P.b.b. GZ 02Z031654 M, MEDMEDIA Verlag, Seidengasse 9/Top 1.1, 1070 Wien ISSN 1605-881X ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR NEPHROLOGIE Interdisziplinäre Fortbildungsreihe der Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie Script 17. JAHRGANG/NR. 3/2014 Diastolische Dysfunktion aus Nierenperspektive ARB und Neprilysin-Hemmer kombiniert – neuer Meilenstein? Expertenantworten: Wie viel HerzAwareness braucht die Niere? Herz-Nieren-Puzzle: neue Hoffnungen „The Kidney breaks your Heart“ 1 NEPHRO Script INHALT 05 Editorial 06 News aus der Welt der Nephrologie 42 Standespolitik: Stellenwert der Peritonealdialyse in Österreich Univ.-Prof. Dr. Andreas Vychytil TOPICS 24 Renale Sympathikusdenervierung Dr. Katharina Hohenstein, Univ.-Prof. Dr. Bruno Watschinger 28 Arterielle Mediasklerose Dr. Marija Bojic, Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Daniel Cejka FOCUS: HERZ & NIERE 08 Herzinsuffizienz mit erhaltener Linksventrikelfunktion Dr. Stefan Aschauer, Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Diana Bonderman 32 Trends in der Behandlung der renalen Anämie Dr. Andras T. Deak, Univ.-Prof. Dr. Alexander Rosenkranz 35 Eculizumab und Transplantatabstoßung Dr. Farsad Eskandary, ao. Univ.-Prof. Dr. Georg A. Böhmig 12 „The Kidney breaks your Heart“ Dr. Marlies Antlanger, Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Marcus Säemann 39 HDF-Evolution in der Dialyse Priv.-Doz. Dr. Matthias Lorenz 16 Terminator der chronischen Herz- und bald auch Niereninsuffizienz? Dr. Johannes Kovarik, PhD, Christopher C. Kaltenecker, BSc hons., Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Marcus Säemann MEINUNGSFORUM (entgeltliche Einschaltung) INTERVIEW 10 Jahre Mimpara® (Cinacalcet): Die Kunst der SHPT-Kontrolle 20 Fragen zur Praxis: Herz & Niere im Fokus COVER Gewinnspiel In der vorigen Ausgabe haben wir unsere Leser ersucht, über das neue Titelbildkonzept von NEPHROScript abzustimmen. Wir bedanken uns bei den TeilnehmerInnen für die zahlreichen Einsendungen. Der Wahlsieger war das Coverthema „Flüssigkeiten“. Aus allen Einsendungen wurde per Ziehung folgender Gewinner des Wellness-Wochenendes im Hotel Loipersdorf Spa & Conference****S ermittelt. OA DR. RUDOLF PAUMANN 3270 Scheibbs Das Team von NEPHROScript gratuliert herzlich! NEPHRO Script EDITORIAL Sehr geehrte Nephrologinnen und Nephrologen! M it dieser Ausgabe halten Sie das vollkommen neu gestaltete NEPHROScript in Händen! Warum war eine Änderung überhaupt notwendig? Nephrologie zählt vermutlich zu den breitesten Fächern überhaupt – und sind wir uns ehrlich: wer weiß nicht um die Qualitäten und Fähigkeiten einer Nephrologin, eines Nephrologen? Hier schwingt oft von anderen Fachdisziplinen immer auch Respekt vor der Breite unseres Wissens mit, was kaum wundernimmt, leiden doch unsere PatientInnen – sei es mit akuter, aber auch chronischer Niereninsuffizienz sowie jene nach Nierentransplantation – an einer Vielzahl an Störungen verschiedenster Regelkreise: von jenen des Flüssigkeitshaushalts zur veränderten Vitamin-D-, Kalzium- und Phosphat- und also auch Knochenhomöostase (mit allen Konsequenzen für das Gefäßsystem), von Elektrolytstörungen hin zu vielfältigsten hormonellen Verschiebungen, klarerweise angeführt von Eisenstoffwechsel und Erythropoetinmangel (warum auch immer ein solcher zustande kommt). Weiters ist Know-how im Umgang mit dem Immunsystem unserer PatientInnen essenziell: von der Neigung zu vielfältigsten und schweren Infektionen bei immunsupprimierten PatientInnen bis zu den meist ernsthaften Katheterinfekten und der allgemein-chronischen Inflammation der Niereninsuffizienz, die ihren stärksten Ausdruck bekanntlich bei Dialysepflichtigen hat. Nicht zuletzt ist auch die immunologische Basis aller Glomerulonephritiden hinsichtlich des Verständnisses ihrer Entstehung, ihrer Diagnose wie auch ihrer Therapie die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Kunst der Nephrologie. Mehr denn je müssen wir als NephrologInnen unser Fach ob seiner schieren Breite – in unserer Darstellung eben wurde nur die Oberfläche gestreift, von den Interventionskünsten einer gelungenen Nephrologie und dem gesamten Komplex der spezifischen kardiovaskulären Morbidität war noch gar nicht die Rede – strukturiert präsentieren! Wir haben deshalb NEPHROScript neu geordnet, um eben jene Breite und Tiefe unseres Faches besser abbilden und durchmessen zu können. Spezifische Nephrothemen werden von Bereichseditoren verantwortet – Nierentransplantation (Georg Böhmig), ao. Univ.-Prof. Dr. Sabine Schmaldienst Ass.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Marcus D. Säemann Hypertonie (Bruno Watschinger), Anämie (Alexander Rosenkranz), Peritonealdialyse (Andreas Vychytil) und noch etliche weitere in den kommenden Ausgaben – und mit eigenen Beiträgen bzw. solchen von anderen ExpertInnen aus den jeweiligen Bereichen abgedeckt. Jede Ausgabe behält ihren Themenschwerpunkt bei, wobei wir versuchen, besonders Nicht-NephrologInnen im Sinne der Interdisziplinarität einzubinden; desgleichen sollen bei den (nicht kommerziellen) Experteninterviews auch internationale ExpertInnen Stellung beziehen, wie auch künftig eine intensivierte Berichterstattung zu unseren internationalen Kongressen (wie ASN, ERAEDTA, ATC, WTC etc.) erfolgen soll. Zur weiteren Verbreitung unseres Faches werden in Zukunft eigene DFP-Fortbildungen sowohl für AllgemeinmedizinerInnen als auch InternistInnen beitragen. Diese Ausgabe ist – wie auch der Schwerpunkt der diesjährigen Jahrestagung – der Interaktion zwischen Herz und Niere gewidmet: gerade hierzu zeichnen sich neue und für uns NephrologInnen vermutlich bahnbrechende Einsichten und Entwicklungen ab. Wir versuchen diesen Trend mit diesem Heft zu verstärken und natürlich auch die Nephrologie im Lande für das Herz und seine Verbindungen zur Niere (und zurück) zu sensibilisieren, da wir hier mit ziemlicher Sicherheit neue Wege beschreiten werden müssen. Für Rückfragen und vor allem Feedback würden wir uns sehr freuen, denn letztlich dient dieses Heft der Nephrologie selbst, das heißt aber auch besonders all jenen, welche die Kunst des Faches Nierenheilkunde für ihre nierenkranken PatientInnen ausüben. Mit den allerbesten Grüßen ao. Univ.-Prof. Dr. Sabine Schmaldienst Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Marcus D. Säemann 5 NEWS NEPHRO Script SLOVAKIA News aus der Welt der Nephrologie COLOMBIA Mit Beiträgen von: Chantal Kopecky, Manfred Hecking, Johannes Kovarik und Marcus Säemann Harn-Natrium und Outcomes: Zeit für eine verordnete Natriumrestriktion? I n der „New England Journal of Medicine“-Ausgabe vom 14. August 2014 finden sich zum Thema Natrium und Outcome drei höchst interessante Originalartikel zusammen mit einem Editorial. Sehenswert ist außerdem die 3-minütige, herunterladbare Video-Animation. Auch wenn die Evidenz im Editorial und im Video heruntergespielt wird, sind die neuen Daten doch überraschend: Niedrige Natrium-Zufuhr (und somit Harn-Natrium-Ausscheidung) ist mit schlechteren Outcomes assoziiert als hohe Natrium-Zufuhr. Warum könnte niedrige Natriumzufuhr gefährlich sein? Durch eine Überaktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems, wie von den Autoren gemutmaßt wird1? O’Donnell et al. sind keine Unbekannten: Ihre Studie im „Journal of the American Medical Association“ (JAMA) – ebenfalls zur Harn-Natrium-Ausscheidung und Outcomes2 (niedrigeres Harn-Natrium damals ebenfalls schlechter) hatte bereits in 2011 Aufsehen erregt. Interessanterweise wird im NEJM-Video – tendenziell im Gegensatz zur oben gezeigten Grafik – das Risiko eines erhöhten Salzkonsums betont und weniger auf das Risiko eines erniedrigten Salzkonsums eingegangen. Anscheinend wollte man dem Institute of Medicine („results from studies with health outcomes were insufficient to conclude whether low sodium intake [< 2,3 g per day or < 1,5 g per day, as recommended in current dietary guidelines] is associated with an increased or reduced risk of cardiovascular disease in the general population“]3 nicht zu deutlich widersprechen. Die Daten insgesamt lassen keine eindeutige Empfehlung zu einer verordneten Natriumrestriktion in der gesunden Normalbevölkerung zu. O’Donnell M. et al.: Urinary sodium and potassium excretion, mortality, and cardiovascular events. N Engl J Med 2014 2 O’Donnell M.J. et al.: Urinary sodium and potassium excretion and risk of cardiovascular events. JAMA 2011 3 Oparil S et al.: Low sodium intake –cardiovascular health benefit or risk? N Engl J Med 2014 1 Modifizierte RAS-Blockade bei chronischer Herz- und Niereninsuffizienz: endlich Licht am Ende des Tunnels? N achdem weder die duale RAS-Blockade mit einem AngiotensinConverting-Enzyme-Hemmer (ACEi) und einem AngiotensinRezeptor-Blocker (ARB) (ONTARGET-Studie) noch eine verstärkte RAS-Blockade mit direkter Reninhemmung (ALTITUDE-Studie) eine Verbesserung wichtiger Endpunkte bei chronischer Niereninsuffizienz, sondern vielmehr eine Verschlechterung dieser – vor allem wegen erhöh6 ter Nebenwirkungsrate – ergab, fokussierte sich die Forschung der letzten Jahre auf neue Substanzklassen. Die gerade im „New England Journal of Medicine“ erschienene PARADIGM-HF-Studie (samt Editorial) könnte nun jedoch einen neuen Meilenstein möglicherweise auch für die Nephrologie darstellen.1, 2 Hier wurde LCZ696 oder ARNi, ein kombinierter Neprilysin-Hemmer und Angiotensin-Rezeptor-Blocker gegenüber Enalapril bei 8.442 Patienten mit HFrEF (NYHA II–IV) studiert: die Studie wurde wegen positiver Ergebnisse vorzeitig abgebrochen, da die kardiovaskuläre Sterblichkeit und Hospitalisierung bei chronisch Herzinsuffizienten im Vergleich zu Enalapril zu deutlich reduziert wurde. Die Vergangenheit hat uns gelehrt, sehr vorsichtig mit neuen vermeintlichen Sensationen umzugehen, zumindest darf man vorsichtig optimistisch mit den bisherigen Ergebnissen sein. Nephrologen sollten gespannt sein auf die Ergebnisse der PARAGON-HF-Studie (HFpEF-Patienten) und der UK-HARP-III-Studie, welche ARNi bei chronisch niereninsuffizienten Patienten mit Proteinurie untersucht.3 Mc Murray et al. New Engl J Med 2014; epub ahead Jessup et al., New Engl J Med 2014; epub ahead 3. Judge et al., NDT 2014 1. 2. Risiko für Dialysepflicht und Tod für chronisch niereninsuffiziente Patienten, wenn sie keinen Nephrologen sehen E s gibt bislang schon einige Arbeiten zur Frage, ob Nephrologen selbst zu einer Verbesserung des Outcomes für niereninsuffiziente Patienten beitragen können oder ob die medizinische Betreuung durch einen Allgemeinmediziner ausreichend ist, wobei die gezogenen Schlüsse durchaus unterschiedlich ausgefallen sind. Diese zentrale Frage knüpft auch an die Schlüsselfrage, ab welchem Niereninsuffizienzstadium an eine Überweisung an den Nephrologen gedacht werden sollte. Selbst die entsprechenden Leitlinien bleiben inkonsistent.1 Über einer 7-jährigen Beobachtungszeitraum wurden über 30.326 erwachsene Patienten mit den CKD-Stadien 1–5 aus Italien, welche prinzipiell nicht an eine nephrologische Spezialabteilung oder zu einem niedergelassenen Nephrologen transferiert wurden, hinsichtlich Dialysepflicht/Transplantation oder Tod verfolgt. Es waren 64 % der Patienten im CKD-Stadium 3a – und 4,5 % in den Stadien 3b–5: diese zeichneten sich natürlich durch ein erhöhtes Mortalitätsrisiko aus. Interessanterweise war die Nephrologenzuweisung erstaunlich gering (2,7 %, 13,6 %, 46,7 % und 62,6 % in den CKDStadien 3a–5). Die Autoren meinen, dass die Überweisung aufgrund der äquivalenten Risikofaktorkonstellation schon frühestens ab CKD-Stadium 3a, also einer GFR < 45 ml/min/1,73 m2 erfolgen sollte. Spätestens mit NEWS NEPHRO Script SLOVAKIA COLOMBIA dem Einsetzen weiterer typischer nephrologischer Konsequenzen sollte die Überweisung ab dem CKD-Stadium 3b jedoch erfolgt sein.3 Dennoch existieren keine prospektiven Studien, die tatsächlich einen Vergleich des Schicksals dieser zwei Patientengruppen, wenn sie unterschiedlich betreut werden, ab dem CKD-Stadium 3 gemacht hätten. Als ungünstige und unabhängige Risikofaktoren haben sich für das weitere Schicksal der CKD-Patienten eine arterielle Hypertonie, Anämie und Albuminurie herausgestellt. Wie so oft: weitere Studien sind (unbedingt) notwendig! der niedrigen Prävalenz der Erkrankung sehr unwahrscheinlich sind, stellt das neue – auch webbasierte – Tool eine interessante Bereicherung für den klinischen Alltag dar (www.gntools.com). Lee T. et al.: Personalized prophylactic anticoagulation decision analysis in patients with membranous nephropathy. Kidney Int 2014 Glassock R.J. Thrombo-prevention in membranous nephropathy: a new tool for decision making? Kidney Int 2014 1. Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO) CKD Work Group: KDIGO 2012 Clinical Practice Guideline for the Evaluation and Management of Chronic Kidney Disease. Kidney Int Suppl 2013 2. Minutolo R. et al., Clin J Am Soc Nephrol 2014 3. Moranne O. et al., J Am Soc Nephrol 2009 1. Personalisierte Medizin in der Nephrologie: Antikoagulation bei nephrotischem Syndrom? V enöse Thromboembolien stellen eine ernsthafte, potenziell fatale Komplikation eines nephrotischen Syndroms bei membranöser Nephropathie (MN) dar. In einem neuen Ansatz haben Lee und Mitarbeiter mit einem so genannten Markov-Modell, welches mit einer prospektiven Kohorte von Patienten mit MN und Erhebung ihrer VTE-Inzidenz einerseits und Blutungsinzidenz aus einer großen Kohorte von Patienten mit Vorhofflimmern unter Antikoagulation andererseits gespeist. Dabei konnte unter Annahme einer Benefit-Risk-Ratio („wie viele VTEs will ich verhindern zu Lasten einer möglichen Blutung?“) und eines niedrigen, intermediären und hohen Blutungsrisikos gegenüber der Albuminkonzentration als wichtigster Determinante einer VTE bei nephrotischem Syndrom ein praktischer Kalkulator erstellt werden, der dem Kliniker in der Entscheidungsfindung helfen soll. Einschränkend muss gesagt werden, dass es keine prospektiven Studien zur Antikoagulation bei MN je gab und dass der Kalkulator auch nicht auf Daten eines nephrotischen Syndroms anderer Genese basiert. Da aber prospektive Studien aufgrund 2. HDL-Cholesterin bei chronischer Niereninsuffizienz: Freund oder Feind? H ohes HDL-Cholesterin schützt vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen? – zwei aktuelle, im „Journal of the American Society of Nephrology“ publizierte Studien könnten die Bewertung des „guten“ Cholesterins bei CKD grundlegend verändern. Wie Silbernagel und Kollegen zeigen konnten, sind HDL-Cholesterinspiegel bei dialysepflichtigen Typ2-Diabetikern nicht prädiktiv für deren kardiovaskuläres Risiko. Zewinger et al. fanden zudem eine Assoziation zwischen HDL-Cholesterin und kardiovaskulärer Mortalität in Abhängigkeit von der Nierenfunktion; während bei Nierengesunden ein Zusammenhang zwischen HDL-Cholesterin und kardiovaskulären Ereignissen bestand, war dieser bei niereninsuffizienten Patienten nicht mehr gegeben. Diese Arbeiten verdeutlichen, dass die derzeitig übliche Messung des HDL-Cholesterins nicht ausreichend für die Einschätzung des kardiovaskulären Risikos der Patienten ist. Zewinger S. et al., J Am Soc Nephrol 2014 Silbernagel G., J Am Soc Nephrol 2014 1 2 IMPRESSUM Verlag: MEDMEDIA Verlag und Mediaservice Ges.m.b.H. Verlagsleitung: Mag. Gabriele Jerlich. Herausgeber: Österreichische Gesellschaft für Nephrologie, Univ.Prof. Dr. Alexander Rosenkranz, Klinische Abteilung für Nephrologie, ­Medizinische Universität Graz. Chefredakteur: Prim. Univ.-Prof. Dr. Sabine Schmaldienst, 1. Medizinische Abteilung, SMZ Süd – Kaiser-Franz-Josef-Spital. Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Marcus D. Säemann, Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Universitätsklinik für Innere Medizin III, AKH Wien. Anzeigen/Organisation: MedMedia Verlag und Mediaservice Ges.m.b.H., Seidengasse 9/Top 1.1, 1070 Wien, Tel.: 01/407 31 11. Projekt­leitung: Elisabeth Hönigschnabel. Produktion: Sigrid Redl. Redaktion/Lektorat: Peter Lex. Layout/DTP: Oliver Miller-Aichholz. Cover: StudioSmart – shutterstock.com. Druck: Donau Forum Druck, 1230 Wien. Druckauflage: 7.500 Stück im 1. Halbjahr 2014, geprüft von der Österreichischen Auflagenkontrolle. Bezugsbedingungen: Die Zeitschrift ist zum Einzelpreis von 9,50 Euro plus MwSt. zu be­ziehen. Grundsätze und Ziele von NEPHRO Script: Information für nephrologisch interessierte Krankenhaus- und niedergelassene Ärzte. Angaben über Dosierungen, A ­ pplikationsformen und Indikationen von pharmazeutischen Spezialitäten müssen vom jeweiligen Anwender auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Herausgeber und Medieninhaber übernehmen dafür keine Gewähr. L ­ iteratur zu den Fachbeiträgen bei den jeweiligen Autoren. Allgemeine Hinweise: Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die persönliche und/oder wissenschaftliche Meinung des jeweiligen Autors wieder und fallen somit in den persönlichen Verantwortungs­bereich des Verfassers. Mit „Freies Thema“ gekennzeichnete Beiträge sind entgeltliche Einschaltungen gem. § 26 Mediengesetz und fallen in den Verantwortungsbereich des jeweiligen Auftraggebers; sie müssen nicht die Meinung von Herausgeber, Reviewer oder Redaktion wiedergeben. Angaben über Dosierungen, Applikationsformen und Indikationen von pharmazeutischen Spezialitäten müssen vom jeweiligen Anwender auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Trotz sorgfältiger Prüfung über­nehmen Medieninhaber und Herausgeber kei­nerlei Haftung für drucktechnische und inhaltliche Fehler. Ausgewählte Artikel dieser Ausgabe finden Sie auch unter www.medmedia.at zum Download. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt, verwertet oder verbreitet werden. Die gesetzliche Offenlegung gemäß § 25 MedienG finden Sie unter www.medmedia.at/home/impressum. 7 FOCUS NEPHRO Script uu Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) stellt sowohl diagnostisch als auch therapeutisch eine besondere Herausforderung dar. uu HFpEF-Patienten sind ähnlich wie Patienten mit reduzierter Linksventrikel­funktion (HFrEF) hoch symptomatisch und weisen eine hohe Sterblichkeitsrate auf. uu HFpEF wird sehr häufig von pulmonaler Hypertonie und Niereninsuffizienz begleitet. uu Da die bei HFrEF bewährten Medikamente in der Indikation HFpEF bisher nicht überzeugen konnten, wird intensiv an neuen Arzneistoffen geforscht (Riociguat, Vericiguat, Macitentan, Neprilysin-Inhibitoren etc.). Diastolische Dysfunktion Herzinsuffizienz mit erhaltener Linksventrikelfunktion K ardiovaskuläre Erkrankungen sind weltweit die häufigste Todesursache. Der chronischen Herzinsuffizienz kommt hierbei eine zentrale Bedeutung zu, da sie eine stetig steigende Prävalenz aufweist. Die europäischen Herzinsuffizienz-Leitlinien schätzen, dass gegenwärtig etwa 1–2 % aller Erwachsenen und > 10 % aller über 70-Jährigen von chronischer Herzinsuffizienz betroffen sind.1 In Österreich geht man davon aus, dass immerhin 300.000 PatientInnen an chronischer Herzinsuffizienz leiden. Sollten sich aktuelle Trends fortsetzten, werden für das Jahr 2030 ca. 8,5 Millionen HerzinsuffizienzpatientInnen alleine für die USA prognostiziert. Grundsätzlich sollten 2 Formen der chronischen Herzinsuffizienz unterschieden werden: die Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF oder systolische Herzinsuffizienz) und jene mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF oder diastolische Herzinsuffizienz). Große Kohortenstudien zeigen, dass etwa die Hälfte aller HerzinsuffizienzpatientInnen an einer HFpEF leiden. Diese PatientInnen sind, ähnlich wie PatientInnen mit reduzierter Linksventrikelfunktion, hoch symptomatisch und weisen eine hohe Sterblichkeitsrate auf. Die mittlere Mortalitätsrate nach Diagnosestellung beträgt etwa 15 % pro Jahr, und etwa 60 % versterben innerhalb von 5 Jahren. Studien zeigen, dass HFpEF vor allem eine Erkrankung des fortgeschrittenen Lebensalters ist. Bei Diagnosestellung sind 90 % der PatientInnen älter als 60 Jahre. Die stetig wachsende PatientInnenzahl geht mit der steigenden Lebenserwartung einher. Als Krankheitsentität, die sowohl diagnostisch als auch therapeutisch eine besondere Herausforderung darstellt, ist HFpEF in brei8 Dr. Stefan Aschauer Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Diana Bonderman Klinische Abteilung für Kardiologie, Universitätsklinik für Innere Medizin II, Medizinische Universität Wien ten MedizinerInnenkreisen kaum als eigenständiges Krankheitsbild anerkannt. So ist auch zu erklären, warum betroffene PatientInnen, häufig ältere adipöse Frauen mit Hypertonie- und/oder Diabetesanamnese, oft spät oder gar nicht diagnostiziert werden. Dyspnoe als das Kardinalsymptom der Erkrankung wird zumeist dem Übergewicht und dem Trainingsmangel zugesprochen. Neben fortgeschrittenem Lebensalter ist Bluthochdruck einer der wichtigsten Risikofaktoren, an dem rund 90 % der PatientInnen leiden. Zusätzlich sind weibliches Geschlecht, Übergewicht, metabolisches Syndrom, COPD und Niereninsuffizienz als wichtige Risikofaktoren zu nennen. Eine rezent publizierte Studie zeigt, dass ca. 60 % der HFpEF-PatientInnen erhöhte Nierenfunktionsparameter aufweisen.2 FOCUS Tabelle 1 fasst die Kriterien, die zur Diagnosestellung einer HFpEF vorliegen sollten, zusammen. Pathophysiologie Die zugrunde liegende Pathophysiologie ist komplex und besteht neben diastolischer Dysfunktion auch aus anderen krankhaften Veränderungen. Auslöser der diastolischen Dysfunktion dürften Prozesse im Sarkomer, an den Myozyten sowie der extrazellulären Matrix des Herzens sein, die zu einer erhöhten Steifigkeit und eingeschränkten Relaxation im linken Ventrikel führen. Erst kürzlich konnte gezeigt werden, dass die Zunahme von extrazellulärer Matrix mit schlechterer Prognose assoziiert ist (Abb. 1).3 Als Folge der erhöhten Steifigkeit ist die ventrikuläre Füllung in der Diastole verlangsamt oder unvollständig. Um dennoch ein adäquates Füllungsvolumen aufrechtzuerhalten, entsteht ein erhöhter enddiastolischer linksventrikulärer Füllungsdruck (LVEDP), der auch NEPHRO Script Tab.: Kriterien zur Diagnosestellung einer HFpEF 1 Symptome typisch für Herzinsuffizienz 2 Klinische Befunde typisch für Herzinsuffizienz 3 Eine normale oder nur leicht reduzierte Ejektionsfraktion und der Ausschluss einer linksventrikulären Dilatation 4 Eine relevante strukturelle Pathologie wie Hypertrophie des linken Ventrikels oder Vergrößerung des linken Atriums und/oder Hinweise auf eine diastolische Dysfunktion für die Diagnose herangezogen wird. Neben der Beteiligung des linken Herzens sind oftmals die Vorhoffunktion, die Gefäßelas­ tizität, der Herzrhythmus und die Lungenstrombahn beeinträchtigt.4 Etwa 70 bis 80 % aller HFpEF-PatientInnen leiden an einer begleitenden pulmonalen Hypertension (PH). Diese entsteht als Folge des erhöhten LVEDP und der daraus resultierenden pulmonal-venösen Rückstauung. Bei wenigen Betroffenen kann sich zusätzlich eine echte Pulmonalgefäßerkrankung in der präkapillären Strombahn aufpfropfen. Auf Grund der PH wird zusätzlich das rechte Herz belastet, was zu einer Rechtsherzinsuffizienz und Rechtsherzversagen führt. HFpEF und Niere HFpEF wird sehr häufig von Niereninsuffizienz begleitet, was sich ganz entscheidend auf das Management und die Prognose dieser PatientInnen auswirkt. Als einer der zentralen Pathomechanismen wird ein erhöhter renal-venöser Rückstau gesehen, welcher zu einer Verminderung des arteriell-venösen Druckgradienten der Niere führt. Folglich kommt es zu einem verminderten renalen Perfusionsdruck und zu einem erniedrigten mittleren Blutdruck, welche die glomeruläre Filtrationsrate vermindern. Begleitend ist auf Grund der Herzinsuffizienz die Renin-Angiotensin-Aldosteron-Aktivität und die Sympathikus-Aktivität gesteigert. Dies führt, neben der vermehrten Ausschüttung von antidiuretischem Hormon, vasoaktiven und inflammatorischen Mediatoren, zu einer erhöhten Natrium- und Wasserretention mit resultierender Volumsüberlastung.5 Ob HFpEF und Niereninsuffizienz als unabhängige Endorganschäden zugrunde liegender systemischer inflammatorischer Prozesse, wie zum Beispiel Diabetes mellitus Typ 2, COPD etc., angesehen werden können, ist derzeit noch nicht ausreichend erforscht. Diagnose Abb. 1: Histologisches Bild eines gesunden (Bild oben) und eines erkrankten Herzmuskels (Bild unten). Im rechten Bild lässt sich eine deutliche Zunahme von extrazellulärer Matrix erkennen. Tissue-Fax-Analyse: extrazelluläre Grundsubstanz ist durch grüne Markierung erkennbar. Die transthorakale Echokardiografie steht sicherlich an erster Stelle, was das Screening und die Diagnosestellung für diese Erkrankung betrifft. Grundsätzlich gilt, dass PatientInnen, die Symptome einer Herzinsuffizienz aufweisen, mittels Herzultraschall abgeklärt ˘ 9 FOCUS NEPHRO Script Herzinsuffizienz mit erhaltener Linksventrikelfunktion (HFpEF) ale Amyloidose erkannt werden, wodurch sich möglicherweise andere therapeutische Konsequenzen ergeben. Neue medikamentöse Therapieansätze mPAP ≥ 25 mmHg PAWP/LVEDP > 15 mmHg mPAP ≥ 25 mmHg PAWP/LVEDP > 15 mmHg DPG < 7 mmHg mPAP ≥ 25 mmHg PAWP/LVEDP > 15 mmHg DPG ≥ 7 mmHg postkapilläre PH prä- und postkapilläre PH mPAP = mittlerer pulmonal-arterieller Druck, PAWP = pulmonal-kapillärer Verschlussdruck, DPG = diastolische Druckdifferenz (definiert als diastolischer Pulmonalisdruck [dPAP] – PAWP) Abb. 2: Ätiologie der pulmonalen Hypertonie bei HFpEF werden sollten. Das Herzecho kann sehr rasch Hinweise auf eine zugrunde liegende HFpEF-Erkrankung liefern. Die aktuell gültigen HFpEF-Diagnosekriterien sind in Tabelle 1 zusammengefasst. In erster Linie sollte die Ejektionsfraktion (EF) normal oder nur leicht reduziert sein. Als Grenzwert gilt zumeist eine EF von ≥ 50 %. Weiters sollte sich eine diastolische Funktionsstörung zeigen, und es dürfen keine höhergradigen Aortenoder Mitralklappenpathologien vorliegen. Wichtige Indizien für das Vorliegen einer HFpEF sind meist vergrößerte Vorhöfe, insbesondere eine Vergrößerung des linken Vorhofs, der als Barometer der linken Herzkammer eine ventrikuläre Druckerhöhung anzeigt, eine ausgeprägte Trikuspidalklappeninsuffizienz sowie in bis zu 80 % der Fälle ein begleitender Lungenhochdruck. Eine begleitende PH kann durch invasive Diagnostik mittels Rechtsherzkatheter bestätigt und weiter klassifiziert werden. Bei PH auf Grund einer Herzinszuffizienz wird zwischen isolierter postkapillärer PH und kombinierter prä- und postkapillärer PH unterschieden (Abb. 2). Erstere ist definiert durch einen mittleren Pulmonalisdruck (mPAP) ≥ 25 mmHg, einen mittleren Pulmonalis-Verschluss-Druck (mPAWP) > 15 mmHg und einen diastolischen Druckgradienten (DPG) < 7 mmHg. Bei der kombiniert prä- und postkapillären PH beträgt der DPG ≥ 7 mmHg. Kardio-MRT: Neben Herzultraschall und invasiver Diagnostik hat auch die kardiovaskuläre Magnetresonanztomografie (KardioMRT) eine zunehmende Bedeutung bei der Diagnostik der HFpEF. Das Kardio-MRT hat den großen Vorteil, dass es im Unterschied zu den anderen diagnostischen Verfahren die Zusammensetzung des Herzmuskelgewebes besser charakterisieren kann. So kann mittels Kardio-MRT eine pathologische Zunahme der extrazellulären Matrix detektiert werden.3 Zusätzlich können alternative zugrunde liegende Erkrankungen wie z. B. eine kardi10 Im Gegensatz zur HFrEF-Behandlung basiert die therapeutische Evidenz bei HFpEF-PatientInnen zum größten Teil auf negativen Studienergebnissen. So konnten die bewährten HerzinsuffizienzMedikamente in der Indikation HFpEF bisher nicht überzeugen. Sowohl Renin-Angiotensin-Aldosteron-System-Hemmer als auch Betablocker erbrachten bisweilen keinen Vorteil für betroffene PatientInnen. Umso intensiver wird daher an neuen Arzneistoffen in dieser Indikation geforscht. Riociguat greift über die lösliche Guanylatzyklase in den Stick- stoffmonoxid-Stoffwechsel ein und führt dadurch zu einer Verbesserung der pulmonalen Endothelfunktion (Abb. 3). Eine Studie, in der Riociguat in 1-maliger Gabe eingesetzt wurde (DILATE-1), zeigte bei 36 PatientInnen neben guter Verträglichkeit eine signifikante Verbesserung der Herzauswurfleistung, eine Senkung des systolischen Blutdrucks und eine Verkleinerung des rechtsven­ trikulären enddiastolischen Diameters. Auf den mPAP, den Lungengefäßwiderstand und den PAWP hatte das Präparat allerdings keinen signifikanten Einfluss.6 Derzeit läuft eine weitere multizentrische Studie namens (SOCRATES-PRESERVED), welche Vericiguat, eine ähnliche Substanz wie Riociguat, bei HFpEFPatientInnen mit progredienter Verschlechterung und erst rezenter kardialer Dekompensation testet. Macitentan: Ein anderer Wirkstoff, welcher an der Lungenstrom- bahn ansetzt, ist Macitentan, eine neue Substanz aus der Gruppe der Endothelin-Rezeptor-Antagonisten zur Behandlung der pulmonal-arteriellen Hypertonie. Im Rahmen einer im Mai 2014 initiierten multizentrischen Studie (MELODY) wird die Verträglichkeit und Sicherheit bei PatientInnen mit kombinierter prä- und postkapillärer PH auf Basis von HFpEF, aber auch HFrEF getestet. ARB plus Neprilysin: Ein weiteres interessantes Medikament für HFpEF-PatientInnen ist ein Kombinationspräparat (LCZ696), bestehend aus dem Angiotensin-Rezeptor-Blocker Valsartan und einer Neprilysin-inhibierenden Prodrug. Neprilysin ist ein Enzym, welches das atriale natiuretische Peptid (ANP), das Brain-natriuretische Peptid (BNP) und das C-Typ-natriuretische Peptid (CNP), abbaut (Abb. 3). Diese Peptide fördern die Herzmuskelrelaxation, verringern die Hypertrophie, unterstützen die Diurese und Natriumexkretion und dürften auch antifibrotische Effekte haben. Um diese für die Herzinsuffizienz positiven Wirkungen der natiuretischen Peptide zu nutzen, wurde ein Neprilysin-Inhibitor entwickelt. Dieser wurde, da Neprilysin aber auch den Abbau von Angiotensin fördert, mit einem Angiotensin-Rezeptor-Blocker kombiniert. Eine bereits publizierte Phase-II-Studie konnte po- FOCUS sitive Effekte auf das NT-proBNP zeigen, den inaktiven BNPMetaboliten. Eine groß angelegte Outcome-Studie (PARAGON) wurde erst rezent ausgerollt. Ranolazin, das bereits für chronische Angina pectoris zugelassen ist, könnte ebenfalls Anwendung bei HFpEF-PatientInnen finden. Ranozalin hemmt selektiv den späten Na+-Einstrom in die Herzmuskelzelle (Abb. 3). In Studien konnte gezeigt werden, dass bei diastolischer Dysfunktion dieser Na+-Einstrom verstärkt ist und zu einer Na+-Akkumulation in der Zelle führt. Durch den veränderten Na+/Ca++-Austausch kommt es zu einer Ca++-Überlastung in der Zelle, die wiederum die Relaxation in der Diastole verschlechtert. Eine placebokontrollierte Proof-of-Concept-Studie zeigte, dass die selektive Hemmung des späten Na+-Einstroms durch Ranolazin die diastolische Funktion bei 12 HFpEF-PatientInnen verbesserte. ZUSAMMENFASSUNG: Auf Grund der demografischen Entwick- lung unserer Bevölkerung wird die Prävalenz von HFpEF, die vor allem ältere Menschen betrifft, noch weiter zunehmen. NEPHRO Script Leider steht bis jetzt keine spezielle Therapie für diese Erkrankung zur Verfügung. Auch von der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie wird derzeit kein Medikament empfohlen. Dennoch geben die neuen Therapieansätze, gegenwärtig laufende Studien und die gesteigerte Aufmerksamkeit für dieses Erkrankungsbild Anlass zur Hoffnung, dass sich Leistungsfähigkeit und Lebensqualität betroffener PatientInnen in den nächsten Jahren deutlich verbessern wird. ■ McMurray J.J.V. et al.: ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure 2012: The Task Force for the Diagnosis and Treatment of Acute and Chronic Heart Failure 2012 of the European Society of Cardiology. Developed in collaboration with the Heart Failure Association (HFA) of the ESC. Eur Heart J 2012; 33: 1787–1847 2 Gori M. et al.: Association between renal function and cardiovascular structure and function in heart failure with preserved ejection fraction. Eur Heart J 2014; doi:10.1093/eurheartj/ ehu254 3 Mascherbauer J. et al.: Cardiac magnetic resonance postcontrast T1 time is associated with outcome in patients with heart failure and preserved ejection fraction. Circ Cardiovasc Imaging 2013; 6: 1056–1065 4 Borlaug B.A.: The pathophysiology of heart failure with preserved ejection fraction. Nat Rev Cardiol 2014; 11: 507–515 5 Lazzeri C., Valente S., Tarquini R., Gensini G.F.: Cardiorenal syndrome caused by heart failure with preserved ejection fraction. Int J Nephrol 2011; 634903 6 Bonderman D. et al.: Riociguat for patients with pulmonary hypertension caused by systolic left ventricular dysfunction: a phase IIb double-blind, randomized, placebo-controlled, dose-ranging hemodynamic study. Circulation 2013; 128: 502–511 1 Stimulation Inhibition Riociguat, Phosphodiesterase-5-Hemmer als auch der selektive Neprilysin-Inhibitor führen über die in der Grafik angeführten Signalkaskaden zu einer Erhöhung der Konzentration von zyklischem Guanosinmonophosphat (cGMP), die Proteinkinase-G-vermittelt zu Vasodilatation und myokardialer Relaxation führt. NPR = Neprilysin; cGMP = zyklisches Guanosinmonophosphat; GC = Guanylatzyklase; sGC = lösliche Guanylatzyklase; ANP = atriales natriuretisches Peptid; BNP = Brain-natriuretisches Peptid; CNP = C-Typ-natriuretisches Peptid; NO = Stickstoffmonoxid Abb. 3: Wirkkaskade neuer Medikamente auf Zellebene 11 FOCUS NEPHRO Script uu Niereninsuffizienz-Patienten zeigen in der Regel keine profunde systolische Funktionseinschränkung (Auswurfleistung), jedoch in einem hohen Prozentsatz eine diastolische Dysfunktion entsprechend einer Relaxationsstörung, Linksherzhypertrophie (Remodelling) und einem erhöhten systolischen pulmonalarteriellen Druck. uu Beim Gros der Nierenerkrankungen gibt es nahezu kongruente Risikofaktoren und Komorbiditäten wie für die diastolische Funktionsstörung: häufig jahrelanger arterieller Hypertonus mit mikro- und makrovaskulären Veränderungen, besonders bei Diabetikern auch chronische Inflammation. uu Hoffnungskandidaten bei der Suche nach einem Überleben-verlängerndem Präparat speziell bei der Konstellation CKD mit diastolischer Dysfunktion: Sildenafil, Riociguat oder die Kombination ARB mit Neprilysin-Inhibitor. Von der Niereninsuffizienz über die diastolische Dysfunktion zur pulmonalen Hypertonie „The Kidney breaks your Heart“ Ü berhäufig viele Patienten mit mittel- bis höhergradig chronischer Niereninsuffizienz (CKD) leiden trotz diuretischer Therapie unter Atemnot (insbesondere unter Belastung) und oft auch Beinödemen. Ein klares diagnostisches und therapeutisches Schema F existiert leider nicht, da die Komorbiditäten vielfältig sind. Es bleibt demnach bei vielen Patienten lange Zeit unklar, ob die Beschwerden renaler Ursache sind und die Überwässerung durch die Einschränkung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) bedingt ist oder ob eine kardiale Ursache, welche letztlich auch zu einer eingeschränkten Nierenfunktion führen kann, zur typischen Symptomatik führt. Hämodynamische Veränderungen bei diastolischer Herzinsuffizienz Welche echokardiografischen Veränderungen sind bei CKD-Patienten richtungsweisend? Werden diese Patienten zu einer Echo- kardiografie zugewiesen, zeigt sich in der Regel keine profunde systolische Funktionseinschränkung. In der Tat belegte eine Subanalyse der CRIC-Studie (Chronic Renal Insufficiency Cohort) aus dem Jahr 2012, in welcher bei knapp 3.500 zum Untersuchungszeitpunkt asymptomatischen Patienten mit CKD (durchschnittliche GFR 50 ml/min/1,73 m2) eine Echokardiografie durchgeführt wurde, lediglich bei 8 % eine Auswurfleistung (Ejection Fraction) < 45 % (Park et al., JASN 2012). Demgegenüber steht eine Häufung der linksventrikulären Hypertrophie, welche sich mit abnehmender GFR umso häufiger zeigt und bei der Subgruppe mit GFR < 30 ml/min/1,73 m2 das Maximum mit 75 % Prävalenz erreicht. Gleichzeitig dazu nimmt die Häufigkeit einer diastolischen Funktionsstörung ähnlich stark zu und ist bei 77 % dieser Patienten nachweisbar. 12 Dr. Marlies Antlanger Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Marcus Säemann Universitätsklinik für Innere Medizin III, Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Medizinische Universität Wien An diese Ergebnisse reiht sich die erst kürzlich publizierte CASCADE-Studie nahtlos an (Cai et al., JASN 2014): Hier konnte über eine longitudinale Beobachtungsdauer von 12 Monaten bei knapp 300 CKD-Patienten gezeigt werden, dass im Verlauf dieses Jahres das konzentrische Remodelling des linken Ventrikels sowie die Prävalenz bzw. der Grad einer diastolischen Dysfunktion zum einen deutlich zunehmen und zum anderen vom Stadium der Nierenfunktionseinschränkung abhängig sind. Es wird vermutet, dass es durch ebenjene Veränderungen (Relaxationsstörung und erhöhte Druckbelastung im linken Herzen) zur Erweiterung des Vorhofs kommt, was auch prädiktiv für eine höhere kardiovaskuläre Morbidität ist (Hee et al., CJASN, 2014). Zu den weiteren Konsequenzen, die ausgehend vom erhöhten Druck im linken Ventrikel entstehen, zählen das Vorhofflimmern (Soliman et al., Am Heart J 2010) und eine fixierte pulmonale Hypertonie. Die PEPPER-Study (Pabst et al., Plos One 2013), in welcher bei je 31 dyspnoeischen CKD- und Hämodialysepatienten (bei letzteren prä- und postdialytisch) pulmonale Druckmessungen mittels Rechtsherzkatheter als Goldstandard vorge- FOCUS nommen wurden, bewies eine frappant hohe Rate von 71 % bzw. 65 % (postdialytisch) mit erhöhtem mittleren pulmonalen arteriellen Druck (mPAP > 25 mmHg). Die Wichtigkeit der Rechtsherzkatheter-Untersuchung muss jedoch nicht nur wegen seiner höheren Genauigkeit bei der PAP-Messung gegenüber der echokardiografischen Untersuchung herausgestrichen werden, er stellt auch die einzige Möglichkeit dar, mittels Wedge-Druckmessung (Pulmonary Capillary Wedge Pressure – PCWP), die dem links­ atrialen Druck entspricht, zwischen so genannter prä- und postkapillärer pulmonaler Hypertonie zu differenzieren. Liegt dieser PCWP nämlich unter 15 mmHg, sollte von einer präkapillären, also vor dem pulmonalen Kapillarbett liegenden Ursache ausgegangen werden, welche weiter abgeklärt werden muss (z. B. mittels CT oder Ventilations-Perfusions-Szintigramm bei Verdacht auf chronisch-thromboembolische Events bzw. laborchemischen Untersuchungen bei Vaskulitisverdacht oder pulmologischer Begutachtung bei strukturellen Erkrankungen). Ist der PCWP jedoch deutlich > 15 mmHg erhöht, spricht man bei passender Symptomatik von einer postkapillären pulmonalen Hypertonie, die (nach Ausschluss einer Aortenstenose) nahezu kategorisch durch ein linksventrikuläres Druckproblem verursacht wird. Zusammenfassend zeigt sich somit klassischerweise bei CKDPatienten eine langjährig bestehende arterielle Hypertonie mit oft ausgeprägter Linksventrikelhypertrophie, jedoch normaler systolischer Funktion. Im Herzultraschallbefund zeigt sich weiters häufig eine diastolische Dysfunktion entsprechend einer Relaxationsstörung, ein erweiterter linker Vorhof und ein erhöhter systolischer pulmonalarterieller Druck. In fortgeschrittenen Stadien dieser Krankheitsentität kommt es oft aggraviert durch eine systemische Volumenbelastung durch Flüssigkeits- NEPHRO Script überschuss sogar zu höhergradiger Trikuspidalinsuffizienz und letztlich Rechtsherzversagen. Pathophysiologie – Druck, oxidativer Stress und chronische Inflammation Welche Pathophysiologie liegt diesen Veränderungen nun auf zellulärer und molekularer Ebene zugrunde? Letztlich basiert die Pathophysiologie der diastolischen Dysfunktion auf massiven Veränderungen in zwei Kompartimenten des Myokards: den Kardiomyozyten und der extrazellulären Matrix (ECM) (van Heerebeek et al., Curr Heart Fail Rep, 2012). Die passive Steifheit der Herzmuskelzellen wird durch das Protein Titin determiniert, ein kleines Protein, das die Myosinköpfchen zwischen den Aktinfilamenten zentriert und für eine gewisse Vorspannung sorgt. Auf transkriptioneller Ebene wird dieses Protein in einer elastischen (N2BA) und einer steiferen (N2B) Isoform exprimiert. Es zeigte sich, dass diese Ratio beispielweise bei dilatativer Herzinsuffizienz zugunsten der elastischen Form verschoben ist, bei diastolischer Funktionsstörung, wie sie vorzugsweise bei CKD-Patienten vorliegt, jedoch zugunsten der steiferen Form. Posttranslationell spielt die Proteinkinase G eine wichtige Rolle, welche über eine Phosphorylierung der N2B-Form zu einer Reduktion der Steifheit führen könnte. Durch entzündliche Vorgänge kommt es jedoch durch oxidativen Stress und NO-Mangel zu einem Mangel dieser Proteinkinase und letztlich der „steifen“ Herzmuskelzelle. Im interstitiellen Raum zeigt sich hingegen ein deutlicher struktureller Umbau: Matrix-Metalloproteinasen (MMPs) zeigen insbesondere durch den hohen vorherrschenden Druck im Myokard veränderte Wirkungsprofile, was letztlich zu vermindertem Kollagenabbau führt; die Folge ist schließlich eine interstitielle Fibrose (Tamaki et al., Plos One, 2013). Diese Veränderungen führen à la longue zum häufig entdeckten und klassischen Bild des kleinlumigen, hypertrophen linken Ventrikels (Aurigemma et al., Circulation, 2006). Die kardiorenale Verbindung – das diagnostische Dilemma Wie kann nun zwischen renaler und kardialer Ursache differenziert werden – verschwimmen die pathophysiologischen Prozesse? Nimmt man nun die Erkenntnisse der geschilderten pa- Abb.: Gemeinsame Faktoren bei chronischer Niereninsuffizienz und diastolischer Funktionsstörung thophysiologischen Prozesse auf zunächst molekularer und in weiterer Folge zellulärer Ebene und bringt sie in Kontext mit CKD, zeigen sich beim Gros der Nierenerkrankungen (d. h. zumeist sekundäre Nierenschädigung im Rahmen hypertensiver und/oder diabetischer Nephropathie) nahezu kongruente Risikofaktoren wie für die diastolische Funktionsstörung (siehe Abb.): häufig liegt ein jahre- bis jahrzehntelang bekannter arterieller Hypertonus mit entsprechenden mikro- und makrovaskulären Veränderungen vor; insbesondere bei Diabetikern spielt auch die chronische Inflammation eine bedeutende Rolle bei der frühzeitigen Entwicklung einer pathologischen diastolischen Funktion. ˘ 13 NEPHRO Script Die gerade bei CKD vermuteten Veränderungen im Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) könnten sowohl auf systemischer Ebene (im Plasma mit Wirkung auf Endothelzellen) als auch auf lokaler Ebene (eventuelle Angiotensin-II- und Angiotensin-1-7-Wirkung auf myokardzellulärer Ebene) eine Rolle in der Entstehung von Inflammation, Fibrose und endothelialer Dysfunktion spielen (Sciarretta et al., Clin Science 2009). Der Stellenwert des Faktors Volumenhaushalt/Überwässerung ist nach wie vor ungeklärt; auch bei nierengesunden Patientenpopulationen gibt es kaum Analysen zu gezielten medikamentös-diuretischen Therapieansätzen (Yip et al., Heart 2008). Dieser Zustand ist schon in frühen CKD-Stadien häufig und an der chronischen Dialyse nahezu endemisch und stellt somit einen weiteren Faktor dar, der zwar bei nahezu jedem symptomatischen Patienten mittels Diuretika behandelt wird, jedoch bis dato nicht als kausal mit der diastolischen Dysfunktion in Zusammenhang stehend gezeigt werden konnte. Hier ist insbesondere anzuführen, dass Erhöhungen der pulmonalen Füllungsdrücke durch Überwässerung angefacht sein könnten. Es zeigte sich beispielweise auch in der PEPPER-Studie ein deutlicher Abfall des PAP bei der postdialytischen im Vergleich zur prädialytischen Messung, exakte Untersuchungen wie etwa durch Rechtsherzkatheter sind in der CKDPopulation bislang rar. In speziellen Situationen kann es auch zu einer sogenannten HighOutput-Herzinsuffizienz kommen (Shah et al., Clinics Review Articles 2014). Da eine ausgeprägte Anämie und das Vorliegen eines arteriovenösen Shunts Risikofaktoren für eine solche sind, könnte die Hämodialysepopulation hier eine spannende Gruppe für weiterführende hämodynamische und therapeutische Analysen sein. Als Conclusio der Pathophysiologie auf renaler Ebene bleibt bei vager Datenlage die Vermutung, dass bei vielen CKDPatienten mit Fortschreiten der Niereninsuffizienz eine oft subklinische Inflammation und Überwässerung Hand in Hand mit beginnender diastolischer Dysfunktion gehen, welche beim Zusammentreffen aller bekannten Risikofaktoren spätestens an der Dialyse auch in äußerst hoher Prävalenz und den damit assoziierten weiteren kardialen Folgen wie letztlich pulmonaler Hypertonie kulminiert. Wenige therapeutische Ansätze, viele Studienmöglichkeiten Wie sollen unsere Patienten behandelt werden – gibt es lohnende neue Therapeutika? Unglücklicherweise gibt es bislang kaum Stu- dien zu dieser Krankheitskonstellation, die sich rein auf ein CKDKollektiv konzentriert hätten, was die Gestaltung der medikamentösen Therapie derzeit mehr Eminence- als Evidence-based erscheinen lässt. Der erwähnte Stellenwert des Flüssigkeitshaushalts ist zudem überhaupt nicht geklärt; die diuretische Therapie stellt zumeist (auch wenn vielleicht nur auf rein symptomatischer Ebene) den ersten Eckpfeiler der Therapie dar (Yip et al., Heart 2008). Daten zur Diuretika-Dosierung nach CKD-Stadium gibt es genauso wenig 14 FOCUS wie zu deren Auswirkung auf die Retentionsparameter, weshalb bislang kein Konsensus besteht, ob eine möglichst strikte Entwässerung erfolgen soll (mit der Inkaufnahme erhöhter Nierenretentionswerte bzw. Phasen des akuten Nierenversagens in Infektsituationen etc.) oder ob eine zumindest milde Überwässerung besser wäre. Daten aus Dialysestudien deuten auf die Richtigkeit der ersten Strategie (Wizemann, NDT 2009) hin, Analysen aus früheren CKD-Stadien, in denen die hier beschriebenen Prozesse ablaufen, gibt es allerdings (noch) nicht. Eine frühzeitige Blutdruckeinstellung wird empfohlen, die Suche nach einem Präparat, welches das Überleben aber überzeugend verbessert, ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Der Einsatz aller bei der systolischen Herzinsuffizienz zum Einsatz kommenden Präparate war bislang nicht von überragendem Erfolg gekrönt: Betablocker etwa verbesserten die Gesamtmortalität in einer NichtCKD-Population nicht signifikant (van Veldhuisen et al., JACC 2009). Obwohl klinische Studien zu allen zugelassenen Formen der RAAS-Blockade (ACE-Hemmer, Angiotensinrezeptorblocker und Aldosteronantagonisten) durchwegs negativ bezüglich harter Endpunkte waren, ist dieser Aspekt bei CKD-Patienten möglicherweise differenziell zu betrachten; immerhin zeigte die einzige dezidiert bei dieser Patientengruppe durchgeführte Studie – wenn auch als retrospektive Subgruppenanalyse – einen „möglichen günstigen Effekt“ bei diastolischer Herzinsuffizienz und CKD (Ahmed et al., Am J Med 2013). Weiters liegen derzeit große Hoffnungen auf einem relativ neuen, derzeit im Rahmen einer Phase-III-Studie im Einsatz befindlichen Präparats namens Sacubitril. Dieses kombiniert einen Angiotensinrezeptorblocker (wirksam über Angiotensin-II-Reduktion und Aldosteron-Reduktion) mit einem Neprilysin-Inhibitor, der zu einer Erhöhung der natriuretischen Peptide führt (Solomon et al., Lancet, 2012). Wie dieses wiederum bei (hochgradiger) Nierenfunktionseinschränkung (neben)wirkt und ob es einen fixen Stellenwert erlangt, werden die kommenden Jahre zeigen. Weitere neue Substanzen setzen auf molekularer Ebene vor allem im Bereich der endothelial-muskulären Relaxation an, wie Phosphodiesterase-5-Hemmer (Sildenafil), welche zu stärkerer NOWirkung führen und bislang vor allem bei pulmonalarterieller Hypertonie verwendet wurden (Guazzi et al., Circulation 2011) und Riociguat – ein Stimulator der Guanylatzyklase, eines wichtigen Enzyms im NO-Signalweg –, das zuletzt gute Ergebnisse bei der Therapie der pulmonalen Hypertonie dieser Patienten zeigte (Bonderman et al., Chest 2014). RESÜMEE: Weitere Einsichten zu einer verbesserten Diagnostik und damit eine genauere Inzidenz- und Prävalenzbestimmung und letztlich die Aufschlüsselung der pathophysiologischen Mechanismen, welche der diastolischen Dysfunktion und Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (Heart Failure with Preserved Ejection Fraction – HFpEF) zugrunde liegen, können entscheidend zum tieferen Verständnis der Progression der chronischen Niereninsuffizienz, ihrer erhöhten kardiovaskulären Mortalität sowie zu ihrer möglichen Therapie beitragen. ■ Fachkurzinformation siehe Seite 45 FOCUS NEPHRO Script uu Die Metalloprotease Neprilysin (NEP) ist als Schlüsselenzym für den Abbau natri­ uretischer Peptide (ANP, BNP und CNP) aus therapeutischer Sicht interessant: NEP-Hemmer verhindern den Abbau der natriuretischen Peptide und fördern damit deren kardiovaskuläre Effekte, wie Natriurese und Blutdrucksenkung. uu Rezent publizierte Studienergebnisse (PARADIGM-HF-Studie) lassen hoffen, sowohl Herz- als auch Niereninsuffizienz durch die neue Medikamentengruppe der ARNis (Kombination aus Angiotensin-Rezeptor-Blocker und Neprilysin-Hemmer) künftig therapeutisch besser entgegentreten zu können. Kombination aus Angiotensin-Rezeptor-Blockade und Neprilysin-Hemmung – ARNi Terminator der chronischen Herz- und bald auch Niereninsuffizienz? C hronische Herzinsuffizienz ist eine progredient verlaufende Erkrankung mit steigender Prävalenz von mehr als 25 Millionen Patienten in Europa und den USA (Zannad et al., Eur J Heart Fail 2013; Gheorghiade et al., Am J Cardiol 2009). Klinisch stehen Symptome wie Atemnot, Müdigkeit und Flüssigkeitsretention im Vordergrund, welche die Lebensqualität der Patienten massiv beeinträchtigen und mit hoher Morbidität und Mortalität sowie häufigen Krankenhausaufenthalten assoziiert sind (Hunt et al., J Am Coll Cardiol 2009; Mosterd et al., Heart 2007). Etwa die Hälfte der chronisch herzinsuffizienten Patienten haben eine reduzierte kardiale Ejektionsfraktion (HFrEF) (Doughty et al., Eur Heart J 2012), während die andere Hälfte an einer überwiegend diastolischen Funktionsstörung (Heart Failure with preserved Ejection Fraction -– HFpEF) leidet. Bei HFpEF-Patienten gelten neben den typischen Symptomen der Herzinsuffizienz als weitere Definitionskriterien eine normale bis leicht reduzierte Auswurfleistung (Ejection Fraction – EF > 50 %), strukturelle Veränderungen wie Linksventrikelhypertrophie oder Dilatation des linken Vorhofs und eine diastolische Dysfunktion. Trotz unterschiedlicher medikamentöser Behandlungsstrategien (McMurray et al., Eur Heart J 2012) stellt die Herzinsuffizienz eine zunehmende gesundheitsökonomische Belastung dar, welche alleine in den Vereinigten Staaten geschätzt über 32 Milliarden Dollar an Kosten pro Jahr verursacht (Heidenreich et al., Circulation 2013; Lloyd-Jones et al., Circulation 2010; Steward et al., Eur J Heart Fail 2002). Parallel dazu hat in den letzten Jahren die Inzidenz und Prävalenz der chronischen Nierenerkrankungen, welche eng mit Herzinsuffizienz verknüpft ist, massiv zugenommen. So schätzt man, dass bereits weltweit jeder 9. bis 10. Erwachsene an Niereninsuffizienz leidet (Rosenkranz, Österreichische 16 Dr. Johannes Kovarik, PhD Christopher C. Assoc. Prof. Priv.-Doz. Kaltenecker, BSc hons. Dr. Marcus Säemann Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Universitätsklinik für Innere Medizin III, Medizinische Universität Wien Ärztezeitung 05/2011). Patienten mit fortgeschrittenem Verlust der Nierenfunktion haben ein erhöhtes Risiko, plötzlichen Herztod zu erleiden. Möglicherweise wird dies durch strukturelle kardiale Veränderungen und arteriosklerotische Ablagerungen in den Gefäßen hervorgerufen (Gansevoort et al., Lancet 2013). RAAS-Hemmung schützt Herz und Nieren Erst rezent scheinen sich pathophysiologische Zusammenhänge zwischen strukturellen Herzerkrankungen wie der HFpEF und der chronischen Niereninsuffizienz zu offenbaren, welche demnach auch für therapeutische Interventionen zugänglich sein könnten. Zahlreiche Studien belegten das Potenzial der RAASBlockade (Renin-Angiotensin-Aldosteron-System), genauer der Angiotensin-Converting-Enzyme-Hemmer (ACEi) und Angio- FOCUS NEPHRO Script tensin-Rezeptor-Blocker (ARB), die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität bei herzinsuffizienten Patienten zu senken (Foody et al., JAMA 2002; Garg et al., JAMA 1995; Mc Murray et al., Eur Heart J 2005). Weiters konnte in randomisierten Studien gezeigt werden, dass RAAS-Blocker bei chronisch niereninsuffizienten Patienten das Risiko verringern, dialysepflichtig zu werden (Lewis et al., N Engl J Med 1993; Ruggeneti et al., Lancet 1999; Lewis et al., N Engl J Med 2001; Brenner et al., N Engl J Med 2001). Umfangreiche Metaanalysen deuten darauf hin, dass der zugrunde liegende Wirkmechanismus möglicherweise unabhängig von der Blutdrucksenkung ist (Yusuf et al., N Engl J Med 2000; Turnbull et al., Lancet 2003). Eine molekulare Erklärung für diese Be­ obachtungen ist jedoch noch ausständig. den Abbau anderer potenziell vasoaktiver Peptide wie beispielsweise Endothelin, Bradykinin, Urodilatin oder Substanz P.­Durch die NEP-Hemmung werden der Abbau der natriuretischen Peptide verhindert und deren kardiovaskuläre Effekte, wie Natriurese, Diurese und Blutdrucksenkung, gefördert. Diese weitreichenden klinischen Effekte machen dieses Enzym aus therapeutischer Sicht äußerst interessant. Es sollte jedoch auch ein Augenmerk auf die sehr zentrale Rolle von NEP im RAAS gerichtet werden, da es Angiotensin I zu Angiotensin 1-7 abbaut, welches als physiologischer Gegenspieler von Angiotensin II gesehen wird (Zimmerman und Burns, Clin Sci 2012). Duale Blockade obsolet: Obwohl die duale RAAS-Blockade (ACEi insuffizienz haben gezeigt, dass NEP-Hemmer erwartungsgemäß den Abbau natriuretischer Peptide reduzierten und die Diurese forcierten (Good et al., J Am Coll Cardiol 1995). Dennoch wollte man diese Effekte verstärken und versuchte daraufhin, zunächst experimentell einen NEP-Hemmer mit einem ACEi zu kombinieren. Es zeigte sich jedoch in der OCTAVE-Studie, welche mit über 25.000 Hypertonikern durchgeführt wurde, dass dieses Medikament verglichen mit Enalapril (ACEi) zu eine höheren Rate an Angioödemen führte (NEP-Hemmer 2,17 %; n = 274/12.609 versus ACEi 0,68 %; n = 86/12.557) (Kostis et al., Am J Hypertens 2004). Vermutlich ist dies auf eine Akkumulation des vasoaktiven Hormons Bradykinin zurückzuführen – da dieses sowohl durch ACE auch als NEP abgebaut wird – und sich daraus dieses Nebenwirkungsprofil ergeben hat. Festzuhalten bleibt jedoch, obwohl die Food and Drug Administration (FDA) diese Substanz 2003 nicht bewilligte, dass in experimentellen Rattenmodellen die Substanz interessanterweise deutlich den intraglomerulären Druck wie auch die Proteinurie senken konnte (Taal et al., J Am Soc Nephrol 2001). & ARB), verglichen mit einem ACEi oder ARB alleine, eine effektivere Albuminurie-Reduktion bewirkt, schlägt sich dieser Effekt nicht in einer Verbesserung klinischer Outcomes nieder. Statt des erwarteten kardiovaskulären Benefits führte die Kombination von ACEi & ARB zu einer erhöhten Rate von Nebenwirkungen wie Hypotonie, Hyperkaliämie und akutem Nierenversagen, wie in der ONTARGET-Studie berichtet wurde (Mann et al., Lancet 2008). Ähnliche Ereignisse wurden auch bei der vorzeitig abgebrochenen ALTITUDE-Studie beobachtet, wo die Kombination von ACEi oder ARB mit einem direkten Renin-Hemmer bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 untersucht wurde (Parving et al., N Engl J Med 2012). Auch bei herzinsuffizienten Patienten führte eine doppelte RAAS-Blockade nicht zu den erhofften klinischen Ergebnissen, sondern war vermehrt mit Nebenwirkungen assoziiert (Makani et al., The BMJ 2013; Messerli et al., J Am Coll Cardiol 2009 ). Neprilysin-Hemmer bei Herzinsuffizienz Interessanterweise tauchen – wieder einmal – Substanzen auf, welche nach einer langen Serie enttäuschender Ergebnisse im kardiovaskulären Sektor möglicherweise dramatische Effekte zeigen, die auch für die Nephrologie von großem Interesse sein könnten. Eine solche Substanzklasse, die bereits vor über einem Jahrzehnt getestet wurde und durch ihren damaligen Kombinationspartner – einem ACEi – von der Bildfläche verschwunden ist, stellt die Gruppe der Neprilysin-Hemmer dar. Hemmung des Abbaus natriuretischer Peptide: Die neutrale En- dopeptidase Neprilysin (NEP) ist eine Metalloprotease, welche als Schlüsselenzym für den Abbau natriuretischer Peptide (ANP, BNP und CNP) verantwortlich ist. Das Enzym wird unter anderem im Gehirn, Gefäßendothel, glatten Muskelzellen, Myozyten, dem Bürstensaum der proximalen Tubuli sowie den glomerulären Epithelien der Niere exprimiert (Mangiafico et al., Eur Heart J 2013; Benigni et al., Kidney Int 2004). NEP ist auch verantwortlich für Enttäuschende Kombination eines Neprilysin-Hemmers mit einem ACE-Hemmer: Erste klinische Experimente bei Patienten mit Herz- Neue Hoffnung durch Kombination eines Neprilysin-Hemmers mit einem ARB: Um die Akkumulation von Bradykinin zu verhindern und die klinisch damit verbundene verstärkte Angioödemneigung zu vermeiden, jedoch weiterhin die beobachteten nephroprotektiven Effekte der NEP-Inhibitoren klinisch nützen zu können, fokussierten sich weitere Studien auf diesem Gebiet auf die Kombination von ARB und NEP-Hemmer (ARNi). Rezent publizierte Studienergebnisse lassen nun hoffen, sowohl Herz- als auch Niereninsuffizienz durch ARNis künftig therapeutisch besser entgegentreten zu können. Hervorgehoben seien die aktuellen Daten der PARADIGM-HF-Studie (Efficacy and safety of LCZ696 compared to enalapril on morbidity and mortality in patients with chronic heart failure; McMurray et al., N Engl J Med 2014; Jessup N., Engl J Med 2014), welche tatsächlich erstaunliche Ergebnisse zeigen: PARADIGM-HF war eine randomisierte, doppelblinde PhaseIII-Outcome-Studie zur Beurteilung der Wirksamkeit und ˘ 17 FOCUS des Sicherheitsprofils von LCZ696 (ARB mit einem NEP-Hemmer kombiniert) gegenüber Enalapril (ACEi) bei 8.442 Patienten mit HFrEF (NYHA-Klasse II– IV). Die Studie wurde im Dezember 2009 gestartet und im März 2014 nach einer medianen Beobachtungsdauer von 27 Monaten frühzeitig, aufgrund der signifikant besseren Ergebnisse von LCZ696, durch das Data Monitoring Committee beendet. Diese multinationale Kooperation stellt bis dato die größte klinische Studie mit herzinsuffizienten Patienten dar. Der primäre Endpunkt dieser Studie war die Evaluierung des Effekts von LCZ696 verglichen mit Enalapril on-top zur derzeitigen StandardtheAbb.: ARNi interferiert mit dem RAAS und dem NP-System. rapie der Herzinsuffizienz (ausgenommen ACEi und ARBs) hinsichtlich des zusammengesetzten Auftretens von karHFpEF-Patienten NT-proBNP signifikant stärker senken konnte, diovaskulärem Tod oder Herzinsuffizienz-assoziierter Hospitafür großes Aufsehen (Solomon et al., Lancet 2012). Derzeit läuft lisierung. Jene Patienten, die LCZ696 erhielten, wiesen ein sidie Rekrutierung von HFpEF-Patienten (NYHA-Klasse II–IV) gnifikant geringeres Auftreten (20 % relative Reduktion) des für die größere PARAGON-HF-Studie. Ziel dieser Studie ist es, primären Endpunktes (21,8 % [HR 0,8, 95%-KI 0,73–0,87, p LCZ696 wiederum mit Valsartan hinsichtlich Auftretens kardio< 0,001]; n = 914) im Vergleich zu Enalapril (26,5 %, n = 1.117) vaskulärer Mortalität und Hospitalisierung bei diesen Patienten auf. In Anbetracht der Dringlichkeit, neue, wirksamere Behandzu vergleichen. lungsoptionen für Herzinsuffizienz zu erhalten und einen raschen Einsatz in der Klinik zu ermöglichen, hat die FDA kürzlich sogar Profitieren auch chronisch ein beschleunigtes Bewilligungsverfahren („Fast Track Designaniereninsuffiziente Patienten? tion“) für die Substanz bewilligt. Diese Studienergebnisse, welche ein Verbesserung von kardialen Neue Medikamentenklasse ARNi: LCZ696, ein ARNi, ist ein Endpunkten zeigen, lassen hoffen, dass auch chronisch niereninKombinationspräparat aus Valsartan (ARB) und der NEP-Hemsuffiziente Patienten von dieser Therapie profitieren können. Bismer-Prodrug AHU377, welche rasch zu LBQ657 metabolisiert her wurde dieses Patientenkollektiv jedoch nicht dezidiert unterwird (Gu et al., J Clin Pharmacol 2010). Die NEP-Hemmung sucht, die bis dato erhobenen Daten basieren auf Tiermodellen durch LBQ657 bewirkt eine gesteigerten Diurese sowie Vasodioder Patienten mit Herzinsuffizienz. Follow-up-Daten der PAlatation. LCZ696 interferiert daher einerseits mit dem ReninRAMOUNT-Studie zeigten nach 36 Wochen eine geringere AbAngiotensin-Aldosteron-System (RAAS) und anderseits mit dem nahme der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) in neurohumoralen System der natriuretischen Peptide (NP-System, der LCZ696-Gruppe verglichen zur Valsartan-Gruppe (LCZ696 siehe Abb.). –1,6 ml/min/1,73 m2 versus Valsartan –5,2 ml/min/1,73 m2; p Bereits im Vorfeld konnte diese Substanz effektiver den systolischen = 0,007). Die PARADIGM-HF-Studie enthielt als sekundären und diastolischen Blutdruck reduzieren als Valsartan alleine (RuiEndpunkt die Verschlechterung der Nierenfunktion, welche jelope et al., Lancet 2010). Weiters sorgten die Ergebnisse der PAdoch nicht signifikant durch LCZ696 beeinflusst wurde. Die UKRAMOUNT-Studie, in der LCZ696 verglichen mit Valsartan bei HARP-III-Studie (UK Heart and Renal Protection III) rekrutiert 18 Fachkurzinformation siehe Seite 45 NEPHRO Script FOCUS momentan Patienten, um LCZ696 und Irbesartan bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz und Proteinurie (eGFR zwischen 20 und 60 ml/min/1,73 m2 und ACR > 20 mg/mmol) zu vergleichen. Diese Studie ist die erste, welche die mögliche Wirksamkeit von ARNi auf eine Progressionsverzögerung der Niereninsuffizienz bei proteinurischen Patienten, im Vergleich zu Irbe­ sartan als Standardtherapie, untersucht. Klärung offener Fragen Niere sowie Langzeiteffekte des ARNi, in der Blutzirkulation durch die Hemmung zweier Regelkreise, nämlich RAAS und NP-System, lassen sich derzeit bestenfalls erahnen. Unsere Arbeitsgruppe versucht mit hochspezifischen, massenspektrometrischen Methoden, mit welchen man einerseits die Angiotensine in der Blutzirkulation quantifizieren kann, andererseits direkt aus dem Gewebe die Enzymaktivitäten, wie zum Beispiel die Aktivität von NEP, nachweisen kann, die zugrunde liegenden Mechanismen der RAASRegulation bei nierenkranken Patienten zu entschlüsseln (Kovarik und Antlanger et al., NDT 2014). Zukünftige Studien sollten einerseits den molekularen Hintergrund rezenter klinischer Studienergebnisse beleuchten und andererseits zeigen, ob die vielversprechenden Ergebnisse aus der PARADIGM-HF-Studie bei chronisch niereninsuffizienten Patienten auch beobachtet werden können und ob insbesondere die Progression der Niereninsuffizienz positiv beeinflusst werden kann. ■ Fachkurzinformation siehe Seite 45 Trotz der Vielzahl weitgehend positiver klinischer Studienergebnisse des ARNi, ist derzeit der molekulare Hintergrund für die beobachteten Effekte der Substanz noch weitgehend unklar. Fraglich bleibt unter anderem, wie sich eine NEP-Hemmung auf die Entwicklung von Alzheimer auswirkt, da eine reduzierte NEPAktivität im Verdacht steht, diese zu begünstigen (Madani et al., J Neurosci Res 2006). Die lokalen Auswirkungen auf Herz und NEPHRO Script 19 FOCUS NEPHRO Script Interview: Fragen zur Praxis Herz & Niere im Fokus Frage 1: Wie beurteilen Sie den Stellenwert/ die Notwendigkeit einer regelmäßigen echokardiografischen Untersuchung bei (älteren) CKD-PatientInnen? Wie oft sollte auf das Vorliegen einer gestörten diastolischen Funktion und damit assoziierten strukturellen Veränderungen gescreent werden? Sollten die Untersuchungsintervalle mit zunehmender Einschränkung der Nierenfunktion verkürzt werden? Frage 2: Wie beurteilen Sie den Einsatz laborchemischer Parameter wie NT-proBNP bei CKD? Sollten diese aus der Diagnostik besser ausgeklammert werden oder als Verlaufsparameter (auch in Korrelation mit der Nierenfunktion) bestimmt werden? Gibt es eine therapeutische Konsequenz? Frage 3: Welche weiterführenden diagnostischen und therapeutischen Konsequenzen ziehen Sie aus der Diagnose einer systo20 wählt, meist bestehend aus Salz- und Proteinrestriktion sowie sorgfältigem Volumsmonitoring. Uneinigkeit besteht hingegen beim Einsatz von das Renin-Angiotensin-System blockierenden Medikamenten speziell bei präterminaler Niereninsuffizienz. Bei Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie wird aus medizinischer Sich meist das Verfahren der Peritonealdialyse zumindest bei HFrEF bevorzugt. Künftig werden hoffentlich prospektive randomisierte klinische Studien mit adäquaten Endpunkten unter Einschluss der richtigen Patientengruppen, unter Berücksichtigung spezifischer Diagnosekriterien zum positiven Verlauf der Erkrankungen (bei allen Stadien der Niereninsuffizienz sowie nach Nierentransplantation) beitragen und neue Aufschlüsse bezüglich optimaler Therapieentscheidungen bringen. Davor oder gleichzeitig müssen aber auch weitere tiefergehende Studien erfolgen, die neben Prävalenz und Inzidenz auch das Krankheitsschicksal längerfristig beobachten sowie die zugrundeliegenden pathophysiologischen Merkmale identifizieren. Einleitung und Interviewfragen: Dr. Marlies Antlanger und Dr. Johannes Kovarik, PhD Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Universitätsklinik für Innere Medizin III, Medizinische Universität Wien lischen Herzinsuffizienz bzw. HFpEF (Heart Failure with Preserved Ejection Fraction) bei PatientInnen mit CKD 3–4? Frage 4: Ein vergrößertes linksatriales Volumen (als Folge einer häufig subklinischen Herzinsuffizienz) ist mit schlechteren Out­ comes vergesellschaftet (Hee et al., CJASN 2014) und wird häufig im Rahmen von Routineechokardiografien festgestellt. Beobachten Sie bei Ihren PatientInnen eine zunehmende Prävalenz dieser Veränderungen? Ist eine Abhängigkeit vom CKD-Stadium bemerkbar? Frage 5: Wie sieht Ihr therapeutischer Approach zum kardiorenalen Syndrom Typ IV bei PatientInnen mit präterminaler Niereninsuffizienz aus? Soll eine RAAS-Blockade initiiert/beendet werden, Diuretika gesteigert werden, ein frühzeitiger Dialysebeginn angedacht werden, neue Substanzen verwendet werden? Frage 6: Wie sollte bei DialysepatientInnen auf die Diagnose einer (symptomatischen) systolischen Herzinsuffizienz bzw. HFpEF reagiert werden (Medikamente/Trockengewicht)? Foto: rangizzz – shutterstock.com D ie erst rezent gewonnenen Erkenntnisse über die Pathophysiologie der Herzinsuffizienz bei chronisch niereninsuffizienten Patienten sowie deren steigende Inzidenz stellen den Kliniker heutzutage vor neue Herausforderungen im klinischen Alltag. Über die richtige und frühzeitige Diagnose chronisch nierenkranker Patienten mit HFrEF (Heart Failure with Reduced Ejection Fraction) und HFpEF (Heart Failure with Preserved Ejection Fraction) sowie die sich daraus ergebende therapeutische Konsequenz besteht unter Experten auf nationaler wie internationaler Ebene Uneinigkeit. Obwohl Einigkeit – auch in den Fachgesellschaften – darüber besteht, dass eine Echokardiografie wichtige Informationen liefern kann, besteht jedoch kein Konsens zu Frequenz und Intervall dieser Untersuchung. Die Verwendung von laborchemischen Hilfsparametern wie NT-proBNP wird zwar oftmals in der klinischen Routine durchgeführt, jedoch wird ihr Stellenwert – zu Recht – sehr kritisch gesehen bzw. sogar gänzlich hinterfragt. Auch das Volumsmanagement gestaltet sich in der klinischen Praxis zum Teil als schwierig, die Methodik ist nicht standardisiert, solide Daten aus relevanten Studien existieren praktisch kaum. Bei dieser derzeit noch dünnen Datenlage zur optimalen Behandlungsstrategie von niereninsuffizienten PatientInnen mit HFrEF bzw. HFpEF wird oftmals ein polypragmatischer Therapieansatz ge- FOCUS NEPHRO Script OÄ Dr. Elisabeth Dittrich Foto: rangizzz – shutterstock.com 6. Medizinische Abteilung mit Nephrologie und Dialyse, Wilhelminenspital, Wien Antwort Wir führen routinemäßig jährliche echokardiografische Kontrollen durch, zusätzlich im Bedarfsfall bei klinischer Auffälligkeit. Antwort Ich sehe NT-proBNP bei CKDPatienten vorwiegend als Prognoseparameter. Ich denke allerdings dass der Parameter, mit entsprechenden Einschränkungen, auch als Orientierungshilfe im Verlauf gut genützt werden kann. Antwort Vorrangig sind sicher eine möglichst optimale Blutdruckeinstellung und Volumsmanagement sowie Frequenzkontrolle. Hieraus ergibt sich der Einsatz von ACE-Hemmern oder AT1-Blockern, aber auch Aldosteronantagonisten – soweit möglich bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz. Weiters können auch Betablocker, Ca-Antagonisten und Diuretika die Therapie ideal ergänzen. Auch klassische Lebensstilmodifikation (Kochsalzrestriktion, Gewichtsreduktion etc.) sollte genützt werden. Antwort Eine valide und belegte Aussage bezüglich der Prävalenz, auch bezüglich des CKD-Stadiums, kann ich derzeit nicht machen. Es ist wahrscheinlich ein Parameter, der uns zunehmend zur weiteren prognostischen Einschätzung unserer Patienten dienen wird. Antwort Ich denke, es sollte eine regelmäßige Optimierung hinsichtlich Anämiekorrektur, sekundärem Hyperparathyreoidismus und des Volumsmanagements erfolgen. Eine meist schon laufende RAAS-Blockade sollte meiner Meinung nach bis zum Auftreten etwaiger Kontraindikationen weitergeführt werden. Wichtig ist sicher, bei Volumsbelastung eine rasche Rekompensation anzustreben und bei Versagen konservativer Maßnahmen auch frühzeitig mit einer Nierenersatztherapie (z. B. Peritonealdialyse) zu beginnen. Antwort Essenziell ist ein rigoroses Trockengewichts- und Volumsmanagement, auch mit entsprechender Trinkmengenbeschränkung. ao. Univ.-Prof. Dr. Martin Haas Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Universitätsklinik für Innere Medizin III, Medizinische Universität Wien Antwort Die Herzinsuffizienz, unabhängig ob mit reduzierter (HFrEF) oder mit erhaltener linksventrikulärer Ejektionsfraktion (HFpEF) trägt wesentlich zur erhöhten Mortalität von Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion bei. Das Mortalitätsrisiko ist bei beiden Formen der Herzinsuffizienz ähnlich hoch und steigt mit zunehmender Verschlechterung der Nierenfunktion. Prinzipiell ist eine Echokardiografie bei allen Patienten mit Erstdiagnose einer eingeschränkten Nierenfunktion sinnvoll. Ein Verlaufsscreening ist erst bei symptomatischen Patienten notwendig. Die Intervalle sind von zusätzlich bestehenden kardialen Erkrankungen abhängig und können von 6 Monaten (mittel- bis höhergradige Klappenvitien) bis 2 Jahre (leicht- bis mittelgradige Linksventrikelhypertrophie) variieren. Antwort NT-proBNP oder BNP korrelieren bei chronischer Niereninsuffizienz u. a. eng mit der Mortalität, der linksventrikulären Hypertrophie, dem Flüssigkeitsstatus und der Restnierenfunktion. Eine Erhöhung dieser Marker deutet daher zwar auf eine Pathologie hin, diese kann jedoch erst mittels Echo sinnvoll diagnostiziert werden. Routinemäßige Kontrollen sind aufgrund fehlender Normwerte, der multiplen Ursachen einer Erhöhung der Biomarker sowie fehlenden Studien zur Konsequenz einer Senkung von BNP oder NT-proBNP bei CKD nicht sinnvoll. Antwort Die HFpEF ist durch eine normalbis mittelgradig reduzierte Linksventrikelfunktion mit klinischen Zeichen einer kardialen Dekompensation (v. a. Dyspnoe) gekennzeichnet. Unabhängig von der Nierenfunktion sollte daher primär nach behandelbaren kardialen und nichtkardialen Ursachen der klinischen Beschwerden gesucht werden (Hyperhydratation, Vorhofflimmern, Linksschenkelblock, COPD etc.). Die isolierte HFpEF ist nicht behandelbar. Sowohl ACE-Hemmer wie auch AT1-Blocker und Aldosteronantagonisten zeigten sich in prospektiven, randomisierten Studien unwirksam. Umso mehr ist daher eine Optimierung sekundärer Faktoren notwendig. Antwort Eine Vergrößerung des linken Vorhofs ist von der Dauer und dem Stadium einer chronischen Niereninsuffizienz abhängig. Während ein Großteil der Dialysepatienten eine Vergrößerung des linken Vorhofs aufweist, so besteht bei inzipienter Niereninsuffizienz, insbesondere auf Basis einer Glomerulonephritis, häufig ein strukturell unauffälliges Herz. Eine Beurteilung, inwiefern die Prävalenz der Vorhofvergrößerung zunimmt, kann aufgrund der fehlenden Daten nicht erfolgen. Subjektiv betrachtet dürfte die Prävalenz unverändert hoch sein. Antwort Eine Änderung der bestehenden, klassischen Herzinsuffizienztherapie (RAASBlockade, Diuretika) beschleunigt beim kardiorenalen Syndrom Typ IV die Progression der Herz- bzw. Niereninsuffizienz, statt sie zu verbessern. Das wesentliche Therapieziel ist daher die Vermeidung von Sekundärkomplikationen wie Hyperhydratation, sekundärer Hyperparathyreoidismus bzw. vaskuläre Kalzifikation. Eine frühzeitige Andialyse (insbesondere mittels Peritonealdialyse) ist vor allem bei Diuretikaresistenz notwendig. Antwort Bei symptomatischen Patienten sollte das Trockengewicht weitestmöglich gesenkt und der Blutdruck im niedrignormalen Bereich eingestellt werden. Zusätzlich könnte eine Optimierung der Eisen- und Erythropoetin-Therapie eine Verbesserung der Symptome bewirken. Weiter auf Seite 22 ˘ 21 FOCUS NEPHRO Script OA Dr. Manfred Wallner 4. Interne Abteilung, Bereich Nephrologie, Klinikum WelsGrieskirchen Antwort Eine regelmäßige echokardiografische Untersuchung bei älteren (> 50 a) CKDPatienten (ab Stadium 3) ist aus verschiedenen Gründen indiziert: Beurteilung der Linksventrikelhypertrophie, Abschätzung des Schweregrades eines eventuell vorliegenden Vitiums, in späteren Stadien der CKD dann Nachweis eines eventuell vorhandenen Perikardergusses. Im Stadium 3 reicht eine 1-mal jährliche Echokardiografie, ab Stadium 4 dann 2-mal jährlich. Ein zusätzliches Screening auf eine diastolische Dysfunktion sollte bei klinischen Zeichen einer Herzinsuffizienz und normaler oder nur gering reduzierter Linksventrikelfunktion erfolgen. Antwort Der routinemäßige Einsatz einer NT-proBNP-Bestimmung bei Nierenpatienten ist nicht gerechtfertigt. Ein hoher Wert korreliert zwar mit dem Vorhandensein einer systolischen wie auch diastolischen Funktionsstörung, allerdings ist die GFR ein typischer Confounder bei der Beurteilung und muss berücksichtigt werden. In Einzelfällen und aus akademischem Interesse kann eine Bestimmung, auch im Verlauf, sinnvoll sein. Eine therapeutische Konsequenz allein aus der NT-proBNPBestimmung ergibt sich nicht, allerdings eine diagnostische: weitere Abklärung hinsichtlich der Ursachen der Herzinsuffizienz (Hypertonie, Hypervolämie, Ischämie, Vitium etc.). Antwort Thoraxröntgen, 24-h-Blutdruckmessung, Koronar-CT-Angiografie bzw. Koronarangiografie, ev. Langzeit-EKG. Je nach Ergebnis der Untersuchungen Intensivierung der blutdrucksenkenden Therapie, Einsatz von Diuretika und/oder Revaskularisierung. Antwort Es handelt sich um ein bekanntes Phänomen, dessen Häufigkeit sicher mit dem CKD-Stadium zunimmt. Ob die Prävalenz in den letzten Jahren gestiegen ist, wage ich zu bezweifeln. 22 Antwort Der therapeutische Zugang zu diesen Patienten muss differenziert erfolgen und erfordert ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl, da es sich dabei um kein homogenes Krankheitsbild handelt. Es kann durchaus sinnvoll sein, eine RAAS-Blockade zu reduzieren oder gar zu beenden. Bei manchen Patienten wiederum kann der Beginn einer (vorsichtig dosierten) RAAS-Blockade indiziert sein. Auch der Einsatz/die Steigerung von Diuretika muss wohlüberlegt erfolgen. Alternativ kommt auch eine nächtliche Peritonealdialyse mit Icodextrin in Frage. Für neuere Substanzen (Vaptane, BNP-Analoga) gibt es bisher wenig überzeugende Daten. Als Ultima Ratio ist der Beginn der Dialyse eine Option. Antwort Überprüfung der Kochsalzbilanz und Reduktion des Trockengewichtes bei klinisch manifester oder anderweitig nachgewiesener Überwässerung als erste Maßnahme. Überprüfung der Blutdruckeinstellung (24-hRR-Messung). Ausschluss einer wirksamen KHK. Medikamentös: Betablockade und/oder RAAS-Blocker, Intensivierung der Dialysebehandlung (Zeit, Frequenz). Prim. Univ.-Doz. Dr. René R. Wenzel Abt. für Innere Medizin, AÖKH Zell am See und Akademisches ­Lehrkrankenhaus der Paracelsus Univ.-Klinik Salzburg Antwort Die Evidenz für regelmäßige echokardiografische Untersuchungen bei höhergradiger CKD ist hinsichtlich der therapeutischen Konsequenzen – wie bei vielen anderen Interventionen bei diesem Patientenkollektiv – leider sehr schlecht, lediglich gibt es prognostische Aussagen bzgl. der häufigen dias­tolischen Funktionsstörungen im Rahmen der linksventrikulären Hypertrophie. Aus der Extrapolation aus den Daten bei nierengesunden Patienten wird eine RAS-Blockade empfohlen, die auch Surrogatendpunkte bei CKD positiv beeinflusst. Aus meiner Sicht ist daher – auch im Sinne einer ressourcenschonenden Vorgangsweise – eine jährliche echokardiografische Kontrolle ausreichend, sofern nicht zusätzlich Vitien oder akute Koronarsyndrome vorliegen. Antwort Die Bestimmung des NT-proBNP ist bei CKD bekanntermaßen umstritten. Selbstverständlich ist der klinische Eindruck aber der entscheidende Parameter. Jedoch haben wir insbesondere bei den kardiorenalen Syndromen (V. a. Typ 1 und 2) sehr gute Erfahrungen beim intraindividuellen Verlauf, unterstützend für die Indikationsstellung einer Hospitalisierung mit positiv inotroper Therapie (Levosimendan u. a.). Antwort Auch hier ist die Evidenz für therapeutische Maßnahmen selbst bei nierengesunden weiterhin schwach, letztlich sind Diuretika häufig notwendig und auf Basis der Studien mit den Sartanen bei diastolischer Herzinsuffizienz mit normaler systolischer Funktion werden diese Patienten mit einer RAS-Blockade behandelt. Antwort Wir haben bisher keine systematischen Untersuchungen geführt, legen aber Wert auf die linksatriale-Größe als prognostischen und auch therapeutischen Parameter. Die Größe des linken Atriums, vor allem aber die neuerdings messbare systolische LA-Funktion, bieten vermutlich wichtige zusätzliche Aussagekraft für die Prognose, das Risiko von Vorhofflimmern und auch den Erfolg therapeutischer Maßnahmen. Ich bin überzeugt, dass der Stellenwert der LA-Größe und -Funktion in den nächsten Jahren zunehmen wird und möglicherweise – neben der Speckle-Analyse – sensitivere Parameter liefern könnte. Antwort Auch hier ist die Evidenz bisher leider erschreckend schwach (s. Kardiorenales Syndrom [Hrsg.: G. Mayer], Kapitel CRS Typ 4; Unimed-Verlag 2013). Wir führen die RAASBlockade grundsätzlich so lange wie möglich weiter, dosieren die Diuretika in erster Linie nach Klinik, Gewichtsverlauf und ggf. VCIDurchmesser. Die Indikationsstellung für ein extrakorporales Verfahren stellen wir bei häufigen kardialen Dekompensationen oft sehr FOCUS NEPHRO Script früh, d. h. in Einzelfällen sogar bei einer GFR von 30 ml/min, wenn die Herzinsuffizienz konservativ nicht mehr sinnvoll zu beherrschen ist. Häufig können diese Patienten nach einigen Wochen/Monaten wieder in einen (vorübergehend) dialysefreien Bereich kommen, früher oder später werden sie jedoch meist dauerhaft dialysepflichtig. Wenn möglich, bevorzugen wir die Peritonealdialyse, mit sehr guten Erfahrungen. In unserer Analyse von 2012 lag bei 183 PatientInnen mit einer Erstdialyse in 21 % der Fälle ein kardiorenales Syn- Claudio Ronco, MD Director, Department Nephrology, Dialysis & Transplantation, International Renal Research Institute (IRRIV), San Bortolo Hospital, Vicenza, Italy Do you regularly refer your (elderly) CKD patients to echocardiography examinations? How often should the existence of diastolic dysfunction and associated structural changes be evaluated? Should examination intervals be shortened with progressing renal disease? Principally, echocardiographic examination is recommendable for these patients. In our center, we refer them to a yearly examination. How do you judge the utilization of ancillary laboratory parameters (NT pro-BNP) in CKD? Should these parameters better be excluded from the diagnostic process or determined in order to monitor disease progress (also in relation to renal function)? Are there potential therapeutic consequences? Although we are aware of the limited diagnostic significance of NT-proBNP, we still use this laboratory parameter in the clinics. To get further diagnostic information, we additionally use bioimpedance measurement in conjunction. In a patient with CKD 3–4, which further dia­ drom vor, davon konnten immerhin 23 % mit einer Peritonealdialyse (PD) primär oder sekundär behandelt werden. Antwort Derzeit sehe ich keine Evidenz, bei diesen Patienten anders vorzugehen. Die Klinik und der erfahrene nephrologische Blick geben das Trockengewicht vor. Patienten mit einer schweren linksventrikulären Hypertrophie reagieren jedoch auf schnellen bzw. zu starken Volumenentzug nicht selten negativ, vermutlich durch eine dann auftretende intra- ventrikuläre Obstruktion. Wir führen eine möglichst intensive RAS-Blockade fort, eine intensivere schonende Hämodialysetherapie (tägliche nächtliche Dialyse. 3–4-mal 6 Stunden/ Woche u. a.), wie sie in Frankreich durchgeführt wird, wirkt sich eindeutig für die Hypertonie und auch die LVH positiv aus. Der Stellenwert neuerer Substanzen, wie z. B. Cinacalcet, Calcitriol u. a.) muss sich noch in großen Studien mit harten Endpunkten zeigen, derzeit gibt es nur Hinweise aus Subanalysen für einen möglichen Benefit. gnostic and therapeutic consequences do you draw after the diagnosis of systolic heart failure and heart failure with preserved ejection fraction (HFpEF), respectively? To provide optimal treatment options for this specific patient cohort we are in close collaboration with the experts from our department of cardiology. An increased left atrial volume (often subsequent to subclinical heart failure) has proven to associate with worse outcomes (Hee et al., CJASN 2014) and is often seen during routine echocardiography. Are you observing an increasing or decreasing prevalence of these changes in your patients? Does the prevalence of these changes associate with the CKD stage? So far, we did not address this aspect statistically. Current improved diagnostic and imaging tools offer new possibilities for better monitoring of the pathophysiological alterations in CKD. In the light of recent publications ambiguity persists concerning sodium intake of heart failure patients (Oparil, NEJM 2014). Which dietary recommendation do you give your CKD patients with heart failure? Most of our patients are already on a sodium and protein restricted diet because of a concomitant CKD. Many CKD patients show elevated systolic pulmonary artery pressure measurements on echocardiography. Do you recommend further invasive testing to confirm/rule out pulmonary hypertension? If so, in which patients? When should this testing be done in dialysis patients (before/after the dialysis session)? It is important to perform this further in depth evaluation before the start of renal replacement therapy. Another crucial issue to consider is the modality (PD or HD). If HD is chosen, i. v. catheter or fistula may be a significant choice. In a patient with advanced CKD (stage 4–5), how do you therapeutically approach the cardiorenal syndrome type IV? Should RAAS blockade be initiated/terminated? Do you in­crease diuretic dose, plan for early dialysis initiation? Are there any new substances worth looking into? This is a question of high relevance that will have an entire debate at the European Society of Cardiology in Barcelona. We will report the results at the ÖGHN in Baden. How should a dialysis patients with systolic heart failure or symptomatic HFpEF be treated ideally (medication/dry weight/dialysis duration)? In this regard, peritoneal dialysis is a treatment that presents some advantages. In case of obligatory use of HD, strict control of ultrafiltration and blood volume is mandatory. Again, the choice of the vascular access is also an important issue. 23 Hypertonie | TOPICS NEPHRO Script der renalen Sympathikusdenervierung ist es, in der Adventitia verlaufende Fasern des Sympathikus zu veröden und auf diese Weise den Blutdruck zu beeinflussen. uu Die anfängliche Euphorie über die neue Methode wurde bedingt durch die enttäuschenden Ergebnisse der SIMPLICITY-HTN-3-Studie von einer Phase der kritischen Analyse abgelöst. uu Bei ausgesuchten therapierefraktären Hypertonikern mit sehr hohem Mortalitätsrisiko stellt die renale Sympathikusdenervierung weiterhin eine Therapieoption im Rahmen von kontrollierten Studien dar. uu Ziel Rückblick und Ausblick Renale Sympathikusdenervierung L aut einer vor kurzem im „Lancet“ publizierten Analyse bleibt die arterielle Hypertonie weltweit der Hauptrisikofaktor für Todesfälle und für Erkrankungen, die zu einer Behinderung führen.1 Dies, obwohl die Mehrzahl der Patienten durch medikamentöse Therapien erfolgreich behandelt werden könnte. Allerdings kann bei einem kleinen Prozentsatz behandelter Hypertonikern trotz Ausschöpfens aller medikamentösen Therapiemöglichkeiten keine ausreichende Blutdruckkontrolle erreicht werden. Diese therapierefraktären Patienten haben kurz- und mittelfristig ein exzessiv erhöhtes absolutes Risiko (21,3 %), innerhalb von 4 Jahren ein schweres kardiovaskuläres Ereignis (kardiovaskulärer Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall) zu erleiden. Zusätzliche Therapieoptionen, um den Blutdruck zu senken, sind daher für diese Höchstrisikogruppe wünschenswert und notwendig.2 Entwicklung des Therapieprinzips Im Jahr 2009 wurde erstmals in einer Proof-of-Principle-Studie die renale Sympathikusdenervierung (RSD) als interventionelle Methode zur Therapie der Hypertonie vorgestellt.3 Bei der RSD wird ähnlich einer angiografischen Untersuchung ein spezieller Katheter in die Nierenarterien eingeführt, über den im Lumen der Nierenarterien Energie (Radiofrequenzenergie oder Ultraschall) abgegeben wird. Ziel ist es, in der Adventitia verlaufende Fasern des Sympathikus zu veröden und auf diese Weise den Blutdruck zu beeinflussen. Basis für die Idee, durch Unterbrechung der Sympathikusaktivität eine Blutdrucksenkung zu bewirken, waren Beobachtungen in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Damals, also noch vor der Entwicklung von antihypertensiv wirksamen Medikamenten, wurden schwerste Hypertonieformen mittels chirurgischer Sympathektomie mitunter erfolgreich behandelt. 24 Dr. Katharina Hohenstein Univ.-Prof. Dr. Bruno Watschinger Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Universitätsklinik für Innere Medizin III, Medizinische Universität Wien Die hohe Komplikationsrate des Eingriffs und die spätere Verfügbarkeit von antihypertensiven Medikamenten ließen diesen Therapieansatz allerdings in Vergessenheit geraten. Nun wurde die Sympathektomie mittels renaler Sympathikusdenervierung als ein wenig invasives, interventionelles Verfahren wieder aufgegriffen und bis zur klinischen Anwendung weiterentwickelt. In ersten unkontrollierten Studien mit relativ kleinen Fallzahlen zeigte sich bei Patienten mit resistenter Hypertonie eine Senkung des Office-Blutdrucks (BD) 6 Monate nach der Intervention von meist mehr als 25/10 mmHg. In einer Metaanalyse der unkontrollierten Studien lag die Senkung des Office-BD nach 6 Monaten bei 25/10 mmHg. Die Senkung des 24-h-BD nach RSD war deutlich geringer ausgeprägt als die Senkung des Office-BD – sie betrug meist 5–10 mmHg (systolischer BD) (vergleichbar mit Ergebnissen von Medikamentenstudien, die im Office-Blutdruck TOPICS | Hypertonie auch durchwegs stärkere Blutdruck-Senkungen zeigen). In nichtrandomisierten Studien und Fallserien wurden auch günstige Effekte der RSD auf Linksherzhypertrophie, diastolische Herzfunktion, Gefäßsteifigkeit und Pulswellenreflexionen sowie auf die Inzidenz einer Albuminurie gezeigt. Bisher liegen aufgrund der erst kurzen Verfügbarkeit der RSD noch keine Studien zu klinischen Endpunkten vor. Die anfängliche Euphorie über die neue Methode wurde bedingt durch die Ergebnisse einer neuen placebokontrollierten Studie (SIMPLICITY HTN-3)4 von einer Phase der kritischen Analyse und Nachdenkpause abgelöst. SIMPLICITY HTN-3: neue Erkenntnisse Eine von der amerikanischen Zulassungsbehörde (FDA) geforderte Placebo-kontrollierte Studie (SIMPLICITY HTN-3; mit einer Sham-Procedure in der Kontrollgruppe) wurde heuer im Frühjahr publiziert und zeigte zur Überraschung vieler keinen Unterschied in den Blutdruckwerten nach 6 Monaten zwischen der RSD-behandelten und der nicht behandelten Kontrollgruppe.4 Bei den 364 Patienten der RSD-Gruppe kam es nach 6 Monaten zu einer Absenkung des Office-BD um 14/7 mmHg und des 24h-BD um 7/4 mmHg, bei den 171 Patienten der Sham-Gruppe um 12/5 mmHg (Office-BD) und 5/3 mmHg (24-h-BD). Es kam in der gesamten Studienpopulation zu einer signifikanten BD-Reduktion, allerdings waren die Unterschiede zwischen den Gruppen nicht signifikant. In der Gruppe der Afroamerikaner zeigten Placebo-behandelte Patienten nach 6 Monaten einen stärkeren BD-Abfall als RSD-behandelte. Die übrigen Studienteilnehmer (überwiegend Kaukasier) zeigten hingegen eine signifikante Senkung des Office-SBP in der RSD-Gruppe (Unterschied 6,6 mmHg vs. Sham-Gruppe). Die Senkung des Office-SBD in der RSD-Gruppe und in der Sham-Gruppe war stark vom AusgangsBD abhängig. In der RSD-Gruppe sank der SBD um 25,7, 13,8 bzw. 6,6 mmHg, bei einem Ausgangs-SBD von > 184, 184–170 bzw. < 170 mmHg. 12-Monats-Ergebnisse: Anfang September wurden beim European Society of Cardiology Meeting 2014 in Barcelona die 12-MonatsErgebnisse des SIMPLICITY-HTN-3-Trials vorgestellt. Nach Beendigung der initialen 6-monatigen Studienphase und der Entblindung wurde bei 101 der 171 ursprünglich Sham-behandelten Patienten eine Denervierung durchgeführt. Die verbliebenen 70 Patienten wurden nicht interveniert und dienten für die 12-Monats-Evaluierung als Kontrollgruppe. Nach einem Jahr blieb das Sicherheitsprofil unverändert stabil. Der Composite-Safety-Endpunkt (Gesamtmortalität, prozedurale Komplikationen und Major-Adverse-Events) betrug 6,8 %, 5,3 % bzw. 7,2 % in der urspünglichen RSD-Gruppe, der Crossover-Subgruppe und der Nicht-Crossover-Subgruppe. In allen Gruppen war nach 12 Monaten der Blutdruck im Vergleich zum Studienbeginn gesenkt, wobei in der nicht-intervenierten Gruppe, anders als in der RSD- NEPHRO Script Tab.: Patientenbezogene Faktoren, die eine renale Sympathikusdenervierung rechtfertigen können • erhöhte Blutdruckwerte im ambulanten Blutdruckmonitoring (24-h-Durchschnitt > 145/90 mmHg) • optimierte medikamentöse Therapie zumindest über 3 Monate (5 oder mehr synergistisch wirkende Antihypertensiva in maximal verträglicher Dosierung inklusive Therapie/Versuch mit Spironolakton) • Evaluierung hinsichtlich Adhärenz • ausgeschlossene Pseudoresistenz • ausgeschlossene behandelbare sekundäre Hypertonie • optimierte Komedikation • optimierte Lebensstilfaktoren • hohes kurz- oder mittelfristiges kardiovaskuläres Risiko • GFR > 45 ml/min • geeignete Anatomie der Nierenarterien • Alter > 18 und < 85 Jahre Gruppe, die Senkung nach 12 Monaten weniger stark ausgeprägt war als nach 6 Monaten.5 Welche Patienten profitieren wirklich? Zweiflern geben die Ergebnisse der SIMPLICITY-HTN-3-Studie Anlass, den frühzeitigen Tod der Methode zu verkünden. Methodische Fragen des Studienaufbaus lassen aber nicht ausschließen, dass die RSD für einzelne Patientengruppen dennoch wertvoll und ihr differenzierter Einsatz doch sinnvoll sein kann. Offene Fragen ergeben sich aufgrund folgender Studiendetails: die Mehrzahl der Patienten wurden nicht an spezialisierten Hypertoniezentren betreut, die Screeningphase vor der Randomisierung betrug lediglich 2 Wochen (möglicherweise ein zu kurzer Zeitraum, um die Diagnose einer therapierefraktären Hypertonie abzusichern). Trotz der strikten Empfehlung im Protokoll, die antihypertensive Medikation in den ersten 6 Monaten nach dem Eingriff nicht zu ändern, wurden Änderungen in 38 % der RSD-Gruppe und 40 % der Sham-Gruppe vorgenommen. Mehr als die Hälfte der Interventionisten hatten nur geringe Erfahrung (≤ 2 Interventionen) mit dem Kathetersystem. Leider konnte auch nach Analyse der 12-Monats-Daten die Rolle/Bedeutung der oben erwähnten offenen Punkte nicht sicher geklärt werden. Die klinische Erfahrung (außerhalb von Studien) zeigt, dass bei Anwendung einer strengen Indikationsstellung nur sehr wenige Patienten für den Eingriff in Frage kommen. In retrospektiven Analysen von Hypertoniezentren betrug der Anteil an Patienten, die für eine RSD in Frage kamen, nur 0,8 % bzw. 1,2 % aller Hypertoniker. Die Hauptursachen waren zu niedrige BD-Werte bei wiederholter Messung sowie Weißkittelhochdruck, ein unzureichendes medikamentöses Regime bzw. eine zu schlechte Nierenfunktion (auch in der SIMPLICITY-HTN-3-Studie wurden von 1.441 primär untersuchten Patienten 880 nicht randomisiert). Die klinische Erfahrung zeigt aber auch, dass bei manchen ˘ 25 Hypertonie | TOPICS NEPHRO Script Patient: E. S., weiblich, 75 Jahre, St. p. rezidivierende hypertone Krisen Entwicklung Blutdruck Blutdruck 147/72 mmHg* Blutdruck 135/69 mmHg* ¢ –12 mmHg –3 mmHg Systole Diastole * Durchschnittswerte der 24 h-RR-Untersuchung Entwicklung Präparate 8 Präparate • Alpha-Blocker • ARB • Beta-Blocker • CCB • HCT • Nitrat • Spironolacton • zentral wirksam ¢ 4 Präparate • Alpha-Blocker • Beta-Blocker • Nitrat • Spironolacton –4 Präparate** ** Präparate von Patientin selbstständig abgesetzt Abb.: Verbesserung der 24-h-Blutdruckkontrolle einen Monat nach renaler Sympathikusdenervierung Patienten eine signifikante Blutdrucksenkung stattfindet, die vor allem bei dem sehr hohen kardiovaskulären Risiko relevant in Hinblick auf Morbidität und Mortalität sein kann (Abb.). ÖGH-Empfehlungen Von Seiten der Österreichischen Gesellschaft für Hypertonie wurden aufgrund der neuen Erkenntnisse die bisherigen Empfehlungen zur renalen Sympathikusdenervierung überarbeitet und wie folgt zusammengefasst:6 Voraussetzungen für den Einsatz der renalen Sympathikusdenervierung bei ausgewählten therapierefraktären Hypertoniepatienten sind: 1. Eine genaue Abklärung der Hypertonieursache, des Blutdruckverlaufs und eine Überprüfung der antihypertensiven Therapie vor einer eventuellen RSD sind obligat (ambulante 24-h-BDMessung, Ausschluss sekundärer Hypertonieursachen, Ausschluss von Medikamenten-Adhärenz-Problemen) Ein Therapieversuch mit Aldosteronantagonisten ist durchzuführen, wenn keine Kontraindikation vorliegt. 2. Das Vorliegen einer therapierefraktären Hypertonie (fehlendes Erreichen der Blutdruck-Zielwerte unter zumindest 5 sinnvoll kombinierten Antihypertensiva in maximal verträglicher Dosierung, d. h. 24-h-BD-Wert > 145/90 mmHg). Eine RSD bei 26 einem Office-SBD < 170 mmHg erscheint nicht sinnvoll, unabhängig vom Vorliegen von Komorbiditäten. 3.Die (Mit-)Betreuung der RSD-Kandidaten muss im Vorfeld der Intervention für mindestens 3 Monate durch einen Hypertoniespezialisten erfolgen. Wenn tatsächlich eine anders nicht behandelbare therapierefraktäre Hypertonie und ein daraus resultierendes hohes kardiovaskuläres Risiko vorliegt, kann ausgewählten Patienten nach sorgfältiger Nutzen-Risko-Abwägung eine RSD angeboten werden. 4. Der Eingriff muss an einem Zentrum mit Expertise in der Betreuung therapierefraktärer Patienten, Erfahrung in der Durchführung interventioneller Eingriffe und im Management potenzieller Komplikationen durchgeführt werden. 5. Die RSD soll derzeit im Rahmen von kontrollierten Studien durchgeführt werden. Falls aus klinischer Notwendigkeit eine RSD außerhalb von Studienbedingungen, aber unter Einhaltung oben erwähnter Kriterien durchgeführt wird, sind der Eingriff sowie der postinterventionelle Verlauf im nationalen TREND-Register der Österreichischen Gesellschaft für Hypertensiologie zu dokumentieren. 6. Patienten nach einer RSD müssen in Kooperation mit einem Hypertensiologen, idealerweise in engem Kontakt mit dem Interventionszentrum nachbetreut werden. AUSBLICK: Aufgabe zukünftiger Studien wird es sein, jene Pati- entenpopulationen zu definieren, bei welchen die Denervierung erfolgreich sein kann. Derartige Studien befinden sich derzeit in der Planungsphase. Es wird auch wichtig sein, Methoden zu entwickeln, die eine erfolgreiche Denervierung bereits während des Eingriffs erkennen lassen und damit zu einer höheren Treffsicherheit der Methode führen. Erst nach der Beantwortung dieser Fragen kann aus unserer Sicht die Methode endgültig bewertet werden. Vorzeitig sollte man die renale Sympathikusdenervierung nicht „ad acta“ legen. Bei ausgesuchten therapierefraktären Hypertonikern mit sehr hohem Mortalitätsrisiko stellt die Sympathikusdenervierung sicher weiter eine Therapieoption dar und kann am besten im Rahmen von Studien, auf jeden Fall aber im Rahmen eines prospektiven Registers (TREND-Register der Österreichischen Gesellschaft für Hypertensiologie) angeboten werden. Der breite, unüberlegte und vorschnelle Einsatz der renalen Sympathikusdenervierung „bei unkomplizierten Hypertonikern“ ist seit der SIMPLICITY-HTN-3-Studie jedenfalls nicht mehr gerechtfertigt. ■ Lim S.S. et al.: A comparative risk assessment of burden of disease and injury attributable to 67 risk factors and risk factor clusters in 21 regions, 1990–2010: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2010. Lancet 2012; 380: 2224–60 2 Watschinger B. et al.: Klassifikation, Diagnostik und Therapie der arteriellen Hypertonie 2013: Empfehlungen der Österreichischen Gesellschaft für Hypertensiologie (ÖGH). Journal für Hypertonie – Austrian Journal of Hypertension 2013; 17 (3): 99–108 3 Krum H. et al.: Catheter-based renal sympathetic denervation for resistant hypertension: a multicentre safety and proof-of-principle cohort study. Lancet 2009; 373: 1275–1281 4 Bhatt D.L. et al.: A controlled trial of renal denervation for resistant hypertension. N Engl J Med 2014; 370: 1393–1401 5 Bakris G.; http://congress365.escardio.org, accessed 6.9.2014 6 Weber T. et al.: Renale Sympathikusdenervierung 2014 in Österreich: Update der Empfehlungen der Österreichischen Hochdruckliga. Journal für Hypertonie – Austrian Journal of Hypertension 2014; 18 (2): 54–60 1 Atherosklerose | TOPICS NEPHRO Script uu Mit abnehmender Nierenfunktion nimmt die Inzidenz und Prävalenz von Gefäßverkalkung überproportional zu (Syndrom der CKD-MBD [Chronic Kidney Disease – Mineral and Bone Disorder]), kardiovaskuläre Erkrankungen sind die Haupttodesursache bei terminaler Niereninsuffizienz. uu Die Pathophysiologie dieser Gefäßverkalkungen ist komplex und nur in Ansätzen verstanden. uu Die unterschiedliche Kalzifizierungsneigung in unterschiedlichen Gefäßabschnitten scheint ursächlich nicht so sehr mit hämodynamisch unterschiedlicher Beanspruchung zusammenzuhängen, sondern mit dem in Bezug auf die Gefäßanatomie heterogenen embryonalen Ursprung der glatten Muskelzellen, die deshalb sowohl in vitro als auch in vivo auf äußere Reize unterschiedlich (Proliferation etc.) reagieren. Zusammenhang zwischen Gefäßverkalkung und anatomischer Lokalisation Arterielle Mediasklerose K ardiovaskuläre Erkrankungen sind die Haupttodesursache bei terminaler Niereninsuffizienz.1 Mit abnehmender Nierenfunktion nimmt die Inzidenz und Prävalenz von Gefäßverkalkung überproportional zu, die kardiovaskuläre Mortalität steigt.2, 3 Die Gefäßverkalkung findet zwar auch beim Nierenkranken vorwiegend in der Gefäßintima statt. 4–6 Überproportional häufig tritt jedoch auch eine Verkalkung der Media auf, im Sinne der Mönckeberg’schen Mediasklerose. Der Nachweis von Gefäßverkalkungen bringt bei Niereninsuffizienten (und auch bei Nierengesunden) eine schlechte Prognose mit sich. Egal ob es sich um eine Koronargefäßverkalkung gemessen mittels CT-basierter Techniken (Agatson-Score, z. B. Block et al., 20057) oder eine Verkalkung der abdominellen Aorta an der simplen Abdomen-leerAufnahme (z. B. Blacher et al., 20018) handelt, Gefäßkalk bedeutet eine erhöhte Mortalität. Die Pathophysiologie dieser Gefäßverkalkungen ist komplex und nur in Ansätzen verstanden. Beim Niereninsuffizienten werden diese Gefäßverkalkungen aufgrund direkter bzw. indirekter Zusammenhänge mit dem Knochen- und Mineralstoffwechsel zum Syndrom der CKD-MBD (Chronic Kidney Disease – Mineral and Bone Disorder) zusammengefasst.9 So weit, so bekannt Im klinischen Alltag fällt auf, dass manche Arterien besonders häufig, andere arterielle Strombahnen hingegen relativ selten von Gefäßverkalkung einschließlich Mediasklerose betroffen sind. So zeigen sich beispielsweise in der Aorta abdominalis häufiger Gefäßverkalkungen als an der Aorta thoracica. Schon in der systematischen Beschreibung der reinen Mediasklerose durch Mönckeberg im Jahre 1903 fiel unter den peripheren Gefäßen eine Häufung der Kalzifizierung der Femoralarterien auf.10 Üblicherweise werden 28 Dr. Marija Bojic Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Daniel Cejka Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Universitätsklinik für Innere Medizin III, Medizinische Universität Wien diese Unterschiede in der Kalzifizierungsneigung den unterschiedlichen hämodynamischen Verhältnissen zugeschrieben. In der thorakalen Aorta gibt es nur kleine Gefäßabgänge, der Blutfluss ist überwiegend laminar. In der abdominellen Aorta mit den Abgängen der Viszeralgefäße und an den Abzweigungen der Iliakal- und Femoralarterien ist der Blutfluss zunehmend turbulent – und soll so zur Atherosklerose und Kalzifizierung prädisponieren. Dies klingt mechanistisch einleuchtend, kann jedoch aufgrund von experimentellen Daten nicht uneingeschränkt aufrechterhalten werden. Atherosklerotische Gefäßverkalkung und Blutfluss In den 1960er- und 1970er-Jahren führten Haimovici und Kollegen an der Columbia University in New York zwei wegweisende Untersuchungen zur anatomischen Prädilektion von arteriellen Gefäßverkalkungen durch.11, 12 Im Tiermodell wurden Abschnitte der (Atherosklerose-resistenten) thorakalen Aorta in die (Atherosklerose- TOPICS | Atherosklerose anfällige) abdominelle Aorta als Homograft implantiert und vice versa. Ebenso wurde ein Teil der (Atherosklerose-resis­tenten) Jugularvene in die abdominelle Aorta implantiert und ein Teil der abdominellen Aorta in die Jugularvene. Mit diesen Experimenten wurden also Gefäßabschnitte aus Hochdruckgefäßen (Aorta) und Niederdruckbereichen (Jugularvene) untersucht. Im Anschluss wurden die Versuchstiere (Hunde) für ein Jahr mit einer atherogenen Diät gefüttert. Im Gegensatz zur Erwartungshaltung behielten die Gefäßtransplantate die Atheroskleroseneigung ihrer Ursprungsregion bei, sowohl in der arteriellen als auch in der venösen Strombahn. Die aus der thorakalen Aorta entnommenen Gefäßabschnitte blieben Atherosklerose-resistent, wohingegen die Gefäßteile aus der abdominellen Aorta sowohl in thorakaler als auch jugulärer Position ausgeprägt atherosklerostisch verändert waren. Die transplantierten Gefäße haben also das vorangelegte Atheroskleroserisiko „mitgenommen“. Offenbar bestehen also zwischen den einzelnen Gefäßabschnitten Unterschiede, deren Ursprung wahrscheinlich in der embroynalen Entwicklung des Gefäßes liegt. Atherosklerotische Plaques sind monoklonal Ebenfalls in den 1970er-Jahren machten Benditt und Mitarbeiter an der University of Washington die Beobachtung, dass humane atherosklerotische Plaques ihren Ursprung aus einer Zelle bzw. aus Zellen mit identem ontogenetischen Ursprung haben müssen.13 Sie machten sich dabei die X-Inaktivierung der Glukose6-Phosphat-Dehydrogenase (G6PD) zunutze. Sie fanden, dass atherosklerotische Plaques nur jeweils ein Isoenzym der G6PD exprimierten, wohingegen gesunde Arterienwände beide G6PDIsoenzyme zu gleichen Teilen bildeten, und schlossen so auf die Klonalität der Plaques. Diese Beobachtung lässt mögliche Schlussfolgerungen zu: Entweder entstehen die Plaques aufgrund der aberranten Proliferation einer einzelnen Zelle, oder der Plaque entsteht aus vielen Zellen der Gefäßwand, die den gleichen entwicklungsgeschichtlichen Ursprung haben. In der Tat konnte später gezeigt werden, dass die glatten Muskelzellen der aortalen Gefäßwand aus bis zu 4 mm langen Abschnitten klonalen Ursprungs bestehen.14 Offenbar entwickeln sich also menschliche Arterien durch klonale Expansion von glatten Muskelzellen (oder deren Vorläufern), ohne nennenswerte Durchmischung der Klone und mit relativ scharfen Grenzen zwischen den Zellen unterschiedlichen Ursprungs. NEPHRO Script (z. B. Wachstumsfaktoren) deutlich ändert und die Zellen in weiterer Folge in ein Proliferationsstadium treten. Dieser Wandel wird „phenotypic switching“ genannt und ist wohl eine physiologische Adaptierung an den aktuellen Bedarf, wie zum Beispiel im Falle der Wundheilung. Diese Umstände können aber nur einen Teil der Unterschiede im Verhalten der VSMCs erklären. Traditionell war man der Meinung, dass VSMCs einen einheitlichen Ursprung in der Embryonalentwicklung haben. Man ging davon aus, dass neu gebildete Gefäßabschnitte die für die Gefäßwand benötigten Zellen (sowohl VSMCs als auch Perizyten) einfach aus dem umliegenden Mesenchym rekrutieren. Im Rahmen von entwicklungsbiologischen Experimenten wurde aber – eher zufällig – gefunden, dass die VSMCs aus einer Reihe völlig unterschiedlicher Vorläuferzellen entstehen. Die arterielle Media ist also kein homogenes Gewebe, sondern ein Mosaik nahtlos aneinandergereihter, aber relativ scharf begrenzter Zellverbände (Abb.). Dies ist umso relevanter, als dass die VSMCs unterschiedlichen Ursprungs sowohl in vitro als auch in vivo (z. B. Topouzis S. et al., 199615) unterschiedlich auf äußere Reize reagieren. Die Untersuchung der zellulären Migration im Rahmen der Embryogenese wird in der Entwicklungsbiologie „fate mapping“ genannt. Dabei werden die Wanderungsbewegungen eines definierten Zelltyps bzw. einer Zellansammlung chronologisch verfolgt. Ursprünglich wurde dies mittels Generierung von Hühner-WachtelChimären („chick-quail chimeras“) bewerkstelligt. Mikrochirurgisch werden dabei im Embryonalstadium definierte Zellansammlungen einer Vogelart durch möglichst äquivalente Zellen der anderen Art ersetzt. Wachtel-Embryozellen zeigen im Gegensatz zu HühnerEmbryozellen stark kondensiertes Heterochromatin, wodurch die transplantierten Zellen bereits lichtmikroskopisch ohne weitere Färbungen vom restlichen Gewebe unterscheidbar sind. Mit Hilfe dieser Technik konnte in einer bahnbrechenden Erstbeschreibung von Le Lievre und Mitarbeitern gezeigt werden, dass Zellen aus der ˘ Heterogener Ursprung glatter Gefäßmuskelzellen Es ist bekannt, dass sich glatte Gefäßmuskelzellen (Vascular Smooth Muscle Cells – VSMCs) in Zellkulturen teilweise sehr unterschiedlich verhalten können. Diese Unterschiede können auf unterschiedliche Kulturbedingungen zurückzuführen sein, wie z. B. der Gehalt an Wachstumsfaktoren im Kulturmedium. Zudem besitzen VSMCs eine gewisse phänotypische Plastizität. VSMCs exprimieren unter Ruhebedingungen ein typisches Genexpressionsprofil glatter Muskelzellen, dass sich Falle einer Stimulation durch externe Reize Adaptiert nach Majesky M.W.24 Abb.: Embryologische Ursprungsgewebe von glatten Gefäßmuskelzellen (VSMCs) bei Säugetieren 29 Atherosklerose | TOPICS NEPHRO Script kranialen Neuralleiste in den Bereich der Schlundbogenarterien wandern und dort zu VSMCs differenzieren.16 Mittlerweile ist die ChickQuail-Technik durch die Verwendung von zell- oder gewebespezifisch exprimierten Reportergenen (z. B. lacZ, EGFP) weitgehend abgelöst worden. Mit Hilfe dieser moderneren Methoden konnten die Ergebnisse aus den Vogel-Chimären auch bei Säugetieren reproduziert werden. In Mäusen wandern Zellen der Neuralleiste aus und bilden die VSMCs der Aorta ascendens, des Arcus aortae sowie der rechten und linken Carotis.17 In analogen Experimenten stellte sich heraus, dass die VSMCs der Aorta thoracica aus den Somiten hervorgehen, die VSMCs der Aorta abdominalis aus dem Mesoderm gebildet werden und die Gefäßwand der Koronarien aus dem Proepikard entsteht. Diese Beobachtungen wurden auch durch genetische Experimente verifiziert. Im proepikardialen Gewebe aktiviert das sogenannte FOG2-Protein ein Genexpressionsprofil, das zur Gefäßbildung führt. Im Mausversuch kommt es durch FOG2-Knockout zum frühen embryonalen Tod, da sich keine Koronarien ausbilden, wohingegen alle anderen Gefäßabschnitte regulär angelegt werden.18 Die unterschiedliche Herkunft der zellulären Bestandteile der Gefäßwand könnte somit Erklärungsansätze liefern, warum einzelne Arterienabschnitte auf Stimuli wie z. B. Ballon-Angioplastie19 oder eben bei Urämie verschiedenartig reagieren. Neben den anatomisch/histologisch definierten Ursprungsgeweben der VSMCs können sowohl embryonale Stammzellen als auch in der Adventitia anzutreffende Progenitor-Zellen in Richtung VSMCs differenzieren, der entscheidende Stimulus ist hier eine Kombination aus VEGFund PDGF-Rezeptor-Signaling20, 21. Obwohl noch unbewiesen, dürfte diesen Zellpopulationen aber eher eine Funktion in Repair- bzw. Remodelling-Bereichen zukommen und nicht so sehr in der embryonalen Gefäßbildung. 1. National Institutes of Health NIoDaDaKD, Bethesda, MD. U.S. Renal Data System, USRDS 2012 Annual Data Report: Atlas of Chronic Kidney Disease and End-Stage Renal Disease in the United States. 2012 2 2. Go A.S, Chertow G.M, Fan D., McCulloch C.E., Hsu C.: Chronic Kidney Disease and the Risks of Death, Cardiovascular Events, and Hospitalization. New England Journal of Medicine 2004; 351 (13): 1296–305 3 3. Goodman W.G,. Goldin J., Kuizon B.D., Yoon C,. Gales B., Sider D. et al.: Coronary-artery calcification in young adults with end-stage renal disease who are undergoing dialysis. The New England Journal of Medicine 2000; 342 (20): 1478–83 4 4. Coll B., Betriu A., Martinez-Alonso M., Amoedo M.L., Arcidiacono M.V., Borras M. et al.: Large artery calcification on dialysis patients is located in the intima and related to atherosclerosis. Clinical journal of the American Society of Nephrology: CJASN 2011; 6 (2): 303–10 5 5. Schwarz U., Buzello M., Ritz E., Stein G., Raabe G., Wiest G. et al.: Morphology of coronary atherosclerotic lesions in patients with end-stage renal failure. Nephrology Dialysis Transplantation 2000; 15 (2): 218–23 6 6. Gross M.L., Meyer H.P., Ziebart H., Rieger P., Wenzel U., Amann K. et al.: Calcification of Coronary Intima and Media: Immunohistochemistry, Backscatter Imaging, and X-Ray Analysis in Renal and Nonrenal Patients. Clinical Journal of the American Society of Nephrology 2007; 2 (1): 121–34 7 7. Block G.A., Spiegel D.M., Ehrlich J., Mehta R., Lindbergh J., Dreisbach A. et al.: Effects of sevelamer and calcium on coronary artery calcification in patients new to hemodialysis. Kidney Int 2005; 68 (4): 1815–24 8 8. Blacher J., Guerin A.P., Pannier B., Marchais S.J., London G.M.: Arterial calcifications, arterial stiffness, and cardiovascular risk in end-stage renal disease. Hypertension 1 30 Differenzierung von glatten Gefäßmuskelzellen Neben den unterschiedlichen embryonalen Ursprungsgeweben dürften auch Wachstumsfaktoren eine wesentliche Rolle in der Art der VSMC-Differenzierung spielen. Die meisten zellulären Marker, über die VSMCs definiert werden, benötigen dem Serum Response Factor (SRF) zur Expression.22 SRF selbst ist ein relativ schwacher Transkriptionsfaktor, dessen Aktivität durch eine Reihe von Koaktivatoren und Korepressoren reguliert wird. Die Liste dieser Kofaktoren ist lang und reicht von relativ gewebsspezifischen Faktoren wie Myocardin23 bis hin zu Faktoren mit einer Vielzahl von (patho)physiologischen Funktionen wie NF-B oder GSK-3. Zudem unterliegt der SRF sowohl epigenetischer Regulierung und wird auch posttranslational modifiziert (Phosphorylierung, Azetylierung, Sumoylierung). Diese Modifikationen wirken sich wiederum auf die Bindungsaffinität von SRF zu den Koaktivatoren und Korepressoren aus. Nach aktuellem Wissensstand können VSMCs somit auf mehreren, unterschiedlichen Differenzierungswegen gebildet werden. ZUSAMMENFASSUNG: Die Gefäßwand des arteriellen Gefäßbaums ist kein homogenes Gewebe uniformen Ursprungs, sondern wird aus einer Reihe von völlig unterschiedlichen Vorläuferzellen gebildet. Diese wiederum unterliegen einer Vielzahl von systemisch zirkulierenden als auch lokal anzutreffenden Einflüssen. Die in der Klinik zu beobachtenden Unterschiede in der Neigung zur vaskulären Kalzifizierung sind somit bei näherer Betrachtung wenig überraschend. Die arterielle Gefäßwand ist ein Mosaik. ■ Conflicts of interest: keine. 2001; 38 (4): 938–42 9. Moe S.M., Drüeke T.B., Block G.A., Cannata-Andia J.B., Elder G.J., Fukagawa M. et al.: KDIGO clinical practice guideline for the diagnosis, evaluation, prevention, and treatment of Chronic Kidney Disease-Mineral and Bone Disorder (CKD-MBD). Kidney Int 2009; 76 (S113): S1– S130 10 10. Mönckeberg J.G.: Über die reine Mediaverkalkung der Extremitätenarterien und ihr Verhalten zur Arteriosklerose. Virchows Archiv 1903; 171 (1) 11 11. Haimovici H., Maier N.: Fate of Aortic Homografts in Canine Atherosclerosis. 3. Study of Fresh Abdominal and Thoracic Aortic Implants into Thoracic Aorta: Role of Tissue Susceptibility in Atherogenesis. Arch Surg 1964; 89: 961–9 12 12. Haimovici H., Maier N.: Experimental canine atherosclerosis in autogenous abdominal aortic grafts implanted into the jugular vein. Atherosclerosis 1971; 13 (3): 375–84 13 13. Benditt E.P., Benditt J.M.: Evidence for a monoclonal origin of human atherosclerotic plaques. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 1973; 70 (6): 1753–6 14 14. Chung I.M., Schwartz S.M., Murry C.E.: Clonal architecture of normal and atherosclerotic aorta: implications for atherogenesis and vascular development. The American journal of pathology 1998; 152 (4): 913–23 15 15. Topouzis S., Majesky M.W.: Smooth muscle lineage diversity in the chick embryo. Two types of aortic smooth muscle cell differ in growth and receptor-mediated transcriptional responses to transforming growth factor-beta. Developmental biology 1996; 178 (2): 430–45 16 16. Le Lievre C.S., Le Douarin N.M.: Mesenchymal derivatives of the neural crest: analysis of chimaeric quail and chick embryos. Journal of embryology and experimental 9 morphology 1975; 34 (1): 125–54 17. Jiang X., Rowitch D.H., Soriano P., McMahon A.P., Sucov H.M.: Fate of the mammalian cardiac neural crest. Development 2000; 127 (8): 1607–16 18 18. Tevosian S.G., Deconinck A.E., Tanaka M., Schinke M., Litovsky S.H , Izumo S. et al.: FOG-2, a cofactor for GATA transcription factors, is essential for heart morphogenesis and development of coronary vessels from epicardium. Cell 2000; 101 (7): 729–39 19 19. Badimon J.J., Ortiz A.F., Meyer B., Mailhac A., Fallon J.T., Falk E. et al.: Different response to balloon angioplasty of carotid and coronary arteries: effects on acute platelet deposition and intimal thickening. Atherosclerosis 1998; 140 (2): 307–14 20 20. Yamashita J., Itoh H., Hirashima M., Ogawa M., Nishikawa S., Yurugi T. et al.: Flk1-positive cells derived from embryonic stem cells serve as vascular progenitors. Nature 2000; 408 (6808): 92–6 21 21. Hu Y., Zhang Z., Torsney E., Afzal A.R., Davison F., Metzler B. et al.: Abundant progenitor cells in the adventitia contribute to atherosclerosis of vein grafts in ApoE-deficient mice. J Clin Invest 2004; 113 (9): 1258–65 22 22. Chang P.S., Li L., McAnally J., Olson E.N.: Muscle specificity encoded by specific serum response factor-binding sites. The Journal of biological chemistry 2001; 276 (20): 17206–12 23 23. Li S,. Wang D.Z., Wang Z., Richardson J.A., Olson E.N.: The serum response factor coactivator myocardin is required for vascular smooth muscle development. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 2003; 100 (16): 9366–70 24 24. Majesky M.W.: Developmental basis of vascular smooth muscle diversity. Arteriosclerosis, thrombosis, and vascular biology 2007; 27 (6): 1248–58 17 Renale Anämie | TOPICS NEPHRO Script uu In den letzten Jahren wird die Therapie der renalen Anämie mit Erythropoetinen (ESAs) sowie Eisen kritisch hinterfragt. uu Nach den Hinweisen auf ein schlechteres kardiovaskuläres Outcome bei Ziel-HbSpiegeln > 13 g/dl werden heute niedrige Hb-Spiegel und niedrigstmögliche ESA-Dosen empfohlen. uu Zum rezenten Trend einer höheren Eisendosierung ist anzumerken, dass der Langzeiteffekt der i. v. Eisensubstitution auf das klinische Outcome bis jetzt noch nicht ausreichend untersucht worden ist. uu An alternativen therapeutische Optionen in der Anämietherapie werden derzeit Pentoxifyllin oder neue Substanzen wie HIF-1-Inhibitoren beforscht. Trends in der Behandlung der renalen Anämie B ei chronischen Nierenerkrankungen (Chronic Kidney Disease – CKD) entwickelt sich eine Anämie typischerweise, wenn die glomeruläre Filtrationsrate unter 30 ml/min/1,73 m² fällt. Neben der Eisenmangelanämie, die sich in 50–60 % der Patienten findet, ist eine reduzierte Erythropoetin-Produktion als Ursache anzusehen. Zusätzlich kommt es zu einer Verkürzung der Überlebenszeit der Erythrozyten sowie zu einem verminderten Ansprechen auf Erythropoetin. Eine renale Anämie ist sehr wohl assoziiert mit einem erhöhten Risiko kardio- und zerebrovaskulärer Ereignisse1, 2 allerdings wird zur Therapie mit Erythropoetinen (ESAs) sowie Eisen in den letzten Jahren kritisch hinterfragt, ob eine therapeutische Intervention zur Reduktion der kardiovaskulären Mortalität beiträgt (Studien CREATE, CHOIR, TREAT)2–4. Wendepunkt TREAT Im Jahr 2009 wurde die TREAT-Studie (Trial to Reduce cardio­ vascular Endpoint with Aranesp Therapy) veröffentlicht, die das klinische Outcome der Verwendung von Darbepoetin alfa bei Patienten mit CKD 3–5 und Typ-2-Diabetes evaluierte.4 Es war die erste placebokontrollierte ESA-Therapiestudie, und es wurden mehr als 4.000 Patienten eingeschlossen. Das Ziel, dass es zu einer Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse in der Gruppe kommt, welche ein Hämoglobin von 13 g/dl anstrebt, wurde nicht erreicht. Im Gegenteil, es kam zu einem 2-fachen Anstieg der Schlaganfallrate sowie zu einem höheren Mortalitätsrisiko bei Patienten mit Tumoranamnese. TREAT war neben den früheren Studien CHOIR und CREATE sicherlich die Studie, die einen dramatischen Wechsel in der klinischen Praxis zur Behandlung der renalen Anämie gebracht hat. Es wurden niedrige Hämoglobinspie32 Dr. Andras T. Deak Univ.-Prof. Dr. Alexander Rosenkranz Klinische Abteilung für Nephrologie, Universitätsklinik für Innere Medizin, Medizinische Universität Graz gel (9–11 g/dl), wie von der FDA empfohlen, angestrebt (FDA drug safety communication: modified dosing recommendations to improve the safe use of erythropoiesis-stimulating agents in CKD; http://www.fda.gov/Drugs/DrugSafety/ucm259639.htm), und es wurde die Empfehlung umgesetzt, die niedrigstmögliche ESADosis zu verwenden (gerade noch ausreichend, um Bluttransfusionen zu vermeiden)5. Es kam somit zu einer Reduktion der ESA-Verschreibungen in den USA um über 30 %6, und das Hämoglobin fiel im Schnitt um 0,6 g/dl6. In einer rezenten Arbeit von Tammer und Mitarbeitern bei Patienten mit CKD 3 und 4 wurde dieser deutliche Rückgang der ESA-Verschreibung ebenso wie der ESA-Dosis nach TREAT erstmals auch dokumentiert. Es fand sich eine 25%ige Abnahme der ESA-Dosis über 2 Jahre nach Publikation von TREAT im Vergleich zum Zeitpunkt vor Studienveröffentlichung.6 Gleichzeitig kam es zur Zunahme der alternativen therapeutischen Strategien (wie zum Beispiel Individualisierung der ESA-Therapie oder Eisentherapie, siehe unten). TOPICS | Renale Anämie Personalisiertes Anämiemanagement Eine solche alternative Lösung war der Versuch, eine individualisierte ESA-Dosierungsstrategie einzuführen.7 Ziel ist es, die Hämoglobinvariabilität, von der man weiß, dass sie ebenfalls mit erhöhter Mortalität vergesellschaftet ist, zu verringern, und so ein besseres Outcome zu erzielen. In einer rezenten Arbeit wurde ein Computermodell verwendet (Smart Anemia Manager). Basierend auf einem Algorithmus wurde dem Patienten eine entsprechende ESA-Dosis über den Computer vorgeschrieben. Interessanterweise konnte in der computergestützten Therapie die Variabilität für das Hämoglobin deutlich reduziert werden. Ebenso konnte die Notwendigkeit für Bluttransfusionen reduziert werden. Allerdings wurde dies nur in einem relativ kleinem Sample gezeigt, es war eine Single-Center-Untersuchung, und es wird schwierig sein, dies auf eine größere Population umzusetzen. Es wird jedoch eine entsprechende Multicenter-Studie angedacht.7 Die (kontroversielle) Rolle der Eisensupplementation Vorwegzuschicken ist, dass mit den rezenten Trends einer höheren Eisendosierung unter Umständen der gleiche Fehler begangen wird wie in der ESA-Therapie. Es ist anzumerken, dass die Studien im Bereich der Eisentherapie sicher noch nicht das Gewicht der ESA-Therapie-Studien aufweisen (randomisiert, placebokontrolliert). Basierend auf den KDIGO-Leitlinien (Kidney Disease Improving Global Outcomes) sollte die Eisensubstitution gemeinsam mit einer Reduktion der ESA-Dosis dann durchgeführt werden, wenn die Transferrin-Sättigung unter 30 % und/oder Ferritin unter 500 ng/ml betragen.8 Es ist bekannt, dass eine Eisendefizienz bei über 50 % der Patienten mit CKD 3–5 auftritt und die häufigste Ursache für die ESA-Hyporesponsiveness darstellt.9 Intravenöse Eisengabe scheint dies zu verbessern und führt zu höheren Hämoglobinspiegeln und einer verminderten ESA-Dosis.10, 11 Bei Hämodialysepatienten ist die bevorzugte Eisensubstitution intravenös.12, 13 Der Benefit der intravenösen Eisenadministration im Vergleich zur oralen wurde rezent in der FINDCKD-Studie beschrieben14, welche zusätzlich auch analog zur TREAT-Studie ein vergleichbares Studiendesign verwendet4, 15. Bei dieser multizentrischen, prospektiven, randomisierten Studie mit über 600 Patienten wurden 3 Behandlungsgruppen untersucht, eine Gruppe erhielt eine orale Eisentherapie, die anderen 2 erhielten Carboxymaltose für 56 Wochen, mit einem Zielspiegel für Ferritin 100–200 ng/ml bzw. in der letzteren Gruppe 400–600 ng/ml. Patienten mit dem Hochziel für Serumferritin stiegen schneller mit ihrem Hämoglobinspiegel an und ESA-Behandlung oder alternatives Anämiemanagement mussten erst später eingesetzt werden. Bei einer weiteren Studie der Autoren der FIND-CKD-Studie wurde auch ein Head-to-Head-Vergleich zwischen 2 verschiedenen intravenösen Eisenproduktionen untersucht.16 Hier fand sich kein Unterschied zwischen Ferumoxytol und Eisensucrose. Trotzdem sollte an dieser Stelle auch eine NEPHRO Script Warnung ausgesprochen werden. Neben den bekannten Nebenwirkungen wie allergischen Reaktionen9, 17 weisen Daten aus Beobachtungsstudien auf eine Akzeleration der Progression der CKD zu terminaler Niereninsuffizienz mit prämaturer Mortalität hin.18 Eine rezente prospektive Multicenter-Studie zeigte eine Assoziation zwischen erhöhten Ferritinspiegeln und erhöhter Mortalität sowie erhöhtes Risiko für zerebrovaskuläre und kardiovaskuläre Ereignisse sowie Infektionen bei Hämodialysepatienten.19 Interessanterweise zeigte diese Studie ähnlich zu Arbeiten über Hämoglobinvariabilität, dass auch hohe Fluktuationen für Ferritin mit einer höheren Mortalität vergesellschaftet sind bzw. dass auch Patienten mit hohen intravenösen Eisendosen eine höhere Ereignisrate aufweisen.19 In einer retrospektiven Arbeit mit über 32.000 Hämodialysepatienten (DOPPS-Studie) fand sich eine erhöhte Mortalität und Hospitalisierungsrate bei Patienten, die mehr als 300 mg Eisen/Monat erhielten.20 Trotzdem muss gesagt werden, dass der Langzeiteffekt der i. v. Eisensubstitution und ein Auswirken auf das klinische Outcome bis jetzt noch nicht ausreichend untersucht worden sind. Neueste Strategien: HERO und DOLOMITES Solange es noch keine tief gehenden Analysen der intravenösen Langzeit-Eisensubstitution bei CKD-Patienten gibt, sollten auch andere therapeutische Optionen in der Anämietherapie überlegt werden. Rezent wurden und werden neue Herangehensweisen zur Behandlung der renalen Anämie wie zum Beispiel die Gabe von Pentoxifyllin (HERO-Trial – Handling Erythropoetin Resis­ tance with Oxpentifyllin) in einer kleinen placebokontrollierten Studie evaluiert.21 Über 4 Monate wurden 400 mg/Tag Pentoxifyllin verabreicht, welches die Hämoglobinkonzentrationen im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant erhöhte (im Mittel um 0,76 g/dl). Allerdings konnte diese Studie keine Verbesserung der ESA-Resistenz aufzeigen. Vom ökonomischen Aspekt her wurde gezeigt, dass 8 % weniger ESA verbraucht wurde. Dies entspricht 2.800 US-Dollar Ersparnis beim Patienten pro Jahr.21 Neben Pentoxifyllin wird gerade eine neue Substanz, nämlich FG-4592, ein Hypoxia-inducible-Faktor-(HIF)-ProlylhydroxilaseHemmer im Rahmen der DOLOMITES-Studie untersucht (http:// clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT02021318?term=Dolomite&rank=2). Hier sind auch österreichische Zentren in diese Multicenter-Studie involviert. Ziel der Studie ist es, den direkten Vergleich der Effektivität und Sicherheit in der Anämiebehandlung mit Darbopoetin zu erzielen. Es wird erwartet, dass die Studie im Jahr 2017 komplettiert sein wird. ZUSAMMENFASSEND kann festgehalten werden, dass die Behand- lung der renalen Anämie mit ESAs im Rahmen der Nephrologie die am besten abgesicherte Evidenz aufweist und im Gegensatz zur Hypothese, dass eine Normalisierung des Hämoglobins auch zu einer Normalisierung der Lebenserwartung führt, sich nicht bewahrheitet hat. Im Gegenteil, es kam zu einer höheren Komplikationsrate. Daher muss für neue Anämietherapien, wie zum Beispiel die Verwendung von Eisen, angemerkt werden, dass hier nicht der ˘ 33 Renale Anämie | TOPICS NEPHRO Script gleiche Fehler wie in der ESA-Therapie gemacht werden soll: der Einsatz einer Hochdosis-Langzeittherapie mit alleiniger Überprüfung klinischer Laborparameter ohne klinisch signifikante Endpunkte wie Mortalität. Diese Studien gilt es durchzuführen und abzuwarten. Aus diesem Grund werden Daten zu neuen Substanzen, wie zum Beispiel HIF-1-Inhibitoren, mit großer Spannung erwartet. ■ Locatelli F., Pisoni R.L., Combe C., Bommer J., Andreucci V.E., Piera L., Greenwood R., Feldman H.I., Port F.K., Held PJ..: Anaemia in haemodialysis patients of five European countries: association with morbidity and mortality in the Dialysis Outcomes and Practice Patterns Study (DOPPS). Nephrol Dial Transplant 2004; 19 (1): 121–132 2 Singh A.K., Szczech L., Tang K.L., Barnhart H., Sapp S., Wolfson M., Reddan D.: Correction of anemia with epoetin alfa in chronic kidney disease. N Engl J Med 2006; 355 (20): 2085–2098 3 Drueke T.B., Locatelli F., Clyne N., Eckardt K.U., Macdougall I.C., Tsakiris D., Burger H.U., Scherhag A.: Normalization of hemoglobin level in patients with chronic kidney disease and anemia. N Engl J Med 2006; 355 (20): 2071–2084 4 Pfeffer M.A., Burdmann E.A., Chen C.Y., Cooper M.E., de Zeeuw D., Eckardt K.U., Feyzi J.M., Ivanovich P., Kewalramani R., Levey A.S. et al.: A trial of darbepoetin alfa in type 2 diabetes and chronic kidney disease. N Engl J Med 2009; 361 (21): 2019–2032 5 Williams A.W., Dwyer A.C., Eddy A.A., Fink J.C., Jaber B.L., Linas S.L., Michael B., O’Hare A.M., Schaefer H.M., Shaffer R.N. et al.: Critical and honest conversations: the evidence behind the „Choosing Wisely“ campaign recommendations by the American Society of Nephrology. Clin J Am Soc Nephrol 2012; 7 (10): 1664–1672 6 Thamer M., Zhang Y., Kshirsagar O., Cotter D.J., Kaufman J.S.: Erythropoiesis-Stimulating Agent Use Among Non-Dialysis-Dependent CKD Patients Before and After the Trial to Reduce Cardiovascular Events With Aranesp Therapy (TREAT) Using a Large US Health Plan Database. Am J Kidney Dis 2014 7 Gaweda A.E., Aronoff G.R., Jacobs A.A., Rai S.N., Brier M.E.: Individualized anemia management reduces hemoglobin variability in hemodialysis patients. J Am Soc Nephrol 2014; 25 (1): 159–166 8 Drueke T.B., Parfrey P.S.: Summary of the KDIGO guideline on anemia and comment: reading between the (guide)line(s). Kidney Int 2012; 82 (9): 952–960 9 Prabhu M.V., Nayak A., Sridhar G., Subhramanyam S.V., Nayak K.S.: Maximizing the erythropoetin response: iron strategies. Contrib Nephrol 2012; 178: 95–99 Fachkurzinformation siehe Seite 45 1 Coyne D.W., Kapoian T., Suki W., Singh A.K., Moran J.E., Dahl N.V., Rizkala A.R.: Ferric gluconate is highly efficacious in anemic hemodialysis patients with high serum ferritin and low transferrin saturation: results of the Dialysis Patients’ Response to IV Iron with Elevated Ferritin (DRIVE) Study. J Am Soc Nephrol 2007; 18 (3): 975–984 11 Kapoian T., O’Mara N.B., Singh A.K., Moran J., Rizkala A.R., Geronemus R., Kopelman R.C., Dahl N.V., Coyne D.W.: Ferric gluconate reduces epoetin requirements in hemodialysis patients with elevated ferritin. J Am Soc Nephrol 2008; 19 (2): 372–379 12 Fishbane S., Berns J.S.: Hemoglobin cycling in hemodialysis patients treated with recombinant human erythropoetin. Kidney Int 2005; 68 (3): 1337–1343 13 Qunibi W.Y., Martinez C., Smith M., Benjamin J., Mangione A., Roger S.D.: A randomized controlled trial comparing intravenous ferric carboxymaltose with oral iron for treatment of iron deficiency anaemia of non-dialysis-dependent chronic kidney disease patients. Nephrol Dial Transplant 2011; 26 (5): 1599–1607 14 Macdougall I.C., Bock A.H., Carrera F., Eckardt K.U., Gaillard C., Van Wyck D., Roubert B., Nolen J.G., Roger S.D.: FIND-CKD: a randomized trial of intravenous ferric carboxymaltose versus oral iron in patients with chronic kidney disease and iron deficiency anaemia. Nephrol Dial Transplant 2014 15 Fishbane S., Hazzan A.D.: Anaemia: FIND-CKD: intravenous iron in predialysis CKD. Nat Rev Nephrol 2014; 10 (9): 488–489 16 Macdougall I.C., Strauss W.E., McLaughlin J., Li Z., Dellanna F., Hertel J.: A randomized comparison of ferumoxytol and iron sucrose for treating iron deficiency anemia in patients with CKD. Clin J Am Soc Nephrol 2014; 9 (4): 705–712 17 Kohgo Y., Ikuta K., Ohtake T., Torimoto Y., Kato J.: Body iron metabolism and pathophysiology of iron overload. Int J Hematol 2008; 88 (1): 7–15 18 Van Buren P., Velez R.L., Vaziri N.D., Zhou X.J.: Iron overdose: a contributor to adverse outcomes in randomized trials of anemia correction in CKD. Int Urol Nephrol 2012; 44 (2): 499–507 19 Kuragano T., Matsumura O., Matsuda A., Hara T., Kiyomoto H., Murata T., Kitamura K., Fujimoto S., Hase H., Joki N. et al.: Association between hemoglobin variability, serum ferritin levels, and adverse events/mortality in maintenance hemodialysis patients. Kidney Int 2014 20 Bailie G.R., Larkina M., Goodkin D.A, Li Y., Pisoni R.L., Bieber B., Mason N., Tong L., Locatelli F., Marshall M.R. et al.: Data from the Dialysis Outcomes and Practice Patterns Study validate an association between high intravenous iron doses and mortality. Kidney Int 2014 21 Johnson D.W., Pascoe E.M., Badve S.V., Dalziel K., Cass A., Clarke P., Ferrari P., McDonald S.P., Morrish A.T., Pedagogos E. et al.: A Randomized, Placebo-Controlled Trial of Pentoxifylline on Erythropoiesis-Stimulating Agent Hyporesponsiveness in Anemic Patients With CKD: The Handling Erythropoetin Resistance With Oxpentifylline (HERO) Trial. Am J Kidney Dis 2014 10 34 TOPICS | Transplantation NEPHRO Script uu Die Aktivierung des Komplementsystems ist als mögliche Ursache für einen Gewebeschaden nach Organtransplantation in Betracht zu ziehen. uu Der monoklonale, humanisierte Antikörper Eculizumab bindet die Komplementkomponente C5 und hemmt so eine terminale Komplementaktivierung. uu Für Eculizumab, das bereits bei paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie (PNH) und beim hämolytisch-urämischen Syndrom (aHUS) eingesetzt wird, gibt es aus Fallberichten und einer unkontrollierten prospektiven Studie erste Hinweise für eine Effizienz in der Prophylaxe und Therapie der Antikörper-mediierten Transplantatabstoßung (AMR). Eculizumab und Transplantatabstoßung D ie Aktivierung des Komplementsystems – ein wesentlicher Bestandteil der angeborenen Immunität – ist als mögliche Ursache für einen Gewebeschaden nach Organtransplantation in Betracht zu ziehen. Der innovative therapeutische Ansatz der direkten Blockade einer Komplementaktivierung, um einem solchen Schaden entgegenzuwirken, wird derzeit in klinischen und experimentellen Studien untersucht. C5-Antikörper Eculizumab Eculizumab ist ein monoklonaler, humanisierter (muriner) Antikörper, der gegen die Komplementkomponente C5 gerichtet ist (Stegall et al., Nat Rev Nephrol 2012; 8 [11]: 670). Fachkurzinformation siehe Seite 45 Wirkmechanismus: Bindung dieses Antikörpers an C5 hemmt dessen enzymatische Spaltung (Effekt der C5-Konvertase) in C5a und C5b und damit die Formation des terminalen Komplementkomplexes C5b-9 (Membrane Attack Complex – MAC). Die Insertion dieses Komplexes in die Zellmembran, z. B. einer Endothelzelle, ist das Endresultat einer Komplementaktivierung über verschiedene Pfade, wie den (Antikörper-mediierten) klassischen oder den alternativen Weg. Neben diversen zellulären Effekten des MAC (bis hin zur Zytolyse) triggert die Freisetzung des Anaphylatoxins C5a lokale Inflammation. Eine Hemmung von C5 wirkt daher einer Endothelschädigung und Inflammation entgegen. Das Prinzip einer klassischen, durch Spender-spezifische HLA-Antikörper ausgelösten Komplementaktivierung bis hin zum terminalen Komplex sowie der Wirkmechanismus von Eculizumab ist in der Abbildung 1 schematisch illustriert. Diese Abbildung veranschaulicht auch, dass frühere Schritte der Komplementaktivierung, z. B. die Bildung der C3-Konvertase, die Aktivierung der Schlüsselkomponente C3 und damit der C5-Konvertase, die Freisetzung des Anaphylatoxins C3a und nicht zuletzt die endo- Dr. Farsad Eskandary ao. Univ.-Prof. Dr. Georg A. Böhmig Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Universitätsklinik für Innere Medizin III, Medizinische Universität Wien theliale Ablagerung des Komplementspaltprodukts C4d (ein Marker für Antikörper-mediierte Abstoßung) durch C5-Blockade nicht gehemmt werden (Abb. 1). Einsatz bei PNH und aHUS: Eculizumab ist schon seit längerem in der Therapie der paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie (PNH) im Einsatz, einer Erkrankung, bei der eine Defizienz bestimmter Oberflächenmoleküle, eben auch Komplement-regulatorischer Proteine auf Erythrozyten (z. B. CD59), zu einer hämolytischen Komplement-induzierten Anämie führt (Heitlinger, Blood Rev 2013, Suppl. 1: S1). In den letzten Jahren hat sich auch gezeigt, dass dieser Antikörper in der Therapie des atypischen hämolytisch-urämischen Syndroms (aHUS) sehr effektiv sein dürfte (Legendre et al., N Engl J Med 2013; 368 (23): 2169). Hier konnte auch für Nierentransplantierte gezeigt werden, dass Eculizumab rekurrente Episoden eines aHUS abfangen kann und eine prophylaktische Gabe bei bekanntem aHUS eine Rekurrenz dieser Erkrankung verhindern dürfte (Zuber et al., Am J Transplant 2012, 12 [12]: 3337). Mittlerweile ist Eculizumab für die Therapie des aHUS im europäischen Raum und auch in Österreich zugelassen. ˘ 35 Transplantation | TOPICS NEPHRO Script C3a C3 C5 Eculizumab C1-Komplex HLA Ab HLA C3-Konvertase (C4b2a) C4d C5-Konvertase (C4b2a3b) C5a Endothelzellen MAC (C5b-9) C5b Nach Bindung von Alloantikörpern an endothelial exprimierte HLA-Antigene lagern sich C1-Komplexe an, die die Formation der Oberflächen-gebundenen C3-Konvertase (C4b2a) triggern. Ihre enzymatische Aktivität spaltet C3 in C3a, ein proinflammatorisches Anaphylatoxin, und C3b. Eine Inaktivierung der C3-Konvertase durch eine weitere Fragmentierung von C4b führt zur Bildung des kleinen Fragments C4d, das als Marker einer Komplementaktivierung entlang der Transplant-Kapillaren immunhis­ tologisch gut nachweisbar ist. C3b formiert im Weiteren gemeinsam mit C4b und C2a die C5-Konvertase. Diese spaltet dann C5 in das Anaphylatoxin C5a und C5b, ein essenzieller Bestandteil des terminalen Komplexes (Membrane Attack Complex – MAC). Die C5-Spaltung wird durch den Anti-C5-Antikörper Eculizumab blockiert. Abb. 1: Alloantikörper-mediierte klassische Komplement­aktivierung und Wirkmechanismus von Eculizumab Rolle der Komplementaktivierungs-Blockade bei Transplantatabstoßung Betrachtet man die Pathophysiologie einer Abstoßungsreaktion, so gibt es mehrere Indizien für eine mögliche Rolle einer Komplementaktivierung als Trigger eines Transplantatschadens (Stegall et al., Nat Rev Nephrol 2012, 8 [11]: 670). Lange bekannt ist, dass präformierte Komplement-aktivierende Antiköper gegen Spenderalloantigene (positives zytotoxisches Crossmatch) schwere hyperakute Abstoßungskrisen verursachen können (Patel & Terasaki, New Engl J Med 1969; 280 [14]: 735). Eine Bedeutung Komplement-aktivierender Anti-HLA-Alloantikörper wird durch neuere Analysen unterstrichen, die zeigen, dass der In-vitro-Nachweis einer klassischen Komplementaktivierung mittels subtiler diagnostischer Tests (z. B. Luminex-basierter Nachweis einer Anlagerung der frühen Schlüsselkomponente C1q an HLA-Antigengebundene Anti-HLA-Antikörper) nach Nierentransplantation mit besonders ungünstigem Transplantatüberleben assoziiert ist (Lefaucheur et al., New Engl J Med, 2014; 370 [1]: 85). Nicht zuletzt ist, wie in vielen Studien gezeigt, der bioptische Nachweis einer Komplementaktivierung in vivo mittels Immunhistologie (Ablagerung des Komplementspaltprodukts C4d entlang der Transplantat-Endothelzellen) mit ungünstigem Transplantat­ überleben und den typischen morphologischen Veränderungen einer AMR, wie Inflammation in der Mikrozirkulation, assoziiert (Mauiyyedi et al., J Am Soc Nephrol 2002; 13 [3]: 779; Böhmig et al., J Am Soc Nephrol 2002; 13 [4]: 1091). All diese Ergebnisse lassen auf den ersten Blick auf eine wichtige gewebsschädigende Wirkung einer klassischen Komplementaktivierung schließen. 36 Allerdings ist die Situation wohl nicht ganz so simpel. Immer mehr kristallisiert sich auch heraus, dass AMR nicht notwendigerweise mit Zeichen einer Komplementaktivierung (C4d+) einhergehen muss (C4d-negative AMR als neue Entität in der BanffKlassifikation; Haas et al., Am J Transplant 2014; 14 [2]: 272). Diverse Tiermodelle konnten zudem nicht eindeutig eine Kausalität zwischen Antikörper-mediierter Komplementaktivierung und einem Transplantatschaden beweisen (Csencsits et al., Am J Transplant 2008; 8 [8]: 1622; Hirohashi et al., Am J Transplant 2010; 10 [3]: 510). Ein besonders eindrucksvoller Befund ist schließlich, dass nach ABO-Blutgruppen-inkompatibler Transplantation Isoagglutinine eine C4d-Ablagerung, in der Regel aber ohne jegliches morphologische Korrelat im Sinne einer Läsion und aber auch keine Funktionseinschränkung bedingen, also eine frühe Komplementaktivierung ohne Schaden ev. sogar als Indikator stabiler Funktion angesehen werden kann (Haas et al., J Am Soc Nephrol 2009; 20 [1]: 197; Cohen et al., Kidney Int 2012; 81 [7]: 628). Insgesamt kann also aus experimentellen und klinisch-pathologischen Studien nicht unbedingt eine Effizienz einer gezielten Komplementblockade abgeleitet werden. Umso spannender sind daher die Ergebnisse erster Anwendungen einer solchen Therapie im Kontext humoraler Transplantatabstoßung. Erste Ergebnisse zur klinischen Anwendung von Eculizumab Eculizumab in der Abstoßungsprävention bei Crossmatch-positiver Lebendnierentransplantation: Wegweisend ist eine unkontrollierte prospektive monozentrische Studie (Mayo Clinic, Rochester, USA; ClincalTrials.gov Number NCT006707; Stegall et al., Am J Transplant 2011; 11: 2405), in der die Effizienz von Eculizumab in der Abstoßungsprävention bei Crossmatch-positiver Lebendnierentransplantation untersucht wurde. In dieser Studie, die hier etwas ausführlicher beschrieben werden soll, wurde Eculizumab als Teil einer Desensibilisierungstherapie eingesetzt. Das Therapieschema ist in Abbildung 2 illustriert. Inkludiert wurden 26 Patienten mit positivem durchflusszytometrischem Crossmatch, einer sensitiven Crossmatch-Variante, wobei Crossmatch-Intensitäten nur bis zu einem gewissen Grad akzeptiert wurden, um das Risiko in Grenzen zu halten („Channel shift“: < 450 und > 200). Patienten mit höheren Intensitäten innerhalb dieses Bereichs wurden vor Transplantation mit Plasmapherese behandelt, um den Antikörper-Load zu verringern (Zielwerte < 300). Bei einem Patienten konnte dieses Ziel nicht erreicht werden und die Transplantation wurde nicht durchgeführt. Nach Transplantation erfolgten bei den meisten Patienten keine Plasmapherese-Behandlungen mehr. Unmittelbar vor Transplantation wurde eine erste Infusion mit Eculizumab begonnen, die dann nach erfolgter Transplantation seriell weitergeführt wurde (Abb. 2). Die Dauer der Therapie orientierte TOPICS | Transplantation NEPHRO Script sich dabei am Verlauf der Crossmatch-Intensität nach Transplantation. Das Follow-up war mit 12 Monaten noch relativ kurz, weshalb auch eine Beurteilung der zu erwartenden Langzeitergebnisse nicht möglich ist. Verglichen wurden die Ergebnisse mit den Daten aus einem historischen Kollektiv, das mittels Zentrumstandard desensibilisiert wurde (Plasmapherese vor und nach Transplantation). Die ersten Ergebnisse waren eindrucksvoll. Die AMR-Rate war sehr gering (2/26 Patienten, 7,7 %; historische Kontrolle: 41 %). Auffallend dabei war, dass unter Komplementblockade, nicht unerwartet, bei vielen Patienten sehr hohe Spiegel spenderspezifischer Antikörper (DSA) nachweisbar waren (mit einer C4d-Ablagerung in Protokollbiopsien assoziiert), jedoch blieben diese ohne jeglichen Hinweis auf eine Abstoßungsreaktion. Aufgrund einer Persistenz potenziell deletärer DSA wurde die Eculizumab-Therapie bei 2 Patienten ein Jahr fortgeführt. Zwei AMR-Episoden konnten erfolgreich mit Plasmapherese therapiert werden. Die Autoren berichten über einen Fall chronischer Abstoßung sowie über einen Todesfall nach > 2 Jahren (Burkitt-Lymphom). Insgesamt also ein spannendes Ergebnis. Allerdings muss man sich im Klaren sein, dass das Follow-up noch relativ kurz ist, um den tatsächlichen Effekt auf chronische Abstoßung und Langzeitüberleben zu erfassen. Ebenso mag das immunologische Risiko in der behandelten Kohorte limitiert sein (sensitives durchflusszytometrisches Crossmatch; absolute Werte einer Bindungsintensität sind aufgrund von Zentrumsvariabilitäten schwer interpre- tierbar). Von derselben Arbeitsgruppe im Rahmen der WTC 2014 in San Francisco präsentierte Daten (Abstract Nr. 2250) legen aber zumindest nahe, dass Eculizumab in diesem Kollektiv nicht in der Lage war, bei Vorliegen von persistierend hohen DSA einen chronischen Transplantatschaden zu verringern, obwohl diese Patientengruppe aufgrund des hohen Risikos auch am längsten eine Therapie mit Eculizumab erhielt. Eculizumab zur Behandlung von chronischer AMR: Ebendort wur- den auch interimistische Ergebnisse einer randomisierten Studie (NCT01327573) von der Gruppe um Sanjay Kulkarni der Yale University (Abstract Nr. 704) zur Behandlung von chronischer AMR mittels Eculizumab für 6 Monate (n = 6) oder in Kontrollen ohne Therapie (n=4) bei Patienten mit De-novo-DSA und Transplantatfunktionsverschlechterung präsentiert. Für die eGFRTrajektorien (primärer Endpunkt) konnte bei allen mit Eculizumab behandelten Patienten eine Stabilisierung nach 6 Monaten gezeigt werden (Fallzahlberechnung nicht angegeben), während 3 der 4 Kontrollen in diesem Zeitraum das Stadium ESRD erreichten. Eine Nachbeobachtung über weitere 6 Monate von 5 der mit Eculizumab behandelten Patienten zeigte jedoch nach Absetzen der Therapie eine wiederkehrende Funktionsverschlechterung des Transplantates. Mögliche Ursachen für AMR trotz Eculizumab-Gabe: Ganz rezent wurde eine Studie wiederum aus der von der Mayo-Clinic ˘ Tab. 1: Fallberichte – Eculizumab in der Therapie akuter Antikörper-mediierter Abstoßung Erstautor (Jahr) Anzahl (Barriere) Organ Desensibilisierung AMR Eculizumab Sonstige Therapie Outcome Locke (2009) 1 (FCXM+, DSA+) Niere (Lebend) PP, IVIG C4d+, TMA 1x PP, IVIG, Ritux Ansprechen Tod (Sepis) Lonze (2010) 1 (FCXM+, DSA+) Niere (Lebend) IVIG, Ritux, Bortezomib, PP C4d+ 8x - Ansprechen Biglarnia (2011) 1 (ABO-i) Niere/Pankreas (Leiche) IA, Ritux C4d+ 2x - Ansprechen Stewart (2012) 1 (ABO-i) Niere (Lebend) PP, IVIG, Ritux 7x Splenektomie, PP/IVIG Ansprechen González-R. 2 (CX-negativ) (2012) Niere (Lebend/Leiche) keine Fall 1: C4d+ Fall 2: C4d+, TMA 1x PP, IVIG, Ritux Ansprechen Ansprechen Noone (2012) 1 (DSA+) Niere (Leiche) IVIG C4d+, TMA 2x (CFHR3/1 Deletion) PP, IVIG, Ritux Kocak (2013) 2 (DSA+) Niere (Lebend) PP, IVIG Fall 1: C4d+, TMA Fall 2: C4d+ Fall 1: 5x Fall 2: 4x IVIG, PP, Ritux (Fall 1:­ Ansprechen Alemtuzumab) Ghirardo (2014) 1 (DSA+) Niere (Leiche) PP, IVIG, Ritux C4d+ 15x PP, IVIG Ansprechen Burbach (2014) 2 (Fall 1: aHUS Niere Fall 2: DSA+) (Leiche) Fall 1: 2a* Fall 2: 7 Mo Fall 1: PP, IVIG, Ritux kein Effekt Fall 1: PP/IVIG Fall 1: C4d– Fall 2: Bortezomib, Fall 2: C4d– IVIG, Ritux, IA Abkürzungen: ABO-i = ABO-incompatible; AMR = Antibody-mediated Rejection; CX = Crossmatch; DSA = Donor-spezifischer Antikörper; FCXM = Flow Cytometric Crossmatch; IA = immunoadsorption; IVIG = intravenöses Immunglobulin; PP = Plasmapherese; Ritux = Rituximab; TMA = thrombotische Mikroangiopathie * Eculizumab wurde aufgrund einer aHUS-Rekurrenz Monate vor dem Auftreten der AMR begonnen und kontinuierlich weitergeführt 37 Transplantation | TOPICS NEPHRO Script ATG. Tacrolimus-basierte Immunsuppression B-Zell-FCXM: MFI < 200: Stopp Prä-Tx PP B-Zell-FCXM: MFI < 200: Stopp Weeks 0 123456789 11 13 600 1.200 6006006001.200 1.200 1.2001.200 mg jede 2. Woche Eculizumab (mg) • niedrige Rate früher AMR (2/26), 100 % 1-Jahres-Tx-Überleben • Post-Tx DSA-Anstieg und C4d-Ablagerung • Langzeitergebnisse? Chronische Abstoßung? Bei den ersten Patienten wurden auch postoperative Plasmapheresebehandlungen durchgeführt. FCXM = durchflusszytometrisches Crossmatch Nach: Stegall et al., Am J Transplant 2011; 11: 2405 Abb. 2: Schematische Darstellung des in einer prospektiven Studie (Mayo Clinic) untersuchten Eculizumab-basierten Desensibilisierungsprotokolls bei Crossmatchpositiver Lebendspende-Nierentransplantation stammenden Arbeitsgruppe um Mark Stegall publiziert, in der im zuvor beschriebenen Kollektiv mögliche Ursachen für AMR trotz Eculizumab-Gabe untersucht wurden (Bentall et al., Transplant Int, in press; Böhmig & Eskandary [invited commentary], Transplant Int, in press). In einer detaillierten serologischen Analyse fanden die Autoren als auffälligsten Befund bei Patienten mit früher Abstoßung und auch bei einem Patienten mit dem Befund einer chronischen Transplantatabstoßung die Bildung von DSA vom Typ IgM. Kein Unterschied fand sich hingegen bzgl. IgGDSA. Die Autoren diskutieren unter anderem eine mögliche Rolle einer IgM-induzierten C3-Aktivierung und Wirkung von C3Aktivierungsprodukten, ein Effekt, der durch terminale Komplementblockade ja nicht verhindert werden kann. Eculizumab zur Therapie akuter Antikörper-mediierter Abstoßung: Während für die Abstoßungsprävention mit Eculizumab eine prospektive Studie veröffentlicht ist, sind für die Therapie etablierter humoraler Abstoßungskrisen nur anekdotische Berichte publiziert (Tab.). Fallberichte illustrieren eine Effizienz einer Komplementblockade in einigen Fällen therapierefraktärer AMR. Eculizumab wurde entweder als alleinige Therapie, als Bridging für den Start B-Zell-depletierender Therapien oder in Kombination mit anderen therapeutischen Maßnahmen, wie Plasmapherese, intravenöses Immunglobulin (IVIG) oder Rituximab, eingesetzt. Wenn auch solche Berichte eine Wirksamkeit von Eculizumab bei akuter AMR nahelegen, so hat sich gezeigt, dass in manchen Fällen Abstoßungen therapierefraktär sein können. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang 2 berichtete Fälle einer C4d-ne38 gativen AMR, die nicht auf Eculizumab ansprachen, ein indirekter Hinweis auf eine Bedeutung Komplement-unabhängiger Abstoßungsmechanismen (Burbach et al., Transplantation, in press). Eigene Erfahrungen Die Erfahrung mit dem Einsatz von Eculizumab bei AMR beschränkt sich an unserem Zentrum auf einen einzigen, wenn auch sehr ungewöhnlichen Fall. Hier handelt es sich um eine 32-jährige Patientin mit der Grunderkrankung eines aHUS (krankheitsassoziierte Variante des solublen komplementregulierenden Faktors H und des membranständigen Faktors MCP), die im Oktober 2013 ein Leichenspende-Nierentransplantat unter präemptivem Plasmaaustausch erhielt. Die Plasmabehandlung musste allerdings aufgrund einer schweren Unverträglichkeitsreaktion kurz nach Transplantation beendet werden. Die Nierenfunktion besserte sich aber dennoch rasch. Nach einer Woche kam es allerdings zu einem prompten Kreatinin-Anstieg mit allen klinischen und laborchemischen Zeichen einer aHUS-Rekurrenz. Bioptisch wurde tatsächlich eine thrombotische Mikroangiopathie (TMA) verifiziert, allerdings zeigte sich auch das Vollbild einer C4d-positiven AMR. Retrospektiv fand sich als wahrscheinlicher Trigger tatsächlich ein präformierter hochtitriger HLA-Antikörper (Durch eine Schwangerschaft prä-Transplant getriggert?) gegen das Spenderantigen HLA B44. Mit der Spekulation eines Alloantikörpergetriggerten aHUS-Rezidivs initiierten wir eine kurze Serie von Immunadsorptionsbehandlungen (Protein A), um den DSA zumindest vorübergehend zu reduzieren, gefolgt von einer Therapie mit Eculizumab, mit der Idee, eine C5-Aktivierung infolge klassischer plus alternativer Komplementaktivierung zu hemmen. Unter dieser Therapie kam es tatsächlich zu einer raschen Besserung der Nierenfunktion. Zwei Protokollbiopsien, die unter laufender Eculizumab-Therapie durchgeführt wurden, zeigten eindrucksvollerweise eine normale Morphologie. Interessanterweise kam es im weiteren Verlauf zu einem progredienten Abfall der Intensität des nachgewiesenen DSA. Unklar bleibt, ob eine weitere Fortführung der Therapie nötig sein wird. Erst kürzlich wurde ein verwandter Fall einer AMR, die ebenfalls mit einer TMA assoziiert war, berichtet. Auch bei diesem Patienten bestand eine aHUS-assoziierte genetische Variante (Complement Factor Hrelated Protein 3/1 [CFHR3/1], das in der Komplementregulation auf Ebene von C5 eine Rolle spielt), und wie in unserem Fall, konnte diese AMR-Variante mit Eculizumab effizient behandelt werden (Noone et al., Am J Transplant 2012 Sep;12 [9]: 2546). ZUSAMMENFASSEND lässt sich sagen, dass Eculizumab eine in- teressante Strategie für die Prävention und Therapie der Antikörper-mediierten Abstoßung nach Organtransplantation darstellt. Die tatsächliche Effizienz und der optimale Einsatz in der Allotransplantation muss allerdings in systematischen Studien gezeigt werden. ■ TOPICS | Hämodialyse NEPHRO Script uu Die Onlineherstellung der Substitutionslösung macht die HDF im Vergleich zur k­ lassischen HDF mit Substituat aus Beuteln praktikabel und kostengünstiger. uu Es gibt Hinweise für einen Überlebensvorteil bei HDF im Vergleich zur Hämo­ dialyse, wenn hohe Konvektionsvolumina erzielt werden. uu Auch nach 3 großen Studien steht der Beweis für eine Überlegenheit der Methode gegenüber der konventionellen Dialyse noch aus. Kann die höhere Dialyseeffizienz das Patientenüberleben verbessern? HDF-Evolution in der Dialyse I m Jahr 1945 gelang dem Niederländer Willem Kolff HEMO-Studie1, an der über 1.800 Patienten teilnahdie erste erfolgreiche Dialysebehandlung: Eine Patimen, wurde allerdings kein Unterschied in Hinblick entin mit akutem Nierenversagen wurde eine Woche auf die Mortalität zwischen High-Flux- und Lowlang dialysiert und konnte mit normaler NierenfunkFlux-Dialyse gefunden. tion wieder entlassen werden. Damit war der wesentEine weitere Effizienzsteigerung in der Entfernung höliche Grundstein für eine der bedeutendsten Entwickhermolekularer Substanzen stellt die Hämodiafiltration lungen in der Nephrologie gelegt. (HDF) dar. Bei diesem Verfahren erfolgt eine KomPriv.-Doz. Seit dieser ersten erfolgreichen Dialysebehandlung kam bination aus Diffusion und Konvektion. Die Idee ist Dr. Matthias Lorenz es zu einer stetigen Weiterentwicklung des Verfahrens: es, durch höhere Ultrafiltrationsvolumina eine VerDialysezentrum Wien Sowohl die Sicherheit der Behandlung als auch die besserung der Clearance von Mittelmolekülen zu erDonaustadt Effizienz der Entgiftung wurden kontinuierlich verzielen. Bei der HDF werden im Dialysator große Menbessert. Heute stellt die Hämodialyse ein breit verfügbares und gen an Plasmawasser abfiltriert. Dabei werden größere Moleküle exzellent etabliertes Therapieverfahren bei terminaler Niereninmitgerissen, man spricht von konvektivem Transport. Die filtrierte suffizienz dar. Flüssigkeit wird gleichzeitig entweder vor (Prädilution) oder nach dem Filter (Postdilution) ersetzt, d. h. substituiert. Bei der Online-HDF wird die ultrareine Elektrolytlösung, die als High-Flux-HD, HDF und Online-HDF Dialysat dient, auch als Substituat verwendet. Diese Online-HerBei der Hämodialyse (HD) erfolgt die Entfernung von Urämiestellung der Substitutionslösung macht die Behandlung im Vertoxinen nach dem Prinzip der Diffusion. Im Dialysator, dem gleich zur klassischen HDF mit Substituat aus Beuteln praktikaHerzstück der „künstlichen Niere“, werden Blut und Dialysat, bel und kostengünstiger. getrennt durch eine semipermeable Membran, im Gegenstrom aneinander vorbeigepumpt. Niedermolekulare Substanzen, wie RCT zum Vergleich HDF vs. HD zum Beispiel manche Urämietoxine, diffundieren auf Grund des Konzentrationsgradienten vom Blut ins Dialysat. HöhermolekuDaten aus retrospektiven Studien führten zur Hypothese, dass lare Substanzen wie Proteine werden zurückgehalten. Über ein durch HDF im Vergleich zur HD nicht nur eine Verbesserung Druckgefälle kann ein Flüssigkeitsentzug, die so genannte Ultravieler Surrogatparameter (z. B. Mittelmolekül-Clearance und Difiltration erfolgen. alysequalität), sondern auch ein Vorteil in Hinblick auf die MorWas die Entgiftung angeht, gibt es schon lange den Ansatzpunkt, talität erzielt werden könnte. Allerdings lagen bis vor Kurzem keine durch eine Vergrößerung der Poren des Dialysators auch höherprospektiven Untersuchungen mit harten klinischen Endpunkten molekulare Substanzen zu entfernen. Es bestand die Hoffnung, vor. In den Jahren 2012 und 2013 wurden nun drei große randodass durch die Dialysebehandlung mit so genannten High-Fluxmisierte, kontrollierte Studien publiziert, in denen HDF und HD Filtern, die auch größere Moleküle passieren lassen, eine Verbesmiteinander verglichen wurden. Die Studie CONTRAST, die ˘ serung klinischer Endpunkte erzielt werden könnte. In der Turkish-Online-HDF-Studie und die ESHOL-Studie. 39 Hämodialyse | TOPICS NEPHRO Script CONTRAST: In der Studie CONTRAST2 (CONvective TRAns- port STudy) wurde HDF mit Low-Flux-HD verglichen. Primärer Endpunkt war die Mortalität, als sekundärer Endpunkt diente eine Kombination kardiovaskulärer Events. Von insgesamt 714 prävalenten chronischen Hämodialysepatienten wurden 358 in die HDF-Gruppe und 356 in die HD-Gruppe randomisiert. Nach einem mittleren Follow-up von 3 Jahren waren die Mortalität und kardiovaskuläre Zwischenfälle in beiden Gruppen gleich häufig. Erwähnenswert ist, dass das bei HDF angestrebte Konvektionsziel von 24 Litern/Behandlung nicht erreicht wurde (20,7 Liter im Median). Eine Subgruppenanalyse nach Konvektionsvolumen in Tertilen ergab signifikant weniger Todesfälle in der Gruppe von HDF-Patienten mit den höchsten Konvektionsvolumina (über 21,95 Liter/Behandlung). Die Anzahl kardiovaskulärer Events unterschied sich aber auch in dieser Post-hocAnalyse nicht signifikant. Turkish-Online-HDF-Studie: In der Turkish-Online-HDF-Studie3 erfolgte ein Vergleich von HDF mit High-Flux-HD. 782 Patienten wurden eingeschlossen. Primärer Endpunkt war eine Kombination aus Tod und kardiovaskulären Ereignissen. Der Beobachtungszeitraum betrug 2 Jahre. Wie bei CONTRAST fand sich kein Unterschied zwischen HD und HDF. Auch die sekundären Endpunkte Gesamtmortalität, kardiovaskuläre Mortalität, Hospitalisierung und Blutdruckabfälle waren in beiden Gruppen gleich häufig. Analog zu CONTRAST erfolgte eine Subgruppenanalyse nach Filtrationsvolumen. Patienten mit einem Filtrationsvolumen über 17,4 Litern hatten ein besseres Gesamt- und kardiovaskuläres Überleben als jene Patienten, bei denen das Filtrationsvolumen unter 17,4 Litern lag. ESHOL-Studie: Nun zur meistbeachteten Publikation, der ESHOL- Studie4 (Estudio de Supervivencia de Hemodiafiltración On-Line), die in Katalonien durchgeführt wurde. 906 Hämodialysepatienten wurden randomisiert. 450 Patienten verblieben an der HD, bei 456 Patienten wurde die Therapieform auf „High efficiency“HDF geändert. Dabei wurde ein Konvektionsvolumen über 18 Liter als „hoch effizient“ definiert. Mit 23,7 Litern wurde ein höheres medianes Konvektionsvolumen erreicht als in den beiden anderen Studien. In der HD-Gruppe wurden 92 % mit HighFlux- und 8 % mit Low-Flux-Filtern behandelt. Im Unterschied zu den beiden oben diskutierten Studien war die Mortalität in der HDF-Gruppe signifikant niedriger. Es wurde eine 30%ige Risikoreduktion gegenüber der HD errechnet. Dieser beachtliche Unterschied kam vor allem auf Grund von mehr Todesfällen 40 durch Schlaganfälle und Infektionen in der Hämodialysegruppe zustande. Es gibt aber Kritikpunkte an der ESHOL-Studie: Auffällig ist vor allem eine ungleiche Verteilung bedeutsamer Risikofaktoren in den beiden Gruppen. In der Dialysegruppe hatten mehr Patienten einen zentralvenösen Katheter als Dialysezugang, der Anteil an Diabetikern war höher, die Patienten waren älter und der Charlson-Komorbiditätsindex war höher als bei den HDF-Patienten. Außerdem erhielten mehr Patienten der HDF-Gruppe ein Nierentransplantat. Dies ist erwähnenswert, da die Eignung für eine Nierentransplantation als Indikator für weniger Komorbiditäten und damit einer günstigeren Prognose gilt. Auch wenn in der statistischen Auswertung für diese Faktoren adjustiert wurde, kann nicht ausgeschlossen werden, ob nicht z. B. der doppelt so hohe Katheteranteil für die hohe infektassoziierte Mortalität in der HD-Gruppe verantwortlich zeichnet. Unterschiedlich war auch die Blutflussrate, ein Qualitätskriterium für den Dialysezugang. Sie war in der HD-Gruppe niedriger. Weiters erfolgte keine Intention-to-treat-Analyse: Patienten der HDFGruppe, die das hohe Substitutionsziel nicht erreichten, wurden aus der Analyse ausgeschlossen. ZUSAMMENFASSEND liegen drei große prospektive Studien zur Online-HDF vor. Zwei Untersuchungen zeigten keinen Vorteil der HDF für das Patientenüberleben. Bei beiden führten Subgruppenanalysen zur Hypothese, dass eine HDF mit hohen Substitutionsvolumina eine Verbesserung des Patientenüberlebens bringen könnte. Die ESHOL-Studie, bei der das Substitutionsvolumen am höchsten war, zeigte einen Überlebensvorteil für die HDF. Wie diskutiert, gibt es Kritikpunkte an dieser Studie. Keine der Studien erbrachte Hinweise auf Nachteile einer Online-HDF. Bei der Online-HDF handelt es sich also um eine Weiterentwicklung der Hämodialyse, die 1) ein sicheres Behandlungsverfahren darstellt und 2) bei hohen Konvektionsvolumina möglicherweise zu einem Überlebensvorteil führt. Die derzeitige Datenlage reicht meiner Meinung nach aber nicht aus, um „HDF für alle“ zu propagieren. ■ Eknoyan G et al., Effect of dialysis dose and membrane flux in maintenance hemodialysis. N Engl J Med 2002; 347(25):2010–9 Grooteman MPC et al., Effect of online hemodiafiltration on all-cause mortality and cardiovascular outcomes. J Am Soc Nephrol 2012; 23:1087–96 3 Ok E et al., Mortality and cardiovascular events in online haemodiafiltration (OL-HDF) compared with high-flux dialysis: results from the Turkish OL-HDF Study. Nephrol Dial Transplant 2013; 28(1):192–202 4 Maduell F et al., High-efficiency postdilution online hemodiafiltration reduces all-cause mortality in hemodialysis patients. J Am Soc Nephrol 2013; 24(3):487–97 1 2 NEPHRO Script STANDESPOLITIK uu Der deutliche Unterschied im Prozentsatz an HD- und PD-Patienten in vielen Ländern ist nicht durch medizinischen Faktoren erklärbar. Der vorliegende Artikel fasst die wichtigsten Punkte eines Konsensuspapiers der Arbeitsgruppe „Peritonealdialyse“ der ÖGN zu Problemstellungen bei der Entwicklung oder Durchführung der PD und mögliche Lösungsvorschläge zusammen. Darüber hinaus wird über bereits verwirklichte Schritte zur Problemlösung berichtet. uu Letztere umfassen vor allem die Fertigstellung einer juristisch geprüften Patienteninformation über Therapiemöglichkeiten bei terminaler Niereninsuffizienz, die Organisation eines juristischen Gutachtens über assistierte PD und die Durchführung von PD-Intensivkursen zur Unterstützung der Ausbildung über PD. Bericht der Arbeitsgruppe „Peritonealdialyse“ der ÖGN Stellenwert der Peritonealdialyse in Österreich I n Österreich führen derzeit etwa 9 % der terminal auch mögliche Lösungsvorschläge für solche Probleme niereninsuffizienten Patienten eine Peritonaldialyse zu erarbeiten. Auch die Optimierung der medizinischen (PD) durch. Dieser Prozentsatz liegt deutlich unter Aspekte der PD-Betreuung liegt im Focus der Arbeitsjenem anderer Länder. Beispielsweise liegt der Progruppe. Als erster Schritt wurden diese Aspekte auch zentsatz an PD-Patienten in Dänemark und Schweden auf Wunsch des ÖGN-Vorstands in einem Konsenderzeit bei 22 %. Im April 2012 wurde vom Vorstand suspapier zusammengefasst. Dieses Papier wurde im der Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie die Dezember 2013 fertiggestellt und kann auf der ÖGNUniv.-Prof. Arbeitsgruppe „Peritonealdialyse“ gegründet. Die MitHomepage (www.niere-hochdruck.at) eingesehen und Dr. Andreas Vychytil glieder der Arbeitsgruppe sind (in alphabetischer Reiheruntergeladen werden. Eine Aktualisierung 1-mal Klinische Abteilung für henfolge) Univ.-Prof. Dr. Christoph Aufricht (Univ.pro Jahr durch die Arbeitsgruppe ist geplant. Nephrologie und Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Wien), Dialyse, Universitätsklinik für Univ.-Prof. Dr. Paul König (Medizinische Universität Prädialysemanagement Innere Medizin III, Innsbruck), Prim. Univ.-Doz. Dr. Karl Lhotta (LKH Medizinisch Universität Feldkirch), Univ.-Prof. Dr. Johannes Roob (MediziKlinische Daten zeigen, dass auch Patienten, die vor Wien; für die Arbeitsgruppe nische Universität Graz), Dr. Thomas Sailer (A. ö. KH ihrem Dialysebeginn mehrmals Visiten beim Nephro„Peritonealdialyse“ der Elisabethinen Linz), Dr. Hermann Salmhofer (LKH logen gehabt haben, weniger Information über PeriÖsterreichischen Salzburg, Universitätsklinikum), Univ.-Prof. Dr. Antonealdialyse als über Hämodialyse (HD) oder NieGesellschaft für Nephrologie dreas Vychytil (Leiter der Arbeitsgruppe, Medizinische rentransplantation erhalten haben (Finkelstein F. O., Universität Wien), Dr. Clemens Wieser (Klinikum Kidney Int 2008; 74: 1178-1184). Dies kann die Wahl Klagenfurt am Wörthersee) und Dr. Martin Wiesholdes Dialyseverfahrens beeinflussen. Die Ursachen für zer (Landesklinikum St. Pölten). Dr. Petra Günther (vormals A. diesen Informationsunterschied sind vielfältig. Viele Zentren im ö. KH Oberwart) war Mitglied der Arbeitsgruppe bis Jänner 2014. deutschsprachigen Raum, aber auch in zahlreichen anderen Ländern betreuen eine wesentlich größere Zahl an HD-Patienten als an PD-Patienten. Damit ist die Erfahrung in der Betreuung von Ziele und Aufgaben der Arbeitsgruppe HD-Patienten größer, auch der Patient erlebt die HD dann oft Die Arbeitsgruppe hat die Aufgabe, den Stellenwert der Peritoals „Goldstandard“. Ausreichende HD-Kapazität reduziert oft nealdialyse in Österreich zu beurteilen, Probleme anzusprechen, auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein alternatives Dialyseverfahdie die Entwicklung oder Durchführung der PD erschweren, und ren forciert ausgebaut wird. Unterschiede in der Ausbildung sol42 STANDESPOLITIK len natürlich auch angesprochen werden (siehe später). Medizinische und nicht-medizinische Faktoren können die Wahl des Dialyseverfahrens aber auch in umgekehrter Richtung massiv beeinflussen. Ein Beispiel ist die „PD first policy“ in Hongkong, wo etwa 75 % der dialysepflichtigen Patienten eine PD durchführen. Eine Ursache dürfte allerdings sein, dass die Kostenträger zu Beginn nur die Kosten für eine PD übernehmen, sofern keine Kontraindikationen für dieses Verfahren bestehen. Verschiedene klinische Studien zeigen, dass Patientinnen und Patienten an der HD und PD ein vergleichbares Überleben haben (Mehrotra R., Arch Intern Med 2011; 171: 110–118). Zusätzlich steht aber die Lebensqualität der Erkrankten als therapeutisches Ziel im Vordergrund. In einer Arbeit aus dem Jahre 2012 (Morton R. L., CMAJ 2012; 184: E277–E283) konnte gezeigt werden, dass Dia­ lysepatientinnen und -patienten für eine Verbesserung der Lebensqualität auf einen signifikanten Teil an reiner Überlebenszeit verzichten würden. Es finden sich nur wenige echte Kontraindikationen für PD. Oft bestehen eher Barrieren, die aber im Gegensatz zu Kontraindikationen durch entsprechendes Management überwunden werden könnten (z. B. Assistenz bei der Durchführung der Therapie bei älteren Personen mit kognitiven oder manuellen Einschränkungen, Sanierung von Hernien zum Zeitpunkt der Katheterimplantation etc.). Eine rezente klinische Studie zeigt, dass ein großer Teil der Patientinnen und Patienten medizinisch und psychologisch sowohl für PD als auch für HD geeignet ist (Mendelssohn D. C., Nephrol Dial Transplant 2009; 24: 555–561). Daher spielen bei der Wahl des Dialyseverfahrens sehr viele persönliche Faktoren eine Rolle. Manche Patienten empfinden die 3-malige Hämodialyse im Krankenhaus als Einschränkung ihrer Flexibilität und haben eher ein Bedürfnis nach Selbstständigkeit. Diese wird durch eine Heimdialyse (PD, aber auch Heimhämodialyse) geboten. Andere (vor allem alleinstehende) Patienten finden dagegen in der HD ein wichtiges soziales Netzwerk. Der deutliche Unterschied im Prozentsatz an HD- und PD-Patienten in vielen Ländern ist nicht durch medizinische Faktoren erklärbar. Verschiedene klinische Arbeiten zeigen, dass sich bei adäquater Information über alle Möglichkeiten der Therapie terminal niereninsuffizienter Patienten deutlich mehr Patientinnen bzw. Patienten für eine zu Hause durchgeführte Dia­ lyseform entscheiden würden, als dies derzeit der Fall ist (Jager K., Am J Kidney Dis 2004; 43: 891–899; Liebman S. E., Am J Kidney Dis 2012; 59: 550–557; Ribitsch W., Perit Dial Int 2013; 33: 367–371). Die Patienten müssen daher aus Sicht der Arbeitsgruppe in die Entscheidung, welches Dialyseverfahren gewählt werden soll, entsprechend eingebunden werden. Um den Betroffenen eine rechtzeitige, umfassende und balancierte Information über alle therapeutischen Möglichkeiten bei terminaler Niereninsuffizienz zukommen zu lassen, sind allerdings Zeit und ein adäquates Prädialysemanagement notwendig. Dabei haben die Nephrologin bzw. der Nephrologe eine wichtige Beratungsfunktion. Im Einklang mit dem Dossier der Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie (ÖGN), wo ab/bei einer NEPHRO Script glomerulären Filtrationsrate von 20 ml/min/1,73 m2 eine strukturierte Patienteninformation gefordert wird (Zugang zum Dossier über die Homepage www.niere-hochdruck.at), ist die Arbeitsgruppe der Meinung, dass das Prädialysemanagement auch in Österreich optimiert werden sollte. Dabei ist bei kleineren Zentren, die nur eine geringe Zahl an PD-Patienten betreuen, wahrscheinlich eine Kooperation mit größeren Zentren sinnvoll (z. B. bei der Organisation von Gesprächen des PD-Kandidaten mit einer bereits erfahrenen PD-Patientin bzw. einem PD-Patienten oder aber bei der Vorstellung verschiedener PD-Systeme). Die freie Wahlmöglichkeit des Patienten nach entsprechender Beratung durch den Nephrologen hat also aus Sicht der Arbeitsgruppe zentralen Stellenwert. Andere Strategien, wie z. B. die „PD first policy“ in Hongkong oder das Festsetzen eines bestimmten Prozentsatzes an PD, der erreicht werden muss, lehnt die Arbeitsgruppe vor allem deshalb ab, da sie mit großer Wahrscheinlichkeit die oben erwähnte freie Wahlmöglichkeit des Patienten einschränken würden. Zur Unterstützung der Aufklärung sowie auch als Möglichkeit zur Dokumentation der Aufklärung wurde von der Arbeitsgruppe ein einheitliches Patienten-Aufklärungsformular entworfen, das in Kürze auf der Homepage der ÖGN veröffentlicht wird. Die Inhalte des Schreibens wurden auch mit dem ÖGN-Vorstand abgestimmt und juristisch geprüft. Das Aufklärungsformular enthält Informationen über alle Nierenersatzverfahren (vor allem über HD und PD, etwas kürzer auch über Nierentransplantation, wo dann bei entsprechender Eignung andere Informationen zur Verfügung stehen). Die Patienteninformation enthält aber auch Informationen über konservative Therapie ohne Dialyse (Best Supportive Care). Das Aufklärungsformular bietet Platz für die Dokumentation weiterer Inhalte des Aufklärungsgespräches und sieht vor, dass die Ärztin bzw. der Arzt und die Patientin bzw. der Patient mit ihrer Unterschrift bestätigen, dass die im Formular dargelegten Informationen übermittelt wurden. Ausbau der assistierten PD In vielen Ländern steigt der Anteil an älteren Dialysepatienten massiv an. Auch im Österreichischen Dialyseregister ist diese Entwicklung gut dokumentiert. Klinische Daten zeigen, dass auch ältere Patienten von der Heimdialyse profitieren. Allerdings erlaubt die Situation oft nicht, ein Heimverfahren selbstständig durchzuführen (z. B. aufgrund von funktionellen Einschränkungen). In vielen Ländern wurden daher Programme für assistierte PD aufgebaut. Dabei führen mobile Pflegedienste nach entsprechender Einschulung die PD beim Patienten zu Hause durch. Ebenso kann die PD auch in Pflegeheimen durchgeführt werden und erspart dem Patienten den Transport 3-mal/Woche in das Zentrum zur HD. Klinische Studien zeigen, dass die Peritonitisrate der Patienten an der assistierten PD durchaus niedrig ist, vor allem, wenn diese mobilen Pflegekräfte regelmäßig durch diplomierte Pflegekräfte mit nephrologischer Sonderausbildung nachgeschult werden (Verger C., Nephrol Dial Transplant ˘ 43 NEPHRO Script 2007; 22: 1218–1223). Zusätzlich vermindert die Durchführung der PD durch Hilfspersonen bei diesen älteren Patienten die Wahrscheinlichkeit, dass das Verfahren aus medizinischen oder technischen Gründen gewechselt werden muss (Lobbedez T., Clin J Am Soc Nephrol 2012; 7: 612–618). Somit wäre ein Ausbau der assistierten PD extrem wichtig, um vor allem älteren, alleinstehenden und/oder pflegebedürftigen Patientinnen und Patienten mit Präferenz zur PD die Durchführung dieses Verfahrens zu ermöglichen und die auch juristisch geforderte Wahlmöglichkeit des Behandlungsverfahrens für diese Menschen nicht einzuschränken. Aktuelle Berechnungen zeigen außerdem, dass die Gesamtkosten einer assistierten PD nicht höher liegen als jene einer Zentrums-HD. In Österreich existieren derzeit nur kleinere Programme zur Durchführung der assistierten PD (erstes Programm in St. Pölten, etwas später dann auch in Feldkirch). Die assistierte PD wurde allerdings bisher ausschließlich durch diplomierte Pflegekräfte mit Nephrologie-Sonderausbildung durchgeführt. Dies lag an der Interpretation der rechtlichen Situation, die auf einem juristischen Gutachten aus dem Jahre 2006 basiert und die Durchführung der Behandlung nur diesem nephrologischen Fachpersonal erlaubt. Es bleibt aber der Widerspruch, dass juristisch kein Einwand besteht, dass die PD zu Hause durch Patientinnen und Patienten selbst oder deren Angehörige durchgeführt wird, die ja keinerlei Fachausbildung, sondern nur eine entsprechende Einschulung haben. Selbst bei Aufbau eines entsprechenden Programms war durch diese Situation die Kapazität, assistierte PD durchzuführen, bisher stark begrenzt. Auf Wunsch der Arbeitsgruppe und im Auftrag der ÖGN hat ein Jurist (Univ.-Prof. Dr. W. Mazal, Institut für Arbeits- und Sozialrecht, Universität Wien) nun ein rezentes, sehr umfassendes Gutachten geschrieben, das die Durchführung der PD auch durch diplomierte Pflegepersonen ohne nephrologische Sonderausbildung sowie durch nicht diplomierte Pflegepersonen befürwortet. Das Gutachten betont aber auch die Bedeutung der diplomierten Pflegekräfte mit Sonderausbildung Nephrologie, die tragend wird, sobald die Delegation der Verantwortung durch die Ärztin bzw. den Arzt nicht nur den Vorgang des Beutelwechsels oder des Anschlusses an den Cycler betrifft, sondern auch eine eigenständige Situationsbewertung oder ein eigenständiges Einstellen auf wechselnde Situationen inkludiert. Es besteht die Hoffnung, dass durch das Gutachten ein Ausbau einer assistierten PD in Österreich erleichtert wird. Nephrologische Ausbildung Eine weitere wichtige Barriere für eine adäquate Entwicklung der PD-Zahlen ist die ungenügende Ausbildung vieler Nephrologinnen und Nephrologen in diesem Verfahren. Laut Österreichischem Dialyse- und Transplantationsregister (ÖDTR) bieten etwa ein Drittel der Zentren mit Ausbildungsstellen für das Additivfach Nephrologie keine PD an. Es ist aber aus Sicht der Arbeitsgruppe ein Minimalerfordernis, dass jede Nephrologin bzw. jeder Nephrologe im Rahmen der Ausbildung auch PD-Patientinnen und 44 STANDESPOLITIK -Patienten gesehen und betreut hat. Für Zentren, die kein oder ein nur sehr kleines PD-Programm haben, könnte dies je nach der lokalen Situation auf verschiedene Arten ermöglicht werden, z. B. durch Rotation der Auszubildenden an ein Referenzzentrum mit PD (z. B. für 6 Monate) oder durch eine Teilnahme an Visiten in einer PD-Ambulanz (z. B. 1–2-mal pro Woche, bis eine entsprechende Zahl an Visiten erreicht ist). Zur Unterstützung der theoretischen PD-Ausbildung (vor allem für Kolleginnen und Kollegen, die nicht ausreichend in ein PDZentrum rotieren können) hat die Arbeitsgruppe erstmals im März 2013 im Rahmen der ÖGN-Wintertagung einen PD-Basiskurs angeboten, in dem alle Grundlagen des Verfahrens vermittelt wurden. Dieser Kurs war mit 45 Teilnehmerinnen und Teilnehmern und ausgezeichnetem Feedback aus Sicht der Arbeitsgruppe sehr erfolgreich und soll im kommenden Jahr wiederholt werden. Neben den oben diskutierten Punkten hat die Arbeitsgruppe noch weitere Aspekte herausgearbeitet, bei denen eine Optimierung wünschenswert wäre: Refundierung der Behandlungskosten Durchführung der Heimdialyse bedeutet eine Entlastung des Gesundheitssystems. Dem stehen aber eine ungenügende Refundierung der zum Teil sehr aufwändigen ambulanten Leistungen durch die Krankenversicherungen sowie auch ein gar nicht refundierter Aufwand für die Patientin bzw. den Patienten (z. B. höhere anfallende Kosten durch Müllabfuhr, Stromkosten für Cycler etc.) gegenüber. Dieses Missverhältnis stellt eine weitere (nicht-medizinische) Barriere für die Entwicklung der PD dar. Die Arbeitsgruppe hat im Konsensuspapier thematisiert, dass langfristig eine adäquatere PD-Finanzierung erreicht werden muss. Ein erster kurzfristigerer Schritt in diese Richtung könnte sein, bestimmte besonders aufwändige Leistungen abrechnen zu können. Hierzu zählt das Training von Patienten für die PD, aber auch aufwändigere Untersuchungen, wie der peritoneale Äquilibrationstest. Soll jedes Dialysezentrum PD-Patienten betreuen? Mehrere klinische Arbeiten zeigen eine positive Assoziation zwischen Zahl der in einem Zentrum betreuten PD-Patienten und besseren klinischen Ergebnissen (Plantinga L. C., Perit Dial Int 2009; 29: 285–291; Lobbedez T., Clin J Am Soc Nephrol 2012; 7: 612–618). Es ist daher nicht sinnvoll, dass alle Zentren PD durchführen, sofern nicht eine bestimmte Patientenmindestzahl (z. B. zumindest 10 Patienten) erreicht werden kann. Allerdings würde auch eine Strategie, die PD nur in größeren Zentren zu konzentrieren, zumindest in manchen österreichischen Bundesländern eher zu einem unerwünschten Rückgang der Heimtherapie führen, da etwa die Hälfte der österreichischen Dialysezentren weniger als 10 PD-Patienten betreut. Für Zentren mit STANDESPOLITIK eher kleiner Patientenzahl wäre eine Kooperation mit einem Referenzzentrum möglich, vor allem im Bereich der Ausbildung zum Zusatzfach Nephrologie (eine PD-Ausbildung in einem Zentrum, das keine PD anbietet, ist ebenso inakzeptabel wie eine HD-Ausbildung in einem Zentrum, das keine HD durchführt), aber auch bei der Prädialyseinformation von zukünftigen Dialysepatientinnen bzw. -patienten (z. B. Gespräche mit Patientinnen bzw. Patienten, die bereits PD durchführen, Demonstration von PD-Systemen), bei der Erstellung von Therapiestandards und beim Management von PD-assoziierten Komplikationen. Eine solche Strategie hat in klinischen Studien bereits zu einer Zunahme der Zahl an PD-Patienten und einer Verbesserung der klinischen Ergebnisse geführt (Jiang Z., Perit Dial Int 2011; 31: 121–126). Räumliche und personelle Ressourcen Die Arbeitsgruppe weist im Konsensuspapier auch darauf hin, dass die für eine erfolgreiche Durchführung der PD notwendigen räumlichen und personellen Ressourcen derzeit nur in einem Teil der Zentren erfüllt sind. Der Österreichische Strukturplan Gesundheit enthält entsprechende Vorgaben für erforderliche Ressourcen. Die Aufbauphase eines PD-Programms ist ein besonders sensibler Punkt mit einem hohen Aufwand bei zunächst noch geringen Patientenzahlen. Die Arbeitsgruppe hat in dem Konsensuspapier daher thematisiert, dass in dieser Phase ein suffizienter Personalschlüssel (Pflegepersonen und ärztliches Personal) für das Wachstum des PD-Programms von essenzieller Bedeutung ist. Will man die Position der PD optimieren, muss dieser Aspekt berücksichtigt werden. NEPHRO Script Erstellen von PD-Standards Die Arbeitsgruppe plant im Auftrag der ÖGN Standards für PD zu erstellen, wie sie in zahlreichen anderen Ländern ja schon verwendet werden. In den letzten Jahren wurden zahlreiche Richtlinien, wie z. B. die Empfehlungen der „International Society for Peritoneal Dialysis“ zur Prophylaxe und Therapie infektiöser Komplikationen (Li P. K. T., Perit Dial Int 2010; 30: 393–423; Piraino B., Perit Dial Int 2011; 31: 614–630) erstellt. Die Arbeitsgruppe hält es nicht für sinnvoll, diese Empfehlungen in ähnlicher Weise für österreichische PD-Patienten zu publizieren. Hingegen wäre die Fokussierung auf praktisch relevante Teilgebiete, die bisher noch nicht ausreichend durch entsprechende Empfehlungen abgedeckt wurden, sinnvoller. Nach entsprechender Diskussion hat sich die Arbeitsgruppe daher entschlossen, zunächst Standards für das Patiententraining zu erstellen. Hier ist geplant, als Ausgangspunkt ein Treffen gemeinsam mit den österreichischen Pflegepersonen zur Beurteilung des Ist-Standes zu organisieren. ZUSAMMENFASSEND konnten doch einige Strategien zur Pro- blemlösung im Bereich der PD verwirklicht werden, an anderen Problemen muss noch weiter gearbeitet werden. All dies wäre aber nicht möglich gewesen ohne die Mitarbeit und den Input jedes einzelnen Mitgliedes der Arbeitsgruppe PD. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle von ganzem Herzen bedanken. Bedanken möchte ich mich aber auch bei den Mitgliedern des ÖGN-Vorstandes und dem derzeitigen ÖGN-Vorsitzenden Alexander Rosenkranz sowie dem derzeit stellvertretenden Vorsitzenden Erich Pohanka, die unsere Arbeit kontinuierlich unterstützen. ■ FACHKURZINFORMATION Amelior plus HCT 20 mg/5 mg/12,5 mg Filmtabletten, Amelior plus HCT 40 mg/5 mg/12,5 mg Filmtabletten, Amelior plus HCT 40 mg/10 mg/12,5 mg Filmtabletten, Amelior plus HCT 40 mg/5 mg/25 mg Filmtabletten, Amelior plus HCT 40 mg/10 mg/25 mg Filmtabletten. Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Eine Filmtablette enthält 20 mg Olmesartanmedoxomil, 5 mg Amlodipin (als Amlodipinbesilat) und 12,5 mg Hydrochlorothiazid bzw. 40 mg Olmesartanmedoxomil, 5 mg Amlodipin (als Amlodipinbesilat) und 12,5 mg Hydrochlorothiazid bzw. 40 mg Olmesartanmedoxomil, 10 mg Amlodipin (als Amlodipinbesilat) und 12,5 mg Hydrochlorothiazid bzw. 40 mg Olmesartanmedoxomil, 5 mg Amlodipin (als Amlodipinbesilat) und 25 mg Hydrochlorothiazid bzw. 40 mg Olmesartanmedoxomil, 10 mg Amlodipin (als Amlodipinbesilat) und 25 mg Hydrochlorothiazid. Liste der sonstigen Bestandteile: Tablettenkern: vorverkleisterte Maisstärke, silizifierte mikrokristalline Cellulose (mikrokristalline Cellulose, hochdisperses wasserfreies Siliciumdioxid), Croscarmellose-Natrium, Magnesiumstearat. Filmüberzug: Poly(vinylalkohol), Macrogol 3350, Talkum, Titandioxid (E 171), Eisen(III)-oxid gelb (E 172), Eisen(III)-oxid rot (E 172) (nur in 20 mg /5 mg /12,5 mg, 40 mg /10 mg /12,5 mg, 40 mg /10 mg /25 mg Filmtabletten), Eisen(II, III)-oxid schwarz (E 172) (nur in 20 mg /5 mg /12,5 mg Filmtabletten). Anwendungsgebiete: Behandlung der essenziellen Hypertonie. Zusatztherapie: Amelior plus HCT ist indiziert bei erwachsenen Patienten, deren Blutdruck mit einer Kombination von Olmesartanmedoxomil und Amlodipin, eingenommen in Form einer Zweierkombination, nicht ausreichend kontrolliert werden kann. Substitutionstherapie: Amelior plus HCT ist indiziert zur Substitutionstherapie bei erwachsenen Patienten, deren Blutdruck mit einer Kombination von Olmesartanmedoxomil, Amlodipin und Hydrochlorothiazid, eingenommen in Form einer Zweierkombination (Olmesartanmedoxomil und Amlodipin oder Olmesartanmedoxomil und Hydrochlorothiazid) und eines Monopräparates (Hydrochlorothiazid oder Amlodipin), ausreichend kontrolliert wird. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen die Wirkstoffe, gegen Dihydropyridinderivate oder gegen andere Sulfonamid-Derivate (da Hydrochlorothiazid ein Sulfonamid-Derivat ist) oder gegen einen der sonstigen Bestandteile. Stark eingeschränkte Nierenfunktion. Therapieresistente Hypokaliämie, Hyperkalzämie, Hyponatriämie und symptomatische Hyperurikämie. Stark eingeschränkte Leberfunktion, Cholestase und Gallenwegsobstruktionen. Zweites und drittes Schwangerschaftstrimenon. Amelior plus HCT ist, aufgrund des enthaltenen Amlodipins, auch kontraindiziert bei Patienten mit: Schock (inklusive kardiogenem Schock), Schwerer Hypotonie, Linksventrikulärer Abflussbehinderung (z. B. hochgradige Aortenstenose), Hämodynamisch instabiler Herzinsuffizienz nach einem akuten Myokardinfarkt. Pharmakotherapeutische Gruppe: Angiotensin-II-Antagonisten; andere Kombinationen; ATC-Code: C09DX03. Inhaber der Zulassung: Menarini International Operations Luxembourg S.A., 1, Avenue de la Gare, L-1611 Luxemburg, Luxemburg. Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig. Weitere Angaben zu den Abschnitten Dosierung, Art und Dauer der Anwendung, Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit sowie Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation. Amelior plus HCT wird unter der Lizenz von Daiichi Sankyo Europe GmbH vermarktet. Stand der Information: April 2012. Dynovas 0,5 mg (1,5 mg) Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Infusionslösung. Zusammensetzung: 1 Durchstechflasche enthält 0,531 mg (1,593 mg) Epoprostenol-Natrium, entsprechend 0,5 mg (1,5 mg) Epoprostenol. Jede Lösungsmittel-Durchstechflasche enthält 50 ml sterilen Glycinpuffer, mit einem Natriumgehalt von ca. 55 mg. Die Rekonstitution einer Durchstechflasche mit 0,5 mg (1,5 mg) Epoprostenol in 50 ml sterilem Puffer ergibt eine Konzentration von 10.000 Nanogramm (30.000 Nanogramm) pro ml. Hilfsstoffe: Enthält 0,05 mmol Natrium (1,15 mg) pro Durchstechflasche. Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung: Mannitol, Glycin, Natriumchlorid, Natriumhydroxid (zur pH-Einstellung). Lösungsmittel: Glycin, Natriumchlorid, Natriumhydroxid (zur pH-Einstellung), Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Hämodialyse: Dynovas ist indiziert bei Dialyse, wenn bei der Anwendung von Heparin ein hohes Risiko besteht, Blutungen auszulösen oder zu verschlimmern, oder wenn Heparin aus einem anderen Grund kontraindiziert ist. Primäre und Sekundäre Pulmonale Hypertonie: Dynovas ist auch indiziert zur intravenösen Langzeittherapie der Primären Pulmonalen Hypertonie (PPH) bei Patienten der Stadien III und IV gemäß der Klassifikation der New York Heart Association (NYHA), die nicht ausreichend auf eine konventionelle Therapie ansprechen sowie der Sekundären Pulmonalen Hypertonie (SPH) im Rahmen von Erkrankungen aus dem Formenkreis der Sklerodermie aufgrund intrinsischer präkapillärer Lungengefäßkrankheiten bei Patienten in den NYHA Stadien III und IV. Die Daten für die Langzeitanwendung sind begrenzt. Gegenanzeigen: Dynovas ist kontraindiziert bei Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegen das Arzneimittel. Dynovas ist kontraindiziert bei Patienten mit dekompensierter Herzinsuffizienz, die durch eine schwere links-ventrikuläre Dysfunktion verursacht wird. Dynovas darf bei Patienten, bei denen sich während der Kurzzeitdosisoptimierung ein Lungenödem gebildet hat, nicht angewendet werden. ATC-Code: B01AC09. Abgabe: Rezept- und apothekenpflichtig, wiederholte Abgabe verboten. Packungsgrößen: 1 Durchstechflasche mit 0,5 mg (1,5 mg) Epoprostenol und 1 Durchstechflasche (2 Durchstechflaschen) mit 50 ml sterilem Glycinpuffer. Kassenstatus: No Box. Zulassungsinhaber: Gebro Pharma GmbH, 6391 Fieberbrunn. Stand der Fachkurzinformation: 28.07.2011. Weitere Angaben zu Nebenwirkungen, Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, Schwangerschaft und Stillperiode sowie Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung siehe Austria-Codex-Fachinformation. [1] Lubin P., Intensiv 2001; 9(1): 15–22, DOI: 10.1055/s-2001–10474. [2] Druml, W., et al.; Intensiv News 4/2000, Supplement 1, 1–12. [3] wenn Heparin nicht verwendet werden kann (s. FI). Fosrenol 500 mg / 750 mg / 1000 mg Kautabletten. Zusammensetzung: Eine Kautablette enthält Lanthancarbonat-Hydrat entsprechend 500 mg / 750 mg / 1000 mg Lanthan. Anwendungsgebiete: Fosrenol ist indiziert als Phosphat bindendes Mittel zur Kontrolle von Hyperphosphatämie bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz, die eine Hämodialysebehandlung oder eine kontinuierliche, ambulante Peritonealdialyse (CAPD) erhalten. Fosrenol ist darüber hinaus indiziert bei nicht-dialysepflichtigen, erwachsenen Patienten mit chronischer Nierenerkrankung mit einem Serumphosphatspiegel ≥1,78 mmol/l, bei denen eine phosphatarme Ernährung alleine nicht ausreichend ist, um den Serumphosphatspiegel zu kontrollieren. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegenüber Lanthancarbonat-Hydrat oder einen der sonstigen Bestandteile. Hypophosphatämie. Hilfsstoffe: Dextrate (hydratisiert), hochdisperses wasserfreies Siliciumdioxid, Magnesiumstearat. Weitere Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit, Nebenwirkungen sowie Gewöhnungeffekten entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation. ATC-Code: V03AE03. Zulassungsinhaber: Shire Pharmaceutical Contracts Ltd, Hampshire International Business Park, Chineham, Basingstoke, Hampshire, RG24 8EP, Vereinigtes Königreich. Vertrieb in Österreich: Sanova Pharma GesmbH, Haidestraße 4, 1110 Wien. Rezeptpflicht/ Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig. Stand der Information: 21.03.2013. 45 Fachkurzinformation und Referenzen siehe Flappe