Schweizerische Ärztegesellschaft für Psycholytische Therapie SÄPT Jubiläumssymposium Bewusstseins­ veränderung und Psychotherapie 10. September 2015 Hotel Hofmatt Münchenstein bei Basel 1 Inhalt Unterstützung der Psychotherapie durch Pharmaka – Die psycholytische Therapie Psycholytische Psychotherapie Abstracts zu den Vorträgen Referenten Programm Jubiläumssymposium 3 8 12 16 Impressum Schweizerische Ärztegesellschaft für Psycholytische Therapie (SÄPT) Hauptbahnhofstrasse 5 4500 Solothurn [email protected] www.saept.ch Titelbild: angieconscious, pixelio.de Gestaltung: www.atelierscheidegger.ch 2 Psychotherapie hat sich in methodisch hochwertigen Studien als wirksame Metho­ de zur Behandlung der meisten psychischen Störungen erwiesen. Dabei versucht sie dort anzusetzen, wo die psychische Störung ihren Ursprung hat: in der Seele, den psychischen Fähigkeiten und der Beziehungswelt des Einzelnen. Gelingt Psycho­ therapie, so verhilft sie neben einer Besserung von Krankheitssymptomen zu mehr Autonomie, Beziehungs- und Selbstgestaltungsfähigkeit. Im Unterschied zu Psychopharmaka ist die Psychotherapie weniger auf eine Re­ duktion der Symptome als auf eine Heilwirkung an den Ursachen der Erkrankung ausgerichtet. Die psycholytische Behandlung wurde seit den 50er-Jahren entwickelt. Psycholyse heißt wörtlich übersetzt: die Seele auflockernd/lösend. Sie ist eine Methode, welche die Wirksamkeit psychotherapeutischer Prozesse mit Medikamenten unterstützt. Diese Pharmaka werden jedoch nicht täglich eingenommen, sondern nur wenige Male im Rahmen einer mehrjährigen Psychotherapie verabreicht. Die verwendeten Medikamente unterscheiden sich allerdings fundamental von gewöhnlichen Psycho­ pharmaka. Sie aktivieren das psychische System, intensivieren das Gefühlserleben und erweitern das Bewusstsein. Es lassen sich zwei Gruppen von Medikamenten unterscheiden, die in der psycholy­ tischen Behandlung eingesetzt werden. 1.Entaktogene wie MDMA erhöhen die Bereitschaft zur Kommunikation und steigern die Fähigkeit zur Introspektion. Die Aufmerksamkeit lässt sich leicht auf emotional bedeutsame Inhalte lenken. Unter geeigneten Bedingungen kommt es durch ihre Wirkungen zu einer ausgeprägten angstlösenden Wirkung mit Öffnung der Person gegenüber sich selbst und anderen, begleitet von vertieftem Gefühlserleben, Selbst­ akzeptanz, Vertrauensempfinden und kognitiven Einsichten. Sinneswahrnehmung und kognitive Fähigkeiten verändern sich dagegen kaum. In einer Art innerem Dialog können durch die angstreduzierende Wirkung und eine dadurch begünstigte Erwei­ terung der Assoziationswelt neue Aspekte des eigenen Selbst bzw. der eigenen Ge­ schichte wahrgenommen und in neue Bedeutungszusammenhänge gestellt werden. Der Betreffende kann eine Fülle introspektiver Einsichten gewinnen. Deren Über­ zeugungscharakter ist durch die ausgeprägte emotionale Beteiligung ausgespro­ chen gut, so dass der therapeutische Prozess beträchtlich vertieft und beschleunigt wird. Durch die besonderen neurobiologischen Wirkungen (u.a. Deaktivierung der Amygdala, Stärkung des Frontalkortex) können traumatische Erfahrungen erheblich leichter reprozessiert und integriert werden. Die Entaktogene ermöglichen es dem Patienten, den inneren Kern seiner selbst zu berühren und sich mit schmerzlichen 3 emotionalen Aspekten auseinanderzusetzen, die sonst nur schwer oder gar nicht zu­ gänglich sind. So schreibt eine Patientin: “Ganz weich und entspannt habe ich mich gefühlt; sehr aufmerksam, aber entspannt. Mein Herz wurde immer weiter und ich konnte an all meine Gefühle, an Bilder, auch an Ängste rankommen, sie spüren und sehen. Es ergibt sich ein ganz tiefer, ganz aufgeschlossener Zugang zu sich selbst”. Dazu kommen spezifische neurohormonelle Wirkungen, die Lernvorgänge begünsti­ gen und eine nachhaltige Encodierung neuer “korrigierender” Erfahrungen von Ver­ trauen, Selbstmitgefühl und Beziehung ermöglichen. Wie aktuelle Studien belegen, eröffnen Entaktogene in der Gruppen- und Trauma­ therapie neue Perspektiven; auch für bisher nicht behandelbare Patienten. 2. Halluzinogene wie LSD und Psilocybin verändern das Bewusstsein, intensivieren Gefühle und Imaginationen. Im therapeutischen Kontext aktiviert das Pharmakon un­ bewusste Konflikte und Ressourcen. Dabei können, im Sinne einer katalytischen Wir­ kung, latente, sonst unbewusste innere Spannungssysteme auf Auflösung drängen und die mit ihnen verbundenen psychischen Inhalte ins Bewusstsein treten. Nicht selten gelingt es dem Patienten, aus einer Beobachterperspektive (nach dem Prinzip eines Weitwinkelobjektives) weit auseinander liegende innerseelische Fakten wie Erinnerungen, Beziehungen, Gefühlserlebnisse und problematische charakterliche Einstellungen miteinander in Sinnzusammenhang zu bringen. Dabei sind mehrere Bewusstseinsbereiche gleichzeitig angesprochen, so dass eine breite Integration un­ bewussten Materials gelingt. Wie eine Reihe von Arbeiten aus den 60er- und 70er-Jahren – aber auch methodisch gute neuere Studien – zeigen, können bei lebensbedrohlich Erkrankten und bei Alkoholikern über haltungs- und persönlichkeitsverändernde Tiefenerfahrungen er­ staunliche nachhaltige Zustandsverbesserungen erzielt werden. Die psycholytische Behandlung ist kein eigenständiges Verfahren. Vielmehr sind die psycholytischen Sitzungen stets in eine konventionelle psychodynamische Psycho­ therapie eingebunden. Während einer sich über ein bis drei Jahre erstreckenden psychotherapeutischen Behandlung (mit 1–2 wöchentlichen Sitzungen) werden ­gewöhnlich 3–7 psycholytische Sitzungen eingestreut. Die in den psycholytischen Sitzungen gemachten Erfahrungen werden in den konventionellen psychotherapeu­ tischen Sitzungen besprochen und integriert. 4 Was die von Grawe postulierten vier allgemeinen Wirkfaktoren von Psychotherapie betrifft, kann in Bezug auf die psycholytische Therapie festgehalten werden: „Gera­ de weil sich in der Erlebnissitzung nicht nur die Pathologie darstellt, sondern eben auch die Erlebnisfähigkeit, Gefühle der Liebe und der Bindung, also intensive positi­ ve Affekte für den Patienten wieder erlebbar werden, kann er lernen, zur Problem­ lösung auf seine eigenen emotionalen Ressourcen zurückzugreifen und damit auch sein Selbstkonzept von seinen eigenen Kompetenzen positiv zu korrigieren. Eben­ so nutzt die psycholytische Therapie die Problemaktualisierung und Konfrontation, wenn sich in der Sitzung eben auch problematische Beziehungsmuster, Ängste, neu­ rotische Symptombildungen und Abwehrmechanismen sehr plastisch und erlebnis­ intensiv für den Patienten darstellen”1. Die spezifische Wirkweise der Substanzen ermöglicht vertiefte, aufschließende korrigierende Neuerfahrungen im intrapsychi­ schen und interpersonalen Bereich, was zu einer „neurobiologischen Umformung durch Neuerfahrung“2 beiträgt. Dazu kommt die Klärungsperspektive, d.h. eine verbesserte Introspektion und Einsicht in die Psychogenese der Störungen und Probleme, in die Wurzeln der eigenen Lebensgeschichte, aber auch in die kreativen Potentiale sowie in die eigenen Erlebnis- und Verhaltensmöglichkeiten. Wie mehr als 600 wissenschaftliche Studien aus den 50er- und 60er-Jahren zeigen3, hat sich die psycholytische Behandlung in breiter Anwendung bewährt und unter medizinischer Supervision als sicher erwiesen4. Ein häufiges Missverständnis geht dahin zu vermuten, dass die Selbstkontrolle ge­ schwächt und die psychische Abwehr des Patienten übergangen oder gar “durch­ brochen” werde. Doch bei sachgemäßer Anwendung bleiben Selbstkontrolle und situative Orientierung praktisch vollständig erhalten. Die intrapsychischen Abwehr­ mechanismen werden zwar gelockert, bleiben aber verfügbar. Der veränderte Zu­ stand bietet lediglich die Möglichkeit, diese Mechanismen beiseite zu lassen und sich selbst auf neue Weise kennenzulernen5. Aufgrund einer intensivierenden Wirkung des Pharmakons kann die therapeutische Beziehung überhöht und narzisstisch motivierten Phantasien und Handlungsweisen Vorschub geleistet werden. Nicht zuletzt deshalb stellt die psycholytische Methode besondere Anforderungen an die Qualifikation und persönliche Integrität von Ärz­ tInnen bzw. therapeutischen Teams. Eine Anwendung kann naturgemäß nur durch sorgfältig ausgebildete Ärzte bzw. Psychologen mit entsprechender Spezialqualifika­ tion und unter professioneller Supervision, wie sie etwa ein klinisches Setting ge­ währleistet, erfolgen. 5 Nicht alle Patienten sind für diese Behandlung geeignet. Besonders Ich-labile und in akuten psychischen Krisensituationen befindliche Patienten wie auch mit Psychosen belastete Patienten und einige körperliche Erkrankungen (z.B. Epilepsie, schwere Leber- und Nierenerkrankungen) stellen Kontraindikationen dar. LSD und Psilocybin sind lange im Gebrauch und werden in der wissenschaftlichen Literatur als untoxisch bewertet. Neuere (von methodischen Fehlern befreite) Unter­ suchungen fanden, dass die Einnahme von MDMA keine neurotoxischen Wirkungen beim Menschen hervorruft6. Die in der Schweiz zwischen 1988 und 1993 durchgeführten psycholytischen Be­ handlungen bestätigten die Anwendungssicherheit der Methode und beschrieben gute therapeutische Resultate7. In den letzten Jahren wurden mit Beteiligung der SÄPT randomisierte und placebo-kontrollierte Doppelblindstudien durchgeführt, die signifikante Besserungen auch bei schwer erkrankten Patienten nachweisen konnten8. Da sich die Psychotherapie immer stärker als das zentrale Verfahren zur Behandlung eines breiten Spektrums von psychischen Störungen herauskristallisiert, könnte eine medikamentöse Intensivierung und Unterstützung von psychotherapeutischen Pro­ zessen in Zukunft erheblich an Bedeutung gewinnen. Literatur 1. Schlichting M (2000) Wirkfaktoren der Psycholytischen Therapie. In: Schlichting M (Hrsg.): ­Welten des Bewusstseins Bd. 10. Berlin: Verlag für Wissenschaft und Bildung, S. 67-76 2. Grawe K (2004) Neuropsychotherapie. Göttingen et al.: Hogrefe 3. Passie T (1997) Psycholytic and psychedelic therapy research: a complete international biblio­ graphy. Hannover: Laurentius Publishers 4. Cohen S (1960): Lysergic acid diethylamide: side effects and complications. Journal of Nervous and Mental Disease 130: 30-40 Malleson N (1971): Acute Adverse Reactions to LSD in Clinical and Experimental Use in the United Kingdom. British Journal of Psychiatry 118: 229-230 5. Passie T, Hartmann U, Schneider U, Emrich HM (2005) Was sind Entaktogene? Suchtmedizin 7: 235-245; Hess P (1997) Therapie mit Entaktogenen. In: Neumeyer J, Schmidt-Semisch H (Hrsg.) Ecstasy – Design für die Seele? Freibug I. Br.: Lambertus, S. 189-203 6. Thomasius R (Hrsg.) (2000) Ecstasy – Eine Studie zu gesundheitlichen und psychosozialen Folgen des Missbrauchs. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Halpern JH, Sherwood AR, Hudson JI, Gruber S, Kozin D, Pope HG Jr (2013) Residual neurocog­ nitive features of long-term ecstasy users with minimal exposure to other drugs. Addiction 106: 777-786 7.Gasser P (1996) Die Psycholytische Psychotherapie in der Schweiz von 1988-1993. Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 147: 59-65 8.Mithoefer MC, Wagner MT, Mithoefer AT, Jerome L, Doblin R (2011) The safety and efficacy of {+/-}3,4-methylenedioxymethamphetamine-assisted psychotherapy in subjects with chronic, treat­ment-resistant posttraumatic stress disorder: the first randomized controlled pilot study. Journal of Psychopharmacology 25: 439-452 Oehen P, Traber R, Widmer V, Schnyder U (2013) A randomized, controlled pilot study of MDMA (± 3,4-Methylenedioxymethamphetamine)-assisted psychotherapy for treatment of resistant, chronic Post-Traumatic Stress Disorder (PTSD). Journal of Psychopharmacology 27: 40-52 Gasser P, Holstein D, Michel Y, Doblin R, Yazar-Klosinski B, Passie T, Brenneisen R (2014). Safety and efficacy of lysergic acid diethylamide-assisted psychotherapy for anxiety associated with li­ fe-threatening diseases. Journal of Nervous and Mental Disease 202: 513-20 Gasser P, Kirchner K, Passie T (2015) LSD-assisted psychotherapy for anxiety associated with a life-threatening disease: a qualitative study of acute and sustained subjective effects. Journal of Psychopharmacology 29: 57-68 6 7 Abstracts zu den Vorträgen Geschichte der Therapie mit psychoaktiven Substanzen und Entwicklung der SÄPT Juraj Styk Im Rückblick werden gewürdigt : Albert Hofmann, Stanislav Grof, Hanscarl Leuner, Jan Bastians. Ihre Bedeutung für die psycholytische und psychedelische Psycho­ therapie wird nähergebracht. Im sehr persönlich gehaltenen Schilderungen der Begegnungen mit den psychedelic Elders (1998 USA) wird ein kurzes Video gezeigt. Im zweiten Teil werden einige Schwerpunkte der 30jährigen Geschichte der SÄPT aus der Sicht eines Mitgliedes, das seit der Gründung dabei ist, analysiert. Neue experimentelle Humanforschung mit LSD Matthias Liechti LSD wird zur Zeit an mehreren Universitäten am Menschen untersucht. Dabei inte­ ressiert vor allem die Wirkung auf die Hirnaktivität (funktionelle Bildgebung). Erst­ mals wurde nun auch der Plasmakonzentationsverlauf von LSD nach oraler Gabe in einer kontrollierten Humanstudie gemessen und der Bezug zur psychischen Wirkung untersucht. Es zeigen sich im kontrollierten Setting auch endokrine Effekte ähnlich jenen von MDMA (Anstieg von Oxytocin, Prolaktin und Cortisol) parallel zu entacto­ genen Wirkaspekten. welche ebenfalls MDMA-ähnlich sind und in der Psychothera­ pie von Interesse sein könnten. Aktuelle therapeutische Ansätze 1. Brom-LSD in der Behandlung von Cluster Kopfschmerz 2. Ketamin als neue Option zur Depressionsbehandlung Torsten Passie 1. Der Vortrag präsentiert die Entdeckung und Erforschung der Behandlung von Cluster-Kopfschmerzen mit dem 1953 synthetisierten LSD-Derivat BOL-148. Dies wurde aufgrund der stark bessernden Wirkungen von LSD und Psilocybin bei die­ ser Erkrankung getestet. BOL-148 hat keine halluzinogene Aktivität, kaum merkbare Nebenwirkungen und ist physiologisch ausgesprochen gut verträglich. Es unter­ bricht die Cluster-Serien und hat eine lang andauernde präventive Wirkung, deren Mechanismus noch unerklärt ist. 8 2. Ketamin wurde ursprünglich als Narkosemittel eingeführt. Es hat aber auch starke psychische Wirkungen, die sich bei Narkoseanwendungen als halluzinatori­ sche Zustände äußern können. Eher zufällig wurde nach Narkosen eine erhebliche antidepressive Wirkung festgestellt. In den Folgejahren wurden international eine Reihe von Studien durchgeführt, um diese Wirkungen genauer kennenzulernen. Es erscheint möglich, dass auf der Grundlage von Substanzen, die dem Ketamin ähneln, einmal Psychopharmaka entwickelt werden können. Erfahrene Meditierende nehmen Psilocybin. Ein aktuelles Forschungsprojekt Vanja Palmers Die Psychotherapie und der Buddhismus haben viele Gemeinsamkeiten, das lässt sich schon daran erkennen, dass eine der traditionellen Bezeichnungen eines Bud­ dhas „grosser Heiler, Arzt“ ist. Eine weitere, häufig nicht so offensichtliche/bewusste Gemeinsamkeit ist ihr Verhältnis zu gewissen psychoaktiven Substanzen, den sog. Psychedelikas. Sowohl die traditionelle Psychotherapie wie auch der traditionel­ le Buddhismus arbeiten nur selten mit diesen äusserst potenten Substanzen, sind sich ihrer Existenz kaum bewusst, und wenn so, dann sind sie ihnen gegenüber eher skeptisch eingestellt. Aber: In beiden Feldern ändert sich diese Einstellung rasant, auf der ganzen Welt wird zur Zeit wieder intensiv mit diesen mächtigen Substanzen geforscht, seit ein paar Jahren können wir eine regelrechte Renaissance der psyche­ delischen Forschung auf höchstem wissenschaftlichem Niveau beobachten. Eines dieser Forschungsprojekte ist eine Studie der Universität Zürich, welche wir z.T. im Meditationszentrum Felsentor auf der Rigi durchgeführt haben. Die wissenschaft­ liche Auswertung wird noch eine Weile dauern, aber aus Sicht der Meditation kann ich schon heute ein paar Sachen dazu sagen. Psycholytische Therapie 1. Resultate aus zwei aktuellen Studien mit MDMA und LSD 2. Wirkmechanismen psycholytischer Therapie Peter Oehen, Torsten Passie, Peter Gasser T. Passie stellt in Kürze die bisherigen Hypothesen zu den neurophysiologischen und psychologischen Wirkmechanismen der Psychotherapie mit Halluzinogenen und 9 Entaktogenen vor. Diese Stoffe verändern die Hirnfunktion auf eine komplexe und für psychotherapeutische Zwecke vorteilhafte Weise. Es kommt zu einer ganzen Reihe von Veränderungen, sowohl im Bezug auf die Funktionstätigkeit des Gehirns als auch im Bezug auf neuroendokrine Funktionen. Deren Zusammenwirken bietet Möglich­ keiten zur Intensivierung und Vertiefung psychotherapeutischer Prozesse. P. Oehen und P. Gasser stellen die von ihnen durchgeführten psychotherapeutischen MDMA- und LSD-Forschungsprojekte vor, die bezüglich Sicherheit und Wirksamkeit positive Ergebnisse lieferten und insofern aussergewöhnliche Arbeiten sind, als sie nach vielen Jahren gesetzlich blockierter Anwendung erstmals in der Schweiz wieder in der Öffentlichkeit kommunizierbare Ergebnisse ermöglichten. MDMA-assisted psychotherapy for Posttraumatic Stress Disorder. Worldwide Progress in Clinical Research Michael Mithoefer Konzert „Music-Trance-Formation”: Eine Klangreise mit archaischen Instrumenten durch Zeit und Raum Peter Hess, Joël Olivé, Otto Silber Der Klang archaischer und obertonreicher Instrumente kann tiefgreifende Trance­ zustände induzieren, die große Ähnlichkeiten mit psychedelischen Erfahrungen haben. Das Trio lädt ein zu einer Klangreise mit Instrumenten aus unterschiedlichsten ­Kulturen und Zeiten und spannt einen Bogen von archaischen Klängen zur weltum­ spannenden Zukunftsmusik. Peter Hess: Tabla, Obertongesang, Gong, Didgeridoo u.a. Otto SIlber: Gitarre, Monochord, Klangschalen u.a. Joel Olivé: Didgeridoo, Rudra Veena, Percussion, Gesang, u.a. Psychopharmaka und etablierte psychotherapeutische Methoden sind für eine gros­ se Anzahl von Patienten mit posttraumatischer Belastungsstörung nicht oder unge­ nügend wirksam. Eine Substanz, die einen psychotherapeutischen Prozess kataly­ siert, könnte eine Hilfe sein für dieses schwierig behandelbare Gesundheitsproblem. Die erste klinische Phase II Studie mit MDMA-unterstützter Psychotherapie mit 20 teilnehmenden Patienten (die meisten litten an PTSD nachdem sie Opfer eines Ver­ brechens wurden) zeigte bei 83% eine positive Wirkung verglichen mit 25% bei der Gruppe, die Placebo in Verbindung mit dieser Psychotherapie bekamen. Bei einer Nachuntersuchung nach 45 Monaten zeigte sich bei mindestens 74% der Patienten ein anhaltender positiver Effekt. Vorläufige Ergebnisse einer noch laufen­ den Studie bei Veteranen der US-Armee, Feuerwehrleuten und Polizisten und noch einer weiteren Studie in den USA zeigen ebenfalls ermutigende Resultate. Die Be­ handlungsmethode bei diesen klinischen Versuchen wird vorgestellt, zusätzlich illus­ triert durch Aussagen von PatientInnen. 10 11 Referenten Juraj Styk Dr. med., studierte an der Medizinischen Fakultät der Uni Bratislava 1956–62. Während der Weiterbildung zum Facharzt für Psychiatrie hatte er seine erste tiefe LSD Erfahrung. Zwischen 1965–68 durfte er mit Frei­ willigen mit LSD arbeiten. Nach der Emigration in die Schweiz bildete er sich in der Psychoanalyse, Gestaltund Körpertherapien weiter. Ist Gründungsmitglied der SÄPT (deren Präsident 1991–97) und wissenschaftli­ cher Beirat des Europäische Collegiums für Bewusst­ seinsstudien (ECBS). Er führt seit 1974 eine psychiat­ risch-psychotherapeutische Praxis in Basel und gibt mit seiner Frau Sonja seit 1986 Selbsterfahrungsworkshops. Matthias E. Liechti Prof. Dr. med. ist Leitender Arzt für Klinische Pharma­ kologie und Forschungsgruppenleiter am Universitäts­ spital Basel und erforscht den Wirkmechanismus psychoaktiver Substanzen in vitro aber auch in kli­ nisch-experimentellen Studien im Menschen. Die Grup­ pe führt psychopharmakologische Studien durch mit LSD, MDMA und Stimulanzien. Dabei werden pharma­ kokinetische, subjektive und autonome Effekte unter­ sucht, wie auch die Wirkung von Substanzen auf die soziale Kognition und neuronale Aktivität (fMRI). Torsten Passie Prof. Dr. med. studierte Philosophie und Soziologie (M.A.) und Medizin. Promotion über existentialistische Psychiatrie. Ausbildung in der Medizinischen Hoch­ schule Hannover (MHH), der Universitätsklinik Zürich und der Praxis Prof. Leuner. Wissenschaftlicher Mit­ arbeiter, Psychiater und Psychotherapeut an der MHH von 1997–2010. Dort u.a. Leitung der Heroingestützten Behandlung und des Labors für Neurokognition und 12 Bewusstsein. Gastprofessur an der Harvard Universität in Boston, USA. Klinische Forschung zu veränderten Be­ wusstseinszuständen und Halluzinogenen. Entdeckung des LSD-Derivates BOL-148 für die Behandlung von Cluster-Kopfschmerzen. Expertise in psycholytischer Therapie und der Pharmakologie halluzinogener Sub­ stanzen. Vanja Palmers machte Ende der 60er-Jahre seine ersten Erfahrungen mit LSD und anderen psychoaktiven Substanzen und wurde ein klassischer Hippie Aussteiger. Er brach Stu­ dium und Geschäftskarriere ab, liess Haare und Bart wachsen und machte sich auf die Suche. Zuerst als Yogi, später als Zen Mönch. Nach fast 30 Jahren der Abstinenz hat er sich in den letzen Jahren wieder diesen Substan­ zen, welche seinen Lebensweg so wesentlich beeinflusst haben, zugewandt, sich Gedanken über ein mögliches Zusammenspiel, eine hilfreiche Kombination dieser bei­ den Disziplinen gemacht. Vorläufiger Höhepunkt dieser Bemühungen ist eine Studie der Uni Zürich, bei welcher Langzeitmeditierende eine Woche sitzen (meditieren) und am 4. Tag Psilocybin (oder Placebo) bekommen. Er ist Gründer und Präsident der Stiftung Felsentor (www. felsentor.ch), wo auch die Studie stattfand. Peter Oehen Dr. med., Psychiater und Psychotherapeut, in eigener Praxis in Biberist/SO. Seit mehr als 25 Jahren an MDMAund LSD-unterstützter Psychotherapie und Therapien in veränderten Bewusstseinszuständen interessiert. Studienleiter der Schweizer MDMA/PTBS Pilotstudie (publiziert 2013). Langjähriges Mitglied der SÄPT. 13 Peter Gasser Dr. med., geboren 1960, verheiratet, drei Kinder. Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie (FMH) in eigener Praxis in Solothurn. Ausbildung in tiefenpsy­ chologischen Verfahren insbesondere Bioenergetische Analyse und Therapie. Ausbildung in Therapie mit bewusstseinsverändernden Substanzen. Mitglied der Schweiz. Ärztegesellschaft für Psycholytische Therapie (SÄPT) seit 1992 und deren Präsident seit 1997. Von 2008–2012 Leitung einer seit 35 Jahren weltweit erst­ malig wieder durchgeführten psychotherapeutischen LSD-Studie. Michael Mithoefer MD, arbeitet als Psychiater und Psychotherapeut in Charleston, South Carolina, USA. Zusammen mit seiner Frau, Annie Mithoefer, leitete er zwei von FDA (Food and Drug Administration) bewilligte klinische Studien zu MDMA-unterstützter Psychotherapie bei Menschen mit behandlungsresistenter posttraumatischer Belas­ tungsstörung (PTSD). Dabei verband ihn eine fruchtba­ re Zusammenarbeit mit MDMA- und LSD-Forschern in der Schweiz. Er bildete MDMA-Forschungsteams in den USA und anderen Ländern aus. Dr. Mithoefer durchlief Ausbildungen in Innerer Medizin an der Universität von Virginia und in Psychiatrie an der Universität von South Carolina. Er ist zertifiziert in Psychiatrie, Notfall­ medizin und Innerer Medizin. Er ist Mitglied der Ame­ rican Psychiatric Association und Assistenzprofessor an der Medizinischen Fakultät der Universität in North Carolina. 14 Peter Hess Dr. med., geboren 1945, ist Arzt für Neurologie und Psy­ chiatrie, Musiktherapeut und Musiker. Er promovierte 1972 über Cannabis und startete in den 80er-Jahren ein Forschungsprojekt mit LSD. Er war 1985 Mitbegründer des ECBS und zeitweise auch Präsident. Seit Anfang der 90er-Jahre ist er Mitglied der SÄPT und zurzeit auch Vorstandsmitglied. Als leitender Oberarzt in einer psychiatrischen Klinik entwickelte er aus den psychedelischen Vorerfahrun­ gen heraus eine spezielle Form der Musiktherapie – die sogenannte Gongtherapie. Als Musiker widmet er sich seit vielen Jahren der klas­ sisch indischen Musik (Tabla). Otto Heinrich Silber Arzt für Innere Medizin in Konstanz (D), hat sich wäh­ rend seines bisherigen Lebens stets mit Musik be­ schäftigt und sich hierbei zunehmend den meditati­ ven und östlichen Ausdrucksweisen zugewandt. Seine Leidenschaft gilt der Verbindung von Medizin und Musik. Joel Olivé ist Musiktherapeut und Musiker. Er arbeitete als The­ rapeut und Wissenschaftler in Katalonien bei der Be­ handlung von Sucht- und degenerativen Erkrankungen und er implementierte Musik und Yoga im therapeu­ tischen Kontext. Er ist in klassischer indischer Musik (Rudra Veena) und Obertongesang ausgebildet, auch spielt er archaische Instrumente wie Didgeridoo und Gong. 15 Programm Jubiläumssymposium Bewusstseinsveränderung und Psychotherapie Donnerstag, 10. September 2015 Hotel Hofmatt, Münchenstein bei Basel 09.30 Eintreffen und Registrierung 10.15 Geschichte der Therapie mit psychoaktiven Substanzen und Entwicklung der SÄPT 10.00 11.00 11.45 12.00 12.45 14.00 14.45 15.35 15.50 17.00 17.30 19.00 bis 20.00 Begrüssung Peter Gasser Neue experimentelle Humanforschung mit LSD Matthias Liechti Kurze Pause Juraj Styk Aktuelle therapeutische Ansätze Torsten Passie 1. Brom-LSD in der Behandlung von Cluster Kopfschmerz 2. Ketamin als neue Option zur Depressions­behandlung Mittagspause, Lunch im Stehen Leben und Wirken von Albert Hoffmann in Bildern (Lucius Werthmüller) Erfahrene Meditierende nehmen Psilocybin. Ein aktuelles Forschungsprojekt Psycholytische Therapie 1. Resultate aus zwei aktuellen Studien mit MDMA und LSD 2. Wirkmechanismen psycholytischer Therapie Kaffeepause MDMA-assisted psychotherapy for Posttraumatic Stress Disorder. Worldwide Progress in Clinical Research (Vortrag in Englisch, deutsche Teilübersetzung) Schlussbetrachtungen Vanja Palmers Peter Oehen, Torsten Passie, Peter Gasser Michael Mithoefer Referenten Apéro Leben und Wirken von Albert Hoffmann in Bildern (Lucius Werthmüller) Konzert „Music-Trance-Formation” Eine Klangreise mit archaischen Instrumenten durch Zeit und Raum www.saept.ch Peter Hess, Joël Olivé, Otto Silber