Harnwegsinfektionen

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© Klaus Rüschhoff, Springer Medizin
Nephrologe 2014 · 9:63–81
DOI 10.1007/s11560-013-0801-9
Online publiziert: 27. Januar 2014
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
Redaktion
C. Erley, Berlin
M. Haubitz, Fulda
U. Heemann, München
J. Hoyer, Marburg
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Harnwegsinfektionen
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Zusammenfassung
Harnwegsinfektionen (HWI) gehören mit zu den häufigsten bakteriell bedingten Erkrankungen. Sie treten sporadisch akut, rezidivierend oder chronisch auf. Aufgrund der klinischen
Symptome werden Infektionen der unteren und oberen Harnwege unterschieden. Bei strukturellen und funktionellen Veränderungen im Harntrakt, in der Schwangerschaft, bei Diabetes mellitus, bei chronischer Niereninsuffizienz sowie nach einer Nierentransplantation
können schwerwiegende Komplikationen auftreten. Für Diagnostik- und Therapieentscheidungen sind diese Faktoren zu beachten. HWI werden vor allem durch gramnegative Erreger, vor allem uropathogene E. coli (UPEC) verursacht, die über entsprechende Virulenzfaktoren verfügen. Die Resistenzzunahme gegenüber vielen Antibiotika erschwert die empirischen Therapieentscheidungen. Aus diesem Grund sollte häufiger eine Urinkultur zur individuellen Therapiekontrolle, aber auch zur Kenntnis der lokalen Resistenzverhältnisse durchgeführt werden. Asymptomatische Bakteriurien sind vorrangig als Kolonisationen der Harnwege durch potenzielle pathogene Keime zu betrachten und sollten nur während der Schwangerschaft, nach einer Organtransplantation und vor traumatisierenden Eingriffen im Harntrakt behandelt werden. Rezidivierende und chronische Infektionsverläufe werden vor allem
durch wirtspezifische Faktoren begünstigt. Um Rezidive zu verhindern, werden Antibiotika
in reduzierter Dosis, aber auch nichtantibiotische Strategien mit unterschiedlichen Erfolgsraten eingesetzt. Um den Krankheitsverlauf besser zu beeinflussen, sind dringend weitere klinische Studien notwendig.
Schlüsselwörter
Harnwegsinfektion · Risikokonstellationen · Pathogenese · Diagnostik · Therapie
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Lernziele
Nach Lektüre dieser Fortbildungseinheit kennen Sie …
F die verschiedenen Erscheinungsformen von Harnwegsinfektionen (HWI) und deren Klassifikation.
F die Pathogenese und prädisponierende Faktoren von HWI.
F die zur Diagnostik einer HWI verfügbaren diagnostischen Verfahren.
F die Resistenzsituation uropathogener Bakterien gegenüber Antibiotika sowie die je
nach Art der HWI geeigneten therapeutischen Maßnahmen.
Einleitung
Eine Harnwegsinfektion kann sporadisch akut, rezidivierend oder chronisch auftreten
Harnwegsinfektionen (HWI) gehören zu den häufigsten Erkrankungen, mit denen Ärzte fast aller
Fachrichtungen konfrontiert sind. Hinsichtlich der Prävalenz dieser Erkrankungen besteht eine Korrelation zum Lebensalter des betroffenen Patienten, zu dessen Geschlecht, zu sozialökonomischen
Faktoren und zu gynäkologischen, renalen, neurologischen oder urologischen Erkrankungen. Das
Risiko, bei einem Diabetes mellitus eine HWI zu entwickeln, ist bei Frauen fast 25-mal und bei Männern fast 20-mal so groß wie bei gleichalten Personen, die nicht an dieser Stoffwechselstörung leiden. Eine HWI kann sporadisch akut, rezidivierend oder chronisch auftreten. Infektionen können
zu schwerwiegenden Komplikationen im Verlauf einer Schwangerschaft, bei Diabetes mellitus, bei
chronischer Niereninsuffizienz sowie nach einer Nierentransplantation und bei obstruktiven Veränderungen des Harntrakts führen [1].
Die komplexen Zusammenhänge zwischen prädisponierenden Faktoren und dem klinischen Erscheinungsbild einer HWI sind in . Abb. 1 dargestellt.
Definition und Klassifikation
Eine Harnwegsinfektion entsteht
aufgrund einer Besiedelung des
Harntrakts durch (fakultativ) pathogene Mikroorganismen
Eine HWI ist eine Erkrankung, die aufgrund einer Besiedelung des Harntrakts durch pathogene oder
fakultativ pathogene Mikroorganismen entsteht. Als Folge kann sich eine Entzündungsreaktion im
Urinary tract infections
Abstract
Urinary tract infections are the most frequent bacterial infections in humans. They can occur sporadically as acute, recurrent or chronic infections. Infections of the upper and lower urinary tract are
differentiated according to the clinical symptoms. Severe complications can develop during pregnancy, in patients with diabetes mellitus and in cases of chronic renal insufficiency. These factors have
to be taken into account during decision-making for diagnostic and therapeutic purposes. Urinary
tract infections are most often caused by Gram negative bacteria encoding corresponding virulence
factors, particularly uropathogenic Escherichia coli (UPEC). The increase in antibiotic resistance impairs the empirical findings of the appropriate therapy. Therefore, urine cultures should be more frequently conducted in order to allow personalized therapy and to increase the knowledge about the
local antibiotic resistance situation. Asymptomatic bacteriuria should be principally viewed as colonization of the urinary tract by potentially pathogenic microorganisms but should only be treated during pregnancy, after organ transplantation and before traumatic interventions. Recurrent and chronic
infections are mainly promoted by host-specific factors. Relapses can be prevented by administration
of antibiotics in reduced dosages and also by non-antibiotic-based strategies with varying degrees of
success. More clinical studies are urgently needed to achieve better control of the course of disease.
Keywords
Urinary tract infection · Risk factors · Pathogenesis · Diagnosis · Treatment
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Asymptomatische Bakteriurie
Zystitis
Prostatitis
Pyelonephritis
komplizierte /
unkomplizierte
Infektionen
akutes Infektionsereignis
chronisch rezidivierende/
rekurrierende Infektion
obstruktive / nichtobstruktive
Erkrankungsformen
Infektionen bei:
Nierentransplantation
Schwangerschaft
älteren Patienten
Katheterträgern
Abb. 1 8 Klinische Bilder der Harnwegsinfektion
Bereich der Harnwege und möglicherweise auch der Nieren entwickeln. Diese ist von klinischen
Symptomen und evtl. Störungen von Organfunktionen und -strukturen begleitet.
Nach der Lokalisation der Erkrankung sind Infektionen des unteren (begrenzt auf Blase und Urethra) und des oberen Harntrakts (Beteiligung einer oder beider Nieren) zu unterscheiden.
HWI treten in sehr verschiedenen klinischen Erscheinungsformen auf und erfordern spezifische
diagnostische sowie therapeutische Entscheidungen. Klinisch ist eine Differenzierung zwischen einer
asymptomatischen Bakteriurie und einem symptomatischen Krankheitsbild sinnvoll. In Abhängigkeit vom klinischen Verlauf werden akute sporadische Infektionsereignisse von rezidivierenden oder
chronischen Verläufen unterschieden.
Bei Infektionen der unteren Harnwege dominieren dysurische Beschwerden, eine Strangurie, eine
Pollakisurie sowie Blasentenesmen. Bei einer Erkrankung des oberen Harntrakts klagen die Patienten über Flankenschmerzen und weisen meist Temperaturerhöhungen über 38 °C auf.
Infektionen des unteren und oberen Harntrakts sowie die asymptomatische Bakteriurie stehen
in enger Beziehung zueinander. Die Erkrankungen können ineinander übergehen, sie können sich
aber auch im Sinne eines eigenen abgrenzbaren Krankheitsbilds darstellen. Bei der sog. chronischen
Pyelonephritis handelt es sich in der Regel nicht um eine persistierende bakterielle Infektion des Nierenparenchyms. Vielmehr entwickelt sich aus einer bakteriell bedingten Entzündung eine interstitielle Nephritis, die zu Parenchymdestruktionen und Narbenbildungen führen kann [2]. Abzugrenzen sind diese Formen einer Nephritis von anderen interstitiellen Entzündungen, wie einer Analgetikanephropathie oder einer toxischen Reaktion des Nierenparenchyms. Im Gegensatz zu unkomplizierten Infektionen finden sich bei komplizierten Infektionen funktionelle und strukturelle (anatomische) Abnormalitäten der ableitenden Harnwege. Sie können maßgeblich sowohl die Manifestation der Erkrankung als auch deren Verlauf prägen. In . Tab. 1 sind wichtige prädisponierende Faktoren, die für die Entwicklung einer HWI eine Rolle spielen, zusammengefasst.
Eine neue Klassifikation der HWI, die in relativ einfacher Form das klinische Bild, die Risikofaktoren und die Behandlungsmöglichkeiten berücksichtigt, wurde von einer Arbeitsgruppe der European Association of Urology (EAU) vorgeschlagen und als ORENUK-Klassifikation zusammengefasst
[3]. Die klinische Einteilung erfolgt in die Kategorien Zystitis, Pyelonephritis und Urosepsis. Entsprechend der Risikofaktoren werden 6 Kategorien festgelegt, und hinsichtlich der therapeutischen Optionen sind 3 Situationen beschrieben. Wesentliche Aspekte dieser Klassifizierung sind in . Abb. 2
wiedergegeben. Mittels dieser Charakterisierung ist es möglich, grundsätzliche Informationen über
eine HWI zu dokumentieren, um rationale Diagnostik- und Therapieentscheidungen zu treffen.
Pathogenese
Es sind Infektionen des unteren
(Blase und Urethra) und des oberen
Harntrakts (Nierenbeteiligung) zu
unterscheiden
Bei komplizierten Infektionen finden sich funktionelle und strukturelle (anatomische) Abnormalitäten
der ableitenden Harnwege
Harnwegsinfektionen werden meist
durch Mikroorganismen aus dem
Reservoir des Gastrointestinaltrakts
verursacht
Die überwiegende Zahl der HWI wird durch Mikroorganismen verursacht, die aus dem Reservoir
des Gastrointestinaltrakts stammen. Die Aszension dieser pathogenen Keime im Urogenitaltrakt wird
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Prädisponierende Faktoren bei Harnwegsinfektionen (Adaption an S3-Leitlinie zu Harnwegsinfektionen). (Nach [17])
Tab. 1
Anatomische Veränderungen
Angeborene anatomische Veränderungen
- Uretrabgangsstenose
- obstruktiver, refluxiver Megaureter
- Harnblasendivertikel
- Harnröhrenklappen
- Phimose
Erworbene anatomische Veränderungen
- Nierensteine
- Harnleitersteine
- Harnleiterstrikturen
- Harnblasentumoren
- Prostatavergrößerung
- Urethrastriktur
- Schwangerschaft
- operative Veränderungen
- Veränderungen durch Strahlentherapie
Funktionelle Veränderungen
Funktionelle Veränderungen
- Niereninsuffizienz
- Harntransportstörungen
- Entleerungsstörungen der Harnblasenspeicher
- Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie
- Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination
Störungen der angeborenen Immunität
- Diabetes mellitus
- Leberinsuffizienz
- Störungen der erworbenen Immunität, z. B. HIV
Intraoperative, postoperative Immundysregulation
Fremdkörper
- Nephrostomie
- Harnleiterschienen
- Harnblasenkatheter
als häufigster Ausbreitungsweg angesehen. Über die Prozesse der Kolonisation, der Adhäsion der Mikroorganismen an den Zellen der epithelialen Grenzschicht sowie deren Internalisation in Uroepithelzellen und einer konsekutiven Invasion im Urogenitaltrakt entwickelt sich eine manifeste Infektion. Das vermehrte Vorkommen der Erkrankung bei Frauen sowie die plötzliche Exazerbation einer
HWI bei einer Harnstauung aufgrund von Obstruktion oder nach instrumentellen Eingriffen sprechen für eine Aszension der Erreger.
Eine hämatogene Ausbreitung der Krankheitserreger wird durch die hohe Perfusionsrate der Nieren begünstigt; sie beträgt etwa 20% des Kreislaufminutenvolumens. Ein lymphogener Infektionsweg
wird vermutet, allerdings ist eine Ausbreitung uropathogener Mikroorganismen über diesen Weg bisher nach unserer Kenntnis nicht nachgewiesen.
Mikrobiologische Aspekte
Die meisten Harnwegsinfektionen
werden durch Bakterien verursacht
Die meisten HWI werden durch Bakterien verursacht. Sehr selten werden die Mycoplasmenspezies
Ureaplasma urealyticum und Mycoplasma hominis als Ursache einer Infektion identifiziert. Als grampositive Erreger von HWI werden Staphylokokken, bei jungen Frauen vor allem Staphylococcus saprophyticus, gefunden. Meist werden derartige Erkankungen jedoch von gramnegativen Bakterien
hervorgerufen. Neben Pseudomonas aeruginosa kommen häufig Vertreter aus der Familie der Enterobakteriaceae in Betracht. Dabei kann es sich um uropathogene Stämme der Spezies Citrobacter
freundii, Morganella morganii, Serratia marescens, Enterococcus spp., Klebsiella pneumoniae und Proteus mirabilis handeln. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle sowohl von ambulant (80–90%) als
auch nosokomial (30–50%) erworbenen HWI ist jedoch Escherichia coli die Ursache für die Erkrankung. Als Quelle für Erstinfektionen dient der eigene Verdauungstrakt.
Uropathogene Bakterien sind in der Lage, die ableitenden Harnwege und die Harnblase zu infizieren, da sie bestimmte Oberflächenstrukturen und Eigenschaften besitzen, die als Virulenzfaktoren
bezeichnet werden. Diese lassen sich in 2 Gruppen einteilen. Dies sind zum einen jene Virulenzfaktoren, die dem Wirt direkt Schaden zufügen können oder für die Ausbreitung im Wirt wichtig sind;
diese werden als Aggressione oder Aggressine bezeichnet. Zum anderen handelt es sich um Protektine oder Tutelae, die geeignet sind, Uropathogene vor dem angeborenen als auch dem adaptiven Immunsystem zu schützen. Erkenntnisse über Virulenzeigenschaften uropathogener Mikroorganismen
haben zu einem besseren Verständnis der Pathogenese einer HWI beigetragen. Sie sind hilfreich, zumindest bei chronischen Krankheitsverläufen, sinnvolle Behandlungsstrategien zu entwickeln.
Aggressione
Am besten sind die Virulenzfaktoren der uropathogenen E.-coli-Stämme (UPEC) untersucht. Die
bekanntesten Vertreter der UPEC-Aggressione sind die Toxine -Hämolysin, CNF1 (zytotoxisch-nekrotisierender Faktor 1), Serinproteasen (Sat, PIC, TSH) der Familie der sekretierten Autotransporterproteine und TosA. Diese Toxine sind geeignet, Gewebeschädigung zu verursachen. Sie ermögli-
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Klinische Kategorisierung
Zy_1
Zystitis
PN-2
Pyelonephritis leicht
PN-3
Pyelonephritis schwer
U-4
Urosepsis einfach
U-5
Urosepsis schwer
U-6
Septischer Schock
Risikokategorisierung
O
Ohne behandelte Risikofaktoren
R
Risikofaktoren für rezidivierende HWI
E
Extraurogenitale Risikofaktoren
N
Nephropathie
U
Urologische Risikofaktoren
K
Permanente Katheter
Therapeutische Situation
Abb. 2 7 Klassifikation der Harnwegsinfektion: ORENUK-Klassifikation der European Section for Infections in Urology. (Nach [3])
a
Erreger sind gegen
Standardantibiotika sensibel
b
Erreger sind eingeschränkt
empfindlich – Alternativantibiotika
sind vorhanden
c
Erreger sind multiresistent, wirksame
Antibiotika sind nicht vorhanden
chen den UPEC, Wirtsbarrieren (z. B. Uroepithel) zu überwinden und die zelluläre Immunantwort
abzuwehren. TosA gehört zwar auch zur Familie der RTX-Toxine wie das -Hämolysin, es wirkt
selbst aber wohl eher als Adhäsin, da es an die Bakterienzelle gebunden bleibt. Dadurch wird eine
enge Bindung an Wirtszellen vermittelt, wodurch beispielsweise das -Hämolysin Wirtszellen gezielter zu schädigen vermag. Die Wirkung des -Hämolysins ist dosisabhängig, da es in hoher Konzentration zur Zelllyse führt und in niedriger, wohl eher physiologischer Konzentration den Zellzyklus,
den Stoffwechsel, den vesikulären Transport und inflammatorische Prozesse beeinflusst. CNF1 induziert Signalwege in Wirtszellen, die zur Modulation der Entzündungsreaktion beitragen. Die Serinprotease Sat wird häufig von Afa/Dr-UPEC exprimiert und verändert die Anordnung von Proteinen
der „tight junctions“, wodurch die parazelluläre Permeabilität vergrößert werden kann. Dies könnte
eine Ursache dafür sein, dass Keime der UPEC-Gruppe Störungen der Dichtigkeit des Uroepithels
und damit der Permeabilitätsbarriere induzieren [4]. Auch die der bakteriellen Motilität dienenden
Flagellen können in die Gruppe der Aggressione eingeordnet werden, da die flagellenvermittelte Beweglichkeit u. a. UPEC ermöglicht, von der Harnblase via Harnleiter in die Nieren aufzusteigen [5].
Protektine
UPEC verhindern durch die Expression von Haftfaktoren (Adhäsine), dass sie aus dem Harntrakt
mit dem Urinfluss ausgespült werden. Die . Abb. 3 zeigt einen E. coli mit Pili/Fimbrien auf der BakDer Nephrologe 1 · 2014
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Eine erst spät erkannte Eigenschaft
bestimmter UPEC-Stämme ist die
Fähigkeit, in Harnblasenepithelzellen einzudringen
terienoberfläche. Nahezu alle Enterobakterien exprimieren die haarförmigen Adhäsine, die als Typ-1-Pili/
Fimbrien bezeichnet werden. Diese binden mit dem an
der Spitze des Pilus befindlichen FimH-Protein Mannosereste. Da nicht nur ein Pilus, sondern Hunderte pro
UPEC exprimiert werden können, erfolgt so eine sehr
effiziente Bindung an mannosehaltige Wirtsstrukturen
wie etwa Mukus auf der Mukosa oder Uroplakine, die
ein charakteristischer Bestandteil der dem Harnblasenlumen zugewandten Zytoplasmamembran der großen
Uroepithelzellen des Stratum superficiale sind [6]. Daneben bilden UPEC aber auch Pili (PAP, pyelonephritisassoziierte Pili), die an Gal(1–4)Gal-Reste in der
Niere binden, S-Fimbrien, die -Sialinsäure-(2–3)-Gal binden, F1C-Pili, die Gal-NAc erkennen oder die
Dr-Pili, die an die SCR3 („short consensus repeat do- Abb. 3 8 Elektronenmikroskopische Aufnahme
main 3“) des DAF-CD55-Rezeptors adhärieren. Interes- eines E.-coli-Keims mit Nachweis von Fimbrien/
santerweise werden entweder Haftfaktoren oder Flagel- Pili auf der Bakterienoberfläche. (Mit freundlilen exprimiert, wodurch entweder ein Festhalten oder cher Genehmigung von H.W. Meyer u. R. Fünfdie Fortbewegung favorisiert wird. Schließlich müs- stück)
sen auch noch jene Adhäsine erwähnt werden, die keine haarförmigen Strukturen bilden, sondern als Proteine in/auf der äußeren Membran die Bindung an Wirtsrezeptoren vermitteln. Dazu gehören die AfaAdhäsine (afimbrielle Adhäsine) sowie bestimmte Autotransporterproteine wie das Antigen 43 und
wohl auch das zuvor erwähnte TosA. Antigen 43 ist außerdem wichtig für die Biofilmbildung durch
UPEC. Bestimmte Antigen-43-Varianten ermöglichen im Mausmodell eine langfristige Persistenz
der Infektionserreger im Harntrakt [7].
Auch die Kapseln sind zu den Tutelae zu rechnen, da diese die Erreger vor antimikrobiellen Peptiden, dem Komplement, der Opsonisierung und der Phagozytose schützen können. Die bei UPEC
am häufigsten zu findenden Kapseln sind von den Serotypen K1, K5, K30 und K92. Diese Kapseltypen sind aus Carbohydraten aufgebaut und hoch hydratisiert. Eine erst spät erkannte Eigenschaft
bestimmter UPEC-Stämme ist die Fähigkeit, in Harnblasenepithelzellen einzudringen. Diese Invasivität von UPEC wurde zuerst im Mausmodell beobachtet. Später konnten jedoch auch intrazelluläre Nester von UPEC in Harnblasenepithelzellen aus dem Morgenurin von Frauen mit HWI nachgewiesen werden [8]. Die intrazellulär lokalisierten UPEC sind vor der antibakteriellen Aktivität des
Immunsystems weitgehend geschützt und werden von vielen Antibiotika dort nicht erreicht (z. B.
Trimethoprim). Zudem sind diese intrazellulären bakteriellen Reservoirs wohl auch eine Quelle für
rezidivierende HWI. UPEC können das Immunsystem des Wirts jedoch auch direkt manipulieren,
indem sie die Expression proinflammatorischer Gene sowie die Chemotaxis, die Adhäsion und die
Migration polymorphkerniger Leukozyten inhibieren. Selbst die Bildung von antimikrobiell wirksamen Sauerstoffverbindungen durch den zellulären Arm des Immunsystems kann durch UPEC inhibiert werden [9, 10].
Bakterielle Fitnessfaktoren
Eigenschaften, die für die Kolonisierung eines Wirts wichtig sind, werden als Fitnessfaktoren bezeichnet
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Eigenschaften, die für die Kolonisierung eines Wirts wichtig sind und die nicht nur bei pathogenen,
sondern auch bei kommensalen Bakterien nachweisbar sind, werden als Fitnessfaktoren bezeichnet.
Dies unterscheidet die Fitnessfaktoren von den nur bei pathogenen Bakterien vorhandenen Virulenzfaktoren. Bei den UPEC gehören dazu die Eisenaufnahmesysteme Yersiniabaktin, Aerobaktin, Salmochelin, die Hämrezeptoren ChuA und IroN sowie Enterobaktin. Essenziell sind Eisenionen für
Bakterien, da diese Kofaktoren für viele Enzymsysteme sind, die Redoxreaktionen katalysieren (z. B.
Enzyme der Atmungskette, Enzyme für die DNA-Synthese). Maßgeblich wird die Wachstumsfähigkeit in Urin durch die Fähigkeit zur Synthese der Nukleinbase Guanin und der Aminosäure Arginin bestimmt. Diese Eigenschaften werden daher ebenfalls zu den Fitnessfaktoren von UPEC gerechnet [10, 11].
CME
Abb. 4 7 Bakterielle Adhärenz uropathogener Keime an Harnwegsepithelzellen (Pat. I.L., 42 Jahre, chronisch-rezidivierende Harnwegsinfektion)
Wirtspezifische Faktoren
Unter regelrechten, physiologischen Bedingungen existieren in einem Wirt sehr unterschiedliche
Mechanismen, die eine Besiedelung des Harntrakts durch pathogene oder fakultativ pathogene Keime verhindern. Diese Faktoren wirken im Sinne eines interaktiven Netzwerks und sichern die biologische Integrität des Harntrakts. Störungen einzelner dieser Faktoren begünstigen dann allerdings,
dass Keime diese Abwehrbarrieren durchbrechen und über die Schritte der Adhäsion am Uroepithel
und durch die Invasion eine Infektion auslösen können. Einen Eindruck zum Phänomen der Zytoadhärenz uropathogener Mikroorganismen am Uroepithel vermittelt . Abb. 4.
Verschiedene anatomische Veränderungen und funktionelle Störungen begünstigen eine Besiedelung der Harnwege durch Mikroorganismen (siehe . Tab. 1). Infektionsfördernd wirken bestimmte Membrankomponenten auf Uro- und Nierenepithelzellen. Durch Bakterien werden diese identifiziert und ermöglichen, dass die Mikroorganismen an die Zellen binden können. Diesen bakteriellen Adhärenzprozess vermitteln wirtspezifische Glukosphingolipidstrukturen auf den Epithelzellen.
Es handelt sich beispielsweise um Oligosaccharidstrukturen, die die endständige Konfiguration „-DGal-1-4-“ aufweisen. Diese Sequenz entspricht auch der Struktur des P1-Blutgruppenantigens. An
die Oberfläche von Uroepithel- und Nierenepithelzellen gebundene Bakterien können in diese Eindringen, sich dort vermehren sowie in das Niereninterstitum einwandern oder über den Blutstrom
eine Sepsis auslösen. Inwieweit sich über diese Prozesse eine manifeste HWI entwickeln kann, hängt
von der Wirksamkeit verschiedener wirtspezifischer Faktoren ab.
Unter regelrechten, physiologischen
Bedingungen existieren in einem
Wirt Mechanismen, die eine Besiedelung des Harntrakts durch (fakultativ) pathogene Keime verhindern
„Toll-like“-Rezeptoren
„Toll-like“-Rezeptoren (TLR) sind Schlüsselkomponenten eines Wirtsorganismus, um Erreger zu
identifizieren und geeignete Abwehrmechanismen einzuleiten. Sie gehören zum angeborenen Immunsystem und sind auf epithelialen und nichtepithelialen Zellen lokalisiert. TLR erkennen nicht nur
molekulare Strukturen uropathogener Mikroorganismen, sondern sie sind auch unmittelbar in die
Aktivierung des Immunsystems und in die Keimabwehr involviert. Neben TLR-2 und TLR-11 wird
besonders TLR-4 mit HWI in Verbindung gebracht. Sie erkennen beispielsweise Lipopolysaccharidstrukturen, spezifische Lipopeptide oder Flaggelin uropathogener Bakterien. Im Sinne einer „pathogen pattern recognition“ erkennen TLR Erregerprofile, veranlassen die passagere Immunantwort
und induzieren inflammatorische Prozesse [2, 12]. Dysregulierte TLR sind möglicherweise für die
Entwicklung einer rezidivierenden HWI verantwortlich. Eine geringe TLR-4-Aktivität ist sehr wahrscheinlich mit der Entwicklung einer asymptomatischen Bakteriurie assoziiert. Das von den Epithelzellen produzierte Chemokin CXCL8 (IL8) reguliert unmittelbar am Infektionsort die Invasion CXCRezeptor-A1-tragender Makrophagen und Granulozyten [9]. Niedrige Konzentrationen von CXCR-1
auf diesen Abwehrzellen sind mit einer erhöhten Inzidenz von akuter Pyelonephritis assoziiert [13].
„Toll-like“-Rezeptoren sind Schlüsselkomponenten eines Wirtsorganismus, um Erreger zu identifizieren
und geeignete Abwehrmechanismen einzuleiten
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Tamm-Horsefall-Protein
Für die Infektabwehr besitzt das Tamm-Horsefall-Protein (THP, Uromucoid bzw. Uromodulin) eine
wichtige Bedeutung. Es wird in den medullären und kortikalen Abschnitten der Henle-Schleife gebildet. Täglich werden etwa 30–50 mg ausgeschieden. Es handelt sich um ein polymeres Glykoprotein, das Mannosestrukturen innerhalb seiner Oligosaccharidketten aufweist. Aufgrund dieser molekularen Struktur ist es möglich, dass uropathogene E.-coli-Stämme, die Typ-1-Fimbrien tragen,
an dieses Protein binden. Unter In-vitro-Bedingungen hemmt THP die Adhärenz von Bakterien an
Nierenzellen. Durch die Bindung uropathogener Mikroorganismen an THP kann deren Elimination mit dem Urinfluss begünstigt werden. Darüber hinaus aktiviert THP über TLR-4 die zelluläre
Abwehr im Harntrakt [14].
Bei Kindern und älteren Frauen ist die Ausscheidung dieses Proteins vermindert [15]. Auch bei
Patienten mit Diabetes mellitus ist dieser Schutzmechanismus beeinträchtigt, da die THP-Konzentration im Harn reduziert ist [16].
Andere Faktoren, wie die Bildung des sekretorischen IgA und IgM, die Produktion von Defensinen oder der Sekretorstatus der Blutgruppenantigene A oder AB, spielen in der Pathogenese der
HWI ebenfalls eine Rolle.
Diese und andere Erkenntnisse zur Pathogenese der HWI sind außerordentlich interessant. Dennoch erscheint es aus klinischer Sicht vorrangig, strukturelle und funktionelle Anomalien des Harntrakts sowie andere prädisponierende Faktoren zu erkennen. Diese stören die körpereigene Abwehr
und beeinflussen maßgeblich den Therapieerfolg.
Diagnostik
Eine symptombezogene klinische Untersuchung sollte immer bei einer Erstmanifestation einer HWI,
bei einer Pyelonephritis und bei Verdacht auf einen komplizierenden Krankheitsverlauf erfolgen. Die
Urindiagnostik sowie die Bewertung des Entzündungsprozesses, die Einschätzung der Nierenfunktion und die Erfassung von Obstruktionen sowie anderer prädisponierender Faktoren sind wichtig,
um sachgerechte Therapieentscheidungen zu treffen.
Urinanalytik
Bei der Urinanalytik ist die Untersuchung des Mittelstrahlurins die Methode der Wahl
Bei der Urinanalytik ist die Untersuchung des Mittelstrahlurins die Methode der Wahl. Bei Schwierigkeiten, korrekt Mittelstrahlurin zu gewinnen, bei unklaren mikrobiologischen Befunden oder bei
einer rezidivierenden unklaren Leukozyturie kann eine Blasenpunktion oder eine Einmalkatheterisierung erwogen werden. Für eine sachgerechte Urinanalytik ist der erste Morgenurin am besten geeignet. Im Idealfall sollten zwischen der Gewinnung der Urinprobe und der letzten Miktion mindestens 4 h liegen. Eine Reinigung der Genitalregion sollte nur mit Wasser und nicht mit Seife oder
Antiseptika erfolgen, da diese Substanzen die Überlebensfähigkeit und Kultivierbarkeit der Erreger
beeinträchtigen. Urinproben sind grundsätzlich unverzüglich zu bearbeiten; ist dies nicht möglich,
sind diese gekühlt bei 4–6 °C zu lagern. Urin sollte grundsätzlich vor Beginn einer antibakteriellen
Therapie gewonnen werden. Bei einer eindeutigen Anamnese und typischen klinischen Zeichen kann
allerdings bei einer unkomplizierten Zystitis auf die Gewinnung von Mittelstrahlurin zugunsten von
Spontanurin verzichtet werden [17].
Urinteststreifenanalyse
Urinteststreifen gehören zu den
häufigsten diagnostischen Hilfsmitteln
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Urinteststreifen gehören zu den häufigsten diagnostischen Hilfsmitteln und sind zum Nachweis einer
Bakteriurie (Nitritreaktion) und einer Leukozyturie (Leukozytenesterasereaktion) gut geeignet [18].
Es gibt allerdings verschiedene Faktoren, die das Teststreifenergebnis verfälschen können (Vitamin
C, Urobilinogen, Formaldehyd, Folsäure, Proteinurie, Glukosurie). Der Nitrittest fällt bei 20% der
grampositiven und bei 92% der gramnegativen Erreger positiv aus. Ein positiver Nitrittest ist geeignet, auf das Vorhandensein uropathogener Erreger hinzuweisen. Er basiert auf der Fähigkeit der
Mikroorganismen, im Urin ausgeschiedenes Nitrat zu Nitrit zu reduzieren. Ein sicheres Testergebnis ist erst nach einer Verweilzeit der Bakterien von mehr als 4 h in der Blase zu erwarten. Bei einer
kürzeren Blasenverweildauer infolge einer Pollakisurie steigt das Risiko eines falsch-negativen Befunds. Die Leukozytenesterasereaktion zeigt indirekt das Vorhandensein einer entzündlichen Reaktion an. Andere Infektionen im Genitalbereich können ebenfalls zu einem positiven Testergebnis
CME
führen. Der Nachweis von Erythrozyten weist auf eine Parenchymbeteiligung im Rahmen der Infektion hin. Zusammen mit einer Proteinurie sind dies Befunde, die für eine interstitielle Nephritis als
Folge einer Infektion und für eine glomeruläre Erkrankung typisch sind. Eine isolierte Mikrohämaturie kann auf eine Nephritis hinweisen, aber auch durch andere Prozesse wie z. B. eine Steinerkrankung oder durch eine Tumorbildung bedingt sein. Derartige Befundkonstellationen bedürfen einer
differenzierten Abklärung.
Urinmikroskopie
Eine Sedimentbeurteilung muss aus frischem Mittelstrahlurin erfolgen. Die korrekte Urinaufbereitung ist zeitaufwendig. Die Sedimentbeurteilung setzt entsprechende praktische Erfahrungen voraus.
Es sollte das Auftreten von Leukozyten [>5–10 Zellen/Gesichtsfeld (Gsf)], Erythrozyten (>5 Zellen/
Gsf), granulierte Zylinder, Bakterien und ggf. das Ausmaß an Uroepithelzellen adhärenter Mikroorganismen beurteilt werden. Auch der Nachweis von Rundzellen sowie von Hyphenmyzellen und
Trichomonaden ist wichtig. Ein mikroskopischer Bakteriennachweis ist nur bei einer sofortigen Beurteilung des Urinsediments sicher möglich.
Eine Sedimentbeurteilung muss aus
frischem Mittelstrahlurin erfolgen
Mikrobiologische Diagnostik
Eine bakteriologische Analyse ist mit Eintauchnährböden möglich. Meist handelt es sich um eine
Kombination von Cled- und Mac-Conkey-Agar-Nährböden, die auf Plastikträgern aufgebracht sind
und komplett in den frisch gewonnenen Urin getaucht werden müssen. Keimzahlen unter 104/ml
werden nicht sicher erfasst. In Abhängigkeit des klinischen Befunds und differenzialdiagnostischer
Erwägungen sind Selektivnährböden einsetzbar. Die Indikation für eine Urinkultur sollte abhängig
vom klinischen Befund getroffen werden. Wegen einer stark gestiegenen Prävalenz resistenter Erreger, z. B. gegenüber Cotrimoxazol und zunehmend auch gegen Fluochinolonen, ist die klinische Bedeutung der Urinkultur gestiegen. Ohne Kultivierung ist bis heute kein Antibiogramm zu erstellen.
Zur Erfassung von asymptomatischen Bakteriurien ist ein mikrobiologisches „Urin-Screening“
nicht gerechtfertigt. Ausnahmen bilden eine Schwangerschaft, Zustände nach Organtransplantationen sowie Patienten mit einer deutlichen Immunsuppression und Situationen vor traumatisierenden
Eingriffen im Bereich der Harnwege [17].
Über den Nachweis mikrobieller Antigenstrukturen oder spezieller Nukleinsäuresequenzen ist ein
nicht kulturbasierter Erregernachweis möglich. Verfahren wie eine Hyplex-ESBL-ID, ELIA-Techniken, PCR-Analysen oder die Methode der Durchflusszytometrie liefern eine schnelle phänotypische
Erregerdiagnostik. Der Nachteil dieser Verfahren besteht darin, dass kein Resistogramm erstellt werden kann. Die Untersuchungen sind noch sehr aufwendig und kostenintensiv. Für die klinische Praxis ist dafür noch keine generelle Empfehlung möglich.
Eine bakteriologische Analyse ist
mit Eintauchnährböden möglich
Ohne Kultivierung ist bis heute kein
Antibiogramm zu erstellen
Blutuntersuchung
Zur Einschätzung der entzündlichen Aktivität eigenen sich die Blutsenkungsreaktion, eine Blutbildanalyse und die Bestimmung des C-reaktiven Proteins (CrP). Bei einer vorhandenen Niereninsuffizienz und bei Verdacht auf eine interstitielle Nephritis sollten die Nierenfunktion [glomeruläre Filtrationsrate (GFR), Kreatinin, Harnstoff, Natrium, Kalium] unbedingt kontrolliert werden. Bei Hinweisen auf einen septischen Krankheitsverlauf ist die Bestimmung des Prokalzitonins (PCT) hilfreich. Zytokinbestimmungen wie die Erfassung von Interleukin 6 (IL-6) und die Bestimmung des
Anteils aktivierter Monozyten (CD14+, CD16+) sollten differenzierten Therapieentscheidungen vorbehalten bleiben.
Zur Einschätzung der entzündlichen
Aktivität eigenen sich die Blutsenkungsreaktion, eine Blutbildanalyse und die Bestimmung des C-reaktiven Proteins
Bildgebende Verfahren
Ultraschalldiagnostik
Zur Abklärung komplizierender Faktoren ist die Sonographie als primäres bildgebendes Verfahren
zu nutzen. Bei einer Zystitis ist die Ultraschalldiagnostik zum Ausschluss einer Harnstauung sinnvoll. Für eine akute Pyelonephritis sind ein homogen verdichtetes Parenchym mit einem eher echoarmen Rindenparenchym und einer aufgehobenen Rindenmarkdifferenzierung typische Befunde.
Die Unterscheidung einer „harmlosen“ Dilatation des Pyelons (Pyektasie) von einer funktionellen
Zur Abklärung komplizierender Faktoren ist die Sonographie als primäres bildgebendes Verfahren zu nutzen
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CME
relevanten Obstruktion ist sonographisch manchmal problematisch. Bei Schwangeren ist nach Flüssigkeitsprovokation (Hydratationssonographie) erst die Zunahme der Stauung im B-Bild als pathologisch zu bewerten [12].
Ausscheidungsurographie
Die Indikation zur Ausscheidungsurographie (Pyelogramm) sollte abgesehen von der Stein- und
Tumordiagnostik sehr restriktiv erfolgen. Die Gefahr eines kontrastmittelinduzierten Nierenversagens ist besonders bei Patienten mit einer eingeschränkten Nierenfunktion, bei Proteinurie und bei
Diabetes mellitus hoch. Typische charakteristische Veränderungen sind Füllungsdefekte, Kelchverplumpungen, abgerundete Fornices, eine fehlende Kelchhalsmotilität, Papillennekrosen und kerbige
Einziehungen sowie ein unregelmäßiges Parenchymprofil.
CT- oder MRT-Diagnostik
Der Einsatz der CT- oder MRT-Diagnostik ist nur bei komplizierten Erkrankungsverläufen indiziert
Der Einsatz der Computertomographie (CT)- oder Magnetresonanztomographie (MRT)-Diagnostik
ist bei komplizierten Erkrankungsverläufen indiziert. Pseudozysten, intrarenale/perinephritische Abszessbildungen, die emphysematöse oder xantogranulomatöse Nephritis und eine Transplantatpyelonephritis sind Indikationen für diese Untersuchungen. Der Einsatz von Kontrastmittel muss aber
auch bei diesen Verfahren sorgfältig geprüft werden.
DMSA-Szintigraphie
Nierenparenchymveränderungen und Narbenbildungen sind mittels einer DMSA-Szintigraphie darstellbar. Das Verfahren ist zumeist zur Erfassung von Parenchymläsionen im Kindesalter sinnvoll.
Bei Erwachsenen sollte der Einsatz dieser Methode wegen der begrenzten Aussagefähigkeit und der
fehlenden Konsequenzen sehr kritisch erfolgen.
Urodynamische Funktionsprüfungen
Bei rezidivierenden und chronischen HWI können urodynamische Funktionsprüfungen wie die Zystometrie, Miktionszysturographie und die Elektromyographie angewendet werden. Dabei geht es im
Wesentlichen um den Ausschluss bzw. den Nachweis einer obstruktiven oder dysfunktionellen Harnblasenentleerungsstörung sowie eines vesikoureteralen Refluxes.
Therapie
Resistenzsituation uropathogener Bakterien gegenüber Antibiotika
Es sollten nur solche antimikrobiellen Chemotherapeutika eingesetzt
werden, gegen die die Infektionserreger eine hohe Sensitivität aufweisen
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Grundsätzlich sollten nur solche antimikrobiellen Chemotherapeutika eingesetzt werden, gegen die
die Infektionserreger eine hohe Sensitivität aufweisen. Die internationalen Studien ECO.SENS. und
ARESC sowie die nationalen Erhebungen der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e. V.
(PEG) weisen eine besorgniserregende Resistenzentwicklung für mehrere Antibiotikagruppen auf
[19, 20, 21, 22].
Die ARESC-Studie (Antimicrobiological Resistance Epidemiological Survey on Cystitis) hat für
Deutschland ergeben, dass gramnegative Keime in 87% aller Erkrankungsfälle für eine akute unkomplizierte Zystitis bei erwachsenen Frauen verantwortlich sind [20]. Dies trifft auch für rezidivierende Infektionen zu; E. coli wurde mit 77% am häufigsten nachgewiesen. Die In-vitro-Sensitivität von
E. coli betrug für Ampicillin 59%, für TMP/SMZ 74%, für Ciprofloxacin 95% sowie für Amoxicillin/
Clavulansäure 89%, für Nitrofurantoin 95% und für Fosfomycin 98%. Die ECO.SENS-Studie (Antimicrobial Susceptibility of Pathogens from Uncomplicated Urinary Tract Infections), die Daten von
17 Ländern berücksichtigte, bestätigte diesen Trend [21, 23]. Die Empfindlichkeit von E. coli, beispielsweise gegenüber Ampicillin, lag bei 70%, die von TMP/SMZ bei 86%. Lediglich 1% der Erreger wiesen Resistenzen gegenüber Nitrofurantoin, Fosfomycin und Gentamycin auf. Bei der Wiederholung der ECO.SENS-Studie nach 8 Jahren in 5 ausgesuchten Ländern zeigte sich ein Resistenzanstieg für Chinolone (Nalidixinsäure von 4 auf 10%; Ciprofloxacin von 1 auf 4%) und für Trimethoprim (von 13 auf 17%). Es fanden sich auch erstmals 11 E. coli-Stämme mit „Extended-spectrum“Betalaktamasen (ESBL; [24]). Die Daten der nationalen Resistenzanalysen der PEG bestätigen diese
Entwicklung [22]. In . Abb. 5 ist die Resistenzstatistik für E. coli-Urinisolaten aus dem stationären
CME
Ampicillin
51,2
Amox./Clav.
43,3
4,2
Pip./Taz.
19,1
Cefuroxim
14,9
Cefotaxim
Meropenem
0,0
27,9
Ciprooxacin
30,2
Cotrimoxazol
9,3
Gentamicin
1,4
Fosfomycin
0,0
Colistin
0
10
20
30
Anteil (in %)
40
50
60
Abb. 5 8 Ergebnis der Resistenzstudie der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie, 2010 (stationärer Bereich).
(Nach [22])
Bereich wiedergegeben. Regionale Befunde mögen durchaus von dieser bedrohlichen Situation, die
sich in großen Studien widerspiegelt, abweichen.
Um der zunehmenden Resistenzentwicklung uropathogener Mikroorganismen zu begegnen,
sollte zur Information über die lokale Resistenzsituation eine mikrobiologische Diagnostik durchgeführt werden. Derartige Erkenntnisse sind für rationale Therapieentscheidungen bedeutsam.
Therapie der unkomplizierten akuten Zystitis
Bei einer akuten unkomplizierten Zystitis liegt die Spontanheilungsrate bei etwa 30–50% [25]. Unter
einer antimikrobiellen Therapie klingen die Beschwerden aber nicht nur rascher ab, sondern sie sichern auch eine weitestgehende Erregerelimination. Bei einer akuten unkomplizierten Zystitis ist
durch eine Kurzzeitbehandlung, meist über 1 bis 3 Tage, eine Infektsanierung möglich. Entsprechende antimikrobielle Therapiemaßnahmen sichern eine gute Patienten-Compliance, reduzieren Nebenwirkungen und begrenzen den Selektionsdruck für resistente Erreger [26].
Für die Therapie kommen Antibiotika mit einer hohen Erregersensibilität in Betracht. Aufgrund
der Ergebnisse der Resistenzanalysen und der klinischen Erfahrungen zählen Fosfomycin/Trometamol und Nitrofurantoin als Mittel der ersten Wahl. Die Empfehlungen für eine Behandlung einer unkomplizierten Zystitis zeigt . Tab. 2 [17]. Studien zur Einschätzung der klinischen Effektivität, zum
mikrobiologischen Erfolg und zu potenziellen Nebenwirkungen belegen, dass eine Einmalbehandlung mit Fosfomycin/Trometamol gleich effektiv ist wie eine Behandlung mit einem Vergleichsantibiotikum [27, 28]. Angesichts der Resistenzsituation muss die Verordnung von Cotrimoxazol/Trimetoprim heute sehr kritisch bewertet werden [19]. Empirische Therapieentscheidungen sind in jedem Fall in Kenntnis der Infektionsanamnese und der regionalen Resistenzsituation zu treffen. Bei
Fluochinolonen und Cefalosporinen besteht ein erhöhtes Risiko für mikrobiologische Kollateralschäden, die zu einer Selektion resistenter Erreger führen oder Clostridium-difficile-Infektionen begünstigen. Daher sollten diese Antibiotika bei einer unkomplizierten Zystitis als Mittel der ersten Wahl
nicht verwendet werden.
Angesichts der Resistenzsituation
muss die Verordnung von Cotrimoxazol/Trimetoprim heute sehr kritisch bewertet werden
Therapie der akuten Pyelonephritis
Bei einer akuten Pyelonephritis ist eine Behandlung so früh wie möglich zu beginnen. Eine akute bakterielle Infektion kann zu einer tubulointerstitiellen Schädigung führen, die eine Störung der Nierenfunktion zur Folge haben kann und einen chronischen Infektionsverlauf oder eine Abszessbildung
begünstigt. Vor Beginn jeder Therapie muss eine Urinkultur angelegt werden, um ggf. die Antibiotikaverordnung so rasch wie möglich dem mikrobiologischen Befund anpassen zu können. Bei einer
akuten Pyelonephritis ist eine empirische Therapie mit einem Fluochinolon oder einem Cefalospo-
Bei einer akuten Pyelonephritis ist
eine Behandlung so früh wie möglich zu beginnen
Vor Beginn jeder Therapie muss
eine Urinkultur angelegt werden
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Empfehlung zur Kurzzeittherapie der unkomplizierten Zystitis nach den S-3-Leitlinien zu Harnwegsinfektionen. (Nach [17])
Tab. 2
Substanz
Tagesdosierung
Dauer
Mittel der 1. Wahl
Fosfomycin-Trometamol
3000 mg 1-mal
1 Tag
Nitrofurantoin
50 mg 4-mal tgl.
7 Tage
Nitrofurantoin RT
100 mg 2-mal tgl.
5 Tage
Pivmecillinama
200 mg 2-mal tgl.
7 Tage
Pivmecillinama
400 mg 2-mal tgl.
3 Tage
Mittel der 2. Wahl
Ciprofloxacin
250 mg 2-mal tgl.
3 Tage
Ciprofloxacin RT
500 mg 1-mal tgl.
3 Tage
Levofloxacin
250 mg 1-mal tgl.
3 Tage
Norfloxacin
400 mg 2-mal tgl.
3 Tage
Ofloxacin
200 mg 2-mal tgl.
3 Tage
Cefpodoximproxetil
100 mg 2-mal tgl.
3 Tage
Bei Kenntnis der lokalen Resistenzsituation (Escherichia-coli-Resistenz <20%)
Cotrimoxazol
160/800 mg 2-mal tgl.
3 Tage
Trimethoprim
200 mg 2-mal tgl.
5 Tage
RT Retardform (= makrokristalline Form). aNicht in Deutschland, aber in Österreich und Skandinavien gelistet.
Empfehlung zur Antibiotikatherapie bei der unkomplizierten Pyelonephritis nach den S-3-Leitlinien zu Harnwegsinfektionen. (Nach [17])
Tab. 3
Orale Therapie bei leichten bis moderaten Verlaufsformen
Mittel der 1. Wahl
Tagesdosis
Dauer
Ciprofloxacina
500–750 mg 2-mal tgl.
7–10 Tage
Ciprofloxacin RT
1000 mg 1-mal tgl.
7–10 Tage
Levofloxacina
(250–) 500 mg 1-mal tgl.
7–10 Tage
Levofloxacin
750 mg 1-mal tgl.
5 Tage
Mittel der 2. Wahl (gleiche klinische Effektivität, mikrobiologisch nicht gleichwertig mit Fluorchinolonen)
Cefpodoximproxetil
200 mg 2-mal tgl.
10 Tage
Ceftibuten
400 mg 1-mal tgl.
10 Tage
Bei bekannter Erregerempfindlichkeit (nicht zur empirischen Therapie)
Cotrimoxazol
160/800 mg 2-mal tgl.
14 Tage
Amoxicillin/Clavulansäureb, c
0,875/0,125 g 2-mal tgl.
14 Tage
Amoxicillin/Clavulansäureb, c
0,5/0,125 g 3-mal tgl.
14 Tage
RT Retardform. aNiedrige Dosierung untersucht, hohe Dosierung von Experten empfohlen. bNicht bei akuter unkomplizierter
Pyelonephritis als Monosubstanz untersucht. cVorzugsweise für grampositive Erreger.
rin der Gruppen 2 und 3 unter Berücksichtigung der lokalen Resistenzsituation vertretbar. Aminopenicillin und Cotrimoxazol/Trimetoprim sollten wegen der hohen Resistenzraten dafür nicht eingesetzt werden. Empfehlungen zum Einsatz verschiedener Antibiotika entsprechend der S3-Leitlinie zu Harnwegsinfektionen sind in . Tab. 3 zusammengefasst [17]. Bei leichtem und mäßigem klinischen Verlauf ist eine orale Therapie ausreichend. Bei schwerer Infektion mit Übelkeit, Erbrechen
und Kreislaufinstabilität sollte mit einer parenteralen Antibiotikatherapie begonnen und diese nach
klinischer Besserung auf eine orale Therapie umgestellt werden.
Eine stationäre Betreuung der Patienten sollte in Fällen mit Diabetes mellitus bei einer instabilen
metabolischen Situation, bei Gefahr einer Progression einer bekannten Nierenfunktionsstörung, bei
Harnstauung unklarer Ursache sowie bei Zeichen einer Urosepsis erfolgen. In allen anderen Fällen
kann eine ambulante Betreuung der Patienten durchgeführt werden.
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CME
Therapie der Urosepsis
Komplizierte HWI sind häufig Ursache einer Urosepsis. Die Letalität der Erkrankung liegt jedoch
deutlich unter der anderer Sepsisfälle [29]. Pathophysiologisch handelt es sich um eine generalisierte, vom Urogenitaltrakt ausgehende Infektion, die von einer ausgeprägten Immundysregulation begleitet wird. Therapiemaßnahmen müssen so früh wie möglich (innerhalb der ersten Stunde) eingeleitet werden. Sie umfassen eine Fokuskontrolle, die Stabilisierung der Atem- und Kreislauffunktion
sowie die Verbesserung der Gewebeoxigenierung. Absolut notwendig ist es, die Ursache einer Harntransportstörung zu beseitigen sowie Stoffwechselentgleisungen zu korrigieren, um die Dekompensation einer Niereninsuffizienz zu beeinflussen. Die Antibiotikaauswahl erfolgt empirisch nach vorheriger Abnahme einer Urin- und Blutkultur. Die antimikrobielle Therapie muss sich anfangs an der
lokalen Erregerresistenzsituation und dann nach Kenntnis am mikrobiologischen Befund orientieren. Die Dosierung der Antibiotika sollte generell hoch sein und muss deren spezifische pharmakokinetische/pharmakodynamische Eigenschaften berücksichtigen. In Abhängigkeit der klinischen Situation (kardiovaskuläre Störungen, Grad des Sepsissyndroms) und des Infektionsverlaufs ist über
den Beginn einer Nierenersatztherapie (HD, CVVHD, CVVHDF) zu entscheiden. Nach Entfieberung und Beseitigung komplizierender Faktoren sollten die Therapiemaßnahmen mindestens noch
für 5 Tage weiter fortgesetzt werden, um die gestörten wirtsspezifischen Abwehrfaktoren weitestgehend wieder zu stabilisieren [30].
Komplizierte HWI sind häufig Ursache einer Urosepsis
Therapiemaßnahmen bei Urosepsis müssen möglichst innerhalb der
ersten Stunde eingeleitet werden
Harnwegsinfektionen bei Patienten mit Niereninsuffizienz
Bei einer moderaten Einschränkung der Nierenfunktion bis zu einem CKD-Stadium 2 (3a) und bei
regulären anatomischen Verhältnissen kann eine untere HWI als unkompliziert eingeschätzt werden.
In diesen Fällen ist durch das Infektionsergebnis keine Progression der Niereninsuffizienz zu erwarten. Eine Pyelonephritis, besonders bei einem CKD-Stadium ab 3b bis 5, muss als komplizierte Erkrankung bewertet werden, da dadurch eine Progression der Niereninsuffizienz sehr wahrscheinlich
ist. Die Verordnung der Antibiotika ist dem Grad der Einschränkung der GFR anzupassen. Obwohl
bei Patienten mit einem fortgeschrittenen Stadium der Niereninsuffizienz und bei Dialysepatienten
symptomatische HWI selten sind, besteht dabei eine erhöhte Gefahr einer Urosepsis und für Abszessbildungen [31]. In diesen Fällen ist meist eine urologische/chirurgische Intervention notwendig.
Empfehlungen zur Dosierung antimikrobieller Chemotherapeutika bei Einschränkungen der Nierenfunktion sind in . Tab. 4 wiedergegeben.
Eine Pyelonephritis muss als komplizierte Erkrankung bewertet werden
Harnwegsinfektionen bei Diabetes mellitus
Bei Patienten mit Diabetes mellitus und HWI bestimmt die metabolische Stoffwechselsituation die
Therapieentscheidungen. Bei einer stabilen Stoffwechsellage (HbA1c 7%) entspricht das Infektionsmanagement den beschriebenen Strategien. Bei einer instabilen Stoffwechsellage (HbA1c >8,5%,
HbA1c - IDFF >70 mmol/l), bei einem ausgeprägten Insulinresistenzsyndrom sowie bei der Neigung
zu Hypo- oder Hyperglykämien sollte eine stationäre Betreuung des Patienten erfolgen. In diesen
Fällen ist das Risiko groß, dass sich aus einer zunächst unkomplizierten HWI eine Urosepsis entwickelt. Diese Patienten müssen unter einer strengen engmaschigen Betreuung sowohl der Stoffwechselparameter als auch der Nierenfunktion behandelt werden [26, 31]. Ein Einfluss von Antibiotika
auf die metabolische Stabilität ist für Fluochinolone beschrieben, allerdings sind diese Mitteilungen
widersprüchlich.
Bei Patienten mit Diabetes mellitus
und HWI bestimmt die metabolische Stoffwechselsituation die Therapieentscheidungen
Asymptomatische Bakteriurie
Bei der asymptomatischen Bakteriurie handelt es sich definitionsgemäß um den Nachweis pathogener Mikroorganismen mit einer Keimzahl über 105 KBE/ml Urin in mindestens 2 konsekutiven Urinkulturen ohne jegliche klinische Symptomatik [33, 34]. Eine Leukozyturie kann begleitend vorkommen. Nach einer asymptomatischen Bakteriurie sollte nur bei Schwangeren, insbesondere im frühen
Stadium der Gravidität, gesucht werden. In diesen Fällen besteht auch eine Behandlungsindikation,
um negative Auswirkungen auf den Schwangerschaftsverlauf, auf die kindliche Entwicklung oder die
Nach einer asymptomatischen Bakteriurie sollte nur bei Schwangeren
gesucht werden
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Dosierungsempfehlungen antimikrobieller Chemotherapeutika bei Störungen der Nierenfunktion. (Adaptiert nach [32])
Tab. 4
Dosisanpassung (GFR ml/min/1,73 m2)
>50
50–10
100%
50–75%
Medikament
(Auswahl)
Dosierung
Ciprofloxacin
Levofloxacin
400 mg i.v. 500–750 mg
oral, alle 12 h
250–750 mg alle 24 h
Gatifloxacin
400 mg alle 24 h
100%
Amoxicillin
Ampicillin/
Sulbactam
Cefaclor
Cefmandole
Cefazolidine
Cefotaxime
Cefixime
Trimethoprim
250–500 alle 8 h
1–2 g Ampicillin und 0,5–
1 g Sulbactam alle 6–8 h
250–500 mg alle 8 h
0,5–1 g alle 4–8 h
0,25–2 g alle 6 h
1–2 g alle 6–12 h
200 mg alle 12 h
100 mg alle 12 h
Alle 8 h
100% (GFR >30)
100%
100%
Alle 6 h
Alle 8 h
Alle 6 h
100%
Alle 12 h
<10
50%
500–750 mg als init.
Dosierung, dann
250–750 mg alle 24 h
400 mg als init.
Dosierung, dann
200 mg täglich
Alle 8 h
Alle 12 h (GFR 15–29)
500 mg als init. Dosierung, dann 250–
500 mg alle 48 h
400 mg als initiale Dosis, dann 200 mg
50–100%
Alle 6–8 h
Alle 12 h
Alle 12 h
75%
Alle 12 h (GFR
>30%); alle 18 h (GFR
10–30%)
50%
Alle 8–12 h
50% alle 24–48 h
Alle 24 h oder 50%
50%
Alle 24 h
Alle 24 h
Alle 24 h (GFR 5–14)
Entstehung von Infektionen zu verhindern [33, 35]. Eine Behandlung wird auch empfohlen, wenn
eine operative Maßnahme (schleimhauttraumatisierende Intervention) im Harntrakt vorgenommen
werden soll [36]. Auch wenn 48 h nach Entfernung eines Blasenkatheters weiter eine asymptomatische Bakteriurie besteht, ist eine Therapie für die Dauer von 3 bis 7 Tagen indiziert [33]. Bei älteren
Patienten in Pflegeheimen, Patienten mit einer permanenten Harnableitung, mit einem Querschnittsyndrom sowie bei Diabetikern mit einer stabilen Stoffwechselsituation ist ein Screening zur Erfassung einer asymptomatischen Bakteriurie nicht gerechtfertigt. Eine antimikrobielle Behandlung ist
nicht indiziert, weil eine derartige Bakteriurie keine nachteiligen Folgen hat und auch nur passager
beseitigt werden kann. Bei Patienten nach Organtransplantation werden Empfehlungen zum Screening und zur Therapie einer asymptomatischen Bakteriurie sehr unterschiedlich diskutiert. Aus den
bisherigen Studien lassen sich keine eindeutigen Empfehlungen ableiten [34, 37]. In vielen Zentren
wird ein aktives Vorgehen propagiert. Eine retrospektive Studie bei Patienten nach Nierentransplantation mit asymptomatischer Bakteriurie ergab, dass die Entwicklung einer symptomatischen HWI
bei behandelten und unbehandelten Patienten nicht signifikant unterschiedlich war und kein Patient
eine akute Rejektion oder eine Pyelonephritis erlitt [34]. Diese Beobachtung begründet eher einen
restriktiven Umgang mit Antibiotika.
Rezidivierende Harnwegsinfektionen
Eine rezidivierende HWI ist anzunehmen, wenn mindestens 2 Rezidive innerhalb von 6 Monaten bzw.
3 Rezidive innerhalb eines Jahres
auftreten
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Frührezidive (innerhalb von 4–6 Wochen) können durch im Harntrakt persistierende Keime ausgelöst werden. Bei Spätrezidiven kann es sich auch um eine Reinfektion mit einem anderen Erreger handeln. Eine rezidivierende HWI ist anzunehmen, wenn mindestens 2 Rezidive innerhalb von 6 Monaten bzw. 3 Rezidive innerhalb eines Jahres auftreten [26]. Entscheidungen zur Antibiotikatherapie
sollten sich danach richten, ob es sich um ein Rezidiv einer unkomplizierten oder einer komplizierten HWI handelt. Bei Letzterer ist auch nach rascher Besserung klinischer Symptome eine längere
Therapie bis zu 10 Tagen empfehlenswert. Sowohl bei Früh- als auch Spätrezidiven ist es ratsam, mit
einem Antibiotikum einer anderen Gruppe die Therapie zu beginnen bzw. diese dem mikrobiologischen Befund anzupassen.
Zur Prävention rezidivierender unkomplizierter HWI bieten sich vielfältige Behandlungsmöglichkeiten an. Gegenwärtige Therapiekonzepte sind zusammenfassend in . Abb. 6 dargestellt. Ne-
CME
Erfassung und Beseitigung
pr disponierender Faktoren
Blockade der Epithelzellrezeptoren oder der Adh sine
der Infektionserreger
Antibiotikaverordnung
Harnwegsinfektion
nderung des
Urinmilieus
Immuntherapie
(Immunstimulation)
bakterielles Interferenzph nomen
Abb. 6 8 Therapiekonzepte zur Prävention bei rezidivierenden Harnwegsinfektionen
ben einer kontinuierlichen Verordnung von Antibiotika in reduzierter Dosis kommen vorrangig immunoaktive Verfahren, eine Stabilisierung der lokalen Laktobazillenflora durch Probiotika (bakterielle Interferenz) oder eine lokale Östrogensubstitution in Betracht [38, 39]. Weitere Therapieoptionen stellen die Verordnung von L-Methionin und Phytotherapeutika dar. Derartige Therapiemaßnahmen können sinnvoll sein, obwohl deren Therapieeffektivität bisher nur vereinzelt in randomisierten, kontrollierten Studien geprüft wurde [38, 40]. Vielfach müssen praktische Erfahrungen über
den Einsatz der genannten Substanzen entscheiden.
Weitere Therapiestrategien
Immunglobuline
Die i.v.-Gabe von Immunglobulinen bei akuten und chronisch rezidivierenden fieberhaften Entzündungen wird kontrovers beurteilt [40].
Durch die Gabe von IgM-angereichterten Präparaten bei antibiotikaresistenten septischen Verläufen wurde in klinisch ausgewählten Fällen ein Nutzen berichtet. IgM verstärkt die Phagozytoseaktivität und die Komplementaktivierung um das Mehrhundertfache [41].
Phytotherapie
Naturheilkundliche Therapien können konventionelle Therapiemaßnahmen flankieren. Neben
pflanzlichen Aquaretika werden antiphlogistisch und potenziell antiadhäsive Extrakte aus Kräutern,
Blättern, Wurzeln und roten Beeren verwendet. Als sog. Harndesinfizienzien werden u. a. Birkenblätter, Bärentraubenblätter, Goldraute, Meerrettichwurzeln, Preiselbeeren, weißes Sandelholz und
Brombeeren genannt. Die Verordnung dieser Präparate kann antibakterielle Abwehrprozesse unterstützen, kausale Prozesse werden durch diese Substanzen allerdings nicht beeinflusst [40]. Dies trifft
auch für die Wirkung von Cranberry-Extrakten zu. Sie werden seit vielen Jahren zur Behandlung
chronisch rezidivierender, rekurrierender Infekte propagiert. Kritische Analysen zum Nutzen dieser
Präparate zeigen aber, dass akute Infektionsereignisse durch Cranberry-Präparate nicht beeinflussbar sind [42]. Hinsichtlich evtl. Nebenwirkungen muss beachtet werden, dass bei einer regelmäßigen
Einnahme von Cranberry-Extrakten ein erhöhtes Risiko für Nierensteinbildungen durch den hohen
Gehalt an Oxalsäure besteht. Auch aufgrund gastrointestinaler Nebenwirkungen wird ebenso eine
relativ hohe Abbruchrate bei Langzeitbehandlungen registriert [43].
Naturheilkundliche Therapien können konventionelle Therapiemaßnahmen flankieren
Akute Infektionsereignisse sind
durch Cranberry-Präparate nicht
beeinflussbar
Beeinflussung der „Toll-like“-Rezeptoren
Aus der Kenntnis der Pathogenese der HWI gibt es experimentelle Ansätze zur Armierung der TLR
durch TLR-Agonisten und zur Verhinderung der Biofilmbildung durch Anti-Quorum-Sensing-Mo-
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CME
leküle. Diese Therapieoptionen erscheinen außerordentlich interessant; zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben sie aber keine klinisch-praktische Relevanz.
Fazit
F Harnwegsinfektionen gehören zu den häufigsten Erkrankungen.
F Ihr klinischer Verlauf wird von der Virulenz der Erreger einerseits und den Wirtreaktionen andererseits bestimmt.
F Ihre Erscheinungsformen reichen von weitgehend benignen Infektionen mit hoher Spontanheilungstendenz bis zu lebensgefährlichen septischen Komplikationen. Dem muss vernünftigerweise auch der diagnostische und therapeutische Aufwand angepasst werden.
F Ohne ausreichende Kenntnis der jeweiligen klinischen Situation und der Erfassung möglicher
Risiken einer Infektion wird eine effektive Behandlung nur selten gelingen.
F Viele Fragen, beispielsweise zum Nutzen neuer Diagnoseverfahren oder zur Beeinflussung der
Erkrankungen unter spezifischen Risikokonstellationen bedürfen weiterer experimentieller und
klinischer Studien.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. R. Fünfstück
Klinik für Innere Medizin 1, Sophien- und Hufeland-Klinikum Weimar
Henry-van-de-Velde-Str. 2, 99425 Weimar
[email protected]
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. R. Fünfstück hat Gutachterhonorare von Pierre Fabre sowie Vertragshonorare von Sanofi-Aventis und AstraZeneca erhalten. T.A. Oelschlaeger gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. K.G. Naber hat Vortrags- und Beraterhonorare von Basilea, Bionorica, Rosen, Zambon, Pierre Fabre und MerLion erhalten.
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
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Der Nephrologe 1 · 2014
| 79
springermedizin.de/eAkademie
CME-Fragebogen
Bitte beachten Sie:
• Teilnahme nur online unter: springermedizin.de/eAkademie
• Die Frage-Antwort-Kombinationen werden online individuell zusammengestellt.
• Es ist immer nur eine Antwort m glich.
?Zur Beurteilung einer Harnwegsinfek-
o
o
o
o
o
tion (HWI) und für Entscheidungen zu
therapeutischen Maßnahmen ist es notwendig, die klinische Situation möglichst
korrekt einzuschätzen. Dazu sollte folgender Punkt zuletzt Berücksichtigung
finden:
Klinisches Bild (Symptomatik, Lokalisation)
Risikokonstellation (anatomische und
funktionelle Veränderungen)
Aspekte der Kostenerstattung für diagnostische und therapeutische Festlegungen
Informationen zum Infektionsweg
Option evtl. therapeutischer Maßnahmen
unter Berücksichtigung der Erregerspezies
und deren Resistenzsituation
? HWI werden durch verschiedene Spe-
o
o
o
o
o
zies von Mikroorganismen hervorgerufen. Die am häufigsten auftretende Spezies ist …
Escherichia coli.
Pseudomonas aeruginosa.
Proteus mirabilis.
Citrobacter freundii.
Ureaplasma urealyticum.
? Uropathogene E. coli zeichnen sich durch
spezifische Virulenzfaktoren aus. Nicht
dazu gehört die …
o Fähigkeit zum Wachstum im Urin.
o Bildung von Pili/Fimbrien zur Adhäsion
an den Zellen der uroepithelialen Grenzschicht.
o Produktion von Milchsäure und Hydrogenperoxid.
o
Ausbildung von Kapseln (K-Antigen) zum
Schutz vor wirtsspezifischen Abwehrmechanismen.
o Expression von -Hämolysin oder von CNF
(Cytotoxisch nekrotisierender Faktor 1).
? Bei Entscheidungen zum Einsatz antimi-
o
?Zur Beurteilung einer HWI und für Thera-
o
o
o
o
o
pieentscheidungen sind eine symptombezogene klinische Untersuchung und
eine Urinanalyse wichtig. Auf eine Untersuchung einer Mittelstrahlurinprobe zugunsten von Spontanurin kann verzichtet werden bei einer …
HWI bei progredienter Niereninsuffizienz.
akuten unkomplizierten Zystitis.
akuten Pyelonephritis.
Infektion der Harnwege infolge einer Obstruktion.
rezidivierenden oder chronischen HWI.
o
o
o
o
? Eine junge Frau stellt sich bei ihrem
?Zur Klärung komplizierender Faktoren ist
o
o
o
o
o
die Sonographie die Methode der Wahl.
Folgender Befund spricht für einen akuten Entzündungsprozess:
Diffuse echodichte kleine Nieren
Homogen verdichtetes, echoarmes Parenchym mit aufgehobener Rindendifferenzierung
Nachweis von Zysten mit Wandverdickungen und Septen
Echoreiche Markpyramiden und Nachweis
eines schmalen Parenchymsaums
Multiple Konkremente mit distaler Schallschattenauflösung
o
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80 |
Der Nephrologe 1 · 2014
Hausarzt wegen dysurischer Beschwerden und einer Pollakisurie vor. Die Anamnese ergibt keine Hinweise darauf,
dass derartige Beschwerden bereits
schon einmal aufgetreten waren. Die klinischen Befunde lassen vermuten, dass
mit hoher Wahrscheinlichkeit eine akute unkomplizierte Zystitis vorliegt. Nicht
in Betracht für eine Antibiotikatherapie
dieser HWI kommen …
Makrolide.
Fosfomycin/Trometamol.
Nitroxolin.
Nitrofurantoin.
Cotrimoxazol/Trimethoprim.
? Bei einer akuten (unkomplizierten) Pye-
o
D Für Zeitschriftenabonnenten ist die Teilnahme am e.CME kostenfrei
krobieller Chemotherapeutika (Antibiotika) muss beachtet werden, dass eine zunehmende Resistenz u. a. gegenüber folgenden Substanzen besteht:
Nitrofurantoin
Fosfomycin/Trometamol
Cotrimoxazol/Trimethoprim
Nitroxolin
Meropenem
lonephritis ist aufgrund aktueller Resistenzstudien eine empirische Therapie
mit folgenden Antibiotika vertretbar:
Fluorchinolone (z. B. Ciprofloxacin, Levofloxacin) oder Cefolasporine der 3. Generation
Nitrofurantoin
Cotrimoxazol/Trimethoprim
Aminoglykoside
Carbapenem, z. B. Meronem oder Imipenem/Cilastatin
CME-Fragebogen
? Eine 25-jährige Patientin mit Brennen
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beim Wasserlassen seit 2 Tagen stellt
sich bei Ihnen vor. Sie muss sehr häufig
und dranghaft wasserlassen. Die Symptome traten etwa 24 h nach einem Geschlechtsverkehr auf. Vor etwa 2 Jahren
habe sie eine ähnliche akute Episode erlebt. Nach Wärmezufuhr und verschiedenen Tees hätten sich die Beschwerden
allmählich gebessert und waren nach
etwa 1 Woche vollständig verschwunden. Da der Urin zuletzt aber einmal etwas rötlich (blutig) verfärbt gewesen sei,
wolle sie lieber doch einen Arzt konsultieren. Welche Differenzialdiagnose ist
am wahrscheinlichsten?
Urethritis/sexuell übertragbare Erkrankung (STD)
Zystitis
Pyelonephritis
Harnblasentumor
Salpingitis
? Eine 67-jährige Patientin wird notfallmä-
o
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o
o
ßig mit rechtsseitigen Flankenschmerzen, die in die Leiste ausstrahlen, und
Fieber (38,7 °C) in der Notaufnahme vorstellig. Die Symptome sind seit 2 Tagen
bestehend. Die Patientin klagt weiterhin
über Kopfschmerzen und Übelkeit. Welche Differenzialdiagnose ist am wahrscheinlichsten?
Nierenkolik
Appendizitis
Obstruktive Pyelonephritis
Cholezystitis
Divertikulitis
Diese zertifizierte Fortbildung ist
12 Monate auf springermedizin.de/
eAkademie verfügbar.
Dort erfahren Sie auch den genauen
Teilnahmeschluss. Nach Ablauf des
Zertifizierungszeitraums können Sie diese
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24 Monate nutzen.
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Vertiefen Sie Ihr Wissen ber die Di erenzialdiagnostik
der An mien und sammeln Sie wichtige CME-Punkte.
Das e.Tutorial plus An mien Modul 1
der Deutschen Gesellschaft f r Innere
Medizin (DGIM) bietet viele Praxisbeispiele, Videos, Animation und
Audiobeitr ge.
Weitere Module der Themenserie
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k nnen an dem Modul exklusiv teilnehmen.
3. Fortbildung mit Fragebogen bearbeiten: Klicken Sie auf
Kurs starten . Sie k nnen die Fortbildung Schritt f r Schritt
bearbeiten und den CME-Fragebogen beantworten.
7 www.springermedizin.de/dgim-eakademie
Der Nephrologe 1 · 2014
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