- PAUL HARTMANN Ges.m.b.H.

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PAUL HARTMANN AG
89522 Heidenheim
Deutschland
PAUL HARTMANN Ges.mbH
2355 Wiener Neudorf
Österreich
IVF HARTMANN AG
8212 Neuhausen
Schweiz
Aktuelle Themen aus den
Bereichen Medizin und Pflege
behandelt die Schriftenreihe der
HARTMANN medical edition.
Dabei steht nicht nur Basiswissen
im Vordergrund, sondern auch die
Vorstellung fachbezogener und
interdisziplinärer Entwicklungen.
Der produktübergreifenden Information kommt hierbei ein besonderer Stellenwert zu.
Besuchen Sie uns im Internet:
www.hartmann.info
ISBN 978-3-929870-70-1
B109 (0809) 86 318/2
In einer Zeit rasch aufeinander
folgender wissenschaftlicher Erkenntnisse muss Information vor
allem auch aktuell sein. Mit diesem Anspruch will diese Buchreihe
nicht nur erfahrenen Fachkräften
ein Ratgeber sein. Auch denjenigen, die sich erstmalig auf neue
Gebiete in Medizin und Pflege
begeben, werden zeitgemäße
Behandlungsmöglichkeiten aufgezeigt und nützliche Tipps gegeben. Damit setzen wir den Leitgedanken unseres Unternehmens
in die Praxis um. HARTMANN hilft
heilen.
HARTMANN medicaledition – Phlebologische und lymphologische Erkrankungen der unteren Extremitäten
medicaledition
Phlebologische und lymphologische
Erkrankungen der unteren Extremitäten
Wundbehandlung
Herausgegeben von der
PAUL HARTMANN AG
89522 Heidenheim
http://www.hartmann.info
Redaktion:
DGÄF – DEUTSCHE GESELLSCHAFT
FÜR ÄRZTLICHE FORTBILDUNG mbH
Pasinger Straße 2
82152 Planegg /München
Tel.: 089 / 8646680-0
Email: [email protected]
www.dgaef.de
Autoren:
Prof. Dr. med. Eberhard Rabe
Facharzt für Hautkrankheiten
Allergologie, Phlebologie
Klinik und Poliklinik für Dermatologie
Rhein. Friedrich-Wilhelm-Universität
Bonn
Sigmund-Freud-Str. 25
53105 Bonn
Dr. med. Wolfgang Justus Brauer
Facharzt für Radiologie
Präsident der Deutschen Gesellschaft
für Lymphologie
Chefarzt der Radiologischen
Abteilung und Praxis für Nuklearmedizin
Kreiskrankenhaus Emmendingen
Gartenstraße 44
79312 Emmendingen
Tel.: 07641 / 4542280
Email: [email protected]
www.krankenhaus-emmendingen.de
Dr. med. Franz-Xaver Breu
Facharzt für Allgemeinmedizin
Phlebologie
Tegernseer Straße 101/1
83700 Rottach-Egern (Weißach)
Tel.: 08022 / 1218
Email: [email protected]
Dr. med. Erika Mendoza
Fachärztin für Allgemeinmedizin
Vorsitzende der Deutschen
Gesellschaft für CHIVA e.V.
Speckenstraße 10
31515 Wunstorf
Tel.: 05031 / 912781
Email: [email protected]
www.chiva.info
Prof. Dr. med. Wilfried Schmeller
Facharzt für Dermatologie
Hanse-Klinik, Fachklinik für
Liposuktion und operativ-ästhetische
Dermatolgie
St.-Jürgen-Ring 66
23564 Lübeck
Tel.: 0451 / 502720
Email: [email protected]
www.hanse-klinik.de
Dr. med. Christian Schuchhardt
Facharzt für Innere Medizin,
Haematologie und internistische
Onkologie
Chefarzt der Klinik Pieper OHG /
Prävention - Rehabilitation
Vorderdorfstr. 17
79837 St. Blasien-Menzenschwand
Tel.: 07675 / 168464
Email: [email protected]
Konzept und Co-Autorin:
Dr. med. Carmen Martin
Fichtenweg 2
86938 Schondorf
Tel: 08192/ 8967
Email: [email protected]
© PAUL HARTMANN AG
August 2008
ISBN 978-3-929870-70-1
Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem
Papier
Phlebologische und lymphologische
Erkrankungen der unteren Extremitäten
Inhaltsverzeichnis
1
1.3
Beurteilungskriterien phlebologischer und lymphologischer
Erkrankungen
Schwellung als Leitsymptom phlebologischer und lymphologischer
Erkrankungen
Anamneseerhebung und körperliche Untersuchung zur Abklärung
der Ödemgenese
Differenzialdiagnostische Hinweise
10
15
2
2.1
2.2
2.3
2.4
2.4.1
2.4.2
2.4.3
Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen
Tiefe Bein-/Beckenvenenthrombose (TVT)
Thrombophlebitis, Varikophlebitis
Varizenblutung
Lymphödem durch Entzündung
Lymphangitis
Lymphadenitis
Erysipel (Wundrose)
20
21
33
37
37
38
38
39
3
3.1
3.1.1
3.1.1.1
3.1.1.2
3.1.2
3.1.3
3.1.4
3.1.5
3.1.6
3.1.7.
3.1.8
3.2
3.2.1
3.2.2
3.2.2.1
Chronische Erkrankungen
Chronische venöse Insuffizienz (CVI)
Definition
Varikosis, Varikose
Posttrombotisches Syndrom
Klinik der CVI (Blickdiagnose)
Ätiologie/Pathophysiologie
Stadieneinteilung
Abklärung der Diagnose
Therapie
Differenzialdiagnosen (DD)
Komplikationen
Lymphödem
Primäres Lymphödem
Sekundäres Lymphödem
Malignes Lymphödem
44
45
45
48
51
51
54
55
59
61
62
63
64
72
75
77
1.1
1.2
8
9
3.2.2.2 Prätibiales Myxödem
3.3
Lipödem
78
80
4
4.1
4.1.1
4.1.2.
4.2
4.2.1
4.2.1.1
4.2.2
4.2.3
4.2.3.1
4.2.4
4.2.5
84
85
85
85
86
86
87
87
88
88
89
Diagnostische Verfahren
Labor
D-Dimer-Test
Thrombophilie-Screening
Bildgebende Nachweisverfahren in der Phlebologie
Dopplersonographie
Bestimmung des Knöchel-Arm-Index
Zweidimensionale Ultraschalltechnik (B-Bild, Kompressionssonographie)
Farbduplexsonographie
Duplexsonographie mit Valsalva-Pressmanöver
Phlebographie
Magnetresonanztomographie (MRT)- und Computertomographie
(CT)- Phlebographie
4.3
Bildgebende Nachweisverfahren in der Lymphologie
4.3.1 Überblick
4.3.2 Lymphszintigramm
4.3.2.1 Quantitatives Lymphszintigramm = Funktionslymphszintigraphie
4.3.2.2 Qualitatives Lymphszintigramm
4.3.3 Sonographie
4.3.4 Indirekte Lymphangiographie
4.3.5 Interstitielle Magnetresonanztomographie
89
90
90
92
93
97
98
100
101
5
5.1
5.1.1
5.1.2
5.1.3
5.1.4
5.2
5.2.1
102
103
103
111
112
113
138
138
Therapiekonzepte
Konservative Maßnahmen
Kompressionstherapie
Manuelle Lymphdrainage
Komplexe physikalische Entstauungstherapie
Wundbehandlung des Ulcus cruris venosum
Invasive Maßnahmen bei Varikose
Behandlung von Besenreiservarizen und retikulären Varizen
Inhaltsverzeichnis [2.3]
Verzeichnis der Abkürzungen
5.2.2
5.2.3
5.2.3.1
5.2.3.2
5.2.3.3
5.2.3.4
5.2.3.5
5.3
5.4
5.5
5.5.1
5.5.2
Ausschaltung von Perforansvenen
Behandlung der Stamm- und Seitenastvarikose
Krossektomie, Stripping und Kryoexhairese
Endovenöse Radiofrequenzablation (RFA)
Endovenöser Laser
Duplexkontrollierte Schaumsklerosierung
Venenerhaltende Verfahren: Die CHIVA-Methode
Invasive Maßnahmen beim Lymphödem
Invasive Maßnahmen beim Lipödem: Liposuktion
Pharmakotherapie
Pharmakotherapie bei der chronischen venösen Insuffizienz
Pharmakotherapie beim Lymphödem
138
138
138
139
139
140
140
141
142
145
145
147
6
6.1
6.2
Tipps und Tricks für den Alltag
Verhaltensregeln bei Venenerkrankungen
Verhaltensregeln bei Beinlymphödem
148
149
151
7
7.1
7.2
Anatomie und Physiologie
Venöses Gefäßsystem der unteren Extremitäten
Lymphgefäßsystem der unteren Extremitäten
158
159
164
8
Wichtige Internetadressen
166
9
9.1
9.2
9.3
9.4
Weiterführende Literatur
Fachbücher
Ratgeber für Patienten
Leitlinien für Diagnostik und Therapie
Publikationen
167
167
169
170
176
10
Sachwortverzeichnis
180
11
Bildnachweis
182
AIK
apparative intermittierende Kompression
BSG
Blutsenkungsgeschwindigkeit
CHIVA Cure Hémodynamique d’Insuffisance Veneuse en Ambulatoire
CT
Computertomographie
CVI
chronische venöse Insuffizienz
KPE
komplexe physikalische Entstauungstherapie
MKS
medizinische Kompressionsstrümpfe/ -strumpfhose
MLD
manuelle Lymphdrainage
MRT
Magnetresonanztomographie
PKV
phlebologischer Kompressionsverband
S.
Seite
TVT
tiefe Bein- und Beckenvenenthrombose
Inhaltsverzeichnis [4.5]
Vorwort
Phlebologische und lymphologische Erkrankungen der
unteren Extremitäten müssen heute als eine der häufigsten Krankheitsgruppen in unserer Bevölkerung angesehen
werden. Über 20 % unserer Bevölkerung leiden unter einer Varikose und ca. 15 % haben eine chronische venöse
Insuffizienz von der Ödembildung bis hin zum offenen
Bein. Die Krampfaderoperation gehört mit ca. 300.000
Eingriffen zu den häufigsten Operationen in Deutschland.
Ca. 2% haben ein manifestes Lymphödem. Neue Verfahren wie die endovenöse Behandlung und die Schaumsklerosierung der Varikose haben das Therapiespektrum
in den letzten Jahren erweitert.
Trotz der erschreckend hohen Prävalenz dieser Krankheitsbilder lässt der Kenntnisstand der Ärzteschaft noch
Wünsche offen. Auch haben nur etwa 40 % der Patienten
mit einem Krampfaderleiden oder einem venösen Ödem
jemals eine spezifische phlebologische Behandlung
erfahren.
Dieses Buch, verfasst von erfahrenen Phlebologen und
Lymphologen, bietet einen guten Überblick über akute
und chronische Venenkrankheiten von der Diagnose bis
hin zu den therapeutischen Konzepten und bietet damit
eine hervorragende Grundlage für die Auseinandersetzung mit phlebologischen und lymphologischen Krankheitsbildern in der täglichen Praxis.
Prof. Dr. med. Eberhard Rabe
(Präsident der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie)
Vorwort [6.7]
1 Beurteilungskriterien phlebologischer und
lymphologischer Erkrankungen
1.1 Schwellung als Leitsymptom phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen
F.X. Breu, C. Martin
Ziel jeder Beurteilung phlebologischer und lymphologischer
Erkrankungen ist es, differenzierte Informationen über die Ursachen
sowie den Umfang des Krankheitsgeschehens zu erhalten, um eine
effiziente Therapie durchführen zu können. Hierbei helfen detaillierte
Informationen über mögliche Ursachen von Ödemen sowie eine
klinische Diagnostik, die aus Anamnese, Inspektion, Palpation und
Volumenmessung besteht. Gleichermaßen hilfreich sind Kenntnisse
über die wichtigsten Differentialdiagnosen.
Schwellungen der unteren Extremitäten gehören zum
Praxis-/Klinikalltag in der Allgemeinmedizin, Inneren
Medizin, Dermatologie und Chirurgie. Der interdisziplinäre
Charakter dieses klinischen Symptoms erklärt sich durch
die Vielzahl der möglichen exogenen und endogenen
Krankheitsursachen von Beinschwellungen. Eine Übersicht
gibt Tabelle 1.
Mögliche Ursachen für Schwellung der unteren Extremitäten
n Steigerung des rechtsventrikulären Drucks und damit Steigerung des venösen hydrostatischen
Kapillardrucks (Stauungsödeme bei Rechtsherzinsuffizienz)
n gestörte venöse Hämodynamik (z.B. chronische venöse Insuffizienz, Postthrombotisches Syndrom)
n Veränderung der Kapillarpermeabilität bei entzündlichen Erkrankungen oder Ischämie
n Ineffektivität der Gelenk-/Muskelpumpfunktion (z.B. Inaktivitätsödem bei Querschnittlähmung oder
Rollstuhlfahrern)
n allergische oder toxische Gefäßerkrankung
n idiopathisches Ödem
n Änderung der Blutzusammensetzung bei:
– Hypalbuminämie (renale und hepatische Erkrankungen)
– Salz-/Wasserretention (z.B. Niereninsuffizienz, Arzneimittelnebenwirkung)
n Lymphabflussbehinderung (z.B. primäres oder sekundäres Lymphödem)
n Fettverteilungsstörung (Lipödem)
n Ablagerung von Gykosaminoglycanen im Interstitium (bei Myxödem)
Tabelle 1: Pathogenese von Schwellungen der unteren Extremitäten
Ödeme (subkutane Flüssigkeitsansammlungen) treten an
den unteren Extremitäten bei Varizen, bei Thrombose und
Thrombophlebitis aber auch bei gestörtem Lymphabfluss
auf. Sie sind Folge der venösen Blutrückflussstörung
und/oder der Entzündung bzw. des behinderten Lymph1 Beurteilungskriterien phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen [8.9]
abflusses. Ein Beinödem wird dann klinisch manifest,
wenn die interstitielle Flüssigkeitseinlagerung in der
Extremität mehr als 1 Liter beträgt.
Beinschwellungen, die nicht mit einer Flüssigkeitseinlagerung im Sinne der Extremitätenödem-Definition einhergehen, sind das Lipödem, das eine Fettverteilungsstörung
darstellt, und das Myxödem, verursacht durch Proteoglycanablagerungen im Interstitium.
Anamnese, Inspektion, Palpation und Messungen zur Abklärung der Ödemgenese
Anamnese
n Aktuelle Symptome (Auftreten des Ödems, Schmerzen)
n Vor-/Begleiterkrankungen, Operationen, Traumen in der betreffenden Region
n Schwellungs-/Haematomneigung
n Vor- und Begleittherapie (Arzneimittel/physikalische Therapie)
n Schwangerschaften/Geburten
n Beruf, Sport
n Familiäre Disposition
Körperliche Untersuchung
Venöse und lymphatische Ödeme verursachen ein Schweregefühl und Spannungsschmerzen in den Beinen und
können zu Bewegungs- und Leistungseinschränkung,
starker psychischer Belastung und weiteren Komplikationen führen.
Das Behandlungsziel ist, die Beschwerdesymptomatik
zu verrringern, Komplikationen zu vermeiden sowie bei
berufstätigen Patienten die Arbeitsfähigkeit zu erhalten,
bzw. wiederherzustellen.
1.2 Anamneseerhebung und körperliche
Untersuchung zur Abklärung der Ödemgenese
A. Untersuchung im Stehen (Vor- und Rückseite):
n Gesamthabitus
n Gewicht
n Beinstatik
n Fußform (Fuß von Schwellung mitbetroffen?)
n Gewebekonsistenz, transiente Dellenbildung durch Fingerdruck, Druckschmerz
n Asymmetrien der Schwellung (Messung des Wadenumfangs)
n Venenbefund
B. Untersuchung im Liegen:
n Hautveränderungen (Farbe, Temperatur, Entzündungszeichen, Ulcera, Narben, Behaarung)
n Lymphknoten
n Analyse der Ödemformen: typische Symptome, z.B. Faltenbildung, Tiefe der natürlichen Hautfurchen,
Stemmer’sches Zeichen, Druckschmerz (spezielle Druckpunkte bei Thromboseverdacht)
n Fußpulse
n orthopädische Aspekte (z.B. Fehlhaltung, Arthrose)
Tabelle 2: Anamnese und körperliche Untersuchung zur Abklärung der
Ödemgenese
W.J. Brauer, C. Martin
Während Ödeme an den Armen in der Regel sehr einfach
zu diagnostizieren sind, bestehen an den Beinen häufig
Kombinationsödeme mehrerer Ödemkrankheiten. Die einzelnen Ödemkomponenten herauszudifferenzieren und
die auch oft notwendigen Kombinationstherapien einzuleiten, ist oft nicht einfach und bedarf großer Erfahrung.
Die klinische Diagnostik basiert auf Anamnese, Inspektion
und Palpation sowie Volumenmessungen (Tabelle 2).
Serologische Untersuchungen sind nur selten erforderlich,
wie bei kombinierten Krankheitsbildern, z.B. der exudativen Enteropatie oder bei lymphatischen Refluxkrankheiten.
Anamnese
Die Anamnese sollte sich neben der Eigen- und Familienanamnese gezielt auf aktuelle Symptome, Erkrankungsbeginn, Operationen und Traumata in der betreffenden
Region, Erysipele, Hämatomneigung bei geringfügigen
Traumen, Schmerzhaftigkeit und laufende physikalische
1 Beurteilungskriterien phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen [10.11]
Entstauungstherapie sowie Medikamentenanamnese beziehen. Ein ursächlicher Tumor muss im Vorfeld ausgeschlossen werden.
Druckpunkte bei Thromboseverdacht, ‡ Tabelle 7a,
S. 25). Lymphödeme sind nicht druckschmerzhaft, nicht
therapierte Lipödeme dagegen immer.
Inspektion
Bei der Inspektion ist auf Varizen, Kollateralvenen,
Verformungen, Asymmetrien, Volumenvermehrung,
Beschaffenheit der Cutis, vertiefte natürliche Hautfalten
an Extremitäten und Körperstamm zu achten.
Volumenmessung
Abbildung 4, rechts:
Stemmer’sches Zeichen (Hautfaltenzeichen nach Kaposi und
Stemmer); Verdickung und
Sklerosierung der Cutis am
2. Zehengrundglied, die Hautfaltendicke liegt über 2 mm.
Abbildung 4, links: unauffälliger
Befund.
Abbildung 1: Typisches Zeichen
eines Lymphödems: Ödem des
Fußrückens und vertiefte natürliche Hautfalten an den Zehen
am linken Bein
Abbildung 2: Typisches Zeichen
eines Lymphödems:
„Kastenzehen“
1
2
Die Volumenmessung gehört zur Basisdiagnostik von
lymphologischen Arm- oder Beinschwellungen, wird aber
auch zur Sicherung des Therapieeffekts angewendet.
Abbildung 3: Typische Hautveränderung beim primären Lymphödem: Papillomatose
3
Palpation
Mit der Palpation werden die Dellbarkeit und die Konsistenz der Haut beurteilt. Wenn sich die Cutis z.B. über dem
2. Zehengrundglied nur als über 2 mm breite Falte abheben lässt, liegt ein positives „Stemmer’sches Zeichen“ vor;
es beweist eine Fibrosklerose und somit ein Lymphödem.
Es wird die Druckschmerzhaftigkeit geprüft (spezielle
Die drei wichtigsten Methoden zur Volumenbestimmung
sind:
n Volumenbestimmung mit dem Maßband und die
Berechnung des Volumens nach dem Scheibenmodell
von Kuhnke,23
n Volumenverdrängungsmessung durch Eintauchen in
eine Flüssigkeit (Plethysmographie),
n die optoelektronische Volumenerfassung z.B. mit dem
Perometer‚ (Schattenrissmessung in zwei Ebenen) nach
Göltner. 18 Diese Methode wird auch vermehrt zur
Anmessung von Kompressionsstrümpfen angewendet.
Jede der drei Methoden weist Vor- und Nachteile auf
(‡ Tabelle 3).
1 Beurteilungskriterien phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen [12.13]
Vorteil
Maßband
Plethysmographie
Perometer
n billig
n überall durchführbar
n rasche Kontrolle des
n billig
n erfasst auch unregel-
n schnelle Messung
n gute Reproduzierbarkeit
n sofortige Dokumentation
mäßige Armformen
n Hand mit erfasst
Therapieergebnisses
Nachteil
n
n
n
n
relativ ungenau
zeitaufwendig
umständlich
zunehmender Messfehler
mit Volumenrückbildung
n methodischer Fehler
n proximaler Arm nicht
n teuer
n Hand/Fuß nicht erfasst
erfasst
n zeitaufwendig
n Hygiene
Tabelle 3: Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Methoden zur
Messung des Ödemvolumens (nach Weissleder und Brauer) 37
Abbildung 5: Optoelektronische
Volumenmessung mit dem
Perometer im Sitzen und im
Stehen. Die Schattengrenzen des
Beines werden berührungsfrei
mittels lichtemittierender Dioden
(LEDs) beleuchtet und abgetastet
(LED-Scanner). Die Scannereinheit
befindet sich im Messrahmen,
der berührungsfrei über die
Extremität gefahren wird. Die
Daten werden auf einen Rechner
mit entsprechender Software
übertragen. (Bilder: Pero-System
GmbH)
Merksätze:
n Inspektion und Palpation des Beinödems sollte am
stehenden Patienten erfolgen.
n Bei Verdacht auf eine tiefe Venenthrombose sollte der
Umfang beider Waden an der dicksten Stelle gemessen
werden, um Asymmetrien zu erkennen.
n Die Beurteilung der Hautveränderung (z.B.
Stemmer’sches Zeichen) kann auch im Liegen erfolgen.
n Immer auch Beurteilung der Rückseite des Patienten,
da hier die Lymphödeme früher auftauchen (dorsaler
Oberschenkel, Retromalleolarraum).
1.3 Differenzialdiagnostische Hinweise
F.X. Breu, C. Martin
Ein bilaterales Ödem wird gewöhnlich durch systemische
Ursachen oder eine Veneninsuffizienz verursacht. Kann
letztere ausgeschlossen werden, ist nach einer Nieren-,
Herz- oder Lebererkrankung zu suchen.
Das Lymphödem ist ein eigenständiges, chronisches, zur
Progression neigendes Krankheitsbild, bedingt durch eine
Transportstörung des Lymphgefäßsystems durch angeborene Fehlentwicklung des Lymphgefäßsystems (primäres
Lymphödem) oder durch postnatale Schädigung (sekundäres Lymphödem).
Bei Erkrankungen der Venen, z.B. bei chronischer venöser
Insuffizienz (CVI) sind immer benachbarte Lymphgefäße
gefährdet. Langfristig führt dies wegen der Dauerbelastung der Lymphgefäße zur Dekompensation des epi- und
subfascialen Lymphgefäßsystems und im Stadium III der
CVI zum Verschluss der initialen Lymphgefäße (‡ Kapitel
7.2 Lymphgefäßsystem der unteren Extremitäten, S. 162)
Bei der Bein- oder Beckenvenenthrombose entwickelt sich
das üblicherweise unilaterale Ödem erst allmählich. Die
Ödembildung hängt vom Ausmaß und der Lokalisation der
Thrombosierung ab.
Die wichtigsten Differenzialdiagnosen symmetrischer und
asymmetrischer Beinschwellungen sind in Tabelle 4 und
in Tabelle 5 gelistet.
1 Beurteilungskriterien phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen [14.15]
Diagnose
Schmerz
Weitere Hinweise
Diagnose
Schmerz
Weitere Hinweise
n Herzinsuffizienz
nein
reversibles Stauungsödem, leicht eindrückbar,
Belastungsdyspnoe, nächtliche Orthopnoe,
Tachykardie
n Chronische venöse
möglich
Ödem im Frühstadium reversibel, im Spätstadium
teigig und schwer eindrückbar, schwere Beine,
Besserung beim Gehen,
Varizen, Corona phlebectatica paraplantaris,
Depigmentierung (Atrophie blanche), braune
Hyperpigmentation (Purpura jaune d’ocre), florides
oder vernarbtes Ulcus
Beinschmerz
möglich
Ödem entwickelt sich erst allmählich, Linderung
beim Hochlagern des Beines, „Thrombosefrühzeichen“ (schmerzhafte Druckpunkte) sind unspezifisch
und können fehlen (siehe Tabelle 7, S. 24, S. 25)
ansteigende Pulsfrequenz („Kletterpuls“), subfebrile
Temperatur
n Leberzirrhose
nein
reversibles Stauungsödem, leicht eindrückbar
n Nephrotisches Syndrom
nein
reversibles Ödem, leicht eindrückbar,
Labor: Proteinurie, Hypoproteinämie
n Lipödem
(‡ S. 80)
gelegentlich
druckschmerzhaft
irreversibles Ödem, teigig und schwer eindrückbar,
supramalleolärer Fettkragen,
Füße werden von der Schwellung immer ausgespart
n orthostatisches Ödem
nein
eindrückbares Ödem gewöhnlich am Abend durch
langdauernde Steh- oder Sitzbelastung
n Arzneimittelneben-
nein
Unterschenkel-/Knöchelödeme, z.B. CalciumKanalblocker
wirkung
Tabelle 4: Symmetrische Beinödeme (bilateral) Differenzialdiagnostische Hinweise
Insuffizienz
(‡ S. 45)
n tiefe Bein- oder Becken-
venenthrombose
(S. 21)
n Thrombophlebitis
(‡ S. 33)
im Verlauf einer
Rötung, tastbarer Strang
oberflächlichen Vene
n Lymphödem
(‡ S. 64)
nein
Ödem am Fußrücken und Retromalleolarraum,
Ödem im Frühstadium reversibel, leicht eindrückbar,
im Spätstadium irreversibel, teigig und schwer
eindrückbar, Faltenbildung im Bereich des oberen
Sprunggelenkes,
Verdickung der Zehen („Kastenzehen“: (‡ Abb. 2,
S. 12), positives Stemmer’sches Hautfaltenzeichen
(‡ Abb. 4, S. 13)
n Chronisch-
nein
irreversibles Ödem bei rheumatischen Erkrankungen,
Kollagenosen oder chronischen Hauterkrankungen
n Ischämisches Ödem
nein
arteriosklerotische Erkrankungen, Diabetes mellitus
n Erysipel
(‡ S. 39)
Berührungsempfindlichkeit
scharf begrenzte, flammende Rötung, Überwärmung,
Lymphknotenschwellung, Fieber, Krankheitsgefühl,
Leukozyten ·, BSG ·, ASL-Titeranstieg erst nach
1-2 Wochen
n Arthrose
gelenknah
Bewegungseinschränkung
n Gicht
Großzehengrundgelenk
anfallsartige Schwellung von Gelenken
n Muskelfaserriss/
plötzlicher
Wadenschmerz
ausgeprägtes subfasziales Ödem nach
starker körperlicher Anstrengung, CPK ·
plötzlicher
Wadenschmerz
starke Unterschenkelschwellung, heftige lokale
Entzündungsreaktion möglich (Gewebsmasse in der
Fossa poplitea in der Anamnese)
entzündliches Ödem
schwerer Muskelkater
n rupturierte Baker-Zyste
Tabelle 5: Asymmetrische Beinödeme (unilateral oder bilateral) - Differenzialdiagnostische Hinweise
1 Beurteilungskriterien phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen [16.17]
Abbildung 6: Typische Zeichen
eines Lymphödems: Ödeme am
Fußrücken und retromalleolär
(hier: primäres Lymphödem)
Abbildung 7: Typische Zeichen
eines Lipödems: supramalleolärer
Fettkragen ohne Schwellung des
Fußrückens
1 Beurteilungskriterien phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen [18.19]
2 Akute phlebologische und lymphologische
Erkrankungen
Zu den akuten phlebologischen und lymphologischen Erkrankungen
der unteren Extremitäten zählen neben der tiefen Bein- und
Beckenvenethrombose ebenfalls Thrombophlebitis und
Varikophlebitis sowie Varizenblutung. Ebenfalls gehören dazu die
durch Bakterien oder Parasiten hervorgerufenen Entzündungen wie
die Lymphangitis, Lymphadenitis oder das Erysipel
2.1 Tiefe Bein-/Beckenvenenthrombose (TVT)
F.X. Breu, C. Martin
Definition und klinische Problematik
Bei einer akuten tiefen Bein- und Beckenvenenthrombose
(TVT) – auch Phlebothrombose genannt – handelt es sich
um eine partielle oder vollständige Verlegung der Leitund/oder Muskelvenen durch ein Blutgerinnsel (Thrombus
= Blutpfropf), das zum appositionellen Wachstum und zur
Embolisation in die Lunge (Thromboembolie) neigt.
Eine weitgehende, die Venenklappen erhaltende Auflösung der Thromben erfolgt spontan oder unter Standardtherapie nur ausnahmsweise.
Im weiteren Verlauf kommt es teilweise zu einer bindegewebigen Organisation, überwiegend mit Rekanalisation
und Zerstörung der Klappen. Die Entwicklung einer
chronischen venösen Insuffizienz (CVI) ist relativ häufig.
Abbildung 8: Tiefe Beinvenenthrombose links
Klinik
Eine Blickdiagnose der TVT ist nicht möglich. Der objektive
Befund einer TVT ist oft wenig eindrucksvoll (insbesondere bei bettlägrigen Patienten). Eine Umfangdifferenz der
Beine, livide Verfärbung im Stehen (Strömungszyanose),
2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [20.21]
die Ausbildung von Kollateralvenen, besonders in Leiste
und Unterbauch, sowie die so genannten „Pratt-Warnvenen“ über der Tibia werden nur bei ausgeprägten
Beinvenethrombosen beobachtet, die hämodynamisch
wichtige Abstromabschnitte blockieren.
verlangsamung (Stase), Aktivierung der plasmatischen
Gerinnung (Hyperkoagulabilität), Schädigung der Gefäßwand (Endothelläsion). Beckenvenethrombosen treten
möglicherweise wegen des Beckenvenensporns häufiger
links auf.
Phlegmasien (Sonderformen der TVT) mit schmerzhaftem,
sich rasch entwickelndem Beinödem und stasebedingter
Ischämie im Bereich der Mikrozirkulation sind selten:
Die wichtigsten Thromboseauslöser sind Schwangerschaft
bzw. Geburt, die Einnahme von oralen Kontrazeptiva oder
Östrogentherapie (vor allem in Kombination mit Rauchen
- Malignome), Überanstrengung („thrombose par effort“)
und schwere Erkrankung, insbesondere aber Immobilisierung kombiniert mit Operationen und Traumen, oder langes Sitzen (z.B. Reisethrombose). Die Gefahr von Venenthrombosen besteht nicht nur nach Interkontinentalflügen. Auch Autofahrer oder Bus- und Bahnreisende sind
gefährdet. Nach den Ergebnissen einer Fall-Kontrollstudie
(1999 -2002) verdoppelt sich das Risiko bereits ab einer
vierstündigen Immobilisierung.9 Für Menschen mit einer
Mutation des Faktor-V war das Risiko um den Faktor 8
erhöht, für Übergewichtige mit einem Bodymass-Index
(BMI) von über 30 kg/m2 um den Faktor 10 und für
Frauen, die orale Kontrazeptiva einnahmen, um den
Faktor 20. Auch große Menschen (> 1,90 m) und kleine
Menschen (< 1,60 m) hatten ein 4- bzw. 5-fach erhöhtes
Thromboserisiko.
Phlegmasia alba dolens („Milchbein“)
Ein hochgradiges, blasses, schmerzhaftes unilaterales
Beinödem bei Oberschenkel- und/oder Beckenvenenthrombose.
Phlegmasia rubra dolens
Ein plötzliches, schmerzhaftes unilaterales Beinödem mit
Rotfärbung der Haut bei ausgedehnter TVT und Periarteriitis, manchmal Übergang in die Phlegmasia coerulea
dolens.
Phlegmasia coerulea dolens
Ein perakutes, hochdramatisches Krankheitsbild mit meist
sehr schmerzhaftem (oft nur auf Morphine ansprechendem), anfangs weichem, später „holzigem“ Beinödem mit
rotzyanotischer Verfärbung („phlébite bleue“) infolge fulminanter Gerinnung des Blutes in allen Venen des Beines
mit arterieller Minderdurchblutung. Periphere Arterienpulse sind abgeschwächt oder fehlen. Die Hauttemperatur ist leicht erniedrigt oder wegen der Phlebitiden erhöht.
Die Krankheit zeigt rasche Progredienz mit Entwicklung
eines hypovolämischen Schocks und eines ischämischen
Syndroms mit akraler Gangrän („venöse Gangrän“).
Ätiologie
Für die Entstehung der Thrombose gilt die Virchow-Trias
mit den drei pathogenetischen Mechanismen: Strömungs-
Thrombusbildung
Histologisch werden drei Arten von Thromben unterschieden:
Der Gerinnungsthrombus (roter Thrombus: Fibrinlamellen mit Erythrozyten und Leukozyten) entsteht durch
Blutgerinnung bei zu langsam fließendem Blut bzw. Stase
und füllt das Gefäßlumen meist vollständig aus (Gefäßobliteration). Dieser Thrombus haftet der Gefäßwand nur
partiell an. Daher können sich Teile dieses Thrombus
leicht lösen (Embolus) und über das rechte Herz zu einer
Lungenembolie führen (venöse Embolie).
2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [22.23]
Der Abscheidungsthrombus (Thrombozyten + Fibrin)
entsteht durch Läsion der Gefäßwand und sitzt der
Gefäßwand fest an.
Der gemischte Thrombus besteht aus einem Kopfteil
(Abscheidungsthrombus) und einem Schwanzteil (Gerinnungsthrombus).
Klinische Untersuchung (‡ Tabelle 7a + 7b)
Inspektion:
Stauungssymptome, Seitendifferenz, Farbe und Temperatur der Haut, Varizen, Kollateralvenen
Palpation:
Konsistenz der Haut, Dellenbildung, typische Druckschmerz-Punkte, subfasziales Ödem
Abklärung der Diagnose
Symptom
Anamnese
n Beginn, Art und Intensität der Symptome ?
n Risikofaktoren? (‡ Tabelle 6)
Risikofaktoren nach pathogenetischen Gesichtspunkten (Virchowsche Trias)
Gefäßwandläsion (Endothelläsion)
durch: Frakturen, Traumen (Hämatome, Verstauchungen), Operationen, Geburt, Entzündung
Strömungsverlangsamung (Stase)
durch: Immobilisierung, Paresen, langes Sitzen (z.B. Operation, Bettlägrigkeit, Reisethrombose),
Herzinsuffizienz mit hoher Vorlast durch einen venösen Rückstau,
Varizen, chronische venöse Insuffizienz, frühere Thrombosen (inkomplett rekanalisierte Venenlumina,
pathologischer Reflux infolge Klappenzerstörung),
Schwangerschaft (Behinderung des venösen Rückstroms durch den vergrößerten Uterus, veränderte
Hormonsituation)
Exsikkose,
Adipositas (BMI > 30 kg/m2)
Veränderung der Blutzusammensetzung (Hyperkoagulabilität)
durch: Thrombozytose, Polyglobulie, Polyzythämie, Hyperfibrinogenämie, Plasminogenmangel,
hereditäre/erworbene Thrombophilie: Antithrombinmangel, Protein-C-Mangel, Protein-S-Mangel,
APC-Resistenz (Faktor-V-Leiden-Mutation),
Prothrombinmutation, Antiphospholipid-Syndrom
(Lupusantikoagulanzien, Antikardiolipin-Antikörper),
persistierende Faktor-VIII-Erhöhung, u.a.
Malignom,
Kontrazeptiva, Östrogentherapie, Steroide
Tabelle 6: Risikofaktoren für eine tiefe Bein-/Beckenvenenthrombose
Schmerzen
Eigenname
Schmerzen im Bein beim Husten und Pressen
Louvel-Zeichen
Fußsohlendruckschmerz im Bereich der medialen Plantarmuskulatur, entspricht dem Schmerz, den der Patient
spontan beim Auftreten angibt
Payr-Zeichen
spontaner Fußsohlenschmerz, ohne Druck
Deneke-Zeichen
Plantarüberempfindlichkeit
Rössle-Zeichen
Druckschmerz in der Regio calcaneo-malleolaris /
Kulissendruckschmerz
Bisgaard-Zeichen
Druckschmerz entlang der betroffenen Vene medial der
Tibiakante
Meyer-Druckpunkte
Wadenschmerz bei Dorsalflexion des Fußes
Hohmans-Zeichen
Wadenschmerz bei manueller Kompression der
Wadenmuskulatur
Ducuing-Zeichen
Wadenkompressionsschmerz bei Druck >100 mmHg:
langsames Aufpumpen einer Blutdruckmanschette im
Bereich beider Waden bis zur Schmerzgrenze. Bei Seitendifferenz > 20 mmHg ‡ Verdacht auf TVT in dem Bein
mit dem niedrigeren Druckwert
Lowenberg-May Test
Druckschmerz 3-4 cm unterhalb der Kniekehle und in der
Kniekehle selbst
Pratt-Zeichen
Schmerzen in der Kniekehle bei Überstreckung
Sigg-Zeichen
Druckschmerz im Bereich des Adduktorenkanals
Leistenschmerz
Rielander-Zeichen
Tabelle 7a: Klinische Zeichen einer tiefer Bein-/Beckenvenenthrombose (sog. Thrombosefrühzeichen)
2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [24.25]
Symptom
lokale Schwellung
Eigenname
Schwere in den Beinen (meist einseitig), Spannungsgefühl, verstrichene Gelenkkonturen, gesteigerter
Gewebeturgor (Frühsymptome), eindrückbares Ödem
am symptomatischen Bein (Spätsymptom);
CAVE: rasche Extremitätenschwellung bei Phlegmasia
coerulea dolens!
Umfangdifferenz
der Wade
Unterschenkelschwellung > 3 cm gegenüber
Gegenseite
Hautveränderung
einseitige leichte Zyanose im Stehen Überwärmung,
evtl. Glanzhaut
Hautvenendilatation
prall gefüllte subkutane Venen über der Tibia nach lateral
unten verlaufend
Kollateralvenen
oberflächliche Leiste, Schamgegend (oft in der Schambehaarung versteckt!), Unterbauch
Herzfrequenz ·
Pulsanstieg bei zunächst normaler bis subfebriler Körpertemperatur; im fortgeschrittenen Stadium bis 38 °C und
oft überproportionaler Pulsanstieg („Kletterpuls“);
CAVE: Lungenembolie!
Fußpuls normal
oder fehlend
Prattsche Warnvenen
Kriterium
Score
aktive Krebserkrankung
1
Lähmung oder kürzliche Immobilisation der Beine
1
Bettruhe (> 3 Tage); große Chirurgie (< 12 Wochen)
1
Schmerz/Verhärtung entlang der tiefen Venen
1
Schwellung ganzes Bein
1
Unterschenkelschwellung > 3 cm gegenüber Gegenseite
1
eindrückbares Ödem am symptomatischen Bein
1
Kollateralvenen
1
früher dokumentierte TVT
1
alternative Diagnose mindestens ebenso wahrscheinlich
wie TVT
Mahler-Zeichen
normal (außer bei starkem Ödem oder zusätzlicher
arterieller Verschlusskrankheit);
CAVE: pulslose Extremitätenschwellung bei Phlegmasia
coerulea dolens!
Tabelle 7b: Klinische Zeichen einer tiefer Bein-/Beckenvenenthrombose (sog. Thrombosefrühzeichen)
Bestimmung der klinischen Wahrscheinlichkeit einer
TVT (‡ Tabelle 8)
Mittels Anamnese und körperlicher Untersuchung kann
eine TVT nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Eine große Bedeutung kommt heute der
Bestimmung der klinischen Wahrscheinlichkeit für das
Vorliegen einer TVT mittels Scores zu, die anamnestische
Angaben und klinische Befunde berücksichtigen (z.B.
Score nach Wells et al., siehe Tabelle 8). Daraus ergibt
sich eine Graduierung in zwei Kategorien für die
Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer TVT (hohe und
nicht hohe Wahrscheinlichkeit).
-2
Score ≥ 2: Wahrscheinlichkeit für TVT hoch
Score < 2: Wahrscheinlichkeit für TVT nicht hoch
TVT= tiefe Venenthrombose
Tabelle 8: Bestimmung der klinischen Wahrscheinlichkeit einer tiefen
Bein-/Beckenvenenthrombose nach Wells et al. 2003 39
Diagnostischer Algorithmus bei Verdacht auf TVT
(‡ Abbildung 9)
Für den eindeutigen Ausschluss bzw. Nachweis einer TVT
sind weitere Untersuchungen notwendig. Ihr Einsatz
erfolgt je nach Einstufung der klinischen Wahrscheinlichkeit.
Falls klinische Wahrscheinlichkeit für TVT nicht hoch:
n D-Dimer-Test (‡ Kapitel 4.1.1, S. 85)
Falls klinische Wahrscheinlichkeit für TVT hoch:
n Kompressionssonographie kombiniert mit
Farbduplexsonographie der Bein- und Beckenvenen
(‡ Kapitel 4.2.2, S. 87 und Kapitel 4.2.3, S. 88)
n Phlebographie (‡ Kapitel 4.2.4, S. 89)
2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [26.27]
Verdacht auf TVT
klinische Wahrscheinlichkeit
hoch
nicht hoch
D-Dimer
Sonographie der Beinvenen
antikoagulieren
positiv
negativ
positiv
negativ
nicht antikoagulieren
nicht antikoagulieren
nicht eindeutig
Kontrollsonographie oder
Phlebographie
antikoagulieren
positiv
negativ
nicht antikoagulieren
Abbildung 9: Diagnostischer Algorithmus bei Verdacht auf tiefe
Venenthrombose (TVT) 12
Zusatzdiagnostik
n Bei Verdacht auf proximale TVT:
n Magnetresonanz- und ComputertomographiePhlebographie (‡ Kapitel 4.2.5, S. 89)
n Wenn TVT-Diagnose wahrscheinlich ist (vor
Antikoagulation): Vitalparameter, Blutbild, BSG,
Leukozyten, GOT, GPT, Gamma-GT, Kreatinin,
Gerinnungsparameter.
n Besonders bei idiopathischer TVT:
- Malignom-Screening
- Thrombophilie-Screening (‡ Kapitel 4.1.2, S. 85,
Tabelle 17, S. 86)
Merksätze:
n Viele tiefen Beinvenenthrombosen (TVT) verlaufen
klinisch oligo- oder asymptomatisch, insbesondere
bei bettlägrigen Patienten. Ein unauffälliger klinischer
Befund schließt eine TVT nicht aus!
n Gelegentlich sind rezidivierender Thoraxschmerz
und/oder Dyspnoe durch Lungenembolie einzige
Symptome bei fehlenden Beinbeschwerden!
n Mittels Anamnese und körperlicher Untersuchung
kann eine TVT nicht mit ausreichender Sicherheit
ausgeschlossen werden.
n Verdächtig sind unklare subfebrile Temperatur, BSGErhöhung, Leukozytose, vor allem wenn postoperativ,
posttraumatisch oder im Wochenbett persistierend.
Treppenförmiges Ansteigen des Pulses („Kletterpuls“)
bei gleichbleibender Temperatur können ein Frühzeichen der Thrombose oder der Lungenembolie sein
(Mahler-Zeichen).
n Der diagnostische Prozess sollte mit einer Einschätzung
der klinischen Wahrscheinlichkeit beginnen.
n Bei niedriger klinischen Wahrscheinlichkeit und einem
negativem D-Dimer-Test lässt sich eine TVT mit hoher
Wahrscheinlichkeit ausschließen.
n Bei hoher klinischer Wahrscheinlichkeit für eine TVT
ist die Kompressions- und Duplex-Sonographie die
wesentliche Standarduntersuchung.
n Spezielle Untersuchungen sind bei idiopathischer TVT
zu empfehlen (Malignom-Screening, ThrombophilieScreening).
Differenzialdiagnosen
Die wichtigsten Differenzialdiagnosen der TVT sind in
Tabelle 9 zusammengefasst.
2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [28.29]
Wichtigste Differenzialdiagnosen der TVT
n Hämatom (sichelförmige Verfärbung hinter dem Innenknöchel)
n posttraumatische Schwellung
n Muskelriss, Muskel- und/oder Bänderzerrung
n Baker-Zyste (Ultraschall der Kniekehle!)
n Postthrombotisches Syndrom, Lipodermatosklerose
n „Hypodermitis“
n Phlebitis superficialis, Vaskulitis
n Erysipel (‡ S. 39)
n Lymphangitis (‡ S. 38)
n Acrodermatitis chronica atrophicans (ödematöses, präatrophisches Stadium bei Borreliose)
n Lymphödem (‡ S. 64)
n Lipödem (‡ S. 80)
n Selbststauartefakte
n kardiale, nephrogene, dysproteinämische Ödeme
n Kompartmentsyndrom
n Medikamentennebenwirkung (Diuretika, Laxantien, Lipidsenker, Antihypertonika, u.a.)
n „Thrombophobie“ (Thromboseangst, vorwiegend bei Patienten mit Thromboseerfahrung)
Tabelle 9:
Differenzialdiagnosen der tiefen
Beinvenenthrombose 30
Therapie
Die Therapie der Venenthrombose hat zum Ziel, eine
Lungenembolie und das postthrombotische Syndrom zu
verhindern. Die Therapie kann auch ambulant von
erfahrenen niedergelassenen Ärzten korrekt durchgeführt
werden.
n Heparinbehandlung
Die therapeutische Antikoagulation muss sofort begonnen werden, um die bestmögliche Reduktion des
Lungenembolierisikos zu erreichen (auch bei schwangeren Patientinnen und Tumorpatienten).
Die initiale Antikoagulation erfolgt üblicherweise
subkutan mit niedermolekularem Heparin.
n Sekundärprophylaxe mit Vitamin-K-Antagonisten
Die orale Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten (z.B.
Marcumar) wird in der Regel am ersten oder zweiten
Tag begonnen (überlappend mit Heparin über mindestens vier bis fünf Tage) mit dem International
Normalized Ratio (INR) – Zielwert 2,0 bis 3,0. Bei den
meisten Patienten genügt die derzeit übliche sechs- bis
zwölfmonatige orale Antikoagulation zur RezidivProphylaxe. Etwa ein Drittel der Patienten mit TVT
erleidet jedoch ein Rezidiv in den nächsten fünf bis
acht Jahren. In einer Studie an 914 Patienten mit
spontaner Thromboembolie wurde bei den 100 Patienten mit Rezidiv ein signifikant erhöhter Thrombin-Wert
im Vergleich zu den rezidivfreien Patienten nachgewiesen (bei einem Thrombin-Wert von über 400nM betrug
das Rezidivrisiko 20 Prozent).21 Die optimale Dauer
einer Langzeittherapie mit Vitamin K-Antagonisten ist
nicht bekannt. Prospektive klinische Studien haben
gezeigt, dass der D-Dimer Spiegel des Patienten nach
Absetzen der oralen Antikoagulation einen hohen
Vorhersagewert für das Auftreten einer erneuten
Venenthrombose besitzt. So erleiden Patienten mit
einem erhöhten D-Dimer Spiegel signifikant weniger
Rezidive, wenn die Therapie mit Vitamin K-Antagonisten weitergeführt wird.27
n Kompressionstherapie und Gehübungen
Die Kompressionstherapie (Kompressionsverband oder
Unterschenkelkompressionsstrumpf der Klasse II) reduziert die Inzidenz und die Schwere des postthrombotischen Syndroms. Sie sollte so früh wie möglich begonnen werden, kombiniert mit „kontrolliertem Gehen“
(3x täglich 20-30 Minuten bewusst spazieren gehen).
Die Immobilisierung des Patienten mit einer TVT jedweder Lokalisation ist nicht indiziert, es sei denn zur
Linderung der Beschwerden bei stark schmerzhafter
Beinschwellung.
2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [30.31]
n Lysetherapie
Eine frühzeitige Lyse kann die Entstehung des postthrombotischen Syndroms verhindern (Wiederherstellung der venösen Strombahn ohne Schädigung der
Venenklappen). Die Dauer der Lyse ist vom Präparat
abhängig (z.B. Streptokinase maximal 5 Tage). Die
Indikationsstellung muss kritisch unter sehr strenger
Beachtung der Kontraindikationen und der teilweise
lebensbedrohenden Komplikationen erfolgen (intrazerebrale Blutungen). Eine Lysetherapie ist zu diskutieren
bei jungen Patienten (Alter < 45 Jahre), frischer
Thrombose (höchstens 3 Tage alt) und ausgedehnten
proximalen Thrombosen.
n Thrombektomie
Die operative Thrombusentfernung ist nicht Therapie
der ersten Wahl. Sie ist indiziert bei sehr ausgeprägten
proximalen Thrombosen und bei der Phlegmasia
coerulea dolens mit Gefährdung der Extremität.
n Cavafilter
Die Implantation eines Cavafilters kann nach sorgfältiger Abwägung in Einzelfällen indiziert sein (z.B.
Kontraindikation gegen Antikoagulation oder rezidivierende Lungenembolie trotz Antikoagulation), sollte
aber wegen der möglichen Langzeitfolgen zeitlich
stark begrenzt bleiben (z.B. Cavathrombose, Rezidiv
einer Lungenembolie).
n Die Bestimmung des Dimer-Spiegels im Blut vier bis
fünf Wochen nach Ende der Koagulation klärt das
Rezidiv-Risiko (erhöhter D-Dimer-Spiegel bedeutet
erhöhte Rezidiv-Gefahr; d.h. Fortsetzung der Antikoagulation erforderlich).
2.2 Thrombophlebitis, Varikophlebitis
F.X. Breu, C. Martin
Definition und klinische Problematik
Bei einer Thrombosierung epifaszialer Venen handelt es
sich um eine Gerinnselbildung (Thrombus) in einer oberflächlichen Vene mit lokalen Entzündungszeichen. Für
dieses Krankheitsbild, das häufiger bei Vorhandensein
von Varizen entsteht (Krampfaderentzündung) werden die
Begriffe Varikothrombose, Varikophlebitis oder Thrombophlebitis superficialis verwendet. Davon abzugrenzen ist
die Phlebitis superficialis (migrans oder saltans), bei der
die Gefäßentzündung im Vordergrund steht.
Abbildung 10: Phlebitis der Vena
saphena magna
Komplikationen
n Lungenembolie (akute Dyspnoe, plötzlicher
Thoraxschmerz und Synkope, Tachypnoe, Zyanose)
n Postthrombotisches Syndrom (Kapitel 3.1.1.2, S. 51)
n Chronische venöse Insuffizienz (Kapitel 3.1, S. 45)
Merksätze:
n Wegen der Gefahr der Lungenembolie Heparintherapie
schon bei Verdacht beginnen.
Klinik (Blickdiagnose)
Die Leitsymptomatik der Varikothrombose umfasst die
klassischen Entzündungszeichen Tumor, Dolor, Rubor und
Calor: Die betroffene Vene schmerzt, die Umgebung ist
2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [32.33]
gerötet, heiß und geschwollen, eine Resistenz ist tastbar.
Die Schmerzen verringern sich gewöhnlich innerhalb
einer Woche. Die Entzündung klingt nach zwei bis sechs
Wochen ab, die thrombosierte Vene kann aber noch
monatelang Symptome verursachen.
Therapie
Die Behandlung ist lokal und Symptomorientiert. Bei
aszendierender Phlebitis ist die Gabe von niedermolekularem Heparin (NMH) in prophylaktischer oder therapeutischer Dosierung nötig.
Ätiologie
Die Hauptursache der Varikothrombose ist eine lokale
Stase. Sie betrifft Patienten mit Varikose, chronisch-venöser Insuffizienz oder einem postthrombotischen Syndrom.
n Kompressionsbehandlung
Die Phlebitis superficialis des Beines dagegen betrifft
Patienten ohne ausgeprägte Venenerkrankung. Sie tritt
auf nach intravenösen Injektionen, Intimaverletzung
durch Traumen, nach Infektionen durch Bakterien (z.B.
nach Drogeninjektion), Viren oder Parasiten und bei
Systemerkrankung (Paraneoplasie, Gerinnungsstörungen,
Kollagenosen, z.B. bei der Behçet-Krankheit und der
Winiwater-Buerger-Krankheit =Thrombangiitis obliterans).
Abklärung der Diagnose
Die Diagnostik muss darauf gerichtet sein herauszufinden,
ob der entzündliche oder der thrombotische Prozess im
Vordergrund steht. Bei einer Varikothrombose in der
Gegend der Vena saphena parva (Wade) oder ab der
Mitte des Oberschenkels nach poximal muss die Beteiligung der tiefen Venen abgeklärt werden (aszendierende
Varikothrombose).
Differenzialdiagnosen
n Tiefe Venenthrombose (‡ Kapitel 2.1, S. 21)
n Lymphangitis (‡ Kapitel 2.4.1, S. 38)
n Erysipel (‡ Kapitel 2.4.3, S. 39)
n Insektenstichreaktion
n Hypodermitis
n
n
n
n
n
n
Die Basisbehandlung der Varikothrombose aber auch
der Phlebitis superficialis besteht in einer exakten
Kompressionstherapie (auch nachts), was zu einer
prompten Schmerzlinderung führt. Der Kompressionsdruck kann evtl. durch Druckpolster erhöht werden.
Lokaltherapie
Heparinhaltige Salben und lokale Kälteapplikation
(z.B. Kryopack auf den Verband legen).
Häufiges Gehen
Mindestens 3-mal täglich eine halbe Stunde gehen; in
Ruhe das Bein hochlagern.
Schmerzmittel bei Bedarf
Stichinzision
In allen dazu geeigneten Fällen soll die Varikothrombose durch eine Stichinzision mit dem Skalpell nach
vorheriger Lokalanästhesie (Chlorethyl) entfernt werden. Die Schmerzen lassen dann schlagartig nach.
Durch diese Maßnahme werden große Teile des
Thrombus und damit die Ursache für das weitere
Wachstum der Varikothrombose eliminiert.
Antikoagulation
Bei einer ausgedehnten Varikothrombose, einer Aszension und Mitbeteiligung des tiefen Venensystems, ist
eine Antikoagulation mit niedermolekularem Heparin
und überlappend mit oralen Antikoagulantien zu empfehlen.
Krossektomie/Varizenoperation (‡ Kapitel 5.2.3.1,
S. 138)
Eine Varizensanierung nach Abklingen der akuten
Symptome ist mit dem Patienten zu besprechen. Bei
2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [34.35]
einer Krossenthrombose ist die notfallmäßige Operation zu erwägen.
2.3 Varizenblutung
F.X. Breu, C. Martin
Die orale Antikoagulation und die Kompressionsbehandlung werden im Allgemeinen 4-6 Wochen durchgeführt. Bei einer Phlebitis superficialis im Rahmen
einer Grunderkrankung muss nach dieser entsprechend gesucht werden.
Komplikationen
n Tiefe Beinvenenthrombose
n Lungenembolie
Abbildung 11: Varikophlebitis
Anamnese (46 Jahre, 70 kg/KG):
n Seit 3 Tagen Schmerzen und
Schwellung einer varikösen
V. saphena magna li.
n Varikose seit über 10 Jahren.
Beginn der starken Schmerzen
am Tag des Rückfluges aus
dem Urlaub (Flugdauer über
20 Stunden). Schon im Urlaub
leicht ziehende Schmerzen im
Varizenbereich
n Keine Thromboembolien in
der Eigen- und Familienanamnese
n Familiäre Varikosebelastung
Klinik und Ätiologie
Gerade bei ausgeprägten Varizen können schon kleinste
Verletzungen (z.B. bei der Gartenarbeit) zu mitunter starken Blutungen führen.
Therapie
Steriler Druckverband und Hochlagerung des betroffenen
Beines. Evtl. Operation oder Sklerosierung.
Komplikation
In seltenen Fällen kommt es zu einem starken Blutverlust,
der eine Bluttransfusion notwendig macht.
2.4 Lymphödem durch Entzündung
Ch. Schuchhardt
Merksätze:
n Die Behandlung der oberflächlichen Venenthrombose
ist Symptomorientiert.
n Eine tiefe Venenthrombose kann zeitgleich mit der
oberflächlichen Venenthrombose auftreten oder auch
verzögert (Tage bis Wochen nach der Diagnose einer
oberflächlichen Venenthrombose).
n Der D-Dimer-Test eignet sich nicht für die Differenzialdiagnose zwischen einer oberflächlichen und einer
tiefen Thrombosierung.
Die Entwicklung chronischer Lymphödeme durch infektiös
entzündliche Prozesse ist in den gemäßigten Zonen eher
selten. Weltweit gesehen stellt jedoch die tropische
Filariasis die häufigste Ursache aller infektiös bedingten,
sekundären Lymphödeme dar. Der Zusammenhang
zwischen chronischen Lymphödemen und bakteriellen
Hautinfekten oder Infekten der abführenden Lymphgefäße
ist eindeutig. So stellt die Erysipelinfektion (Wundrose)
die häufigste Komplikation chronischer Lymphödeme dar.
Weniger bekannt ist, welche Erkrankung als primär ursächlich für welche Komplikation zu gelten hat:
Primär chronisches Lymphödem mit Entwicklung der
Komplikation Erysipelinfekt oder primär Erysipelinfekt mit
Entwicklung chronischer Lymphödeme.
2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [36.37]
Aus lymphologischer Sicht ist in der Regel eine latente
Vorschädigung des Lymphgefäßsystems, welche sich
klinisch noch nicht als Lymphödem manifestiert hat, verantwortlich für zahlreiche Erysipelinfekte oder Lymphangitiden. Ohne Vorschädigung des Lymphgefäßsystems
(Anlagestörung) im Sinne eines primären Lymphödems,
oder eines drohenden Lymphödems nach z.B. Axillarevision, führt ein einmaliger Erysipelinfekt nicht zu einem
chronischen Lymphödem. Erst wenn mehrfach bakterielle
Hautinfekte aufgetreten sind, z.B. bei immer wieder
auftretenden Verletzungen mit Infektionen oder z.B. bei
chronischen Hautekzemen mit immer wieder auftretenden
bakteriellen Infekten, ist die Diagnose „Sekundärkomplikation chronisches Lymphödem“ zu akzeptieren.
2.4.3 Erysipel (Wundrose)
Definition
Das Erysipel ist eine akute entzündliche, auf die Subkutis
übergreifende Infektion des Koriums, in der Regel verursacht durch beta-hämolysierende Streptokokken (Streptococcus pyogenes der Serogruppe A), gelegentlich auch
durch Staphylokokken. Eintrittspforten sind kleine Hautläsionen (häufig Tinea pedum).
2.4.1 Lymphangitis
Unter Lymphangitis versteht man eine bakterielle Infektion
von Lymphkollektoren in der Regel an Arm oder Bein.
Meist ist eine Eintrittspforte mit peripherem Hautinfekt
festzustellen. Klinisch zeigt sich ein schmaler, druckschmerzhafter, geröteter, etwas derberer Strang vom Ort
der Infektion bis zum jeweiligen regionären Lymphknoten.
Dieser ist meist vergrößert, druckschmerzhaft und überwärmt tastbar (Lymphadenitis).
2.4.2 Lymphadenitis
Unter Lymphadenitis versteht man eine durch Bakterien
oder Parasiten verursachte Entzündung des Lymphknotens. Die früher häufigste Lymphadenitis war tuberkulosebedingt, bei Abszedierungen kam es gelegentlich zur
Einschmelzung des Lymphknotens (tuberkulotisches
Skrofulose). Lymphadenitiden sind sicher häufiger als
Lymphangitiden. Häufig sind auch virale Infekte mit im
Spiel.
Klinik
Die Krankheit beginnt subakut aus vollem Wohlbefinden
heraus mit Schüttelfrost gefolgt von hohem Fieber, zuweilen verbunden Kopfschmerzen und Übelkeit/Erbrechen.
Der Patient fühlt sich schwer krank.
Abbildung 12: Erysipel: scharf
begrenzte, flammende Rötung,
die sich von der oberflächlichen
Wunde (Eintrittspforte der
Krankheitserreger) flächenhaft
ausbreitet.
Klinisch imponieren flächige, gerötete, überwärmte,
schmerzhafte Hautbezirke, mal komplett im Hautniveau,
gelegentlich auch das Niveau leicht überschreitend
(Erisipela rubeosum). In schweren Fällen kommt es zu
Gewebsuntergängen in Form von Blasen (Erysipela bullosum) oder Nekrosen (Erysipela gangraenosum). Eine
2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [38.39]
lebensgefährliche Komplikation stellt die Fasciitis necroticans dar, welche die katastrophalste Komplikation eines
Erysipela bullosums mit jetzt Erreichen auch der tiefen
Hautschichten bis zur Fascie darstellt.
Abbildung 13: Erysipela bullosum
Diagnose
Klinische Symptome
Labor: BSG ·· , CRP ·· , Leukozyten · ; ASL-Titer kann
positiv sein
Differenzialdiagnosen
Thrombophlebitis, Beinvenenthrombose, akutes Ekzem
(Bläschen, Schuppung), Lymphangitis, Lymphangiosis
carcinomatosa.
Ätiologie
Diese flächige bakterielle Hautinfektion ist die
häufigste Komplikation chronischer Lymphödeme. Die
sekundären Gewebsveränderungen der Haut und auch
des Unterhautgewebes bei chronischer Lymphostase
begünstigen das Eindringen der immer auf der Haut angesiedelten Bakterien. Da zusätzlich die chronische
Lymphostase zu einer schlechteren Drainage des Interstitiums führt, können sich diese eingedrungenen Bakterien
rasch unkontrolliert vermehren. Über die dilatierten initialen Lymphgefäße der Haut breiten sich die Bakterien
blitzschnell innerhalb von Stunden über großflächige
Hautareale aus.
Therapie
n Hochlagerung und Kühlung (feuchte Umschläge) der
betroffenen Extremität
n Penicillin (systemisch oder oral) über 10 Tage; bei
Penicillin-Allergie: Erythromycin, neuere MakrolidAntibiotika oder Clindamycin
n Erysipelprophylaxe: Hautpflege, Vermeidung von
Bagatellverletzungen an der betroffenen Extremität,
Sanierung interdigitaler Mykosen, bei Lymphödem
zusätzlich Kompressionstherapie
Bei einem dritten Rezidiv innerhalb von neun
Monaten: antibiotische Langzeittherapie
Kontraindikation
Während der Entzündung keine manuelle Lymphdrainage
in dem betroffenen Bezirk!
Komplikationen
n Zunahme des Lymphödems bei chronisch-rezidivierendem Verlauf
n Fasciitis necroticans bei schwerer Verlaufsform des
Erysipels: Lebensgefahr durch raschen Muskelzerfall
binnen Stunden bis Tagen (sofort breite chirurgische
Eröffnung, Ruhigstellung, offene Wundbehandlung,
hochdosierte parenterale Antibiotikatherapie)
2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [40.41]
Merksätze:
n Entgegen der landläufigen Meinung, ist die Entwick-
lung chronischer Lymphödeme durch bakterielle
Infekte eher selten.
n Bakterielle Infekte der Haut und abführenden Lymph-
gefäße sind häufig durch eine latente Vorschädigung
des Lymphgefäßsystems (primär oder sekundär)
bedingt.
n Ein zunächst akutes, später chronisches Lymphödem,
kann dementsprechend durch eine bakterielle Hautinfektion ausgelöst werden.
2 Akute phlebologische und lymphologische Erkrankungen [42.43]
3 Chronische Erkrankungen
3.1 Chronische venöse Insuffizienz (CVI)
F.X. Breu, C. Martin
In kurzgefasster und übersichtlicher Form werden die chronischen
Erkrankungen mit dem jeweiligen klinischen Bild, der Ätiologie und
Diagnose sowie den therapeutischen Möglichkeiten präsentiert.
Hierbei werden die chronische venöse Insuffizienz (CVI), das Lymphödem sowie das Lipödem detailliert vorgestellt.
3.1.1 Definition
Chronische venöse Insuffizienz ist ein Oberbegriff für eine
chronische venöse (lymphatische) Abflussbehinderung
unterschiedlicher Ätiologie und den hieraus entstehenden
klinischen Veränderungen an den unteren Extremitäten.
Eine CVI findet sich nicht nur beim postthrombotischen
Syndrom, sondern auch als Folge einer ausgeprägten
primären Varikose.
Zu den klinischen Befunden, die unter dem Begriff der
CVI summiert werden, gehören:
n Phlebödem
n Corona phlebectatica paraplantaris
n Varikosis
n Hyperpigmentierung (Purpura jaune d’ocre)
n Atrophie blanche
n Dermatolipofasciosklerose
n Arthrogenes Stauungssyndrom
n Ulcus cruris venosum
3 Chronische Erkrankungen [44.45]
Abbildung 14: Corona phlebectatica paraplantaris bei chronischer venöser Insuffizienz:
Typische intrakutane Venektasien
am medialen und evtl. auch am
lateralen Fußrand.
Abbildung 16: Purpura jaune
d’ocre (Dermite ocre) bei chronischer venöser Insuffizienz: Bräunliche Hyperpigmentierung der
Unterschenkel als Folge der stauungsbedingten Erythrozytenextravasation in den Perikapillarraum und der damit verbundenen
Hämosiderinablagerung zugrunde gegangener Erythrozyten,
sowie Einlagerungen von Melanin
aus Melanophagen.
(Angiodermatitis pimentosa et
purpurica FAVRE).
Abbildung 15: Stauungsdermatitis/venöses Ekzem bei chronischer
venöser Insuffizienz.
Abbildung 17: Atrophie blanche
bei chronischer venöser Insuffizienz: Verschlüsse intrakutaner
Kapillaren führen zur weißlichen
Atrophie der Haut (Capillaritis
alba), in der stecknadelkopfartig
erweiterte Kapillarschlingen angeordnet sind.
3 Chronische Erkrankungen [46.47]
Abbildung 18: Ausgeprägte
Dermatoliposklerose bei chronischer venöser Insuffizienz:
Bedingt durch chronisch-rezidivierende Entzündungsprozesse,
die zur Fibrosierung von Cutis,
Subcutis und Muskelfaszie
führen, kommt es zur Induration
der Haut im distalen Unterschenkelbereich. Die Haut ist fest mit
der Fascia cruris verbacken (nicht
abhebbar) und zeigt manchmal
vermehrten Glanz.
Lage
Bezeichnung
Von der Venektasie/Dilatation
betroffene Venen
Kennzeichen
Cutis
Teleangiektasie/
Pinselfiguren
oberster (subpapillärer)
Hautvenenplexus
ausstreichbar,
nicht palpabel
Besenreiservarizen
größeren Hautsammelvenen
(Venulen)
nicht ausstreichbar,
nicht palpabel, 1 mm
Cutis/
Subcutis
Retikuläre Varizen
netzartig angeordnete Venen
mit Verbindungsvenen zum
Saphenasystem
nicht palpabel, 3 mm
Subkutan
Seitenast-Varizen
Seitenäste der V. saphena
magna und V. saphena parva
meist palpabel
Stammvarizen
V. saphena magna und/oder
V. saphena parva
meist palpabel
Perforans-Varizen
Verbindungsvenen zwischen
epifaszialen und subfaszialen
Beinvenen
meist palpabel
Subcutis/
Muskulatur
Abbildung 19: Florides (aktives)
Ulcus cruris venosum bei chronischer venöser Insuffizienz:
Häufigste Lokalisation ist der mediale distale Unterschenkel
(Bisgaard’sche Kulisse).
Tabelle 10: Einteilung der oberflächlichen (epifaszialen) Varizen
Mit Varikosis oder Varikose bezeichnet man die ausgedehnte Bildung von Varizen (sog. Krampfaderleiden).
Primäre/sekundäre Varikose
Unter einer primären Varikose versteht man eine anlagebedingte Wanddegeneration (sog. Bindegewebsschwäche), insbesondere der oberflächlichen (epifaszialen)
Venen, die mit Dilatation und Funktionsverlust der
Klappen einhergeht.
3.1.1.1 Varikosis, Varikose
Varizen (lat. Varix = Krampfader) sind unregelmäßig
schlauchförmig oder ampullär-knotenförmig erweiterte
und geschlängelt verlaufende oberflächliche Venen (alter
Begriff: „Krump Ader“).
Als sekundäre Varikosis bezeichnet man die kompensatorische, variköse Degeneration von epifaszialen Venen, die
als Umgehungskreisläufe für subfasziale Venenverschlüsse
(tiefe Phlebothrombose) dienen oder gedient haben und
im Rahmen des postthrombotischen Syndroms auftreten.
Nach morphologischen Kriterien werden mehrere Typen
von dilatierten Venen unterschieden (‡ Tabelle 10).
3 Chronische Erkrankungen [48.49]
Epidemiologie der Varikose
In den westlichen Ländern gehören Venenerkrankungen
zu den großen Volkskrankheiten. Neun von zehn Erwachsenen haben Veränderungen an ihrem Venensystem –
angefangen bei leichten Veränderungen wie etwa Besenreiser bis hin zum schwersten Stadium der chronischen
Venenerkrankung, dem Ulcus cruris venosum.
Ergebnisse der „Bonner Venenstudie“, die zwischen 2000
und 2002 von der Dermatologischen Klinik der Universität
Bonn im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie durchgeführt wurde, zeigen, dass Venenerkrankungen
mit dem Alter zunehmen. 17 % der erwachsenen Deutschen zwischen 18 und 79 Jahren haben laut Erkenntnissen der Bonner Forscher eine symptomatische Venenkrankheit, die ärztlich behandelt werden muss. Ungefähr
jede zweite Frau (42 %) und jeder sechste Mann (16 %)
sind betroffen.31 Deutlich weniger betroffen sind hingegen
Bewohner von Entwicklungsländern.2
Risikofaktoren
Eindeutige Risikofaktoren sind fortgeschrittenes Alter,
weibliches Geschlecht, mehrere Schwangerschaften,
erbliche Prädisposition sowie Übergewicht.
Abbildung 20: Formen der
Varikosis
a
b
c
d
e
21
22
Abbildung 21: Stamm- und
Astvarikose der V. saphena
magna
Abbildung 22: Astvarikose der
V. arcuata anterior
3.1.1.2 Posttrombotisches Syndrom
Das postthrombotische Syndrom (PTS) ist eine funktionelle
Störung der venösen Hämodynamik bedingt durch eine
tiefe Phlebothrombose. Bei ausgedehnten Thrombosen
treten die Symptome einer CVI (Phlebödem/Phleb-Lymphödem, gestörte Trophik bis zum Ulcus cruris venosum)
sowie Rezidivthrombosen häufiger auf; die Latenzzeit ist
unterschiedlich. Nach der Rekanalisation der thrombosierten Vene kann es zur Wandsklerose dieser Vene und
zur Ausbildung von sekundären Varizen kommen. Der
Thrombus kann aber auch als sog. „Venenstein“ verkalken
(Phlebolith) und wird dann im Röntgenbild sichtbar (ohne
Krankheitswert).
3.1.2 Klinik der CVI (Blickdiagnose)
Zu den häufigsten subjektiven Beschwerden der Patienten
im Rahmen der CVI gehören: Schweregefühl beim Stehen
und Sitzen sowie im Tagesverlauf zunehmende Ödemneigung im distalen Unterschenkelbereich (Phlebödem),
chronischer Juckreiz, Müdigkeit, Spannungsgefühl,
Wadenschmerzen.
3 Chronische Erkrankungen [50.51]
Im fortgeschrittenen Stadium kann die CVI anhand der
Unterschenkelödeme (Phlebödem/Phleb-Lymphödem) und
dilatierten Venen (Corona phlebectatica paraplantaris,
Varikosis) in Kombination mit den typischen Folgeerscheinungen an der Haut (Stauungsdermatitis, venöses Ekzem,
Purpura jaune d’ocre, Atrophie blanche, Dermatoliposklerose, Ulcus cruris) auf den ersten Blick diagnostiziert
werden (‡ Abbildung 14 bis Abbildung 19).
Phlebödem
Das Phlebödem bzw. phlebostatische Ödem ist ein Leitsymptom der chronischen venösen Insuffizienz. Im Gegensatz zum symmetrischen kardialen Ödem oder Lipödem,
ist das venös bedingte Stauungsödem oft asymmetrisch,
entweder uni- oder bilateral und tritt zunächst prätibial
und im Bereich der Bisgaard-Kulisse und im Knöchelbereich auf. Die Patienten klagen über schwere und
geschwollene Beine, insbesondere in der warmen Jahreszeit und nach längerem Sitzen oder Stehen.
Im Frühstadium ist das Phlebödem reversibel (Abnahme
der Schwellungen bei Hochlagerung der Beine und beim
Gehen) und hinterlässt auf Fingerdruck transiente Dellen
in der Haut (proteinarmes Ödem). Beim Übergang zum
Phlebo-Lymphödem (Phlebödem mit zusätzlichem sekundärem Lymphödem) wird die Dellbarkeit nach Monaten
bis Jahren durch die lymphostatische Proteinfibrosebildung geringer und das Ödem dann irreversibel. Beim
postthrombotischen Syndrom kann das Ödem sogar
„Holzhärte“ annehmen.
des Unterschenkels lokalisiert, was immer eine differenzialdiagnostische Abklärung erfordert (‡ Tabelle 14,
S. 63).
Form und Größe des Ulkus sind variabel. Bei ausgeprägten Befunden kann der Substanzdefekt den gesamten
Unterschenkel zirkulär erfassen (Gamaschenulkus).
Der Wundgrund rein venöser Ulzera ist gelblich bzw.
weißlich belegt. Ein blutig-seröser, eitriger Wundgrund
zeigt eine Kontamination an. Schwarze Wundnekrosen
deuten auf eine zusätzliche arterielle Perfusionsstörung
(Ulcus mixtum) hin. Periulzerös findet man häufig eine
Stauungsdermatitis (variköses Ekzem), begünstigt durch
Applikation von Salben, oder ein Kontaktekzem als
Reaktion auf sensibilisierende Substanzen.
Ein Ulcus cruris, das unter optimaler phlebologischer
Therapie innerhalb von drei Monaten keine Heilungstendenz zeigt, bzw. nicht innerhalb von zwölf Monaten
abgeheilt ist, gilt als therapieresistent. 13
Das Ulcus cruris venosum stellt mit 57-80 % aller chronischen Ulzerationen die häufigste Ursache nicht spontan
abheilender Wunden dar (arterielle Ulzera 4-30 %,
gemischt arterio-venöse Ulzera ca. 10%, übrige Formen
10 %). Die Rezidivquote gibt Aufschluss über die Therapie
und die Compliance des Patienten. Durchschnittlich ein
Drittel aller Patienten hat mehr als vier Ulkusrezidive
(Quelle: Leitlinie Phlebologie - Ulcus cruris venosum;
2004).
Ulcus cruris venosum
Das Ulcus cruris venosum ist die schwerste Form der CVI.
Der Substanzdefekt tritt im pathologisch veränderten
Gewebe des Unterschenkels auf, bevorzugt im Bereich
der Innenknöchel (Bisgaard’sche Kulisse). In etwa 20 %
der Fälle sind venöse Ulzera aber auch an anderen Stellen
3 Chronische Erkrankungen [52.53]
Abbildung 23: Ulcus cruris
venosum li.
Füßen und konsekutiver Störung der Mikrozirkulation.
Prädilektionstellen des Plebödems sind daher die perimalleoläre Region und die Fesseln.
3.1.3 Ätiologie/Pathophysiologie
Wesentliche pathophysiologische Grundlage der CVI ist
die über das physiologische Maß hinausgehende Druckerhöhung in den Beinvenen im Sitzen und Stehen und die
mangelnde „Druckabschöpfung“ beim Gehen (ambulatorische venöse Hypertonie), verursacht durch eine Insuffizienz der Venenklappenmechanismen. Das heißt, auch
durch Aktivierung der Gelenk- und Muskelpumpe kann
kein adäquater Druckabfall in den Venen der von der CVI
betroffenen Gliedmaßenabschnitte erreicht werden.
Die Klappeninsuffizienz kann in den oberflächlichen
Venen (epifaszial) und/oder in den Leitvenen (subfaszial)
lokalisiert sein, z.B. bei Varikose, nach tiefen Beinvenenthrombosen (postthrombotisches Syndrom) oder Thrombosierung epifaszialer Venen (Thrombophlebitis/Varikophlebitis).
Die langdauernde funktionelle Überbelastung der zunächst noch gesunden Lymphgefäße führt langfristig zur
Dekompensation des epi- und subfascialen Lymphgefäßsystems und schließlich (im Stadium III der CVI) zum
Verschluss der initialen Lymphgefäße durch narbige
Veränderung (Phlebo-Lymphödem). Im Verlauf dieser
Mikrozirkulationsstörung kommt es zu den typischen
trophischen Hautveränderungen der CVI bedingt durch
perivaskuläre Fibrosierungs-, Degenerations- und Entzündungsprozesse (Dermatitis, Ekzem, Purpura jaune
d’ocre, Dermatoliposklerose, Atrophie blanche). Die
nutritive Versorgung der am stärksten belasteten Region,
medial retromalleolär, Bisgaardsche Kulisse, ist vermindert. Bereits kleinste Verletzungen, insbesondere an den
sehr schmerzhaften atrophischen Hautbezirken (Atrophie
blanche), können dann zu schlecht heilenden Ulzera führen (Ulcus cruris venosum). Die Dermatolipo(fascio)sklerose ist anfangs lokal begrenzt, schreitet dann aber fort und
kann schließlich den gesamten Unterschenkel wie eine
Manschette zirkulär umschließen. Die Einsteifung im
Bereich des oberen Sprunggelenks (arthrogenes Stauungssyndrom) führt zum Ausfall der Gelenkbeweglichkeit
und der damit verbundenen Muskelpumpe und so zur
weiteren Verschlechterung der CVI.
Die durch den gestörten venösen Rückfluss bedingte
ambulatorische venöse Hypertonie setzt sich bis in die
Kapillaren fort und führt dort zu einer verstärkten
Filtration mit vermehrter Flüssigkeitsbildung und Flüssigkeitseinlagerung insbesondere in Unterschenkeln und
3 Chronische Erkrankungen [54.55]
3.1.4 Stadieneinteilung
Die Ausprägung der CVI lässt sich hinsichtlich hämodynamischer, morphologischer und klinischer Kriterien
unterteilen. Die im deutsch-sprachigen Raum übliche
Stadieneinteilung nach Widmer, bzw. die modifizierte
Stadieneinteilung nach Marshall, sind rein klinisch-morphologisch ausgerichtet (‡ Tabelle 11). Die internationale
CEAP-Klassifikation berücksichtigt dagegen zusätzlich
Aspekte der Ätiologie, Anatomie und Pathophysiologie.
Sie wurde bezüglich ihrer Aussagekraft validiert. Daher
wird die Klassifikation der Patienten nach CEAP-Score
von der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft für
Phlebologie für klinische Studien empfohlen. Für den täglichen klinischen Gebrauch kann die CEAP-Klassifikation
in vereinfachter Weise angewendet werden, indem nur
die C1 – C6 Einteilung verwendet wird (‡ Tabelle 12).
Grad
Widmer-Klassifikation,
[AWMF Leitlinie DGP:
Nr. 37/009L, 2004]
Widmer-Klassifikation,
modifiziert nach Marshall
[AWMF Leitlinie DGP:
Nr. 37/009L, 2004]
Widmer-Klassifikation,
modifiziert nach Marshall
[AWMF Leitlinie DGP und
DGG: Nr. 37/016, 2004]
I
Corona phlebectatica
paraplantaris
a) Corona phlebectatica
paraplantaris, Stauungsekzeme
b) Corona phlebectatica
paraplantaris, Stauungsekzem + Ödem
Krampfadern;
keine (nennenswerten)
Beschwerden;
keine Komplikationen
II
Pigmentverschiebungen
(Dermite ocre),
Ekzem („stasis dermatitis“)
Dermatoliposklerose mit/ohne
Atrophie blanche + Ödem
(unterschiedlicher Ausprägung)
Krampfadern;
Beschwerden (Dysäthesien,
Juckreiz, Schweregefühl,
Spannungsgefühl, leichte
Schwellneigung, Wadenkrämpfe, Schmerzen, usw.);
keine Komplikationen
III
Unterschenkelgeschwür oder
Ulkusnarbe
a) abgeheiltes Ulcus cruris
(Ulkusnarbe)
b) florides Ulcus cruris
Krampfadern;
Beschwerden (wie Grad II,
stärker ausgeprägt);
Komplikationen:
- trophischen Hautstörungen
(Induration, Pigmentierungen, Dermatitis, Ekzem,
Atrophie)
Varikophlebitis
IV
Krampfadern;
(Bescherden wie Grad III);
Komplikationen (wie Grad
III, stärker ausgeprägt);
florides Ulcus cruris
Tabelle 11: Stadieneinteilung der CVI im deutschsprachigen Raum
3 Chronische Erkrankungen [56.57]
C
(Clinic)
Klinische Zeichen
a= asymptomatisch
s= symptomatisch
C0 keine sicht- oder tastbare Zeichen einer
Venenerkrankung
E
(Etiology)
Ätiologische
Zuordnung
A
(Anatomy)
Anatomische Verteilung
EC kongenital
AS
AS1
AS2
AS3
AS4
AS5
C1 Besenreiser, retikuläre
Varizen, Corona
phebectatica
EP primär (mit
unbestimmtem
Grund)
C2 Varizen
C3 Ödem ohne
Hautveränderungen
C4 Hautveränderungen
(Pigmentation,
Stauungsekzeme,
Dermatoliposklerose,
Hypodermitis)
ES sekundär (mit
bekanntem
Grund: z.B.
postthrombotisch, posttraumatisch,
anderes)
Defekt im superfizialen System:
Besenreiser / retik.
Venen
V. saph. magna Oberschenkel
V. saph. magna Unterschenkel
V. saph. parva
Seitenäste
P
(Pathophysiology)
Pathophysiologische
Dysfunktion
PR Reflux
AD Defekt im tiefen
(deep) System
AD6 V. cava inferior
AD7 V. iliaca communis
AD8 V. iliaca interna
AD9 V. iliaca externa
AD10 Beckenvenen
AD11 V. femoralis communis
AD12 V. femoralis profunda
AD13 V. femoralis
AD14 V. poplitea
AD15 Venae tibiales
AD16 Muskelvenen
PO Obstruktion
AP Defekt der
Perforansvenen
AP17 Perforans Venen
Oberschenkel
AP18 Perforans Venen
Unterschenkel
PRO Reflux und
Obstruktion
Tabelle 12: International übliche Stadieneinteilung der CVI: CEAPKlassifikation [AWMF Leitlinie DGP: Nr. 37/009L, 2004]
Die klinische Einteilung der Varikosis ist nach unterschiedlichen Klassifikationen möglich, z.B. nach Widmer
(Tabelle 11, S. 57), nach der CEAP-Klassifikation (Tabelle
12, S. 58) oder der Stadieneinteilung der Stammvarikosis
nach Hach (Tabelle 13, S. 59).
Vena saphena magna
Stadium
Vena saphena parva
Insuffizienz der Mündungsklappen
I
Insuffizienz der Mündungsklappen
Insuffizienz der Venenklappen mit retrogradem Blutstrom bis oberhalb des Knies
II
Insuffizienz der Venenklappen mit retrogradem Blutstrom bis zur Wadenmitte
Insuffizienz der Venenklappen mit retro.
gradem Blutstrom bis unterhalb des Knies
III
Insuffizienz der Venenklappen mit retrogradem Blutstrom bis zur Knöchelregion
Insuffizienz der Venenklappen mit retrogradem Blutstrom bis zur Knöchelregion
IV
Die Stadieneinteilung erfolgt nach Lage des distalen Insuffizienzpunktes bei der Refluxuntersuchung
mittels (Farb-) Duplexsonographie. Dieser meßbare Parameter bezeichnet das distale Ende der gesamten
Strecke insuffizienter Venenklappen. Je tiefer dieser Punkt liegt, desto mehr Volumen rezirkuliert im
Venensystem der Beine.
Tabelle 13: Stadieneinteilung der Stammvarikose (Refluxstrecke der
Stammvenen) modifiziert nach Hach. 19
C5 Hautveränderungen
und Ulkusnarbe
C6 Florides Ulcus cruris
Beispiel 1: Aktives Ulkus bei primärer Varikose der V. saphena magna mit Klappenisuffizienz ohne
Obliteration tiefer Venen ‡ C6, Ep, As, Pr
Beispiel 2: Tiefer Venenthrombose mit Ausbildung eines Ulcus cruris ‡ C6, Es, AD, PO
3.1.5 Abklärung der Diagnose
Ziel der Diagnostik ist es, differenzierte Informationen
über Ursache, Ausprägung und medizinische Relevanz
des Krampfaderleidens zur Einleitung einer rationalen
Therapie zu gewinnen, d.h.:
a) Klassifizierung
- der chronischen venösen Insuffizienz (CVI)
- des venösen Reflux
b) Ausschluss bzw. Feststellung
- einer Beteiligung des tiefen Venensystems
- einer begleitenden peripheren arteriellen Erkrankung
- einer begleitenden Lymphabflussstörung.
3 Chronische Erkrankungen [58.59]
Vor operativen Eingriffen ist eine genaue Varikosediagnostik durch bildgebende Verfahren wie der (Farb-)
Duplexsonographie erforderlich.
n Plethysmographische Verfahren
Basis-Diagnostik
n Anamnese
- Subjektive Symptome
- Familiäre Belastung
- Risikofaktoren (berufliche Belastung, sportliche
Aktivitäten)
- Anzahl und Komplikationen von Schwangerschaften
- Begleiterkrankungen, Medikamenteneinnahme
- Operationen, Traumatisierung der unteren
Extremitäten und der Beckengürtelregion
- Phlebitiden, Thrombosen
- Phlebologische Vorbehandlung
Zusatzdiagnostik
n Farbduplexsonographie (‡ Kapitel 4.2.3, S. 88)
n Phlebographie, ggf. in Kombination mit der
Phlebodynamometrie (‡ Kapitel 4.2.4, S. 89)
n Venenverschlussplethysmographie
n Klinische Untersuchung
- Inspektion der Beine: Ödem, Varizen, Hautbefund
- Palpation: Ödem, Induration, Faszienlücken
- Arterieller Gefäßstatus, Pulstastbefund
- Ganzkörperuntersuchung, einschließlich orientierender neurologischer (Sensibilität) und orthopädischer
Untersuchung (Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk)
n Dopplersonographie
- Direktionale Dopplersonographie mit spontanen und
evozierten Signalen, besonders während eines
Valsalva-Manövers zur Überprüfung der Funktion der
Venenklappen (‡ Kapitel 4.2.3.1, S. 88)
- Bidirektionale Dopplersonographie der Beinarterien,
incl. Bestimmung des Knöchel-Arm-Index als Indikator für das Vorliegen einer arteriellen Verschlusskrankheit (‡ Kapitel 4.2.1 und 4.2.1.1, S. 86/87)
z.B. Licht-Reflexions-Rheographie (digitale
Photoplethysmographie)
3.1.6 Therapie
Ziele der Behandlung sind:
a) die Normalisierung oder Verbesserung der venösen
Hämodynamik und evtl. Beseitigung des arthrogenen
Stauungssyndroms;
b) Verhinderung weiterer Komplikationen einer CVI
(trophische Störungen, Ulcus cruris venosum,
Varikophlebitis, Varizenblutung);
c) Schutz des tiefen Venensystems vor Sekundärschäden;
d) Abheilung oder Senkung der Rezidivrate von venösen
Ulzera;
e) Verbesserung der subjektiven Beschwerden und des
Aussehens durch Varizensanierung.
Diese Therapieziele können durch verschiedene konservative, nicht invasive und invasive Maßnahmen erreicht
werden. Entscheidend für das therapeutische Vorgehen
sind die Beschwerden des Patienten, die hämodynamischen Auswirkungen der Venenklappeninsuffizienz und
die Varikoseform.
n Kompressionstherapie (Basistherapie, sofern keine
Kontraindikation vorliegt ‡ Kapitel 5.1.1 (S. 103):
- Kompressionsverband/Medizinische
Kompressionsstrümpfe
- Evtl. apparative Entstauungsbehandlung
3 Chronische Erkrankungen [60.61]
- Intensiviertes kontrolliertes Gehtraining,
Venengymnastik
- Krankengymnastische Mobilisierung der
Sprunggelenkbeweglichkeit
- Manuelle Lymphdrainage (‡ Kapitel 5.1.2, S. 111)
n Lokale Wundbehandlung des Ulcus cruris venosum (‡
Kapitel 5.1.4, S. 113)
n Invasive varizenausschaltende Maßnahmen (‡ Kapitel
5.2, S. 138)
n Pharmakotherapie
- Adjuvante systemische Pharmakotherapie (‡ Kapitel
5.5.1, S. 145)
3.1.7. Differenzialdiagnosen (DD)
n DD des Phlebödems/Phleb-Lymphödems: ‡ Tabelle 4,
S. 16, Tabelle 5, S. 17
n DD der Venektasien:
- Klippel-Trénaunay-Syndrom (komplexe
Angiodysplasie, Naevus teleangiectaticus, Störung
des Längenwachstums)
- Isolierte Aneurysmen der oberflächlichen oder tiefen
Venen.
n DD des Ulcus cruris venosum: ‡ Tabelle 14, S. 63
Andere Ursachen für ein Unterschenkelgeschwür (Ulcus cruris):
Vaskuläre Ursache
periphere arterielle Verschlusskrankheit, isoliert oder in
Kombination mit CVI, Angiodysplasie, Lymphabflussstörung
Vaskulitiden
Begleitvaskulitis bei Autoimmunkrankheiten wie Kollagenosen,
Livedovaskulitis/-vaskulopathie, Periarteritis nodosa, Pyoderma
gangraenosum, kutane leukozytoklastische Vaskulitis
Vaskulopathie/Mikrozirkulationsstörung
Diabetische Mikroangiopathie, Kryoglobulinämie, Nekrobiosis
lipidica, Ulcus hypertonicum Martorell, Cholesterinembolien,
Calciphylaxie
Hämatologische Ursachen
Sichelzellanämie, Sphärozytose, Thalassämie,
Sideroachrestische Anämie
Myeloproliferative Erkrankungen
Polycythämia vera, Thrombozythämie, Morbus Werlhof
Neuropathische Ursachen
Polyneuropathien
Infektionen
Mykosen, Infektionen durch Bakterien, Viren oder Protozoen
Metabolische Ursachen
Arzneimittel (Hydroxyurea-Therapie), Amyloidose, Gicht,
Diabetes mellitus
Ulzerierte Hauttumoren
z.B. Plattenepithelkarzinom
Chemische/physikalische Ursachen
Artefakte
Tabelle 14: Differenzialdiagnosen des Ulcus cruris venosum [AWMF
Leitlinie DGP: Nr. 37/009L, 2004]
3.1.8 Komplikationen
n Thrombophlebitis, Varikophlebitis ‡ Kapitel 2.2
(S. 33)
n Varizenblutung ‡ Kapitel 2.3 (S. 37)
n Insuffizienz des tiefen Venensystems
Merksätze:
n Pathophysiologische Grundlage der CVI ist die ambulatorische venöse Hypertonie verursacht durch eine
Insuffizienz der Venenklappen bei primärer Varikose
oder beim postthrombotischen Syndrom (mit sekundärer Varikose).
n Das Phlebödem bzw. phlebostatische Ödem ist ein
3 Chronische Erkrankungen [62.63]
Leitsymptom der chronischen venösen Insuffizienz; das
Ulcus cruris venosum die schwerste Form der CVI.
n Alter, Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit beeinflussen die Prävalenz des Krampfaderleidens
n Das Ausmaß der Diagnostik hängt von der Varikoseform und der geplanten Therapie ab.
n Gewebsveränderungen: Pachydermie, Hyperkeratose,
Papillomatose
n Ödem im Frühstadium reversibel, leicht eindrückbar,
im Spätstadium irreversibel, teigig und schwer eindrückbar.
n Positives Stemmer’sches Hautfaltenzeichen (Hautfaltenzeichen nach Kaposi und Stemmer (‡ Abbildung
4, S. 13).
3.2 Lymphödem
Ch. Schuchhardt
Definition
Das Lymphödem ist ein eigenständiges, chronisches, zur
Progression neigendes Krankheitsbild, bedingt durch eine
Transportstörung des Lymphgefäßsystems.
Abbildung 24: Lymphödem
Stadium III mit Volumenvermehrung, Dekonturierung des
Sprunggelenksreliefs, Ballonierung des Fußrückens, vertieften
natürlichen Hautfalten, Kastenzehen, Papillomatosis cutis lymphostatica; noch mässiggradige Dellbarkeit (li Fußrücken).
Eine Beschreibung der drei klinischen Stadien des
Lymphödems gibt Tabelle 15 (S. 65).
Merksätze:
n Stemmer’sches Zeichen als Möglichkeit der
Früherkennung chronischer Lymphabflussstörung.
n Immer auch Beurteilung der Rückseite des Patienten,
da hier die Lymphödeme früher auftauchen (dorsaler
Oberschenkel, Retromalleolarraum).
n Lymphödeme der Beine sind so gut wie nie symmetrisch, gelegentlich rein einseitig (ca. 20 %).
Stadien des Lymphödems
Stadium I (reversibel)
Weiches, dellenhinterlassend spontan reversibles Ödem. Rückbildung der Schwellung bei Hochlagerung
der Extremität.
Stadium II (spontan irrreversibel)
Mäßig dellenhinterlassendes Ödem bei ausgeprägter sekundärer Gewebeveränderung mit lymphostatischer Fibrose/Fibrosklerose.
Stadium III (Elephantiasis)
Klinik
n Teigige Volumenvermehrung des Unterschenkels oder
des gesamten Beines, d.h. Ödeme am Fußrücken,
retromalleolär und am dorsalem Oberschenkel,
Verdickung der Zehen („Kastenzehen“, ‡ Abbildung 2,
S. 12),
Elephantiastische Volumenentwicklung mit harter Gewebekonsistenz bei Fibrosklerose. Häufig lobuläre
Gewebevermehrung mit zunehmender Entstellung der Extremität, typische sekundäre Hautveränderungen
mit Lymphfistel, Hyperkeratose, Papillomatosen.
Tabelle 15: Klinische Stadieneinteilung des Lymphödems
3 Chronische Erkrankungen [64.65]
Abbildung 25: Elephantöses
Beinlymphödem
Lymphödem. Entsteht das Lymphödem nach einer Schädigung der Lymphgefäße bzw. Lymphknoten (z.B. nach
Infektionen, Operationen oder Bestrahlung), spricht man
von einem sekundären Lymphödem.
Abklärung der Diagnose
Anamnese
Zeitpunkt des Auftretens (seit wann?), an welcher
Körperstelle beginnend;
Auslöser (Erysipele, Verletzungen, Operationen,
Bestrahlung);
Familiäre Belastung;
Wundheilungsstörungen nach OP?
Vorbehandlung/Vordiagnostik (ölige Lymphographie);
Beschwerden (Analgetikabedürftige Schmerzen?).
Abbildung 26: Papillomatose
bei einem Beinlymphödem
Stadium III
Klinische Untersuchung
Inspektion:
Lokalisation des Ödems (Vorfuß, Retromaleollarräume,
dorsales Kniepaket, dorsaler Oberschenkel Mitbeteiligung
des Rumpfquadranten);
Hautveränderungen (Papillomatose, Pachydermie,
Hyperkeratose, Pigmentierung);
Gangbild, orthopädische Fehlbildung.
Ätiologie
Anlagebedingte oder erworbene Beeinträchtigung der
Transportfunktion des Lymphgefäßsystems, in der Regel
bedingt durch zu geringe Anzahl funktionsfähiger Lymphgefäße. Ist die mechanische Insuffizienz des Lymphgefäßsystems genetisch bedingt (angeborene Fehlbildung
bzw. Dysplasie der Lymphgefäße und/oder Lymphknoten)
spricht man von einem primären (= idiopathischen)
Palpation:
Konsistenz des Ödems, Hautdicke, derbe Induration
Innenseite oberhalb des Knies;
Stemmer’sches Zeichen (‡ S. 13);
Gelenkbeweglichkeit (Winkelgrade);
Umfangsmessung (in Zentimeter).
Apparative Untersuchung
Bei Lymphödem im Stadium I zur Abklärung anderer
Ödemursachen
3 Chronische Erkrankungen [66.67]
Labor
Verdacht auf Mitbeteiligung des Darmes, DifferenzialBlutbild, Serum Eiweiß, Elektrophorese
Differenzialdiagnosen
Sonstige Ödemursachen, Lipödem-Syndrom
Therapie
Komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE)
Kontraindikation der KPE
Malignes Lymphödem;
Erysipelinfekte;
Thrombose.
Therapiekonzepte
Nachdem lange Zeit eine therapeutische Resignation bei
Vorliegen eines Lymphödems primärer oder sekundärer
Natur vorlag, verfügen wir heute über ein erfolgreiches
Therapiekonzept in Form der komplexen physikalischen
Entstauungstherapie (KPE, ‡ S. 112).
Die reduzierte Lebensqualität von Lymphödempatienten
kann durch diese Therapie durchaus langfristig verbessert
werden, indem eine Rückbildung des Volumens der betroffenen Extremitäten oder des Genitale und eine Rückbildung der Konsistenzvermehrung erreicht werden kann.
Hieraus folgt immer eine Steigerung der Lebensqualität
mit verbesserter Beweglichkeit. Festzuhalten bleibt, dass
ein chronisches Krankheitsbild, wie es das Lymphödem
darstellt, eine lebenslang durchzuführende Therapie erfordert, in Form einer regelmäßigen ambulanten Betreuung wie auch der immer wieder notwendigen stationären
Behandlung.
Bei der von Vodder entwickelten manuellen Lymphdrainage, erweitert von Asdonk durch zusätzliche Ödemgriffe,
handelt es sich um eine massageähnliche Therapie, welche durch Gewebeverschiebung unterschiedlicher Druckintensität eine Steigerung der Transportkapazität des
Lymphgefäßsystems erzeugt. Durch die milde Druckerhöhung der oberflächlichen Hautgewebe werden die anschließenden Lymphkollektoren besser gefüllt, wodurch
es Dank des Starling-Mechanismus (erhöhter intramuraler
Druck der Muskelwand führt zu häufigerer und besserer
Kontraktion) zu einer Steigerung der Lymphangiomotorik
und damit des Lymphzeitvolumens kommt. Die anschließend immer notwendige Kompressionstherapie, sei es mit
Bandagen, sei es mit einem Kompressionsstrumpf, soll die
Neigung der entstauten Gewebe zur Reödematisierung
verhindern. Die apparative Entstauungsbehandlung hat
sich bei reinen Lymphödemen als problematisch erwiesen, indem hier meistens eine Blockadesituation in den
betroffenen Extremitätenwurzeln vorliegt, z.B. sekundäres
Beinlymphödem nach Leistenlymphknotendissektion. Mit
der apparativen Entstauung wird die Gewebsflüssigkeit
nach zentral verlagert, was zu einer Verstärkung des
Ödems in den betroffenen Rumpfquadranten, gelegentlich
auch im Genitalbereich führen kann. Bei reinen Lymphödemen kann die apparative Entstauungstherapie unterstützend durchgeführt werden, sollte aber immer von
einer manuellen Lymphdrainage gefolgt werden, um den
zentralen Ödemanteil definitiv wegzuarbeiten.
Mit der manuellen Lymphdrainage gelingt eine kausale
Therapie, indem die im Gewebe eingelagerten Proteine
Dank der gesteigerten Lymphangiomotorik abtransportiert werden. Hierdurch ist auch die deutliche Konsistenzminderung der betroffenen lymphostatischen Gewebe
unter einer manuellen Entstauungstherapie zu erklären.
Die von Asdonk so genannte „komplexe physikalische
Entstauungstherapie“ (=KPE) besteht aus mehreren
Maßnahmen:
3 Chronische Erkrankungen [68.69]
n hauthygienische Maßnahmen,
n manuelle Lymphdrainage,
n Bandagen nach manueller Lymphdrainage zur
Vermeidung einer erneuten Flüssigkeitsanreicherung,
n Entstauungsgymnastik der bandagierten Extremitäten.
Der korrekte Ablauf der manuellen Lymphdrainage bedingt eine zentrale Vorbehandlung der nicht betroffenen
Rumpfquadranten, um anschließend in den ödematisierten Rumpfquadranten zu münden. Erst anschließend
werden die proximalen Extremitätenabschnitte und
anschließend die distalen Extremitätenabschnitte in die
Behandlung genommen.
Operative Verfahren
Eine große Anzahl operativer Maßnahmen als chirurgische Therapie von Lymphödemen wurde beschrieben. Im
Prinzip lassen sich drei Hauptverfahren unterscheiden:
n Resektionsmethoden
n ableitende Verfahren
n rekonstruktive Verfahren.
Während die Resektionsmethoden wie auch die ableitenden Verfahren weitgehend der Vergangenheit angehören,
wegen Unwirksamkeit , ja meist dramatischer Verschlechterung des vorliegenden Lymphödems, hat sich einzig das
rekonstruktive Verfahren mit autologer Lymphgefäßtransplantation als langfristig wirksames Therapieprinzip
chronischer Lymphödeme herausgestellt. In sehr ausgewählten Einzelfällen kann diese Behandlung zum Tragen
kommen. Die Mehrzahl der zu behandelnden Lymphödempatienten erscheint nicht geeignet, wegen vorbestehender Komplikationen, wie Erysipelinfekt, Z.n. Bestrahlung
oder wegen zu hohen Alters.
Als sinnvolles Komplementärverfahren gilt die Resektion
weitgehend entstauter Hautlappen bei elephantiastischen
Lymphödemen. Des Weiteren hat sich die konservative
Entstauungstherapie bei der Behandlung von Genitallymphödemen häufig als nicht ausreichend erwiesen,
sodass gelegentlich Zuflucht zu operativ reduzierenden
Maßnahmen (z.B. Teilskrotumresektion) zu nehmen ist.
Speziell wenn im Bereich des Genitale, ob Vulva oder
Skrotum, ausgeprägte Neigung zu Lymphzysten oder
einer Papillomatosis besteht, kann eine Laserbehandlung
oder auch chirurgische Resektion indiziert sein.
Liposuktion
‡ Kapitel 5.4 (S. 142)
Verhaltensregeln bei Beinlymphödemen (siehe auch
S. 149)
n Verletzungen vermeiden
n Mückenstiche nicht aufkratzen, desinfizieren, juckreizlindernde Salben auftragen
n Sonnenbrand vermeiden
n auf vernünftiges Schuhwerk achten (Blasen!)
n keine strangulierenden Kleidungsstücke (Tangaslip)
n beim Wandern Wanderstöcke benützen
Pharmakotherapie
Eine wirksame medikamentöse Behandlung des Lymphödems ist nicht bekannt. Früher eingesetzte Substanzen,
wie Cumarine, sind wegen erheblicher Leberschädigung
vom Markt genommen. Ob durch andere Präparate eine
Makrophagenstimulation möglich ist, scheint höchst
fraglich.
Diuretika sind zur Behandlung des reinen Lymphödems
kontraindiziert. Hierdurch wird Wasser entzogen, sodass
die im Gewebe abgelagerten Proteine noch schlechter abtransportiert werden können. Ist wegen einer Hypertonie
oder einer Herzinsuffizienz eine Diuretikabehandlung notwendig, muss diese selbstverständlich fortgesetzt werden.
3 Chronische Erkrankungen [70.71]
Prognose
Das Lymphödem ist als chronische Erkrankung anzusehen
und bedarf der lebenslangen Behandlung unterschiedlicher Intensität je nach Ausprägung.
Komplikationen
Erysipelinfekte, Funktionsbeeinträchtigung des Beines, in
seltenen Fällen maligne Entartung
3.2.1 Primäres Lymphödem
Primäre Lymphödeme sind bedingt durch eine genetische
Entwicklungsstörung der Lymphgefäße und/oder der
Lymphknoten. Das Lymphgefäßsystem ist verantwortlich
für die Bewältigung der sogenannten lymphpflichtigen
Last, d.h. zahlreicher Substanzen, welche im Interstitium
anfallen. Hierzu gehören in erster Linie die Eiweißkörper,
welche zum einen regelmäßig mit der Kapillarfiltration
aus dem Blut in das Interstitium gelangen, zum anderen
durch Zellmauserung und dem damit einhergehenden
Eiweißanfall stammen. Zu berücksichtigen ist, dass auch
sämtliche, in den Organismus gelangende Fremdeiweiße,
wenn nicht parenteral verabreicht, in das Interstitium gelangen und von hier über die Lymphabflusswege den regionären Lymphknoten zugeführt werden. Diese Voraussetzung ist entscheidend für die Immunkontrolle unseres
Organismus. So gelingt es, dass die eindringenden
Eiweißkörper zunächst in den regionären Lymphknoten
den immunkompetenten Zellen präsentiert werden und
eine entsprechende immunologische Gegenantwort entwickelt werden kann. Die bei primären wie sekundären
Lymphödemen typische vermehrte Anreicherung von
Proteinen im Interstitium ist verantwortlich für die reaktive Bindegewebsvermehrung der betroffenen Gewebe,
welche für die typische derbe Ödemkonsistenz chronischer Lymphödeme verantwortlich ist. Die bei allen Stoffwechselvorgängen in den Geweben anfallenden freien
Radikale werden üblicherweise über Albumine abtrans-
portiert. Die bei inkompetenter Lymphdrainage angereicherten Radikale führen zu reaktiven Gewebsproliferationen der Epidermis und Subcutis wie auch des subcutanen
Fettgewebes. Hiermit wird der wesentlich mehr gewebsbedingte als flüssigkeitsbedingte Volumengewinn chronischer Lymphödeme eingeleitet.
Entsprechend finden sich an der Haut eine verstärkte
Verhornung (Hyperkeratose) sowie eine Hautverdickung
(Pachydermie). Typisch ist die Entwicklung sei es herdförmiger, sei es flächiger Papillomatosen, welche gelegentlich die Oberfläche eines gesamten Unterschenkels erfassen können (Abbildung 3, S. 12, Abbildung 28, S. 75).
Die chronische Lymphstauung kann zur Ausweitung von
Hautkapillaren mit Entwicklung von Hautlymphzysten
führen. Ein dauerhafter Lymphfluss aus solchen geplatzten Hautlymphzysten kann zu chronischen Lymphorrhoen
mit persistierenden Lymphfisteln führen. Im schlimmsten
Fall führt die Gewebeproliferation bei jahrzehntelangem
Bestehen der Lymphabflußstörung sogar zur Entwicklung
maligner Tumoren (Stewart-Treves-syndrom).
Über die Prävalenz primärer Beinlymphödeme finden sich
in der Literatur unterschiedliche Angaben:
Casley-Smith wie auch Kinmonth geben relativ niedrige
Raten mit einer Häufigkeit von 4 Fällen auf 100.000 an.
Bei genauer klinischer Beurteilung wie auch Miteinbeziehung von Frühfällen gibt Herpertz ein zehnfach häufigeres
Vorkommen in der Bevölkerung an. Insgesamt dürfte das
Verhältnis primären zu sekundären Beinlymphödemen bei
1:2 liegen.
3 Chronische Erkrankungen [72.73]
Abbildung 28: Elephantöses
primäres Beinlymphödem
Stadium III
Die Geschlechtsverteilung ist je nach Lebensphase recht
unterschiedlich: In der Phase zwischen Geburt und Pubertät ist das Verhältnis von Lymphödemen vom Jungen zum
Mädchen etwa 1:1. Erst mit der Pubertät kommt es zu
einem starken Überwiegen des weiblichen Geschlechtes
bei der Entwicklung primärer Lymphödeme. Insgesamt
liegt das Verhältnis primärer Lymphödeme zwischen Frauen und Männern bei etwa 8:2.
Verschiedene Unterteilungen der primären Lymphödeme
z.B. in familiär-kongenitales Lymphödem, Nonne Milroy
oder nicht kongenitale Lymphoedem, Meige, oder die
Unterteilung in primäres Lymphoedema praecox (vor dem
35. Lebensjahr) und Lymphödema tardum (nach dem 35.
Lebensjahr), spielen im klinischen Alltag keine wesentliche
Rolle. Therapeutisch ergeben sich aus diesen Einteilungen
keinerlei Konsequenzen.
Abbildung 27: Familiäres unilaterales Lymphödem des linken
Beines (primäres Lymphödem):
links Vater, rechts Tochter
3.2.2 Sekundäres Lymphödem
Eine Übersicht über sekundäre Lymphödeme gibt die
nachfolgende Übersicht.
Sekundäre Lymphödeme
n
n
n
n
n
n
n
n
n
Postoperatives (iatrogenes) Lymphödem
Postradiogenes Lymphödem
Posttraumatisches Lymphödem
Postinfektiöses Lymphödem
Postentzündliches Lymphödem
Lymphödem am diabetischen Fuß
Parasitäres Lymphödem
Angeborenes Lymphödem (Ringband/Haar-Tourniquet-Syndrom)
Artifizielles Lymphödem durch Selbstschädigung
Sonderformen:
n Malignes Lymphödem
n Prätibiales Myxödem
Tabelle 16: Sekundäre Lymphödeme
3 Chronische Erkrankungen [74.75]
Während in den westlichen Industriestaaten Operationen
und/oder Bestrahlungen wegen maligner Tumoren zahlenmäßig die größte Rolle spielen als Auslöser sekundärer
Lymphödeme, ist bei der weltweiten Erfassung sekundärer
Beinlymphödeme das parasitäre Lymphödem bei
Filiariosis millionenfach häufiger. Dies liegt an der außerordentlich hohen Infektionsrate der Bevölkerung in tropischen Ländern. So wird z.B. für Südindien davon ausgegangen, dass 30 % der Bevölkerung filariosebedingte
Lymphödeme entwickelt.
Gegenüber diesen beiden Hauptursachen ist das posttraumatische, postentzündliche Lymphödem sehr selten.
Abbildung 29: Sekundäres
Lymphödem rechts nach Venenentnahme für Bypassoperation
Bei zahlreichen internistischen Krankheitsbildern
(Diabetes mellitus, Schilddrüsenfunktionsstörungen,
Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises,
Morbus Boeck, arterielle
Durchblutungsstörung) sind
die in der Regel krankheitsbegleitenden Ödeme zu einem Teil mitbedingt durch
eine Lymphabflussstörung.
Meist ist hierbei die so genannte Lymphbildung, d.h. der
Übergang der interstitiellen Flüssigkeit in die Lymphkapillaren, gestört. Ebenso kann die Lymphangiomotorik bei
eigentlich anatomisch intakten Lymphgefäßen reflektorisch derart gestört sein, dass es zu peripheren Ödemen
kommt, welche dann damit auch lymphogen bedingt
sind, z.B. beim Morbus Sudeck mit reflektorischer Störung
der Lymphangiomotorik bei sympaticotonem
Lymphangiospasmus.
Auch die Ödementwicklung bei dem so genannten arthrogenen Stauungs-Syndrom ist zum Teil lymphogen bedingt. Die Bewegungsstörung beeinträchtigt die
Hilfsmechanismen des Lymphtransportes wie
Muskelpumpe und Gelenkpumpe. Ohne korrekte
Bewegung findet kein korrekter Lymphfluss statt.
Merksatz:
n Ohne korrekte Bewegung kein korrekter Lymphfluss.
Zwei sekundäre Lymphödemformen bedürfen der speziellen Berücksichtigung: das maligne Lymphödem (Kapitel
3.2.2.1, S. 77) und das Myxödem (Kapitel 3.2.2.2, S. 78).
3.2.2.1 Malignes Lymphödem
Das Nichterkennen einer malignen Ursache bei Diagnose
eines Lymphödems stellt neben der Missinterpretation
einer vorliegenden Erysipelinfektion die häufigste ärztliche Fehlleistung bei der Konfrontation mit Patienten mit
Lymphödem dar.
Maligne Lymphödeme sind definiert als Obstruktion der
abführenden Lymphgefäße und/oder Lymphknoten, sei es
durch intralymphatisches Tumorwachstum (Lymphangiosis
carcinomatosa), sei es durch Tumorinfiltration des Lymphknotens. Das vorliegende Lymphödem unterscheidet sich
von den übrigen sekundären Lymphödemen durch eine
rasche Progredienz, durch begleitende Schmerzen
(Berstungsschmerz) sowie durch eine glasige, meist tief
dellenhinterlassende Schwellung einer Extremität.
Weist ein Beinlymphödem diese Symptome auf, muss ein
Primärtumor bzw. ein Tumorrezidiv ausgeschlossen werden, bevor eine Therapie des Lymphödems begonnen
wird.
3 Chronische Erkrankungen [76.77]
Meist liegt ein Tumorbefall der inguinalen und iliacalen
Lymphknoten vor. Bei beidseitigen Beinlymphödemen
können auch höher liegende Lymphknotengruppen, wie
die lumbalen oder para-aortalen Lymphknoten betroffen
sein. Nicht selten findet sich nach Behandlung gynäkologischer Tumoren ein Beckenwandrezidiv – gelegentlich
auch Jahre nach der Primärbehandlung – als Ursache eines plötzlich aufgetretenen Bein- oder Genitalschwellung.
Das „maligne Lymphödem“ stellt die größte diagnostische wie auch therapeutische Herausforderung an den
Lymphödembehandler dar.
Merksatz:
n Das Nichterkennen einer malignen Ursache eines
Lymphödems stellt die häufigste lymphologische
Fehldiagnose dar!
Abbildung 30: Sekundäres
Lymphödem nach CollumKarzinom
3.2.2.2 Prätibiales Myxödem
Die zweite Sonderform des sekundären Lymphödems
stellt das prätibiale Myxödem dar. Gelegentlich finden
sich auch präradiale Myxödeme am Unterarm.
Schilddrüsenerkrankungen, und zwar Überfunktionen, wie
auch Unterfunktionen, besonders bei Erkrankungen aus
dem autoimmunologischen Formenkreis (Hashimoto,
Morbus Basedow) können in 1 bis 2 % der Schilddrüsenerkrankungen zu ausgeprägten derb-fibrotischen, kaum
dellenhinterlassenden Gewebsveränderungen, besonders
an den Unterschenkeln führen. Die Gewebsveränderungen
erinnern ausgeprägt an chronische Lymphödeme. Verantwortlich sind hier Proteoglycanablagerungen, welche
analog den sonstigen Eiweißablagerungen im Interstitium
beim chronischen Lymphödem ebenfalls das klassische
lymphostatische Gewebsreaktionsmuster hervorrufen mit
Pachydermie (Verdickung aller Hautschichten), Hyperkeratose, Papillomatose sowie derb-fibrotischer subcutaner
Bindegewebsveränderung.
Abbildung 31: Prätibiales
Myxödem mit Pachydermie
3 Chronische Erkrankungen [78.79]
Abbildung 33: Lipödem
Stadium III
3.3 Lipödem
Ch. Schuchhardt
Definition
Das Lipödem ist eine zonale Fettverteilungsstörung.
Hierbei kommt es zu einer symmetrischen Vermehrung
des Unterhautfettgewebes der unteren Extremitäten.
Gelegentlich findet sich die Fettgewebsvermehrung auch
an den Armen.
In den letzten Jahren hat sich in der Terminologie der
Begriff „Lipödem“ erstmals geprägt von Allen und Hines
1940, durchgesetzt. Wegen der schwierigen Einordnung
des Krankheitsbildes bestehen zahlreiche Synonyme:
n Adipositas dolorosa
n Schmerzhafte Lipomatosis
n Lipalgie
n Cellulitis
n Lipodystrophia
Abbildung 34: Elephantöses
Lipolymphödem Stadium III
Abbildung 32: Lipödem Stadium I
Klinik
Die Gewebe sind vermehrt berührungs- und druckschmerzhaft und entwickeln außerordentlich leicht Hämatome.
Charakteristisch ist eine Ödemeinlagerung in der zweiten
Tageshälfte, welche die Spannungsbeschwerden erklärt.
Ätiologie
Die Erkrankung betrifft ausschließlich Frauen. Bei
Männern wird sie nur beobachtet, wenn eine hormonelle
Dysregulation mit Oestrogenüberschuss vorliegt (antihormonelle Behandlung bei Prostata-Ca., Leberzirrhose,
sonstige Formen des Testosteronmangels). Üblicherweise
setzt die Fettgewebsvermehrung in der Pubertät ein, was
neben der Geschlechtspezifität auch auf hormonelle
3 Chronische Erkrankungen [80.81]
Einflüsse schließen lässt. Zunächst findet sich eine symmetrische Fettgewebsvermehrung in Höhe der Hüften und
Oberschenkel, später auch der Unterschenkel, welche eine
glatte Oberfläche aufweist. Die Veränderungen enden abrupt unterhalb der Knöchel, d.h. die Füße bleiben schlank
und zart. Diese Tatsache ermöglicht die Unterscheidung
des Lipödems im Stadium I von einem Lymphödem, bei
welchem wir in der Regel ein Vorfußödem und ein positives Stemmer’sches Zeichen antreffen. Im Stadium II zeigt
sich eine zunehmend feinknotige Veränderung der betroffenen Gewebe. Im Stadium III sehen wir eine groblappige
deformierende, stark entstellende Fettgewebsvermehrung,
welche jetzt auch zunehmend zu einer Störung des
Lymphabflusses führt. Im Stadium II kann eine lymphszintigraphisch nachweisbare Lymphabflussstörung vorliegen,
im Stadium III besteht sie praktisch immer.
stark beeinträchtigenden Fettvermehrungen lässt sich
allerdings nicht erreichen. Diätetische Maßnahmen zur
Gewichtreduktion erreichen zwar eine allgemeine Rückbildung einer bestehenden Adipositas, die betroffenen
Fettgewebe der Beine reagieren allerdings nicht auf gewichtsreduzierende Maßnahmen.
Operative Maßnahmen, wie Resektionen der Fettvermehrungen (body sculpture) oder frühere Liposuktionstechniken führten eher zu Verschlechterungen der Situation mit
zusätzlicher Entwicklung von Lymphödemen. Erst die
modernen Verfahren der Liposuktion (‡ S. 142) unter
Einsatz der Tumeszenz-Lokalanästhesie ermöglichen
befriedigende kosmetische Ergebnisse.
Pathogenetisch werden mehrere mögliche Ursachen
diskutiert:
n hormonelle Einflüsse
n genetische Einflüsse
n Störungen der Mikrozirkulation
n generelle Störung des Fettstoffwechsels
Festzuhalten bleibt, dass im Gegensatz zu dem beim
Übergewichtigen auftretenden negativen Faktoren bezüglich des Herz-Kreislaufsystems mit Entwicklung einer
Arteriosklerose diese Faktoren beim Lipödem-Syndrom
nicht zum Tragen kommen.
Therapie
Über viele Jahre stand als einzige Therapiemöglichkeit die
komplexe physikalische Entstauungstherapie (Manuelle
Lymphdrainage, Kompressionsbandage, Gymnastik) zur
Verfügung. Hiermit lässt sich immer eine Schmerzfreiheit
der betroffenen Gewebe sowie eine Ödemfreiheit erzielen.
Eine befriedigende Rückbildung der kosmetisch meist
3 Chronische Erkrankungen [82.83]
4 Diagnostische Verfahren
Heute steht eine breite Palette diagnostischer Techniken zur
Verfügung. Das Ziel der Diagnostik ist eine exakte anatomische und
funktionelle Zustandsbeschreibung mit allen vorhanden Rezirkulationskreisen, die zu einer Überlastung des Lymph- bzw. Venensystems
führen. Neben den laboratoriumsdiagnostischen Möglichkeiten werden in diesem Kapitel auch die bildgebenden Verfahren beschrieben.
4.1 Labor
4.1.1 D-Dimer-Test
D-Dimere entstehen als Endprodukt bei der Proteolyse
von Fibrin, das durch Faktor XIII quervernetzt wird. Auch
bei nicht-thrombotischen Krankheiten und Situationen
wie z.B. Operationen, Blutungen, Trauma, Tumorkrankheit, Entzündungsreaktionen und Schwangerschaft
werden erhöhte D-Dimer-Spiegel nachgewiesen. Daraus
resultiert die geringe Spezifität. Das Verfahren eignet sich
demnach weniger für den Nachweis, als für den Ausschluss einer TVT durch den hohen (negativen) prädiktiven Wert (hohe Sensivität). Bei Blutkonzentrationen von
< 500 mg/l gilt eine Thrombose als sehr unwahrscheinlich. Den Test gibt es als Schnell-Test (SimpliRED‚ Ergebnis
in zwei Minuten ablesbar.)
4.1.2. Thrombophilie-Screening
Eine Thrombophiliediagnostik ist in speziellen Fällen bei
Bein- und Beckenvenenthrombose (TVT) indiziert. Im Fall
eines thromboembolischen Erstereignisses kann eine
Differenzierung vorgenommen werden zwischen einem
Basisscreening und einem erweiterten Screening
(Tabelle 17).
4 Diagnostische Verfahren [84.85]
Thrombophilie-Screening bei idiopathischer TVT
Wenn Erstereignis zwischen dem 45. und 60. Lebensjahr
‡ Basisscreening auf:
n APC-Resistenz
(Faktor-V-Genanalyse)
n Prothrombinmutation
(Faktor-II-Genanalyse)
Wenn Erstereignis vor dem 45. Lebensjahr
‡ erweitertes Screening auf:
n APC-Resistenz
(Faktor-V-Genanalyse)
n Prothrombinmutation
(Faktor-II-Genanalyse)
n Antithrombinmangel
n Protein C-Mangel
n Protein S-Mangel
n Faktor VIII-Erhöhung
n Antiphospholipid Antikörper
oder
– Rezidivereignis
– atypische Lokalisation (Sinus-, Mesenterialvenen)
– Häufung von TVT in der Familienanamnese
– TVT während effektiver Antikoagulation
– TVT während der Schwangerschaft
– Aborte in der Anamnese.
Tabelle 17: Thrombophilie-Screening bei idiopathischer tiefen Beinund Beckenvenenthrombose (TVT)
Umfang und Zeitpunkt der Untersuchungen richten sich
nach der daraus resultierenden Konsequenz und den
möglichen Einflussfaktoren auf die
Bestimmungsmethode.40
4.2 Bildgebende Nachweisverfahren in der
Phlebologie
Einfache Geräte (Taschendoppler) ermöglichen die alleinige akustische Wiedergabe venöser Dopplersignale ohne
Angabe der Strömungsrichtung. Für die Venendiagnostik
ist jedoch die Erkennung der Blutströmungsrichtung von
entscheidender Bedeutung (Refluxdiagnostik). Dies lässt
sich durch bidirektionale Dopplergeräte erreichen.
4.2.1.1 Bestimmung des Knöchel-Arm-Index
Der Knöchel-Arm-Index (engl. Ankle Brachial Index, ABI) berechnet als Quotient der systolischen Blutdrücke der
Knöchelarterien zu den Armarterien - eignet sich zum
Screening der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit
(pAVK). Für die Messung wird eine Blutdruckmanschette
wie bei einer üblichen Blutdruckmessung supersystolisch
supramalleolär aufgepumpt zunächst am Oberarm (für
die Bestimmung des systolischen Armdrucks) und dann
(zur Bestimmung des Knöchelarteriendrucks) am Unterschenkel. Zur Ermittlung des ABI wird der mit der Dopplersonde erfasste arterielle Knöcheldruck (A. tibialis
anterior und A. tibialis posterior) durch den ebenfalls
dopplersonographisch bestimmten Armdruck (A. brachialis
oder A. cubiti) geteilt. Entscheidend ist jeweils das erste
Dopplersignal nach Ablassen des Manschettendrucks.
Bei gefäßgesunden Patienten liegt der Wert ≥ 1, wohingegen ein Wert ≤ 0,9 eine pAVK anzeigt. Ein ABI < 0,6
ist eine Kontraindikation für eine Kompressionstherapie.
F.X. Breu, C. Martin
4.2.1 Dopplersonographie
Die dopplersonographische Diagnostik ist eine ScreeningMethode des Arztes bei der Untersuchung der Varikose
und erlaubt eine Aussage über die Klappeninsuffizienz
oberflächlicher und tiefer Venen, die Durchgängigkeit des
tiefen Venensystems und Refluxphänomene im Leitvenensystem und in den epifaszialen Venen.
4.2.2 Zweidimensionale Ultraschalltechnik (B-Bild,
Kompressionssonographie)
Die Kompressionssonographie ist geeignet, eine Venenthrombose (TVT) festzustellen, bzw. auszuschließen.
Hierbei werden die Leitvenen und die wichtigsten Muskelvenen im Quer- und Längsschnitt dargestellt und auf ihre
Komprimierbarkeit hin untersucht. Eine freie Vene ist
dabei vollständig mit der Ultraschallsonde komprimierbar,
wohingegen eine thrombosierte Vene nur teilweise oder
4 Diagnostische Verfahren [86.87]
gar nicht komprimierbar ist.
Die Bakerzyste, der Muskelfaserriss, Aneurysmen oder
Tumore werden auf den ersten Blick erkannt.
Bei adipösen Patienten oder begleitendem Lymphödem
sinkt die Aussagekraft der Kompressionssonographie.
Für die Untersuchung der nicht komprimierbaren
Beckenvenen besteht die Möglichkeit, mittels gepulsten
Ultraschalls auch die Flusskomponente in der Vene zu beurteilen (Farbduplexsonographie)
4.2.3 Farbduplexsonographie
Die Farbduplexsonographie ist eine Kombination von
Dopplertechnik und zweidimensionalem Ultraschallverfahren mit farbkodierter Darstellung der Blutströmung.
Dies erlaubt sowohl eine zuverlässige Beurteilung der
Venenklappeninsuffizienz und deren Ausdehnung, als
auch die Lokalisation von Thrombosen mit Bestimmung
der oberen und unteren Thrombusgrenze.
4.2.3.1 Duplexsonographie mit Valsalva-Pressmanöver
Mittels des Valsalva-Pressmanövers werden die Klappen
der proximalen Venen auf Reflux getestet (V. saphena
magna, V. femoralis communis, V. femoralis). Der Patient
bläst dazu mit hohem Ausatmungsdruck in ein Rohr, das
mit einem Manometer verbunden ist (Valsalvagerät).
Wenn die Klappen dicht schließen, sistiert der Venenfluss
(Normalbefund). Bei Klappenisuffizienz fließt das Blut
während des Pressmanövers retrograd weiter und kann
duplexsonographisch im Dopplerspektrum erfasst werden
(pathologischer Befund).
4.2.4 Phlebographie
Die Phlebographie – bis vor wenigen Jahren noch
„Goldstandard“ in der Routinediagnostik bei Thromboseverdacht – ist wegen ihrer Invasivität (Punktion der
Fußrückenvene) und der mit der Verabreichung eines
Röntgenkontrastmittels verbundenen Risiken durch die
Sonographie verdrängt worden.
Die Phlebographie ist jedoch eine Alternative bei technisch schwieriger Sonographie. Bei standardisierter
Technik lassen sich kleinste Gerinnsel in den Klappentaschen abbilden und Kollateralkreisläufe in ihrer Gesamtheit darstellen. Unter der Voraussetzung einer qualitativ
gut durchgeführten Untersuchung bedeutet die negative
Phlebographie mit hoher Sicherheit den Ausschluss einer
venösen Thrombose.
Besonderer Vorteil ist die gute Dokumentationsmöglichkeit. Die Phlebographie wird daher hauptsächlich immer
noch zur Indikationsstellung und Verlaufskontrolle einer
thrombolytischen oder operativen Thrombosetherapie und
bei der Beurteilung von Malformationen eingesetzt.
4.2.5 Magnetresonanztomographie (MRT)- und
Computertomographie (CT)- Phlebographie
Beide Schnittbildverfahren, die MRT und die CT-Phlebographie, weisen eine hohe Treffsicherheit in der
Diagnostik einer proximalen TVT auf (popliteofemorale
Etage, Beckenvenenstrombahn und Vena cava). Von
Vorteil ist die gleichzeitige Darstellung von pathologischen Raumforderungen in unmittelbarer Nähe der
Gefäße sowie bei der CT die gleichzeitige Erfassung einer
Lungenembolie.
4 Diagnostische Verfahren [88.89]
4.3 Bildgebende Nachweisverfahren in der
Lymphologie
chend, da damit eine geringergradige Lymphostase nicht
zu erfassen ist.
W.J. Brauer
Zur Planung operativer Eingriffe in der plastischen
Chirurgie und Wiederherstellungschirurgie kann die
Kenntnis verbliebener Lymphgefäße und der Drainagewege erforderlich werden. Mit der statischen Lymphszintigraphie lassen sich die Drainagewege erkennen. Die
Ergebnisse der dynamischen Studie erleichtern den zielgenauen Einsatz einer indirekten Lymphangiographie zur
detaillierten morphologischen Lymphgefäßdarstellung
(Abbildung 35, S. 92).
4.3.1 Überblick
Das unkomplizierte klinisch manifeste Extremitätenlymphödem des Stadiums 1, 2 und 3 bedarf in der Regel nicht
der Bestätigung durch ein bildgebendes Verfahren. Es ist
meist einfach und zuverlässig mit der klinischen Untersuchung zu diagnostizieren.
Subklinische Lymphödeme (Stadium 0) dagegen lassen
sich nur durch eine quantitative Untersuchung, die
Funktionslymphszintigraphie erkennen. Zum Absichern
der Diagnose und zum Vermeiden aufwändiger und überflüssiger Überprüfungen von Verordnungen und möglicher
Regressforderungen durch die Kostenträger werden neuerdings Funktionslymphszintigraphien auch bei klinisch
manifesten Frühstadien veranlasst. Das gilt besonders für
die Patienten, bei denen dank effizienter Behandlung mit
der kombinierten physikalischen Entstauungstherapie das
Lymphödem für den mit der Materie wenig vertrauten
Arzt schwierig zu erkennen ist. Weitere Indikationsgebiete
liegen in der Beurteilung des Lymphtransportes der
Gegenseite bei (scheinbar) einseitigem Extremitätenlymphödem, der Differenzierung von Lipödemen und
Lipolymphödemen, Klärung von Kombinationsformen
lymphostatischer Erkrankungen, der Abklärung artefizieller Ödeme und gutachterlichen Fragestellungen.
Sonographie, indirekte Lymphangiographie und in Zukunft
wohl auch die Magnetresonanz-Lymphographie sind ergänzende morphologische Untersuchungsverfahren, die
in der Regel erst bei unklaren szintigraphischen Ergebnissen zum Einsatz kommen.
Als adäquate Untersuchungstechnik kommt die Funktionslymphszintigraphie in Kombination mit der statischen
Szintigraphie zum Einsatz. Die Beschränkung auf die
statische Szintigraphie oder auf eine nicht quantitative
oder semiquantitative Lymphszintigraphie ist nicht ausrei-
4 Diagnostische Verfahren [90.91]
Abbildung 35: Zustand nach ausgedehntem traumatischen
Weichteildefekt und Latissimus
dorsi-Plastik. Sekundäres
Lymphödem. Morphologische
Diagnostik mit statischer
Lymphszinigraphie und indirekter
Lymphangiographie zur Lokalisation verbliebener Lymphgefäße
und Lymphabflusswege vor
plastisch-chirurgischer Revision.
Bei mikrochirurgischen Eingriffen am Lymphgefäßsystem
gehört die qualitative und quantitative Lymphszintigraphie zur prä- und posttherapeutischen Standarddiagnostik. Die Methode wird außerdem bei der Planung
plastischer chirurgischer Eingriffe in Extremitäten mit
Lymphödem eingesetzt.
4.3.2.1 Quantitatives Lymphszintigramm
= Funktionslymphszintigraphie
Die Funktionslymphszintigraphie ist ein minimal invasives
risikoarmes nuklearmedizinisches Untersuchungsverfahren, das zur Funktionsdiagnostik des epi- und subfascialen
Lymphgefäßsystems der oberen und unteren Extremitäten
eingesetzt wird.
a): Latissimus dorsi-Plastik
mittlerer Unterschenkel.
b): Statische Lymphszintigraphie
linkes (li) Bein; zwei Darstellungsvarianten der selben Aufnahme. Dermal backflow medialer Unterschenkel. Lymphabflusswege vorwiegend medial
sowie subfascial mit Darstellung
poplitealer Lymphknoten.
c): Indirekte Lymphangiographie;
dilatierter geschlängelter
Kollektor mit Gefäßabbruch
sowie netzförmig angeordnete
erweiterte initiale Lymphgefäße.
4.3.2 Lymphszintigramm
Ein normales quantitatives und qualitatives Lymphszintigramm schließt eine lymphogene Ursache einer bestehenden Extremitätenschwellung weitgehend aus. Abnormale
lymphszintigraphische Ergebnisse sind Ausdruck einer
primären oder sekundären Schädigung des Lymphgefäßsytems. Eine szintigraphische Differenzierung der verschiedenen Ödemformen ist nicht möglich. Nicht berücksichtigte anatomische Varianten und Unkenntnis von
Vorschäden des Lymphsystems sind häufige Gründe für
Fehlinterpretationen.
Bei phlebologischen Erkrankungen ist zu beachten, dass
beim postthrombotischen Syndrom der subfasziale
Lymphtransport erniedrigt ist, jedoch bei der chronisch
venösen Insuffizienz Stadium 2 und 3 als Folge einer
kompensatorischen Erhöhung des Lymphtransportes erhöhte Uptakewerte über den inguino-iliacalen Lymphknoten gemessen werden können. Ebenso werden bei jungen
Patientinnen mit Lipödem und gelegentlich bei jungen
Lipolymphödem-Patientinnen erhöhte oder hochnormale
Uptakewerte gefunden.4
Das Prinzip der Funktionslymphszintigraphie liegt in der
Erfassung der Transportzeit eines radioaktiv markierten
Tracers, der ausschliesslich vom Lymphgefäßsystem abtransportiert wird, vom Ort der Injektion zu den regionalen Lymphknoten und vor allen Dingen in der Bestimmung
des Lymphknotenuptakes. Der Uptake gibt das Maß der
Tracerspeicherung in Bezug auf die applizierte Tracermenge in Prozent an.
Die Funktionslymphszintigraphie wird vorwiegend zur
Funktionsbeurteilung des peripheren Lymphgefäßsystems
eingesetzt. Relevante Aussagen über morphologische
Veränderungen an Lymphgefäßen und Lymphknoten sind
kaum möglich. Hauptanwendungsgebiete der Methode
sind primäre und sekundäre Lymphödeme im subklinischen Stadium (Stadium 0) und im klinischen Stadium 1
(spontane Reversibilität) sowie bei Extremitätenschwellungen unklarer Genese. Ein Lymphödem im Stadium 2
oder 3 benötigt in der Regel keine Abklärung durch die
quantitative Lymphszintigraphie.
Die Durchführung der Funktionslymphszintigraphie sollte
4 Diagnostische Verfahren [92.93]
sich an einem standardisierten Protokoll orientieren:
n Subcutane Injektion eines Einzeldepots des radioaktiven Tracers in den Hand- oder Fußrücken.
n Unmittelbar danach kontinuierliche standardisierte
körperliche Belastung über einen festgelegten
Zeitraum (dynamische Studie).
n Schwächungskorrektur bei der Berechnung der
Lymphknotenuptake-Werte.
n Ergänzende statische Lymphszintigraphie.
Berechnung des Lymphknoten-Uptakes
Für die Berechnung des Lymphknoten-Uptakes wird anschließend bei der Untersuchung der Arme eine Lymphknotentiefenbestimmung mit der Single Photon Computed
Tomography (SPECT) durchgeführt. Bei der Untersuchung
der Beine kann neuerdings durch Einsatz eines mathematisch-statistischen Verfahrens („BMI – Korrekturformel“)
häufig auf die SPECT verzichtet werden und der Untersuchungsablauf erheblich vereinfacht und verkürzt werden. 6
Radiopharmakon: In der BRD wird fast ausnahmslos mit
99m-Technetium (99m-Tc) markiertes HumanserumAlbumin-Nanokolloid verwendet. Eine Radioaktivitätsdosis je Extremität bei Erwachsenen von 37 MBq in 0,2
ml Volumen ist immer ausreichend.
Die Lymphknoten-Uptakewerte sind methodenabhängig.
Bei der standardisierten Belastung (60 Minuten) liegt bei
den Beinen der Normalbereich des Lymphknoten-Uptakes
zwischen 16,2 % und 43,1 %, der Graubereich zwischen
13,8 % und 16,2 % und der Uptake bei Lymphödemen
unter 13,8 %.6 Bei den Armen überlappen sich die Messbereiche für Normalkollektive und Lymphödeme geringfügig; der Normalbereich des Lymphknoten-Uptakes (60
Minuten) liegt zwischen 5,1 % und 17,4 % (10. und 90.
Percentil, n=28) und der Uptake bei Lymphödemen unter
5,3 % (90. Percentil, n=27). 7
Dynamische Studie
Da der Lymphfluss unter Ruhebedingungen extrem langsam ist, muss während der dynamischen Studie eine körperliche Belastung unter standardisierten Bedingungen
durchgeführt werden. Bei der Untersuchung der Beine
hat sich das Gehen auf dem Laufband als optimal erwiesen. Andere Formen der Belastung, aktive Belastung mit
Fahrradergometer, aktive Fußbewegung oder unkontrolliertes Gehen sowie passive Belastung mit Pedalometer
sind weniger zuverlässig. 5
Bei der Untersuchung der Arme erfolgt die Untersuchung
am liegenden Patienten. Belastet wird durch metronomgesteuerten rhythmischen Faustschluss, wobei das Ausmaß der Fingerbewegung durch rhythmisches Umgreifen
einer Kugel standardisiert werden kann.
Statische Studie
Nach der dynamischen Studie erfolgt die statische Studie
in der Regel als Ganzkörperszintigraphie am liegenden
Patienten.
Eine wesentliche altersabhängige Abnahme der Uptakewerte und damit des Lymphtransportes ist nicht nachweisbar.4
Hochnormale Werte deuten auf eine kompensatorische
Mehrleistung des Lymphgefäßsystems. Eine solche
Konstellation wurde bisher bei der chronisch venösen
Insuffizienz, idiopatisch zyklischen Lymphödemen und
Lipödemen gesehen. 4
Unter der Voraussetzung einer standardisierten Ergometer-Belastung mit 25 Watt werden bei gesunden unteren
Extremitäten Ankunftszeiten bis 5 Minuten gemessen.
Primäre und sekundäre Lymphödeme sowie deren Kombinationsformen zeigen erniedrigte Lymphknotenuptake4 Diagnostische Verfahren [94.95]
werte; je nach Ausprägung sind die Ankunftszeiten
verlängert, normale Ankunftszeiten schließen jedoch ein
Lymphödem nicht aus.
Beim Lipödem ist es erforderlich, bei der Interpretation
der Uptakewerte das Alter der Patientin zu berücksichtigen, da die Uptakewerte bei jungen Lipödempatientinnen
auch dann im Normbereich liegen können, wenn der
Lymphtransportes eingeschränkt ist oder es zu einem
Übergang in ein Lipolymphödem gekommen ist. 4
Eine exakte quantitative Funktionslymphszintigraphie wird
nur an wenigen Stellen durchgeführt. Das führt dazu, dass
die Patienten für diese Untersuchung oft weite Wege zurücklegen müssen.
Die größte Fehlerquelle liegt in fehlerhafter Untersuchungstechnik. 38 Ungenügende körperliche Belastung
während der Untersuchung kann zu Fehleinschätzungen
führen. Es konnte nachgewiesen werden, dass die sonographische Tiefenbestimmung der Lymphknoten zur
Schwächungskorrektur bei der Uptakebestimmung
Ungenauigkeiten aufweist. Vergleichsuntersuchungen mit
der genaueren aber aufwändigen Lymphknotentiefenbestimmung mit der SPECT (Single Photon Emission
Computed Tomography) haben Differenzen der schwächungskorrigierten Uptakewerte bis über 50 % ergeben.
Der meistens geübte Verzicht auf eine Schwächungskorrektur ist ein methodischer und unsystematischer weil
exponentieller Fehler, der in seinem Ausmaß erheblich
wechselt.
4.3.2.2 Qualitatives Lymphszintigramm
Lymphkollektoren stellen sich als bandartige Radioaktivitätsanreicherungen dar. Aussagen über die Zahl der
Lymphgefäße und deren Lumenweite sind nicht möglich.
Die Speicherung des Radiopharmakons in Lymphknoten
führt zu fokalen Radioaktivitätsanreicherungen unterschiedlicher Größe und Intensität. Eine Beurteilung der
Lymphknotengröße und Lymphknotenstruktur gestattet
diese Methode allerdings nicht. Beim Lymphödem sind
Lymphkollektoren und Lymphknoten der betroffenen
Extremitäten weniger deutlich abgrenzbar als unter
normalen Bedingungen. Bei ausgeprägten chronischen
Lymphödemformen gelingt die szintigraphische Darstellung von Lymphkollektoren und Lymphknoten nicht regelmäßig. Atypische Kollektorverläufe und Umgehungskreisläufe sind nach traumatischer oder iatrogener
Kollektorschädigung und bei anderen Abfußhindernissen
zu beobachten. Lokalisierte oder generalisierte flächige
Anreicherungen des Radiopharmakons sind Ausdruck eines dermal back flow, bedingt durch eine Abflussstörung
und Klappeninsuffizienz. Fokale Mehranreicherungen
können Ausdruck von Lymphozelen oder Lymphzysten
sein.
Eine Funktionslymphszintigraphie ohne Schwächungskorrektur ist keine quantitative Untersuchung.
4 Diagnostische Verfahren [96.97]
Abbildung 36: 41-jährige Patientin. Zustand nach OvarialcystenOperation, Nachblutung mit
Beckenvenenkompression und
Beckenvenenthrombose, Thrombektomie und AV-Shuntanlage
sowie Revision des AV-Shunts.
Ausbildung eines Lymphödems
des rechten (re) Beines.
a): Gering ausgeprägtes Lymphödem Stadium 2 re Ober- und
Unterschenkel. Unauffälliges
linkes (li) Bein.
b): Funktionslymphszintigraphie.
Kontinuierliche schwächungskorrigierte Lymphknotenuptakebestimmung inguinoiliacal (Ordinate) in Abhängigkeit von der
Zeit (Abszisse) während Belastung durch Gehen auf dem Laufband. Lymphödem mit erniedrigtem Uptake re. Grenzwertig
erniedrigter Uptake li als Hinweis
auf vorbestehendes subklinisches
primäres Lymphödem.
c): Statische Lymphszintigraphie.
Zwei Darstellungsvarianten derselben Aufnahme. Deutlich verminderte Aktivitätsanreicherung
in den inguinoiliacalen Lymphknoten (Lnn) rechts. Links scheinbarer Normalbefund.
Abbildung 37: Sekundäres
Lymphödem und Lymphozele
nach Lymphknotenextirpation und
Radiatio rechtes Bein bei NonHodgkin-Lymphom. Funktionslymphszintigraphisch eingeschränkte Transportfunktion rechts
(re), normale Werte links (li).
a): Statische Lymphszintigraphie.
Zwei Darstellungsvarianten derselben Aufnahme. Dermal backflow re. Eingeschränkte Aktivitätsbelegung in den iliacalen
Lymphknoten re. Der inguinale
Speicherbezirk re ist eine Lymphozele, die sich sonographisch als
liquide gekammerte Struktur
darstellt (b).
(a)
4.3.3 Sonographie
Die Sonographie als morphologisches Untersuchungsverfahren bleibt speziellen Fragestellungen vorbehalten.
Lymphgefäße lassen sich auch unter Einsatz der farbcodierten Duplexsonographie und des Powermodes nicht
zuverlässig erkennen. Für die Diagnostik der Lymphtransportstörungen und des Lymphödems ist die Sonographie
mangels Standardisierung nicht geeignet. Selbst klinisch
und nuklearmedizinisch eindeutige Lymphödeme sind
teilweise nur unzuverlässig zu erkennen (Abbildung 37,
S. 99).
Häufig findet sich bei Ödemen lediglich eine feindisperse
Dichtezunahme, dann wenn die Distanz der Impedanzsprünge unter der Wellenlänge und des Auflösungsvermögens des Ultraschalles liegt. Zuätzliche liquide Strukturen
sind erst zu erkennen, wenn die Weite der liquiden
Bezirke im Interstitium über dem frequenzabhängigen
Auflösungsvermögen der Sonographie liegt. 32 Auch
fehlen exakte (Vergleichs-) Studien mit der Funktionsdiagnostik oder klinische Studien mit verblindeter Auswertung.
Für die Klärung lokaler Befunde, der Differenzierung von
Erysipelen von der Fasciitis und bei lyphmologisch-phlebologischen Fragestellungen ist die Sonographie dagegen
ein unverzichtbares Verfahren.
c): Sonographisch re nur diskrete
Symptomatik mit verdickter Cutis,
geringer feindisperser Dichtzunahme und verstärkter Schwächung.
Indikationen bei Lymphödempatientinnen, ergeben sich
vorwiegend bei der Differenzierung von lokalen Schwellungen, der Frage nach Lymphzysten und Lymphozelen
sowie in der Lymphknotendiagnostik, außerdem bei der
Differenzierung von Erysipelen und der Fasciitis.
4 Diagnostische Verfahren [98.99]
Merksätze:
n Für die Diagnostik der Lymphtransportstörungen und
des Lymphödems ist die Sonographie mangels
Standardisierung nicht geeignet.
n Für die Klärung lokaler Befunde, der Differenzierung
von Erysipelen von der Fasciitis und bei lymphologischphlebologischen Fragestellungen ist die Sonographie
dagegen ein unverzichtbares Verfahren.
4.3.4 Indirekte Lymphangiographie
Die indirekte Lymphangiographie ist eine schonende
morphologische radiologische Untersuchungsmethode zur
Darstellung von Lymphgefäßen.
Merksatz:
n Eine unauffällige indirekte Lymphangiographie schließt
eine Lymphtransportstörung nicht aus.
4.3.5 Interstitielle Magnetresonanztomographie
Interstitielle Magnetresonanztomographie ist ein in
Entwicklung befindliches Untersuchungsverfahren, das
allerdings klinisch noch nicht einsetzbar ist. Mit dem
Verfahren lassen sich pathologisch veränderte Lymphgefäße der unteren Extremität nach intrakutaner Applikation
eines wasserlöslichen, gadoliniumhaltigen Kontrastmittels
darstellen.
Unter hohem Druck wird ein dimeres Röntgenkontrastmittel langsam intrakutan infundiert. Es bildet sich ein
intrakutanes Kontrastmitteldepot, von dem aus Lymphgefäße maximal über eine Distanz von ca. 30 cm zur
Darstellung kommen. Lymphknoten lassen sich nicht
kontrastieren. Diagnostische Kriterien sind Form des
Kontrastmitteldepots, Visualisierung initialer (und damit
pathologisch erweiterter) Lymphgefäße, Weite der Kollektoren, Gefäßabbrüche, atypische Drainagewege. Die
Dokumentation erfolgt auf Mammographie-Film-Folienkombinationen. Die Methode ist aus belichtungstechnischen Gründen auf relativ oberflächlich liegende
Lymphgefäße beschränkt. Eine unauffällige indirekte
Lymphangiographie schliesst eine Lymphtransportstörung
nicht aus.
Das Verfahren ist eine wichtige Untersuchungsmethode
zur präoperativen Planung bei plastischen lymphologischen Eingriffen.
Bei Patienten, bei denen eine standardisierte Funktionslymphszintigraphie nicht durchführbar ist, kann alternativ
die indirekte Lymphangiographie zur Anwendung kommen.
4 Diagnostische Verfahren [100.101]
5 Therapiekonzepte
5.1 Konservative Maßnahmen
C. Martin
Erst das Wissen über den pathophysiologischen Mechanismus bei der
Entstehung phlebologischer und lymphologischer Erkrankungen der
unteren Extremitäten ermöglicht wirksame therapeutische Konzepte.
Ziel ist die Erhaltung oder Wiederherstellung der Funktion und
Leistungsfähigkeit. Dieses wird unter anderem erreicht durch physikalische, operative/invasive, diätetische sowie geeignete hautpflegende
und wundheilungsfördernde Maßnahmen.
5.1.1 Kompressionstherapie
Die konsequente Kompressionstherapie bildet die Basis
der Behandlung der CVI (Phlebödem/Thromboseprophylaxe) und der Erhaltungstherapie eines entstauten
Lymphödems. Die Wirkung der Kompressionstherapie ist
multifaktoriell:
n Reduktion des Querschnitts der ektatischen Venen ‡
erneute Schließfähigkeit der Klappen ‡ weniger
Reflux ‡ Verhinderung des Fortschreitens der CVI
n Erhöhung der venösen Strömungsgeschwindigkeit ‡
venöse Entstauung ‡ Verringerung von trophischen
Störungen, Besserung der subjektiven Beschwerden
n Lockerung sekundärer Gewebsverhärtungen
(Bindegewebsproliferationen) durch die bei Bewegung
stattfindende „Mikromassage“ unter der Bandage
Die Hauptwirkung entfaltet die medizinische Kompressionstherapie bei Aktivierung der Muskel-Gelenk-Pumpen.
Zum Einsatz kommen der phlebologische Kompressionsverband (PKV) mit Bindenmaterial unterschiedlichen
Kraft-Dehnungsverhaltens, maßgefertigte medizinische
Kompressionsstrümpfe/-strumpfhosen (MKS) und die
apparative intermittierende Kompression (AIK) mit pneumatischen Wechseldruckmanschetten.
Phlebologischer Kompressionsverband (PKV)
PKV können als Wechselverbände (täglich neu angelegt,
nicht über Nacht) oder als Dauerverbände (über mehrere
Tage belassen, auch über Nacht) angewendet werden.
Zur Verstärkung der Effektivität können Druckpolster aus
Schaumstoff verwendet bzw. Vertiefungen ausgepolstert
werden (z.B. die Bisgaard-Kulisse hinter dem Innenknö5 Therapiekonzepte [102.103]
chel). Bei jedem PKV – egal welche Verbandtechniken
verwendet wird (Technik nach Pütter, Sigg oder Altenkämper) – muss der Druck von distal nach proximal
abnehmen und die Ferse sowie die Zehengrundgelenke
müssen vom Verband eingeschlossen sein. Es dürfen
keine Schnürfurchen oder Druckstellen auftreten, das
heißt, der Druck darf nicht zu hoch sein und gefährdete
Stellen sind abzupolstern.
Verband aus Kurzzugbinden
Bei der hier dargestellten
Verbandtechnik handelt es sich
um einen modifizierten
Pütterverband mit zwei gegenläufig angelegten Kurzzugbinden.
Diese Technik sichert eine hohe
Festigkeit und eine bessere
Haltbarkeit des Verbandes.
1
2
5
6
3
4
7
8
Abbildung 1
Fuß rechtwinklig stellen und mit der ersten Bindentour von innen nach
außen an den Zehengrundgelenken beginnen.
Abbildung 2
Nach 2 – 3 Touren um den Mittelfuß herum umschließt die Binde
dann die Ferse und führt über den Innenknöchel zum Rist zurück.
Abbildung 3
Mit je einer weiteren Tour, zuerst oben, dann unten, werden die
Ränder der ersten Fersentour zusätzlich fixiert.
Nach einer weiteren Tour um den Mittelfuß führt die Binde über die
Sprunggelenksbeuge zur Fessel zurück.
Abbildung 4
Anschließend der Form des Beines folgend in steilen Touren die Wade
umschließen. Die Binde darf nur in Abrollrichtung angezogen werden.
Abbildung 5
Von der Kniekehle läuft die Binde einmal um das Bein herum, führt
dann der Beinform entsprechend wieder nach unten und schließt
vorhandene Lücken im Verband.
Abbildung 6
Die 2. Binde wird gegenläufig von außen nach innen am Knöchel
angesetzt und führt mit der ersten Tour über die Ferse zum Fußrücken
zurück.
Abbildung 7
Zwei weitere Touren fixieren zuerst den oberen und dann den unteren
Rand dieser Fersentour.
Abbildung 8
Anschließend läuft die Binde noch einmal um den Mittelfuß und dann
in gleicher Weise wie die erste steil nach oben und wieder zurück.
Der fertige Verband wird mit Fixierpflaster (z.B. Omniplast) an der
Außenseite des Verbandes fixiert.
5 Therapiekonzepte [104.105]
Laplace`sches Gesetz
Beim Anlegen eines Verbandes zur Kompressionstherapie
ist unter anderem zu beachten, dass der Andruck von
distal nach proximal gleichmäßig nachlässt. So soll der
Druck im Fersenbereich am höchsten sein und zum Knie
hin kontinuierlich abnehmen.
können zur Erzielung eines größeren Radius und damit
zu einer Verringerung eines übermäßig starken Drucks
abgepolstert werden. Demgegenüber bietet sich eine
Aufpolsterung zur Verkleinerung des jeweiligen Radius
und damit zur Erhöhung des Druckes in flächigen
Bereichen an.
Die Gleichung von Laplace sagt, dass der Druck der
Binde, der auf die Oberfläche des Beines wirkt, proportional zur Spannung des elastischen Gewebes, d.h. zur angelegten Binde, ist. Je höher die Spannung der angelegten
Binde, umso höher ist auch der Druck, der auf die Oberfläche des Beines einwirkt.
Durch das Auf- bzw. Abpolstern gemäß des
Lacplace`schen Gesetzes können darüber hinaus Druckstellen vermieden werden.
Der Druck der Binde, der auf die Oberfläche des Beines
wirkt, ist jedoch auch umgekehrt proportional zum
Krümmungsradius des umspannten Körpers. Das bedeutet, dass nur auf einem gleichmäßig zylindrischen Körper
eine gleichmäßige Verteilung des Drucks erfolgen kann.
Laplace`sche Gleichung in der Kompressionstherapie
Druck, der auf die komprimierte Oberfläche wirkt
entspricht Spannung des Bindengewebes dividiert
durch Radius
(Druck, der auf die Oberfläche wirkt = Gramm pro cm2
Spannung des Bindengewebes = Gramm pro cm2
Radius = cm)
Bei einer konstanten Spannung der angelegten Binde,
nimmt der Druck ab, wenn der Radius des Beines zunimmt. Deshalb ist es nicht nötig, die Binde beim Anlegen
des Verbandes im Fußrandbereich oder über den Knöcheln
straffer anzulegen, als im Wadenbereich oder am medialen distalen Unterschenkel (Ulcus-cruris-Region).
Körperbereiche mit kleinen Radien, wie der Knöchelbereich, die Kante des Schienbeins oder die Achillessehne,
Abbildung 38: Beispiel des
Abpolstern und des Aufpolstern
vor dem Anlegen eines
Verbandes zur Kompressionstherapie.
Abpolsterung
Aufpolsterung
Medizinische Kompressionsstrümpfe/-strumpfhosen
(MKS).
MKS gibt es in unterschiedlichen Größen und Längen
(Kniestrumpf, Halbschenkelstrumpf, Oberschenkelstrumpf,
Strumpfhose) und in 4 verschiedenen Kompressionsklassen, je nach Stärke des Andrucks im Knöchelbereich
(‡ Tabelle 18, S. 108). Oft sind Unterschenkelstrümpfe
ausreichend. Der Andruck muss von distal 100 % nach
proximal 40 % abfallen. Im Handel erhältliche Hilfen erleichtern das An- und Ausziehen der MKS. Ist der Patient
körperlich nicht in der Lage, Strümpfe hoher Kompressionsklassen anzuziehen, können zwei Kompressionsstrümpfe niedrigerer Kompressionsklassen übereinandergetragen werden. Für Patienten mit einem Ulcus cruris
gibt es spezielle Kompressionsstrümpfe, die mit der ent5 Therapiekonzepte [106.107]
sprechenden Wundauflage eine gute Alternative zu den
Kompressionsbinden darstellen. 22
Kompressionsklasse Kompression Kompressionsdruck Anwendungsbereich
mmHg
I
leicht
ca. 20
Vorbeugend bei schweren, müden
Beinen durch langes Sitzen oder Stehen
und in der Schwangerschaft.
II
mittel
ca. 30
Ausgeprägte Krampfadern, geschwollene
Beine, nach Venenentzündung, nach Verödung oder Operation, bei vorhandenen
Krampfadern in der Schwangerschaft.
III
stark
ca. 40
Nach tiefer Beinvenenthrombose, bei
ständiger Beinschwellung, nach Ulcus
cruris venosum.
IV
extra stark
> 40
Bei stark ausgeprägtem Phlebödem bzw.
Lymphödem.
Tabelle 18: Überblick über die vier Kompressionklassen des medizinischen Kompressionsstrumpfs (MKS)
Saphenamed ucv – Das medizinische Kompressionsstrumpf-System bei Ulcus cruris venosum
Nach einer erfolgreichen Entstauung von Ödemen der unteren Extremitäten mit Kompressionsverbänden erfolgt
der Übergang vom Kompressionsverband zum medizinischen Kompressionsstrumpf.
Saphenamed ist ein zweilagiges System aus Unterstrumpf
und Überstrumpf, bestehend aus weichem, temperaturregulierendem Material mit SeaCell®, einer mit Algen angereicherten Textilfaser mit hautvitalisierender Wirkung.
Dank des zweilagigen Systems, das aus dem Unterstrumpf
mit integrierter Anziehhilfe und dem Überstrumpf besteht,
gelingt das Anziehen mühelos. Beide Strümpfe verhaken
miteinander und erzeugen einen konstanten Arbeitsdruck
von bis zu 55 mgHg im Ulkusbereich. Das Anziehen von
Saphenamed ucv ist denkbar einfach: Zuerst wird der
weiße Unterstrumpf und darüber der hautfarbene Überstrumpf gezogen, der die Zehen frei lässt. So gewährleistet Saphenamed ucv eine Kompressionswirkung, die der
eines Verbandes mit Kurzzugbinden entspricht.
Der Unterstrumpf wird Tag und Nacht, der Überstrumpf
wird nur tagsüber getragen.
Sapenamed ucv erleichtert die Versorgung von Venenerkrankungen. Neben den Vorteilen, wie Sicherheit der
Kompression, einfache Handhabung des Strumpf-Systems
sowie Anziehen ohne Mühe, ist der Aspekt der Zeitersparnis von zusätzlicher Bedeutung.
Saphenamed ucv ist in sechs Größen erhältlich, als Set
mit 1 Überstrumpf und 2 Unterstrümpfen.
Apparative intermittierende Kompression (AIK)
Die AIK kann als adjuvante Therapie eingesetzt werden,
um die Behandlungsfrequenz des Patienten beim Therapeuten zu senken (Kostenreduktion). Dies bedeutet, dass
der Patient in der Lage sein muss, die zentrale Entstauung
selbsttätig nach Anleitung durch den Therapeuten durchführen zu können. Das System der AIK bestehen aus einem Kompressor und einer Behandlungsmanschette. Am
Kompressor werden die Therapiedauer, der gewünschte
Behandlungsdruck und die Pausenzeiten eingegeben. Die
neueren Mehr-Kammer-Behandlungsmanschetten haben
12 oder mehr überlappende Luftkammern, die eine gleitende Druckwelle von distal nach proximal bewirken.
5 Therapiekonzepte [108.109]
Kontraindikationen (KI) für
Kompressionsverband/-strümpfe
Kontraindikationen für die apparative
intermittierende Kompression
Absolute
n Fortgeschrittene, periphere arterielle
Verschlusskrankheit (Knöchel-Arm-Index < 0,6)
n Dekompensierte Herzinsuffizienz
n Septische Phlebitis
n Phlegmasia coerula dolens
Absolute
n Frischer Myokardinfarkt
n Dekompensierte Herzinsuffizienz
n Lungenödem
n Kardial und renal bedingte Ödeme
n Thrombophlebitis, Thrombose oder
Thromboseverdacht
n Erysipel
n Sekundäres Lymphödem bei aktiven malignen
Erkrankungen
Relative
n Sensibilitätsstörungen der Extremität
n Fortgeschrittene periphere Neuropathie
(z.B. Diabetes mellitus)
n Unverträglichkeit auf Binden-/Strumpfmaterial
n Noch kompensierte periphere arterielle
Relative
n Unterschenkeltrauma
n Tumoren im proximalen Abflussbereich
n Schmerzen während der intermittierenden
Kompression
Verschlusskrankheit
n Nässende Dermatosen
n Primär chronische Polyarthritis
Tabelle 19: Kontraindikationen für eine Kompressionstherapie 17, 22
Merksätze:
n Die Kompression sorgt dafür, dass die Venenklappen
besser funktionieren.
n Der Druck auf das Gewebe muss von distal nach proximal abnehmen.
n Der phlebologische Kompressionsverband (PKV) muss
mindestens ein großes Gelenk einschließen.
n Bei Anlage des PKV sollte der Winkel zwischen Fuß
und Unterschenkel 90° betragen, da der Umfang des
Sprunggelenks bei 90° etwa 1,5 cm größer ist als bei
Plantarflexion des Fußes (der Verband wäre bei Anlage
in Plantarflexion zu eng).
n Die Binde ist so in die Hand zu nehmen, dass der aufgerollte Teil der Binde oben liegt und nach außen
zeigt.
n Zehengrundgelenke und Ferse müssen vom
Kompressionsverband/-strumpf eingeschlossen sein.
n Es dürfen keine Schnürfurchen oder Druckstellen
verursacht werden (d.h. Unterpolsterung wo nötig).
n Ein Kompressionsverband darf nie schmerzhaft sein!
n Der Kompressionsverband ist morgens nach dem
Aufstehen anzulegen. Nicht erst herumgehen, sonst
wird die Entstauung, die während der Nacht stattgefunden hat, zunichte gemacht.
5.1.2 Manuelle Lymphdrainage
Die manuelle Lymphdrainage (MLD) wurde 1932 von dem
dänischen Philologen Dr. Emil Vodder (1896-1986) entwickelt und ab 1963 von dem deutschen Allgemeinarzt
Dr. Johannes Asdonk (1920-2003) erweitert.
Die MLD ist eine Interstitiumsdrainage, bei der es zu einer Zunahme der Transportkapazität des Lymphgefäßsystems kommt. Das Prinzip der MLD beruht im Gegensatz
zu der herkömmlichen Massage auf einer bestimmten
Grifftechnik (verschiedene Grund- und Spezialgriffe nach
Vodder und Asdonk). Durch flaches Auflegen der Finger
bzw. Hände wird mit rhythmisch-kreisenden-pumpenden
Griffen die Lymphflüssigkeit unter feindosiertem Druck
manuell abdrainiert (ab- und weitergeleitet). Die milde
Gewebekompression führt zu einer besseren Füllung der
initialen Lymphstrombahn, einer Steigerung der Schlagfrequenz der Lymphangione sowie zu einer Dilatation der
Hautlymphgefäße und zur Ausbildung akzessorischer
Lymphkollektoren. 35
Die Behandlung beginnt immer beidseits der medialen
Supraklavikulargrube zur Entleerung der terminalen
Ampulle, sodass die Lymphflüssigkeit von distal nachströmen kann. Bei der Behandlung von Beinödem folgen als
zweiter und dritter Schritt Atemgymnastik und Bauchbehandlung. Die weitere Behandlung geschieht abschnittsweise von der Leiste bis zu den Füßen. Innerhalb der
5 Therapiekonzepte [110.111]
einzelnen Abschnitte wird von distal nach proximal entsprechend der Strömungsrichtung und Lage der Hauptlymphgefäße gearbeitet (d.h. von der Leiste zu den
Achseln, vom Knie zur Leiste, vom Sprunggelenk zum
Knie und schließlich von den Zehenspitzen zum Sprunggelenk). 20
Kontraindikation der MLD sind:
n Akute tiefe Phlebothrombose
n Thrombophlebitis
n Regionen mit akuter Infektion (z.B. Erysipel)
n Dekompensierte Herzinsuffizienz
5.1.3 Komplexe physikalische Entstauungstherapie
Basistherapie eines Gliedmaßenlymphödems ist die komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE). Sie erfolgt
in zwei Phasen:
Phase I: Entstauung durch manuelle Lymphdrainage
(MLD) plus Kompressionsbandage.
Die MLD erfolgt 1-2-mal täglich bis keine weitere Reduktion des Beinumfangs erzielt werden kann (Dauer ca.
3-6 Wochen). Im Anschluss der MLD erhält der Patient
eine Kompressionsbandage zur Vermeidung der erneuten
Flüssigkeitsanreicherung (sollte nur zur Körperhygiene
und zur MLD entfernt werden).
Eine apparative intermittierende Kompression (AIK) mit
Mehrkammergeräten und gerichtetem Druckaufbau von
distal nach proximal kann unterstützend in Phase II (nicht
aber in Phase I) durchgeführt werden.
Kontraindikationen der KPE
n Erysipel
n Akute Thrombophlebitis/Phlebothrombose
n Herzinsuffizienz
n Arterielle Verschlusskrankheit
5.1.4 Wundbehandlung des Ulcus cruris venosum
Beurteilung der Wunde/Verlaufsdokumentation
Der Lokalbehandlung des venösen Ulcus cruris geht die
Beurteilung und (Verlaufs-) Dokumentation der Wunde
voran: Lokalisation, Größe (Länge, Breite, Tiefe), Exsudation, Ausmaß der Gewebeschädigung (Beteiligung von
Epidermis/Dermis, Subcutis, Faszie/Muskeln, Sehnen/
Knochen), Zustand des Wundgrundes (Nekrosen, Fibrinauflagen, Granulationsgewebe, Epithelisierung) und
des Wundrandes bzw. der Wundumgebung (Schwellung,
Rötung, Schmerzen, Mazeration, Ekzem, Atrophie,
Fibrose).
Phase II: Erhaltungstherapie durch Kompressionsstrumpf, Gymnastik plus Verhaltensmaßnahmen
Die Konservierung und Optimierung des Behandlungsergebnisses aus Phase I erfolgt lebenslang durch maßgefertigte Kompressionsstrümpfe (Knie-, Schenkelstrümpfe
oder Strumpfhosen), evtl. mit zusätzlichem Fußteil oder
Zehenkappen. Begleitend wird der Patient zu entstauenden Bewegungsübungen unter der Kompression und zur
Beachtung spezieller Verhaltensregeln bei Beinlymphödem angehalten (‡ Kapitel 6.2, S. 151).
5 Therapiekonzepte [112.113]
Abbildung 39: Beispiel eines
Erfassungsbogens zur Wunddokumentation von chronischen
Wunden
Wunddokumentation Chronische Wunden
(Dekubitus, Ulcus cruris venosum, Ulcus cruris arteriosum,
Ulcus cruris mixtum, Postoperative Wundheilungsstörungen, Sonstige Wunde)
Name/Vorname:
Geburtsdatum:
Straße:
PLZ /Ort:
Angehörige:
Zusatzinformationen (wo, was):
Telefon:
Psychischer Zustand:
Arzt:
Zusatzinformationen
Pflegedienst:
sonstiges
Rötung
Ekzem
Mazeration
Minderdurchblutung
Höhlen-/ Taschenbildung
PEG-Sonde
DK-Träger
Krankenkasse:
Bemerkungen:
Einflussfaktoren
Ulcus cruris
Ulcus cruris venosum
Schweregrade der chronisch venösen
Insuffizienz nach Widmer 6)
Diagnose/ Wundtyp
Stadium I
Ödem, subfasziale Stauung,
Corona phlebectatica
Stadium II
Induration, Pigmentierung,
Ekzem
Stadium III
Ulkus, Ulkusnarbe
Dekubitus
Dekubitusrisiko
Modifizierte Norton-Skala 1)
Norton-Skala2)
Braden-Skala3)
Medley-Skala 4)
Kompressionsverband
Kompressionsstrumpf
apparative intermittierende Kompression
Dekubitusgrad
Stadium
Lagerung
135° Lagerung
30° Lagerung
5-Kissen-Lagerung
Spezialmatratzen:
Lagerungshilfsmittel:
Alter
Mangelernährung
Kachexie
Diabetes mellitus
Vitaminmangel
AVK
chronisch venöse
Insuffizienz
Immobilität
mangelnde
Compliance
Adipositas
Infektionskrankheit
Allergie
Anämie
Medikamente
Zytostatika
Cortison
sonstige Medikamente
Kompressionstherapie*
Punkte
Einteilung nach:
Vier-Stadien-Einteilung (orientiert an
der Einteilung des National Ulcer
Advisory Panel)5)
Kompressionsstrumpf*
Klasse I
ca. 20 mmHg
Klasse II
ca. 30 mmHg
Klasse III
ca. 40 mmHg
Klasse IV
über 60 mmHg
Kompressionsverbandtechnik
modifiziert nach Pütter
Zinkleim
kohäsive Fixierbinde
sonstige
Wundbeurteilung
Hautzustand
trocken
schuppig
rissig
feucht
Antibiotika
Wundränder
unauffällig
Nekrose
Ödem
Entzündung
Kontraktion
Wundgrund
sauber
Schorf
fibrinös
Wundexsudat
serös
eitrig
nekrotisch
Fremdkörpereinlagerung
blutig serös
Geruch:
Wundheilungsphase
Reinigungsphase
Granulationsphase
Epithelisierungsphase
Zielsetzung
Wundgröße
Länge (mm)
Breite (mm)
Tiefe (mm)
Auslitern (ml)
Unterstützung der Wundreinigung
Förderung und Schutz der Granulation
Förderung der Epithelisierung
Beurteilung der Zielsetzung:
Wundzustand
aseptisch
infiziert
Abstrich am:
Biopsie am:
kontaminiert
Wundlokalisation
Sonstige Maßnahmen bei Dekubitus
Ulcus cruris arteriosum
Stadien der arteriellen Verschlusskrankheit nach Fontaine7)
Stadium I
Stadium II
II
II
* Kontraindikationen beachten
Die lokale Therapie des venösen Beinulkus stützt sich auf
eine sachgerechte Wundbehandlung, die sich sinnvollerweise an den einzelnen Wundheilungsphasen orientiert.
Im Rahmen der Wundbehandlung sind nach Möglichkeit
auch alle Faktoren auszuschalten, die sich allgemein
wundheilungsstörend auswirken, so beispielsweise Infektionen, Einflüsse von Begleiterkrankungen und Nebenwirkungen anderer Therapien oder negative psychosoziale
Faktoren.
Unabhängig von der Art der Wunde und vom Ausmaß
des Gewebeverlustes verläuft jede Wundheilung in
Phasen, die sich zeitlich überlappen und nicht voneinander zu trennen sind. Üblich sind Einteilungen in drei bzw.
vier Wundheilungsphasen, wobei hierfür die nachfolgende Systematik von drei Grundphasen benutzt wird:
Beschwerdefreiheit bei
nachgewiesener Stenose oder
fehlenden Pulsen
Belastungsschmerz =
Claudicatio intermittens =
Schaufensterkrankheit
n Die inflammatorische bzw. exsudative Phase dient zur
a Gehstrecke > 200 m
b Gehstrecke < 200 m
Stadium III
Ischämischer Ruheschmerz
Stadium IV
Nekrose, Gangrän
1), 2), 3), 4), 5), 6), 7)
Literatur siehe Rückseite
Therapeutische Maßnahmen
Die Behandlung eines Ulcus cruris venosum konzentriert
sich auf folgende Punkte: Der dem Ulkus zugrunde liegende venöse Hypertonus muss so gut wie möglich beseitigt
werden. Hierdurch wird die nutritive Situation im geschädigten Hautgebiet verbessert. Ein Geschwür kann nur
dann abheilen, wenn der venöse Abfluss im Bein wieder
einen kompensierten Zustand erreicht hat. Diese Therapieziele können im Wesentlichen durch die Kompressionsbehandlung und gegebenenfalls durch invasive Therapieverfahren (Operation und/oder Sklerosierung) erreicht
werden.
Blutstillung und Wundreinigung, vorrangig durch
Phagozytose.
n In der proliferativen Phase werden Blutgefäße und
Ersatzgewebe, das sog. Granulationsgewebe, zur
Defektauffüllung aufgebaut.
n In der Differenzierungsphase erfolgt die Ausreifung
des neuen Gewebes, dessen Epithelisierung und die
abschließende Narbenbildung.
In der Praxis werden die drei Wundheilungsphasen verkürzt als Reinigungs-, Granulations- und Epithelisierungsphase bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis [114.115]
inflammatorische Phase:
Reinigung
Kriterien des Delphi-Prozesses zur Aufstellung von Kriterien bei venösen Unterschenkelulzera
proliferative Phase:
Fibroblasteneinwanderung und Aufbau des Granulationsgewebes
Differenzierungsphase:
Ausreifung und zunehmende
Wundkontraktion/Epithelisierung
1. Cellulitis
2. Verzögerte Heilung trotz angemessener Kompressionstherapie
3. Erhöhung der lokalen Hauttemperatur
4. Erhöhung des Ulkusschmerzes/Veränderung der Art des Schmerzes
5. Neubildung von Ulzera in entzündeten Grenzbereichen von vorbestehenden Ulzera
6. Wundbettverbreiterung in entzündeten Grenzbereichen
7. Verfärbung, z.B. mattes, dunkles Ziegelrot
8. Bröckeliges Granulationsgewebe, das leicht blutet
9. Erhöhung der Exsudatviskosität
10. Erhöhung des Exsudatvolumens
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
11. Schlechter Geruch
12. Neu aufgetretene schwärzliche Wundschattierung
Abbildung 40: Schematische
Darstellung des Zeitablaufs der
Wundheilungsphasen
Bei venösen Ulzera können die klassischen Infektionszeichen (Schmerz, Erythem, Wärme und Purulenz) aufgrund
dermatologischer Probleme vermindert oder maskiert
sein. Die zunächst von Cutting, Harding und Gardner aufgestellten Indikatoren für eine Infektion eines venösen
Ulcus cruris (Steigerung der Intensität und/oder Änderung
des Wesens der Schmerzen, verfärbtes oder bröckeliges
Granulationsgewebe, Geruch, Zersetzung der Wunde und
verzögerte Wundheilung) wurden 2005 von Cutting,
White, Mahony und Harding weiterentwickelt und sind in
Tabelle 20 (S. 117) zusammengestellt.10, 26
13. Plötzliches Auftreten/Erhöhung der Menge von Schorf
14. Plötzliches Auftreten von nekrotischen schwarzen Punkten
15. Ulkusvergrößerung
Tabelle 20: Identifikation einer Wundinfektion bei venösen
Unterschenkelulzera 10
Débridement
Der erste Schritt der Wundbehandlung besteht darin,
totes Gewebe und Fremdkörper auszuräumen zur Reduzierung der aktiven Infektion. Dies ist durch Exsudatkontrolle, Reinigung mit Ringerlösung und gegebenenfalls
durch scharfes und chirurgisches Débridement mit dem
Skalpell, oder physikalisches Debridement mithilfe der
feuchten Wundbehandlung, biochirurgische Therapie
(Madentherapie) und experimentellen Débridmentverfahren (Wasserstrahldissektor, Ultraschall, Krill-Enzyme) zu
erreichen. 8 Für Ulzera mit ausgeprägten fibrinösen
und/oder schmierigen Belägen und ekzematösen Veränderungen der umgebenden (äußerst empfindlichen) Haut
ist die Feuchttherapie mit TenderWet 24 active indiziert. 29
Antibakterielle Behandlung
Bei Wunden mit lokalen Infektionszeichen, die trotz an5 Therapiekonzepte [116.117]
gemessener Versorgung und Débridement nicht heilen,
sollten topische Antiseptika in Erwägung gezogen werden. Häufig verwendete Antiseptika sind u.a. PolyvidonJod, ionisiertes Silber, Chlorhexidin und Octenidin.36 Eine
Behandlungsoption ist die silberhaltige Salbenkompresse
Atrauman Ag, die einem Verkleben mit der Wunden entgegenwirkt, die Wundränder pflegt und antibakteriell
wirkt. Dabei entfaltet sich die antibakterielle Wirkung im
direkten Kontakt mit der Wundauflage. 29 Topische Antibiotika sind wegen des Risikos einer Hautsensibilisierung,
Deaktivierung, Hemmung der Heilung und Bildung resistenter Stämme nicht zu empfehlen. 26 Systemische Antibiotika sollten erst dann eingesetzt werden, wenn systemische Infektionszeichen, wie z.B. Fieber, Erysipel oder
Infektion tieferer Strukturen oder eine Größenzunahme
der Wunde erkennbar sind. 36
Feuchtigkeitsgleichgewicht
Venöse Unterschenkelgeschwüre produzieren in der Regel
reichlich Exsudat, das die Heilung verhindert und eine
Mazerierung der umliegenden Haut verursachen kann.
Chronisches Exsudat führt zum Abbau von extrazellulären
Matrixproteinen und Wachstumsfaktoren, verlängert die
Entzündung, hemmt die Zellproliferation und führt zum
Zerfall der Gewebematrix. 26 Die Behandlung des Exsudats
durch ausreichende Kompressionstherapie, u.U. Vakuumpumpe und die richtige Auswahl des Verbandes sind daher äußerst wichtig für die Wundbettvorbereitung. Die
Wundauflage sollte das Gewebetrauma auf ein Mindestmaß reduzieren, überschüssiges Exsudat auch unterhalb
des Kompressiosverbandes aufsaugen, schorfiges/nekrotisches Gewebe behandeln und hypoallergene Eigenschaften haben. Besonders gut geeignet zur Behandlung unter
Kompressionsverbänden ist der hydroaktive Schaumverband PermaFoam. Er verfügt über eine hohe vertikale
Kapillarwirkung zur raschen Regulierung des Wundexsudates sowie eine hohe Retention zur sicheren Flüssigkeits-
bindung, wodurch Wundränder vor Mazeration geschützt
werden. 29
Hautpflege
Gute Hautpflege zur Hydratation der Wundumgebung
und zum Schutz vor Mazeration mittels paraffinhaltiger
Produkte oder Zinkpaste sind grundlegende Aspekte der
Pflege. Restbestände müssen allerdings regelmäßig abgewaschen werden, da sich sonst eine dicke Schicht bildet,
die die Enfernung abgestorbener Keratozyten verhindert
und die Entwicklung eines Ekzema varicosum und einer
Hyperkeratose begünstigt. 26
Das Ulcus cruris venosum wird häufig von einem Ekzem
begleitet. Das Ekzem kann auf eine Besiedelung der geschädigten Haut mit Bakterien und Pilzen (mikrobielles
Ekzem) zurückzuführen sein oder eine Kontaktallergie auf
topisch gegebene Medikamente darstellen.
Die Behandlung richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen der Ekzemtherapie: Das akute, nässende Ekzem
wird feucht behandelt, beispielsweise mit feuchten
Mullkompressen mit adstringierenden oder desinfizierenden Lösungen. Ein Austrocknen der Haut ist dabei jedoch
zu verhindern.
Das subakute oder chronische Ekzem ist einer differenzierten Behandlung zu unterziehen, wobei ausschließlich
allergenneutrale Salbengrundlagen und Substanzen zur
Anwendung kommen dürfen. Bewährt hat sich dazu
beispielsweise Pasta Zinci und Unguentum leniens zu
gleichen Teilen. Eine Dauertherapie mit kortikoidhaltigen
Externa sollte dagegen wegen der drohenden Hautatrophie vermieden werden.
Förderung der Reepithelisierung
Bleibt die Migration des Epidermisrandes über das Wund5 Therapiekonzepte [118.119]
bett aus, kann dies viele Gründe haben, unter anderem
Hypoxie, Infektion, Austrocknung, Verbandtrauma,
wuchernde Hyperkeratosen und Schwielen am Wundrand.
Das Vorhandensein von Epithelinseln, die aus Haarfollikeln hervorgehen und der Nachweis einer Wundrandstimulierung sind nützliche Heilungsindikatoren. Häufig
ist bei chronischen Ulzera die Konstellation vorzufinden,
dass ein Teil des Wundbetts bereits granuliert, während
sich andere Partien noch in der Reinigungsphase befinden. Bei einer eventuell erforderlichen Wunddesinfektion
sowie bei mechanischer Reinigung ist das frisch-rote
(äußerst empfindliche) Granulationsgewebe auszusparen.
Eine hydroaktive Wundauflage, die den Erfordernissen
der Granulationsphase besonders gut entspricht, ist der
Hydrogelverband Hydrosorb. Diese Wundauflage verfügt
über einen hohen Wasseranteil in ihrer Gelstruktur und
kann so der Wunde über lange Zeit selbsttätig Feuchtigkeit zuführen, ohne dabei auszutrocknen. So wird das
Granulationsgewebe, das durch das eiweißreiches Sekret
und die hohe Anzahl feinster Haarkapillaren außerordentlich zum Verkleben neigt, vor Zellstripping beim Verbandwechsel geschützt. 29 Durch den oft langen Heilungsverlauf
neigen die Wundränder chronischer Ulzerationen zuweilen
dazu, zu epithelisieren und sich nach innen einzustülpen.
Da dann vom Wundrand aus keine weitere Epithelisierung
mehr stattfinden kann, ist eine Anfrischung der Wundränder mit dem Skalpell oder einer scharfen Schere angezeigt.
Zeigt die Ulkuswunde trotz adäquater Wundbettvorbereitung nach 12 Monaten keine Heilungstendenz (therapieresistentes Ulcus cruris venosum) können modernste
Behandlungsstrategien (Gewebe-Engineering, Zytokine,
Wachstumsfaktoren, proteasemodulierende Verbände,
Proteasehemmer) und andere Methoden (Laserstrahlen,
Ultraschall, hyperbare 02-Therapie, u.a.), deren Nutzen für
das Ulcus cruris venosum umstritten ist, erfolgreich sein,
sofern sie auf einem gut vorbereiteten Wundbett angewendet werden. 13, 20
Die feuchte Wundbehandlung mit Verbandstoffen
Einen wesentlichen Fortschritt, nicht nur im Hinblick auf
die Effizienz, sondern auch auf die praktische Durchführbarkeit der Feuchttherapie, stellen die so genannten
hydroaktiven Wundauflagen dar. Hierzu zählen die gelbildende Calciumalginat-Kompresse Sorbalgon, das Wundkissen TenderWet, der Schaumverband PermaFaom, der
Hydrokolloidverband Hydrocoll, der Hydrogelverband
Hydrosorb sowie die hydroaktive Salbenkompresse Hydrotüll. Mit ihrer Hilfe können die verschiedensten chronischen Wunden auf Dauer problemos feucht gehalten
werden. Daneben ermöglicht die Darreichungsform
Hydrosorb Gel als klares, visköses Gel eine einfache und
sichere Anwendung bei tiefen und zerklüfteten Wunden
mit geringer Sekretion. Darüber hinaus ist durch die
differenzierten physikalischen Wirkprinzipien der einzelnen Wundauflagen sichergestellt, dass gezielt auf die
Erfordernisse bei den unterschiedlichsten Wundzuständen
eingegangen werden kann.
TenderWet-Wundkissen mit Superabsorber
TenderWet ist eine äuißerst effektive Wundauflage zur
raschen Reinigung, Nekrosenablösung, Keimreduzierung
und Wundbettsanierung vor allem von chronischen und
infizierten Wunden. Grundlage der hohen Effizienz ist ein
spezielles Wirkprinzip, das eine kontinuierliche „Spülung“
der Wunde ermöglicht.
TenderWet ist eine mehrschichtige, kissenförmige Wundauflage, die als zentralen Bestandteil ihres Saug-Spülkörpers superabsorbierendes Polyacrylat enthält. Der
wirkstofffreie Superabsorber wird vor der Anwendung mit
einer entsprechenden Menge Ringerlösung aktiviert, die
dann über Stunden kontinuierlich an die Wunde abgege5 Therapiekonzepte [120.121]
ben wird. Durch die permanente Zufuhr von Ringerlösung
werden Nekrosen aufgeweicht, abgelöst und ausgespült
(1).
1
2
3
Abbildung 41: Das Wirkungsprinzip von TenderWet
Gleichzeitig wird aber auch keimbelastetes Wundexsudat
in das Wundkissen aufgenommen und dort gebunden.
Dieser Austausch – Ringerlösung wird abgegeben und
Proteine werden aufgenommen – funktioniert, weil der
Superabsorber des Wundkissens eine höhere Affinität für
das proteinhaltige Wundexsudat besitzt als für die salzhaltige Ringerlösung (2), die somit aus dem Kissen verdrängt wird. Sobald die wundheilungshemmenden
Faktoren entfernt sind, d. h. die Wunde von Nekrosen,
Detritus und Belägen gereinigt ist, sind die Voraussetzungen zum Aufbau von Granulationsgewebe gegeben:
Proliferative Zellen können in das Wundgebiet einwandern
und Kapillaren können einsprießen (3). Die Feuchtigkeit
sowie die in der Ringerlösung enthaltenen Elektrolyte wie
Natrium, Kalium und Calcium tragen dabei zur Zellproliferation bei.
TenderWet hat keine Kontraindikationen und kann auch
bei infizierten Wunden angewendet werden. In Einzelfällen kommt es bei der Initialreinigung mit TenderWet zu
einer scheinbaren Vergrößerung der Wunde. Dies bedeutet, dass mit dieser Methode auch devitalisiertes Gewebe,
das als solches nicht erkennbar war, entfernt wurde.
Bei tiefen Wundverhältnissen ist TenderWet locker einzutamponieren, um den für den Flüssigkeitsaustausch erforderlichen direkten Kontakt sicherzustellen. Die physikalischen Eigenschaften des Superabsorbers in Verbindung
mit dem äußeren Hüllgestrick des Wundkissens verleihen
TenderWet die notwendigen Tamponadeeigenschaften.
Bei großflächigen Wunden sind die TenderWet Wundkissen leicht überlappend aufzulegen. TenderWet steht in
verschiedenen Ausführungen sowie in runden und recht-
eckigen Formaten zur Verfügung, damit jeweils auf die
Praxisbesonderheiten eingegangen werden kann.
Das klassische TenderWet hält seine Saug-Spülwirkung
für etwa 12 Stunden aufrecht. Dementsprechend sollte
ein Verbandwechsel alle 12 Stunden stattfinden. Die
Häufigkeit des Verbandwechsels wird aber letztlich von
der anfallenden Exsudatmenge bestimmt. Wie viel
Ringerlösung zur Aktivierung benötigt wird, ist von der
Kompressengröße abhängig. Zur problemlosen Aktivierung von TenderWet (und auch von TenderWet 24) gibt es
die TenderWet Solution in gebrauchsgerechter Größe von
15 ml. Die Zusammensetzung der sterilen, pyrogenfreien
und isotonen Solution entspricht der einer Ringerlösung.
TenderWet 24 besteht aus den gleichen Materialien wie
TenderWet, ist jedoch so konstruiert, dass die SaugSpülwirkung bis zu 24 Stunden erhalten bleibt. Um ein
Durchfeuchten des Verbandes nach außen zu verhindern,
ist das Wundkissen zudem mit einer feuchtigkeitsabweisenden Schutzschicht ausgestattet. Die Kompressenseite
mit der integrierten Schutzschicht ist durch parallel verlaufende Farbstreifen gekennzeichnet, damit das Wundkissen sicher platziert werden kann. TenderWet 24 sollte
wegen dieser Schutzschicht nicht eintamponiert werden.
Für eine vereinfachte Anwendung stehen TenderWet und
TenderWet 24 in bereits aktivierter Form als TenderWet
active cavity und TenderWet 24 active zur Verfügung.
Diese „active“ Wundkissen sind gebrauchsfertig mit
Ringerlösung getränkt und können sofort appliziert werden. Damit entfällt ein vorbereitender Arbeitsgang, was
Zeit einspart. Ein weiterer Vorteil der bereits aktivierten
Wundkissen ist, dass ein deutlich größeres Volumen an
Ringerlösung in den Saugkörper eingebracht werden
kann, als dies durch manuelles Tränken möglich ist. So
kann die Wunde über einen längeren Zeitraum feucht
gehalten werden.
Abbildung 42: TenderWet und
TenderWet 24 sind vor Gebrauch
mit TenderWet Solution oder mit
Ringerlösung zu aktivieren.
Abbildung 43: TenderWet 24
active und TenderWet active
cavity sind bereits gebrauchsfertig mit Ringerlösung aktiviert.
5 Therapiekonzepte [122.123]
Außerdem sind die Kissen weich und gut modellierbar,
was insbesondere TenderWet active cavity auszeichnet,
mit der selbst tiefere Wunden problemlos austamponiert
werden können (= cavity). Hingegen sollte TenderWet 24
active wegen seiner feuchtigkeitsabweisenden Schutzschicht nicht eintamponiert werden.
Generell gilt für alle TenderWet Wundkissen: Sie sind nicht
selbsthaftend und müssen adäquat fixiert werden, z.B.
vollflächig mit elastischen Fixiervliesen z.B. Omnifix oder
mit elastischen Fixierbinden (z.B. Peha-crepp, Peha-haft).
1
2
3
Abbildung 44: Das Wirkungsprinzip von Sorbalgon
Sorbalgon – tamponierbare CalciumalginatKompressen
Sorbalgon ist die ideale Wundauflage zur Reinigung und
zum Granulationsaufbau bei zerklüfteten und schwer zugänglichen Wunden. Denn Sorbalgon ist ausgezeichnet
tamponierbar und sorgt somit auch in der Tiefe der Wunden für eine wirkungsvolle Reinigung und Konditionierung der Wunden. Bei der Behandlung venöser Ulzera ist
Sorbalgon vor allem nach chirurgischen Nekrosenabtragungen indiziert.
Sorbalgon ist eine nicht gewebte Kompresse aus hochwertigen Calciumalginat-Fasern, die trocken in die Wunde
eintamponiert wird (1). Bei Kontakt mit Natriumsalzen,
wie sie beispielsweise in Blut und im Wundsekret vorhanden sind, quellen die Fasern und wandeln sich in ein
feuchtes, saugfähiges Gel um, das die Wunde ausfüllt (2).
Durch die enge Adaption von Sorbalgon an die Wundflächen werden Keime auch in der Tiefe aufgenommen
und sicher in der Gelstruktur eingeschlossen (3). Dies
führt zu einer effizienten Keimreduzierung und hilft,
Rekontaminationen zu vermeilden. Wunden werden rasch
gereinigt, sodass sich Sorbalgon insbesondere bei der
Behandlung chronischer und infizierter Wunden bewährt.
Die gelartige Konsistenz von Sorbalgon wirkt zudem wie
ein feuchter Verband, der ein Austrocknen der Wunde
verhindert. Es entsteht ein für die Wundheiliung günstiges Mikroklima, das die Bildung von Granulationsgewebe
fördert und die Wundflächen geschmeidig hält. Durch die
Gelbildung verklebt Sorbalgon nicht mit der Wunde, der
Verbandwechsel verläuft schmerzarm. Allerdings setzt die
vollständige Umwandlung der Calciumalginat-Fasern in
ein Gel ausreichend Sekretion voraus.
Die Häufigkeit des Verbandwechsels ergibt sich aus der
individuellen Wundsituation. In der Phase der Wundreinigung kann je nach dem Ausmaß der Exsudation ein
1- 2-maliger Verbandwechsel erforderlich werden. Später,
mit einsetzender Granulationsbildung, kann ein Verbandwechsel alle zwei bis drei Tage ausreichend sein.
Sorbalgon wird in drei Größen als quadratische Kompressen angeboten. Als Tamponadestreifen steht Sorbalgon T
zur Verfügung.
Abbildung 45: Sorbalgon ist in
drei Kompressengrößen und als
Tamponadestreifen erhältlich.
PermaFoam – hydroaktiver Schaumverband
Der Schaumverband PermaFoam ist indiziert bei stark bis
mäßig sezernierenden, nicht infizierten Wunden in der
Reinigungs- und während der Granulationsphase. Grundlage für seine therapeutische Wirkung ist seine spezielle
Porenstruktur.
PermaFoam ist eine Kombination zweier unterschiedlich
strukturierter Schaumstoffe, die über eine spezielle Laminierung miteinander verbunden weiden. Die Saugschicht
von PermaFoam besteht aus hydrophilen PolyurethanPolymeren, die Flüssigkeit bis zum Neunfachen ihres
Eigengewichtes in ihren Polymerketten einlagern können.
Dabei verfügt die Polyurethanmatrix über einen einzigartigen Porengradienten, d. h. die wundseitig großen Poren
werden zur Deckschicht hin immer kleiner, was eine hohe
vertikale Kapillarrwirkung erzeugt. Die Deckschicht von
PermaFoam besteht aus einem flexiblen, geschlossen-
Abbildung 46: Grundlage für die
therapeutische Wirksamkeit von
PermaFoam ist die spezielle
Porenstruktur: Wundseitig große
Poren verkleinern sich zur Deckschicht hin immer mehr, was eine
hohe vertikale Kapillarwirkung
erzeugt. Dies bewirkt, dass
Exsudat rasch in die Tiefe des
Saugkörpers aufgenommen wird,
sorgt aber auch für eine hohe
Retention zur sicheren Flüssigkeitsbindung.
5 Therapiekonzepte [124.125]
porigen Polyurethanschaum und ist semipermeabel, d. h.
keimdicht, aber durchlässig für Wasserdampf.
Aus dieser Materialkombination und -konstruktion ergeben sich Produkteigenschaften, mit denen insbesondere
die oft auftretende Mazerationsproblematik bei chroniAbbildung 47: Der hydrophile
schen Wunden eingegrenzt werden kann. Durch die hohe
Schaumverband PermaFoam erweitert durch seine überzeugende vertikale Kapillarwirkung wird überschüssiges aggressives
physikalische Wirkungsweise die
Wundexsudat rasch bis unter die Deckschicht geleitet.
Behandlungsoptionen bei chroDabei gewährleisten die wundseitig großen Schaumstoffnischen Wunden.
poren, dass auch zähflüssiges Sekret und Detritus aufgenommen werden, ohne die Poren zu verstopfen. Bei
Aufnahme des Wundexsudats quillt der Polyurethanschaum leicht auf, sodass der für die Ableitung erforderliche Kontakt zum Wundgrund gesichert ist.
1
5
4
2
3
Abbildung 48: PermaFoam steht
in speziellen wundangepassten
Zuschnitten zur Verfügung, damit
in jedem Fall eine optimale
Wundbehandlung möglich ist.
PermaFoam sacral (1) für
Anwendungen im Sakralbereich,
PermaFoam concave (2) für
Anwendungen an Ferse und
Ellbogen, PermaFoam tracheostomy (3) zur Versorgung von Eintrittsstellen wie Tracheostomiekanülen und Sondenapplikationen,
PermaFoam cavity (4) zur Behandlung von tiefen Wunden und
PermaFoam rund (5) für die
Versorgung kleinerer Ulzera an
Problemzonen.
Das aufgenommene Wundexsudat verteilt sich dann seitlich unter der Deckschicht. Wichtig ist dabei, dass
PermaFoam – hauptsächlich bedingt durch die spezielle
Porenstruktur – über ein hohes Zurückhaltevermögen
(Retention) für Flüssigkeiten verfügt. Selbst wenn von
außen Druck erzeugt wird, so z. B. durch einen Kompressionsverband, wird das Exsudat im Schaumstoff gehalten.
Hinzu kommt, dass PermaFoam auch unter dem Druck eines angelegten Kornpressionsverbandes nur geringfügig
an Saugkapazität verliert. Beispielsweise wird unter dem
Druck von 42 mmHg die Saugkapazität gegenüber dem
freien Zustand lediglich um 12 % reduziert.
All diese Eigenschaften zusammen bewirken nicht nur die
wünschenswerte rasche Regulierung der Exsudation, sondern schützen auch die Wundränder vor Mazeration, weil
das aufgenommene Wundexsudat nicht mehr in die
Wunde zurückdrückt. Darüber hinaus gewährleistet die
hohe Wasserdampfdurchlässigkeit der Deckschicht ein
ausgewogen feuchtes Mikroklima in der Wunde, was die
Heilungstendenz zusätzlich unterstützt.
PermaFoam ist atraumatisch, ein Verkleben mit der
Wunde bzw. ein Einwachsen von Gewebe in die Schaumstruktur wird minimiert. Durch das hohe Absorptionsvermögen und die sehr gute Retention kann PermaFoam
selbst bei stärkerer Sekretion (beim Ausbleiben von
Komplikationen) mehrere Tage auf der Wunde verbleiben.
PermaFoam ist weich und geschmeidig und schmiegt sich
den Wundgegebenheiten gut an. Die Fixierung des
Schaumverbandes erfolgt mit elastischen Fixierbinden (z.B.
Peha-haft) oder vollflächig mit elastischen Fixiervliesen
(z.B. Omnifix elactic). Die Produktausführung PermaFoam
comfort ist für eine einfache Fixierung mit einem selbstklebenden Haftrand ausgestattet, der verwendete Kleber
ist hautfreundlich, PermaFoam steht in verschiedenen
Ausführungen und Zuschnitten zur Verfügung.
Hydrocoll – saugfähiger Hydrokolloid-Verband
Hydrocoll ist ein selbsthaftender, saugfähiger Hydrokolloid-Verband zur Reinigung und Konditionierung nicht
infizierter Wunden mit mittelstarker bis schwacher Sekretion. Der Begriff „Kolloid" stammt aus dem Griechischen
und bezeichnet einen Stoff, der in feinster Verteilung in
eine Matrix integriert ist. Dementsprechend besteht
Hydrocoll aus saug- und quellfähigen Hydrokolloiden, die
in ein selbsthaftendes Elastomer eingebracht sind. Eine
semipermeable Folie dient als keim- und wasserdichte
Deckschicht. Im Mittelpunkt des Wirkungsmechanismus
von Hydrocoll stehen die in die Trägerschicht eingebrachten Hydrokolloide. Durch die Aufnahme von Wundsekret
quellen sie auf und gehen in ein Gel über, das in die
Wunde expandiert und die Wunde feucht hält. Das Gel ist
dabei so lange saugfähig, bis die Hydrokolloide gesättigt
sind. Gleichzeitig wird mit dem Quellvorgang das aufgenommene Wundsekret, das immer mit Detritus, Bakterien
und deren Toxinen belastet ist, sicher in der Gelstruktur
eingeschlossen. Durch die Haftkraft des Elastomers kann
Abbildung 49: Das Wirkungsprinzip von Hydrocoll
5 Therapiekonzepte [126.127]
Hydrocoll ähnlich wie ein Pflaster auf die Wunde aufgelegt werden. Mit der Gelbildung verschwindet dann im
Bereich der Wundfläche die Haftkraft, sodass Hydrocoll
wundschonend nur noch auf der intakten Wundrandumgebung fixiert ist.
Abbildung 50: Hydrocoll lässt
sich einfach wie ein Pflaster applizieren. Sind die Hydrokolloide
durch die Sekretaufnahme gesättigt, zeigt sich dies an einer
blasenartigen Ausformung des
Verbandes. Dann ist Hydrocoll zu
wechseln.
Abbildung 51: Die Ausführung
„Hydrocoll thin“ ist speziell für
bereits epithelisierte Wunden
geeignet.
Für Hydrocoll finden besonders saug- und quellfähige
Hydrokolloide Verwendung, die zudem die Eigenschaft
haben, dass ihre Gelstruktur kompakt bleibt. Hydrocoll
expandiert zwar wie gewohnt in die Wunde, lässt sich
aber dann im Gelzustand in einem Stück von der Wunde
abnehmen. In der Wunde verbleiben praktisch keine
Gelrückstände, sodass das bisher erforderliche Ausspülen
von Gelrückständen in eiterähnlicher Konsistenz weitgehend entfällt. Der Verbandwechsel wird dadurch einfacher und auch angenehmer. Zudem ist sofort eine sichere
Wundbeurteilung möglich.
Der Wirkungsmechanismus von Hydrocoll zeigt in allen
Wundheilungsphasen seine Effekte: Da überschüssiges,
keimbelastetes Wundsekret mit dem Saug- und Quellvorgang rasch in die hydrokolloiden Anteile des Verbandes
aufgenommen wird, kommt es zu einer schnellen und
guten Wundreinigung. Wie allgemeine Untersuchungen
zeigten, verbessert sich mit zunehmender Reinigung auch
die Mikrozirkulation im Wundgebiet. Hierdurch werden
insbesondere bei chronischen Wundverhältnissen mit
stagnierender Reinigungsphase die körpereigenen Reinigungsmechanismen wieder aktiviert. In der Granulationsphase stimuliert und fördert das feuchte Wundmilieu unter Hydrocoll den Aufbau von Granulationsgewebe. Dabei
lässt sich mit Hydrocoll das ausbalanziert feuchte Wundmilieu ohne die Gefahr von Sekretstaus auch über längere
Behandlungszeiträume problemlos aufrechterhalten und
ein Austrocknen der Granulation sicher vermeiden. In der
Epithelisierungsphase unterstützt das zellfreundliche
feuchte Wundmilieu Mitose und Migration der Epithel-
zellen. Zudem wird eine unerwünschte Schorfbildung
vermindert, die eine Heilung verzögern würde. Die keimund wasserdichte Deckschicht wirkt als zuverlässige
Barriere gegen Keime und schützt die Wunde vor Schmutz
und Feuchtigkeit. Mobile Patienten können mit dem
Verband duschen. Die Ausführung „Hydrocoll thin" ist
speziell für bereits epithelisierende Wunden geeignet.
Hydrosorb – transparenter Hydrogel-Verband
Hydrosorb eignet sich bestens dazu, Granulationsgewebe
und junges Epithel feucht zu halten und zu schützen, und
ist damit die optimale Wundauflage zur phasengerechten
Weiterbehandlung im Anschluss an eine Wundversorgung
mit TenderWet, Sorbalgon oder PermaFoarn.
Hydrosorb ist ein bereits fertiges Gel aus saugfähigen
Polyurethan-Polymeren, in die ein hoher Wasseranteil von
60 % eingelagert ist. Damit führt Hydrosorb der Wunde
von Anfang an selbsttätig über mehrere Tage Feuchtigkeit
zu (1). Gleichzeitig nimmt Hydrosorb überschüssiges
Sekret auf, das in der Gelstruktur eingeschlossen wird.
Dieser Austausch sichert das für die Wundheilung optimale Feuchtigkeitsniveau und beschleunigt so Granulationsbildung und Epithelisierung (2). Die keim- und
wasserdichte Oberfläche von Hydrosorb bietet zudem
sicheren Schutz vor Sekundärinfektionen.
1
2
Abbildung 52: Das Wirkungsprinzip von Hydrosorb
Hydrosorb verklebt nicht mit der Wunde und lässt sich
auch nach längerer Verweildauer auf der Wunde ohne die
Gefahr von Wundirritationen entfernen. Hydrosorb kann
als vollständiger Verband abgenommen werden, da sich
die Gelstruktur durch aufgenommenes Wundsekret nicht
auflöst. Auf der Wunde verbleiben keine Rückstände, der
Wundzustand ist ohne vorherige Spülung sicher zu beurteilen.
Besonders vorteilhaft in der Praxis ist zudem die Transpa5 Therapiekonzepte [128.129]
renz von Hydrosorb, die auch bei längeren Liegezeiten
erhalten bleibt. Sie ermöglicht zu jeder Zeit ohne Verbandwechsel die Inspektion der Wunde. Dies gewährleistet die
für die Heilung so wichtige Wundruhe sowie eine hohe
Wirtschaftlichkeit durch verlängerte Verbandwechselintervalle.
Hydrosorb steht in zwei Ausführungen als Hydrosorb und
Hydrosorb comfort zur Verfügung. Beide Hydrogele verfügen über dasselbe physikalische Wirkungsprinzip, unterscheiden sich jedoch in ihrer Fixiermöglichkeit. Hydrosorb
hat keinen selbsthaftenden Fixierrand und wird mit einem
Fixierverband, Fixierpflastern oder mit dem Kompressionsverband befestigt. Hydrosorb comfort ist zur sicheren,
keimdichten Fixierung mit einer umlaufenden, hypoallergenen Klebefolie ausgestattet. Zusammen mit der keimund wasserdichten Oberfläche von Hydrosorb comfort
vereinfacht dies vor allem die tägliche Hygiene.
Abbildung 53: Die Transparenz
von Hydrosorb ist wichtig für die
wirtschaftliche Anwendung. Die
Wunde kann durch den Verband
hindurch jederzeit beobachtet
werden, sodass Hydrosorb über
Tage auf der Wunde verbleiben
kann. Verbandwechsel werden
reduziert.
Hydrosorb Gel – zur Rehydration trockener Wunden
Hydrosorb Gel ist ein klares, visköses und steriles Gel auf
der Basis von Carboxymethylcellulose, Ringerlösung und
Glycerin, das austrocknungsgefährdeten und trockenen,
tieferen und zerklüfteten Wunden sofort heilungsfördernde Feuchtigkeit zuführt.
Die Bestandteile von Hydrosorb Gel gewährleisten eine
kontinuierliche und ausreichende Abgabe von Feuchtigkeit an die trockene Wunde mit folgendem therapeutischen Nutzen: Fibrinöse und nekrotische Beläge werden
aufgeweicht und abgelöst. In einem geringen Umfang
kann Hydrosorb Gel dabei gleichzeitig keim- und detritusbelastetes Exsudat aufnehmen. Damit wird wirkungsvoll
das endogene, physikalische Débridement unterstützt
und die für die Wundheilung notwendige physiologische
Sekretion kann wieder in Gang kommen. Im Stadium der
Wundkonditionierung mit Aufbau von Granulationsgewebe tragen die in der Ringerlösung enthaltenen Elektrolyte
wie Natrium, Kalium und Calcium zur Zellproliferation bei.
Abbildung 54: Hydrosorb Gel
dient zur effizienten Rehydration
trockener Wunden und steht in
einfach zu handhabenden Dosierspritzen à 15 g und 8 g zur Verfügung.
Trockene bzw. austrocknungsgefährdete Wunden ergeben
sich vor allem bei lang bestehenden, chronischen Ulcera
cruris und Dekubitalulzera. Bei Verbrennungswunden bis
Grad IIb wirkt Hydrosorb Gel durch seine Feuchtigkeit
kühlend und schmerzlindernd. Eine Anwendung bei infizierten Wunden sollte nur unter ärztlicher Überwachung
erfolgen.
Hydrosorb Gel steht in praktischen Dosierspritzen à 15 g
und 8 g zur Verfügung, die eine einfache Applikation bei
allen Wundzuständen sichern: Durch den langen Auslauf
der Spritze lässt sich Hydrosorb Gel auch in tiefe, zerklüftete Wunden direkt und sauber einbringen. Diese sichere
Applikation wird durch die Konsistenz des Gels unterstützt. Das Gel ist fest genug, um nicht sofort zu verlaufen, und weich genug, um sich dem Wundgrund anzupassen.
Die Dosierspritze wird einfach mit einer Hand angewendet, wobei sich das Gel ohne Schwierigkeiten exakt do5 Therapiekonzepte [130.131]
sieren lässt. Zudem kann die Hydrosorb Gel Spritze – anders als Tuben, in denen oftmals viel Gel zurückbleibt –
effektiv entleert werden. Aus der Spritze kann dabei jeweils genau so viel entnommen werden, wie für die
Wundbehandlung benötigt wird. Von besonderem Vorteil
ist außerdem die gegenläufige ml-Skala der Spritze. Sie
ermöglicht es, auf einen Blick festzustellen, wie viel Gel
noch in der Spritze ist und wie viel Gel in die Wunde eingebracht wurde. Die eingebrachte Gel-Menge kann zur
Bestimmung des Wundvolumens herangezogen und in
den Wunddokumentationsbogen eingetragen werden.
Nach der Applikation von Hydrosorb Gel ist die Wunde
mit einem geeigneten Sekundär verband abzudecken,
wozu fast alle gängigen Wundauflagen benutzt werden
können
Hydrotüll – die neue hydroaktive Salbenkompresse
Für die einfache Behandlung chronischer Wunden, wie
etwa Ulcera cruris mixtum, aber auch akuter Wunden hat
HARTMANN eine Wundauflage entwickelt, die die
positiven Eigenschaften klassischer Salbenkompressen
mit moderner Technologie kombiniert.
Während die Salbe die Wundränder pflegt und Mazerationen vorbeugt, bilden die in der Salbenmasse eingelagerten Karboxymethylzellulose (CMC)-Partikel bei Kontakt
mit Wundsekret ein Gel. Dieses schafft ein feuchtes
Wundmilieu, das für den Heilungserfolg entscheidend ist.
Es verhindert auch ein Verkleben mit der Wunde, sodass
der Verbandwechsel schmerzlos verläuft.
Wundmilieu, das die Wundheilung in allen Phasen unterstützt. Zusätzlich kommt die Imprägnierung des PolyamidTrägergewebes mit einer wirkstofffreien hydroaktiven
Salbenmasse auf Triglyzerid-Basis (Neutralfette) zum
Tragen. Sie verhindert ein Verkleben der Kompresse mit
der Wundfläche bzw. verstärkt die atraumatischen Eigenschaften der Hydrokolloid-Komponente, pflegt Wundränder und beugt Mazerationen vor. Die ausreichende
Maschenweite des Polyamid-Trägergewebes von Hydrotüll
erlaubt es, dass überschüssiges Sekret ohne Stau in die
sekundäre Wundauflage abfließen kann. Wie klassische
Salbenkompressen kann Hydrotüll dazu mit gängigen
Saugkompressen kombiniert werden.
Hydrotüll ist universell einsetzbar und mit zahlreichen anderen Wundauflagen kombinierbar. Neben der einfachen
Handhabung sprechen auch Zeit- und Kostenersparnis für
Hydrotüll. Denn die Salbenkompresse kann mehrere Tage
auf der Wunde belassen werden.
Abbildung 55:
1 Die Wabenstruktur der
Trägermatrix verhindert
Sekretstau
2 Hydrotüll-Salbe pflegt die
Wundränder
3 Hydrokolloidpartikel halten die
Wunde feucht
1
2
3
Entscheidend für die verbesserte wundheilungsfördernde
Wirkung und die atraumatischen Eigenschaften von
Hydrotüll sind die in das Polyamid-Gewebe eingelagerten
Hydrokolloid-Partikel. Diese absorbierenden Partikel nehmen das Wundexsudat auf und erzeugen wie die bekannten Hydrokolloid-Verbände ein physiologisch feuchtes
5 Therapiekonzepte [132.133]
TenderWet
Sorbalgon
PermaFoam
Hydrocoll
Hydrosorb
Produktcharakteristik
Wundkissen mit Saug-Spülkörper
aus superabsorbierendem Polyacrylat, der vor der Anwendung
mit Ringerlösung aktiviert wird
und diese dann im Austausch
mit Wundsekreten an die Wunde
abgibt
tamponierbare, wirkstofffreie Calciumalginat-Kompressen, die sich
bei Kontakt mit Wundsekreten in
ein feuchtes Gel umwandeln; mit
dem Quellvorgang werden auch
Keime sicher in die Gelstruktur
eingeschlossen
hydroaktiver Schaumverband aus
unterschiedlich strukturiertem
Schaumstoff mit hoher vertikaler
Kapillarwirkung und Retention
zur sicheren Flüssigkeitsbindung,
keimdichte Deckschicht
selbsthaftender HydrokolloidVerband mit besonders saugund quellfähigen Hydrokolloiden,
kombiniert mit semipermeabler,
keim- und wasserdichter Deckschicht
transparenter Gelverband aus
saugfähigen Polyurethan-Polymeren, in die ein hoher Wasseranteil von ca. 60 % eingelagert
ist, kombiniert mit semipermeabler, keim- und wasserdichter
Deckschicht
Eigenschaften und Anwendung
durch kontinuierliche Zufuhr von
Ringerlösung und gleichzeitigem
Absaugen keimbelasteten Sekrets
(= Saug-Spülwirkung) rasche
aktive Wundreinigung und
Förderung der Proliferation der
Gewebezellen, zur Behandlung
chronischer, infizierter und nicht
infizierter Wunden während der
Reinigungsphase und zu Beginn
der Granulationsphase
hohe Saugkraft mit effizienter
Reinigungswirkung, hält nach
Gelumwandlung die Wunde
feucht, fördert die Granulationsbildung, durch ausgezeichnete
Tamponierbarkeit ideal zur
Reinigung und Konditionierung
tiefer und zerklüfteter, infizierter
und nicht infizierter Wunden
sowie nach einem chirurgischen
Débridement
rasche Regulierung des Wundexsudats, schützt Wundränder vor
Mazeration, besonders geeignet
zur Behandlung venöser Ulzera in
Kombination mit einer Kompressionsbehandlung, zur Versorgung
von Verbrennungen bis Grad IIa,
für tiefere Wunden oder schwierig zu versorgende Problemzonen
werden die jeweils spezifischen
Zuschnitte eingesetzt
sorgt für eine gute Reinigung,
verbessert Mikrozirkulation im
Wundgebiet, fördert die Granulationsbildung, kein Verkleben
mit der Wunde, lässt sich im
Gelzustand in einem Stück von
der Wunde entfernen, besonders
geeignet zur Konditionierung
nicht infizierter Wunden mit
mittelstarker bis schwacher
Sekretion
führt der Wunde von Anfang an
Feuchtigkeit zu, ermöglicht durch
Transparenz jederzeit ohne Verbandwechsel die Inspektion der
Wunde (= hohe Wirtschaftlichkeit
durch verlängerte Verbandwechselintervalle), ideal zum
Feuchthalten von Granulation
und Epithel im Anschluss an eine
TenderWet-, Sorbalgon- oder
PermaFoam-Therapie
Handelsformen
TenderWet 24 active, steril,
Ø 4, Ø 5,5, 4x7, 7,5x7,5, 10x10
und 7,5x20 cm; TenderWet
active cavity, steril, Ø 4, Ø 5,5,
4x7, 7,5x7,5 und 10x10 cm;
TenderWet 24, steril, Ø 4, Ø
5,5, 7,5x7,5 und 10x10 cm;
TenderWet, steril, Ø 4, Ø 5,5,
7,5x7,5 und 10x10 cm
Sorbalgon, steril, 5x5, 10x10
und 10x20 cm; Sorbalgon T
Tamponadestreifen, steril,
1 g/30 cm und 2 g/30 cm
PermaFoam, steril, Ø 6, 10x10,
10x20, 15x15, 20x20 cm; PermaFoam comfort, steril, 8x8,
11x11, 10x20, 15x15, 20x20 cm;
PermaFoam sacral, steril,
18x18, 22x22 cm; Perma-Foam
concave, steril, 16,5x18 cm;
PermaFoam cavity, steril, 10x10
cm; PermaFoam tracheostomy,
steril, 8x8 cm
Hydrocoll, steril, 5x5, 7,5x7,5,
10x10, 15x15 und 20x20 cm;
Hydrocoll sacral, steril,
12x18 cm; Hydrocoll concave,
steril, 8x12 cm; Hydrocoll thin,
steril, 5x25, 7,5x7,5, 10x10 und
15x15 cm
Hydrosorb, steril, 5x7,5, 10x10
und 20x20 cm; Hydrosorb
comfort, steril, 4,5x6,5, 7,5x10,
12,5x12,5 und 21,5x24 cm
Produkte zur modernen
Wundbehandlung
5 Therapiekonzepte [134.135]
Hydrosorb Gel
Hydrotüll
Atrauman Ag
Zetuvit
Zetuvit Plus
Produktcharakteristik
klares, visköses und steriles
Hydrogel auf Basis von Carboxymethylcellulose, Ringerlösung
und Glycerin
hydroaktive Salbenkompresse
aus hydrophobem, weitmaschigem Gittertüll aus Polyamid
silberhaltige Salbenkompresse;
das mit Silber ummantelte
Trägermaterial aus hydrophobem
Gittertüll ist zusätzlich mit einer
wirkstofffreien Salbenmasse imprägniert
wundfreundliche Saugkompresse
mit nicht verklebender Vliesumhüllung und Saugkörper aus
Zellstoff-Flocken
kombinierte Saugkompresse aus
vier Materialschichten mit flüssigkeitsspeichernden Superabsorbern,
saugt mehr als das Doppelte von
herkömmlichen Saugkompressen,
verklebt nicht mit der Wunde,
verfügt über gute Polsterwirkung
Eigenschaften und Anwendung
rehydriert austrocknungsgefährdete bzw. trockene tiefe und
zerklüftete Wunden, fibrinöse
und nekrotische Beläge werden
aufgeweicht und abgelöst; unterstützt wirkungsvoll das autolytische Débridement, trägt durch in
der Ringerlösung enthaltenen
Elektrolyte zur Zellproliferation
bei, durch Dosierspritzen einfach
anzuwenden
bildet bei Aufnahme von Wundexsudat eine Wasser-in-Öl-Emulsion; die Hydrokolloidpartikel
sind in der Salbenmasse eingebettet und nehmen die Feuchtigkeit aus der Wunde auf, speichern diese und bilden zusammen
mit der Emulsion ein triglyceridhaltiges Gel
zur Behandlung oberflächlicher
Wunden, insbesondere zum ergänzenden Einsatz bei der Behandlung von keimbelasteten
oder infizierten Wunden sowie
zur Infektionsprophylaxe; das
Trägermaterial ist mit einer Salbenmasse imprägniert, die
einem Verkleben mit der Wunde
entgegenwirkt und die Wundränder pflegt und schützt; die Salbenkompresse kann mit allen
saugenden Wundauflagen kombiniert werden; dabei kommen
als Sekundärverband sowohl
hydroaktive Wundauflagen als
auch Mull in Frage
sehr saugfähig, weich und drapierfähig, luftdurchlässig, gute
Polsterwirkung, zur Versorgung
von akuten, flächenhaften Wunden mit starker Sekretion, guter
Kontaminationsschutz durch
integrierte, feuchtigkeitsabweisende Zellstoff-Lage, die dem
Durchschlagen der Sekrete entgegenwirkt
schließt Exsudat sicher im Saugkern ein, trägt zur Reduzierung
der Infektionsgefahr bei, weil
keimbelastetes Exsudat von der
Wunde ferngehalten und die
Gefahr von Rekontamination
vermindert wird, sorgt durch
weiche Beschaffenheit des
Saugkerns für eine effektive
Polsterwirkung
Handelsformen
Hydrosorb Gel, steril, in Dosierspritzen à 15 g und 8 g
Hydrotüll, steril, 5x5, 10x12
und 15x20 cm
Atrauman Ag, steril, 5x5, 10x10
und 10x20 cm
Zetuvit, steril und unsteril,
10x10, 10x20, 13,5x25, 20x20
und 20x40 cm
Zetuvit Plus, steril, 10x10,
10x20, 20x25 und 20x40 cm
Produkte zur modernen
Wundbehandlung
5 Therapiekonzepte [136.137]
5.2 Invasive Maßnahmen bei Varikose
E. Mendoza, F.X. Breu, C. Martin
Die Sanierung der erkrankten Venenabschnitte erfolgt
durch Sklerosierungstherapie, endoluminale Verfahren,
Lasertherapie und operative Verfahren. 3,14
5.2.1 Behandlung von Besenreiservarizen und
retikulären Varizen
Besenreiservarizen und retikulare Varizen werden mittels
Verödungstherapie (Sklerosierung), teilweise auch transkutaner Lasertherapie, behandelt. Das Prinzip der Sklerosierungstherapie besteht darin, durch Injektion einer
gewebetoxischen Flüssigkeit in eine Varize einen lokalen
Endothelschaden zu erzeugen, der zu einer Obliteration
und Fibrosierung führt.
5.2.2 Ausschaltung von Perforansvenen
Die Ausschaltung insuffizienter transfaszialer Verbindungsvenen kann der Vermeidung oder Abheilung trophischer Hautschäden dienen. Bei trophischen Störungen
kann die Ausschaltung endoskopisch subfaszial in Blutleere unter direkter Sicht oder videoassistiert erfolgen.
5.2.3 Behandlung der Stamm- und Seitenastvarikose
Das Prinzip der operativen Behandlung der primären
Varikose besteht in der Unterbrechung des Refluxes am
proximalen und distalen Insuffizienzpunkt, der selektiven
Entfernung insuffizienter Abschnitte des epifaszialen
Venensystems (Unterbrechung der Rezirkulationskreise
nach Hach) und damit der möglichst dauerhaften Normalisierung der venösen Hämodynamik.
5.2.3.1 Krossektomie, Stripping und Kryoexhairese
Das operative Vorgehen bei Stamm- und Astvarikose mit
Symptomen oder Komplikationen ist die Unterbrechung
der saphenofemoralen Verbindung (Krossektomie der
V. saphena magna) und die partielle oder komplette
Entfernung erkrankter Stammvenenabschnitte (StrippingOperation oder Kryoexhairese der V. saphena magna und
parva).
Die unbefriedigenden Langzeitergebnisse (Rezidivrate von
bis zu 60 %) und der Trend zu minimalinvasiven Verfahren
haben in den letzten Jahren zu einer Belebung und Modifikation alter Techniken, wie der Verödungstherapie und
der Etablierung neuer, endoluminaler Therapieverfahren
geführt. Hierzu zählen die endovenöse Radiofrequenzablation (RFA), die endovenöse Laserkoagulation und die
duplexkontrollierte Schaumsklerosierung.
5.2.3.2 Endovenöse Radiofrequenzablation (RFA)
Grundprinzip der RFA oder VNUS-Closure Technik ist die
Denaturierung der Venenwand durch kontrollierte
Anwendung von Wärme via Radiowellen. 3 Die Schädigung
der Venenwand führt über eine Schrumpfung zu einem
dauerhaften Verschluss des Gefäßes. Voraussetzung sind
ein maximaler Gefäßdurchmesser von 12 mm im Liegen,
ein gerader Gefäßverlauf ohne Aneurysmen sowie ein
ausreichender Sicherheitsabstand zur deckenden Haut
(mindestens 1 cm), um Verbrennungen zu vermeiden. Die
Vorteile der RFA liegen in ihrer minimalen Invasivität (der
Leistenschnitt entfällt), der geringen Morbidität, der
raschen Arbeitsfähigkeit nach 24 Stunden und die kurze
Kompressionszeit.
5.2.3.3 Endovenöser Laser
Die verwendeten Diodenlaser erzeugen an der Spitze
Temperaturen von 1200 °C. Durch die hohe Hitzeeinwirkung entstehen Dampfblasen, die zu einer thermischen
Wandschädigung und einem thrombotischen Verschluss
der Stammvene führen. Kompressiontherapie und Antikoagulation sind obligate postoperative Maßnahmen.
5 Therapiekonzepte [138.139]
5.2.3.4 Duplexkontrollierte Schaumsklerosierung
Mit Gas oder Raumluft aufgeschäumte Verödungsmittel
haben gegenüber flüssigen den Vorteil eines größeren
therapeutischen Effekts (chemische Endothelalteration),
da das Blut fast vollständig durch den Schaum verdrängt
und daher die Kontaktzeit an der Venenwand verlängert
wird (Kontrolle der Schaumdepots und ihrer intravasalen
Ausbreitung durch simultane Duplexsonographie)
50 % bleibt sie es nach einem Jahr. Zusätzlich werden die
Rezirkulationen nach vorgegebenen Kriterien am Ursprung
refluxiver Seitenäste, bzw. distal von Wiedereintrittsperforansvenen verschlossen. Die Exhairese oder Verödung der
kosmetisch störenden Seitenäste widerspricht dem
CHIVA-Prinzip nicht. Perforansvenen werden nur dann
unterbrochen, wenn sie den proximalen Insuffizienzpunkt
stellen, was sehr selten der Fall ist.
5.2.3.5 Venenerhaltende Verfahren: Die CHIVAMethode
CHIVA (Cure Hémodynamique d’Insuffisance Véneuse en
Ambulatoire) ist eine Behandlungsform der Stammvarikose aller Ausprägungen. Das Ziel ist der Erhalt der
Stammvenen in ihrer Funktion als Drainage für das
oberflächliche Venensystem des Beines. 25 Dadurch unterscheidet es sich von allen venenablativen oder verschließenden Verfahren, bei denen das Ziel ist, die Stammvene
entweder zu entfernen oder über einen längeren Verlauf
zu verschließen.
Vorteil der Behandlung ist eine sehr geringe Arbeitsunfähigkeitszeit (in der Regel kann der Patient am Tag nach
dem Eingriff arbeiten), sowie der Erhalt der Stammvenen
nicht nur zur Drainage, sondern auch für eine eventuelle
Entnahme als Bypass. Ebenso die geringe Weichteilverletzung, was weniger Komplikationen beinhaltet (kein postoperatives Lymphödem, seltenst Nervenläsionen) sowie
Halbierung der Rezidivrate, belegt in einer prospektivrandomisierten 10-Jahresstudie. 41
Grundlage für die Behandlung ist eine komplette Analyse
der Rezirkulationskreisläufe in der Varize. Diese erfolgt
ausschließlich duplex-sonographisch und ist das Kernstück
für die Behandlung. Am Ende der Analyse steht fest, um
was für eine Art von Rezirkulation es sich handelt (C.
Franceschi, der die CHIVA-Methode entwickelt hat, teilte
sie in so genannte Shunts ein) und welche chirurgische
Maßnahme sinnvoll ist. Je nachdem, ob die refluxive
Stammvene über Seitenäste oder Perforansvenen drainiert
wird, wird in der ersten Sitzung der proximale Insuffizienzpunkt (meist die Krosse) verschlossen oder nicht. Im
ersten Fall (Drainage des Reflux nur in Seitenäste), wird
das so genannte CHIVA-2-Verfahren angewendet, bei
dem die Seitenäste an der Stammvene unterbrochen werden und die Krosse unberührt bleibt. Bei 80 % dieser
Patienten ist die Krosse nach 8 Wochen kompetent, bei
Nachteil ist der erhöhte Zeitaufwand für die Diagnostik,
das langsame Rückbilden der Venen, die erst 6 Wochen
nach dem Eingriff komplett verschwunden sind, sowie die
Notwendigkeit von einem 2. Behandlungsschritt nach
8 Wochen in ca. 20 % der Fälle.
5.3 Invasive Maßnahmen beim Lymphödem
Invasive Maßnahmen beim Lymphödem sind technisch
sehr schwierig sowie aufwendig und nur in Einzelfällen
indiziert (z.B. autologe Lymphgefäßtransplantation beim
sekundären Lymphödem).
5 Therapiekonzepte [140.141]
Die Ergebnisse nach Anlegung von lymphovenösen
Anastomosen sind nicht überzeugend: Nach drei Monaten
sind 50 % der Anastomosen wieder verschlossen
[Handlungsempfehlungen Lymphödem der Deutschen
Gesellschaft für Lymphologie].
Eine Gewebeabsaugung ist beim Lymphödem kontraindiziert wegen der Gefahr zusätzlicher Gewebeschäden.
5.4 Invasive Maßnahmen beim Lipödem:
Liposuktion
W. Schmeller 24, 33, 34
Einleitung
Die Fettabsaugung wird in den letzten Jahren mit großem
Erfolg beim Lipödem eingesetzt. Während mit der konservativen Behandlung in Form der komplexen oder kombinierten physikalischen Entstauungstherapie (KPE) das
krankheitstypische Ödem passager reduziert wird, kann
mit der operativen Behandlung in Form der Liposuktion
das krankhaft vermehrte Fettgewebsvolumen dauerhaft
beseitigt werden.
Indikationen
Die besten Ergebnisse sind im Stadium I und II zu erzielen. Deutliche Befundbesserungen lassen sich aber auch
bei sehr ausgeprägten Befunden, d.h. im Stadium III, erreichen.
Betäubung
Der Eingriff erfolgt heutzutage in örtlicher Betäubung
mittels Tumeszenz-Lokalanästhesie (TLA). Hierbei wird die
Subcutis mit großen Volumina eines stark verdünnten
Betäubungsmittels (0,037 %) infiltriert, was zum
Anschwellen (lat.: „tumescere“) des Gewebes führt.
Die Lösung besteht aus einem Gemisch der Lokalanästhetika Lidocain und Prilocain sowie ferner aus Adrenalin,
Natriumbikarbonat und Triamcinolon in physiologischer
Kochsalzlösung. Das Lösungsgemisch wird mittels einer
Rollpumpe in die Subkutis infiltriert, bis ein praller
Gewebezustand erreicht ist („super wet technique“). Je
nach Größe, Gewebedehnbarkeit und Zahl der Körperregionen werden dafür meist zwischen 2 und 8 Liter
benötigt. Die Betäubung nimmt ca. 1/2 -11/2 Stunden in
Anspruch.
Operationstechnik
Die Absaugung erfolgt mit 3-4 mm dünnen und vorne
stumpfen Sonden (Mikrosonden) mit seitlich angebrachten Öffnungen, welche über ein Handstück in Vibration
(4000 Hz) versetzt werden (Vibrationsliposuktion, „Power
assisted liposuction“). Dies verhindert das Ansaugen von
Bindegewebsanteilen und bewirkt eine Verminderung des
Absaugtraumas.
Durchführung
Die Entfernung des Fettgewebes wird über wenige ca.
4 mm lange Einstiche, möglichst an kaum sichtbaren
Hautstellen, mit einem Unterdruck von ca. 0,8 Atmosphären durchgeführt. Mit einer überwiegend fächerförmigen
Sondenführung wird jedes Areal überlappend von verschiedenen Winkeln aus in der unteren und mittleren
Subcutis abgesaugt (Criss-Cross-Technik). Die Absaugzeit
liegt – abhängig von Größe und Zahl der Regionen –
zwischen 1/2 und 11/2 Stunden. Internationalen Standards
entsprechend sollte die entfernte Fettmenge 4 Liter nicht
überschreiten.
5 Therapiekonzepte [142.143]
Ergebnisse
Die postoperativ auftretende subkutane Narbenbildung
bewirkt eine Straffung der Haut und verhindert deren
„Überhängen“ auch bei großer Volumenreduktion. Die
guten Ergebnisse betreffen aber nicht nur die äußerlich
objektiv sichtbaren Formveränderungen, sondern auch die
subjektiv empfundene Beschwerdebesserung durch
Verminderung sowohl des Spannungsgefühls und der
Druckschmerzhaftigkeit als auch der Ödemneigung. Daher
geben die Betroffenen eine deutliche Zunahme der
Lebensqualität an.
Bei sehr ausgedehnten Befunden sind oft mehrere Sitzungen erforderlich, zwischen denen jedoch ein Abstand von
mindestens 4 Wochen liegen sollte.
Bewertung
Zusammenfassend kann die Liposuktion bei Durchführung
in Tumeszenz-Lokalanästhesie heute als sehr sicher bezeichnet werden. Postoperativ sind Spontan- und Druckschmerzen sowie die Ödemneigung deutlich reduziert;
daher ist die Fortsetzung der konservativen Behandlung
(manuelle Lymphdrainage, Kompression) nur noch in
deutlich geringerem Maße notwendig.
Merksatz
n Die Liposuktion ist heute in den Händen erfahrener
Operateure eine sehr effektive und nebenwirkungsarme Methode; damit können die umschriebenen
Fettvermehrungen beim Lipödem wirksam beseitigt,
ein harmonisches Körperbild hergestellt und die
Lebensqualität deutlich verbessert werden.
Nebenwirkungen und Komplikationen
Zu den normalen und passageren Nebenwirkungen zählen
postoperativ muskelkaterähnliche Beschwerden für einige
Tage, Ekchymosen, kurzfristige Ödeme sowie vorübergehende Dysästhesien und Gewebeverhärtungen in den
ersten Wochen. Große Hämatome oder Wundinfektionen
sind selten. Das früher beschriebene Risiko der Lymphgefäßschädigung mit nachfolgendem Auftreten eines sekundären Lymphödems konnte bei Einsatz der neuen Methoden bisher weder klinisch noch experimentell beobachtet
werden.
Da die Liposuktion jedoch auch teilweise von Ärzten ohne
ausreichende Ausbildung in dieser Methode („Wochenendkurse“) durchgeführt wird, sind kosmetisch schlechte
Ergebnisse, z.B. in Form von Übersaugungen, Hautunregelmäßigkeiten oder Asymmetrien, bekannt geworden.
Einzelne Todesfälle traten bei Nicht-Beachtung international etablierter Richtlinien auf.
Abbildung 56: Lipödem Stadium
II - präoperativ
Abbildung 57: Befund postoperativ nach Entfernung von 1900 ml
Fett an den Oberschenkeln vorne
56
57
5 Therapiekonzepte [144.145]
5.5 Pharmakotherapie
5.5.1 Pharmakotherapie bei der chronischen venösen
Insuffizienz
Die Therapie der CVI ist primär nicht medikamentös.
„Venenmittel“ haben – wenn überhaupt – unterstützende
Funktion. Die Deutsche Gesellschaft für Phlebologie
(DGP) empfiehlt orale Ödemprotektiva als Zusatztherapie,
wenn physikalische Maßnahmen (Kompressionstherapie)
nicht ausreichend wirken oder nicht möglich sind.
Orale Venenmittel
Ödemprotektiva sind pflanzliche Glykoside und zwar
Flavonoide (in rotem Weinlaub, Buchweizenkraut, Steinkleekraut) und Saponine (in Rosskastaniensamenextrakt,
Mäusedornwurzelstock). Sie sind meist keine chemisch
definierten Monosubstanzen, sondern Gemische chemisch
und pharmakologisch nahe verwandter Glykoside. Ihr
therapeutischer Nutzen (antiexsudativer Effekt) beruht in
erster Linie auf ihrem Angriff am Endothel der Blutgefäße
vor allem in der Endstrombahn. Im Unterschied zu fast
allen anderen Pharmaka werden Ödemprotektiva vom
Endothel unabhängig von der Konzentration im Blut
eliminiert. Das heißt, sie erreichen ihre volle Stärke erst
10-20 Stunden nach der ersten Einnahme, wenn die
Konzentration im Plasma schon unter die Nachweisgrenze
gesunken ist. Eine weitere Besonderheit der Ödemprotektiva besteht darin, dass die Tagesdosis bei chronischer
Anwendung nach 3-4 Wochen auf zwei bis ein Drittel
reduziert werden muss, weil supramaximale Konzentrationen im Endothel erreicht werden und Ödemprotektiva
dann schwächer wirken. Nach weiteren vier Wochen kann
eine zweite Reduktion der Dosis notwendig sein. Eine
Therapiepause nach drei Monaten ist unter Umständen
nützlich.16
Topische Venenmittel
Die von den Patienten beobachtete transkutane Wirksamkeit topischer Venenmittel (Gels oder Salben mit Saponinen, Flavonoiden oder Heparin) ist umstritten. Wegen des
Risikos einer Allergisierung und eines Kontaktekzems sollten lokale Venenmittel nicht verordnet werden. 1
Diuretika
In Ausnahmefällen können Diuretika bei venös bedingten
Ödemen eingesetzt werden (z.B. als initiale unterstützende Maßnahme im Rahmen der Kompressionstherapie). Da
gleichzeitig eine Hämokonzentration eintritt, wird der
venöse Abfluss aber erschwert und die Gefahr der Stase
mit Thrombosebildung erhöht (insbesondere bei stark
wirksamen Schleifendiuretika). 1
5.5.2 Pharmakotherapie beim Lymphödem
Das Lymphgefäßsystem ist medikamentösen Therapien
nicht zugänglich und kann nur durch manuelle Lymphdrainage und Kompressionsbehandlung beeinflusst
werden.
Diuretika dürfen beim proteinreichen primären Lymphödem nicht verordnet werden. Sie entziehen dem Ödemgebiet Wasser. Hierdurch erhöht sich die Eiweißkonzentration noch weiter und fibrosklerotische Prozesse werden
gefördert.
5 Therapiekonzepte [146.147]
6 Tipps und Tricks für den Alltag
Hier erfahren Betroffene, wie sie durch eine geeignete Lebensweise
und unterstützende therapeutische Bemühungen die Erkrankungen
langfristig verbessern oder zur Rückbildung bringen können. So werden beispielhaft gymnastische Bein- und Fußübungen bei venösen
Erkrankungen und Verhaltensregeln bei Beinlymphödemen vorgestellt
und beschrieben, die sich beim Umgang mit phlebologischen und
lymphologischen Erkrankungen der unteren Extremitäten bewährt
haben.
6.1 Verhaltensregeln bei Venenerkrankungen
Treiben Sie regelmäßig Sport, denn das hält nicht nur die
Venen, sondern auch den ganzen Körper fit. Die „goldene
Regel“ für Venenkranke: nicht viel sitzen oder stehen,
besser liegen oder gehen!
Schränken Sie stehende Tätigkeiten wie z.B. Geschirrspülen oder Bügeln ein. Meiden Sie harte Stuhlkanten oder
tiefe Sitze, da hier die Venen in den Kniekehlen eingeschnürt werden können. Schlagen Sie beim Sitzen die
Beine nicht übereinander, und setzen Sie beide Füße flach
auf dem Boden auf. Achten Sie vor allem bei längerem
Sitzen oder Stehen darauf, kleine Pausen mit geeigneten
Bein- und Fußübungen einzulegen.
Wer viel sitzen und stehen muss, sollte ausgleichend eine
Sportart wählen, die die Venenaktivität unterstützt, wie
z.B. Spaziergänge, Wandern, Radfahren oder Schwimmen.
Günstig wirkt auch „Venenwalking“, das einem schnellen
Spaziergehen ähnelt. Hierbei ist darauf zu achten, dass
der Fuss vollständig abgerollt wird, damit das Körpergewicht gleichmäßig auf dem Fuß verteilt wird. Für
weniger mobile Personen sind regelmäßige Spaziergänge
ideal.
Einfache, aber effektive gymnastische Bein- und Fußübungen sollten Sie regelmäßig durchführen.
Mit den folgenden drei Wiederholungsübungen können
Sie ganz gezielt Ihre Venen entlasten und somit einer
Venenerkrankung vorbeugen bzw. diese lindern.
6 Tipps und Tricks für den Alltag [148.149]
Abbildung 60: Legen Sie sich
flach auf den Rücken und heben
Sie Ihre ausgestreckten Beine
senkrecht in die Höhe. Beugen
und strecken Sie nun abwechselnd die Zehen in die Luft.
Machen Sie diese Übung mindestens eine halbe Minute lang.
Abbildung 58: Radfahren in der
Luft: Legen Sie sich auf den
Rücken, heben Sie die Beine vom
Boden ab und strecken diese
senkrecht nach oben. Fahren Sie
jetzt mit den Beinen in der Luft
Rad.
Abbildung 59: Stellen Sie sich
auf Zehenspitzen, rollen Sie anschließend über den gesamten
Fuß ab, um auf der Ferse zum
Stehen zu kommen. Nach mehrmaliger Wiederholung sollten Sie
den gesamten Fuß entspannt
wieder aufsetzen.
6.2 Verhaltensregeln bei Beinlymphödem
Modifiziert nach Veröffentlichung von U. Herpertz in der
Zeitschrift für Lymphologie 1989; 13: 95-96
Wichtig bei bestehendem Ödem, um einer Verschlechterung der Schwellung vorzubeugen, und für Ödemgefährdete, um eine Ödementstehung zu verhindern.
Ödemgefährdet ist, wer an der Beinwurzel eine Operation
(Lymphknotenausräumung von Leiste, Becken oder Bauch)
oder Bestrahlung erlitten hat.
Ziel dieser Verhaltensregeln ist es, am Bein eine weitere
Schädigung der restlichen Lymphgefäße zu verhindern
und die Bildung von Lymphflüssigkeit möglichst gering zu
halten. Eine Ödemverbesserung ist meist nur durch die
physikalische Ödemtherapie, der Kombination aus manueller Lymphdrainage, Kompressionsbehandlung, Entstauungsgymnastik und Beinhochlagerung möglich. Die
Bandagen oder Kompressionsstrümpfe sollten, außer im
6 Tipps und Tricks für den Alltag [150.151]
Liegen, möglichst dauernd getragen werden. Nachts
kann eine leichte Bandage oder ein leichter Kompressionsstrumpf benutzt werden.
Vorsicht vor Überbelastungen
Führen durch Zunahme der Lymphflüssigkeitsmenge zu
einer Ödemverstärkung.
Vorsicht vor Verletzungen
Große, kleine und auch wiederholte kleinste Verletzungen
führen zur Zerstörung von Lymphgefäßen oder zu Blutergüssen, welche die Lymphflüssigkeitsmenge erhöhen.
n Im Beruf keine mittelschweren, schweren oder mehr-
n Zu enge oder schlecht sitzende Schuhe können zu
Scheuerstellen oder Druckblasen führen. Kein Barfußgang außerhalb der Wohnung. Beim Baden in
natürlichen Gewässern oder im Meer wegen der
Verletzungsgefahr durch spitze Steine, Muscheln oder
Glasscherben Badeschuhe tragen. Bei der Gartenarbeit
wegen der Stacheln und Dornen sowie beim Umgang
mit Haustieren wegen der Kratz- und Bisswunden
lange Hosen tragen. Bei Gefahr von Insektenstichen
(z.B. Grillparty am Sommerabend) lange Hosen, Socken
und geschlossene Schuhe tragen. Mückengebiete im
Urlaub meiden. Bei der Nagelpflege nicht in die Haut
schneiden.
n Beim Arzt keine Injektionen oder Akupunktur in das
Bein oder den zugehörigen Körperquadranten. Keine
Blutegelbehandlung bei zusätzlichem Krampfaderleiden.
n Keine Sportarten, welche die Beine besonders gefährden, wie z.B. Fußball, Hockey, Fallschirmspringen
und riskanter Skiabfahrtslauf. Keine überdehnenden,
reißenden oder zerrenden Bewegungen.
n Bei Knochenbrüchen oder Blutergüssen manuelle
Lymphdrainagebehandlung verstärken.
n
n
n
n
n
stündigen monotonen leichten Arbeiten mit den Beinen
verrichten (z.B. Fließband, Akkordarbeit oder ganztägig nur sitzende oder nur stehende Tätigkeit wie im
Büro oder als Verkäufer/in). Günstig ist ein Wechsel
zwischen sitzender und gehender Tätigkeit. „Liegen und
Gehen ist besser als Sitzen und Stehen“. Die Frage der
Schwerbehinderung, Umschulung, Teilzeitarbeit, Berufsoder Erwerbsunfähigkeit mit dem Arzt besprechen.
Beim Sport sind Überanstrengungen der Beine ungünstig. Nicht überanstrengender Sport ist im Sinne eines
Intervalltrainings, d.h. mit einer Pause vor Einsetzen
der Muskelermüdung erlaubt, z.B. Tennis, Skilanglauf
und Dauerlauf in Maßen. Günstig sind Schwimmen,
Gymnastik und Radfahren. Gymnastik und alle Sportarten (außer Schwimmen) möglichst in der Kompressionsbestrumpfung durchführen, da dieses den
Lymphabfluss zusätzlich fördert.
Bei Fehlstellung der Füße und bei Fußsohlenödem
Schuheinlagen benutzen.
Dauerndes Herunterhängenlassen der Beine ist ungünstig, weil der Lymphabfluss erschwert wird.
„Bergauf fließt die Lymphe langsamer als bergab“,
daher nachts und zeitweilig auch tagsüber (z.B. beim
Fernsehen, bei längeren Autofahrten) das Bein möglichst hochlagern (Beinliegekeil). Fußende des Bettes
ca. 10 cm hochstellen.
In der Schwangerschaft arbeitsunfähig schreiben
lassen, sobald das Ödem sich verschlechtert. Eventuell
vermehrt Lymphdrainagebehandlungen durchführen.
6 Tipps und Tricks für den Alltag [152.153]
Vorsicht bei klassischer Knetmassage
Die durch Massage erhöhte Gewebsdurchblutung führt zu
verstärkter Lymphflüssigkeitsbildung, außerdem Gefahr
der Hämatombildung.
Vorsicht vor Entzündungen
Führen zu einer starken Erhöhung der Lymphflüssigkeitsbildung, besonders bei bakteriellen Entzündungen.
n Die Wundrose (Erysipel), eine durch Streptokokken-
n Massagen oder Massagegeräte nicht am Ödembein
anwenden. LWS-Massagen nur in Kombination mit
manueller Lymphdrainage.
Vorsicht vor Überwärmung
Führt zu gesteigerter Lymphflüssigkeitsbildung.
n Urlaub in heißen Ländern ist wegen der Hitze und
n
n
n
n
längerer Sonnenbestrahlung mit Sonnenbrandgefahr
ungünstig. Sonnenbestrahlung ist nur erlaubt, wenn
Strahlenintensität nicht zu groß, nicht zu heiß und
nicht zu lange. Vorsicht vor Verbrennungen.
Warmwasserbad und Thermalbad nicht über 33° - 34°,
günstig sind 25° - 28°.
Keine heißen Packungen, Kurzwelle, Heißluft am
Ödembein. Anwendungen an der anderen Hüfte und
LWS nur in Kombination mit manueller Lymphdrainage.
Sauna kann ungünstig sein, daher vorsichtig ausprobieren.
Bei Fußbodenheizung isolierende oder offene Schuhe
benutzen, z.B. Sandalen.
Vorsicht vor Erfrierungen
Starke Unterkühlungen und Erfrierungen erzeugen Blutgefäßwandschädigungen, die bei der nachfolgenden
Erwärmung mit verstärkter Durchblutung zu gesteigerter
Lymphflüssigkeitsbildung führen.
n Im Winter warme Socken und warmes Schuhwerk
bakterien hervorgerufene Entzündung, ist die häufigste
Komplikation eines Lymphödems. Zur Erysipelprophylaxe ein Desinfektionsmittel 4-6 mal täglich auf jede
Bagatellverletzung des geschädigten Beines über
mehrere Tage auftragen. Bei Auftreten eines Erysipels
(Schwellungszunahme, Rötung, Schmerzen, Fieber)
Penicillinbehandlung, bei Penicillinallergie Erythromycin- oder Tetracyclinbehandlung. Desinfektionsmittel
und Antibiotikum zu Hause und im Urlaub immer bei
sich haben.
n Fußpilz (besonders zwischen den Zehen) intensiv mit
entsprechenden Salben oder Lösungen behandeln.
n Bei trockener Haut zur Hautpflege leicht saure Salbe
verwenden.
Vorsicht vor Ekzemen
Führen zu einer Erhöhung der Lymphflüssigkeitsbildung.
n Allergisierende Kosmetika, Hautmittel und Medikamen-
te meiden. Bei berufsbedingter Allergie Berufswechsel
mit dem Arzt besprechen. Ekzeme konsequent behandeln.
Vorsicht vor einengender Kleidung
Die restlichen Lymphgefäße werden eingeengt, besonders
die oberflächlichen unter der Haut und so der Lymphabfluss behindert.
n Keine abschnürenden Hosen, Socken, Strümpfe oder
Strumpfbänder. Keine zu engen Gürtel oder Korsett.
Männer sollten Hosenträger benutzen.
empfehlenswert.
6 Tipps und Tricks für den Alltag [154.155]
Vorsicht vor Operationen am Ödembein und
zugehörigen Rumpfquadranten
Führen zu Zerstörungen von Lymphgefäßen und somit
zu verschlechtertem Lymphabfluss, daher nur bei einer
lebensnotwendigen Operation erlaubt.
n Im Anschluss an die Operation manuelle Lymphdrai-
nagebehandlung intensivieren, evtl. stationäre
Lymphdrainagebehandlung in einer lymphologischen
Fachklinik.
Vorsicht vor Übergewicht
Fettmassen führen zu einer Komprimierung von Lymphgefäßen, sodass der Abfluss zusätzlich behindert wird.
n „Fett und Lymphe vertragen sich nicht“, daher
Gewichtsabnahme bei Adipositas.
n Eine besondere Lymphdiät gibt es nicht. Die Kost sollte
gemischt sein mit vielen pflanzlichen Anteilen. Kochsalzarme Ernährung ist günstig, die Trinkmenge
bedeutungslos.
n Nikotin verschlechtert ein Lymphödem nicht, ist jedoch
grundsätzlich gesundheitsschädlich. Alkohol kann ein
Lymphödem vorübergehend verschlechtern.
Inhaltsverzeichnis [156.157]
7 Anatomie und Physiologie
Die verschiedenen Krankheitsbilder der Venen und des Lymphgefäßsystems werden auch danach beurteilt, in welchen Bereichen sich die
jeweiligen Störungen befinden, wie schwerwiegend sie sind und wie
lange sie andauern. Um ihre Entstehung von Erkrankungen in den
unteren Extremitäten nachvollziehen zu können, sind Kenntnisse
über das Venensystem der Beine sowie über das Lymphgefäßsystem
erforderlich.
7.1 Venöses Gefäßsystem der unteren
Extremitäten
E. Mendoza/C. Martin
5
Das tiefe Venensystem des Beines besteht aus allen
Venen, die innerhalb der Muskelfaszie verlaufen (siehe
Abbildung 61). Dies sind die Perforansvenen, die Muskelvenen, sowie die längs verlaufende Achse der drei Unterschenkelvenen (Vv. tibiales anteriores und posteriores
sowie Vv. fibulares - (1), die im Bereich der Kniekehle
sich zur V. poplitea (2) vereinen. Diese geht in die V.
femoralis superficialis (3) über, die am Oberschenkel
medial des Femurs verläuft. In der Leiste nimmt sie Blut
aus der V. profunda femoris (4) auf, um die V. femoralis
communis (5) zu bilden.
4
Die tiefen Beinvenen der Wade begleiten die gleichnamigen Unterschenkelarterien und sind paarig angelegt. Die
Vv. tibiales posteriores nehmen Perforansvenen aus der
hinteren Bogenvene und aus der V. saphena magna auf
und bilden mit den Vv. fibulares distal der Kniekehle den
Truncus tibiofibularis. Die Vv. fibulares ziehen auf der
Rückseite der Membrana interossea medial der Fibulakante nach proximal. In ihrem Verlauf nehmen sie Blut
aus den Muskelvenen auf. Die Vv. tibiales anteriores
verlaufen ventral der Membrana interossea. Im oberen
Drittel der Wade treten sie durch die Membrana interossea nach dorsal, wo sie sich in variabler Höhe unterhalb
bis oberhalb der Kniekehle mit dem Truncus tibiofibularis
vereinen und die V. poplitea bilden. Die Muskelvenen der
Wade (Gastrocnemius und Soleus) münden isoliert oder
gemeinsam mit der V. saphena parva in einem spitzen
Winkel in die V. poplitea.
6
3
2
7
1
Mit freundlicher Genehmigung des Arrien
Verlags aus: Krampfadern, E. Mendoza
Abbildung 61: Anatomie des
Venensystems
Im Oberschenkel ist die V. femoralis superficialis die proximale Verlängerung der V. poplitea. Sie zieht um den
7 Anatomie und Physiologie [158.159]
a
b
c
Abbildung 62: Physiologie der
Venenklappen
Femur nach medial und hier bis zur Leiste. Etwa 2-7 cm
distal der Leiste nimmt sie die V. profunda femoris auf
und wird dann zur V. femoralis communis. Eine doppelt
angelegte V. femoralis superficialis spielt bei der Thrombosediagnostik eine wichtige Rolle. Die V. profunda
femoris mündet von dorsolateral in die V. femoralis superficialis, um die V. femoralis communis zu bilden, die
unter dem Leistenband nach proximal zieht, wo sie in die
V. iliaca externa übergeht.
Die tiefen Beinvenen transportieren den venösen Rückstrom gegen die Schwerkraft und bedienen sich dazu der
Muskelpumpe, besonders im Bereich der Wade, sowie der
Venenklappen. Während der Muskelkontraktion (so
genannte muskuläre Systole) wird das tiefe Venensystem
komprimiert, das Blut fließt nach proximal aus dem Bein,
die distal gelegenen Klappen vermeiden einen Rückstrom
(Abbildung 62a). Entspannen sich die Muskeln wieder
(muskuläre Diastole), vermeiden die proximal gelegenen
Klappen den Rückstrom des Blutes (Abbildung 62b); es
entsteht im tiefen Venensystem ein Unterdruck, der das
Blut aus dem oberflächlichen Venensystem über die
Perforansvenen ansaugt.
Sind die Venen aber in ihrer Pump-Wirkung geschwächt
und schließen die Klappen nicht dicht (Abbildung 62c),
führt dies dazu, dass sich das Blut in den Venen staut
und sie sich weiten. Es kommt zu lokalen Durchblutungsstörungen in der Haut, die letzendlich zur Bildung eines
Ulcus cruris venosum führen. Auch Blutgerinnsel (Thrombosen) in den tief liegenden Bein- und Beckenvenen
können für eien Blutstauung in den Venen verantwortlich
sein.
Oberflächliche Beinvenen
Das oberflächliche Venensystem verläuft zwischen der
Muskelfaszie und der Haut. Es besteht aus den Stamm-
venen (Abbildung 61: V. saphena magna (6) und parva
(7) und einem Netz aus Seitenästen unterschiedlichen
Durchmessers. Die Stammvenen liegen als einzige direkt
auf der Muskelschicht auf und werden von der so genannten Faszia saphena überzogen, die sie in dieser Lokalisation fixiert und einen Tunnel bildet, in dem die Vene
verläuft. Daher bilden die Stammvenen nie Konvolute.
Die V. saphena magna verläuft vom Innenknöchel bis zur
Leiste in der Saphenaloge. An der Wade zieht sie medial
der Schienbeinkante leicht nach dorsal bis zum Knie, das
sie meist beugeseitig passiert. Am Oberschenkel zeigt sie
einen geradlinigen Verlauf bis zur Leistenbeuge, in der
sie in einem Bogen („Krosse“) in die tiefe Beinvene mündet. In diesem Mündungsbereich, auch sapheno-femoraler
Übergang genannt, nimmt die V. saphena magna diverse
Seitenäste auf, die den so genannten Venenstern bilden.
Es handelt sich um Venen aus dem kleinen Becken
(V. pudenda), aus dem Bauchbereich (V. epigastrica), aus
dem Hüftbereich (V. circumflexa ileum superficialis) sowie
um die V. saphena accessoria lateralis und medialis, die
lateral und medial der V. saphena magna am Oberschenkel verlaufen (und in der international anerkannten
Nomenklatur V. saphena magna accessoria anterioris und
posterioris heißen). Doppelungen der V. saphena magna
(beide Gefäße verlaufen im Faszientunnel) liegen am
Oberschenkel in 1 % der Fälle vor. In weiteren 26 % der
Fälle findet man im Unterhautfettgewebe parallel zur
V. saphena magna einen Seitenast, der phlebographisch
oft als Doppelung gedeutet wurde. An der Wade sind
keine Doppelungen beschrieben. Bei ca. 20 % der
Menschen (signifikant häufiger bei Varizenpatienten)
findet man eine streckenweise Aplasie der V. saphena
magna, deren Blut in diesem Bereich über ein oberflächliches Ersatzgefäß fließt. Die V. saphena parva verläuft
vom Außenknöchel zur Kniekehle, ebenfalls komplett in
ihrem Faszientunnel (Saphenaloge). Sie liegt im oberen
7 Anatomie und Physiologie [160.161]
Drittel im Sulcus zwischen den beiden Gastrocnemiusköpfen. Die Höhe der Mündung in die V. poplitea ist sehr
variabel, in über 50 % der Fälle mündet sie proximal vom
Kniegelenksspalt. Häufig gibt die Vene vor der Mündung
eine proximale Verlängerung ab, die so genannte
V. Giacomini oder femoropoplitea, die die V. saphena
parva nach proximal mit der V. saphena magna verbindet
(auf diese trifft sie distal der Leiste von medial). Streckenweise Doppelungen der V. saphena parva wurden in 4 %
der Fälle beschrieben, Aplasien sehr selten, allenfalls im
proximalen Anteil bei Mündung über Muskelvenen der
Wade oder über einen Seitenast zur V. saphena magna.
Die Seitenäste der Stammvenen bilden das Venennetz des
Unterhautfettgewebes, das die kosmetisch störenden
Konvolute und Krampfadern bildet. Hervorzuheben sind
die oben erwähnten V. saphena accessoria lateralis und
medialis am Oberschenkel, sowie die vordere und hintere
Bogenvene der Wade, sie sind alle Seitenäste der
V. saphena magna.
Perforansvenen
Zwischen oberflächlichem und tiefem Venensystem gibt
es venöse Verbindungen mit Venenklappen. Sie vermeiden während der muskulären Systole einen Blutaustritt
an die Oberfläche. Die wichtigsten Perforansvenen der
V. saphena magna haben Eigennamen: Dodd und Hunter
am Oberschenkel, Boyd unterhalb des Knies. Mitte der
Wade finden wir die May-Perforansvene an der V. saphena
parva. Auf der hinteren Bogenvene sind die CockettPerforansvenen zu finden, die in der venösen Pathologie
eine große Rolle spielen. Unzählige Perforansvenen verbinden zudem die Seitenäste mit dem tiefen Venensystem.
Gewicht. Beim stehenden Menschen, d.h. bei Orthostase,
entstehen durch den Einfluss der Gravitation erhebliche
Druckunterschiede in den Gefäßen. Hierdurch werden die
vom Herzen erzeugten Drücke proportional zum Abstand
in den unter Herzniveau liegenden Gefäßen (Arterien und
Venen) erhöht und in den über Herzniveau liegenden
Gefäßen gesenkt. Bei einem mittleren arteriellen Druck
von 100 mmHg und einem zentralen Venendruck von
2-4 mmHg liegt am Fuß (125 cm unter Herzniveau) der
arterielle Druck bei rund 190 mmHg und der venöse Druck
bei rund 90 mmHg. Durch die Steigerung des transmuralen Drucks (Druckdifferenz zwischen Innen- und Außenseite der Gefäßwände) besonderes in den dünnwandigen
Venen „versacken“ beim Übergang vom Liegen zum Stehen erhebliche Blutvolumina (400-600 ml) in den Beinen.
Diese Volumenzunahme bei Orthostase erfolgt am ganzen
Bein und erfolgt gleichermaßen bei Venengesunden und
Varikosepatienten. 28 Bei Orthostase sind daher alle
Vorgange relevant, die die Kapazität der Venen in den
unteren Extremitäten reduzieren und den venösen Rückfluss fördern.
Mechanismen zur Förderung des venösen Rückstroms aus
den Beinen zum rechten Herzen sind der Druckgradient,
also die Differenz zwischen dem mittlerem Füllungsdruck
und dem zentralen Venendruck, die Saug-Druckpumpeneffekte der Atmung, die Muskel- und Gelenkpumpen, insbesondere die Wadenmuskelpumpe und die Bewegung
des Sprunggelenks. Unter physiologischen Bedingungen
kommt es durch die Arbeit dieser Pumpmechanismen beim
Gehen zu einer Druckreduktion auf Werte zwischen 3040 mmHg an den distalen unteren Extremitäten. Voraussetzung hiefür ist die Funktionsfähigkeit der Venenklappen.
Hydrostatischer Druck
Beim liegenden Menschen fällt der hydrostatische Druck
wegen der geringen vertikalen Differenzen kaum ins
7 Anatomie und Physiologie [162.163]
7.2 Lymphgefäßsystem der unteren
Extremitäten
Die klappenlosen Lymphkapillaren (initiale Lymphgefäße)
beginnen in den Interstitialräumen, in denen sie engmaschige Netze bilden und die eiweißhaltige Gewebsflüssigkeit (Lymphe) aufnehmen. Große Lymphgefäße mit
glatten Muskelfasern und Klappen, Präkollektoren und
Kollektoren genannt, sammeln die Lymphe der Kapillarnetze und entleeren sie in die Lymphstämme, die in das
Venensystem münden (am rechten und linken Jugulosubclavia-Winkel). Zwischengeschaltete Lymphknoten haben
Filterfunktion.
Bewegung wird der Lymphfluss in der Skelettmuskulatur
durch die Lymphpumpe (analog zur Muskelpumpe bei
den Venen) unterstützt, wodurch die Stömung auf das
Vielfache des Ruhewertes ansteigt. Transportunterstützend wirken Pulsationen der Arterien, die Muskel-/Gelenkpumpe, thorakale und intraabdominale Druckschwankungen und externer Druck, z.B. Massagen und Bandagen.
Die Lymphe der unteren Extremitäten fließt in den größten Lymphstamm, den Ductus thoracicus.
Das Sammelgebiet eines Kollektors wird auch Tributärgebiet genannt. An den unteren Extremitäten unterscheidet man das oberflächliche (subkutane, epifasziale)
Lymphgefäßsystem, das die Haut und die Subkutis drainiert, und das tiefe (subfasziale) System, das die Lymphe
aus den Muskeln, Gelenken, Knochen, Sehnenscheiden
und Nerven ableitet. Das oberflächliche und das tiefe
Lymphgefäßsystem sind durch Perforansgefäße miteinander verbunden. Beim oberflächlichen Lymphgefäßsystem
unterscheidet man weiter in lange und kurze Kollektoren,
Kollaterale und Anastomosenäste, letztere verbinden
benachbarte Kollektoren miteinander. Lange Kollektoren
– auch Hauptkollektoren genannt – führen annähernd
geradlinig vom Fußrücken zu den regionalen Lymphknoten.
In Ruhe geschieht die Fortbewegung der Lymphe sehr
langsam in Schüben durch rhythmische Kontraktionen der
glatten Muskulatur der Lymphgefäße, wobei die Klappen
– wie in den Venen – den Rückstrom verhindern. Bei
7 Anatomie und Physiologie [164.165]
8 Wichtige Internetadressen
9 Weiterführende Literatur
Arbeitsgemeinschaft Sklerotherapie der Deutschen
Gesellschaft für Phlebologie
http://www.ag-sklerotherapie.de
9.1 Fachbücher
(sortiert nach Erscheinungsjahr)
Phlebologie
Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG)
http://www.derma.de
Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie (DGG)
http://www.gefaesschirurgie.de
Deutsche Gesellschaft für Lymphologie (DGL)
http://www.dglymph.de
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie (DGP)
http://www.phlebology.de
Deutsche Gesellschaft für CHIVA
http://www.chiva.info
Links zu nationalen und internationalen phlebologischen
Fachverbänden, auch abrufbar auf der Homepage von
Dr. Gallenkemper: Gallenkemper’s Phlebologic Sites
http://members.aol.com/drgalle/phleblinks.htm
Deutsche Venen-Liga e.V.
www.venenliga.de
Lymphnetzwerk
www.lymphnetzwerk.de
Europäischer Herstellerverband für medizinische
Kompressionstherapie und orthopädische Hilfsmittel
Informationsportal für Ärzte und Krankenkassen
www.eurocom-info.de
Eberhard Rabe, Horst E. Gerlach (Hrsg.)
Praktische Phlebologie
Empfehlungen zur differenzierten Diagnostik und
Therapie phlebologischer Krankheitsbilder
2. vollständig überarbeitete Auflage 2006
ISBN 3-13-119232-1, Georg Thieme Verlag, Stuttgart
PAUL HARTMANN AG (Hrsg.)
Die phasengerechte Wundbehandlung des Ulcus
cruris venosum
3. überarbeitete und erweiterte Auflage 2005
Buchreihe „medicaledition“
ISBN 3-929870-42-8, PAUL HARTMANN AG,
Heidenheim
Eberhard Rabe (Hrsg.), Franz X. Breu, Hans u. Häfner,
Karl S. Kussmann
Apparative intermittierende Kompression
für Mediziner, Masseure und Physiotherapeuten 2003
ISBN 3-934371-29-9, Viavital Verlag GmbH, Essen
Horst Weissleder (Hrsg.), Christian Schuchhardt,
Angela Vollmer, Thomas Klyscz
Kompressionsbestrumpfung bei
Extremitätenödem
für Mediziner, Masseure und Physiotherapeuten 2000
ISBN 3-934371-00-0, Viavital Verlag GmbH, Essen
8 Wichtige Internetadressen / 9 Weiterführende Literatur [166.167]
Markward Marshall, Dieter Loew
Venenerkrankungen
Grundlage und Therapie 2003
Buchreihe „Optimierte Arzneimitteltherapie“,
Monika Schäfer-Korting (Reihen-Hrsg.)
ISBN 3-540-44176-X, Springer Verlag Berlin
Heidelberg New York
Erika Mendoza
CHIVA – Ein Handbuch
1. Auflage 2002
ISBN 3-00-009545-4, Verlag Arrien GmbH, Wunstorf
Lymphologie
Horst Weissleder, Christian Schuchhardt (Hrsg.)
Erkrankungen des Lymphgefäßsystems
4. erweiterte und vollständig überarbeitete Auflage
2006
ISBN 3-934371-36-1, Viavital Verlag GmbH, Essen
Ulrich Herpertz (Hrsg.)
Ödeme und Lymphdrainage
3. überarbeitete Auflage 2006
ISBN 13-978-3-7945-2488-4, Schattauer GmbH,
Stuttgart
Michael Földi, Etelka Földi, Stefan Kubik (Hrsg.)
Lehrbuch der Lymphologie
für Mediziner, Masseure und Physiotherapeuten
6. Auflage 2005
ISBN 3-437-45322-X, Elsevier GmbH Urban&Fischer
Verlag, München
Hans Pritschow, Christian Schuchhardt (Hrsg.),
Angela Vollmer, Nicole Severin, Markus Schuster,
Kirsten Pritschow
Das Lymphödem und die komplexe physikalische
Entstauungstherapie
2003
ISBN 3-934371-32-9, Viavital Verlag GmbH, Essen
9.2 Ratgeber für Patienten
Phlebologie
Markus Stücker, Stefanie Reich, Peter Altmeyer
Venenerkrankungen
Wirksame Hilfe bei Besenreiser, Krampfadern,
Thrombose und offenem Bein
Buchreihe „Rat & Hilfe“
1. Auflage 2004
ISBN 3-17-017586-6, W. Kohlhammer GmbH,
Stuttgart
Erika Mendoza, Hans-Arrien Berger
Krampfadern
So werden Sie behandelt – so können Sie vorbeugen
Ein Ratgeber von Kneipp bis CHIVA
2. Auflage 2003
ISBN 3-98-08990-4, Verlag Arrien GmbH, Wunstorf
9 Weiterführende Literatur [168.169]
9.3 Leitlinien für Diagnostik und Therapie
Die Leitlinien sind im Internet über folgende Links
abrufbar:
n http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/
AWMF online - Arbeitsgemeinschaft der
Wissenschaftlich Medizinischen Fachgesellschaften
n http://www.derma.de/leitlinien.0.html
Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG)
n http://www.dglymph.de
Deutsche Gesellschaft für Lymphologie (DGL)
n http://www.phlebology.de/leitlinien.html
Tiefe Bein-/Beckenvenenthrombose
Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG)
Diagnostik und Therapie der Thrombophlebitis
superficialis
Stand: 2/1998
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/001
Thrombophlebitis superficialis
Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG)
Erysipel
Stand: September 2002
Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 006/099
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie (DGP)
Diagnostik und Therapie
Diagnostik und Therapie der Bein- und
Beckenvenenthrombose und Lungenembolie
1/2005
Deutsche Gesellschaft für Angiologie – Gesellschaft für
Gefäßmedizin
AWMF-Leitlinienregister Nr. 065/002
Diagnose und Therapie der tiefen Bein- und
Beckenvenenthrombose
09/2003
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/002
Primäre Varikose
11/1997
Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 004/023
Diagnostik und Therapie des Krampfaderleidens
05/2004
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/016
Diagnostik und Therapie der Chronischen Venösen
Insuffizienz
12/1999
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/011
Chronische Venöse Insuffizienz
Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG)
9 Weiterführende Literatur [170.171]
Posttraumatisches Syndrom einschließlich
Ulcus cruris
11/1997
Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 004/024
Spezielle Aspekt zur Thromboembolieprophylaxe in
der Operativen Dermatologie
08/2003
Deutsche Gesellschaft für Dermatologie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 013/021
Diagnostik und Therapie des Ulcus cruris venosum
05/2004
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/009
Diagnostik
Ulcus cruris venosum
Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG)
Handlungsempfehlung Lymphödem, Diagnose und
Therapie
Stand: Dezember 2002
Deutschen Gesellschaft für Lymphologie(DGL)
Lipödem der Beine
05/2004
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/012
Stationäre und ambulante ThromboembolieProphylaxe in der Chirurgie und der perioperativen
Medizin
4/2003
Interdisziplinäre Leitlinie aller Fachgesellschaften
AWMF-Leitlinienregister Nr. 003/001
Thromboembolie-Prophylaxe
Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG)
Venöse Diagnostik mit der Licht-ReflexionsRheographie /Photoplethysmographie
2/1998
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/008
Licht-Reflexions-Rheographie/Photoplethysmographie
Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG)
Venöse Diagnostik mit der Phlebodynamometrie
12/1998
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/013
Venöse Diagnostik mit der Venenverschlussplethysmographie mittels Dehnungsstreifen
12/1998
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/014
Operative Behandlung
Operative Behandlung von Venenerkrankheiten
2/1998
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/010
9 Weiterführende Literatur [172.173]
Die operative Behandlung von Venenerkrankheiten
Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG)
Sklerosierungsbehandlung der Varikose
06/2003
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/015
Intermittierende pneumatische Kompression
(IPK oder AIK)
03/2005
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/007
Apparative intermittierende Kompression (AIK)
Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG)
Kompressionstherapie
Klinische Forschung
Medizinischer Kompressionsstrumpf (MKS)
05/2004
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/004
Medizinischer Kompressionsstrumpf (MKS)
Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG)
Prüfung von Arzneimitteln bei chronischer
Veneninsuffizienz
10/2002
Deutsche Gesellschaft für Dermatologie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 013/015
Qualitätssicherung
Phlebologischer Kompressionsverband (PKV)
05/2004
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/005
Empfehlungen zur Qualitätssicherung
in der Phlebologie
Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DGG)
Der Phlebologischer Kompressionsverband (PKV)
Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG)
Medizinischer Thromboseprophylaxestrumpf (MTS)
05/2004
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie
AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/006
Medizinischer Thromboseprophylaxestrumpf (MTS)
Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG)
9 Weiterführende Literatur [174.175]
9.4 Publikationen
1 Ärztekammer für Tirol. Arzneitherapie der chronischen venösen
Insuffizienz („Venenmittel“). Pharmainformation 1995; 10/4
2 Beebe-Dimmer J, et al. Institut für Epidemiologie der Universität
Michigan/USA. Ann Epidemiol 2005; 15: 175-184
13 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie (DGP). Diagnostik und
Therapie des Ulcus cruris venosum.
05/2004, AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/009
14 Deutsche Gesellschaft für Phlebologie (DGP), Deutsche
Gesellschaft für Gefäßchirurgie. Diagnostik und Therapie des
Krampfaderleidens.05/2004, AWMF-Leitlinienregister Nr. 037/016
3 Böhler K. Neue Techniken zur Therapie der Varikose. Z Gefäßmed
2006; 3 (1): 9-12
15 European Wound Management Association (EWMA). Position
document: Understanding compression therapy. London: MEP Ltd.
2003
4 Brauer WJ, Brauer VS. Altersabhängigkeit des Lymphtransportes
beim Lipödem und Lipolymphödem. In print.
16 Felix W. Zur Wirkungsweise der Ödemprotektiva. Phlebologie
1999; 28: 105-111
5 Brauer WJ, Weissleder H. Methodik und Ergebnisse der
Funktionslymphszintigraphie: Erfahrungen bei 924 Patienten.
Phlebologie 2002; 31: 118-125
17 Gerlach HE. Kompressionstherapie. In: Rabe E, Gerlach HE, Hrsg.
Praktische Phlebologie. 2. Auflage,
Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2006: 52-60
6 Brauer VS, Brauer WJ. Vereinfachtes Schwächungskorrekturverfahren bei der Funktionslymphszintigraphie des Beines.
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18 Göltner E, Fischbach JU. Eine neue Meßmethode zur Erfassung
von Armödemen nach Brustkrebsbehandlung. Therapiewoche
1986; 36: 905-909
7 Brauer WJ. Nicht veröffentlichte Ergebnisse
19 Hach W. Spezielle Diagnostik der primären Varikose.
Gräfelfing: Demeter 1981 (PII)
8 Braun S, Jünger M. Therapie des Ulcus cruris venosum. Hautarzt
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10 Cutting KF, White RJ, Mahoney P, Hardin KG. Klinische
Identifikation einer Wundinfektion: ein Delphi-Ansatz. In: European
Wound Management Association (EWMA). Position Document:
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11 Deetjen P, Speckmann EJ, Hescheler J. Physiologie, 4. Auflage.
Urban & Fischer bei Elsevier, 2006
12 Deutsche Gesellschaft für Angiologie – Gesellschaft für
Gefäßmedizin: Diagnostik und Therapie der Bein- und Beckenvenenthrombose und Lungenembolie. AWMF-Leitlinienregister
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20 Herpertz U. Ödeme und Lymphdrainage. 2006; Schattauer GmbH,
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21 Hron G, et al. Identification of patients at low risk recurrent
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Insuffizienz. Neue Verfahren und therapeutische Optionen. Der
Hautarzt 2003; 11: 1045-1052
23 Kuhnke E. Volumenbestimmung aus Umfangmessungen. Folia
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25 Mendoza E. CHIVA – venenerhaltende Operation zur Behandlung
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9 Weiterführende Literatur [176.177]
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Association (EWMA). Position Document: Wound bed preparation
in Practice. London; MEP Ltd, 2005
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in Orthostase. Phlebologie 2004; 33: 81-88
29 PAUL HARTMANN AG. Die phasengerechte Wundbehandlung
des Ulcus cruris venosum. Buchreihe „medicaledition“,
3. Auflage, PAUL HARTMANN AG, Heidenheim 2005: S. 44-60
30 Pratsch H. Tiefe Beinvenenthrombose. In: Rabe E, Gerlach HE,
Hrsg. Praktische Phlebologie. 2. Auflage,
Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2006: 87-98.
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4. Auflage, Viavital Verlag GmbH, Essen 2006: 61-117
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2003; 349: 1227-1235
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Vortrag: Jahrestagung des European Venous Forum, Royal Society
of Medicine, 1.06.2006
Link: www.chiva-info.de (deutsche Zusammenfassung)
Studienergebnisse vollständig publiziert von:
Carandina S., Mari C., De Palma M. et al. Varicose Vein
Stripping vs Haemodynamie Correction (CHiVA): a Long Term
Randomised Trial, Eur J Vase Endovase Surg 2008; 35 (2): 230-237
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LymphForsch 2005; 9: 10-20
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Erkrankungen des Lymphgefäßsystems. 4. Auflage, Viavital, Essen
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Physikalische Entstauungsbehandlung. In: Weissleder H,
Schuchhardt C. Erkrankungen des Lymphgefäßsystems. 4. Auflage,
Viavital Verlag GmbH, Essen 2006: 411-422
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MMW-Fortschr. Med. Originalien III, 2005; 147:119-126
9 Weiterführende Literatur [178.179]
Seite
siehe auch:
Lymphödem
37
Abbildung 1 (S. 12)
Abbildung 2 (S. 12)
Abbildung 3 (S. 12)
Abbildung 6 (S. 18)
Abbildung 24 (S. 64)
Lymphödem, maligne
77
Lymphödem, primär
72
Lymphödem, sekundär
75
Lymphszintigramm
92
Magnetresonanztomographie
(MRT)
89
Myxödem
78
Abbildung 31 (S. 79)
Papillomatose
12
Abbildung 3 (S. 12)
Abbildung 26 (S. 66)
Purpura jaune d’ocre
46
Abbildung 16 (S. 47)
Phlebographie
89
10 Sachwortverzeichnis
Seite
siehe auch:
Atrophie blanche
45
Abbildung 17 (S. 47)
Chronische venöse Insuffizienz
44
Computertomographie
89
Corona phlebectatica
paraplantaris
45
CHIVA
140
D-Dimer
31, 85
Dermatoliposklerose
48
Dopplersonographie
86
Erysipel
39
Farbduplexsonographie
88
Funktionslymphszintigraphie
90
Kastenzehen
17
Knöchel-Arm-Index
87
Postthrombotisches Syndrom
51
Komplexe pysikalische
Entstauungstherapie
110
Radiofrequenzablation,
endovenös
139
Kompressionssonographie
87
Sonographie
98
Kompressionstherapie
103
Stemmer’sches Zeichen
12
Lasertherapie, endovenös
139
Thrombophiliediagnostik
85
Lipödem
80
Thrombophlebitis
33
Tributärgebiet
164
Ulcus cruris venosum
52
Abbildung 19 (S. 48)
Varikosis/Varikose
48
Abbildung 20 (S. 50)
Abbildung 21 (S. 51)
Abbildung 22 (S. 51)
Varizenblutung
37
Venenthrombose, tief
21
Liposuktion
142
Lymphadenitis
38
Lymphangitis
38
Lymphangiographie
100
Lymphdrainage
111
Abbildung 14 (S. 46)
Abbildung 18 (S. 48)
Abbildung 12 (S. 39)
Abbildung 13 (S. 40)
Abbildung 2 (S. 12)
Abbildung 7 (S. 18)
Abbildung 32 (S. 80)
Abbildung 33 (S. 81)
Abbildung 34 (S. 81)
Abbildung 56 (S. 145)
Abbildung 56, 57 (S. 145)
Abbildung 35 (S. 92)
Abbildung 36 (S. 98)
Abbildung 37 (S. 99)
Abbildung 4 (S. 13)
Abbildung 10 (S. 33)
Abbildung 11 (S. 36)
Abbildung 8
10 Sachwortverzeichnis [180.181]
11 Bildnachweis
Arrien Verlag / Mendoza, E.
Brauer W.J.
Breu, F.X.
Breu, F.X. / Marshall, M.
Knestele, M.
Pero-System GmbH
Schmeller, W.
Schuchhardt, Ch.
‡
‡
‡
‡
‡
‡
‡
‡
Abb. 61
Abb. 4, 24, 35, 36, 37
Abb. 8, 10, 11
Abb. 20, 21, 22, 23
Abb. 14, 16
Abb. 5
Abb. 56, 57
Abb. 1, 2, 3, 6, 7, 12, 13,
25, 26, 27, 28, 29,
30, 31, 32, 33, 34
‡ Abb. S. 158
CNRJ / SPL / Focus
King-Holmes, J. / SPL / Focus ‡ Abb. S. 84
Alle anderen Abbildungen
aus dem Archiv der PAUL HARTMANN AG
11 Bildnachweis [182.183]
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