Antikoagulation =schlechte Wundheilung? Kurze Theorie über „Blutverdünner“ Materialen und Methoden Antikoagulation =schlechte Wundheilung? Was ist Antikoagulation? Als Antikoagulation bezeichnet man die prophylaktische oder therapeutische Hemmung der Blutgerinnung Durch Gabe von gerinnungshemmenden Substanzen. Doc.check Prophylaktische Antikoagulation • • • • Vor, während und nach einer Herzoperation Bei Herzklappenprothesen Längerer Immobilisation (Bettlägerigkeit) Nach Operationen Therapeutische Antikoagulation • • • • Bei Vorhofflimmern Bei Thrombosegefahr (meist der Beinvenen) Nach Herzklappenprothesen Selten bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit oder fortgeschrittener Arteriosklerose Wie wirken die Antikoagulantien? Die Antikoagulantien machen nicht einfach das Blut dünner! Es gibt: Direkte Antikoagulantien wirken direkt auf die Gerinnungsfaktoren Indirekte Antikoagulation hemmt den Aufbau (Synthese) der Gerinnungsfaktoren Wie wirken die Antikoagulantien? • Thrombozytenaggregationshemmer verhindern das Verklumpen der Blutplättchen, z. Bsp. bei einer Schnittwunde Die drei wichtigsten Elemente der Blutstillung 1. Die Gefässkontraktion /Zusammenziehen der Gefässe 2. Thrombozyten- Aktivierung /Blutplättchen lagern sich aneinander=Pfropf 3. Aktivierung der Gerinnungsfaktoren (Bildung von Fibrin) Ursachen von Wundheilungsstörungen • • • • Es gibt viele verschiedene Ursachen für Wundheilungsstörungen. Dies können örtliche Faktoren im Wundgebiet sein oder allgemeine Umstände für die Wundheilungsstörung. Örtliche Faktoren: Fremdkörper in der Wunde Grosse Blutergüsse Mangelnde Ruhigstellung der Wunde Grosse oder gequetschte Wunde Ursachen für Wundheilungstörungen • • • • Allgemeine Umstände Höheres Lebensalter (schlechtere Durchblutung/geschwächtes Immunsystem) Schlechter Ernährungszustand (Mangel an Eiweiss, Kohlenhydrat, Vit. C Mangel, u.a.) Begleiterkrankungen wie Diabetes, art. Durchblutungsstörung, Gicht, Nikotinsucht Medikamente: Gerinnungshemmer, Krebsmedikamente, Kortisonpräparate verzögern die Wundheilung Was passiert bei einer Antikoagulation? • Eine wichtige Eigenschaft des Blutes ist die Gerinnung! • Wenn man sich verletzt, muss das Blut gerinnen können, damit es nicht unaufhörlich aus einer Wunde läuft. • Bei einer Verletzung, bilden die Blutplättchen (Thrombozyten)und Gerinnungseiweiss einen Pfropf (Thrombus) und verkleben somit die Wunde. Was passiert bei einer Antikoagulation? • Bei der Antikoagulation geht es jetzt länger, bis sich ein solcher Pfropf gebildet hat, weil das Medikament entweder verhindert, dass sich die Blutplättchen an der Schnittstelle der Verletzung ablagern können (Thrombozytenaggregationshemmer). • Oder das Medikament wirkt in der Leber wo die Gerinnungseiweisse hergestellt werden und verzögert diese Eigenschaft Wie wird die Antikoagulation kontrolliert? • Langfristige Antikoagulation mit Tabletten • Dossierung zu schwach= Gefahr eines Blutgerinnsels (Thrombus) bleibt bestehen. • Dossierung zu hoch= Es kann zu Blutungen kommen, die der Körper nicht mehr stillen kann. Kontrolle • Der Arzt muss die Blutgerinnung regelmässig kontrollieren. • Auf KEINEN Fall darf man eigenmächtig die Dosierung verändern! Antikoagulation = schlechte Wundheilung? • Es ist sicher mit einer verzögerten und schwierigeren Wundheilung zu rechnen! • Deshalb frühzeitig mit der Wundbehandlung beginnen und angepasstes Verbandsmaterial gebrauchen! Was kann man tun? Wichtig zu Wissen: • Blutungsgefahr bei Unfällen und Verletzungen unter Marcoumar oder Sintrom sind generell erhöht! • Wenn man zusätzlich zu Marcoumar oder Sintrom noch entzündungshemmende Schmerzmittel einnimmt (Antirheumatika)oder Acetylsalicylsäure (Aspirin), kann die Blutungsneigung noch verstärkt werden! • Bei einem schweren Schlag auf den Kopf, Brustkorb oder nach schweren Stürzen unbedingt den Arzt aufsuchen (Innere Blutungen!) Feuchte Wundbehandlung • Grundvoraussetzung für das Zellwachstum in einer Wunde, ist ein feuchtes und warmes Milieu! • Wenn die Wunde Granulationsgewebe hat, wird dies bei einer zu trockenen Wunde geschädigt! • Eine offene Wunde sollte deshalb nicht austrocknen und wird prinzipiell feucht verbunden! Feuchte Wundbehandlung • Bei einer chronischen Wunde, können im Exsudat auch Substanzen gefunden werden, die die Wundheilung stören. • Deshalb braucht es hier Verbände, die das überschüssige Exsudat aufnehmen können. Material Das Ziel in der modernen Wundbehandlung ist • Die Verbandswechsel-Intervalle zu verlängern • Feuchte Wundbehandlung • Die Dauer der Wundheilung zu verkürzen • Schmerzen beim Verbandswechsel zu reduzieren Material • In der modernen Wundbehandlung nimmt man semipermeable(Synonym:semiokklusiv) Verbandsmaterialien (Hydrokolloide, Schaumstoff, Folie) • Den „okklusiven Verband“ gibt es so nicht mehr, weil alle Produkte auf dem Markt nicht vollständig undurchlässig für Gase sind. Semipermeable Verbände Sie fördern eine physiologische Wundheilung indem sie: • Ein feuchtes Milieu erhalten und überschüssiges Exsudat aufnehmen • Toxische Produkte in sich aufnehmen • Ein Milieu bieten, das die Entwicklung von neuen Gefässen und Granulationsgewebe fördert Semipermeable Verbände • Das Eindringen von Bakterien verhindert • Den Wundschmerz reduziert • Sich entfernen lässt, ohne das Granulationsoder Epithelgewebe zu schädigen. • Die Wunde vor Wärmeverlust schützt (wichtig für den Zellstoffwechsel) Materialien und Methoden Wenn eine Wunde heilen soll, muss sie sauber sein! • Beläge entfernen • Infektion bekämpfen • Exsudatmanagement optimieren • Epithelisierung fördern Wundbeurteilung • • • • • Art der Verletzung Wundlokalisation (Kopf, Fuss) Verschmutzung (Infektion) Durchblutung (Ödem) Feuchtigkeit Wundbettvorbereitung • Die Wundbettvorbereitung wird mit der Wundreinigung oder mit einem Débridement erreicht. • Beläge auf der Wunde sind ein Nährboden für Keime und verhindern die Sicht auf die Wundtiefe. Wundbettvorbereitung Wundreinigung: • Ausspülen • Ausduschen • Nass- Trockenphase sterile nasse Kompressen werden für 10 Min. auf die Wunde gelegt. Anschliessend erfolgt die Trockenphase mit einem sterilen Kompressenwickel während 10-15 Min., sofern dies keine Schmerzen verursacht. Beim Abziehen der Kompressen werden die Beläge entfernt • Mechanisch mit Pinzette und Tupfer 20.11.2016 Sibylle Wyttenbach 25 Hautdesinfektion • Alkohole : sind die effektivsten Hautdesinfektionsmittel. Kurze Einwirkzeit, breitestes Wirkungsspektrum aller Antiseptika, keine Resistenzen. ABER: schmerzhaftes Brennen • PVP –Jod: hat breite mikrobizide Wirkung gegen Bakterien, Pilze, Hefen. Eingeschränkt auch gegen Viren. Bei Infektionsgefährdung durch Aids-oder Hepatitisviren ist es das Antiseptikum der 1. Wahl! • Kaliumpermanganat: hat oxidierende Eigenschaften. Ist billig, aber Eiter, Blut und Wundexsudat reduzieren und inaktivieren die antiseptische Wirkung. Haut trocknet aus. Die infizierte Wunde Primäre Infektionszeichen • Rötung • Überwärmung • Schmerz • Wundheilungsstörung • Schwellung • • • • Sekundäre Infektionszeichen Eiteraustritt Verzögerte Wundheilung Blutung Zersetzung des Wundgrundes ANTISEPTIKA • Antiseptika reduzieren die Keimmenge. Sie sollen nur zum Einsatz kommen, wenn der Verdacht einer Infektion vorliegt. • Alle Antiseptika wirken zelltoxisch und können deshalb in der Granulationsphase die Wundheilung hemmen. Sie können auch Irritationen und allergische Reaktionen provozieren. • Sie sollen immer nur gezielt und kurzzeitig eingesetzt werden (i.d.R. 5-7 Tage, Ausnahme 3 Wochen). • Nicht mit Ringerlösung oder NaCl 0,9% nachspülen. • Bei sauberen, granulierenden, sekundär verheilenden Wunden oder primär verschlossenen Wunden, braucht es überhaupt keine Desinfektion! 20.11.2016 Sibylle Wyttenbach / StomaWundberatung 34 Materialien WUNDGAZEN • Sie bestehen aus grobmaschigen Cellulose- oder Kunstfasern, die mit Fettsalben, Öl- in- WasserEmulsionen oder Silikon beschichtet sind. • Es gibt Wundgazen, die sind wirkstofffrei, z.B.: • Jelonet, Adaptic, Tegapore. • • • • • Es gibt sie auch mit verschiedenen Wirkungen, z.B.: PVP Jod: Betadine Gaze, Braunovilon Silikon: Mepithel (gut unter VAC-Verband) Antibiotika-haltig: Fucidin Gaze Hyaluronsäure: Jalugen 20.11.2016 Sibylle Wyttenbach / StomaWundberatung 36 INDIKATIONEN • Oberflächliche Wunden • Schürfwunden • Frisches Hauttransplantat • KONTRAINDIKATIONEN • Wenig exsudierende Wunden • BESONDERES • Kann je nach Exsudatmenge bis zu 7 Tagen belassen werden 20.11.2016 Sibylle Wyttenbach / StomaWundberatung 38 HYDROFASER • Bestehen aus Natriumcarboxymethylcellusoe und können das 25-fache ihres Eigengewichtes aufnehmen. Es gibt sie als Kompressen oder Tamponadestreifen • Grosses Absorptionsvermögen • Vertikale Absorption (2 cm über Wundrand applizieren) • Ist in erster Linie immer ein Wundfüller und braucht einen Sekundärverband • Kann auch als Feuchtverband angelegt werden, dann die Faser vorher mit NaCl 0,9% oder Ringerlösung befeuchten 20.11.2016 Sibylle Wyttenbach / StomaWundberatung 39 INDIKATIONEN Infizierte Wunden, wenn mehrmals täglich ein Verbandwechsel erfolgen soll • Grossflächige Wunden, die bis zur plastischenchirurgischen Deckung in wenigen Tagen feucht gehalten werden müssen • Als Sekundärverband • • KONTRAINDIKATIONEN • Sekundär heilende, schwach exsudierende Wunden 20.11.2016 Sibylle Wyttenbach / StomaWundberatung 42 ALGINATE • Bestehen aus Braunalgen, die industriell gezüchtet werden. Die Calciumalginatfasern bilden unter Wasseraufnahme ein Gel. Dieses kann unangenehm riechen. Sie können bis zum 20fachen ihres Eigengewichtes aufnehmen. • Bei infizierten und leicht belegten Wunden haben sie eine bessere wundreinigende Wirkung als Hydrofaser. • Nimmt Flüssigkeit in allen Richtungen auf, deshalb Alginat immer direkt auf Wundgrösse zuschneiden, sonst können die Wundränder mazerieren. • Braucht immer einen Sekundärverband 20.11.2016 Sibylle Wyttenbach / StomaWundberatung 43 INDIKATIONEN • Alle mässig bis stark exsudierende Wunden • Wenig exsudierende oder trockene Wunden (mit Ringerlösung befeuchten) • Blutende Wunden • Tiefe Wundhöhlen und Taschen (ist biologisch abbaubar) • KONTRAINDIKATIONEN • Trockene, oberflächliche Wunden • Wunden, bei denen der VW häufiger als 1x täglich nötig ist • BESONDERES: kann bis zu 7 Tagen belassen werden 20.11.2016 Sibylle Wyttenbach / StomaWundberatung 45 SCHAUMSTOFFE / HYDROPOLYMERE • Sind aus Polyurethan hergestellt. Haben grosse Saugkraft, saugen in alle Richtungen und behalten ihre Form und Grösse. Das zähflüssige Exsudat kann z.T. nicht aufgesogen werden, deshalb Quellvorgang berücksichtigen, sonst gibt es mazerierte Wundränder! • Es gibt sie klebend und nicht klebend. • Können als Primärverband oder Sekundärverband verwendet werden. • Sie sind wasserdicht, keimdicht, atmungsaktiv 20.11.2016 Sibylle Wyttenbach / StomaWundberatung 46 INDIKATIONEN • Alle Wunden, die viel Exsudat fördern • Spalthautentnahmestelle • Ablederungsverletzung • KONTRAINDIKATIONEN • Trockene Wunden • Z.T. nicht geeignet bei infizierten Wunden • BESONDERES • Kann je nach Exsudatmenge bis zu 7 Tagen belassen werden 20.11.2016 Sibylle Wyttenbach / StomaWundberatung 48 SILBERHALTIGE WUNDAUFLAGEN • Zerstören die Zellstruktur von Bakterien und haben nur ein geringes Risiko der Resistenzbildung. • Die verschiedenen Silberprodukte geben Silber in unterschiedlicher Konzentration ab und unterschiedlich lange. Die meisten Produkte sind Kombiprodukte, z. B. • Alginat mit Silber, Hydrofaser mit Silber, Schaumstoff mit Silber. • Bei langer Anwendung mit Silber kann es zur Argyrie (graue Verfärbung) kommen. 20.11.2016 Sibylle Wyttenbach / StomaWundberatung 49 INDIKATIONEN • Infiziertes Ulcus cruris • Infizierte Bauchwunde • Infizierte Spalthautentnahmestelle • KONTRAINDIKATIONEN • Unverträglichkeit gegen Silber • BESONDERES • Die Wunde sollte alle 72 Std. neu beurteilt werden, da infiziert 20.11.2016 Sibylle Wyttenbach / StomaWundberatung 51 HYDROGELE • Bestehen aus 60-95%Wasser. • Eignen sich zum Befeuchten der Wunde und unterstützen das autolytische Débridement. • Wirken kühlend und schmerzlindernd. • Erhältlich als Kompressen und Gel. 20.11.2016 Sibylle Wyttenbach / StomaWundberatung 52 INDIKATIONEN • Leicht belegte ,sekundär heilende Wunden • Zum Befeuchten von trockenen und schmerzenden Wunden • Belegter Dekubitus Grad 2 • KONTRAINDIKATIONEN • Der kühlenden Effekt kann bei Patienten mit arteriellen Durchblutungsstörungen Schmerzen verursachen • BESONDERES • Mazeration der Wundränder ist möglich! 20.11.2016 Sibylle Wyttenbach / StomaWundberatung 54 Hydrokolloide • Hydrokolloidverbände sind okklusiv Verbände, d. h., an der Wundoberfläche entsteht ein Sauerstoffmangel. Durch den vorübergehenden Sauerstoffmangel werden Makrophagen angelockt, die dann Wachstumsfaktoren freisetzen und es so zur Einspriessung von Kapillaren kommt. • Es unterstützt das autolytische Débridement und ist undurchlässig für Bakterien. INDIKATIONEN • Leicht bis mässig exsudierende Wunden • Leicht belegte aber nicht infizierte Wunden • Dekubitus Grad 2 • • • • KONTRAINDIKATIONEN Infizierte Wunden Freiliegende Sehnen, Knochen oder Muskeln Vorsicht bei atrophischer Haut, Diabetes, PAVK • BESONDERES: Kann zu Kontaktekzemen und Hautirritationen führen. Kann 7 Tage belassen werden 20.11.2016 Sibylle Wyttenbach / StomaWundberatung 57 „Alltags-Wunden“ Akute Wunden • • • • Schnittwunden: ev. Druckverband anlegen Verletzte Körperregion hoch lagern Ev. mit Steri- Strip oder Hautklebern versorgen Schürfwunden: Verletzung der obersten Hautschicht (Epidermis). Heilt ohne Narbe ab. • Meist sehr verunreinigt, schmerzhaft, blutet stark. Reinigen (rigoros), imprägnierte Gazen (Adaptic, Mepitel), dann sterile Gaze (bei viel Exsudat). • Wenn das Exsudat nach lässt, ev. Hydrokolloide benutzen. Alginate für blutstillenden Effekt • Leichte Schürfwunden bei junger Haut auch mit Sprühverband (brennt)behandeln. NICHT auf schmutzige, blutende oder nässende Wunde auftragen! Rauchen die Köpfe?!?! Danke, für die Aufmerksamkeit! Sibylle Wyttenbach Wund-und Stomapraxis 4410 Liestal 20.11.2016 Sibylle Wyttenbach / StomaWundberatung 62