active cavity auszeichnet, mit der selbst tiefere Wunden problemlos austamponiert werden können (= cavity). Hingegen sollte TenderWet 24 active wegen seiner feuchtigkeitsabweisenden Schutzschicht nicht eintamponiert werden. Generell gilt für alle TenderWet Wundkissen: Sie sind nicht selbsthaftend und müssen adäquat fixiert werden, z.B. vollflächig mit elastischen Fixiervliesen z.B. Omnifix oder mit elastischen Fixierbinden (z.B. Peha-crepp, Peha-haft). 1 2 3 Abbildung 44: Das Wirkungsprinzip von Sorbalgon Sorbalgon – tamponierbare CalciumalginatKompressen Sorbalgon ist die ideale Wundauflage zur Reinigung und zum Granulationsaufbau bei zerklüfteten und schwer zugänglichen Wunden. Denn Sorbalgon ist ausgezeichnet tamponierbar und sorgt somit auch in der Tiefe der Wunden für eine wirkungsvolle Reinigung und Konditionierung der Wunden. Bei der Behandlung venöser Ulzera ist Sorbalgon vor allem nach chirurgischen Nekrosenabtragungen indiziert. Sorbalgon ist eine nicht gewebte Kompresse aus hochwertigen Calciumalginat-Fasern, die trocken in die Wunde eintamponiert wird (1). Bei Kontakt mit Natriumsalzen, wie sie beispielsweise in Blut und im Wundsekret vorhanden sind, quellen die Fasern und wandeln sich in ein feuchtes, saugfähiges Gel um, das die Wunde ausfüllt (2). Durch die enge Adaption von Sorbalgon an die Wundflächen werden Keime auch in der Tiefe aufgenommen und sicher in der Gelstruktur eingeschlossen (3). Dies führt zu einer effizienten Keimreduzierung und hilft, Rekontaminationen zu vermeilden. Wunden werden rasch gereinigt, sodass sich Sorbalgon insbesondere bei der Behandlung chronischer und infizierter Wunden bewährt. Die gelartige Konsistenz von Sorbalgon wirkt zudem wie ein feuchter Verband, der ein Austrocknen der Wunde verhindert. Es entsteht ein für die Wundheiliung günstiges Mikroklima, das die Bildung von Granulationsgewebe fördert und die Wundflächen geschmeidig hält. Durch die Gelbildung verklebt Sorbalgon nicht mit der Wunde, der Verbandwechsel verläuft schmerzarm. Allerdings setzt die vollständige Umwandlung der Calciumalginat-Fasern in ein Gel ausreichend Sekretion voraus. Die Häufigkeit des Verbandwechsels ergibt sich aus der individuellen Wundsituation. In der Phase der Wundreinigung kann je nach dem Ausmaß der Exsudation ein 1- 2-maliger Verbandwechsel erforderlich werden. Später, mit einsetzender Granulationsbildung, kann ein Verbandwechsel alle zwei bis drei Tage ausreichend sein. Sorbalgon wird in drei Größen als quadratische Kompressen angeboten. Als Tamponadestreifen steht Sorbalgon T zur Verfügung. Abbildung 45: Sorbalgon ist in drei Kompressengrößen und als Tamponadestreifen erhältlich. PermaFoam – hydroaktiver Schaumverband Der Schaumverband PermaFoam ist indiziert bei stark bis mäßig sezernierenden, nicht infizierten Wunden in der Reinigungs- und während der Granulationsphase. Grundlage für seine therapeutische Wirkung ist seine spezielle Porenstruktur. PermaFoam ist eine Kombination zweier unterschiedlich strukturierter Schaumstoffe, die über eine spezielle Laminierung miteinander verbunden weiden. Die Saugschicht von PermaFoam besteht aus hydrophilen PolyurethanPolymeren, die Flüssigkeit bis zum Neunfachen ihres Eigengewichtes in ihren Polymerketten einlagern können. Dabei verfügt die Polyurethanmatrix über einen einzigartigen Porengradienten, d. h. die wundseitig großen Poren werden zur Deckschicht hin immer kleiner, was eine hohe vertikale Kapillarrwirkung erzeugt. Die Deckschicht von PermaFoam besteht aus einem flexiblen, geschlossen- Abbildung 46: Grundlage für die therapeutische Wirksamkeit von PermaFoam ist die spezielle Porenstruktur: Wundseitig große Poren verkleinern sich zur Deckschicht hin immer mehr, was eine hohe vertikale Kapillarwirkung erzeugt. Dies bewirkt, dass Exsudat rasch in die Tiefe des Saugkörpers aufgenommen wird, sorgt aber auch für eine hohe Retention zur sicheren Flüssigkeitsbindung. 5 Therapiekonzepte [124.125] porigen Polyurethanschaum und ist semipermeabel, d. h. keimdicht, aber durchlässig für Wasserdampf. Aus dieser Materialkombination und -konstruktion ergeben sich Produkteigenschaften, mit denen insbesondere die oft auftretende Mazerationsproblematik bei chroniAbbildung 47: Der hydrophile schen Wunden eingegrenzt werden kann. Durch die hohe Schaumverband PermaFoam erweitert durch seine überzeugende vertikale Kapillarwirkung wird überschüssiges aggressives physikalische Wirkungsweise die Wundexsudat rasch bis unter die Deckschicht geleitet. Behandlungsoptionen bei chroDabei gewährleisten die wundseitig großen Schaumstoffnischen Wunden. poren, dass auch zähflüssiges Sekret und Detritus aufgenommen werden, ohne die Poren zu verstopfen. Bei Aufnahme des Wundexsudats quillt der Polyurethanschaum leicht auf, sodass der für die Ableitung erforderliche Kontakt zum Wundgrund gesichert ist. 1 5 4 2 3 Abbildung 48: PermaFoam steht in speziellen wundangepassten Zuschnitten zur Verfügung, damit in jedem Fall eine optimale Wundbehandlung möglich ist. PermaFoam sacral (1) für Anwendungen im Sakralbereich, PermaFoam concave (2) für Anwendungen an Ferse und Ellbogen, PermaFoam tracheostomy (3) zur Versorgung von Eintrittsstellen wie Tracheostomiekanülen und Sondenapplikationen, PermaFoam cavity (4) zur Behandlung von tiefen Wunden und PermaFoam rund (5) für die Versorgung kleinerer Ulzera an Problemzonen. Das aufgenommene Wundexsudat verteilt sich dann seitlich unter der Deckschicht. Wichtig ist dabei, dass PermaFoam – hauptsächlich bedingt durch die spezielle Porenstruktur – über ein hohes Zurückhaltevermögen (Retention) für Flüssigkeiten verfügt. Selbst wenn von außen Druck erzeugt wird, so z. B. durch einen Kompressionsverband, wird das Exsudat im Schaumstoff gehalten. Hinzu kommt, dass PermaFoam auch unter dem Druck eines angelegten Kornpressionsverbandes nur geringfügig an Saugkapazität verliert. Beispielsweise wird unter dem Druck von 42 mmHg die Saugkapazität gegenüber dem freien Zustand lediglich um 12 % reduziert. All diese Eigenschaften zusammen bewirken nicht nur die wünschenswerte rasche Regulierung der Exsudation, sondern schützen auch die Wundränder vor Mazeration, weil das aufgenommene Wundexsudat nicht mehr in die Wunde zurückdrückt. Darüber hinaus gewährleistet die hohe Wasserdampfdurchlässigkeit der Deckschicht ein ausgewogen feuchtes Mikroklima in der Wunde, was die Heilungstendenz zusätzlich unterstützt. PermaFoam ist atraumatisch, ein Verkleben mit der Wunde bzw. ein Einwachsen von Gewebe in die Schaumstruktur wird minimiert. Durch das hohe Absorptionsvermögen und die sehr gute Retention kann PermaFoam selbst bei stärkerer Sekretion (beim Ausbleiben von Komplikationen) mehrere Tage auf der Wunde verbleiben. PermaFoam ist weich und geschmeidig und schmiegt sich den Wundgegebenheiten gut an. Die Fixierung des Schaumverbandes erfolgt mit elastischen Fixierbinden (z.B. Peha-haft) oder vollflächig mit elastischen Fixiervliesen (z.B. Omnifix elactic). Die Produktausführung PermaFoam comfort ist für eine einfache Fixierung mit einem selbstklebenden Haftrand ausgestattet, der verwendete Kleber ist hautfreundlich, PermaFoam steht in verschiedenen Ausführungen und Zuschnitten zur Verfügung. Hydrocoll – saugfähiger Hydrokolloid-Verband Hydrocoll ist ein selbsthaftender, saugfähiger Hydrokolloid-Verband zur Reinigung und Konditionierung nicht infizierter Wunden mit mittelstarker bis schwacher Sekretion. Der Begriff „Kolloid" stammt aus dem Griechischen und bezeichnet einen Stoff, der in feinster Verteilung in eine Matrix integriert ist. Dementsprechend besteht Hydrocoll aus saug- und quellfähigen Hydrokolloiden, die in ein selbsthaftendes Elastomer eingebracht sind. Eine semipermeable Folie dient als keim- und wasserdichte Deckschicht. Im Mittelpunkt des Wirkungsmechanismus von Hydrocoll stehen die in die Trägerschicht eingebrachten Hydrokolloide. Durch die Aufnahme von Wundsekret quellen sie auf und gehen in ein Gel über, das in die Wunde expandiert und die Wunde feucht hält. Das Gel ist dabei so lange saugfähig, bis die Hydrokolloide gesättigt sind. Gleichzeitig wird mit dem Quellvorgang das aufgenommene Wundsekret, das immer mit Detritus, Bakterien und deren Toxinen belastet ist, sicher in der Gelstruktur eingeschlossen. Durch die Haftkraft des Elastomers kann Abbildung 49: Das Wirkungsprinzip von Hydrocoll 5 Therapiekonzepte [126.127] Hydrocoll ähnlich wie ein Pflaster auf die Wunde aufgelegt werden. Mit der Gelbildung verschwindet dann im Bereich der Wundfläche die Haftkraft, sodass Hydrocoll wundschonend nur noch auf der intakten Wundrandumgebung fixiert ist. Abbildung 50: Hydrocoll lässt sich einfach wie ein Pflaster applizieren. Sind die Hydrokolloide durch die Sekretaufnahme gesättigt, zeigt sich dies an einer blasenartigen Ausformung des Verbandes. Dann ist Hydrocoll zu wechseln. Abbildung 51: Die Ausführung „Hydrocoll thin“ ist speziell für bereits epithelisierte Wunden geeignet. Für Hydrocoll finden besonders saug- und quellfähige Hydrokolloide Verwendung, die zudem die Eigenschaft haben, dass ihre Gelstruktur kompakt bleibt. Hydrocoll expandiert zwar wie gewohnt in die Wunde, lässt sich aber dann im Gelzustand in einem Stück von der Wunde abnehmen. In der Wunde verbleiben praktisch keine Gelrückstände, sodass das bisher erforderliche Ausspülen von Gelrückständen in eiterähnlicher Konsistenz weitgehend entfällt. Der Verbandwechsel wird dadurch einfacher und auch angenehmer. Zudem ist sofort eine sichere Wundbeurteilung möglich. Der Wirkungsmechanismus von Hydrocoll zeigt in allen Wundheilungsphasen seine Effekte: Da überschüssiges, keimbelastetes Wundsekret mit dem Saug- und Quellvorgang rasch in die hydrokolloiden Anteile des Verbandes aufgenommen wird, kommt es zu einer schnellen und guten Wundreinigung. Wie allgemeine Untersuchungen zeigten, verbessert sich mit zunehmender Reinigung auch die Mikrozirkulation im Wundgebiet. Hierdurch werden insbesondere bei chronischen Wundverhältnissen mit stagnierender Reinigungsphase die körpereigenen Reinigungsmechanismen wieder aktiviert. In der Granulationsphase stimuliert und fördert das feuchte Wundmilieu unter Hydrocoll den Aufbau von Granulationsgewebe. Dabei lässt sich mit Hydrocoll das ausbalanziert feuchte Wundmilieu ohne die Gefahr von Sekretstaus auch über längere Behandlungszeiträume problemlos aufrechterhalten und ein Austrocknen der Granulation sicher vermeiden. In der Epithelisierungsphase unterstützt das zellfreundliche feuchte Wundmilieu Mitose und Migration der Epithel- zellen. Zudem wird eine unerwünschte Schorfbildung vermindert, die eine Heilung verzögern würde. Die keimund wasserdichte Deckschicht wirkt als zuverlässige Barriere gegen Keime und schützt die Wunde vor Schmutz und Feuchtigkeit. Mobile Patienten können mit dem Verband duschen. Die Ausführung „Hydrocoll thin" ist speziell für bereits epithelisierende Wunden geeignet. Hydrosorb – transparenter Hydrogel-Verband Hydrosorb eignet sich bestens dazu, Granulationsgewebe und junges Epithel feucht zu halten und zu schützen, und ist damit die optimale Wundauflage zur phasengerechten Weiterbehandlung im Anschluss an eine Wundversorgung mit TenderWet, Sorbalgon oder PermaFoarn. Hydrosorb ist ein bereits fertiges Gel aus saugfähigen Polyurethan-Polymeren, in die ein hoher Wasseranteil von 60 % eingelagert ist. Damit führt Hydrosorb der Wunde von Anfang an selbsttätig über mehrere Tage Feuchtigkeit zu (1). Gleichzeitig nimmt Hydrosorb überschüssiges Sekret auf, das in der Gelstruktur eingeschlossen wird. Dieser Austausch sichert das für die Wundheilung optimale Feuchtigkeitsniveau und beschleunigt so Granulationsbildung und Epithelisierung (2). Die keim- und wasserdichte Oberfläche von Hydrosorb bietet zudem sicheren Schutz vor Sekundärinfektionen. 1 2 Abbildung 52: Das Wirkungsprinzip von Hydrosorb Hydrosorb verklebt nicht mit der Wunde und lässt sich auch nach längerer Verweildauer auf der Wunde ohne die Gefahr von Wundirritationen entfernen. Hydrosorb kann als vollständiger Verband abgenommen werden, da sich die Gelstruktur durch aufgenommenes Wundsekret nicht auflöst. Auf der Wunde verbleiben keine Rückstände, der Wundzustand ist ohne vorherige Spülung sicher zu beurteilen. Besonders vorteilhaft in der Praxis ist zudem die Transpa5 Therapiekonzepte [128.129] renz von Hydrosorb, die auch bei längeren Liegezeiten erhalten bleibt. Sie ermöglicht zu jeder Zeit ohne Verbandwechsel die Inspektion der Wunde. Dies gewährleistet die für die Heilung so wichtige Wundruhe sowie eine hohe Wirtschaftlichkeit durch verlängerte Verbandwechselintervalle. Hydrosorb steht in zwei Ausführungen als Hydrosorb und Hydrosorb comfort zur Verfügung. Beide Hydrogele verfügen über dasselbe physikalische Wirkungsprinzip, unterscheiden sich jedoch in ihrer Fixiermöglichkeit. Hydrosorb hat keinen selbsthaftenden Fixierrand und wird mit einem Fixierverband, Fixierpflastern oder mit dem Kompressionsverband befestigt. Hydrosorb comfort ist zur sicheren, keimdichten Fixierung mit einer umlaufenden, hypoallergenen Klebefolie ausgestattet. Zusammen mit der keimund wasserdichten Oberfläche von Hydrosorb comfort vereinfacht dies vor allem die tägliche Hygiene. Abbildung 53: Die Transparenz von Hydrosorb ist wichtig für die wirtschaftliche Anwendung. Die Wunde kann durch den Verband hindurch jederzeit beobachtet werden, sodass Hydrosorb über Tage auf der Wunde verbleiben kann. Verbandwechsel werden reduziert. Hydrosorb Gel – zur Rehydration trockener Wunden Hydrosorb Gel ist ein klares, visköses und steriles Gel auf der Basis von Carboxymethylcellulose, Ringerlösung und Glycerin, das austrocknungsgefährdeten und trockenen, tieferen und zerklüfteten Wunden sofort heilungsfördernde Feuchtigkeit zuführt. Die Bestandteile von Hydrosorb Gel gewährleisten eine kontinuierliche und ausreichende Abgabe von Feuchtigkeit an die trockene Wunde mit folgendem therapeutischen Nutzen: Fibrinöse und nekrotische Beläge werden aufgeweicht und abgelöst. In einem geringen Umfang kann Hydrosorb Gel dabei gleichzeitig keim- und detritusbelastetes Exsudat aufnehmen. Damit wird wirkungsvoll das endogene, physikalische Débridement unterstützt und die für die Wundheilung notwendige physiologische Sekretion kann wieder in Gang kommen. Im Stadium der Wundkonditionierung mit Aufbau von Granulationsgewebe tragen die in der Ringerlösung enthaltenen Elektrolyte wie Natrium, Kalium und Calcium zur Zellproliferation bei. Abbildung 54: Hydrosorb Gel dient zur effizienten Rehydration trockener Wunden und steht in einfach zu handhabenden Dosierspritzen à 15 g und 8 g zur Verfügung. Trockene bzw. austrocknungsgefährdete Wunden ergeben sich vor allem bei lang bestehenden, chronischen Ulcera cruris und Dekubitalulzera. Bei Verbrennungswunden bis Grad IIb wirkt Hydrosorb Gel durch seine Feuchtigkeit kühlend und schmerzlindernd. Eine Anwendung bei infizierten Wunden sollte nur unter ärztlicher Überwachung erfolgen. Hydrosorb Gel steht in praktischen Dosierspritzen à 15 g und 8 g zur Verfügung, die eine einfache Applikation bei allen Wundzuständen sichern: Durch den langen Auslauf der Spritze lässt sich Hydrosorb Gel auch in tiefe, zerklüftete Wunden direkt und sauber einbringen. Diese sichere Applikation wird durch die Konsistenz des Gels unterstützt. Das Gel ist fest genug, um nicht sofort zu verlaufen, und weich genug, um sich dem Wundgrund anzupassen. Die Dosierspritze wird einfach mit einer Hand angewendet, wobei sich das Gel ohne Schwierigkeiten exakt do5 Therapiekonzepte [130.131] sieren lässt. Zudem kann die Hydrosorb Gel Spritze – anders als Tuben, in denen oftmals viel Gel zurückbleibt – effektiv entleert werden. Aus der Spritze kann dabei jeweils genau so viel entnommen werden, wie für die Wundbehandlung benötigt wird. Von besonderem Vorteil ist außerdem die gegenläufige ml-Skala der Spritze. Sie ermöglicht es, auf einen Blick festzustellen, wie viel Gel noch in der Spritze ist und wie viel Gel in die Wunde eingebracht wurde. Die eingebrachte Gel-Menge kann zur Bestimmung des Wundvolumens herangezogen und in den Wunddokumentationsbogen eingetragen werden. Nach der Applikation von Hydrosorb Gel ist die Wunde mit einem geeigneten Sekundär verband abzudecken, wozu fast alle gängigen Wundauflagen benutzt werden können Hydrotüll – die neue hydroaktive Salbenkompresse Für die einfache Behandlung chronischer Wunden, wie etwa Ulcera cruris mixtum, aber auch akuter Wunden hat HARTMANN eine Wundauflage entwickelt, die die positiven Eigenschaften klassischer Salbenkompressen mit moderner Technologie kombiniert. Während die Salbe die Wundränder pflegt und Mazerationen vorbeugt, bilden die in der Salbenmasse eingelagerten Karboxymethylzellulose (CMC)-Partikel bei Kontakt mit Wundsekret ein Gel. Dieses schafft ein feuchtes Wundmilieu, das für den Heilungserfolg entscheidend ist. Es verhindert auch ein Verkleben mit der Wunde, sodass der Verbandwechsel schmerzlos verläuft. Wundmilieu, das die Wundheilung in allen Phasen unterstützt. Zusätzlich kommt die Imprägnierung des PolyamidTrägergewebes mit einer wirkstofffreien hydroaktiven Salbenmasse auf Triglyzerid-Basis (Neutralfette) zum Tragen. Sie verhindert ein Verkleben der Kompresse mit der Wundfläche bzw. verstärkt die atraumatischen Eigenschaften der Hydrokolloid-Komponente, pflegt Wundränder und beugt Mazerationen vor. Die ausreichende Maschenweite des Polyamid-Trägergewebes von Hydrotüll erlaubt es, dass überschüssiges Sekret ohne Stau in die sekundäre Wundauflage abfließen kann. Wie klassische Salbenkompressen kann Hydrotüll dazu mit gängigen Saugkompressen kombiniert werden. Hydrotüll ist universell einsetzbar und mit zahlreichen anderen Wundauflagen kombinierbar. Neben der einfachen Handhabung sprechen auch Zeit- und Kostenersparnis für Hydrotüll. Denn die Salbenkompresse kann mehrere Tage auf der Wunde belassen werden. Abbildung 55: 1 Die Wabenstruktur der Trägermatrix verhindert Sekretstau 2 Hydrotüll-Salbe pflegt die Wundränder 3 Hydrokolloidpartikel halten die Wunde feucht 1 2 3 Entscheidend für die verbesserte wundheilungsfördernde Wirkung und die atraumatischen Eigenschaften von Hydrotüll sind die in das Polyamid-Gewebe eingelagerten Hydrokolloid-Partikel. Diese absorbierenden Partikel nehmen das Wundexsudat auf und erzeugen wie die bekannten Hydrokolloid-Verbände ein physiologisch feuchtes 5 Therapiekonzepte [132.133] TenderWet Sorbalgon PermaFoam Hydrocoll Hydrosorb Produktcharakteristik Wundkissen mit Saug-Spülkörper aus superabsorbierendem Polyacrylat, der vor der Anwendung mit Ringerlösung aktiviert wird und diese dann im Austausch mit Wundsekreten an die Wunde abgibt tamponierbare, wirkstofffreie Calciumalginat-Kompressen, die sich bei Kontakt mit Wundsekreten in ein feuchtes Gel umwandeln; mit dem Quellvorgang werden auch Keime sicher in die Gelstruktur eingeschlossen hydroaktiver Schaumverband aus unterschiedlich strukturiertem Schaumstoff mit hoher vertikaler Kapillarwirkung und Retention zur sicheren Flüssigkeitsbindung, keimdichte Deckschicht selbsthaftender HydrokolloidVerband mit besonders saugund quellfähigen Hydrokolloiden, kombiniert mit semipermeabler, keim- und wasserdichter Deckschicht transparenter Gelverband aus saugfähigen Polyurethan-Polymeren, in die ein hoher Wasseranteil von ca. 60 % eingelagert ist, kombiniert mit semipermeabler, keim- und wasserdichter Deckschicht Eigenschaften und Anwendung durch kontinuierliche Zufuhr von Ringerlösung und gleichzeitigem Absaugen keimbelasteten Sekrets (= Saug-Spülwirkung) rasche aktive Wundreinigung und Förderung der Proliferation der Gewebezellen, zur Behandlung chronischer, infizierter und nicht infizierter Wunden während der Reinigungsphase und zu Beginn der Granulationsphase hohe Saugkraft mit effizienter Reinigungswirkung, hält nach Gelumwandlung die Wunde feucht, fördert die Granulationsbildung, durch ausgezeichnete Tamponierbarkeit ideal zur Reinigung und Konditionierung tiefer und zerklüfteter, infizierter und nicht infizierter Wunden sowie nach einem chirurgischen Débridement rasche Regulierung des Wundexsudats, schützt Wundränder vor Mazeration, besonders geeignet zur Behandlung venöser Ulzera in Kombination mit einer Kompressionsbehandlung, zur Versorgung von Verbrennungen bis Grad IIa, für tiefere Wunden oder schwierig zu versorgende Problemzonen werden die jeweils spezifischen Zuschnitte eingesetzt sorgt für eine gute Reinigung, verbessert Mikrozirkulation im Wundgebiet, fördert die Granulationsbildung, kein Verkleben mit der Wunde, lässt sich im Gelzustand in einem Stück von der Wunde entfernen, besonders geeignet zur Konditionierung nicht infizierter Wunden mit mittelstarker bis schwacher Sekretion führt der Wunde von Anfang an Feuchtigkeit zu, ermöglicht durch Transparenz jederzeit ohne Verbandwechsel die Inspektion der Wunde (= hohe Wirtschaftlichkeit durch verlängerte Verbandwechselintervalle), ideal zum Feuchthalten von Granulation und Epithel im Anschluss an eine TenderWet-, Sorbalgon- oder PermaFoam-Therapie Handelsformen TenderWet 24 active, steril, Ø 4, Ø 5,5, 4x7, 7,5x7,5, 10x10 und 7,5x20 cm; TenderWet active cavity, steril, Ø 4, Ø 5,5, 4x7, 7,5x7,5 und 10x10 cm; TenderWet 24, steril, Ø 4, Ø 5,5, 7,5x7,5 und 10x10 cm; TenderWet, steril, Ø 4, Ø 5,5, 7,5x7,5 und 10x10 cm Sorbalgon, steril, 5x5, 10x10 und 10x20 cm; Sorbalgon T Tamponadestreifen, steril, 1 g/30 cm und 2 g/30 cm PermaFoam, steril, Ø 6, 10x10, 10x20, 15x15, 20x20 cm; PermaFoam comfort, steril, 8x8, 11x11, 10x20, 15x15, 20x20 cm; PermaFoam sacral, steril, 18x18, 22x22 cm; Perma-Foam concave, steril, 16,5x18 cm; PermaFoam cavity, steril, 10x10 cm; PermaFoam tracheostomy, steril, 8x8 cm Hydrocoll, steril, 5x5, 7,5x7,5, 10x10, 15x15 und 20x20 cm; Hydrocoll sacral, steril, 12x18 cm; Hydrocoll concave, steril, 8x12 cm; Hydrocoll thin, steril, 5x25, 7,5x7,5, 10x10 und 15x15 cm Hydrosorb, steril, 5x7,5, 10x10 und 20x20 cm; Hydrosorb comfort, steril, 4,5x6,5, 7,5x10, 12,5x12,5 und 21,5x24 cm Produkte zur modernen Wundbehandlung 5 Therapiekonzepte [134.135] Hydrosorb Gel Hydrotüll Atrauman Ag Zetuvit Zetuvit Plus Produktcharakteristik klares, visköses und steriles Hydrogel auf Basis von Carboxymethylcellulose, Ringerlösung und Glycerin hydroaktive Salbenkompresse aus hydrophobem, weitmaschigem Gittertüll aus Polyamid silberhaltige Salbenkompresse; das mit Silber ummantelte Trägermaterial aus hydrophobem Gittertüll ist zusätzlich mit einer wirkstofffreien Salbenmasse imprägniert wundfreundliche Saugkompresse mit nicht verklebender Vliesumhüllung und Saugkörper aus Zellstoff-Flocken kombinierte Saugkompresse aus vier Materialschichten mit flüssigkeitsspeichernden Superabsorbern, saugt mehr als das Doppelte von herkömmlichen Saugkompressen, verklebt nicht mit der Wunde, verfügt über gute Polsterwirkung Eigenschaften und Anwendung rehydriert austrocknungsgefährdete bzw. trockene tiefe und zerklüftete Wunden, fibrinöse und nekrotische Beläge werden aufgeweicht und abgelöst; unterstützt wirkungsvoll das autolytische Débridement, trägt durch in der Ringerlösung enthaltenen Elektrolyte zur Zellproliferation bei, durch Dosierspritzen einfach anzuwenden bildet bei Aufnahme von Wundexsudat eine Wasser-in-Öl-Emulsion; die Hydrokolloidpartikel sind in der Salbenmasse eingebettet und nehmen die Feuchtigkeit aus der Wunde auf, speichern diese und bilden zusammen mit der Emulsion ein triglyceridhaltiges Gel zur Behandlung oberflächlicher Wunden, insbesondere zum ergänzenden Einsatz bei der Behandlung von keimbelasteten oder infizierten Wunden sowie zur Infektionsprophylaxe; das Trägermaterial ist mit einer Salbenmasse imprägniert, die einem Verkleben mit der Wunde entgegenwirkt und die Wundränder pflegt und schützt; die Salbenkompresse kann mit allen saugenden Wundauflagen kombiniert werden; dabei kommen als Sekundärverband sowohl hydroaktive Wundauflagen als auch Mull in Frage sehr saugfähig, weich und drapierfähig, luftdurchlässig, gute Polsterwirkung, zur Versorgung von akuten, flächenhaften Wunden mit starker Sekretion, guter Kontaminationsschutz durch integrierte, feuchtigkeitsabweisende Zellstoff-Lage, die dem Durchschlagen der Sekrete entgegenwirkt schließt Exsudat sicher im Saugkern ein, trägt zur Reduzierung der Infektionsgefahr bei, weil keimbelastetes Exsudat von der Wunde ferngehalten und die Gefahr von Rekontamination vermindert wird, sorgt durch weiche Beschaffenheit des Saugkerns für eine effektive Polsterwirkung Handelsformen Hydrosorb Gel, steril, in Dosierspritzen à 15 g und 8 g Hydrotüll, steril, 5x5, 10x12 und 15x20 cm Atrauman Ag, steril, 5x5, 10x10 und 10x20 cm Zetuvit, steril und unsteril, 10x10, 10x20, 13,5x25, 20x20 und 20x40 cm Zetuvit Plus, steril, 10x10, 10x20, 20x25 und 20x40 cm Produkte zur modernen Wundbehandlung 5 Therapiekonzepte [136.137] 5.2 Invasive Maßnahmen bei Varikose E. Mendoza, F.X. Breu, C. Martin Die Sanierung der erkrankten Venenabschnitte erfolgt durch Sklerosierungstherapie, endoluminale Verfahren, Lasertherapie und operative Verfahren. 3,14 5.2.1 Behandlung von Besenreiservarizen und retikulären Varizen Besenreiservarizen und retikulare Varizen werden mittels Verödungstherapie (Sklerosierung), teilweise auch transkutaner Lasertherapie, behandelt. Das Prinzip der Sklerosierungstherapie besteht darin, durch Injektion einer gewebetoxischen Flüssigkeit in eine Varize einen lokalen Endothelschaden zu erzeugen, der zu einer Obliteration und Fibrosierung führt. 5.2.2 Ausschaltung von Perforansvenen Die Ausschaltung insuffizienter transfaszialer Verbindungsvenen kann der Vermeidung oder Abheilung trophischer Hautschäden dienen. Bei trophischen Störungen kann die Ausschaltung endoskopisch subfaszial in Blutleere unter direkter Sicht oder videoassistiert erfolgen. 5.2.3 Behandlung der Stamm- und Seitenastvarikose Das Prinzip der operativen Behandlung der primären Varikose besteht in der Unterbrechung des Refluxes am proximalen und distalen Insuffizienzpunkt, der selektiven Entfernung insuffizienter Abschnitte des epifaszialen Venensystems (Unterbrechung der Rezirkulationskreise nach Hach) und damit der möglichst dauerhaften Normalisierung der venösen Hämodynamik. 5.2.3.1 Krossektomie, Stripping und Kryoexhairese Das operative Vorgehen bei Stamm- und Astvarikose mit Symptomen oder Komplikationen ist die Unterbrechung der saphenofemoralen Verbindung (Krossektomie der V. saphena magna) und die partielle oder komplette Entfernung erkrankter Stammvenenabschnitte (StrippingOperation oder Kryoexhairese der V. saphena magna und parva). Die unbefriedigenden Langzeitergebnisse (Rezidivrate von bis zu 60 %) und der Trend zu minimalinvasiven Verfahren haben in den letzten Jahren zu einer Belebung und Modifikation alter Techniken, wie der Verödungstherapie und der Etablierung neuer, endoluminaler Therapieverfahren geführt. Hierzu zählen die endovenöse Radiofrequenzablation (RFA), die endovenöse Laserkoagulation und die duplexkontrollierte Schaumsklerosierung. 5.2.3.2 Endovenöse Radiofrequenzablation (RFA) Grundprinzip der RFA oder VNUS-Closure Technik ist die Denaturierung der Venenwand durch kontrollierte Anwendung von Wärme via Radiowellen. 3 Die Schädigung der Venenwand führt über eine Schrumpfung zu einem dauerhaften Verschluss des Gefäßes. Voraussetzung sind ein maximaler Gefäßdurchmesser von 12 mm im Liegen, ein gerader Gefäßverlauf ohne Aneurysmen sowie ein ausreichender Sicherheitsabstand zur deckenden Haut (mindestens 1 cm), um Verbrennungen zu vermeiden. Die Vorteile der RFA liegen in ihrer minimalen Invasivität (der Leistenschnitt entfällt), der geringen Morbidität, der raschen Arbeitsfähigkeit nach 24 Stunden und die kurze Kompressionszeit. 5.2.3.3 Endovenöser Laser Die verwendeten Diodenlaser erzeugen an der Spitze Temperaturen von 1200 °C. Durch die hohe Hitzeeinwirkung entstehen Dampfblasen, die zu einer thermischen Wandschädigung und einem thrombotischen Verschluss der Stammvene führen. Kompressiontherapie und Antikoagulation sind obligate postoperative Maßnahmen. 5 Therapiekonzepte [138.139] 5.2.3.4 Duplexkontrollierte Schaumsklerosierung Mit Gas oder Raumluft aufgeschäumte Verödungsmittel haben gegenüber flüssigen den Vorteil eines größeren therapeutischen Effekts (chemische Endothelalteration), da das Blut fast vollständig durch den Schaum verdrängt und daher die Kontaktzeit an der Venenwand verlängert wird (Kontrolle der Schaumdepots und ihrer intravasalen Ausbreitung durch simultane Duplexsonographie) 50 % bleibt sie es nach einem Jahr. Zusätzlich werden die Rezirkulationen nach vorgegebenen Kriterien am Ursprung refluxiver Seitenäste, bzw. distal von Wiedereintrittsperforansvenen verschlossen. Die Exhairese oder Verödung der kosmetisch störenden Seitenäste widerspricht dem CHIVA-Prinzip nicht. Perforansvenen werden nur dann unterbrochen, wenn sie den proximalen Insuffizienzpunkt stellen, was sehr selten der Fall ist. 5.2.3.5 Venenerhaltende Verfahren: Die CHIVAMethode CHIVA (Cure Hémodynamique d’Insuffisance Véneuse en Ambulatoire) ist eine Behandlungsform der Stammvarikose aller Ausprägungen. Das Ziel ist der Erhalt der Stammvenen in ihrer Funktion als Drainage für das oberflächliche Venensystem des Beines. 25 Dadurch unterscheidet es sich von allen venenablativen oder verschließenden Verfahren, bei denen das Ziel ist, die Stammvene entweder zu entfernen oder über einen längeren Verlauf zu verschließen. Vorteil der Behandlung ist eine sehr geringe Arbeitsunfähigkeitszeit (in der Regel kann der Patient am Tag nach dem Eingriff arbeiten), sowie der Erhalt der Stammvenen nicht nur zur Drainage, sondern auch für eine eventuelle Entnahme als Bypass. Ebenso die geringe Weichteilverletzung, was weniger Komplikationen beinhaltet (kein postoperatives Lymphödem, seltenst Nervenläsionen) sowie Halbierung der Rezidivrate, belegt in einer prospektivrandomisierten 10-Jahresstudie. 41 Grundlage für die Behandlung ist eine komplette Analyse der Rezirkulationskreisläufe in der Varize. Diese erfolgt ausschließlich duplex-sonographisch und ist das Kernstück für die Behandlung. Am Ende der Analyse steht fest, um was für eine Art von Rezirkulation es sich handelt (C. Franceschi, der die CHIVA-Methode entwickelt hat, teilte sie in so genannte Shunts ein) und welche chirurgische Maßnahme sinnvoll ist. Je nachdem, ob die refluxive Stammvene über Seitenäste oder Perforansvenen drainiert wird, wird in der ersten Sitzung der proximale Insuffizienzpunkt (meist die Krosse) verschlossen oder nicht. Im ersten Fall (Drainage des Reflux nur in Seitenäste), wird das so genannte CHIVA-2-Verfahren angewendet, bei dem die Seitenäste an der Stammvene unterbrochen werden und die Krosse unberührt bleibt. Bei 80 % dieser Patienten ist die Krosse nach 8 Wochen kompetent, bei Nachteil ist der erhöhte Zeitaufwand für die Diagnostik, das langsame Rückbilden der Venen, die erst 6 Wochen nach dem Eingriff komplett verschwunden sind, sowie die Notwendigkeit von einem 2. Behandlungsschritt nach 8 Wochen in ca. 20 % der Fälle. 5.3 Invasive Maßnahmen beim Lymphödem Invasive Maßnahmen beim Lymphödem sind technisch sehr schwierig sowie aufwendig und nur in Einzelfällen indiziert (z.B. autologe Lymphgefäßtransplantation beim sekundären Lymphödem). 5 Therapiekonzepte [140.141] Die Ergebnisse nach Anlegung von lymphovenösen Anastomosen sind nicht überzeugend: Nach drei Monaten sind 50 % der Anastomosen wieder verschlossen [Handlungsempfehlungen Lymphödem der Deutschen Gesellschaft für Lymphologie]. Eine Gewebeabsaugung ist beim Lymphödem kontraindiziert wegen der Gefahr zusätzlicher Gewebeschäden. 5.4 Invasive Maßnahmen beim Lipödem: Liposuktion W. Schmeller 24, 33, 34 Einleitung Die Fettabsaugung wird in den letzten Jahren mit großem Erfolg beim Lipödem eingesetzt. Während mit der konservativen Behandlung in Form der komplexen oder kombinierten physikalischen Entstauungstherapie (KPE) das krankheitstypische Ödem passager reduziert wird, kann mit der operativen Behandlung in Form der Liposuktion das krankhaft vermehrte Fettgewebsvolumen dauerhaft beseitigt werden. Indikationen Die besten Ergebnisse sind im Stadium I und II zu erzielen. Deutliche Befundbesserungen lassen sich aber auch bei sehr ausgeprägten Befunden, d.h. im Stadium III, erreichen. Betäubung Der Eingriff erfolgt heutzutage in örtlicher Betäubung mittels Tumeszenz-Lokalanästhesie (TLA). Hierbei wird die Subcutis mit großen Volumina eines stark verdünnten Betäubungsmittels (0,037 %) infiltriert, was zum Anschwellen (lat.: „tumescere“) des Gewebes führt. Die Lösung besteht aus einem Gemisch der Lokalanästhetika Lidocain und Prilocain sowie ferner aus Adrenalin, Natriumbikarbonat und Triamcinolon in physiologischer Kochsalzlösung. Das Lösungsgemisch wird mittels einer Rollpumpe in die Subkutis infiltriert, bis ein praller Gewebezustand erreicht ist („super wet technique“). Je nach Größe, Gewebedehnbarkeit und Zahl der Körperregionen werden dafür meist zwischen 2 und 8 Liter benötigt. Die Betäubung nimmt ca. 1/2 -11/2 Stunden in Anspruch. Operationstechnik Die Absaugung erfolgt mit 3-4 mm dünnen und vorne stumpfen Sonden (Mikrosonden) mit seitlich angebrachten Öffnungen, welche über ein Handstück in Vibration (4000 Hz) versetzt werden (Vibrationsliposuktion, „Power assisted liposuction“). Dies verhindert das Ansaugen von Bindegewebsanteilen und bewirkt eine Verminderung des Absaugtraumas. Durchführung Die Entfernung des Fettgewebes wird über wenige ca. 4 mm lange Einstiche, möglichst an kaum sichtbaren Hautstellen, mit einem Unterdruck von ca. 0,8 Atmosphären durchgeführt. Mit einer überwiegend fächerförmigen Sondenführung wird jedes Areal überlappend von verschiedenen Winkeln aus in der unteren und mittleren Subcutis abgesaugt (Criss-Cross-Technik). Die Absaugzeit liegt – abhängig von Größe und Zahl der Regionen – zwischen 1/2 und 11/2 Stunden. Internationalen Standards entsprechend sollte die entfernte Fettmenge 4 Liter nicht überschreiten. 5 Therapiekonzepte [142.143] Ergebnisse Die postoperativ auftretende subkutane Narbenbildung bewirkt eine Straffung der Haut und verhindert deren „Überhängen“ auch bei großer Volumenreduktion. Die guten Ergebnisse betreffen aber nicht nur die äußerlich objektiv sichtbaren Formveränderungen, sondern auch die subjektiv empfundene Beschwerdebesserung durch Verminderung sowohl des Spannungsgefühls und der Druckschmerzhaftigkeit als auch der Ödemneigung. Daher geben die Betroffenen eine deutliche Zunahme der Lebensqualität an. Bei sehr ausgedehnten Befunden sind oft mehrere Sitzungen erforderlich, zwischen denen jedoch ein Abstand von mindestens 4 Wochen liegen sollte. Bewertung Zusammenfassend kann die Liposuktion bei Durchführung in Tumeszenz-Lokalanästhesie heute als sehr sicher bezeichnet werden. Postoperativ sind Spontan- und Druckschmerzen sowie die Ödemneigung deutlich reduziert; daher ist die Fortsetzung der konservativen Behandlung (manuelle Lymphdrainage, Kompression) nur noch in deutlich geringerem Maße notwendig. Merksatz n Die Liposuktion ist heute in den Händen erfahrener Operateure eine sehr effektive und nebenwirkungsarme Methode; damit können die umschriebenen Fettvermehrungen beim Lipödem wirksam beseitigt, ein harmonisches Körperbild hergestellt und die Lebensqualität deutlich verbessert werden. Nebenwirkungen und Komplikationen Zu den normalen und passageren Nebenwirkungen zählen postoperativ muskelkaterähnliche Beschwerden für einige Tage, Ekchymosen, kurzfristige Ödeme sowie vorübergehende Dysästhesien und Gewebeverhärtungen in den ersten Wochen. Große Hämatome oder Wundinfektionen sind selten. Das früher beschriebene Risiko der Lymphgefäßschädigung mit nachfolgendem Auftreten eines sekundären Lymphödems konnte bei Einsatz der neuen Methoden bisher weder klinisch noch experimentell beobachtet werden. Da die Liposuktion jedoch auch teilweise von Ärzten ohne ausreichende Ausbildung in dieser Methode („Wochenendkurse“) durchgeführt wird, sind kosmetisch schlechte Ergebnisse, z.B. in Form von Übersaugungen, Hautunregelmäßigkeiten oder Asymmetrien, bekannt geworden. Einzelne Todesfälle traten bei Nicht-Beachtung international etablierter Richtlinien auf. Abbildung 56: Lipödem Stadium II - präoperativ Abbildung 57: Befund postoperativ nach Entfernung von 1900 ml Fett an den Oberschenkeln vorne 56 57 5 Therapiekonzepte [144.145] 5.5 Pharmakotherapie 5.5.1 Pharmakotherapie bei der chronischen venösen Insuffizienz Die Therapie der CVI ist primär nicht medikamentös. „Venenmittel“ haben – wenn überhaupt – unterstützende Funktion. Die Deutsche Gesellschaft für Phlebologie (DGP) empfiehlt orale Ödemprotektiva als Zusatztherapie, wenn physikalische Maßnahmen (Kompressionstherapie) nicht ausreichend wirken oder nicht möglich sind. Orale Venenmittel Ödemprotektiva sind pflanzliche Glykoside und zwar Flavonoide (in rotem Weinlaub, Buchweizenkraut, Steinkleekraut) und Saponine (in Rosskastaniensamenextrakt, Mäusedornwurzelstock). Sie sind meist keine chemisch definierten Monosubstanzen, sondern Gemische chemisch und pharmakologisch nahe verwandter Glykoside. Ihr therapeutischer Nutzen (antiexsudativer Effekt) beruht in erster Linie auf ihrem Angriff am Endothel der Blutgefäße vor allem in der Endstrombahn. Im Unterschied zu fast allen anderen Pharmaka werden Ödemprotektiva vom Endothel unabhängig von der Konzentration im Blut eliminiert. Das heißt, sie erreichen ihre volle Stärke erst 10-20 Stunden nach der ersten Einnahme, wenn die Konzentration im Plasma schon unter die Nachweisgrenze gesunken ist. Eine weitere Besonderheit der Ödemprotektiva besteht darin, dass die Tagesdosis bei chronischer Anwendung nach 3-4 Wochen auf zwei bis ein Drittel reduziert werden muss, weil supramaximale Konzentrationen im Endothel erreicht werden und Ödemprotektiva dann schwächer wirken. Nach weiteren vier Wochen kann eine zweite Reduktion der Dosis notwendig sein. Eine Therapiepause nach drei Monaten ist unter Umständen nützlich.16 Topische Venenmittel Die von den Patienten beobachtete transkutane Wirksamkeit topischer Venenmittel (Gels oder Salben mit Saponinen, Flavonoiden oder Heparin) ist umstritten. Wegen des Risikos einer Allergisierung und eines Kontaktekzems sollten lokale Venenmittel nicht verordnet werden. 1 Diuretika In Ausnahmefällen können Diuretika bei venös bedingten Ödemen eingesetzt werden (z.B. als initiale unterstützende Maßnahme im Rahmen der Kompressionstherapie). Da gleichzeitig eine Hämokonzentration eintritt, wird der venöse Abfluss aber erschwert und die Gefahr der Stase mit Thrombosebildung erhöht (insbesondere bei stark wirksamen Schleifendiuretika). 1 5.5.2 Pharmakotherapie beim Lymphödem Das Lymphgefäßsystem ist medikamentösen Therapien nicht zugänglich und kann nur durch manuelle Lymphdrainage und Kompressionsbehandlung beeinflusst werden. Diuretika dürfen beim proteinreichen primären Lymphödem nicht verordnet werden. Sie entziehen dem Ödemgebiet Wasser. Hierdurch erhöht sich die Eiweißkonzentration noch weiter und fibrosklerotische Prozesse werden gefördert. 5 Therapiekonzepte [146.147] 6 Tipps und Tricks für den Alltag Hier erfahren Betroffene, wie sie durch eine geeignete Lebensweise und unterstützende therapeutische Bemühungen die Erkrankungen langfristig verbessern oder zur Rückbildung bringen können. So werden beispielhaft gymnastische Bein- und Fußübungen bei venösen Erkrankungen und Verhaltensregeln bei Beinlymphödemen vorgestellt und beschrieben, die sich beim Umgang mit phlebologischen und lymphologischen Erkrankungen der unteren Extremitäten bewährt haben. 6.1 Verhaltensregeln bei Venenerkrankungen Treiben Sie regelmäßig Sport, denn das hält nicht nur die Venen, sondern auch den ganzen Körper fit. Die „goldene Regel“ für Venenkranke: nicht viel sitzen oder stehen, besser liegen oder gehen! Schränken Sie stehende Tätigkeiten wie z.B. Geschirrspülen oder Bügeln ein. Meiden Sie harte Stuhlkanten oder tiefe Sitze, da hier die Venen in den Kniekehlen eingeschnürt werden können. Schlagen Sie beim Sitzen die Beine nicht übereinander, und setzen Sie beide Füße flach auf dem Boden auf. Achten Sie vor allem bei längerem Sitzen oder Stehen darauf, kleine Pausen mit geeigneten Bein- und Fußübungen einzulegen. Wer viel sitzen und stehen muss, sollte ausgleichend eine Sportart wählen, die die Venenaktivität unterstützt, wie z.B. Spaziergänge, Wandern, Radfahren oder Schwimmen. Günstig wirkt auch „Venenwalking“, das einem schnellen Spaziergehen ähnelt. Hierbei ist darauf zu achten, dass der Fuss vollständig abgerollt wird, damit das Körpergewicht gleichmäßig auf dem Fuß verteilt wird. Für weniger mobile Personen sind regelmäßige Spaziergänge ideal. Einfache, aber effektive gymnastische Bein- und Fußübungen sollten Sie regelmäßig durchführen. Mit den folgenden drei Wiederholungsübungen können Sie ganz gezielt Ihre Venen entlasten und somit einer Venenerkrankung vorbeugen bzw. diese lindern. 6 Tipps und Tricks für den Alltag [148.149] Abbildung 60: Legen Sie sich flach auf den Rücken und heben Sie Ihre ausgestreckten Beine senkrecht in die Höhe. Beugen und strecken Sie nun abwechselnd die Zehen in die Luft. Machen Sie diese Übung mindestens eine halbe Minute lang. Abbildung 58: Radfahren in der Luft: Legen Sie sich auf den Rücken, heben Sie die Beine vom Boden ab und strecken diese senkrecht nach oben. Fahren Sie jetzt mit den Beinen in der Luft Rad. Abbildung 59: Stellen Sie sich auf Zehenspitzen, rollen Sie anschließend über den gesamten Fuß ab, um auf der Ferse zum Stehen zu kommen. Nach mehrmaliger Wiederholung sollten Sie den gesamten Fuß entspannt wieder aufsetzen. 6.2 Verhaltensregeln bei Beinlymphödem Modifiziert nach Veröffentlichung von U. Herpertz in der Zeitschrift für Lymphologie 1989; 13: 95-96 Wichtig bei bestehendem Ödem, um einer Verschlechterung der Schwellung vorzubeugen, und für Ödemgefährdete, um eine Ödementstehung zu verhindern. Ödemgefährdet ist, wer an der Beinwurzel eine Operation (Lymphknotenausräumung von Leiste, Becken oder Bauch) oder Bestrahlung erlitten hat. Ziel dieser Verhaltensregeln ist es, am Bein eine weitere Schädigung der restlichen Lymphgefäße zu verhindern und die Bildung von Lymphflüssigkeit möglichst gering zu halten. Eine Ödemverbesserung ist meist nur durch die physikalische Ödemtherapie, der Kombination aus manueller Lymphdrainage, Kompressionsbehandlung, Entstauungsgymnastik und Beinhochlagerung möglich. Die Bandagen oder Kompressionsstrümpfe sollten, außer im 6 Tipps und Tricks für den Alltag [150.151] Liegen, möglichst dauernd getragen werden. Nachts kann eine leichte Bandage oder ein leichter Kompressionsstrumpf benutzt werden. Vorsicht vor Überbelastungen Führen durch Zunahme der Lymphflüssigkeitsmenge zu einer Ödemverstärkung. Vorsicht vor Verletzungen Große, kleine und auch wiederholte kleinste Verletzungen führen zur Zerstörung von Lymphgefäßen oder zu Blutergüssen, welche die Lymphflüssigkeitsmenge erhöhen. n Im Beruf keine mittelschweren, schweren oder mehr- n Zu enge oder schlecht sitzende Schuhe können zu Scheuerstellen oder Druckblasen führen. Kein Barfußgang außerhalb der Wohnung. Beim Baden in natürlichen Gewässern oder im Meer wegen der Verletzungsgefahr durch spitze Steine, Muscheln oder Glasscherben Badeschuhe tragen. Bei der Gartenarbeit wegen der Stacheln und Dornen sowie beim Umgang mit Haustieren wegen der Kratz- und Bisswunden lange Hosen tragen. Bei Gefahr von Insektenstichen (z.B. Grillparty am Sommerabend) lange Hosen, Socken und geschlossene Schuhe tragen. Mückengebiete im Urlaub meiden. Bei der Nagelpflege nicht in die Haut schneiden. n Beim Arzt keine Injektionen oder Akupunktur in das Bein oder den zugehörigen Körperquadranten. Keine Blutegelbehandlung bei zusätzlichem Krampfaderleiden. n Keine Sportarten, welche die Beine besonders gefährden, wie z.B. Fußball, Hockey, Fallschirmspringen und riskanter Skiabfahrtslauf. Keine überdehnenden, reißenden oder zerrenden Bewegungen. n Bei Knochenbrüchen oder Blutergüssen manuelle Lymphdrainagebehandlung verstärken. n n n n n stündigen monotonen leichten Arbeiten mit den Beinen verrichten (z.B. Fließband, Akkordarbeit oder ganztägig nur sitzende oder nur stehende Tätigkeit wie im Büro oder als Verkäufer/in). Günstig ist ein Wechsel zwischen sitzender und gehender Tätigkeit. „Liegen und Gehen ist besser als Sitzen und Stehen“. Die Frage der Schwerbehinderung, Umschulung, Teilzeitarbeit, Berufsoder Erwerbsunfähigkeit mit dem Arzt besprechen. Beim Sport sind Überanstrengungen der Beine ungünstig. Nicht überanstrengender Sport ist im Sinne eines Intervalltrainings, d.h. mit einer Pause vor Einsetzen der Muskelermüdung erlaubt, z.B. Tennis, Skilanglauf und Dauerlauf in Maßen. Günstig sind Schwimmen, Gymnastik und Radfahren. Gymnastik und alle Sportarten (außer Schwimmen) möglichst in der Kompressionsbestrumpfung durchführen, da dieses den Lymphabfluss zusätzlich fördert. Bei Fehlstellung der Füße und bei Fußsohlenödem Schuheinlagen benutzen. Dauerndes Herunterhängenlassen der Beine ist ungünstig, weil der Lymphabfluss erschwert wird. „Bergauf fließt die Lymphe langsamer als bergab“, daher nachts und zeitweilig auch tagsüber (z.B. beim Fernsehen, bei längeren Autofahrten) das Bein möglichst hochlagern (Beinliegekeil). Fußende des Bettes ca. 10 cm hochstellen. In der Schwangerschaft arbeitsunfähig schreiben lassen, sobald das Ödem sich verschlechtert. Eventuell vermehrt Lymphdrainagebehandlungen durchführen. 6 Tipps und Tricks für den Alltag [152.153] Vorsicht bei klassischer Knetmassage Die durch Massage erhöhte Gewebsdurchblutung führt zu verstärkter Lymphflüssigkeitsbildung, außerdem Gefahr der Hämatombildung. Vorsicht vor Entzündungen Führen zu einer starken Erhöhung der Lymphflüssigkeitsbildung, besonders bei bakteriellen Entzündungen. n Die Wundrose (Erysipel), eine durch Streptokokken- n Massagen oder Massagegeräte nicht am Ödembein anwenden. LWS-Massagen nur in Kombination mit manueller Lymphdrainage. Vorsicht vor Überwärmung Führt zu gesteigerter Lymphflüssigkeitsbildung. n Urlaub in heißen Ländern ist wegen der Hitze und n n n n längerer Sonnenbestrahlung mit Sonnenbrandgefahr ungünstig. Sonnenbestrahlung ist nur erlaubt, wenn Strahlenintensität nicht zu groß, nicht zu heiß und nicht zu lange. Vorsicht vor Verbrennungen. Warmwasserbad und Thermalbad nicht über 33° - 34°, günstig sind 25° - 28°. Keine heißen Packungen, Kurzwelle, Heißluft am Ödembein. Anwendungen an der anderen Hüfte und LWS nur in Kombination mit manueller Lymphdrainage. Sauna kann ungünstig sein, daher vorsichtig ausprobieren. Bei Fußbodenheizung isolierende oder offene Schuhe benutzen, z.B. Sandalen. Vorsicht vor Erfrierungen Starke Unterkühlungen und Erfrierungen erzeugen Blutgefäßwandschädigungen, die bei der nachfolgenden Erwärmung mit verstärkter Durchblutung zu gesteigerter Lymphflüssigkeitsbildung führen. n Im Winter warme Socken und warmes Schuhwerk bakterien hervorgerufene Entzündung, ist die häufigste Komplikation eines Lymphödems. Zur Erysipelprophylaxe ein Desinfektionsmittel 4-6 mal täglich auf jede Bagatellverletzung des geschädigten Beines über mehrere Tage auftragen. Bei Auftreten eines Erysipels (Schwellungszunahme, Rötung, Schmerzen, Fieber) Penicillinbehandlung, bei Penicillinallergie Erythromycin- oder Tetracyclinbehandlung. Desinfektionsmittel und Antibiotikum zu Hause und im Urlaub immer bei sich haben. n Fußpilz (besonders zwischen den Zehen) intensiv mit entsprechenden Salben oder Lösungen behandeln. n Bei trockener Haut zur Hautpflege leicht saure Salbe verwenden. Vorsicht vor Ekzemen Führen zu einer Erhöhung der Lymphflüssigkeitsbildung. n Allergisierende Kosmetika, Hautmittel und Medikamen- te meiden. Bei berufsbedingter Allergie Berufswechsel mit dem Arzt besprechen. Ekzeme konsequent behandeln. Vorsicht vor einengender Kleidung Die restlichen Lymphgefäße werden eingeengt, besonders die oberflächlichen unter der Haut und so der Lymphabfluss behindert. n Keine abschnürenden Hosen, Socken, Strümpfe oder Strumpfbänder. Keine zu engen Gürtel oder Korsett. Männer sollten Hosenträger benutzen. empfehlenswert. 6 Tipps und Tricks für den Alltag [154.155] Vorsicht vor Operationen am Ödembein und zugehörigen Rumpfquadranten Führen zu Zerstörungen von Lymphgefäßen und somit zu verschlechtertem Lymphabfluss, daher nur bei einer lebensnotwendigen Operation erlaubt. n Im Anschluss an die Operation manuelle Lymphdrai- nagebehandlung intensivieren, evtl. stationäre Lymphdrainagebehandlung in einer lymphologischen Fachklinik. Vorsicht vor Übergewicht Fettmassen führen zu einer Komprimierung von Lymphgefäßen, sodass der Abfluss zusätzlich behindert wird. n „Fett und Lymphe vertragen sich nicht“, daher Gewichtsabnahme bei Adipositas. n Eine besondere Lymphdiät gibt es nicht. Die Kost sollte gemischt sein mit vielen pflanzlichen Anteilen. Kochsalzarme Ernährung ist günstig, die Trinkmenge bedeutungslos. n Nikotin verschlechtert ein Lymphödem nicht, ist jedoch grundsätzlich gesundheitsschädlich. Alkohol kann ein Lymphödem vorübergehend verschlechtern. Inhaltsverzeichnis [156.157] 7 Anatomie und Physiologie Die verschiedenen Krankheitsbilder der Venen und des Lymphgefäßsystems werden auch danach beurteilt, in welchen Bereichen sich die jeweiligen Störungen befinden, wie schwerwiegend sie sind und wie lange sie andauern. Um ihre Entstehung von Erkrankungen in den unteren Extremitäten nachvollziehen zu können, sind Kenntnisse über das Venensystem der Beine sowie über das Lymphgefäßsystem erforderlich. 7.1 Venöses Gefäßsystem der unteren Extremitäten E. Mendoza/C. Martin 5 Das tiefe Venensystem des Beines besteht aus allen Venen, die innerhalb der Muskelfaszie verlaufen (siehe Abbildung 61). Dies sind die Perforansvenen, die Muskelvenen, sowie die längs verlaufende Achse der drei Unterschenkelvenen (Vv. tibiales anteriores und posteriores sowie Vv. fibulares - (1), die im Bereich der Kniekehle sich zur V. poplitea (2) vereinen. Diese geht in die V. femoralis superficialis (3) über, die am Oberschenkel medial des Femurs verläuft. In der Leiste nimmt sie Blut aus der V. profunda femoris (4) auf, um die V. femoralis communis (5) zu bilden. 4 Die tiefen Beinvenen der Wade begleiten die gleichnamigen Unterschenkelarterien und sind paarig angelegt. Die Vv. tibiales posteriores nehmen Perforansvenen aus der hinteren Bogenvene und aus der V. saphena magna auf und bilden mit den Vv. fibulares distal der Kniekehle den Truncus tibiofibularis. Die Vv. fibulares ziehen auf der Rückseite der Membrana interossea medial der Fibulakante nach proximal. In ihrem Verlauf nehmen sie Blut aus den Muskelvenen auf. Die Vv. tibiales anteriores verlaufen ventral der Membrana interossea. Im oberen Drittel der Wade treten sie durch die Membrana interossea nach dorsal, wo sie sich in variabler Höhe unterhalb bis oberhalb der Kniekehle mit dem Truncus tibiofibularis vereinen und die V. poplitea bilden. Die Muskelvenen der Wade (Gastrocnemius und Soleus) münden isoliert oder gemeinsam mit der V. saphena parva in einem spitzen Winkel in die V. poplitea. 6 3 2 7 1 Mit freundlicher Genehmigung des Arrien Verlags aus: Krampfadern, E. Mendoza Abbildung 61: Anatomie des Venensystems Im Oberschenkel ist die V. femoralis superficialis die proximale Verlängerung der V. poplitea. Sie zieht um den 7 Anatomie und Physiologie [158.159] a b c Abbildung 62: Physiologie der Venenklappen Femur nach medial und hier bis zur Leiste. Etwa 2-7 cm distal der Leiste nimmt sie die V. profunda femoris auf und wird dann zur V. femoralis communis. Eine doppelt angelegte V. femoralis superficialis spielt bei der Thrombosediagnostik eine wichtige Rolle. Die V. profunda femoris mündet von dorsolateral in die V. femoralis superficialis, um die V. femoralis communis zu bilden, die unter dem Leistenband nach proximal zieht, wo sie in die V. iliaca externa übergeht. Die tiefen Beinvenen transportieren den venösen Rückstrom gegen die Schwerkraft und bedienen sich dazu der Muskelpumpe, besonders im Bereich der Wade, sowie der Venenklappen. Während der Muskelkontraktion (so genannte muskuläre Systole) wird das tiefe Venensystem komprimiert, das Blut fließt nach proximal aus dem Bein, die distal gelegenen Klappen vermeiden einen Rückstrom (Abbildung 62a). Entspannen sich die Muskeln wieder (muskuläre Diastole), vermeiden die proximal gelegenen Klappen den Rückstrom des Blutes (Abbildung 62b); es entsteht im tiefen Venensystem ein Unterdruck, der das Blut aus dem oberflächlichen Venensystem über die Perforansvenen ansaugt. Sind die Venen aber in ihrer Pump-Wirkung geschwächt und schließen die Klappen nicht dicht (Abbildung 62c), führt dies dazu, dass sich das Blut in den Venen staut und sie sich weiten. Es kommt zu lokalen Durchblutungsstörungen in der Haut, die letzendlich zur Bildung eines Ulcus cruris venosum führen. Auch Blutgerinnsel (Thrombosen) in den tief liegenden Bein- und Beckenvenen können für eien Blutstauung in den Venen verantwortlich sein. Oberflächliche Beinvenen Das oberflächliche Venensystem verläuft zwischen der Muskelfaszie und der Haut. Es besteht aus den Stamm- venen (Abbildung 61: V. saphena magna (6) und parva (7) und einem Netz aus Seitenästen unterschiedlichen Durchmessers. Die Stammvenen liegen als einzige direkt auf der Muskelschicht auf und werden von der so genannten Faszia saphena überzogen, die sie in dieser Lokalisation fixiert und einen Tunnel bildet, in dem die Vene verläuft. Daher bilden die Stammvenen nie Konvolute. Die V. saphena magna verläuft vom Innenknöchel bis zur Leiste in der Saphenaloge. An der Wade zieht sie medial der Schienbeinkante leicht nach dorsal bis zum Knie, das sie meist beugeseitig passiert. Am Oberschenkel zeigt sie einen geradlinigen Verlauf bis zur Leistenbeuge, in der sie in einem Bogen („Krosse“) in die tiefe Beinvene mündet. In diesem Mündungsbereich, auch sapheno-femoraler Übergang genannt, nimmt die V. saphena magna diverse Seitenäste auf, die den so genannten Venenstern bilden. Es handelt sich um Venen aus dem kleinen Becken (V. pudenda), aus dem Bauchbereich (V. epigastrica), aus dem Hüftbereich (V. circumflexa ileum superficialis) sowie um die V. saphena accessoria lateralis und medialis, die lateral und medial der V. saphena magna am Oberschenkel verlaufen (und in der international anerkannten Nomenklatur V. saphena magna accessoria anterioris und posterioris heißen). Doppelungen der V. saphena magna (beide Gefäße verlaufen im Faszientunnel) liegen am Oberschenkel in 1 % der Fälle vor. In weiteren 26 % der Fälle findet man im Unterhautfettgewebe parallel zur V. saphena magna einen Seitenast, der phlebographisch oft als Doppelung gedeutet wurde. An der Wade sind keine Doppelungen beschrieben. Bei ca. 20 % der Menschen (signifikant häufiger bei Varizenpatienten) findet man eine streckenweise Aplasie der V. saphena magna, deren Blut in diesem Bereich über ein oberflächliches Ersatzgefäß fließt. Die V. saphena parva verläuft vom Außenknöchel zur Kniekehle, ebenfalls komplett in ihrem Faszientunnel (Saphenaloge). Sie liegt im oberen 7 Anatomie und Physiologie [160.161] Drittel im Sulcus zwischen den beiden Gastrocnemiusköpfen. Die Höhe der Mündung in die V. poplitea ist sehr variabel, in über 50 % der Fälle mündet sie proximal vom Kniegelenksspalt. Häufig gibt die Vene vor der Mündung eine proximale Verlängerung ab, die so genannte V. Giacomini oder femoropoplitea, die die V. saphena parva nach proximal mit der V. saphena magna verbindet (auf diese trifft sie distal der Leiste von medial). Streckenweise Doppelungen der V. saphena parva wurden in 4 % der Fälle beschrieben, Aplasien sehr selten, allenfalls im proximalen Anteil bei Mündung über Muskelvenen der Wade oder über einen Seitenast zur V. saphena magna. Die Seitenäste der Stammvenen bilden das Venennetz des Unterhautfettgewebes, das die kosmetisch störenden Konvolute und Krampfadern bildet. Hervorzuheben sind die oben erwähnten V. saphena accessoria lateralis und medialis am Oberschenkel, sowie die vordere und hintere Bogenvene der Wade, sie sind alle Seitenäste der V. saphena magna. Perforansvenen Zwischen oberflächlichem und tiefem Venensystem gibt es venöse Verbindungen mit Venenklappen. Sie vermeiden während der muskulären Systole einen Blutaustritt an die Oberfläche. Die wichtigsten Perforansvenen der V. saphena magna haben Eigennamen: Dodd und Hunter am Oberschenkel, Boyd unterhalb des Knies. Mitte der Wade finden wir die May-Perforansvene an der V. saphena parva. Auf der hinteren Bogenvene sind die CockettPerforansvenen zu finden, die in der venösen Pathologie eine große Rolle spielen. Unzählige Perforansvenen verbinden zudem die Seitenäste mit dem tiefen Venensystem. Gewicht. Beim stehenden Menschen, d.h. bei Orthostase, entstehen durch den Einfluss der Gravitation erhebliche Druckunterschiede in den Gefäßen. Hierdurch werden die vom Herzen erzeugten Drücke proportional zum Abstand in den unter Herzniveau liegenden Gefäßen (Arterien und Venen) erhöht und in den über Herzniveau liegenden Gefäßen gesenkt. Bei einem mittleren arteriellen Druck von 100 mmHg und einem zentralen Venendruck von 2-4 mmHg liegt am Fuß (125 cm unter Herzniveau) der arterielle Druck bei rund 190 mmHg und der venöse Druck bei rund 90 mmHg. Durch die Steigerung des transmuralen Drucks (Druckdifferenz zwischen Innen- und Außenseite der Gefäßwände) besonderes in den dünnwandigen Venen „versacken“ beim Übergang vom Liegen zum Stehen erhebliche Blutvolumina (400-600 ml) in den Beinen. Diese Volumenzunahme bei Orthostase erfolgt am ganzen Bein und erfolgt gleichermaßen bei Venengesunden und Varikosepatienten. 28 Bei Orthostase sind daher alle Vorgange relevant, die die Kapazität der Venen in den unteren Extremitäten reduzieren und den venösen Rückfluss fördern. Mechanismen zur Förderung des venösen Rückstroms aus den Beinen zum rechten Herzen sind der Druckgradient, also die Differenz zwischen dem mittlerem Füllungsdruck und dem zentralen Venendruck, die Saug-Druckpumpeneffekte der Atmung, die Muskel- und Gelenkpumpen, insbesondere die Wadenmuskelpumpe und die Bewegung des Sprunggelenks. Unter physiologischen Bedingungen kommt es durch die Arbeit dieser Pumpmechanismen beim Gehen zu einer Druckreduktion auf Werte zwischen 3040 mmHg an den distalen unteren Extremitäten. Voraussetzung hiefür ist die Funktionsfähigkeit der Venenklappen. Hydrostatischer Druck Beim liegenden Menschen fällt der hydrostatische Druck wegen der geringen vertikalen Differenzen kaum ins 7 Anatomie und Physiologie [162.163] 7.2 Lymphgefäßsystem der unteren Extremitäten Die klappenlosen Lymphkapillaren (initiale Lymphgefäße) beginnen in den Interstitialräumen, in denen sie engmaschige Netze bilden und die eiweißhaltige Gewebsflüssigkeit (Lymphe) aufnehmen. Große Lymphgefäße mit glatten Muskelfasern und Klappen, Präkollektoren und Kollektoren genannt, sammeln die Lymphe der Kapillarnetze und entleeren sie in die Lymphstämme, die in das Venensystem münden (am rechten und linken Jugulosubclavia-Winkel). Zwischengeschaltete Lymphknoten haben Filterfunktion. Bewegung wird der Lymphfluss in der Skelettmuskulatur durch die Lymphpumpe (analog zur Muskelpumpe bei den Venen) unterstützt, wodurch die Stömung auf das Vielfache des Ruhewertes ansteigt. Transportunterstützend wirken Pulsationen der Arterien, die Muskel-/Gelenkpumpe, thorakale und intraabdominale Druckschwankungen und externer Druck, z.B. Massagen und Bandagen. Die Lymphe der unteren Extremitäten fließt in den größten Lymphstamm, den Ductus thoracicus. Das Sammelgebiet eines Kollektors wird auch Tributärgebiet genannt. An den unteren Extremitäten unterscheidet man das oberflächliche (subkutane, epifasziale) Lymphgefäßsystem, das die Haut und die Subkutis drainiert, und das tiefe (subfasziale) System, das die Lymphe aus den Muskeln, Gelenken, Knochen, Sehnenscheiden und Nerven ableitet. Das oberflächliche und das tiefe Lymphgefäßsystem sind durch Perforansgefäße miteinander verbunden. Beim oberflächlichen Lymphgefäßsystem unterscheidet man weiter in lange und kurze Kollektoren, Kollaterale und Anastomosenäste, letztere verbinden benachbarte Kollektoren miteinander. Lange Kollektoren – auch Hauptkollektoren genannt – führen annähernd geradlinig vom Fußrücken zu den regionalen Lymphknoten. In Ruhe geschieht die Fortbewegung der Lymphe sehr langsam in Schüben durch rhythmische Kontraktionen der glatten Muskulatur der Lymphgefäße, wobei die Klappen – wie in den Venen – den Rückstrom verhindern. Bei 7 Anatomie und Physiologie [164.165] 8 Wichtige Internetadressen 9 Weiterführende Literatur Arbeitsgemeinschaft Sklerotherapie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie http://www.ag-sklerotherapie.de 9.1 Fachbücher (sortiert nach Erscheinungsjahr) Phlebologie Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) http://www.derma.de Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie (DGG) http://www.gefaesschirurgie.de Deutsche Gesellschaft für Lymphologie (DGL) http://www.dglymph.de Deutsche Gesellschaft für Phlebologie (DGP) http://www.phlebology.de Deutsche Gesellschaft für CHIVA http://www.chiva.info Links zu nationalen und internationalen phlebologischen Fachverbänden, auch abrufbar auf der Homepage von Dr. Gallenkemper: Gallenkemper’s Phlebologic Sites http://members.aol.com/drgalle/phleblinks.htm Deutsche Venen-Liga e.V. www.venenliga.de Lymphnetzwerk www.lymphnetzwerk.de Europäischer Herstellerverband für medizinische Kompressionstherapie und orthopädische Hilfsmittel Informationsportal für Ärzte und Krankenkassen www.eurocom-info.de Eberhard Rabe, Horst E. Gerlach (Hrsg.) Praktische Phlebologie Empfehlungen zur differenzierten Diagnostik und Therapie phlebologischer Krankheitsbilder 2. vollständig überarbeitete Auflage 2006 ISBN 3-13-119232-1, Georg Thieme Verlag, Stuttgart PAUL HARTMANN AG (Hrsg.) Die phasengerechte Wundbehandlung des Ulcus cruris venosum 3. überarbeitete und erweiterte Auflage 2005 Buchreihe „medicaledition“ ISBN 3-929870-42-8, PAUL HARTMANN AG, Heidenheim Eberhard Rabe (Hrsg.), Franz X. Breu, Hans u. Häfner, Karl S. Kussmann Apparative intermittierende Kompression für Mediziner, Masseure und Physiotherapeuten 2003 ISBN 3-934371-29-9, Viavital Verlag GmbH, Essen Horst Weissleder (Hrsg.), Christian Schuchhardt, Angela Vollmer, Thomas Klyscz Kompressionsbestrumpfung bei Extremitätenödem für Mediziner, Masseure und Physiotherapeuten 2000 ISBN 3-934371-00-0, Viavital Verlag GmbH, Essen 8 Wichtige Internetadressen / 9 Weiterführende Literatur [166.167] Markward Marshall, Dieter Loew Venenerkrankungen Grundlage und Therapie 2003 Buchreihe „Optimierte Arzneimitteltherapie“, Monika Schäfer-Korting (Reihen-Hrsg.) ISBN 3-540-44176-X, Springer Verlag Berlin Heidelberg New York Erika Mendoza CHIVA – Ein Handbuch 1. Auflage 2002 ISBN 3-00-009545-4, Verlag Arrien GmbH, Wunstorf Lymphologie Horst Weissleder, Christian Schuchhardt (Hrsg.) Erkrankungen des Lymphgefäßsystems 4. erweiterte und vollständig überarbeitete Auflage 2006 ISBN 3-934371-36-1, Viavital Verlag GmbH, Essen Ulrich Herpertz (Hrsg.) Ödeme und Lymphdrainage 3. überarbeitete Auflage 2006 ISBN 13-978-3-7945-2488-4, Schattauer GmbH, Stuttgart Michael Földi, Etelka Földi, Stefan Kubik (Hrsg.) Lehrbuch der Lymphologie für Mediziner, Masseure und Physiotherapeuten 6. Auflage 2005 ISBN 3-437-45322-X, Elsevier GmbH Urban&Fischer Verlag, München Hans Pritschow, Christian Schuchhardt (Hrsg.), Angela Vollmer, Nicole Severin, Markus Schuster, Kirsten Pritschow Das Lymphödem und die komplexe physikalische Entstauungstherapie 2003 ISBN 3-934371-32-9, Viavital Verlag GmbH, Essen 9.2 Ratgeber für Patienten Phlebologie Markus Stücker, Stefanie Reich, Peter Altmeyer Venenerkrankungen Wirksame Hilfe bei Besenreiser, Krampfadern, Thrombose und offenem Bein Buchreihe „Rat & Hilfe“ 1. Auflage 2004 ISBN 3-17-017586-6, W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart Erika Mendoza, Hans-Arrien Berger Krampfadern So werden Sie behandelt – so können Sie vorbeugen Ein Ratgeber von Kneipp bis CHIVA 2. Auflage 2003 ISBN 3-98-08990-4, Verlag Arrien GmbH, Wunstorf 9 Weiterführende Literatur [168.169] 9.3 Leitlinien für Diagnostik und Therapie Die Leitlinien sind im Internet über folgende Links abrufbar: n http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/ AWMF online - Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlich Medizinischen Fachgesellschaften n http://www.derma.de/leitlinien.0.html Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) n http://www.dglymph.de Deutsche Gesellschaft für Lymphologie (DGL) n http://www.phlebology.de/leitlinien.html Tiefe Bein-/Beckenvenenthrombose Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) Diagnostik und Therapie der Thrombophlebitis superficialis Stand: 2/1998 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/001 Thrombophlebitis superficialis Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) Erysipel Stand: September 2002 Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie AWMF-Leitlinienregister Nr. 006/099 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie (DGP) Diagnostik und Therapie Diagnostik und Therapie der Bein- und Beckenvenenthrombose und Lungenembolie 1/2005 Deutsche Gesellschaft für Angiologie – Gesellschaft für Gefäßmedizin AWMF-Leitlinienregister Nr. 065/002 Diagnose und Therapie der tiefen Bein- und Beckenvenenthrombose 09/2003 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/002 Primäre Varikose 11/1997 Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie AWMF-Leitlinienregister Nr. 004/023 Diagnostik und Therapie des Krampfaderleidens 05/2004 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/016 Diagnostik und Therapie der Chronischen Venösen Insuffizienz 12/1999 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/011 Chronische Venöse Insuffizienz Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) 9 Weiterführende Literatur [170.171] Posttraumatisches Syndrom einschließlich Ulcus cruris 11/1997 Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie AWMF-Leitlinienregister Nr. 004/024 Spezielle Aspekt zur Thromboembolieprophylaxe in der Operativen Dermatologie 08/2003 Deutsche Gesellschaft für Dermatologie AWMF-Leitlinienregister Nr. 013/021 Diagnostik und Therapie des Ulcus cruris venosum 05/2004 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/009 Diagnostik Ulcus cruris venosum Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) Handlungsempfehlung Lymphödem, Diagnose und Therapie Stand: Dezember 2002 Deutschen Gesellschaft für Lymphologie(DGL) Lipödem der Beine 05/2004 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/012 Stationäre und ambulante ThromboembolieProphylaxe in der Chirurgie und der perioperativen Medizin 4/2003 Interdisziplinäre Leitlinie aller Fachgesellschaften AWMF-Leitlinienregister Nr. 003/001 Thromboembolie-Prophylaxe Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) Venöse Diagnostik mit der Licht-ReflexionsRheographie /Photoplethysmographie 2/1998 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/008 Licht-Reflexions-Rheographie/Photoplethysmographie Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) Venöse Diagnostik mit der Phlebodynamometrie 12/1998 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/013 Venöse Diagnostik mit der Venenverschlussplethysmographie mittels Dehnungsstreifen 12/1998 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/014 Operative Behandlung Operative Behandlung von Venenerkrankheiten 2/1998 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/010 9 Weiterführende Literatur [172.173] Die operative Behandlung von Venenerkrankheiten Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) Sklerosierungsbehandlung der Varikose 06/2003 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/015 Intermittierende pneumatische Kompression (IPK oder AIK) 03/2005 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/007 Apparative intermittierende Kompression (AIK) Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) Kompressionstherapie Klinische Forschung Medizinischer Kompressionsstrumpf (MKS) 05/2004 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/004 Medizinischer Kompressionsstrumpf (MKS) Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) Prüfung von Arzneimitteln bei chronischer Veneninsuffizienz 10/2002 Deutsche Gesellschaft für Dermatologie AWMF-Leitlinienregister Nr. 013/015 Qualitätssicherung Phlebologischer Kompressionsverband (PKV) 05/2004 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/005 Empfehlungen zur Qualitätssicherung in der Phlebologie Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DGG) Der Phlebologischer Kompressionsverband (PKV) Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) Medizinischer Thromboseprophylaxestrumpf (MTS) 05/2004 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/006 Medizinischer Thromboseprophylaxestrumpf (MTS) Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) 9 Weiterführende Literatur [174.175] 9.4 Publikationen 1 Ärztekammer für Tirol. Arzneitherapie der chronischen venösen Insuffizienz („Venenmittel“). Pharmainformation 1995; 10/4 2 Beebe-Dimmer J, et al. Institut für Epidemiologie der Universität Michigan/USA. Ann Epidemiol 2005; 15: 175-184 13 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie (DGP). Diagnostik und Therapie des Ulcus cruris venosum. 05/2004, AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/009 14 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie (DGP), Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie. Diagnostik und Therapie des Krampfaderleidens.05/2004, AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/016 3 Böhler K. Neue Techniken zur Therapie der Varikose. Z Gefäßmed 2006; 3 (1): 9-12 15 European Wound Management Association (EWMA). Position document: Understanding compression therapy. London: MEP Ltd. 2003 4 Brauer WJ, Brauer VS. Altersabhängigkeit des Lymphtransportes beim Lipödem und Lipolymphödem. In print. 16 Felix W. Zur Wirkungsweise der Ödemprotektiva. Phlebologie 1999; 28: 105-111 5 Brauer WJ, Weissleder H. Methodik und Ergebnisse der Funktionslymphszintigraphie: Erfahrungen bei 924 Patienten. Phlebologie 2002; 31: 118-125 17 Gerlach HE. Kompressionstherapie. In: Rabe E, Gerlach HE, Hrsg. Praktische Phlebologie. 2. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2006: 52-60 6 Brauer VS, Brauer WJ. Vereinfachtes Schwächungskorrekturverfahren bei der Funktionslymphszintigraphie des Beines. LymphForsch 2004; 8 (2): 66-73 18 Göltner E, Fischbach JU. Eine neue Meßmethode zur Erfassung von Armödemen nach Brustkrebsbehandlung. Therapiewoche 1986; 36: 905-909 7 Brauer WJ. Nicht veröffentlichte Ergebnisse 19 Hach W. Spezielle Diagnostik der primären Varikose. Gräfelfing: Demeter 1981 (PII) 8 Braun S, Jünger M. Therapie des Ulcus cruris venosum. Hautarzt 2003; 54: 1059-1064 9 Cannegieter SC, Doggen CJM, van Houwelingen HC, et al. Travel-related venous thrombosis: results from a large populationbased case control study (MEGA Study). PloS Medicine 2006 (doi: 10.1371/journal.pmed.0030307); Link: http://www.plos.org/press/plme-03-08-rosendaal.pdf 10 Cutting KF, White RJ, Mahoney P, Hardin KG. Klinische Identifikation einer Wundinfektion: ein Delphi-Ansatz. In: European Wound Management Association (EWMA). Position Document: Identifying criteria for wound infection. London; MEP Ltd, 2005 11 Deetjen P, Speckmann EJ, Hescheler J. Physiologie, 4. Auflage. Urban & Fischer bei Elsevier, 2006 12 Deutsche Gesellschaft für Angiologie – Gesellschaft für Gefäßmedizin: Diagnostik und Therapie der Bein- und Beckenvenenthrombose und Lungenembolie. AWMF-Leitlinienregister Nr. 065/002, Januar 2005 20 Herpertz U. Ödeme und Lymphdrainage. 2006; Schattauer GmbH, Stuttgart 21 Hron G, et al. Identification of patients at low risk recurrent venous thromboembolism by measuring thrombin generation. JAMA 2006; 296: 397-402 22 Jünger M, Sippel K. Kompressionstherapie bei chronischer venöser Insuffizienz. Neue Verfahren und therapeutische Optionen. Der Hautarzt 2003; 11: 1045-1052 23 Kuhnke E. Volumenbestimmung aus Umfangmessungen. Folia Angiologica 1976; 224: 228-232 24 Meier-Vollrath I, Schneider W, Schmeller W. Lipödem: Verbesserte Lebensqualität durch Therapiekombination. Dt Ärztebl 2005; 102: A 1061-1067 25 Mendoza E. CHIVA – venenerhaltende Operation zur Behandlung der Varikose. HARTMANN WundForum 2/2005: 21-25 9 Weiterführende Literatur [176.177] 26 Moffatt C, Morison MJ, Pina E. Wundbettvorbereitung für venöse Unterschenkelgeschwüre. In: European Wound Management Association (EWMA). Position Document: Wound bed preparation in Practice. London; MEP Ltd, 2005 27 Palareti G, Cosmi B, Legnani C, et al. D-Dimer testing to determine the duration of anticoagulation therapiy. N Engl J Med 2006; 355: 1780-1789 28 Pannier F, Rabe E. Volumenänderungen der unteren Extremitäten in Orthostase. Phlebologie 2004; 33: 81-88 29 PAUL HARTMANN AG. Die phasengerechte Wundbehandlung des Ulcus cruris venosum. Buchreihe „medicaledition“, 3. Auflage, PAUL HARTMANN AG, Heidenheim 2005: S. 44-60 30 Pratsch H. Tiefe Beinvenenthrombose. In: Rabe E, Gerlach HE, Hrsg. Praktische Phlebologie. 2. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2006: 87-98. 31 Rabe E, Pannier-Fischer F, Bromen K, et al. Bonner Venenstudie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie. Epidemiologische Untersuchung zur Frage der Häufigkeit und Ausprägung von chronischen Venenkrankheiten in der städtischen und ländlichen Wohnbevölkerung. Phlebologie 2003; 32: 1-14 (SII) 37 Weissleder H, Brauer WJ. Untersuchungsmethoden. In: Weissleder H, Schuchhardt C. Erkrankungen des Lymphgefäßsystems. 4. Auflage, Viavital Verlag GmbH, Essen 2006: 61-117 38 Weissleder H, Brauer WJ. Qualitätsmängel bei der Lymphszintigraphie von Extremitätenödemen. LymphForsch 2002; 6 (1): 17-24 39 Wells PS, Anderson DR, Rodger M, et al. Evaluation of D-dimer in the diagnosis of suspected deep vein thrombosis. N Engl J Med 2003; 349: 1227-1235 40 Willeke A, Gerdsen F, Bauersachs, RM, et al. Rationelle Thrombophiliediagnostik. Dt Ärztebl 2002; 99 (31-32): A2111-A2118 41 Zamboni P., Carandina S. Stripping versus haemodynamic correction (C.H.I.V.A.): A long term randomised trial. Vortrag: Jahrestagung des European Venous Forum, Royal Society of Medicine, 1.06.2006 Link: www.chiva-info.de (deutsche Zusammenfassung) Studienergebnisse vollständig publiziert von: Carandina S., Mari C., De Palma M. et al. Varicose Vein Stripping vs Haemodynamie Correction (CHiVA): a Long Term Randomised Trial, Eur J Vase Endovase Surg 2008; 35 (2): 230-237 32 Rettenbacher T, Tzankov A, Hollerweger A. Sonographische Erscheinungsbilder von Ödemen der Cutis und Subcutis – Korrelation mit der Histologie. Ultraschall in Med 2006; 27: 240-244 33 Schmeller W, Meier-Vollrath I. Lipödem. Ein Update. LymphForsch 2005; 9: 10-20 34 Schmeller W. Liposuktion. In Weissleder H, Schuchhardt Ch (Hrsg) Erkrankungen des Lymphgefäßsystems. 4. Auflage, Viavital, Essen 2006: 482-499 35 Schuchhardt C, Gültig O, Pritschow H, Weissleder H. Physikalische Entstauungsbehandlung. In: Weissleder H, Schuchhardt C. Erkrankungen des Lymphgefäßsystems. 4. Auflage, Viavital Verlag GmbH, Essen 2006: 411-422 36 Vanscheidt W, Ukat A, Hauß F. Systematisches Management chronischer Wunden nach dem TIME-Prinzip. MMW-Fortschr. Med. Originalien III, 2005; 147:119-126 9 Weiterführende Literatur [178.179] Seite siehe auch: Lymphödem 37 Abbildung 1 (S. 12) Abbildung 2 (S. 12) Abbildung 3 (S. 12) Abbildung 6 (S. 18) Abbildung 24 (S. 64) Lymphödem, maligne 77 Lymphödem, primär 72 Lymphödem, sekundär 75 Lymphszintigramm 92 Magnetresonanztomographie (MRT) 89 Myxödem 78 Abbildung 31 (S. 79) Papillomatose 12 Abbildung 3 (S. 12) Abbildung 26 (S. 66) Purpura jaune d’ocre 46 Abbildung 16 (S. 47) Phlebographie 89 10 Sachwortverzeichnis Seite siehe auch: Atrophie blanche 45 Abbildung 17 (S. 47) Chronische venöse Insuffizienz 44 Computertomographie 89 Corona phlebectatica paraplantaris 45 CHIVA 140 D-Dimer 31, 85 Dermatoliposklerose 48 Dopplersonographie 86 Erysipel 39 Farbduplexsonographie 88 Funktionslymphszintigraphie 90 Kastenzehen 17 Knöchel-Arm-Index 87 Postthrombotisches Syndrom 51 Komplexe pysikalische Entstauungstherapie 110 Radiofrequenzablation, endovenös 139 Kompressionssonographie 87 Sonographie 98 Kompressionstherapie 103 Stemmer’sches Zeichen 12 Lasertherapie, endovenös 139 Thrombophiliediagnostik 85 Lipödem 80 Thrombophlebitis 33 Tributärgebiet 164 Ulcus cruris venosum 52 Abbildung 19 (S. 48) Varikosis/Varikose 48 Abbildung 20 (S. 50) Abbildung 21 (S. 51) Abbildung 22 (S. 51) Varizenblutung 37 Venenthrombose, tief 21 Liposuktion 142 Lymphadenitis 38 Lymphangitis 38 Lymphangiographie 100 Lymphdrainage 111 Abbildung 14 (S. 46) Abbildung 18 (S. 48) Abbildung 12 (S. 39) Abbildung 13 (S. 40) Abbildung 2 (S. 12) Abbildung 7 (S. 18) Abbildung 32 (S. 80) Abbildung 33 (S. 81) Abbildung 34 (S. 81) Abbildung 56 (S. 145) Abbildung 56, 57 (S. 145) Abbildung 35 (S. 92) Abbildung 36 (S. 98) Abbildung 37 (S. 99) Abbildung 4 (S. 13) Abbildung 10 (S. 33) Abbildung 11 (S. 36) Abbildung 8 10 Sachwortverzeichnis [180.181] 11 Bildnachweis Arrien Verlag / Mendoza, E. Brauer W.J. Breu, F.X. Breu, F.X. / Marshall, M. Knestele, M. Pero-System GmbH Schmeller, W. Schuchhardt, Ch. ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ Abb. 61 Abb. 4, 24, 35, 36, 37 Abb. 8, 10, 11 Abb. 20, 21, 22, 23 Abb. 14, 16 Abb. 5 Abb. 56, 57 Abb. 1, 2, 3, 6, 7, 12, 13, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34 ‡ Abb. S. 158 CNRJ / SPL / Focus King-Holmes, J. / SPL / Focus ‡ Abb. S. 84 Alle anderen Abbildungen aus dem Archiv der PAUL HARTMANN AG 11 Bildnachweis [182.183]