03/2014 - "The Kidney breaks your heart" - Nieren

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P.b.b. GZ 02Z031654 M, MEDMEDIA Verlag, Seidengasse 9/Top 1.1, 1070 Wien
ISSN 1605-881X
ÖSTERREICHISCHE
GESELLSCHAFT
FÜR NEPHROLOGIE
Interdisziplinäre Fortbildungsreihe der
Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie
Script
17. JAHRGANG/NR. 3/2014
Diastolische Dysfunktion aus
Nierenperspektive
ARB und Neprilysin-Hemmer
kombiniert – neuer Meilenstein?
Expertenantworten: Wie viel HerzAwareness braucht die Niere?
Herz-Nieren-Puzzle: neue Hoffnungen
„The Kidney
breaks your Heart“
1
NEPHRO Script
INHALT
05 Editorial
06 News aus der Welt der Nephrologie
42 Standespolitik: Stellenwert der
Peritonealdialyse in Österreich
Univ.-Prof. Dr. Andreas Vychytil
TOPICS
24 Renale Sympathikusdenervierung
Dr. Katharina Hohenstein,
Univ.-Prof. Dr. Bruno Watschinger
28 Arterielle Mediasklerose
Dr. Marija Bojic,
Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Daniel Cejka
FOCUS: HERZ & NIERE
08
Herzinsuffizienz mit erhaltener
Linksventrikelfunktion
Dr. Stefan Aschauer,
Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Diana Bonderman
32 Trends in der Behandlung der renalen Anämie
Dr. Andras T. Deak,
Univ.-Prof. Dr. Alexander Rosenkranz
35 Eculizumab und Transplantatabstoßung
Dr. Farsad Eskandary,
ao. Univ.-Prof. Dr. Georg A. Böhmig
12 „The Kidney breaks your Heart“
Dr. Marlies Antlanger,
Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Marcus Säemann
39 HDF-Evolution in der Dialyse
Priv.-Doz. Dr. Matthias Lorenz
16 Terminator der chronischen
Herz- und bald auch Niereninsuffizienz?
Dr. Johannes Kovarik, PhD,
Christopher C. Kaltenecker, BSc hons.,
Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Marcus Säemann
MEINUNGSFORUM
(entgeltliche Einschaltung)
INTERVIEW
10 Jahre Mimpara® (Cinacalcet):
Die Kunst der SHPT-Kontrolle
20 Fragen zur Praxis: Herz & Niere im Fokus
COVER
Gewinnspiel
In der vorigen Ausgabe haben wir unsere Leser ersucht, über das neue Titelbildkonzept
von NEPHROScript abzustimmen. Wir bedanken uns bei den TeilnehmerInnen für die
zahlreichen Einsendungen. Der Wahlsieger war das Coverthema „Flüssigkeiten“.
Aus allen Einsendungen wurde per Ziehung folgender Gewinner des
Wellness-Wochenendes im Hotel Loipersdorf Spa & Conference****S ermittelt.
OA DR. RUDOLF PAUMANN
3270 Scheibbs
Das Team von NEPHROScript gratuliert herzlich!
NEPHRO Script
EDITORIAL
Sehr geehrte Nephrologinnen
und Nephrologen!
M
it dieser Ausgabe halten Sie das vollkommen neu gestaltete
NEPHROScript in Händen! Warum war eine Änderung
überhaupt notwendig?
Nephrologie zählt vermutlich zu den breitesten Fächern überhaupt
– und sind wir uns ehrlich: wer weiß nicht um die Qualitäten
und Fähigkeiten einer Nephrologin, eines Nephrologen? Hier
schwingt oft von anderen Fachdisziplinen immer auch Respekt
vor der Breite unseres Wissens mit, was kaum wundernimmt,
leiden doch unsere PatientInnen – sei es mit akuter, aber auch
chronischer Niereninsuffizienz sowie jene nach Nierentransplantation – an einer Vielzahl an Störungen verschiedenster Regelkreise: von jenen des Flüssigkeitshaushalts zur veränderten Vitamin-D-, Kalzium- und Phosphat- und also auch Knochenhomöostase (mit allen Konsequenzen für das Gefäßsystem), von
Elektrolytstörungen hin zu vielfältigsten hormonellen Verschiebungen, klarerweise angeführt von Eisenstoffwechsel und Erythropoetinmangel (warum auch immer ein solcher zustande
kommt). Weiters ist Know-how im Umgang mit dem Immunsystem unserer PatientInnen essenziell: von der Neigung zu vielfältigsten und schweren Infektionen bei immunsupprimierten
PatientInnen bis zu den meist ernsthaften Katheterinfekten und
der allgemein-chronischen Inflammation der Niereninsuffizienz,
die ihren stärksten Ausdruck bekanntlich bei Dialysepflichtigen
hat. Nicht zuletzt ist auch die immunologische Basis aller Glomerulonephritiden hinsichtlich des Verständnisses ihrer Entstehung, ihrer Diagnose wie auch ihrer Therapie die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Kunst der Nephrologie.
Mehr denn je müssen wir als NephrologInnen unser Fach ob seiner schieren Breite – in unserer Darstellung eben wurde nur die
Oberfläche gestreift, von den Interventionskünsten einer gelungenen Nephrologie und dem gesamten Komplex der spezifischen
kardiovaskulären Morbidität war noch gar nicht die Rede – strukturiert präsentieren!
Wir haben deshalb NEPHROScript neu geordnet, um eben jene
Breite und Tiefe unseres Faches besser abbilden und durchmessen
zu können. Spezifische Nephrothemen werden von Bereichseditoren verantwortet – Nierentransplantation (Georg Böhmig),
ao. Univ.-Prof. Dr.
Sabine Schmaldienst
Ass.-Prof. Priv.-Doz. Dr.
Marcus D. Säemann
Hypertonie (Bruno Watschinger), Anämie (Alexander Rosenkranz),
Peritonealdialyse (Andreas Vychytil) und noch etliche weitere in
den kommenden Ausgaben – und mit eigenen Beiträgen bzw.
solchen von anderen ExpertInnen aus den jeweiligen Bereichen
abgedeckt.
Jede Ausgabe behält ihren Themenschwerpunkt bei, wobei wir
versuchen, besonders Nicht-NephrologInnen im Sinne der Interdisziplinarität einzubinden; desgleichen sollen bei den (nicht kommerziellen) Experteninterviews auch internationale ExpertInnen
Stellung beziehen, wie auch künftig eine intensivierte Berichterstattung zu unseren internationalen Kongressen (wie ASN, ERAEDTA, ATC, WTC etc.) erfolgen soll.
Zur weiteren Verbreitung unseres Faches werden in Zukunft eigene DFP-Fortbildungen sowohl für AllgemeinmedizinerInnen
als auch InternistInnen beitragen.
Diese Ausgabe ist – wie auch der Schwerpunkt der diesjährigen
Jahrestagung – der Interaktion zwischen Herz und Niere gewidmet: gerade hierzu zeichnen sich neue und für uns NephrologInnen
vermutlich bahnbrechende Einsichten und Entwicklungen ab.
Wir versuchen diesen Trend mit diesem Heft zu verstärken und
natürlich auch die Nephrologie im Lande für das Herz und seine
Verbindungen zur Niere (und zurück) zu sensibilisieren, da wir
hier mit ziemlicher Sicherheit neue Wege beschreiten werden
müssen.
Für Rückfragen und vor allem Feedback würden wir uns sehr
freuen, denn letztlich dient dieses Heft der Nephrologie selbst,
das heißt aber auch besonders all jenen, welche die Kunst des
Faches Nierenheilkunde für ihre nierenkranken PatientInnen ausüben.
Mit den allerbesten Grüßen
ao. Univ.-Prof. Dr.
Sabine Schmaldienst
Assoc. Prof. Priv.-Doz.
Dr. Marcus D. Säemann
5
NEWS
NEPHRO Script
SLOVAKIA
News aus der Welt der Nephrologie
COLOMBIA
Mit Beiträgen von: Chantal Kopecky, Manfred Hecking, Johannes Kovarik und Marcus Säemann
Harn-Natrium und Outcomes: Zeit für eine verordnete
Natriumrestriktion?
I
n der „New England Journal of Medicine“-Ausgabe vom 14. August
2014 finden sich zum Thema Natrium und Outcome drei höchst interessante Originalartikel zusammen mit einem Editorial. Sehenswert ist
außerdem die 3-minütige, herunterladbare Video-Animation. Auch wenn
die Evidenz im Editorial und im Video heruntergespielt wird, sind die
neuen Daten doch überraschend: Niedrige Natrium-Zufuhr (und somit
Harn-Natrium-Ausscheidung) ist mit schlechteren Outcomes assoziiert
als hohe Natrium-Zufuhr. Warum könnte niedrige Natriumzufuhr gefährlich sein? Durch eine Überaktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems, wie von den Autoren gemutmaßt wird1? O’Donnell et
al. sind keine Unbekannten: Ihre Studie im „Journal of the American
Medical Association“ (JAMA) – ebenfalls zur Harn-Natrium-Ausscheidung und Outcomes2 (niedrigeres Harn-Natrium damals ebenfalls schlechter) hatte bereits in 2011 Aufsehen erregt. Interessanterweise wird im
NEJM-Video – tendenziell im Gegensatz zur oben gezeigten Grafik – das
Risiko eines erhöhten Salzkonsums betont und weniger auf das Risiko
eines erniedrigten Salzkonsums eingegangen. Anscheinend wollte man
dem Institute of Medicine („results from studies with health outcomes
were insufficient to conclude whether low sodium intake [< 2,3 g per
day or < 1,5 g per day, as recommended in current dietary guidelines] is
associated with an increased or reduced risk of cardiovascular disease in
the general population“]3 nicht zu deutlich widersprechen. Die Daten
insgesamt lassen keine eindeutige Empfehlung zu einer verordneten Natriumrestriktion in der gesunden Normalbevölkerung zu.
O’Donnell M. et al.: Urinary sodium and potassium excretion, mortality, and cardiovascular
events. N Engl J Med 2014
2
O’Donnell M.J. et al.: Urinary sodium and potassium excretion and risk of cardiovascular
events. JAMA 2011
3
Oparil S et al.: Low sodium intake –cardiovascular health benefit or risk? N Engl J Med
2014
1
Modifizierte RAS-Blockade bei chronischer Herz- und
Niereninsuffizienz: endlich Licht am Ende des Tunnels?
N
achdem weder die duale RAS-Blockade mit einem AngiotensinConverting-Enzyme-Hemmer (ACEi) und einem AngiotensinRezeptor-Blocker (ARB) (ONTARGET-Studie) noch eine verstärkte
RAS-Blockade mit direkter Reninhemmung (ALTITUDE-Studie) eine
Verbesserung wichtiger Endpunkte bei chronischer Niereninsuffizienz,
sondern vielmehr eine Verschlechterung dieser – vor allem wegen erhöh6
ter Nebenwirkungsrate – ergab, fokussierte sich die Forschung der letzten Jahre auf neue Substanzklassen. Die gerade im „New England Journal of Medicine“ erschienene PARADIGM-HF-Studie (samt Editorial)
könnte nun jedoch einen neuen Meilenstein möglicherweise auch für
die Nephrologie darstellen.1, 2 Hier wurde LCZ696 oder ARNi, ein kombinierter Neprilysin-Hemmer und Angiotensin-Rezeptor-Blocker gegenüber Enalapril bei 8.442 Patienten mit HFrEF (NYHA II–IV) studiert:
die Studie wurde wegen positiver Ergebnisse vorzeitig abgebrochen, da
die kardiovaskuläre Sterblichkeit und Hospitalisierung bei chronisch
Herzinsuffizienten im Vergleich zu Enalapril zu deutlich reduziert wurde.
Die Vergangenheit hat uns gelehrt, sehr vorsichtig mit neuen vermeintlichen Sensationen umzugehen, zumindest darf man vorsichtig optimistisch mit den bisherigen Ergebnissen sein. Nephrologen sollten gespannt
sein auf die Ergebnisse der PARAGON-HF-Studie (HFpEF-Patienten)
und der UK-HARP-III-Studie, welche ARNi bei chronisch niereninsuffizienten Patienten mit Proteinurie untersucht.3
Mc Murray et al. New Engl J Med 2014; epub ahead
Jessup et al., New Engl J Med 2014; epub ahead
3.
Judge et al., NDT 2014
1.
2.
Risiko für Dialysepflicht und Tod für chronisch niereninsuffiziente Patienten, wenn sie keinen Nephrologen sehen
E
s gibt bislang schon einige Arbeiten zur Frage, ob Nephrologen selbst
zu einer Verbesserung des Outcomes für niereninsuffiziente Patienten beitragen können oder ob die medizinische Betreuung durch einen
Allgemeinmediziner ausreichend ist, wobei die gezogenen Schlüsse durchaus unterschiedlich ausgefallen sind. Diese zentrale Frage knüpft auch
an die Schlüsselfrage, ab welchem Niereninsuffizienzstadium an eine
Überweisung an den Nephrologen gedacht werden sollte. Selbst die entsprechenden Leitlinien bleiben inkonsistent.1 Über einer 7-jährigen Beobachtungszeitraum wurden über 30.326 erwachsene Patienten mit den
CKD-Stadien 1–5 aus Italien, welche prinzipiell nicht an eine nephrologische Spezialabteilung oder zu einem niedergelassenen Nephrologen
transferiert wurden, hinsichtlich Dialysepflicht/Transplantation oder Tod
verfolgt. Es waren 64 % der Patienten im CKD-Stadium 3a – und 4,5 %
in den Stadien 3b–5: diese zeichneten sich natürlich durch ein erhöhtes
Mortalitätsrisiko aus. Interessanterweise war die Nephrologenzuweisung
erstaunlich gering (2,7 %, 13,6 %, 46,7 % und 62,6 % in den CKDStadien 3a–5). Die Autoren meinen, dass die Überweisung aufgrund der
äquivalenten Risikofaktorkonstellation schon frühestens ab CKD-Stadium
3a, also einer GFR < 45 ml/min/1,73 m2 erfolgen sollte. Spätestens mit
NEWS
NEPHRO Script
SLOVAKIA
COLOMBIA
dem Einsetzen weiterer typischer nephrologischer Konsequenzen sollte
die Überweisung ab dem CKD-Stadium 3b jedoch erfolgt sein.3 Dennoch existieren keine prospektiven Studien, die tatsächlich einen Vergleich des Schicksals dieser zwei Patientengruppen, wenn sie unterschiedlich betreut werden, ab dem CKD-Stadium 3 gemacht hätten. Als ungünstige und unabhängige Risikofaktoren haben sich für das weitere
Schicksal der CKD-Patienten eine arterielle Hypertonie, Anämie und
Albuminurie herausgestellt. Wie so oft: weitere Studien sind (unbedingt)
notwendig!
der niedrigen Prävalenz der Erkrankung sehr unwahrscheinlich sind,
stellt das neue – auch webbasierte – Tool eine interessante Bereicherung
für den klinischen Alltag dar (www.gntools.com).
Lee T. et al.: Personalized prophylactic anticoagulation decision analysis in patients with
membranous nephropathy. Kidney Int 2014
Glassock R.J. Thrombo-prevention in membranous nephropathy: a new tool for decision
making? Kidney Int 2014
1.
Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO) CKD Work Group: KDIGO
2012 Clinical Practice Guideline for the Evaluation and Management of Chronic Kidney
Disease. Kidney Int Suppl 2013
2.
Minutolo R. et al., Clin J Am Soc Nephrol 2014
3.
Moranne O. et al., J Am Soc Nephrol 2009
1.
Personalisierte Medizin in der Nephrologie:
Antikoagulation bei nephrotischem Syndrom?
V
enöse Thromboembolien stellen eine ernsthafte, potenziell fatale
Komplikation eines nephrotischen Syndroms bei membranöser Nephropathie (MN) dar. In einem neuen Ansatz haben Lee und Mitarbeiter mit einem so genannten Markov-Modell, welches mit einer prospektiven Kohorte von Patienten mit MN und Erhebung ihrer VTE-Inzidenz
einerseits und Blutungsinzidenz aus einer großen Kohorte von Patienten
mit Vorhofflimmern unter Antikoagulation andererseits gespeist. Dabei
konnte unter Annahme einer Benefit-Risk-Ratio („wie viele VTEs will
ich verhindern zu Lasten einer möglichen Blutung?“) und eines niedrigen, intermediären und hohen Blutungsrisikos gegenüber der Albuminkonzentration als wichtigster Determinante einer VTE bei nephrotischem
Syndrom ein praktischer Kalkulator erstellt werden, der dem Kliniker in
der Entscheidungsfindung helfen soll. Einschränkend muss gesagt werden, dass es keine prospektiven Studien zur Antikoagulation bei MN je
gab und dass der Kalkulator auch nicht auf Daten eines nephrotischen
Syndroms anderer Genese basiert. Da aber prospektive Studien aufgrund
2.
HDL-Cholesterin bei chronischer Niereninsuffizienz:
Freund oder Feind?
H
ohes HDL-Cholesterin schützt vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen?
– zwei aktuelle, im „Journal of the American Society of Nephrology“ publizierte Studien könnten die Bewertung des „guten“ Cholesterins bei CKD grundlegend verändern. Wie Silbernagel und Kollegen
zeigen konnten, sind HDL-Cholesterinspiegel bei dialysepflichtigen Typ2-Diabetikern nicht prädiktiv für deren kardiovaskuläres Risiko. Zewinger et al. fanden zudem eine Assoziation zwischen HDL-Cholesterin
und kardiovaskulärer Mortalität in Abhängigkeit von der Nierenfunktion;
während bei Nierengesunden ein Zusammenhang zwischen HDL-Cholesterin und kardiovaskulären Ereignissen bestand, war dieser bei niereninsuffizienten Patienten nicht mehr gegeben. Diese Arbeiten verdeutlichen, dass die derzeitig übliche Messung des HDL-Cholesterins nicht
ausreichend für die Einschätzung des kardiovaskulären Risikos der Patienten ist.
Zewinger S. et al., J Am Soc Nephrol 2014
Silbernagel G., J Am Soc Nephrol 2014
1
2
IMPRESSUM
Verlag: MEDMEDIA Verlag und Mediaservice Ges.m.b.H. Verlagsleitung: Mag. Gabriele Jerlich. Herausgeber: Österreichische Gesellschaft für Nephrologie, Univ.Prof. Dr. Alexander Rosenkranz, Klinische Abteilung für Nephrologie, ­Medizinische Universität Graz. Chefredakteur: Prim. Univ.-Prof. Dr. Sabine Schmaldienst, 1.
Medizinische Abteilung, SMZ Süd – Kaiser-Franz-Josef-Spital. Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Marcus D. Säemann, Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse,
Universitätsklinik für Innere Medizin III, AKH Wien. Anzeigen/Organisation: MedMedia Verlag und Mediaservice Ges.m.b.H., Seidengasse 9/Top 1.1, 1070 Wien,
Tel.: 01/407 31 11. Projekt­leitung: Elisabeth Hönigschnabel. Produktion: Sigrid Redl. Redaktion/Lektorat: Peter Lex. Layout/DTP: Oliver Miller-Aichholz. Cover:
StudioSmart – shutterstock.com. Druck: Donau Forum Druck, 1230 Wien. Druckauflage: 7.500 Stück im 1. Halbjahr 2014, geprüft von der Österreichischen Auflagenkontrolle. Bezugsbedingungen: Die Zeitschrift ist zum Einzelpreis von 9,50 Euro plus MwSt. zu be­ziehen. Grundsätze und Ziele von NEPHRO Script: Information für
nephrologisch interessierte Krankenhaus- und niedergelassene Ärzte. Angaben über Dosierungen, A
­ pplikationsformen und Indikationen von pharmazeutischen Spezialitäten
müssen vom jeweiligen Anwender auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Herausgeber und Medieninhaber übernehmen dafür keine Gewähr. L
­ iteratur zu den Fachbeiträgen bei den jeweiligen Autoren. Allgemeine Hinweise: Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die persönliche und/oder wissenschaftliche Meinung des jeweiligen
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finden Sie unter www.medmedia.at/home/impressum.
7
FOCUS
NEPHRO Script
uu
Herzinsuffizienz
mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) stellt sowohl diagnostisch
als auch therapeutisch eine besondere Herausforderung dar.
uu
HFpEF-Patienten sind ähnlich wie Patienten mit reduzierter Linksventrikel­funktion
(HFrEF) hoch symptomatisch und weisen eine hohe Sterblichkeitsrate auf.
uu
HFpEF wird sehr häufig von pulmonaler Hypertonie und Niereninsuffizienz begleitet.
uu
Da die bei HFrEF bewährten Medikamente in der Indikation HFpEF bisher nicht überzeugen
konnten, wird intensiv an neuen Arzneistoffen geforscht (Riociguat, Vericiguat, Macitentan,
Neprilysin-Inhibitoren etc.).
Diastolische Dysfunktion
Herzinsuffizienz mit erhaltener
Linksventrikelfunktion
K
ardiovaskuläre Erkrankungen sind weltweit die häufigste Todesursache. Der chronischen Herzinsuffizienz kommt hierbei
eine zentrale Bedeutung zu, da sie eine stetig steigende Prävalenz aufweist.
Die europäischen Herzinsuffizienz-Leitlinien schätzen, dass gegenwärtig etwa 1–2 % aller Erwachsenen und > 10 % aller über
70-Jährigen von chronischer Herzinsuffizienz betroffen sind.1 In
Österreich geht man davon aus, dass immerhin 300.000 PatientInnen an chronischer Herzinsuffizienz leiden. Sollten sich aktuelle Trends fortsetzten, werden für das Jahr 2030 ca. 8,5 Millionen
HerzinsuffizienzpatientInnen alleine für die USA prognostiziert.
Grundsätzlich sollten 2 Formen der chronischen Herzinsuffizienz
unterschieden werden: die Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF oder systolische Herzinsuffizienz) und jene
mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF oder diastolische Herzinsuffizienz). Große Kohortenstudien zeigen, dass etwa die Hälfte
aller HerzinsuffizienzpatientInnen an einer HFpEF leiden. Diese
PatientInnen sind, ähnlich wie PatientInnen mit reduzierter Linksventrikelfunktion, hoch symptomatisch und weisen eine hohe
Sterblichkeitsrate auf. Die mittlere Mortalitätsrate nach Diagnosestellung beträgt etwa 15 % pro Jahr, und etwa 60 % versterben
innerhalb von 5 Jahren. Studien zeigen, dass HFpEF vor allem
eine Erkrankung des fortgeschrittenen Lebensalters ist. Bei Diagnosestellung sind 90 % der PatientInnen älter als 60 Jahre. Die
stetig wachsende PatientInnenzahl geht mit der steigenden Lebenserwartung einher.
Als Krankheitsentität, die sowohl diagnostisch als auch therapeutisch eine besondere Herausforderung darstellt, ist HFpEF in brei8
Dr. Stefan Aschauer
Assoc. Prof. Priv.-Doz.
Dr. Diana Bonderman
Klinische Abteilung für Kardiologie,
Universitätsklinik für Innere Medizin II,
Medizinische Universität Wien
ten MedizinerInnenkreisen kaum als eigenständiges Krankheitsbild anerkannt. So ist auch zu erklären, warum betroffene PatientInnen, häufig ältere adipöse Frauen mit Hypertonie- und/oder
Diabetesanamnese, oft spät oder gar nicht diagnostiziert werden.
Dyspnoe als das Kardinalsymptom der Erkrankung wird zumeist
dem Übergewicht und dem Trainingsmangel zugesprochen. Neben
fortgeschrittenem Lebensalter ist Bluthochdruck einer der wichtigsten Risikofaktoren, an dem rund 90 % der PatientInnen leiden. Zusätzlich sind weibliches Geschlecht, Übergewicht, metabolisches Syndrom, COPD und Niereninsuffizienz als wichtige
Risikofaktoren zu nennen. Eine rezent publizierte Studie zeigt,
dass ca. 60 % der HFpEF-PatientInnen erhöhte Nierenfunktionsparameter aufweisen.2
FOCUS
Tabelle 1 fasst die Kriterien, die zur Diagnosestellung einer HFpEF
vorliegen sollten, zusammen.
Pathophysiologie
Die zugrunde liegende Pathophysiologie ist komplex und besteht
neben diastolischer Dysfunktion auch aus anderen krankhaften
Veränderungen. Auslöser der diastolischen Dysfunktion dürften
Prozesse im Sarkomer, an den Myozyten sowie der extrazellulären
Matrix des Herzens sein, die zu einer erhöhten Steifigkeit und
eingeschränkten Relaxation im linken Ventrikel führen. Erst kürzlich konnte gezeigt werden, dass die Zunahme von extrazellulärer
Matrix mit schlechterer Prognose assoziiert ist (Abb. 1).3 Als Folge
der erhöhten Steifigkeit ist die ventrikuläre Füllung in der Diastole verlangsamt oder unvollständig. Um dennoch ein adäquates
Füllungsvolumen aufrechtzuerhalten, entsteht ein erhöhter enddiastolischer linksventrikulärer Füllungsdruck (LVEDP), der auch
NEPHRO Script
Tab.: Kriterien zur Diagnosestellung einer HFpEF
1
Symptome typisch für Herzinsuffizienz
2
Klinische Befunde typisch für Herzinsuffizienz
3
Eine normale oder nur leicht reduzierte Ejektionsfraktion
und der Ausschluss einer linksventrikulären Dilatation
4
Eine relevante strukturelle Pathologie wie Hypertrophie
des linken Ventrikels oder Vergrößerung des linken Atriums und/oder Hinweise auf eine diastolische Dysfunktion
für die Diagnose herangezogen wird. Neben der Beteiligung des
linken Herzens sind oftmals die Vorhoffunktion, die Gefäßelas­
tizität, der Herzrhythmus und die Lungenstrombahn beeinträchtigt.4 Etwa 70 bis 80 % aller HFpEF-PatientInnen leiden an einer
begleitenden pulmonalen Hypertension (PH). Diese entsteht als
Folge des erhöhten LVEDP und der daraus resultierenden pulmonal-venösen Rückstauung. Bei wenigen Betroffenen kann sich
zusätzlich eine echte Pulmonalgefäßerkrankung in der präkapillären Strombahn aufpfropfen. Auf Grund der PH wird zusätzlich
das rechte Herz belastet, was zu einer Rechtsherzinsuffizienz und
Rechtsherzversagen führt.
HFpEF und Niere
HFpEF wird sehr häufig von Niereninsuffizienz begleitet, was
sich ganz entscheidend auf das Management und die Prognose
dieser PatientInnen auswirkt. Als einer der zentralen Pathomechanismen wird ein erhöhter renal-venöser Rückstau gesehen,
welcher zu einer Verminderung des arteriell-venösen Druckgradienten der Niere führt. Folglich kommt es zu einem verminderten renalen Perfusionsdruck und zu einem erniedrigten mittleren
Blutdruck, welche die glomeruläre Filtrationsrate vermindern.
Begleitend ist auf Grund der Herzinsuffizienz die Renin-Angiotensin-Aldosteron-Aktivität und die Sympathikus-Aktivität gesteigert. Dies führt, neben der vermehrten Ausschüttung von antidiuretischem Hormon, vasoaktiven und inflammatorischen Mediatoren, zu einer erhöhten Natrium- und Wasserretention mit
resultierender Volumsüberlastung.5 Ob HFpEF und Niereninsuffizienz als unabhängige Endorganschäden zugrunde liegender
systemischer inflammatorischer Prozesse, wie zum Beispiel Diabetes mellitus Typ 2, COPD etc., angesehen werden können, ist
derzeit noch nicht ausreichend erforscht.
Diagnose
Abb. 1: Histologisches Bild eines gesunden (Bild oben) und eines erkrankten Herzmuskels
(Bild unten). Im rechten Bild lässt sich eine deutliche Zunahme von extrazellulärer Matrix
erkennen. Tissue-Fax-Analyse: extrazelluläre Grundsubstanz ist durch grüne Markierung
erkennbar.
Die transthorakale Echokardiografie steht sicherlich an erster Stelle,
was das Screening und die Diagnosestellung für diese Erkrankung
betrifft. Grundsätzlich gilt, dass PatientInnen, die Symptome einer
Herzinsuffizienz aufweisen, mittels Herzultraschall abgeklärt ˘
9
FOCUS
NEPHRO Script
Herzinsuffizienz mit
erhaltener Linksventrikelfunktion (HFpEF)
ale Amyloidose erkannt werden, wodurch sich möglicherweise
andere therapeutische Konsequenzen ergeben.
Neue medikamentöse Therapieansätze
mPAP ≥ 25 mmHg
PAWP/LVEDP > 15 mmHg
mPAP ≥ 25 mmHg
PAWP/LVEDP > 15 mmHg
DPG < 7 mmHg
mPAP ≥ 25 mmHg
PAWP/LVEDP > 15 mmHg
DPG ≥ 7 mmHg
postkapilläre PH
prä- und postkapilläre PH
mPAP = mittlerer pulmonal-arterieller Druck, PAWP = pulmonal-kapillärer Verschlussdruck, DPG = diastolische Druckdifferenz (definiert als diastolischer Pulmonalisdruck [dPAP] – PAWP)
Abb. 2: Ätiologie der pulmonalen Hypertonie bei HFpEF
werden sollten. Das Herzecho kann sehr rasch Hinweise auf eine
zugrunde liegende HFpEF-Erkrankung liefern.
Die aktuell gültigen HFpEF-Diagnosekriterien sind in Tabelle 1
zusammengefasst. In erster Linie sollte die Ejektionsfraktion (EF)
normal oder nur leicht reduziert sein. Als Grenzwert gilt zumeist
eine EF von ≥ 50 %. Weiters sollte sich eine diastolische Funktionsstörung zeigen, und es dürfen keine höhergradigen Aortenoder Mitralklappenpathologien vorliegen. Wichtige Indizien für
das Vorliegen einer HFpEF sind meist vergrößerte Vorhöfe, insbesondere eine Vergrößerung des linken Vorhofs, der als Barometer der linken Herzkammer eine ventrikuläre Druckerhöhung
anzeigt, eine ausgeprägte Trikuspidalklappeninsuffizienz sowie in
bis zu 80 % der Fälle ein begleitender Lungenhochdruck.
Eine begleitende PH kann durch invasive Diagnostik mittels
Rechtsherzkatheter bestätigt und weiter klassifiziert werden. Bei
PH auf Grund einer Herzinszuffizienz wird zwischen isolierter
postkapillärer PH und kombinierter prä- und postkapillärer PH
unterschieden (Abb. 2). Erstere ist definiert durch einen mittleren
Pulmonalisdruck (mPAP) ≥ 25 mmHg, einen mittleren Pulmonalis-Verschluss-Druck (mPAWP) > 15 mmHg und einen diastolischen Druckgradienten (DPG) < 7 mmHg. Bei der kombiniert
prä- und postkapillären PH beträgt der DPG ≥ 7 mmHg.
Kardio-MRT: Neben Herzultraschall und invasiver Diagnostik hat
auch die kardiovaskuläre Magnetresonanztomografie (KardioMRT) eine zunehmende Bedeutung bei der Diagnostik der
HFpEF. Das Kardio-MRT hat den großen Vorteil, dass es im
Unterschied zu den anderen diagnostischen Verfahren die Zusammensetzung des Herzmuskelgewebes besser charakterisieren
kann. So kann mittels Kardio-MRT eine pathologische Zunahme
der extrazellulären Matrix detektiert werden.3 Zusätzlich können
alternative zugrunde liegende Erkrankungen wie z. B. eine kardi10
Im Gegensatz zur HFrEF-Behandlung basiert die therapeutische
Evidenz bei HFpEF-PatientInnen zum größten Teil auf negativen
Studienergebnissen. So konnten die bewährten HerzinsuffizienzMedikamente in der Indikation HFpEF bisher nicht überzeugen.
Sowohl Renin-Angiotensin-Aldosteron-System-Hemmer als auch
Betablocker erbrachten bisweilen keinen Vorteil für betroffene
PatientInnen. Umso intensiver wird daher an neuen Arzneistoffen
in dieser Indikation geforscht.
Riociguat greift über die lösliche Guanylatzyklase in den Stick-
stoffmonoxid-Stoffwechsel ein und führt dadurch zu einer Verbesserung der pulmonalen Endothelfunktion (Abb. 3). Eine Studie,
in der Riociguat in 1-maliger Gabe eingesetzt wurde (DILATE-1),
zeigte bei 36 PatientInnen neben guter Verträglichkeit eine signifikante Verbesserung der Herzauswurfleistung, eine Senkung des
systolischen Blutdrucks und eine Verkleinerung des rechtsven­
trikulären enddiastolischen Diameters. Auf den mPAP, den Lungengefäßwiderstand und den PAWP hatte das Präparat allerdings
keinen signifikanten Einfluss.6 Derzeit läuft eine weitere multizentrische Studie namens (SOCRATES-PRESERVED), welche
Vericiguat, eine ähnliche Substanz wie Riociguat, bei HFpEFPatientInnen mit progredienter Verschlechterung und erst rezenter
kardialer Dekompensation testet.
Macitentan: Ein anderer Wirkstoff, welcher an der Lungenstrom-
bahn ansetzt, ist Macitentan, eine neue Substanz aus der Gruppe
der Endothelin-Rezeptor-Antagonisten zur Behandlung der pulmonal-arteriellen Hypertonie. Im Rahmen einer im Mai 2014
initiierten multizentrischen Studie (MELODY) wird die Verträglichkeit und Sicherheit bei PatientInnen mit kombinierter prä- und
postkapillärer PH auf Basis von HFpEF, aber auch HFrEF getestet.
ARB plus Neprilysin: Ein weiteres interessantes Medikament für
HFpEF-PatientInnen ist ein Kombinationspräparat (LCZ696),
bestehend aus dem Angiotensin-Rezeptor-Blocker Valsartan und
einer Neprilysin-inhibierenden Prodrug. Neprilysin ist ein Enzym,
welches das atriale natiuretische Peptid (ANP), das Brain-natriuretische Peptid (BNP) und das C-Typ-natriuretische Peptid (CNP),
abbaut (Abb. 3). Diese Peptide fördern die Herzmuskelrelaxation,
verringern die Hypertrophie, unterstützen die Diurese und Natriumexkretion und dürften auch antifibrotische Effekte haben.
Um diese für die Herzinsuffizienz positiven Wirkungen der natiuretischen Peptide zu nutzen, wurde ein Neprilysin-Inhibitor
entwickelt. Dieser wurde, da Neprilysin aber auch den Abbau von
Angiotensin fördert, mit einem Angiotensin-Rezeptor-Blocker
kombiniert. Eine bereits publizierte Phase-II-Studie konnte po-
FOCUS
sitive Effekte auf das NT-proBNP zeigen, den inaktiven BNPMetaboliten. Eine groß angelegte Outcome-Studie (PARAGON)
wurde erst rezent ausgerollt.
Ranolazin, das bereits für chronische Angina pectoris zugelassen
ist, könnte ebenfalls Anwendung bei HFpEF-PatientInnen finden.
Ranozalin hemmt selektiv den späten Na+-Einstrom in die Herzmuskelzelle (Abb. 3). In Studien konnte gezeigt werden, dass bei
diastolischer Dysfunktion dieser Na+-Einstrom verstärkt ist und
zu einer Na+-Akkumulation in der Zelle führt. Durch den veränderten Na+/Ca++-Austausch kommt es zu einer Ca++-Überlastung
in der Zelle, die wiederum die Relaxation in der Diastole verschlechtert. Eine placebokontrollierte Proof-of-Concept-Studie
zeigte, dass die selektive Hemmung des späten Na+-Einstroms
durch Ranolazin die diastolische Funktion bei 12 HFpEF-PatientInnen verbesserte.
ZUSAMMENFASSUNG: Auf Grund der demografischen Entwick-
lung unserer Bevölkerung wird die Prävalenz von HFpEF, die vor
allem ältere Menschen betrifft, noch weiter zunehmen.
NEPHRO Script
Leider steht bis jetzt keine spezielle Therapie für diese Erkrankung
zur Verfügung. Auch von der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie wird derzeit kein Medikament empfohlen. Dennoch geben
die neuen Therapieansätze, gegenwärtig laufende Studien und die
gesteigerte Aufmerksamkeit für dieses Erkrankungsbild Anlass zur
Hoffnung, dass sich Leistungsfähigkeit und Lebensqualität betroffener PatientInnen in den nächsten Jahren deutlich verbessern
wird.
■
McMurray J.J.V. et al.: ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and
chronic heart failure 2012: The Task Force for the Diagnosis and Treatment of Acute and
Chronic Heart Failure 2012 of the European Society of Cardiology. Developed in
collaboration with the Heart Failure Association (HFA) of the ESC. Eur Heart J 2012; 33:
1787–1847
2
Gori M. et al.: Association between renal function and cardiovascular structure and function
in heart failure with preserved ejection fraction. Eur Heart J 2014; doi:10.1093/eurheartj/
ehu254
3
Mascherbauer J. et al.: Cardiac magnetic resonance postcontrast T1 time is associated with
outcome in patients with heart failure and preserved ejection fraction. Circ Cardiovasc
Imaging 2013; 6: 1056–1065
4
Borlaug B.A.: The pathophysiology of heart failure with preserved ejection fraction. Nat
Rev Cardiol 2014; 11: 507–515
5
Lazzeri C., Valente S., Tarquini R., Gensini G.F.: Cardiorenal syndrome caused by heart
failure with preserved ejection fraction. Int J Nephrol 2011; 634903
6
Bonderman D. et al.: Riociguat for patients with pulmonary hypertension caused by systolic
left ventricular dysfunction: a phase IIb double-blind, randomized, placebo-controlled,
dose-ranging hemodynamic study. Circulation 2013; 128: 502–511
1
Stimulation
Inhibition
Riociguat, Phosphodiesterase-5-Hemmer als auch der selektive Neprilysin-Inhibitor führen über die in der Grafik angeführten Signalkaskaden zu einer Erhöhung der Konzentration von zyklischem Guanosinmonophosphat (cGMP), die Proteinkinase-G-vermittelt zu Vasodilatation und myokardialer Relaxation führt.
NPR = Neprilysin; cGMP = zyklisches Guanosinmonophosphat; GC = Guanylatzyklase; sGC = lösliche Guanylatzyklase; ANP = atriales natriuretisches Peptid; BNP = Brain-natriuretisches Peptid; CNP = C-Typ-natriuretisches Peptid; NO = Stickstoffmonoxid
Abb. 3: Wirkkaskade neuer Medikamente auf Zellebene
11
FOCUS
NEPHRO Script
uu
Niereninsuffizienz-Patienten
zeigen in der Regel keine profunde systolische Funktionseinschränkung (Auswurfleistung), jedoch in einem hohen Prozentsatz eine diastolische Dysfunktion entsprechend einer Relaxationsstörung, Linksherzhypertrophie (Remodelling) und einem erhöhten systolischen pulmonalarteriellen Druck.
uu
Beim Gros der Nierenerkrankungen gibt es nahezu kongruente Risikofaktoren und Komorbiditäten wie für die diastolische Funktionsstörung: häufig jahrelanger arterieller Hypertonus
mit mikro- und makrovaskulären Veränderungen, besonders bei Diabetikern auch chronische
Inflammation.
uu
Hoffnungskandidaten bei der Suche nach einem Überleben-verlängerndem Präparat speziell
bei der Konstellation CKD mit diastolischer Dysfunktion: Sildenafil, Riociguat oder die Kombination ARB mit Neprilysin-Inhibitor.
Von der Niereninsuffizienz über die diastolische Dysfunktion zur pulmonalen Hypertonie
„The Kidney breaks your Heart“
Ü
berhäufig viele Patienten mit mittel- bis höhergradig chronischer Niereninsuffizienz (CKD) leiden trotz diuretischer
Therapie unter Atemnot (insbesondere unter Belastung) und
oft auch Beinödemen. Ein klares diagnostisches und therapeutisches Schema F existiert leider nicht, da die Komorbiditäten
vielfältig sind. Es bleibt demnach bei vielen Patienten lange Zeit
unklar, ob die Beschwerden renaler Ursache sind und die Überwässerung durch die Einschränkung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) bedingt ist oder ob eine kardiale Ursache, welche
letztlich auch zu einer eingeschränkten Nierenfunktion führen
kann, zur typischen Symptomatik führt.
Hämodynamische Veränderungen bei
diastolischer Herzinsuffizienz
Welche echokardiografischen Veränderungen sind bei CKD-Patienten richtungsweisend? Werden diese Patienten zu einer Echo-
kardiografie zugewiesen, zeigt sich in der Regel keine profunde
systolische Funktionseinschränkung. In der Tat belegte eine Subanalyse der CRIC-Studie (Chronic Renal Insufficiency Cohort)
aus dem Jahr 2012, in welcher bei knapp 3.500 zum Untersuchungszeitpunkt asymptomatischen Patienten mit CKD (durchschnittliche GFR 50 ml/min/1,73 m2) eine Echokardiografie
durchgeführt wurde, lediglich bei 8 % eine Auswurfleistung (Ejection Fraction) < 45 % (Park et al., JASN 2012). Demgegenüber
steht eine Häufung der linksventrikulären Hypertrophie, welche
sich mit abnehmender GFR umso häufiger zeigt und bei der Subgruppe mit GFR < 30 ml/min/1,73 m2 das Maximum mit 75 %
Prävalenz erreicht. Gleichzeitig dazu nimmt die Häufigkeit einer
diastolischen Funktionsstörung ähnlich stark zu und ist bei 77 %
dieser Patienten nachweisbar.
12
Dr. Marlies Antlanger
Assoc. Prof. Priv.-Doz.
Dr. Marcus Säemann
Universitätsklinik für Innere Medizin III, Klinische Abteilung für Nephrologie
und Dialyse, Medizinische Universität Wien
An diese Ergebnisse reiht sich die erst kürzlich publizierte CASCADE-Studie nahtlos an (Cai et al., JASN 2014): Hier konnte
über eine longitudinale Beobachtungsdauer von 12 Monaten bei
knapp 300 CKD-Patienten gezeigt werden, dass im Verlauf dieses Jahres das konzentrische Remodelling des linken Ventrikels
sowie die Prävalenz bzw. der Grad einer diastolischen Dysfunktion
zum einen deutlich zunehmen und zum anderen vom Stadium
der Nierenfunktionseinschränkung abhängig sind. Es wird vermutet, dass es durch ebenjene Veränderungen (Relaxationsstörung
und erhöhte Druckbelastung im linken Herzen) zur Erweiterung
des Vorhofs kommt, was auch prädiktiv für eine höhere kardiovaskuläre Morbidität ist (Hee et al., CJASN, 2014).
Zu den weiteren Konsequenzen, die ausgehend vom erhöhten
Druck im linken Ventrikel entstehen, zählen das Vorhofflimmern
(Soliman et al., Am Heart J 2010) und eine fixierte pulmonale
Hypertonie. Die PEPPER-Study (Pabst et al., Plos One 2013), in
welcher bei je 31 dyspnoeischen CKD- und Hämodialysepatienten (bei letzteren prä- und postdialytisch) pulmonale Druckmessungen mittels Rechtsherzkatheter als Goldstandard vorge-
FOCUS
nommen wurden, bewies eine frappant hohe Rate von 71 % bzw.
65 % (postdialytisch) mit erhöhtem mittleren pulmonalen arteriellen Druck (mPAP > 25 mmHg). Die Wichtigkeit der Rechtsherzkatheter-Untersuchung muss jedoch nicht nur wegen seiner
höheren Genauigkeit bei der PAP-Messung gegenüber der echokardiografischen Untersuchung herausgestrichen werden, er stellt
auch die einzige Möglichkeit dar, mittels Wedge-Druckmessung
(Pulmonary Capillary Wedge Pressure – PCWP), die dem links­
atrialen Druck entspricht, zwischen so genannter prä- und postkapillärer pulmonaler Hypertonie zu differenzieren. Liegt dieser
PCWP nämlich unter 15 mmHg, sollte von einer präkapillären,
also vor dem pulmonalen Kapillarbett liegenden Ursache ausgegangen werden, welche weiter abgeklärt werden muss (z. B. mittels CT oder Ventilations-Perfusions-Szintigramm bei Verdacht
auf chronisch-thromboembolische Events bzw. laborchemischen
Untersuchungen bei Vaskulitisverdacht oder pulmologischer Begutachtung bei strukturellen Erkrankungen). Ist der PCWP jedoch
deutlich > 15 mmHg erhöht, spricht man bei passender Symptomatik von einer postkapillären pulmonalen Hypertonie, die (nach
Ausschluss einer Aortenstenose) nahezu kategorisch durch ein
linksventrikuläres Druckproblem verursacht wird.
Zusammenfassend zeigt sich somit klassischerweise bei CKDPatienten eine langjährig bestehende arterielle Hypertonie mit
oft ausgeprägter Linksventrikelhypertrophie, jedoch normaler
systolischer Funktion. Im Herzultraschallbefund zeigt sich weiters häufig eine diastolische Dysfunktion entsprechend einer
Relaxationsstörung, ein erweiterter linker Vorhof und ein erhöhter systolischer pulmonalarterieller Druck. In fortgeschrittenen Stadien dieser Krankheitsentität kommt es oft aggraviert
durch eine systemische Volumenbelastung durch Flüssigkeits-
NEPHRO Script
überschuss sogar zu höhergradiger Trikuspidalinsuffizienz und
letztlich Rechtsherzversagen.
Pathophysiologie – Druck, oxidativer Stress
und chronische Inflammation
Welche Pathophysiologie liegt diesen Veränderungen nun auf
zellulärer und molekularer Ebene zugrunde? Letztlich basiert die
Pathophysiologie der diastolischen Dysfunktion auf massiven Veränderungen in zwei Kompartimenten des Myokards: den Kardiomyozyten und der extrazellulären Matrix (ECM) (van Heerebeek
et al., Curr Heart Fail Rep, 2012).
Die passive Steifheit der Herzmuskelzellen wird durch das Protein
Titin determiniert, ein kleines Protein, das die Myosinköpfchen
zwischen den Aktinfilamenten zentriert und für eine gewisse Vorspannung sorgt. Auf transkriptioneller Ebene wird dieses Protein
in einer elastischen (N2BA) und einer steiferen (N2B) Isoform
exprimiert. Es zeigte sich, dass diese Ratio beispielweise bei dilatativer Herzinsuffizienz zugunsten der elastischen Form verschoben
ist, bei diastolischer Funktionsstörung, wie sie vorzugsweise bei
CKD-Patienten vorliegt, jedoch zugunsten der steiferen Form. Posttranslationell spielt die Proteinkinase G eine wichtige Rolle, welche
über eine Phosphorylierung der N2B-Form zu einer Reduktion der
Steifheit führen könnte. Durch entzündliche Vorgänge kommt es
jedoch durch oxidativen Stress und NO-Mangel zu einem Mangel
dieser Proteinkinase und letztlich der „steifen“ Herzmuskelzelle.
Im interstitiellen Raum zeigt sich hingegen ein deutlicher struktureller Umbau: Matrix-Metalloproteinasen (MMPs) zeigen insbesondere durch den hohen vorherrschenden Druck im Myokard
veränderte Wirkungsprofile, was letztlich zu vermindertem Kollagenabbau führt; die Folge ist schließlich eine interstitielle Fibrose
(Tamaki et al., Plos One, 2013).
Diese Veränderungen führen à la longue zum häufig entdeckten
und klassischen Bild des kleinlumigen, hypertrophen linken Ventrikels (Aurigemma et al., Circulation, 2006).
Die kardiorenale Verbindung – das
diagnostische Dilemma
Wie kann nun zwischen renaler und kardialer Ursache differenziert werden – verschwimmen die pathophysiologischen Prozesse? Nimmt man nun die Erkenntnisse der geschilderten pa-
Abb.: Gemeinsame Faktoren bei chronischer Niereninsuffizienz und diastolischer
Funktionsstörung
thophysiologischen Prozesse auf zunächst molekularer und in weiterer Folge zellulärer Ebene und bringt sie in Kontext mit CKD,
zeigen sich beim Gros der Nierenerkrankungen (d. h. zumeist
sekundäre Nierenschädigung im Rahmen hypertensiver und/oder
diabetischer Nephropathie) nahezu kongruente Risikofaktoren wie
für die diastolische Funktionsstörung (siehe Abb.): häufig liegt ein
jahre- bis jahrzehntelang bekannter arterieller Hypertonus mit entsprechenden mikro- und makrovaskulären Veränderungen vor;
insbesondere bei Diabetikern spielt auch die chronische Inflammation eine bedeutende Rolle bei der frühzeitigen Entwicklung
einer pathologischen diastolischen Funktion.
˘
13
NEPHRO Script
Die gerade bei CKD vermuteten Veränderungen im Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) könnten sowohl auf systemischer Ebene (im Plasma mit Wirkung auf Endothelzellen) als
auch auf lokaler Ebene (eventuelle Angiotensin-II- und Angiotensin-1-7-Wirkung auf myokardzellulärer Ebene) eine Rolle in
der Entstehung von Inflammation, Fibrose und endothelialer
Dysfunktion spielen (Sciarretta et al., Clin Science 2009).
Der Stellenwert des Faktors Volumenhaushalt/Überwässerung ist
nach wie vor ungeklärt; auch bei nierengesunden Patientenpopulationen gibt es kaum Analysen zu gezielten medikamentös-diuretischen Therapieansätzen (Yip et al., Heart 2008). Dieser Zustand
ist schon in frühen CKD-Stadien häufig und an der chronischen
Dialyse nahezu endemisch und stellt somit einen weiteren Faktor
dar, der zwar bei nahezu jedem symptomatischen Patienten mittels Diuretika behandelt wird, jedoch bis dato nicht als kausal mit
der diastolischen Dysfunktion in Zusammenhang stehend gezeigt
werden konnte. Hier ist insbesondere anzuführen, dass Erhöhungen der pulmonalen Füllungsdrücke durch Überwässerung
angefacht sein könnten. Es zeigte sich beispielweise auch in der
PEPPER-Studie ein deutlicher Abfall des PAP bei der postdialytischen im Vergleich zur prädialytischen Messung, exakte Untersuchungen wie etwa durch Rechtsherzkatheter sind in der CKDPopulation bislang rar.
In speziellen Situationen kann es auch zu einer sogenannten HighOutput-Herzinsuffizienz kommen (Shah et al., Clinics Review
Articles 2014). Da eine ausgeprägte Anämie und das Vorliegen
eines arteriovenösen Shunts Risikofaktoren für eine solche sind,
könnte die Hämodialysepopulation hier eine spannende Gruppe
für weiterführende hämodynamische und therapeutische Analysen sein. Als Conclusio der Pathophysiologie auf renaler Ebene
bleibt bei vager Datenlage die Vermutung, dass bei vielen CKDPatienten mit Fortschreiten der Niereninsuffizienz eine oft subklinische Inflammation und Überwässerung Hand in Hand mit
beginnender diastolischer Dysfunktion gehen, welche beim Zusammentreffen aller bekannten Risikofaktoren spätestens an der
Dialyse auch in äußerst hoher Prävalenz und den damit assoziierten weiteren kardialen Folgen wie letztlich pulmonaler Hypertonie kulminiert.
Wenige therapeutische Ansätze, viele
Studienmöglichkeiten
Wie sollen unsere Patienten behandelt werden – gibt es lohnende
neue Therapeutika? Unglücklicherweise gibt es bislang kaum Stu-
dien zu dieser Krankheitskonstellation, die sich rein auf ein CKDKollektiv konzentriert hätten, was die Gestaltung der medikamentösen Therapie derzeit mehr Eminence- als Evidence-based
erscheinen lässt.
Der erwähnte Stellenwert des Flüssigkeitshaushalts ist zudem überhaupt nicht geklärt; die diuretische Therapie stellt zumeist (auch
wenn vielleicht nur auf rein symptomatischer Ebene) den ersten
Eckpfeiler der Therapie dar (Yip et al., Heart 2008). Daten zur
Diuretika-Dosierung nach CKD-Stadium gibt es genauso wenig
14
FOCUS
wie zu deren Auswirkung auf die Retentionsparameter, weshalb
bislang kein Konsensus besteht, ob eine möglichst strikte Entwässerung erfolgen soll (mit der Inkaufnahme erhöhter Nierenretentionswerte bzw. Phasen des akuten Nierenversagens in Infektsituationen etc.) oder ob eine zumindest milde Überwässerung besser wäre. Daten aus Dialysestudien deuten auf die Richtigkeit der
ersten Strategie (Wizemann, NDT 2009) hin, Analysen aus früheren CKD-Stadien, in denen die hier beschriebenen Prozesse
ablaufen, gibt es allerdings (noch) nicht.
Eine frühzeitige Blutdruckeinstellung wird empfohlen, die Suche
nach einem Präparat, welches das Überleben aber überzeugend
verbessert, ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Der Einsatz aller
bei der systolischen Herzinsuffizienz zum Einsatz kommenden
Präparate war bislang nicht von überragendem Erfolg gekrönt:
Betablocker etwa verbesserten die Gesamtmortalität in einer NichtCKD-Population nicht signifikant (van Veldhuisen et al., JACC
2009). Obwohl klinische Studien zu allen zugelassenen Formen
der RAAS-Blockade (ACE-Hemmer, Angiotensinrezeptorblocker
und Aldosteronantagonisten) durchwegs negativ bezüglich harter
Endpunkte waren, ist dieser Aspekt bei CKD-Patienten möglicherweise differenziell zu betrachten; immerhin zeigte die einzige
dezidiert bei dieser Patientengruppe durchgeführte Studie – wenn
auch als retrospektive Subgruppenanalyse – einen „möglichen
günstigen Effekt“ bei diastolischer Herzinsuffizienz und CKD
(Ahmed et al., Am J Med 2013).
Weiters liegen derzeit große Hoffnungen auf einem relativ neuen,
derzeit im Rahmen einer Phase-III-Studie im Einsatz befindlichen
Präparats namens Sacubitril. Dieses kombiniert einen Angiotensinrezeptorblocker (wirksam über Angiotensin-II-Reduktion und
Aldosteron-Reduktion) mit einem Neprilysin-Inhibitor, der zu
einer Erhöhung der natriuretischen Peptide führt (Solomon et al.,
Lancet, 2012). Wie dieses wiederum bei (hochgradiger) Nierenfunktionseinschränkung (neben)wirkt und ob es einen fixen Stellenwert erlangt, werden die kommenden Jahre zeigen.
Weitere neue Substanzen setzen auf molekularer Ebene vor allem
im Bereich der endothelial-muskulären Relaxation an, wie Phosphodiesterase-5-Hemmer (Sildenafil), welche zu stärkerer NOWirkung führen und bislang vor allem bei pulmonalarterieller
Hypertonie verwendet wurden (Guazzi et al., Circulation 2011)
und Riociguat – ein Stimulator der Guanylatzyklase, eines wichtigen Enzyms im NO-Signalweg –, das zuletzt gute Ergebnisse
bei der Therapie der pulmonalen Hypertonie dieser Patienten
zeigte (Bonderman et al., Chest 2014).
RESÜMEE: Weitere Einsichten zu einer verbesserten Diagnostik
und damit eine genauere Inzidenz- und Prävalenzbestimmung
und letztlich die Aufschlüsselung der pathophysiologischen Mechanismen, welche der diastolischen Dysfunktion und Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (Heart Failure with
Preserved Ejection Fraction – HFpEF) zugrunde liegen, können
entscheidend zum tieferen Verständnis der Progression der chronischen Niereninsuffizienz, ihrer erhöhten kardiovaskulären Mortalität sowie zu ihrer möglichen Therapie beitragen.
■
Fachkurzinformation siehe Seite 45
FOCUS
NEPHRO Script
uu
Die
Metalloprotease Neprilysin (NEP) ist als Schlüsselenzym für den Abbau natri­
uretischer Peptide (ANP, BNP und CNP) aus therapeutischer Sicht interessant:
NEP-Hemmer verhindern den Abbau der natriuretischen Peptide und fördern damit
deren kardiovaskuläre Effekte, wie Natriurese und Blutdrucksenkung.
uu
Rezent publizierte Studienergebnisse (PARADIGM-HF-Studie) lassen hoffen, sowohl Herz- als
auch Niereninsuffizienz durch die neue Medikamentengruppe der ARNis (Kombination aus
Angiotensin-Rezeptor-Blocker und Neprilysin-Hemmer) künftig therapeutisch besser entgegentreten zu können.
Kombination aus Angiotensin-Rezeptor-Blockade und Neprilysin-Hemmung – ARNi
Terminator der chronischen Herz- und bald
auch Niereninsuffizienz?
C
hronische Herzinsuffizienz ist eine progredient verlaufende
Erkrankung mit steigender Prävalenz von mehr als 25 Millionen Patienten in Europa und den USA (Zannad et al., Eur
J Heart Fail 2013; Gheorghiade et al., Am J Cardiol 2009). Klinisch
stehen Symptome wie Atemnot, Müdigkeit und Flüssigkeitsretention im Vordergrund, welche die Lebensqualität der Patienten
massiv beeinträchtigen und mit hoher Morbidität und Mortalität
sowie häufigen Krankenhausaufenthalten assoziiert sind (Hunt et
al., J Am Coll Cardiol 2009; Mosterd et al., Heart 2007). Etwa die
Hälfte der chronisch herzinsuffizienten Patienten haben eine reduzierte kardiale Ejektionsfraktion (HFrEF) (Doughty et al., Eur
Heart J 2012), während die andere Hälfte an einer überwiegend
diastolischen Funktionsstörung (Heart Failure with preserved
Ejection Fraction -– HFpEF) leidet. Bei HFpEF-Patienten gelten
neben den typischen Symptomen der Herzinsuffizienz als weitere
Definitionskriterien eine normale bis leicht reduzierte Auswurfleistung (Ejection Fraction – EF > 50 %), strukturelle Veränderungen wie Linksventrikelhypertrophie oder Dilatation des linken
Vorhofs und eine diastolische Dysfunktion.
Trotz unterschiedlicher medikamentöser Behandlungsstrategien
(McMurray et al., Eur Heart J 2012) stellt die Herzinsuffizienz
eine zunehmende gesundheitsökonomische Belastung dar, welche
alleine in den Vereinigten Staaten geschätzt über 32 Milliarden
Dollar an Kosten pro Jahr verursacht (Heidenreich et al., Circulation 2013; Lloyd-Jones et al., Circulation 2010; Steward et al., Eur
J Heart Fail 2002). Parallel dazu hat in den letzten Jahren die
Inzidenz und Prävalenz der chronischen Nierenerkrankungen,
welche eng mit Herzinsuffizienz verknüpft ist, massiv zugenommen. So schätzt man, dass bereits weltweit jeder 9. bis 10. Erwachsene an Niereninsuffizienz leidet (Rosenkranz, Österreichische
16
Dr. Johannes Kovarik,
PhD
Christopher C. Assoc. Prof. Priv.-Doz.
Kaltenecker, BSc hons. Dr. Marcus Säemann
Abteilung für Nephrologie und Dialyse,
Universitätsklinik für Innere Medizin III, Medizinische Universität Wien
Ärztezeitung 05/2011). Patienten mit fortgeschrittenem Verlust
der Nierenfunktion haben ein erhöhtes Risiko, plötzlichen Herztod zu erleiden. Möglicherweise wird dies durch strukturelle kardiale Veränderungen und arteriosklerotische Ablagerungen in den
Gefäßen hervorgerufen (Gansevoort et al., Lancet 2013).
RAAS-Hemmung schützt Herz und Nieren
Erst rezent scheinen sich pathophysiologische Zusammenhänge
zwischen strukturellen Herzerkrankungen wie der HFpEF und
der chronischen Niereninsuffizienz zu offenbaren, welche demnach auch für therapeutische Interventionen zugänglich sein
könnten. Zahlreiche Studien belegten das Potenzial der RAASBlockade (Renin-Angiotensin-Aldosteron-System), genauer der
Angiotensin-Converting-Enzyme-Hemmer (ACEi) und Angio-
FOCUS
NEPHRO Script
tensin-Rezeptor-Blocker (ARB), die kardiovaskuläre Morbidität
und Mortalität bei herzinsuffizienten Patienten zu senken (Foody
et al., JAMA 2002; Garg et al., JAMA 1995; Mc Murray et al., Eur
Heart J 2005). Weiters konnte in randomisierten Studien gezeigt
werden, dass RAAS-Blocker bei chronisch niereninsuffizienten
Patienten das Risiko verringern, dialysepflichtig zu werden (Lewis
et al., N Engl J Med 1993; Ruggeneti et al., Lancet 1999; Lewis et
al., N Engl J Med 2001; Brenner et al., N Engl J Med 2001). Umfangreiche Metaanalysen deuten darauf hin, dass der zugrunde
liegende Wirkmechanismus möglicherweise unabhängig von der
Blutdrucksenkung ist (Yusuf et al., N Engl J Med 2000; Turnbull
et al., Lancet 2003). Eine molekulare Erklärung für diese Be­
obachtungen ist jedoch noch ausständig.
den Abbau anderer potenziell vasoaktiver Peptide wie beispielsweise
Endothelin, Bradykinin, Urodilatin oder Substanz P.­Durch die
NEP-Hemmung werden der Abbau der natriuretischen Peptide
verhindert und deren kardiovaskuläre Effekte, wie Natriurese,
Diurese und Blutdrucksenkung, gefördert. Diese weitreichenden
klinischen Effekte machen dieses Enzym aus therapeutischer Sicht
äußerst interessant. Es sollte jedoch auch ein Augenmerk auf die
sehr zentrale Rolle von NEP im RAAS gerichtet werden, da es
Angiotensin I zu Angiotensin 1-7 abbaut, welches als physiologischer Gegenspieler von Angiotensin II gesehen wird (Zimmerman und Burns, Clin Sci 2012).
Duale Blockade obsolet: Obwohl die duale RAAS-Blockade (ACEi
insuffizienz haben gezeigt, dass NEP-Hemmer erwartungsgemäß
den Abbau natriuretischer Peptide reduzierten und die Diurese
forcierten (Good et al., J Am Coll Cardiol 1995). Dennoch wollte
man diese Effekte verstärken und versuchte daraufhin, zunächst
experimentell einen NEP-Hemmer mit einem ACEi zu kombinieren. Es zeigte sich jedoch in der OCTAVE-Studie, welche mit
über 25.000 Hypertonikern durchgeführt wurde, dass dieses Medikament verglichen mit Enalapril (ACEi) zu eine höheren Rate
an Angioödemen führte (NEP-Hemmer 2,17 %; n = 274/12.609
versus ACEi 0,68 %; n = 86/12.557) (Kostis et al., Am J Hypertens
2004). Vermutlich ist dies auf eine Akkumulation des vasoaktiven
Hormons Bradykinin zurückzuführen – da dieses sowohl durch
ACE auch als NEP abgebaut wird – und sich daraus dieses Nebenwirkungsprofil ergeben hat. Festzuhalten bleibt jedoch, obwohl
die Food and Drug Administration (FDA) diese Substanz 2003
nicht bewilligte, dass in experimentellen Rattenmodellen die Substanz interessanterweise deutlich den intraglomerulären Druck
wie auch die Proteinurie senken konnte (Taal et al., J Am Soc
Nephrol 2001).
& ARB), verglichen mit einem ACEi oder ARB alleine, eine effektivere Albuminurie-Reduktion bewirkt, schlägt sich dieser Effekt nicht in einer Verbesserung klinischer Outcomes nieder. Statt
des erwarteten kardiovaskulären Benefits führte die Kombination
von ACEi & ARB zu einer erhöhten Rate von Nebenwirkungen
wie Hypotonie, Hyperkaliämie und akutem Nierenversagen, wie
in der ONTARGET-Studie berichtet wurde (Mann et al., Lancet
2008). Ähnliche Ereignisse wurden auch bei der vorzeitig abgebrochenen ALTITUDE-Studie beobachtet, wo die Kombination
von ACEi oder ARB mit einem direkten Renin-Hemmer bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 untersucht wurde (Parving
et al., N Engl J Med 2012). Auch bei herzinsuffizienten Patienten
führte eine doppelte RAAS-Blockade nicht zu den erhofften klinischen Ergebnissen, sondern war vermehrt mit Nebenwirkungen
assoziiert (Makani et al., The BMJ 2013; Messerli et al., J Am Coll
Cardiol 2009 ).
Neprilysin-Hemmer bei Herzinsuffizienz
Interessanterweise tauchen – wieder einmal – Substanzen auf,
welche nach einer langen Serie enttäuschender Ergebnisse im kardiovaskulären Sektor möglicherweise dramatische Effekte zeigen,
die auch für die Nephrologie von großem Interesse sein könnten.
Eine solche Substanzklasse, die bereits vor über einem Jahrzehnt
getestet wurde und durch ihren damaligen Kombinationspartner
– einem ACEi – von der Bildfläche verschwunden ist, stellt die
Gruppe der Neprilysin-Hemmer dar.
Hemmung des Abbaus natriuretischer Peptide: Die neutrale En-
dopeptidase Neprilysin (NEP) ist eine Metalloprotease, welche als
Schlüsselenzym für den Abbau natriuretischer Peptide (ANP, BNP
und CNP) verantwortlich ist. Das Enzym wird unter anderem im
Gehirn, Gefäßendothel, glatten Muskelzellen, Myozyten, dem
Bürstensaum der proximalen Tubuli sowie den glomerulären Epithelien der Niere exprimiert (Mangiafico et al., Eur Heart J 2013;
Benigni et al., Kidney Int 2004). NEP ist auch verantwortlich für
Enttäuschende Kombination eines Neprilysin-Hemmers mit einem
ACE-Hemmer: Erste klinische Experimente bei Patienten mit Herz-
Neue Hoffnung durch Kombination eines Neprilysin-Hemmers mit
einem ARB: Um die Akkumulation von Bradykinin zu verhindern
und die klinisch damit verbundene verstärkte Angioödemneigung
zu vermeiden, jedoch weiterhin die beobachteten nephroprotektiven Effekte der NEP-Inhibitoren klinisch nützen zu können,
fokussierten sich weitere Studien auf diesem Gebiet auf die Kombination von ARB und NEP-Hemmer (ARNi). Rezent publizierte
Studienergebnisse lassen nun hoffen, sowohl Herz- als auch Niereninsuffizienz durch ARNis künftig therapeutisch besser entgegentreten zu können. Hervorgehoben seien die aktuellen Daten
der PARADIGM-HF-Studie (Efficacy and safety of LCZ696 compared to enalapril on morbidity and mortality in patients with
chronic heart failure; McMurray et al., N Engl J Med 2014; Jessup
N., Engl J Med 2014), welche tatsächlich erstaunliche Ergebnisse
zeigen:
PARADIGM-HF war eine randomisierte, doppelblinde PhaseIII-Outcome-Studie zur Beurteilung der Wirksamkeit und ˘
17
FOCUS
des Sicherheitsprofils von
LCZ696 (ARB mit einem
NEP-Hemmer kombiniert)
gegenüber Enalapril (ACEi)
bei 8.442 Patienten mit
HFrEF (NYHA-Klasse II–
IV). Die Studie wurde im Dezember 2009 gestartet und im
März 2014 nach einer medianen Beobachtungsdauer von
27 Monaten frühzeitig, aufgrund der signifikant besseren
Ergebnisse von LCZ696,
durch das Data Monitoring
Committee beendet. Diese
multinationale Kooperation
stellt bis dato die größte klinische Studie mit herzinsuffizienten Patienten dar. Der
primäre Endpunkt dieser Studie war die Evaluierung des
Effekts von LCZ696 verglichen mit Enalapril on-top
zur derzeitigen StandardtheAbb.: ARNi interferiert mit dem RAAS und dem NP-System.
rapie der Herzinsuffizienz
(ausgenommen ACEi und
ARBs) hinsichtlich des zusammengesetzten Auftretens von karHFpEF-Patienten NT-proBNP signifikant stärker senken konnte,
diovaskulärem Tod oder Herzinsuffizienz-assoziierter Hospitafür großes Aufsehen (Solomon et al., Lancet 2012). Derzeit läuft
lisierung. Jene Patienten, die LCZ696 erhielten, wiesen ein sidie Rekrutierung von HFpEF-Patienten (NYHA-Klasse II–IV)
gnifikant geringeres Auftreten (20 % relative Reduktion) des
für die größere PARAGON-HF-Studie. Ziel dieser Studie ist es,
primären Endpunktes (21,8 % [HR 0,8, 95%-KI 0,73–0,87, p
LCZ696 wiederum mit Valsartan hinsichtlich Auftretens kardio< 0,001]; n = 914) im Vergleich zu Enalapril (26,5 %, n = 1.117)
vaskulärer Mortalität und Hospitalisierung bei diesen Patienten
auf. In Anbetracht der Dringlichkeit, neue, wirksamere Behandzu vergleichen.
lungsoptionen für Herzinsuffizienz zu erhalten und einen raschen
Einsatz in der Klinik zu ermöglichen, hat die FDA kürzlich sogar
Profitieren auch chronisch
ein beschleunigtes Bewilligungsverfahren („Fast Track Designaniereninsuffiziente Patienten?
tion“) für die Substanz bewilligt.
Diese Studienergebnisse, welche ein Verbesserung von kardialen
Neue Medikamentenklasse ARNi: LCZ696, ein ARNi, ist ein
Endpunkten zeigen, lassen hoffen, dass auch chronisch niereninKombinationspräparat aus Valsartan (ARB) und der NEP-Hemsuffiziente Patienten von dieser Therapie profitieren können. Bismer-Prodrug AHU377, welche rasch zu LBQ657 metabolisiert
her wurde dieses Patientenkollektiv jedoch nicht dezidiert unterwird (Gu et al., J Clin Pharmacol 2010). Die NEP-Hemmung
sucht, die bis dato erhobenen Daten basieren auf Tiermodellen
durch LBQ657 bewirkt eine gesteigerten Diurese sowie Vasodioder Patienten mit Herzinsuffizienz. Follow-up-Daten der PAlatation. LCZ696 interferiert daher einerseits mit dem ReninRAMOUNT-Studie zeigten nach 36 Wochen eine geringere AbAngiotensin-Aldosteron-System (RAAS) und anderseits mit dem
nahme der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) in
neurohumoralen System der natriuretischen Peptide (NP-System,
der LCZ696-Gruppe verglichen zur Valsartan-Gruppe (LCZ696
siehe Abb.).
–1,6 ml/min/1,73 m2 versus Valsartan –5,2 ml/min/1,73 m2; p
Bereits im Vorfeld konnte diese Substanz effektiver den systolischen
= 0,007). Die PARADIGM-HF-Studie enthielt als sekundären
und diastolischen Blutdruck reduzieren als Valsartan alleine (RuiEndpunkt die Verschlechterung der Nierenfunktion, welche jelope et al., Lancet 2010). Weiters sorgten die Ergebnisse der PAdoch nicht signifikant durch LCZ696 beeinflusst wurde. Die UKRAMOUNT-Studie, in der LCZ696 verglichen mit Valsartan bei
HARP-III-Studie (UK Heart and Renal Protection III) rekrutiert
18
Fachkurzinformation siehe Seite 45
NEPHRO Script
FOCUS
momentan Patienten, um LCZ696 und Irbesartan bei Patienten
mit chronischer Niereninsuffizienz und Proteinurie (eGFR zwischen 20 und 60 ml/min/1,73 m2 und ACR > 20 mg/mmol) zu
vergleichen. Diese Studie ist die erste, welche die mögliche Wirksamkeit von ARNi auf eine Progressionsverzögerung der Niereninsuffizienz bei proteinurischen Patienten, im Vergleich zu Irbe­
sartan als Standardtherapie, untersucht.
Klärung offener Fragen
Niere sowie Langzeiteffekte des ARNi, in der Blutzirkulation durch
die Hemmung zweier Regelkreise, nämlich RAAS und NP-System,
lassen sich derzeit bestenfalls erahnen. Unsere Arbeitsgruppe versucht mit hochspezifischen, massenspektrometrischen Methoden,
mit welchen man einerseits die Angiotensine in der Blutzirkulation quantifizieren kann, andererseits direkt aus dem Gewebe die
Enzymaktivitäten, wie zum Beispiel die Aktivität von NEP, nachweisen kann, die zugrunde liegenden Mechanismen der RAASRegulation bei nierenkranken Patienten zu entschlüsseln (Kovarik
und Antlanger et al., NDT 2014).
Zukünftige Studien sollten einerseits den molekularen Hintergrund rezenter klinischer Studienergebnisse beleuchten und
andererseits zeigen, ob die vielversprechenden Ergebnisse aus
der PARADIGM-HF-Studie bei chronisch niereninsuffizienten
Patienten auch beobachtet werden können und ob insbesondere
die Progression der Niereninsuffizienz positiv beeinflusst werden kann.
■
Fachkurzinformation siehe Seite 45
Trotz der Vielzahl weitgehend positiver klinischer Studienergebnisse des ARNi, ist derzeit der molekulare Hintergrund für die
beobachteten Effekte der Substanz noch weitgehend unklar. Fraglich bleibt unter anderem, wie sich eine NEP-Hemmung auf die
Entwicklung von Alzheimer auswirkt, da eine reduzierte NEPAktivität im Verdacht steht, diese zu begünstigen (Madani et al.,
J Neurosci Res 2006). Die lokalen Auswirkungen auf Herz und
NEPHRO Script
19
FOCUS
NEPHRO Script
Interview: Fragen zur Praxis
Herz & Niere im Fokus
Frage 1: Wie beurteilen Sie den Stellenwert/
die Notwendigkeit einer regelmäßigen
echokardiografischen Untersuchung bei (älteren) CKD-PatientInnen? Wie oft sollte auf
das Vorliegen einer gestörten diastolischen
Funktion und damit assoziierten strukturellen Veränderungen gescreent werden?
Sollten die Untersuchungsintervalle mit zunehmender Einschränkung der Nierenfunktion verkürzt werden?
Frage 2: Wie beurteilen Sie den Einsatz laborchemischer Parameter wie NT-proBNP
bei CKD? Sollten diese aus der Diagnostik
besser ausgeklammert werden oder als Verlaufsparameter (auch in Korrelation mit der
Nierenfunktion) bestimmt werden? Gibt es
eine therapeutische Konsequenz?
Frage 3: Welche weiterführenden diagnostischen und therapeutischen Konsequenzen
ziehen Sie aus der Diagnose einer systo20
wählt,
meist bestehend aus Salz- und Proteinrestriktion sowie sorgfältigem Volumsmonitoring. Uneinigkeit
besteht hingegen beim Einsatz von das Renin-Angiotensin-System
blockierenden Medikamenten speziell bei präterminaler Niereninsuffizienz. Bei Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie wird
aus medizinischer Sich meist das Verfahren der Peritonealdialyse
zumindest bei HFrEF bevorzugt. Künftig werden hoffentlich prospektive randomisierte klinische Studien mit adäquaten Endpunkten unter Einschluss der richtigen Patientengruppen, unter Berücksichtigung spezifischer Diagnosekriterien zum positiven Verlauf der Erkrankungen (bei allen Stadien der Niereninsuffizienz
sowie nach Nierentransplantation) beitragen und neue Aufschlüsse
bezüglich optimaler Therapieentscheidungen bringen. Davor oder
gleichzeitig müssen aber auch weitere tiefergehende Studien erfolgen, die neben Prävalenz und Inzidenz auch das Krankheitsschicksal längerfristig beobachten sowie die zugrundeliegenden pathophysiologischen Merkmale identifizieren.
Einleitung und Interviewfragen:
Dr. Marlies Antlanger und
Dr. Johannes Kovarik, PhD
Abteilung für Nephrologie und Dialyse,
Universitätsklinik für Innere Medizin III,
Medizinische Universität Wien
lischen Herzinsuffizienz bzw. HFpEF (Heart
Failure with Preserved Ejection Fraction)
bei PatientInnen mit CKD 3–4?
Frage 4: Ein vergrößertes linksatriales Volumen (als Folge einer häufig subklinischen
Herzinsuffizienz) ist mit schlechteren Out­
comes vergesellschaftet (Hee et al., CJASN
2014) und wird häufig im Rahmen von Routineechokardiografien festgestellt. Beobachten
Sie bei Ihren PatientInnen eine zunehmende
Prävalenz dieser Veränderungen? Ist eine Abhängigkeit vom CKD-Stadium bemerkbar?
Frage 5: Wie sieht Ihr therapeutischer
Approach zum kardiorenalen Syndrom Typ IV
bei PatientInnen mit präterminaler Niereninsuffizienz aus? Soll eine RAAS-Blockade initiiert/beendet werden, Diuretika gesteigert
werden, ein frühzeitiger Dialysebeginn angedacht werden, neue Substanzen verwendet
werden?
Frage 6: Wie sollte bei DialysepatientInnen auf
die Diagnose einer (symptomatischen) systolischen Herzinsuffizienz bzw. HFpEF reagiert
werden (Medikamente/Trockengewicht)?
Foto: rangizzz – shutterstock.com
D
ie erst rezent gewonnenen Erkenntnisse über die Pathophysiologie der Herzinsuffizienz bei chronisch niereninsuffizienten
Patienten sowie deren steigende Inzidenz stellen den Kliniker
heutzutage vor neue Herausforderungen im klinischen Alltag. Über
die richtige und frühzeitige Diagnose chronisch nierenkranker Patienten mit HFrEF (Heart Failure with Reduced Ejection Fraction)
und HFpEF (Heart Failure with Preserved Ejection Fraction) sowie
die sich daraus ergebende therapeutische Konsequenz besteht unter
Experten auf nationaler wie internationaler Ebene Uneinigkeit.
Obwohl Einigkeit – auch in den Fachgesellschaften – darüber besteht, dass eine Echokardiografie wichtige Informationen liefern
kann, besteht jedoch kein Konsens zu Frequenz und Intervall dieser Untersuchung. Die Verwendung von laborchemischen Hilfsparametern wie NT-proBNP wird zwar oftmals in der klinischen
Routine durchgeführt, jedoch wird ihr Stellenwert – zu Recht –
sehr kritisch gesehen bzw. sogar gänzlich hinterfragt. Auch das
Volumsmanagement gestaltet sich in der klinischen Praxis zum
Teil als schwierig, die Methodik ist nicht standardisiert, solide
Daten aus relevanten Studien existieren praktisch kaum. Bei dieser
derzeit noch dünnen Datenlage zur optimalen Behandlungsstrategie von niereninsuffizienten PatientInnen mit HFrEF bzw.
HFpEF wird oftmals ein polypragmatischer Therapieansatz ge-
FOCUS
NEPHRO Script
OÄ Dr.
Elisabeth Dittrich
Foto: rangizzz – shutterstock.com
6. Medizinische Abteilung mit Nephrologie und Dialyse,
Wilhelminenspital,
Wien
Antwort Œ Wir führen routinemäßig jährliche echokardiografische Kontrollen durch,
zusätzlich im Bedarfsfall bei klinischer Auffälligkeit.
Antwort  Ich sehe NT-proBNP bei CKDPatienten vorwiegend als Prognoseparameter. Ich denke allerdings dass der Parameter, mit entsprechenden Einschränkungen,
auch als Orientierungshilfe im Verlauf gut
genützt werden kann.
Antwort Ž Vorrangig sind sicher eine möglichst optimale Blutdruckeinstellung und Volumsmanagement sowie Frequenzkontrolle.
Hieraus ergibt sich der Einsatz von ACE-Hemmern oder AT1-Blockern, aber auch Aldosteronantagonisten – soweit möglich bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz. Weiters können auch Betablocker, Ca-Antagonisten und
Diuretika die Therapie ideal ergänzen. Auch
klassische Lebensstilmodifikation (Kochsalzrestriktion, Gewichtsreduktion etc.) sollte genützt werden.
Antwort  Eine valide und belegte Aussage
bezüglich der Prävalenz, auch bezüglich des
CKD-Stadiums, kann ich derzeit nicht machen. Es ist wahrscheinlich ein Parameter,
der uns zunehmend zur weiteren prognostischen Einschätzung unserer Patienten dienen wird.
Antwort  Ich denke, es sollte eine regelmäßige Optimierung hinsichtlich Anämiekorrektur, sekundärem Hyperparathyreoidismus
und des Volumsmanagements erfolgen. Eine
meist schon laufende RAAS-Blockade sollte
meiner Meinung nach bis zum Auftreten etwaiger Kontraindikationen weitergeführt werden. Wichtig ist sicher, bei Volumsbelastung
eine rasche Rekompensation anzustreben
und bei Versagen konservativer Maßnahmen
auch frühzeitig mit einer Nierenersatztherapie (z. B. Peritonealdialyse) zu beginnen.
Antwort ‘ Essenziell ist ein rigoroses Trockengewichts- und Volumsmanagement, auch
mit entsprechender Trinkmengenbeschränkung.
ao. Univ.-Prof.
Dr. Martin Haas
Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Universitätsklinik für Innere
Medizin III, Medizinische Universität Wien
Antwort Œ Die Herzinsuffizienz, unabhängig
ob mit reduzierter (HFrEF) oder mit erhaltener
linksventrikulärer Ejektionsfraktion (HFpEF)
trägt wesentlich zur erhöhten Mortalität von
Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion bei. Das Mortalitätsrisiko ist bei beiden
Formen der Herzinsuffizienz ähnlich hoch
und steigt mit zunehmender Verschlechterung der Nierenfunktion. Prinzipiell ist eine
Echokardiografie bei allen Patienten mit Erstdiagnose einer eingeschränkten Nierenfunktion sinnvoll. Ein Verlaufsscreening ist erst
bei symptomatischen Patienten notwendig.
Die Intervalle sind von zusätzlich bestehenden kardialen Erkrankungen abhängig und
können von 6 Monaten (mittel- bis höhergradige Klappenvitien) bis 2 Jahre (leicht- bis
mittelgradige Linksventrikelhypertrophie) variieren.
Antwort  NT-proBNP oder BNP korrelieren bei chronischer Niereninsuffizienz u. a.
eng mit der Mortalität, der linksventrikulären
Hypertrophie, dem Flüssigkeitsstatus und der
Restnierenfunktion. Eine Erhöhung dieser
Marker deutet daher zwar auf eine Pathologie hin, diese kann jedoch erst mittels Echo
sinnvoll diagnostiziert werden. Routinemäßige Kontrollen sind aufgrund fehlender
Normwerte, der multiplen Ursachen einer
Erhöhung der Biomarker sowie fehlenden
Studien zur Konsequenz einer Senkung von
BNP oder NT-proBNP bei CKD nicht sinnvoll.
Antwort Ž Die HFpEF ist durch eine normalbis mittelgradig reduzierte Linksventrikelfunktion mit klinischen Zeichen einer kardialen Dekompensation (v. a. Dyspnoe) gekennzeichnet.
Unabhängig von der Nierenfunktion sollte daher
primär nach behandelbaren kardialen und nichtkardialen Ursachen der klinischen Beschwerden gesucht werden (Hyperhydratation, Vorhofflimmern, Linksschenkelblock, COPD etc.).
Die isolierte HFpEF ist nicht behandelbar. Sowohl ACE-Hemmer wie auch AT1-Blocker und
Aldosteronantagonisten zeigten sich in prospektiven, randomisierten Studien unwirksam.
Umso mehr ist daher eine Optimierung sekundärer Faktoren notwendig.
Antwort  Eine Vergrößerung des linken Vorhofs ist von der Dauer und dem Stadium einer
chronischen Niereninsuffizienz abhängig. Während ein Großteil der Dialysepatienten eine Vergrößerung des linken Vorhofs aufweist, so besteht bei inzipienter Niereninsuffizienz, insbesondere auf Basis einer Glomerulonephritis, häufig
ein strukturell unauffälliges Herz. Eine Beurteilung, inwiefern die Prävalenz der Vorhofvergrößerung zunimmt, kann aufgrund der fehlenden
Daten nicht erfolgen. Subjektiv betrachtet dürfte
die Prävalenz unverändert hoch sein.
Antwort  Eine Änderung der bestehenden,
klassischen Herzinsuffizienztherapie (RAASBlockade, Diuretika) beschleunigt beim kardiorenalen Syndrom Typ IV die Progression der
Herz- bzw. Niereninsuffizienz, statt sie zu verbessern. Das wesentliche Therapieziel ist daher
die Vermeidung von Sekundärkomplikationen
wie Hyperhydratation, sekundärer Hyperparathyreoidismus bzw. vaskuläre Kalzifikation. Eine
frühzeitige Andialyse (insbesondere mittels Peritonealdialyse) ist vor allem bei Diuretikaresistenz notwendig.
Antwort ‘ Bei symptomatischen Patienten
sollte das Trockengewicht weitestmöglich gesenkt und der Blutdruck im niedrignormalen
Bereich eingestellt werden. Zusätzlich könnte
eine Optimierung der Eisen- und Erythropoetin-Therapie eine Verbesserung der Symptome
bewirken.
Weiter auf Seite 22 ˘
21
FOCUS
NEPHRO Script
OA Dr.
Manfred Wallner
4. Interne Abteilung,
Bereich Nephrologie,
Klinikum WelsGrieskirchen
Antwort Œ Eine regelmäßige echokardiografische Untersuchung bei älteren (> 50 a) CKDPatienten (ab Stadium 3) ist aus verschiedenen
Gründen indiziert: Beurteilung der Linksventrikelhypertrophie, Abschätzung des Schweregrades eines eventuell vorliegenden Vitiums,
in späteren Stadien der CKD dann Nachweis
eines eventuell vorhandenen Perikardergusses.
Im Stadium 3 reicht eine 1-mal jährliche Echokardiografie, ab Stadium 4 dann 2-mal jährlich.
Ein zusätzliches Screening auf eine diastolische
Dysfunktion sollte bei klinischen Zeichen einer
Herzinsuffizienz und normaler oder nur gering
reduzierter Linksventrikelfunktion erfolgen.
Antwort  Der routinemäßige Einsatz einer
NT-proBNP-Bestimmung bei Nierenpatienten
ist nicht gerechtfertigt. Ein hoher Wert korreliert zwar mit dem Vorhandensein einer systolischen wie auch diastolischen Funktionsstörung, allerdings ist die GFR ein typischer Confounder bei der Beurteilung und muss berücksichtigt werden. In Einzelfällen und aus akademischem Interesse kann eine Bestimmung,
auch im Verlauf, sinnvoll sein. Eine therapeutische Konsequenz allein aus der NT-proBNPBestimmung ergibt sich nicht, allerdings eine
diagnostische: weitere Abklärung hinsichtlich
der Ursachen der Herzinsuffizienz (Hypertonie,
Hypervolämie, Ischämie, Vitium etc.).
Antwort Ž Thoraxröntgen, 24-h-Blutdruckmessung, Koronar-CT-Angiografie bzw. Koronarangiografie, ev. Langzeit-EKG. Je nach Ergebnis
der Untersuchungen Intensivierung der blutdrucksenkenden Therapie, Einsatz von Diuretika und/oder Revaskularisierung.
Antwort  Es handelt sich um ein bekanntes
Phänomen, dessen Häufigkeit sicher mit dem
CKD-Stadium zunimmt. Ob die Prävalenz in den
letzten Jahren gestiegen ist, wage ich zu bezweifeln.
22
Antwort  Der therapeutische Zugang zu diesen Patienten muss differenziert erfolgen und
erfordert ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl, da es sich dabei um kein homogenes
Krankheitsbild handelt. Es kann durchaus sinnvoll sein, eine RAAS-Blockade zu reduzieren
oder gar zu beenden. Bei manchen Patienten
wiederum kann der Beginn einer (vorsichtig
dosierten) RAAS-Blockade indiziert sein. Auch
der Einsatz/die Steigerung von Diuretika muss
wohlüberlegt erfolgen. Alternativ kommt auch
eine nächtliche Peritonealdialyse mit Icodextrin in Frage. Für neuere Substanzen (Vaptane,
BNP-Analoga) gibt es bisher wenig überzeugende Daten. Als Ultima Ratio ist der Beginn
der Dialyse eine Option.
Antwort ‘ Überprüfung der Kochsalzbilanz
und Reduktion des Trockengewichtes bei klinisch manifester oder anderweitig nachgewiesener Überwässerung als erste Maßnahme.
Überprüfung der Blutdruckeinstellung (24-hRR-Messung). Ausschluss einer wirksamen
KHK. Medikamentös: Betablockade und/oder
RAAS-Blocker, Intensivierung der Dialysebehandlung (Zeit, Frequenz).
Prim. Univ.-Doz.
Dr. René R. Wenzel
Abt. für Innere Medizin,
AÖKH Zell am See und
Akademisches
­Lehrkrankenhaus der
Paracelsus Univ.-Klinik
Salzburg
Antwort Œ Die Evidenz für regelmäßige echokardiografische Untersuchungen bei höhergradiger CKD ist hinsichtlich der therapeutischen Konsequenzen – wie bei vielen anderen Interventionen bei diesem Patientenkollektiv – leider sehr schlecht, lediglich gibt es
prognostische Aussagen bzgl. der häufigen
dias­tolischen Funktionsstörungen im Rahmen
der linksventrikulären Hypertrophie. Aus der
Extrapolation aus den Daten bei nierengesunden Patienten wird eine RAS-Blockade
empfohlen, die auch Surrogatendpunkte bei
CKD positiv beeinflusst. Aus meiner Sicht ist
daher – auch im Sinne einer ressourcenschonenden Vorgangsweise – eine jährliche echokardiografische Kontrolle ausreichend, sofern
nicht zusätzlich Vitien oder akute Koronarsyndrome vorliegen.
Antwort  Die Bestimmung des NT-proBNP
ist bei CKD bekanntermaßen umstritten. Selbstverständlich ist der klinische Eindruck aber der
entscheidende Parameter. Jedoch haben wir
insbesondere bei den kardiorenalen Syndromen (V. a. Typ 1 und 2) sehr gute Erfahrungen
beim intraindividuellen Verlauf, unterstützend
für die Indikationsstellung einer Hospitalisierung mit positiv inotroper Therapie (Levosimendan u. a.).
Antwort Ž Auch hier ist die Evidenz für therapeutische Maßnahmen selbst bei nierengesunden weiterhin schwach, letztlich sind Diuretika häufig notwendig und auf Basis der Studien mit den Sartanen bei diastolischer Herzinsuffizienz mit normaler systolischer Funktion
werden diese Patienten mit einer RAS-Blockade
behandelt.
Antwort  Wir haben bisher keine systematischen Untersuchungen geführt, legen aber
Wert auf die linksatriale-Größe als prognostischen und auch therapeutischen Parameter.
Die Größe des linken Atriums, vor allem aber
die neuerdings messbare systolische LA-Funktion, bieten vermutlich wichtige zusätzliche
Aussagekraft für die Prognose, das Risiko von
Vorhofflimmern und auch den Erfolg therapeutischer Maßnahmen. Ich bin überzeugt, dass
der Stellenwert der LA-Größe und -Funktion in
den nächsten Jahren zunehmen wird und möglicherweise – neben der Speckle-Analyse –
sensitivere Parameter liefern könnte.
Antwort  Auch hier ist die Evidenz bisher leider erschreckend schwach (s. Kardiorenales
Syndrom [Hrsg.: G. Mayer], Kapitel CRS Typ 4;
Unimed-Verlag 2013). Wir führen die RAASBlockade grundsätzlich so lange wie möglich
weiter, dosieren die Diuretika in erster Linie
nach Klinik, Gewichtsverlauf und ggf. VCIDurchmesser. Die Indikationsstellung für ein
extrakorporales Verfahren stellen wir bei häufigen kardialen Dekompensationen oft sehr
FOCUS
NEPHRO Script
früh, d. h. in Einzelfällen sogar bei einer GFR
von 30 ml/min, wenn die Herzinsuffizienz konservativ nicht mehr sinnvoll zu beherrschen
ist. Häufig können diese Patienten nach einigen Wochen/Monaten wieder in einen (vorübergehend) dialysefreien Bereich kommen,
früher oder später werden sie jedoch meist
dauerhaft dialysepflichtig. Wenn möglich, bevorzugen wir die Peritonealdialyse, mit sehr
guten Erfahrungen. In unserer Analyse von
2012 lag bei 183 PatientInnen mit einer Erstdialyse in 21 % der Fälle ein kardiorenales Syn-
Claudio Ronco, MD
Director, Department
Nephrology, Dialysis &
Transplantation,
International Renal
Research Institute
(IRRIV), San Bortolo
Hospital, Vicenza, Italy
ΠDo you regularly refer your (elderly) CKD
patients to echocardiography examinations?
How often should the existence of diastolic
dysfunction and associated structural changes
be evaluated? Should examination intervals
be shortened with progressing renal disease?
Principally, echocardiographic examination is
recommendable for these patients. In our center, we refer them to a yearly examination.
 How do you judge the utilization of ancillary laboratory parameters (NT pro-BNP) in
CKD? Should these parameters better be excluded from the diagnostic process or determined in order to monitor disease progress
(also in relation to renal function)? Are there
potential therapeutic consequences?
Although we are aware of the limited diagnostic significance of NT-proBNP, we still use this
laboratory parameter in the clinics. To get further diagnostic information, we additionally
use bioimpedance measurement in conjunction.
Ž In a patient with CKD 3–4, which further dia­
drom vor, davon konnten immerhin 23 % mit
einer Peritonealdialyse (PD) primär oder sekundär behandelt werden.
Antwort ‘ Derzeit sehe ich keine Evidenz, bei
diesen Patienten anders vorzugehen. Die Klinik und der erfahrene nephrologische Blick
geben das Trockengewicht vor. Patienten mit
einer schweren linksventrikulären Hypertrophie reagieren jedoch auf schnellen bzw. zu
starken Volumenentzug nicht selten negativ,
vermutlich durch eine dann auftretende intra-
ventrikuläre Obstruktion. Wir führen eine möglichst intensive RAS-Blockade fort, eine intensivere schonende Hämodialysetherapie (tägliche nächtliche Dialyse. 3–4-mal 6 Stunden/
Woche u. a.), wie sie in Frankreich durchgeführt wird, wirkt sich eindeutig für die Hypertonie und auch die LVH positiv aus. Der Stellenwert neuerer Substanzen, wie z. B. Cinacalcet, Calcitriol u. a.) muss sich noch in großen
Studien mit harten Endpunkten zeigen, derzeit
gibt es nur Hinweise aus Subanalysen für einen
möglichen Benefit.
gnostic and therapeutic consequences do you
draw after the diagnosis of systolic heart failure and heart failure with preserved ejection
fraction (HFpEF), respectively?
To provide optimal treatment options for this
specific patient cohort we are in close collaboration with the experts from our department
of cardiology.
 An increased left atrial volume (often subsequent to subclinical heart failure) has proven to associate with worse outcomes (Hee et
al., CJASN 2014) and is often seen during routine echocardiography. Are you observing an
increasing or decreasing prevalence of these
changes in your patients? Does the prevalence
of these changes associate with the CKD stage?
So far, we did not address this aspect statistically. Current improved diagnostic and imaging tools offer new possibilities for better monitoring of the pathophysiological alterations
in CKD.
In the light of recent publications ambiguity
persists concerning sodium intake of heart failure patients (Oparil, NEJM 2014). Which dietary recommendation do you give your CKD patients with heart failure?
Most of our patients are already on a sodium
and protein restricted diet because of a concomitant CKD.
‘ Many CKD patients show elevated systolic
pulmonary artery pressure measurements on
echocardiography. Do you recommend further
invasive testing to confirm/rule out pulmonary
hypertension? If so, in which patients? When
should this testing be done in dialysis patients
(before/after the dialysis session)?
It is important to perform this further in depth
evaluation before the start of renal replacement
therapy. Another crucial issue to consider is the
modality (PD or HD). If HD is chosen, i. v. catheter or fistula may be a significant choice.
’ In a patient with advanced CKD (stage 4–5),
how do you therapeutically approach the cardiorenal syndrome type IV? Should RAAS blockade be initiated/terminated? Do you in­crease
diuretic dose, plan for early dialysis initiation?
Are there any new substances worth looking
into?
This is a question of high relevance that will
have an entire debate at the European Society
of Cardiology in Barcelona. We will report the
results at the ÖGHN in Baden.
“ How should a dialysis patients with systolic heart failure or symptomatic HFpEF be treated ideally (medication/dry weight/dialysis
duration)?
In this regard, peritoneal dialysis is a treatment
that presents some advantages. In case of obligatory use of HD, strict control of ultrafiltration
and blood volume is mandatory. Again, the choice
of the vascular access is also an important issue.
23
Hypertonie | TOPICS
NEPHRO Script
der renalen Sympathikusdenervierung ist es, in der Adventitia verlaufende
Fasern des Sympathikus zu veröden und auf diese Weise den Blutdruck zu beeinflussen.
uu
Die anfängliche Euphorie über die neue Methode wurde bedingt durch die enttäuschenden
Ergebnisse der SIMPLICITY-HTN-3-Studie von einer Phase der kritischen Analyse abgelöst.
uu
Bei ausgesuchten therapierefraktären Hypertonikern mit sehr hohem Mortalitätsrisiko stellt
die renale Sympathikusdenervierung weiterhin eine Therapieoption im Rahmen von
kontrollierten Studien dar.
uu
Ziel
Rückblick und Ausblick
Renale Sympathikusdenervierung
L
aut einer vor kurzem im „Lancet“ publizierten Analyse bleibt
die arterielle Hypertonie weltweit der Hauptrisikofaktor für
Todesfälle und für Erkrankungen, die zu einer Behinderung
führen.1 Dies, obwohl die Mehrzahl der Patienten durch medikamentöse Therapien erfolgreich behandelt werden könnte. Allerdings kann bei einem kleinen Prozentsatz behandelter Hypertonikern trotz Ausschöpfens aller medikamentösen Therapiemöglichkeiten keine ausreichende Blutdruckkontrolle erreicht werden.
Diese therapierefraktären Patienten haben kurz- und mittelfristig
ein exzessiv erhöhtes absolutes Risiko (21,3 %), innerhalb von 4
Jahren ein schweres kardiovaskuläres Ereignis (kardiovaskulärer
Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall) zu erleiden. Zusätzliche Therapieoptionen, um den Blutdruck zu senken, sind daher für diese
Höchstrisikogruppe wünschenswert und notwendig.2
Entwicklung des Therapieprinzips
Im Jahr 2009 wurde erstmals in einer Proof-of-Principle-Studie
die renale Sympathikusdenervierung (RSD) als interventionelle
Methode zur Therapie der Hypertonie vorgestellt.3 Bei der RSD
wird ähnlich einer angiografischen Untersuchung ein spezieller
Katheter in die Nierenarterien eingeführt, über den im Lumen
der Nierenarterien Energie (Radiofrequenzenergie oder Ultraschall)
abgegeben wird. Ziel ist es, in der Adventitia verlaufende Fasern
des Sympathikus zu veröden und auf diese Weise den Blutdruck
zu beeinflussen. Basis für die Idee, durch Unterbrechung der Sympathikusaktivität eine Blutdrucksenkung zu bewirken, waren Beobachtungen in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts.
Damals, also noch vor der Entwicklung von antihypertensiv wirksamen Medikamenten, wurden schwerste Hypertonieformen mittels chirurgischer Sympathektomie mitunter erfolgreich behandelt.
24
Dr. Katharina
Hohenstein
Univ.-Prof.
Dr. Bruno Watschinger
Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse,
Universitätsklinik für Innere Medizin III,
Medizinische Universität Wien
Die hohe Komplikationsrate des Eingriffs und die spätere Verfügbarkeit von antihypertensiven Medikamenten ließen diesen
Therapieansatz allerdings in Vergessenheit geraten.
Nun wurde die Sympathektomie mittels renaler Sympathikusdenervierung als ein wenig invasives, interventionelles Verfahren
wieder aufgegriffen und bis zur klinischen Anwendung weiterentwickelt.
In ersten unkontrollierten Studien mit relativ kleinen Fallzahlen
zeigte sich bei Patienten mit resistenter Hypertonie eine Senkung
des Office-Blutdrucks (BD) 6 Monate nach der Intervention von
meist mehr als 25/10 mmHg. In einer Metaanalyse der unkontrollierten Studien lag die Senkung des Office-BD nach 6 Monaten bei 25/10 mmHg. Die Senkung des 24-h-BD nach RSD war
deutlich geringer ausgeprägt als die Senkung des Office-BD – sie
betrug meist 5–10 mmHg (systolischer BD) (vergleichbar mit
Ergebnissen von Medikamentenstudien, die im Office-Blutdruck
TOPICS | Hypertonie
auch durchwegs stärkere Blutdruck-Senkungen zeigen). In nichtrandomisierten Studien und Fallserien wurden auch günstige Effekte der RSD auf Linksherzhypertrophie, diastolische Herzfunktion, Gefäßsteifigkeit und Pulswellenreflexionen sowie auf die
Inzidenz einer Albuminurie gezeigt. Bisher liegen aufgrund der
erst kurzen Verfügbarkeit der RSD noch keine Studien zu klinischen Endpunkten vor.
Die anfängliche Euphorie über die neue Methode wurde bedingt
durch die Ergebnisse einer neuen placebokontrollierten Studie
(SIMPLICITY HTN-3)4 von einer Phase der kritischen Analyse
und Nachdenkpause abgelöst.
SIMPLICITY HTN-3: neue Erkenntnisse
Eine von der amerikanischen Zulassungsbehörde (FDA) geforderte Placebo-kontrollierte Studie (SIMPLICITY HTN-3; mit
einer Sham-Procedure in der Kontrollgruppe) wurde heuer im
Frühjahr publiziert und zeigte zur Überraschung vieler keinen
Unterschied in den Blutdruckwerten nach 6 Monaten zwischen
der RSD-behandelten und der nicht behandelten Kontrollgruppe.4
Bei den 364 Patienten der RSD-Gruppe kam es nach 6 Monaten
zu einer Absenkung des Office-BD um 14/7 mmHg und des 24h-BD um 7/4 mmHg, bei den 171 Patienten der Sham-Gruppe
um 12/5 mmHg (Office-BD) und 5/3 mmHg (24-h-BD). Es
kam in der gesamten Studienpopulation zu einer signifikanten
BD-Reduktion, allerdings waren die Unterschiede zwischen den
Gruppen nicht signifikant. In der Gruppe der Afroamerikaner
zeigten Placebo-behandelte Patienten nach 6 Monaten einen stärkeren BD-Abfall als RSD-behandelte. Die übrigen Studienteilnehmer (überwiegend Kaukasier) zeigten hingegen eine signifikante
Senkung des Office-SBP in der RSD-Gruppe (Unterschied 6,6
mmHg vs. Sham-Gruppe). Die Senkung des Office-SBD in der
RSD-Gruppe und in der Sham-Gruppe war stark vom AusgangsBD abhängig. In der RSD-Gruppe sank der SBD um 25,7, 13,8
bzw. 6,6 mmHg, bei einem Ausgangs-SBD von > 184, 184–170
bzw. < 170 mmHg.
12-Monats-Ergebnisse: Anfang September wurden beim European
Society of Cardiology Meeting 2014 in Barcelona die 12-MonatsErgebnisse des SIMPLICITY-HTN-3-Trials vorgestellt. Nach
Beendigung der initialen 6-monatigen Studienphase und der Entblindung wurde bei 101 der 171 ursprünglich Sham-behandelten
Patienten eine Denervierung durchgeführt. Die verbliebenen 70
Patienten wurden nicht interveniert und dienten für die 12-Monats-Evaluierung als Kontrollgruppe. Nach einem Jahr blieb das
Sicherheitsprofil unverändert stabil. Der Composite-Safety-Endpunkt (Gesamtmortalität, prozedurale Komplikationen und Major-Adverse-Events) betrug 6,8 %, 5,3 % bzw. 7,2 % in der urspünglichen RSD-Gruppe, der Crossover-Subgruppe und der
Nicht-Crossover-Subgruppe. In allen Gruppen war nach 12 Monaten der Blutdruck im Vergleich zum Studienbeginn gesenkt,
wobei in der nicht-intervenierten Gruppe, anders als in der RSD-
NEPHRO Script
Tab.: Patientenbezogene Faktoren, die eine
renale Sympathikusdenervierung rechtfertigen
können
• erhöhte Blutdruckwerte im ambulanten Blutdruckmonitoring
(24-h-Durchschnitt > 145/90 mmHg)
• optimierte medikamentöse Therapie zumindest über 3 Monate
(5 oder mehr synergistisch wirkende Antihypertensiva in maximal verträglicher Dosierung inklusive Therapie/Versuch mit
Spironolakton)
• Evaluierung hinsichtlich Adhärenz
• ausgeschlossene Pseudoresistenz
• ausgeschlossene behandelbare sekundäre Hypertonie
• optimierte Komedikation
• optimierte Lebensstilfaktoren
• hohes kurz- oder mittelfristiges kardiovaskuläres Risiko
• GFR > 45 ml/min
• geeignete Anatomie der Nierenarterien
• Alter > 18 und < 85 Jahre
Gruppe, die Senkung nach 12 Monaten weniger stark ausgeprägt
war als nach 6 Monaten.5
Welche Patienten profitieren wirklich?
Zweiflern geben die Ergebnisse der SIMPLICITY-HTN-3-Studie
Anlass, den frühzeitigen Tod der Methode zu verkünden. Methodische Fragen des Studienaufbaus lassen aber nicht ausschließen, dass die RSD für einzelne Patientengruppen dennoch wertvoll und ihr differenzierter Einsatz doch sinnvoll sein kann. Offene
Fragen ergeben sich aufgrund folgender Studiendetails: die Mehrzahl der Patienten wurden nicht an spezialisierten Hypertoniezentren betreut, die Screeningphase vor der Randomisierung betrug lediglich 2 Wochen (möglicherweise ein zu kurzer Zeitraum,
um die Diagnose einer therapierefraktären Hypertonie abzusichern). Trotz der strikten Empfehlung im Protokoll, die antihypertensive Medikation in den ersten 6 Monaten nach dem Eingriff
nicht zu ändern, wurden Änderungen in 38 % der RSD-Gruppe
und 40 % der Sham-Gruppe vorgenommen. Mehr als die Hälfte
der Interventionisten hatten nur geringe Erfahrung (≤ 2 Interventionen) mit dem Kathetersystem. Leider konnte auch nach
Analyse der 12-Monats-Daten die Rolle/Bedeutung der oben erwähnten offenen Punkte nicht sicher geklärt werden.
Die klinische Erfahrung (außerhalb von Studien) zeigt, dass bei
Anwendung einer strengen Indikationsstellung nur sehr wenige
Patienten für den Eingriff in Frage kommen. In retrospektiven
Analysen von Hypertoniezentren betrug der Anteil an Patienten,
die für eine RSD in Frage kamen, nur 0,8 % bzw. 1,2 % aller
Hypertoniker. Die Hauptursachen waren zu niedrige BD-Werte
bei wiederholter Messung sowie Weißkittelhochdruck, ein unzureichendes medikamentöses Regime bzw. eine zu schlechte Nierenfunktion (auch in der SIMPLICITY-HTN-3-Studie wurden
von 1.441 primär untersuchten Patienten 880 nicht randomisiert).
Die klinische Erfahrung zeigt aber auch, dass bei manchen ˘
25
Hypertonie | TOPICS
NEPHRO Script
Patient: E. S., weiblich, 75 Jahre, St. p. rezidivierende hypertone
Krisen
Entwicklung Blutdruck
Blutdruck 147/72 mmHg*
Blutdruck 135/69 mmHg*
¢
–12 mmHg
–3 mmHg
Systole
Diastole
* Durchschnittswerte der 24 h-RR-Untersuchung
Entwicklung Präparate
8 Präparate
• Alpha-Blocker
• ARB
• Beta-Blocker
• CCB
• HCT
• Nitrat
• Spironolacton
• zentral wirksam
¢
4 Präparate
• Alpha-Blocker
• Beta-Blocker
• Nitrat
• Spironolacton
–4 Präparate**
** Präparate von Patientin selbstständig abgesetzt
Abb.: Verbesserung der 24-h-Blutdruckkontrolle einen Monat
nach renaler Sympathikusdenervierung
Patienten eine signifikante Blutdrucksenkung stattfindet, die vor
allem bei dem sehr hohen kardiovaskulären Risiko relevant in
Hinblick auf Morbidität und Mortalität sein kann (Abb.).
ÖGH-Empfehlungen
Von Seiten der Österreichischen Gesellschaft für Hypertonie wurden aufgrund der neuen Erkenntnisse die bisherigen Empfehlungen
zur renalen Sympathikusdenervierung überarbeitet und wie folgt
zusammengefasst:6
Voraussetzungen für den Einsatz der renalen Sympathikusdenervierung bei ausgewählten therapierefraktären Hypertoniepatienten
sind:
1. Eine genaue Abklärung der Hypertonieursache, des Blutdruckverlaufs und eine Überprüfung der antihypertensiven Therapie
vor einer eventuellen RSD sind obligat (ambulante 24-h-BDMessung, Ausschluss sekundärer Hypertonieursachen, Ausschluss von Medikamenten-Adhärenz-Problemen) Ein Therapieversuch mit Aldosteronantagonisten ist durchzuführen, wenn
keine Kontraindikation vorliegt.
2. Das Vorliegen einer therapierefraktären Hypertonie (fehlendes
Erreichen der Blutdruck-Zielwerte unter zumindest 5 sinnvoll
kombinierten Antihypertensiva in maximal verträglicher Dosierung, d. h. 24-h-BD-Wert > 145/90 mmHg). Eine RSD bei
26
einem Office-SBD < 170 mmHg erscheint nicht sinnvoll, unabhängig vom Vorliegen von Komorbiditäten.
3.Die (Mit-)Betreuung der RSD-Kandidaten muss im Vorfeld
der Intervention für mindestens 3 Monate durch einen Hypertoniespezialisten erfolgen. Wenn tatsächlich eine anders
nicht behandelbare therapierefraktäre Hypertonie und ein daraus resultierendes hohes kardiovaskuläres Risiko vorliegt, kann
ausgewählten Patienten nach sorgfältiger Nutzen-Risko-Abwägung eine RSD angeboten werden.
4. Der Eingriff muss an einem Zentrum mit Expertise in der Betreuung therapierefraktärer Patienten, Erfahrung in der Durchführung interventioneller Eingriffe und im Management potenzieller Komplikationen durchgeführt werden.
5. Die RSD soll derzeit im Rahmen von kontrollierten Studien
durchgeführt werden. Falls aus klinischer Notwendigkeit eine
RSD außerhalb von Studienbedingungen, aber unter Einhaltung oben erwähnter Kriterien durchgeführt wird, sind der
Eingriff sowie der postinterventionelle Verlauf im nationalen
TREND-Register der Österreichischen Gesellschaft für Hypertensiologie zu dokumentieren.
6. Patienten nach einer RSD müssen in Kooperation mit einem
Hypertensiologen, idealerweise in engem Kontakt mit dem
Interventionszentrum nachbetreut werden.
AUSBLICK: Aufgabe zukünftiger Studien wird es sein, jene Pati-
entenpopulationen zu definieren, bei welchen die Denervierung
erfolgreich sein kann. Derartige Studien befinden sich derzeit in
der Planungsphase. Es wird auch wichtig sein, Methoden zu entwickeln, die eine erfolgreiche Denervierung bereits während des
Eingriffs erkennen lassen und damit zu einer höheren Treffsicherheit der Methode führen. Erst nach der Beantwortung dieser Fragen kann aus unserer Sicht die Methode endgültig bewertet werden. Vorzeitig sollte man die renale Sympathikusdenervierung
nicht „ad acta“ legen. Bei ausgesuchten therapierefraktären Hypertonikern mit sehr hohem Mortalitätsrisiko stellt die Sympathikusdenervierung sicher weiter eine Therapieoption dar und
kann am besten im Rahmen von Studien, auf jeden Fall aber im
Rahmen eines prospektiven Registers (TREND-Register der Österreichischen Gesellschaft für Hypertensiologie) angeboten werden. Der breite, unüberlegte und vorschnelle Einsatz der renalen
Sympathikusdenervierung „bei unkomplizierten Hypertonikern“
ist seit der SIMPLICITY-HTN-3-Studie jedenfalls nicht mehr
gerechtfertigt.
■
Lim S.S. et al.: A comparative risk assessment of burden of disease and injury attributable
to 67 risk factors and risk factor clusters in 21 regions, 1990–2010: a systematic analysis
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3
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1
Atherosklerose | TOPICS
NEPHRO Script
uu
Mit
abnehmender Nierenfunktion nimmt die Inzidenz und Prävalenz von Gefäßverkalkung überproportional zu (Syndrom der CKD-MBD [Chronic Kidney Disease –
Mineral and Bone Disorder]), kardiovaskuläre Erkrankungen sind die Haupttodesursache bei terminaler Niereninsuffizienz.
uu
Die Pathophysiologie dieser Gefäßverkalkungen ist komplex und nur in Ansätzen verstanden.
uu
Die unterschiedliche Kalzifizierungsneigung in unterschiedlichen Gefäßabschnitten scheint
ursächlich nicht so sehr mit hämodynamisch unterschiedlicher Beanspruchung zusammenzuhängen, sondern mit dem in Bezug auf die Gefäßanatomie heterogenen embryonalen
Ursprung der glatten Muskelzellen, die deshalb sowohl in vitro als auch in vivo auf äußere
Reize unterschiedlich (Proliferation etc.) reagieren.
Zusammenhang zwischen Gefäßverkalkung und anatomischer Lokalisation
Arterielle Mediasklerose
K
ardiovaskuläre Erkrankungen sind die Haupttodesursache
bei terminaler Niereninsuffizienz.1 Mit abnehmender Nierenfunktion nimmt die Inzidenz und Prävalenz von Gefäßverkalkung überproportional zu, die kardiovaskuläre Mortalität
steigt.2, 3 Die Gefäßverkalkung findet zwar auch beim Nierenkranken vorwiegend in der Gefäßintima statt. 4–6 Überproportional
häufig tritt jedoch auch eine Verkalkung der Media auf, im Sinne
der Mönckeberg’schen Mediasklerose. Der Nachweis von Gefäßverkalkungen bringt bei Niereninsuffizienten (und auch bei Nierengesunden) eine schlechte Prognose mit sich. Egal ob es sich
um eine Koronargefäßverkalkung gemessen mittels CT-basierter
Techniken (Agatson-Score, z. B. Block et al., 20057) oder eine Verkalkung der abdominellen Aorta an der simplen Abdomen-leerAufnahme (z. B. Blacher et al., 20018) handelt, Gefäßkalk bedeutet eine erhöhte Mortalität. Die Pathophysiologie dieser Gefäßverkalkungen ist komplex und nur in Ansätzen verstanden. Beim
Niereninsuffizienten werden diese Gefäßverkalkungen aufgrund
direkter bzw. indirekter Zusammenhänge mit dem Knochen- und
Mineralstoffwechsel zum Syndrom der CKD-MBD (Chronic
Kidney Disease – Mineral and Bone Disorder) zusammengefasst.9
So weit, so bekannt
Im klinischen Alltag fällt auf, dass manche Arterien besonders
häufig, andere arterielle Strombahnen hingegen relativ selten von
Gefäßverkalkung einschließlich Mediasklerose betroffen sind. So
zeigen sich beispielsweise in der Aorta abdominalis häufiger Gefäßverkalkungen als an der Aorta thoracica. Schon in der systematischen Beschreibung der reinen Mediasklerose durch Mönckeberg
im Jahre 1903 fiel unter den peripheren Gefäßen eine Häufung
der Kalzifizierung der Femoralarterien auf.10 Üblicherweise werden
28
Dr. Marija Bojic
Assoc. Prof. Priv.-Doz.
Dr. Daniel Cejka
Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse,
Universitätsklinik für Innere Medizin III,
Medizinische Universität Wien
diese Unterschiede in der Kalzifizierungsneigung den unterschiedlichen hämodynamischen Verhältnissen zugeschrieben. In der thorakalen Aorta gibt es nur kleine Gefäßabgänge, der Blutfluss ist
überwiegend laminar. In der abdominellen Aorta mit den Abgängen der Viszeralgefäße und an den Abzweigungen der Iliakal- und
Femoralarterien ist der Blutfluss zunehmend turbulent – und soll
so zur Atherosklerose und Kalzifizierung prädisponieren. Dies klingt
mechanistisch einleuchtend, kann jedoch aufgrund von experimentellen Daten nicht uneingeschränkt aufrechterhalten werden.
Atherosklerotische Gefäßverkalkung
und Blutfluss
In den 1960er- und 1970er-Jahren führten Haimovici und Kollegen an der Columbia University in New York zwei wegweisende
Untersuchungen zur anatomischen Prädilektion von arteriellen Gefäßverkalkungen durch.11, 12 Im Tiermodell wurden Abschnitte der
(Atherosklerose-resistenten) thorakalen Aorta in die (Atherosklerose-
TOPICS | Atherosklerose
anfällige) abdominelle Aorta als Homograft implantiert und vice
versa. Ebenso wurde ein Teil der (Atherosklerose-resis­tenten) Jugularvene in die abdominelle Aorta implantiert und ein Teil der
abdominellen Aorta in die Jugularvene. Mit diesen Experimenten
wurden also Gefäßabschnitte aus Hochdruckgefäßen (Aorta) und
Niederdruckbereichen (Jugularvene) untersucht. Im Anschluss wurden die Versuchstiere (Hunde) für ein Jahr mit einer atherogenen
Diät gefüttert. Im Gegensatz zur Erwartungshaltung behielten die
Gefäßtransplantate die Atheroskleroseneigung ihrer Ursprungsregion bei, sowohl in der arteriellen als auch in der venösen Strombahn. Die aus der thorakalen Aorta entnommenen Gefäßabschnitte
blieben Atherosklerose-resistent, wohingegen die Gefäßteile aus der
abdominellen Aorta sowohl in thorakaler als auch jugulärer Position
ausgeprägt atherosklerostisch verändert waren. Die transplantierten
Gefäße haben also das vorangelegte Atheroskleroserisiko „mitgenommen“. Offenbar bestehen also zwischen den einzelnen Gefäßabschnitten Unterschiede, deren Ursprung wahrscheinlich in der
embroynalen Entwicklung des Gefäßes liegt.
Atherosklerotische Plaques sind monoklonal
Ebenfalls in den 1970er-Jahren machten Benditt und Mitarbeiter
an der University of Washington die Beobachtung, dass humane
atherosklerotische Plaques ihren Ursprung aus einer Zelle bzw.
aus Zellen mit identem ontogenetischen Ursprung haben müssen.13 Sie machten sich dabei die X-Inaktivierung der Glukose6-Phosphat-Dehydrogenase (G6PD) zunutze. Sie fanden, dass
atherosklerotische Plaques nur jeweils ein Isoenzym der G6PD
exprimierten, wohingegen gesunde Arterienwände beide G6PDIsoenzyme zu gleichen Teilen bildeten, und schlossen so auf die
Klonalität der Plaques. Diese Beobachtung lässt mögliche Schlussfolgerungen zu: Entweder entstehen die Plaques aufgrund der
aberranten Proliferation einer einzelnen Zelle, oder der Plaque
entsteht aus vielen Zellen der Gefäßwand, die den gleichen entwicklungsgeschichtlichen Ursprung haben. In der Tat konnte
später gezeigt werden, dass die glatten Muskelzellen der aortalen
Gefäßwand aus bis zu 4 mm langen Abschnitten klonalen Ursprungs bestehen.14 Offenbar entwickeln sich also menschliche
Arterien durch klonale Expansion von glatten Muskelzellen (oder
deren Vorläufern), ohne nennenswerte Durchmischung der Klone
und mit relativ scharfen Grenzen zwischen den Zellen unterschiedlichen Ursprungs.
NEPHRO Script
(z. B. Wachstumsfaktoren) deutlich ändert und die Zellen in weiterer Folge in ein Proliferationsstadium treten. Dieser Wandel wird
„phenotypic switching“ genannt und ist wohl eine physiologische
Adaptierung an den aktuellen Bedarf, wie zum Beispiel im Falle der
Wundheilung. Diese Umstände können aber nur einen Teil der
Unterschiede im Verhalten der VSMCs erklären. Traditionell war
man der Meinung, dass VSMCs einen einheitlichen Ursprung in
der Embryonalentwicklung haben. Man ging davon aus, dass neu
gebildete Gefäßabschnitte die für die Gefäßwand benötigten Zellen
(sowohl VSMCs als auch Perizyten) einfach aus dem umliegenden
Mesenchym rekrutieren. Im Rahmen von entwicklungsbiologischen
Experimenten wurde aber – eher zufällig – gefunden, dass die VSMCs
aus einer Reihe völlig unterschiedlicher Vorläuferzellen entstehen.
Die arterielle Media ist also kein homogenes Gewebe, sondern ein
Mosaik nahtlos aneinandergereihter, aber relativ scharf begrenzter
Zellverbände (Abb.). Dies ist umso relevanter, als dass die VSMCs
unterschiedlichen Ursprungs sowohl in vitro als auch in vivo (z. B.
Topouzis S. et al., 199615) unterschiedlich auf äußere Reize reagieren.
Die Untersuchung der zellulären Migration im Rahmen der Embryogenese wird in der Entwicklungsbiologie „fate mapping“ genannt. Dabei werden die Wanderungsbewegungen eines definierten
Zelltyps bzw. einer Zellansammlung chronologisch verfolgt. Ursprünglich wurde dies mittels Generierung von Hühner-WachtelChimären („chick-quail chimeras“) bewerkstelligt. Mikrochirurgisch
werden dabei im Embryonalstadium definierte Zellansammlungen
einer Vogelart durch möglichst äquivalente Zellen der anderen Art
ersetzt. Wachtel-Embryozellen zeigen im Gegensatz zu HühnerEmbryozellen stark kondensiertes Heterochromatin, wodurch die
transplantierten Zellen bereits lichtmikroskopisch ohne weitere Färbungen vom restlichen Gewebe unterscheidbar sind. Mit Hilfe dieser Technik konnte in einer bahnbrechenden Erstbeschreibung von
Le Lievre und Mitarbeitern gezeigt werden, dass Zellen aus der ˘
Heterogener Ursprung glatter Gefäßmuskelzellen
Es ist bekannt, dass sich glatte Gefäßmuskelzellen (Vascular Smooth
Muscle Cells – VSMCs) in Zellkulturen teilweise sehr unterschiedlich verhalten können. Diese Unterschiede können auf unterschiedliche Kulturbedingungen zurückzuführen sein, wie z. B. der Gehalt
an Wachstumsfaktoren im Kulturmedium. Zudem besitzen VSMCs
eine gewisse phänotypische Plastizität. VSMCs exprimieren unter
Ruhebedingungen ein typisches Genexpressionsprofil glatter Muskelzellen, dass sich Falle einer Stimulation durch externe Reize
Adaptiert nach Majesky M.W.24
Abb.: Embryologische Ursprungsgewebe von glatten
Gefäßmuskelzellen (VSMCs) bei Säugetieren
29
Atherosklerose | TOPICS
NEPHRO Script
kranialen Neuralleiste in den Bereich der Schlundbogenarterien wandern und dort zu VSMCs differenzieren.16 Mittlerweile ist die ChickQuail-Technik durch die Verwendung von zell- oder gewebespezifisch exprimierten Reportergenen (z. B. lacZ, EGFP) weitgehend
abgelöst worden. Mit Hilfe dieser moderneren Methoden konnten
die Ergebnisse aus den Vogel-Chimären auch bei Säugetieren reproduziert werden. In Mäusen wandern Zellen der Neuralleiste aus und
bilden die VSMCs der Aorta ascendens, des Arcus aortae sowie der
rechten und linken Carotis.17 In analogen Experimenten stellte sich
heraus, dass die VSMCs der Aorta thoracica aus den Somiten hervorgehen, die VSMCs der Aorta abdominalis aus dem Mesoderm
gebildet werden und die Gefäßwand der Koronarien aus dem Proepikard entsteht. Diese Beobachtungen wurden auch durch genetische Experimente verifiziert. Im proepikardialen Gewebe aktiviert
das sogenannte FOG2-Protein ein Genexpressionsprofil, das zur
Gefäßbildung führt. Im Mausversuch kommt es durch FOG2-Knockout zum frühen embryonalen Tod, da sich keine Koronarien ausbilden, wohingegen alle anderen Gefäßabschnitte regulär angelegt
werden.18 Die unterschiedliche Herkunft der zellulären Bestandteile
der Gefäßwand könnte somit Erklärungsansätze liefern, warum einzelne Arterienabschnitte auf Stimuli wie z. B. Ballon-Angioplastie19
oder eben bei Urämie verschiedenartig reagieren. Neben den anatomisch/histologisch definierten Ursprungsgeweben der VSMCs
können sowohl embryonale Stammzellen als auch in der Adventitia
anzutreffende Progenitor-Zellen in Richtung VSMCs differenzieren,
der entscheidende Stimulus ist hier eine Kombination aus VEGFund PDGF-Rezeptor-Signaling20, 21. Obwohl noch unbewiesen, dürfte
diesen Zellpopulationen aber eher eine Funktion in Repair- bzw.
Remodelling-Bereichen zukommen und nicht so sehr in der embryonalen Gefäßbildung.
1. National Institutes of Health NIoDaDaKD, Bethesda,
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cardiovascular risk in end-stage renal disease. Hypertension
1
30
Differenzierung von glatten Gefäßmuskelzellen
Neben den unterschiedlichen embryonalen Ursprungsgeweben dürften auch Wachstumsfaktoren eine wesentliche Rolle in der Art der
VSMC-Differenzierung spielen. Die meisten zellulären Marker, über
die VSMCs definiert werden, benötigen dem Serum Response Factor (SRF) zur Expression.22 SRF selbst ist ein relativ schwacher Transkriptionsfaktor, dessen Aktivität durch eine Reihe von Koaktivatoren
und Korepressoren reguliert wird. Die Liste dieser Kofaktoren ist
lang und reicht von relativ gewebsspezifischen Faktoren wie Myocardin23 bis hin zu Faktoren mit einer Vielzahl von (patho)physiologischen Funktionen wie NF-B oder GSK-3. Zudem unterliegt
der SRF sowohl epigenetischer Regulierung und wird auch posttranslational modifiziert (Phosphorylierung, Azetylierung, Sumoylierung). Diese Modifikationen wirken sich wiederum auf die Bindungsaffinität von SRF zu den Koaktivatoren und Korepressoren
aus. Nach aktuellem Wissensstand können VSMCs somit auf mehreren, unterschiedlichen Differenzierungswegen gebildet werden.
ZUSAMMENFASSUNG: Die Gefäßwand des arteriellen Gefäßbaums
ist kein homogenes Gewebe uniformen Ursprungs, sondern wird
aus einer Reihe von völlig unterschiedlichen Vorläuferzellen gebildet. Diese wiederum unterliegen einer Vielzahl von systemisch
zirkulierenden als auch lokal anzutreffenden Einflüssen. Die in
der Klinik zu beobachtenden Unterschiede in der Neigung zur
vaskulären Kalzifizierung sind somit bei näherer Betrachtung wenig
überraschend. Die arterielle Gefäßwand ist ein Mosaik.
■
Conflicts of interest: keine.
2001; 38 (4): 938–42
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10
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17
Renale Anämie | TOPICS
NEPHRO Script
uu
In
den letzten Jahren wird die Therapie der renalen Anämie mit Erythropoetinen
(ESAs) sowie Eisen kritisch hinterfragt.
uu
Nach den Hinweisen auf ein schlechteres kardiovaskuläres Outcome bei Ziel-HbSpiegeln > 13 g/dl werden heute niedrige Hb-Spiegel und niedrigstmögliche ESA-Dosen
empfohlen.
uu
Zum rezenten Trend einer höheren Eisendosierung ist anzumerken, dass der Langzeiteffekt
der i. v. Eisensubstitution auf das klinische Outcome bis jetzt noch nicht ausreichend untersucht worden ist.
uu
An alternativen therapeutische Optionen in der Anämietherapie werden derzeit Pentoxifyllin
oder neue Substanzen wie HIF-1-Inhibitoren beforscht.
Trends in der Behandlung
der renalen Anämie
B
ei chronischen Nierenerkrankungen (Chronic Kidney Disease
– CKD) entwickelt sich eine Anämie typischerweise, wenn
die glomeruläre Filtrationsrate unter 30 ml/min/1,73 m² fällt.
Neben der Eisenmangelanämie, die sich in 50–60 % der Patienten
findet, ist eine reduzierte Erythropoetin-Produktion als Ursache
anzusehen. Zusätzlich kommt es zu einer Verkürzung der Überlebenszeit der Erythrozyten sowie zu einem verminderten Ansprechen auf Erythropoetin. Eine renale Anämie ist sehr wohl assoziiert
mit einem erhöhten Risiko kardio- und zerebrovaskulärer Ereignisse1, 2 allerdings wird zur Therapie mit Erythropoetinen (ESAs)
sowie Eisen in den letzten Jahren kritisch hinterfragt, ob eine therapeutische Intervention zur Reduktion der kardiovaskulären Mortalität beiträgt (Studien CREATE, CHOIR, TREAT)2–4.
Wendepunkt TREAT
Im Jahr 2009 wurde die TREAT-Studie (Trial to Reduce cardio­
vascular Endpoint with Aranesp Therapy) veröffentlicht, die das
klinische Outcome der Verwendung von Darbepoetin alfa bei
Patienten mit CKD 3–5 und Typ-2-Diabetes evaluierte.4 Es war
die erste placebokontrollierte ESA-Therapiestudie, und es wurden
mehr als 4.000 Patienten eingeschlossen. Das Ziel, dass es zu einer
Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse in der Gruppe kommt,
welche ein Hämoglobin von 13 g/dl anstrebt, wurde nicht erreicht.
Im Gegenteil, es kam zu einem 2-fachen Anstieg der Schlaganfallrate sowie zu einem höheren Mortalitätsrisiko bei Patienten
mit Tumoranamnese. TREAT war neben den früheren Studien
CHOIR und CREATE sicherlich die Studie, die einen dramatischen Wechsel in der klinischen Praxis zur Behandlung der renalen Anämie gebracht hat. Es wurden niedrige Hämoglobinspie32
Dr. Andras T. Deak
Univ.-Prof. Dr.
Alexander Rosenkranz
Klinische Abteilung für Nephrologie, Universitätsklinik für Innere Medizin,
Medizinische Universität Graz
gel (9–11 g/dl), wie von der FDA empfohlen, angestrebt (FDA
drug safety communication: modified dosing recommendations
to improve the safe use of erythropoiesis-stimulating agents in
CKD; http://www.fda.gov/Drugs/DrugSafety/ucm259639.htm), und
es wurde die Empfehlung umgesetzt, die niedrigstmögliche ESADosis zu verwenden (gerade noch ausreichend, um Bluttransfusionen zu vermeiden)5. Es kam somit zu einer Reduktion der
ESA-Verschreibungen in den USA um über 30 %6, und das Hämoglobin fiel im Schnitt um 0,6 g/dl6. In einer rezenten Arbeit
von Tammer und Mitarbeitern bei Patienten mit CKD 3 und 4
wurde dieser deutliche Rückgang der ESA-Verschreibung ebenso
wie der ESA-Dosis nach TREAT erstmals auch dokumentiert. Es
fand sich eine 25%ige Abnahme der ESA-Dosis über 2 Jahre nach
Publikation von TREAT im Vergleich zum Zeitpunkt vor Studienveröffentlichung.6 Gleichzeitig kam es zur Zunahme der alternativen therapeutischen Strategien (wie zum Beispiel Individualisierung der ESA-Therapie oder Eisentherapie, siehe unten).
TOPICS | Renale Anämie
Personalisiertes Anämiemanagement
Eine solche alternative Lösung war der Versuch, eine individualisierte ESA-Dosierungsstrategie einzuführen.7 Ziel ist es, die Hämoglobinvariabilität, von der man weiß, dass sie ebenfalls mit
erhöhter Mortalität vergesellschaftet ist, zu verringern, und so ein
besseres Outcome zu erzielen. In einer rezenten Arbeit wurde ein
Computermodell verwendet (Smart Anemia Manager). Basierend
auf einem Algorithmus wurde dem Patienten eine entsprechende
ESA-Dosis über den Computer vorgeschrieben. Interessanterweise
konnte in der computergestützten Therapie die Variabilität für
das Hämoglobin deutlich reduziert werden. Ebenso konnte die
Notwendigkeit für Bluttransfusionen reduziert werden. Allerdings
wurde dies nur in einem relativ kleinem Sample gezeigt, es war
eine Single-Center-Untersuchung, und es wird schwierig sein,
dies auf eine größere Population umzusetzen. Es wird jedoch eine
entsprechende Multicenter-Studie angedacht.7
Die (kontroversielle) Rolle der
Eisensupplementation
Vorwegzuschicken ist, dass mit den rezenten Trends einer höheren
Eisendosierung unter Umständen der gleiche Fehler begangen
wird wie in der ESA-Therapie. Es ist anzumerken, dass die Studien im Bereich der Eisentherapie sicher noch nicht das Gewicht
der ESA-Therapie-Studien aufweisen (randomisiert, placebokontrolliert). Basierend auf den KDIGO-Leitlinien (Kidney Disease
Improving Global Outcomes) sollte die Eisensubstitution gemeinsam mit einer Reduktion der ESA-Dosis dann durchgeführt werden, wenn die Transferrin-Sättigung unter 30 % und/oder Ferritin unter 500 ng/ml betragen.8 Es ist bekannt, dass eine Eisendefizienz bei über 50 % der Patienten mit CKD 3–5 auftritt und
die häufigste Ursache für die ESA-Hyporesponsiveness darstellt.9
Intravenöse Eisengabe scheint dies zu verbessern und führt zu
höheren Hämoglobinspiegeln und einer verminderten ESA-Dosis.10, 11 Bei Hämodialysepatienten ist die bevorzugte Eisensubstitution intravenös.12, 13 Der Benefit der intravenösen Eisenadministration im Vergleich zur oralen wurde rezent in der FINDCKD-Studie beschrieben14, welche zusätzlich auch analog zur
TREAT-Studie ein vergleichbares Studiendesign verwendet4, 15.
Bei dieser multizentrischen, prospektiven, randomisierten Studie
mit über 600 Patienten wurden 3 Behandlungsgruppen untersucht, eine Gruppe erhielt eine orale Eisentherapie, die anderen
2 erhielten Carboxymaltose für 56 Wochen, mit einem Zielspiegel für Ferritin 100–200 ng/ml bzw. in der letzteren Gruppe
400–600 ng/ml. Patienten mit dem Hochziel für Serumferritin
stiegen schneller mit ihrem Hämoglobinspiegel an und ESA-Behandlung oder alternatives Anämiemanagement mussten erst später eingesetzt werden. Bei einer weiteren Studie der Autoren der
FIND-CKD-Studie wurde auch ein Head-to-Head-Vergleich
zwischen 2 verschiedenen intravenösen Eisenproduktionen untersucht.16 Hier fand sich kein Unterschied zwischen Ferumoxytol und Eisensucrose. Trotzdem sollte an dieser Stelle auch eine
NEPHRO Script
Warnung ausgesprochen werden. Neben den bekannten Nebenwirkungen wie allergischen Reaktionen9, 17 weisen Daten aus Beobachtungsstudien auf eine Akzeleration der Progression der CKD
zu terminaler Niereninsuffizienz mit prämaturer Mortalität hin.18
Eine rezente prospektive Multicenter-Studie zeigte eine Assoziation
zwischen erhöhten Ferritinspiegeln und erhöhter Mortalität sowie
erhöhtes Risiko für zerebrovaskuläre und kardiovaskuläre Ereignisse
sowie Infektionen bei Hämodialysepatienten.19 Interessanterweise
zeigte diese Studie ähnlich zu Arbeiten über Hämoglobinvariabilität, dass auch hohe Fluktuationen für Ferritin mit einer höheren
Mortalität vergesellschaftet sind bzw. dass auch Patienten mit hohen
intravenösen Eisendosen eine höhere Ereignisrate aufweisen.19 In
einer retrospektiven Arbeit mit über 32.000 Hämodialysepatienten
(DOPPS-Studie) fand sich eine erhöhte Mortalität und Hospitalisierungsrate bei Patienten, die mehr als 300 mg Eisen/Monat erhielten.20 Trotzdem muss gesagt werden, dass der Langzeiteffekt
der i. v. Eisensubstitution und ein Auswirken auf das klinische
Outcome bis jetzt noch nicht ausreichend untersucht worden sind.
Neueste Strategien: HERO und DOLOMITES
Solange es noch keine tief gehenden Analysen der intravenösen
Langzeit-Eisensubstitution bei CKD-Patienten gibt, sollten auch
andere therapeutische Optionen in der Anämietherapie überlegt
werden. Rezent wurden und werden neue Herangehensweisen
zur Behandlung der renalen Anämie wie zum Beispiel die Gabe
von Pentoxifyllin (HERO-Trial – Handling Erythropoetin Resis­
tance with Oxpentifyllin) in einer kleinen placebokontrollierten
Studie evaluiert.21 Über 4 Monate wurden 400 mg/Tag Pentoxifyllin verabreicht, welches die Hämoglobinkonzentrationen im
Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant erhöhte (im Mittel um
0,76 g/dl). Allerdings konnte diese Studie keine Verbesserung der
ESA-Resistenz aufzeigen. Vom ökonomischen Aspekt her wurde
gezeigt, dass 8 % weniger ESA verbraucht wurde. Dies entspricht
2.800 US-Dollar Ersparnis beim Patienten pro Jahr.21
Neben Pentoxifyllin wird gerade eine neue Substanz, nämlich
FG-4592, ein Hypoxia-inducible-Faktor-(HIF)-ProlylhydroxilaseHemmer im Rahmen der DOLOMITES-Studie untersucht (http://
clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT02021318?term=Dolomite&rank=2).
Hier sind auch österreichische Zentren in diese Multicenter-Studie involviert. Ziel der Studie ist es, den direkten Vergleich der
Effektivität und Sicherheit in der Anämiebehandlung mit Darbopoetin zu erzielen. Es wird erwartet, dass die Studie im Jahr
2017 komplettiert sein wird.
ZUSAMMENFASSEND kann festgehalten werden, dass die Behand-
lung der renalen Anämie mit ESAs im Rahmen der Nephrologie
die am besten abgesicherte Evidenz aufweist und im Gegensatz zur
Hypothese, dass eine Normalisierung des Hämoglobins auch zu
einer Normalisierung der Lebenserwartung führt, sich nicht bewahrheitet hat. Im Gegenteil, es kam zu einer höheren Komplikationsrate.
Daher muss für neue Anämietherapien, wie zum Beispiel die Verwendung von Eisen, angemerkt werden, dass hier nicht der ˘
33
Renale Anämie | TOPICS
NEPHRO Script
gleiche Fehler wie in der ESA-Therapie gemacht werden soll: der
Einsatz einer Hochdosis-Langzeittherapie mit alleiniger Überprüfung
klinischer Laborparameter ohne klinisch signifikante Endpunkte
wie Mortalität. Diese Studien gilt es durchzuführen und abzuwarten.
Aus diesem Grund werden Daten zu neuen Substanzen, wie zum
Beispiel HIF-1-Inhibitoren, mit großer Spannung erwartet. ■
Locatelli F., Pisoni R.L., Combe C., Bommer J., Andreucci V.E., Piera L., Greenwood R.,
Feldman H.I., Port F.K., Held PJ..: Anaemia in haemodialysis patients of five European
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3
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disease and anemia. N Engl J Med 2006; 355 (20): 2071–2084
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Fachkurzinformation siehe Seite 45
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11
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With CKD: The Handling Erythropoetin Resistance With Oxpentifylline (HERO) Trial.
Am J Kidney Dis 2014
10
34
TOPICS | Transplantation
NEPHRO Script
uu
Die
Aktivierung des Komplementsystems ist als mögliche Ursache für einen
Gewebeschaden nach Organtransplantation in Betracht zu ziehen.
uu
Der monoklonale, humanisierte Antikörper Eculizumab bindet die Komplementkomponente C5 und hemmt so eine terminale Komplementaktivierung.
uu
Für Eculizumab, das bereits bei paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie (PNH) und beim
hämolytisch-urämischen Syndrom (aHUS) eingesetzt wird, gibt es aus Fallberichten und einer
unkontrollierten prospektiven Studie erste Hinweise für eine Effizienz in der Prophylaxe und
Therapie der Antikörper-mediierten Transplantatabstoßung (AMR).
Eculizumab und Transplantatabstoßung
D
ie Aktivierung des Komplementsystems – ein wesentlicher
Bestandteil der angeborenen Immunität – ist als mögliche
Ursache für einen Gewebeschaden nach Organtransplantation in Betracht zu ziehen. Der innovative therapeutische Ansatz
der direkten Blockade einer Komplementaktivierung, um einem
solchen Schaden entgegenzuwirken, wird derzeit in klinischen
und experimentellen Studien untersucht.
C5-Antikörper Eculizumab
Eculizumab ist ein monoklonaler, humanisierter (muriner) Antikörper, der gegen die Komplementkomponente C5 gerichtet ist
(Stegall et al., Nat Rev Nephrol 2012; 8 [11]: 670).
Fachkurzinformation siehe Seite 45
Wirkmechanismus: Bindung dieses Antikörpers an C5 hemmt
dessen enzymatische Spaltung (Effekt der C5-Konvertase) in C5a
und C5b und damit die Formation des terminalen Komplementkomplexes C5b-9 (Membrane Attack Complex – MAC). Die
Insertion dieses Komplexes in die Zellmembran, z. B. einer Endothelzelle, ist das Endresultat einer Komplementaktivierung über
verschiedene Pfade, wie den (Antikörper-mediierten) klassischen
oder den alternativen Weg. Neben diversen zellulären Effekten
des MAC (bis hin zur Zytolyse) triggert die Freisetzung des Anaphylatoxins C5a lokale Inflammation. Eine Hemmung von C5
wirkt daher einer Endothelschädigung und Inflammation entgegen. Das Prinzip einer klassischen, durch Spender-spezifische
HLA-Antikörper ausgelösten Komplementaktivierung bis hin zum
terminalen Komplex sowie der Wirkmechanismus von Eculizumab
ist in der Abbildung 1 schematisch illustriert. Diese Abbildung
veranschaulicht auch, dass frühere Schritte der Komplementaktivierung, z. B. die Bildung der C3-Konvertase, die Aktivierung
der Schlüsselkomponente C3 und damit der C5-Konvertase, die
Freisetzung des Anaphylatoxins C3a und nicht zuletzt die endo-
Dr. Farsad Eskandary
ao. Univ.-Prof. Dr.
Georg A. Böhmig
Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Universitätsklinik für Innere
Medizin III, Medizinische Universität Wien
theliale Ablagerung des Komplementspaltprodukts C4d (ein Marker für Antikörper-mediierte Abstoßung) durch C5-Blockade nicht
gehemmt werden (Abb. 1).
Einsatz bei PNH und aHUS: Eculizumab ist schon seit längerem in
der Therapie der paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie
(PNH) im Einsatz, einer Erkrankung, bei der eine Defizienz bestimmter Oberflächenmoleküle, eben auch Komplement-regulatorischer Proteine auf Erythrozyten (z. B. CD59), zu einer hämolytischen Komplement-induzierten Anämie führt (Heitlinger,
Blood Rev 2013, Suppl. 1: S1). In den letzten Jahren hat sich
auch gezeigt, dass dieser Antikörper in der Therapie des atypischen
hämolytisch-urämischen Syndroms (aHUS) sehr effektiv sein
dürfte (Legendre et al., N Engl J Med 2013; 368 (23): 2169).
Hier konnte auch für Nierentransplantierte gezeigt werden, dass
Eculizumab rekurrente Episoden eines aHUS abfangen kann und
eine prophylaktische Gabe bei bekanntem aHUS eine Rekurrenz
dieser Erkrankung verhindern dürfte (Zuber et al., Am J Transplant 2012, 12 [12]: 3337). Mittlerweile ist Eculizumab für die
Therapie des aHUS im europäischen Raum und auch in Österreich zugelassen.
˘
35
Transplantation | TOPICS
NEPHRO Script
C3a
C3
C5
Eculizumab
C1-Komplex
HLA Ab
HLA
C3-Konvertase
(C4b2a)
C4d
C5-Konvertase
(C4b2a3b)
C5a
Endothelzellen
MAC
(C5b-9)
C5b
Nach Bindung von Alloantikörpern an endothelial exprimierte HLA-Antigene lagern
sich C1-Komplexe an, die die Formation der Oberflächen-gebundenen C3-Konvertase
(C4b2a) triggern. Ihre enzymatische Aktivität spaltet C3 in C3a, ein proinflammatorisches Anaphylatoxin, und C3b. Eine Inaktivierung der C3-Konvertase durch eine
weitere Fragmentierung von C4b führt zur Bildung des kleinen Fragments C4d, das
als Marker einer Komplementaktivierung entlang der Transplant-Kapillaren immunhis­
tologisch gut nachweisbar ist. C3b formiert im Weiteren gemeinsam mit C4b und C2a
die C5-Konvertase. Diese spaltet dann C5 in das Anaphylatoxin C5a und C5b, ein essenzieller Bestandteil des terminalen Komplexes (Membrane Attack Complex –
MAC). Die C5-Spaltung wird durch den Anti-C5-Antikörper Eculizumab blockiert.
Abb. 1: Alloantikörper-mediierte klassische Komplement­aktivierung und
Wirkmechanismus von Eculizumab
Rolle der Komplementaktivierungs-Blockade
bei Transplantatabstoßung
Betrachtet man die Pathophysiologie einer Abstoßungsreaktion,
so gibt es mehrere Indizien für eine mögliche Rolle einer Komplementaktivierung als Trigger eines Transplantatschadens (Stegall
et al., Nat Rev Nephrol 2012, 8 [11]: 670). Lange bekannt ist,
dass präformierte Komplement-aktivierende Antiköper gegen
Spenderalloantigene (positives zytotoxisches Crossmatch) schwere
hyperakute Abstoßungskrisen verursachen können (Patel & Terasaki, New Engl J Med 1969; 280 [14]: 735). Eine Bedeutung
Komplement-aktivierender Anti-HLA-Alloantikörper wird durch
neuere Analysen unterstrichen, die zeigen, dass der In-vitro-Nachweis einer klassischen Komplementaktivierung mittels subtiler
diagnostischer Tests (z. B. Luminex-basierter Nachweis einer Anlagerung der frühen Schlüsselkomponente C1q an HLA-Antigengebundene Anti-HLA-Antikörper) nach Nierentransplantation
mit besonders ungünstigem Transplantatüberleben assoziiert ist
(Lefaucheur et al., New Engl J Med, 2014; 370 [1]: 85). Nicht
zuletzt ist, wie in vielen Studien gezeigt, der bioptische Nachweis
einer Komplementaktivierung in vivo mittels Immunhistologie
(Ablagerung des Komplementspaltprodukts C4d entlang der
Transplantat-Endothelzellen) mit ungünstigem Transplantat­
überleben und den typischen morphologischen Veränderungen
einer AMR, wie Inflammation in der Mikrozirkulation, assoziiert
(Mauiyyedi et al., J Am Soc Nephrol 2002; 13 [3]: 779; Böhmig
et al., J Am Soc Nephrol 2002; 13 [4]: 1091). All diese Ergebnisse
lassen auf den ersten Blick auf eine wichtige gewebsschädigende
Wirkung einer klassischen Komplementaktivierung schließen.
36
Allerdings ist die Situation wohl nicht ganz so simpel. Immer
mehr kristallisiert sich auch heraus, dass AMR nicht notwendigerweise mit Zeichen einer Komplementaktivierung (C4d+) einhergehen muss (C4d-negative AMR als neue Entität in der BanffKlassifikation; Haas et al., Am J Transplant 2014; 14 [2]: 272).
Diverse Tiermodelle konnten zudem nicht eindeutig eine Kausalität zwischen Antikörper-mediierter Komplementaktivierung
und einem Transplantatschaden beweisen (Csencsits et al., Am J
Transplant 2008; 8 [8]: 1622; Hirohashi et al., Am J Transplant
2010; 10 [3]: 510). Ein besonders eindrucksvoller Befund ist
schließlich, dass nach ABO-Blutgruppen-inkompatibler Transplantation Isoagglutinine eine C4d-Ablagerung, in der Regel aber
ohne jegliches morphologische Korrelat im Sinne einer Läsion
und aber auch keine Funktionseinschränkung bedingen, also eine
frühe Komplementaktivierung ohne Schaden ev. sogar als Indikator stabiler Funktion angesehen werden kann (Haas et al., J Am
Soc Nephrol 2009; 20 [1]: 197; Cohen et al., Kidney Int 2012;
81 [7]: 628). Insgesamt kann also aus experimentellen und klinisch-pathologischen Studien nicht unbedingt eine Effizienz einer
gezielten Komplementblockade abgeleitet werden. Umso spannender sind daher die Ergebnisse erster Anwendungen einer solchen Therapie im Kontext humoraler Transplantatabstoßung.
Erste Ergebnisse zur klinischen Anwendung
von Eculizumab
Eculizumab in der Abstoßungsprävention bei Crossmatch-positiver
Lebendnierentransplantation: Wegweisend ist eine unkontrollierte
prospektive monozentrische Studie (Mayo Clinic, Rochester, USA;
ClincalTrials.gov Number NCT006707; Stegall et al., Am J Transplant 2011; 11: 2405), in der die Effizienz von Eculizumab in der
Abstoßungsprävention bei Crossmatch-positiver Lebendnierentransplantation untersucht wurde. In dieser Studie, die hier etwas
ausführlicher beschrieben werden soll, wurde Eculizumab als Teil
einer Desensibilisierungstherapie eingesetzt. Das Therapieschema
ist in Abbildung 2 illustriert. Inkludiert wurden 26 Patienten mit
positivem durchflusszytometrischem Crossmatch, einer sensitiven
Crossmatch-Variante, wobei Crossmatch-Intensitäten nur bis zu
einem gewissen Grad akzeptiert wurden, um das Risiko in Grenzen zu halten („Channel shift“: < 450 und > 200). Patienten mit
höheren Intensitäten innerhalb dieses Bereichs wurden vor Transplantation mit Plasmapherese behandelt, um den Antikörper-Load
zu verringern (Zielwerte < 300). Bei einem Patienten konnte dieses Ziel nicht erreicht werden und die Transplantation wurde
nicht durchgeführt. Nach Transplantation erfolgten bei den meisten Patienten keine Plasmapherese-Behandlungen mehr. Unmittelbar vor Transplantation wurde eine erste Infusion mit Eculizumab begonnen, die dann nach erfolgter Transplantation seriell weitergeführt wurde (Abb. 2). Die Dauer der Therapie orientierte
TOPICS | Transplantation
NEPHRO Script
sich dabei am Verlauf der Crossmatch-Intensität nach Transplantation. Das Follow-up war mit 12 Monaten noch relativ kurz,
weshalb auch eine Beurteilung der zu erwartenden Langzeitergebnisse nicht möglich ist. Verglichen wurden die Ergebnisse mit
den Daten aus einem historischen Kollektiv, das mittels Zentrumstandard desensibilisiert wurde (Plasmapherese vor und nach
Transplantation).
Die ersten Ergebnisse waren eindrucksvoll. Die AMR-Rate war
sehr gering (2/26 Patienten, 7,7 %; historische Kontrolle: 41 %).
Auffallend dabei war, dass unter Komplementblockade, nicht unerwartet, bei vielen Patienten sehr hohe Spiegel spenderspezifischer
Antikörper (DSA) nachweisbar waren (mit einer C4d-Ablagerung
in Protokollbiopsien assoziiert), jedoch blieben diese ohne jeglichen Hinweis auf eine Abstoßungsreaktion. Aufgrund einer Persistenz potenziell deletärer DSA wurde die Eculizumab-Therapie
bei 2 Patienten ein Jahr fortgeführt. Zwei AMR-Episoden konnten erfolgreich mit Plasmapherese therapiert werden. Die Autoren
berichten über einen Fall chronischer Abstoßung sowie über einen
Todesfall nach > 2 Jahren (Burkitt-Lymphom).
Insgesamt also ein spannendes Ergebnis. Allerdings muss man
sich im Klaren sein, dass das Follow-up noch relativ kurz ist, um
den tatsächlichen Effekt auf chronische Abstoßung und Langzeitüberleben zu erfassen. Ebenso mag das immunologische Risiko
in der behandelten Kohorte limitiert sein (sensitives durchflusszytometrisches Crossmatch; absolute Werte einer Bindungsintensität sind aufgrund von Zentrumsvariabilitäten schwer interpre-
tierbar). Von derselben Arbeitsgruppe im Rahmen der WTC 2014
in San Francisco präsentierte Daten (Abstract Nr. 2250) legen
aber zumindest nahe, dass Eculizumab in diesem Kollektiv nicht
in der Lage war, bei Vorliegen von persistierend hohen DSA einen
chronischen Transplantatschaden zu verringern, obwohl diese Patientengruppe aufgrund des hohen Risikos auch am längsten eine
Therapie mit Eculizumab erhielt.
Eculizumab zur Behandlung von chronischer AMR: Ebendort wur-
den auch interimistische Ergebnisse einer randomisierten Studie
(NCT01327573) von der Gruppe um Sanjay Kulkarni der Yale
University (Abstract Nr. 704) zur Behandlung von chronischer
AMR mittels Eculizumab für 6 Monate (n = 6) oder in Kontrollen ohne Therapie (n=4) bei Patienten mit De-novo-DSA und
Transplantatfunktionsverschlechterung präsentiert. Für die eGFRTrajektorien (primärer Endpunkt) konnte bei allen mit Eculizumab
behandelten Patienten eine Stabilisierung nach 6 Monaten gezeigt
werden (Fallzahlberechnung nicht angegeben), während 3 der 4
Kontrollen in diesem Zeitraum das Stadium ESRD erreichten.
Eine Nachbeobachtung über weitere 6 Monate von 5 der mit
Eculizumab behandelten Patienten zeigte jedoch nach Absetzen
der Therapie eine wiederkehrende Funktionsverschlechterung des
Transplantates.
Mögliche Ursachen für AMR trotz Eculizumab-Gabe: Ganz rezent
wurde eine Studie wiederum aus der von der Mayo-Clinic
˘
Tab. 1: Fallberichte – Eculizumab in der Therapie akuter Antikörper-mediierter Abstoßung
Erstautor
(Jahr)
Anzahl
(Barriere)
Organ
Desensibilisierung AMR
Eculizumab Sonstige Therapie
Outcome
Locke
(2009)
1 (FCXM+,
DSA+)
Niere
(Lebend)
PP, IVIG
C4d+, TMA
1x
PP, IVIG, Ritux
Ansprechen
Tod (Sepis)
Lonze
(2010)
1 (FCXM+,
DSA+)
Niere
(Lebend)
IVIG, Ritux,
Bortezomib, PP
C4d+
8x
-
Ansprechen
Biglarnia
(2011)
1 (ABO-i)
Niere/Pankreas
(Leiche)
IA, Ritux
C4d+
2x
-
Ansprechen
Stewart
(2012)
1 (ABO-i)
Niere
(Lebend)
PP, IVIG, Ritux
7x
Splenektomie,
PP/IVIG
Ansprechen
González-R.
2 (CX-negativ)
(2012)
Niere
(Lebend/Leiche) keine
Fall 1: C4d+
Fall 2: C4d+, TMA
1x
PP, IVIG, Ritux
Ansprechen
Ansprechen
Noone
(2012)
1 (DSA+)
Niere
(Leiche)
IVIG
C4d+, TMA
2x
(CFHR3/1 Deletion)
PP, IVIG, Ritux
Kocak
(2013)
2 (DSA+)
Niere
(Lebend)
PP, IVIG
Fall 1: C4d+, TMA
Fall 2: C4d+
Fall 1: 5x
Fall 2: 4x
IVIG, PP, Ritux (Fall 1:­ Ansprechen
Alemtuzumab)
Ghirardo
(2014)
1 (DSA+)
Niere
(Leiche)
PP, IVIG, Ritux
C4d+
15x
PP, IVIG
Ansprechen
Burbach
(2014)
2 (Fall 1: aHUS Niere
Fall 2: DSA+)
(Leiche)
Fall 1: 2a*
Fall 2: 7 Mo
Fall 1: PP,
IVIG, Ritux
kein Effekt
Fall 1: PP/IVIG
Fall 1: C4d–
Fall 2: Bortezomib, Fall 2: C4d–
IVIG, Ritux, IA
Abkürzungen: ABO-i = ABO-incompatible; AMR = Antibody-mediated Rejection; CX = Crossmatch; DSA = Donor-spezifischer Antikörper; FCXM = Flow Cytometric Crossmatch;
IA = immunoadsorption; IVIG = intravenöses Immunglobulin; PP = Plasmapherese; Ritux = Rituximab; TMA = thrombotische Mikroangiopathie * Eculizumab wurde aufgrund einer
aHUS-Rekurrenz Monate vor dem Auftreten der AMR begonnen und kontinuierlich weitergeführt
37
Transplantation | TOPICS
NEPHRO Script
ATG. Tacrolimus-basierte Immunsuppression
B-Zell-FCXM:
MFI < 200:
Stopp
Prä-Tx PP
B-Zell-FCXM:
MFI < 200:
Stopp
Weeks
0 123456789 11 13
600
1.200 6006006001.200 1.200
1.2001.200 mg jede 2. Woche
Eculizumab (mg)
• niedrige Rate früher AMR (2/26), 100 % 1-Jahres-Tx-Überleben
• Post-Tx DSA-Anstieg und C4d-Ablagerung
• Langzeitergebnisse? Chronische Abstoßung?
Bei den ersten Patienten wurden auch postoperative Plasmapheresebehandlungen
durchgeführt.
FCXM = durchflusszytometrisches Crossmatch
Nach: Stegall et al., Am J Transplant 2011; 11: 2405
Abb. 2: Schematische Darstellung des in einer prospektiven Studie (Mayo Clinic)
untersuchten Eculizumab-basierten Desensibilisierungsprotokolls bei Crossmatchpositiver Lebendspende-Nierentransplantation
stammenden Arbeitsgruppe um Mark Stegall publiziert, in der
im zuvor beschriebenen Kollektiv mögliche Ursachen für AMR
trotz Eculizumab-Gabe untersucht wurden (Bentall et al., Transplant Int, in press; Böhmig & Eskandary [invited commentary],
Transplant Int, in press). In einer detaillierten serologischen Analyse fanden die Autoren als auffälligsten Befund bei Patienten mit
früher Abstoßung und auch bei einem Patienten mit dem Befund
einer chronischen Transplantatabstoßung die Bildung von DSA
vom Typ IgM. Kein Unterschied fand sich hingegen bzgl. IgGDSA. Die Autoren diskutieren unter anderem eine mögliche Rolle
einer IgM-induzierten C3-Aktivierung und Wirkung von C3Aktivierungsprodukten, ein Effekt, der durch terminale Komplementblockade ja nicht verhindert werden kann.
Eculizumab zur Therapie akuter Antikörper-mediierter Abstoßung: Während für die Abstoßungsprävention mit Eculizumab
eine prospektive Studie veröffentlicht ist, sind für die Therapie
etablierter humoraler Abstoßungskrisen nur anekdotische Berichte
publiziert (Tab.). Fallberichte illustrieren eine Effizienz einer Komplementblockade in einigen Fällen therapierefraktärer AMR. Eculizumab wurde entweder als alleinige Therapie, als Bridging für
den Start B-Zell-depletierender Therapien oder in Kombination
mit anderen therapeutischen Maßnahmen, wie Plasmapherese,
intravenöses Immunglobulin (IVIG) oder Rituximab, eingesetzt.
Wenn auch solche Berichte eine Wirksamkeit von Eculizumab bei
akuter AMR nahelegen, so hat sich gezeigt, dass in manchen Fällen Abstoßungen therapierefraktär sein können. Bemerkenswert
sind in diesem Zusammenhang 2 berichtete Fälle einer C4d-ne38
gativen AMR, die nicht auf Eculizumab ansprachen, ein indirekter
Hinweis auf eine Bedeutung Komplement-unabhängiger Abstoßungsmechanismen (Burbach et al., Transplantation, in press).
Eigene Erfahrungen
Die Erfahrung mit dem Einsatz von Eculizumab bei AMR beschränkt sich an unserem Zentrum auf einen einzigen, wenn auch
sehr ungewöhnlichen Fall. Hier handelt es sich um eine 32-jährige
Patientin mit der Grunderkrankung eines aHUS (krankheitsassoziierte Variante des solublen komplementregulierenden Faktors
H und des membranständigen Faktors MCP), die im Oktober
2013 ein Leichenspende-Nierentransplantat unter präemptivem
Plasmaaustausch erhielt. Die Plasmabehandlung musste allerdings
aufgrund einer schweren Unverträglichkeitsreaktion kurz nach
Transplantation beendet werden. Die Nierenfunktion besserte
sich aber dennoch rasch. Nach einer Woche kam es allerdings zu
einem prompten Kreatinin-Anstieg mit allen klinischen und laborchemischen Zeichen einer aHUS-Rekurrenz. Bioptisch wurde
tatsächlich eine thrombotische Mikroangiopathie (TMA) verifiziert, allerdings zeigte sich auch das Vollbild einer C4d-positiven
AMR. Retrospektiv fand sich als wahrscheinlicher Trigger tatsächlich ein präformierter hochtitriger HLA-Antikörper (Durch
eine Schwangerschaft prä-Transplant getriggert?) gegen das Spenderantigen HLA B44. Mit der Spekulation eines Alloantikörpergetriggerten aHUS-Rezidivs initiierten wir eine kurze Serie von
Immunadsorptionsbehandlungen (Protein A), um den DSA zumindest vorübergehend zu reduzieren, gefolgt von einer Therapie
mit Eculizumab, mit der Idee, eine C5-Aktivierung infolge klassischer plus alternativer Komplementaktivierung zu hemmen.
Unter dieser Therapie kam es tatsächlich zu einer raschen Besserung der Nierenfunktion. Zwei Protokollbiopsien, die unter laufender Eculizumab-Therapie durchgeführt wurden, zeigten eindrucksvollerweise eine normale Morphologie. Interessanterweise
kam es im weiteren Verlauf zu einem progredienten Abfall der
Intensität des nachgewiesenen DSA. Unklar bleibt, ob eine weitere Fortführung der Therapie nötig sein wird. Erst kürzlich wurde
ein verwandter Fall einer AMR, die ebenfalls mit einer TMA assoziiert war, berichtet. Auch bei diesem Patienten bestand eine
aHUS-assoziierte genetische Variante (Complement Factor Hrelated Protein 3/1 [CFHR3/1], das in der Komplementregulation
auf Ebene von C5 eine Rolle spielt), und wie in unserem Fall,
konnte diese AMR-Variante mit Eculizumab effizient behandelt
werden (Noone et al., Am J Transplant 2012 Sep;12 [9]: 2546).
ZUSAMMENFASSEND lässt sich sagen, dass Eculizumab eine in-
teressante Strategie für die Prävention und Therapie der Antikörper-mediierten Abstoßung nach Organtransplantation darstellt. Die tatsächliche Effizienz und der optimale Einsatz in der
Allotransplantation muss allerdings in systematischen Studien
gezeigt werden.
■
TOPICS | Hämodialyse
NEPHRO Script
uu
Die
Onlineherstellung der Substitutionslösung macht die HDF im Vergleich zur
k­ lassischen HDF mit Substituat aus Beuteln praktikabel und kostengünstiger.
uu
Es gibt Hinweise für einen Überlebensvorteil bei HDF im Vergleich zur Hämo­
dialyse, wenn hohe Konvektionsvolumina erzielt werden.
uu
Auch nach 3 großen Studien steht der Beweis für eine Überlegenheit der Methode gegenüber der konventionellen Dialyse noch aus.
Kann die höhere Dialyseeffizienz das Patientenüberleben verbessern?
HDF-Evolution in der Dialyse
I
m Jahr 1945 gelang dem Niederländer Willem Kolff
HEMO-Studie1, an der über 1.800 Patienten teilnahdie erste erfolgreiche Dialysebehandlung: Eine Patimen, wurde allerdings kein Unterschied in Hinblick
entin mit akutem Nierenversagen wurde eine Woche
auf die Mortalität zwischen High-Flux- und Lowlang dialysiert und konnte mit normaler NierenfunkFlux-Dialyse gefunden.
tion wieder entlassen werden. Damit war der wesentEine weitere Effizienzsteigerung in der Entfernung höliche Grundstein für eine der bedeutendsten Entwickhermolekularer Substanzen stellt die Hämodiafiltration
lungen in der Nephrologie gelegt.
(HDF) dar. Bei diesem Verfahren erfolgt eine KomPriv.-Doz.
Seit dieser ersten erfolgreichen Dialysebehandlung kam
bination aus Diffusion und Konvektion. Die Idee ist
Dr. Matthias Lorenz
es zu einer stetigen Weiterentwicklung des Verfahrens:
es, durch höhere Ultrafiltrationsvolumina eine VerDialysezentrum Wien
Sowohl die Sicherheit der Behandlung als auch die
besserung der Clearance von Mittelmolekülen zu erDonaustadt
Effizienz der Entgiftung wurden kontinuierlich verzielen. Bei der HDF werden im Dialysator große Menbessert. Heute stellt die Hämodialyse ein breit verfügbares und
gen an Plasmawasser abfiltriert. Dabei werden größere Moleküle
exzellent etabliertes Therapieverfahren bei terminaler Niereninmitgerissen, man spricht von konvektivem Transport. Die filtrierte
suffizienz dar.
Flüssigkeit wird gleichzeitig entweder vor (Prädilution) oder nach
dem Filter (Postdilution) ersetzt, d. h. substituiert.
Bei der Online-HDF wird die ultrareine Elektrolytlösung, die als
High-Flux-HD, HDF und Online-HDF
Dialysat dient, auch als Substituat verwendet. Diese Online-HerBei der Hämodialyse (HD) erfolgt die Entfernung von Urämiestellung der Substitutionslösung macht die Behandlung im Vertoxinen nach dem Prinzip der Diffusion. Im Dialysator, dem
gleich zur klassischen HDF mit Substituat aus Beuteln praktikaHerzstück der „künstlichen Niere“, werden Blut und Dialysat,
bel und kostengünstiger.
getrennt durch eine semipermeable Membran, im Gegenstrom
aneinander vorbeigepumpt. Niedermolekulare Substanzen, wie
RCT zum Vergleich HDF vs. HD
zum Beispiel manche Urämietoxine, diffundieren auf Grund des
Konzentrationsgradienten vom Blut ins Dialysat. HöhermolekuDaten aus retrospektiven Studien führten zur Hypothese, dass
lare Substanzen wie Proteine werden zurückgehalten. Über ein
durch HDF im Vergleich zur HD nicht nur eine Verbesserung
Druckgefälle kann ein Flüssigkeitsentzug, die so genannte Ultravieler Surrogatparameter (z. B. Mittelmolekül-Clearance und Difiltration erfolgen.
alysequalität), sondern auch ein Vorteil in Hinblick auf die MorWas die Entgiftung angeht, gibt es schon lange den Ansatzpunkt,
talität erzielt werden könnte. Allerdings lagen bis vor Kurzem keine
durch eine Vergrößerung der Poren des Dialysators auch höherprospektiven Untersuchungen mit harten klinischen Endpunkten
molekulare Substanzen zu entfernen. Es bestand die Hoffnung,
vor. In den Jahren 2012 und 2013 wurden nun drei große randodass durch die Dialysebehandlung mit so genannten High-Fluxmisierte, kontrollierte Studien publiziert, in denen HDF und HD
Filtern, die auch größere Moleküle passieren lassen, eine Verbesmiteinander verglichen wurden. Die Studie CONTRAST, die
˘
serung klinischer Endpunkte erzielt werden könnte. In der
Turkish-Online-HDF-Studie und die ESHOL-Studie.
39
Hämodialyse | TOPICS
NEPHRO Script
CONTRAST: In der Studie CONTRAST2 (CONvective TRAns-
port STudy) wurde HDF mit Low-Flux-HD verglichen. Primärer
Endpunkt war die Mortalität, als sekundärer Endpunkt diente
eine Kombination kardiovaskulärer Events. Von insgesamt 714
prävalenten chronischen Hämodialysepatienten wurden 358 in
die HDF-Gruppe und 356 in die HD-Gruppe randomisiert.
Nach einem mittleren Follow-up von 3 Jahren waren die Mortalität und kardiovaskuläre Zwischenfälle in beiden Gruppen
gleich häufig. Erwähnenswert ist, dass das bei HDF angestrebte
Konvektionsziel von 24 Litern/Behandlung nicht erreicht wurde
(20,7 Liter im Median). Eine Subgruppenanalyse nach Konvektionsvolumen in Tertilen ergab signifikant weniger Todesfälle in
der Gruppe von HDF-Patienten mit den höchsten Konvektionsvolumina (über 21,95 Liter/Behandlung). Die Anzahl kardiovaskulärer Events unterschied sich aber auch in dieser Post-hocAnalyse nicht signifikant.
Turkish-Online-HDF-Studie: In der Turkish-Online-HDF-Studie3
erfolgte ein Vergleich von HDF mit High-Flux-HD. 782 Patienten wurden eingeschlossen. Primärer Endpunkt war eine Kombination aus Tod und kardiovaskulären Ereignissen. Der Beobachtungszeitraum betrug 2 Jahre. Wie bei CONTRAST fand
sich kein Unterschied zwischen HD und HDF. Auch die sekundären Endpunkte Gesamtmortalität, kardiovaskuläre Mortalität,
Hospitalisierung und Blutdruckabfälle waren in beiden Gruppen
gleich häufig. Analog zu CONTRAST erfolgte eine Subgruppenanalyse nach Filtrationsvolumen. Patienten mit einem Filtrationsvolumen über 17,4 Litern hatten ein besseres Gesamt- und
kardiovaskuläres Überleben als jene Patienten, bei denen das Filtrationsvolumen unter 17,4 Litern lag.
ESHOL-Studie: Nun zur meistbeachteten Publikation, der ESHOL-
Studie4 (Estudio de Supervivencia de Hemodiafiltración On-Line),
die in Katalonien durchgeführt wurde. 906 Hämodialysepatienten
wurden randomisiert. 450 Patienten verblieben an der HD, bei
456 Patienten wurde die Therapieform auf „High efficiency“HDF geändert. Dabei wurde ein Konvektionsvolumen über 18
Liter als „hoch effizient“ definiert. Mit 23,7 Litern wurde ein
höheres medianes Konvektionsvolumen erreicht als in den beiden
anderen Studien. In der HD-Gruppe wurden 92 % mit HighFlux- und 8 % mit Low-Flux-Filtern behandelt. Im Unterschied
zu den beiden oben diskutierten Studien war die Mortalität in
der HDF-Gruppe signifikant niedriger. Es wurde eine 30%ige
Risikoreduktion gegenüber der HD errechnet. Dieser beachtliche
Unterschied kam vor allem auf Grund von mehr Todesfällen
40
durch Schlaganfälle und Infektionen in der Hämodialysegruppe
zustande.
Es gibt aber Kritikpunkte an der ESHOL-Studie: Auffällig ist
vor allem eine ungleiche Verteilung bedeutsamer Risikofaktoren
in den beiden Gruppen. In der Dialysegruppe hatten mehr Patienten einen zentralvenösen Katheter als Dialysezugang, der Anteil an Diabetikern war höher, die Patienten waren älter und der
Charlson-Komorbiditätsindex war höher als bei den HDF-Patienten. Außerdem erhielten mehr Patienten der HDF-Gruppe
ein Nierentransplantat. Dies ist erwähnenswert, da die Eignung
für eine Nierentransplantation als Indikator für weniger Komorbiditäten und damit einer günstigeren Prognose gilt. Auch wenn
in der statistischen Auswertung für diese Faktoren adjustiert
wurde, kann nicht ausgeschlossen werden, ob nicht z. B. der
doppelt so hohe Katheteranteil für die hohe infektassoziierte Mortalität in der HD-Gruppe verantwortlich zeichnet. Unterschiedlich war auch die Blutflussrate, ein Qualitätskriterium für den
Dialysezugang. Sie war in der HD-Gruppe niedriger. Weiters
erfolgte keine Intention-to-treat-Analyse: Patienten der HDFGruppe, die das hohe Substitutionsziel nicht erreichten, wurden
aus der Analyse ausgeschlossen.
ZUSAMMENFASSEND liegen drei große prospektive Studien zur
Online-HDF vor. Zwei Untersuchungen zeigten keinen Vorteil
der HDF für das Patientenüberleben. Bei beiden führten Subgruppenanalysen zur Hypothese, dass eine HDF mit hohen Substitutionsvolumina eine Verbesserung des Patientenüberlebens
bringen könnte. Die ESHOL-Studie, bei der das Substitutionsvolumen am höchsten war, zeigte einen Überlebensvorteil für die
HDF. Wie diskutiert, gibt es Kritikpunkte an dieser Studie. Keine
der Studien erbrachte Hinweise auf Nachteile einer Online-HDF.
Bei der Online-HDF handelt es sich also um eine Weiterentwicklung der Hämodialyse, die 1) ein sicheres Behandlungsverfahren
darstellt und 2) bei hohen Konvektionsvolumina möglicherweise
zu einem Überlebensvorteil führt. Die derzeitige Datenlage reicht
meiner Meinung nach aber nicht aus, um „HDF für alle“ zu propagieren. ■
Eknoyan G et al., Effect of dialysis dose and membrane flux in maintenance hemodialysis.
N Engl J Med 2002; 347(25):2010–9
Grooteman MPC et al., Effect of online hemodiafiltration on all-cause mortality and
cardiovascular outcomes. J Am Soc Nephrol 2012; 23:1087–96
3
Ok E et al., Mortality and cardiovascular events in online haemodiafiltration (OL-HDF)
compared with high-flux dialysis: results from the Turkish OL-HDF Study. Nephrol Dial
Transplant 2013; 28(1):192–202
4
Maduell F et al., High-efficiency postdilution online hemodiafiltration reduces all-cause
mortality in hemodialysis patients. J Am Soc Nephrol 2013; 24(3):487–97
1
2
NEPHRO Script
STANDESPOLITIK
uu
Der
deutliche Unterschied im Prozentsatz an HD- und PD-Patienten in vielen Ländern ist nicht durch medizinischen Faktoren erklärbar. Der vorliegende Artikel fasst
die wichtigsten Punkte eines Konsensuspapiers der Arbeitsgruppe „Peritonealdialyse“ der ÖGN zu Problemstellungen bei der Entwicklung oder Durchführung der PD und
mögliche Lösungsvorschläge zusammen. Darüber hinaus wird über bereits verwirklichte
Schritte zur Problemlösung berichtet.
uu
Letztere umfassen vor allem die Fertigstellung einer juristisch geprüften Patienteninformation über Therapiemöglichkeiten bei terminaler Niereninsuffizienz, die Organisation eines
juristischen Gutachtens über assistierte PD und die Durchführung von PD-Intensivkursen
zur Unterstützung der Ausbildung über PD.
Bericht der Arbeitsgruppe „Peritonealdialyse“ der ÖGN
Stellenwert der Peritonealdialyse
in Österreich
I
n Österreich führen derzeit etwa 9 % der terminal
auch mögliche Lösungsvorschläge für solche Probleme
niereninsuffizienten Patienten eine Peritonaldialyse
zu erarbeiten. Auch die Optimierung der medizinischen
(PD) durch. Dieser Prozentsatz liegt deutlich unter
Aspekte der PD-Betreuung liegt im Focus der Arbeitsjenem anderer Länder. Beispielsweise liegt der Progruppe. Als erster Schritt wurden diese Aspekte auch
zentsatz an PD-Patienten in Dänemark und Schweden
auf Wunsch des ÖGN-Vorstands in einem Konsenderzeit bei 22 %. Im April 2012 wurde vom Vorstand
suspapier zusammengefasst. Dieses Papier wurde im
der Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie die
Dezember 2013 fertiggestellt und kann auf der ÖGNUniv.-Prof.
Arbeitsgruppe „Peritonealdialyse“ gegründet. Die MitHomepage (www.niere-hochdruck.at) eingesehen und
Dr. Andreas Vychytil
glieder der Arbeitsgruppe sind (in alphabetischer Reiheruntergeladen werden. Eine Aktualisierung 1-mal
Klinische Abteilung für
henfolge) Univ.-Prof. Dr. Christoph Aufricht (Univ.pro Jahr durch die Arbeitsgruppe ist geplant.
Nephrologie und
Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Wien),
Dialyse,
Universitätsklinik für
Univ.-Prof. Dr. Paul König (Medizinische Universität
Prädialysemanagement
Innere Medizin III,
Innsbruck), Prim. Univ.-Doz. Dr. Karl Lhotta (LKH Medizinisch Universität
Feldkirch), Univ.-Prof. Dr. Johannes Roob (MediziKlinische Daten zeigen, dass auch Patienten, die vor
Wien;
für die Arbeitsgruppe
nische Universität Graz), Dr. Thomas Sailer (A. ö. KH
ihrem Dialysebeginn mehrmals Visiten beim Nephro„Peritonealdialyse“ der
Elisabethinen Linz), Dr. Hermann Salmhofer (LKH
logen gehabt haben, weniger Information über PeriÖsterreichischen
Salzburg, Universitätsklinikum), Univ.-Prof. Dr. Antonealdialyse als über Hämodialyse (HD) oder NieGesellschaft für
Nephrologie
dreas Vychytil (Leiter der Arbeitsgruppe, Medizinische
rentransplantation erhalten haben (Finkelstein F. O.,
Universität Wien), Dr. Clemens Wieser (Klinikum
Kidney Int 2008; 74: 1178-1184). Dies kann die Wahl
Klagenfurt am Wörthersee) und Dr. Martin Wiesholdes Dialyseverfahrens beeinflussen. Die Ursachen für
zer (Landesklinikum St. Pölten). Dr. Petra Günther (vormals A.
diesen Informationsunterschied sind vielfältig. Viele Zentren im
ö. KH Oberwart) war Mitglied der Arbeitsgruppe bis Jänner 2014.
deutschsprachigen Raum, aber auch in zahlreichen anderen Ländern betreuen eine wesentlich größere Zahl an HD-Patienten als
an PD-Patienten. Damit ist die Erfahrung in der Betreuung von
Ziele und Aufgaben der Arbeitsgruppe
HD-Patienten größer, auch der Patient erlebt die HD dann oft
Die Arbeitsgruppe hat die Aufgabe, den Stellenwert der Peritoals „Goldstandard“. Ausreichende HD-Kapazität reduziert oft
nealdialyse in Österreich zu beurteilen, Probleme anzusprechen,
auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein alternatives Dialyseverfahdie die Entwicklung oder Durchführung der PD erschweren, und
ren forciert ausgebaut wird. Unterschiede in der Ausbildung sol42
STANDESPOLITIK
len natürlich auch angesprochen werden (siehe später). Medizinische und nicht-medizinische Faktoren können die Wahl des
Dialyseverfahrens aber auch in umgekehrter Richtung massiv
beeinflussen. Ein Beispiel ist die „PD first policy“ in Hongkong,
wo etwa 75 % der dialysepflichtigen Patienten eine PD durchführen. Eine Ursache dürfte allerdings sein, dass die Kostenträger
zu Beginn nur die Kosten für eine PD übernehmen, sofern keine
Kontraindikationen für dieses Verfahren bestehen. Verschiedene
klinische Studien zeigen, dass Patientinnen und Patienten an der
HD und PD ein vergleichbares Überleben haben (Mehrotra R.,
Arch Intern Med 2011; 171: 110–118). Zusätzlich steht aber die
Lebensqualität der Erkrankten als therapeutisches Ziel im Vordergrund. In einer Arbeit aus dem Jahre 2012 (Morton R. L.,
CMAJ 2012; 184: E277–E283) konnte gezeigt werden, dass Dia­
lysepatientinnen und -patienten für eine Verbesserung der Lebensqualität auf einen signifikanten Teil an reiner Überlebenszeit
verzichten würden. Es finden sich nur wenige echte Kontraindikationen für PD. Oft bestehen eher Barrieren, die aber im Gegensatz zu Kontraindikationen durch entsprechendes Management überwunden werden könnten (z. B. Assistenz bei der Durchführung der Therapie bei älteren Personen mit kognitiven oder
manuellen Einschränkungen, Sanierung von Hernien zum Zeitpunkt der Katheterimplantation etc.). Eine rezente klinische Studie zeigt, dass ein großer Teil der Patientinnen und Patienten
medizinisch und psychologisch sowohl für PD als auch für HD
geeignet ist (Mendelssohn D. C., Nephrol Dial Transplant 2009;
24: 555–561).
Daher spielen bei der Wahl des Dialyseverfahrens sehr viele
persönliche Faktoren eine Rolle. Manche Patienten empfinden
die 3-malige Hämodialyse im Krankenhaus als Einschränkung
ihrer Flexibilität und haben eher ein Bedürfnis nach Selbstständigkeit. Diese wird durch eine Heimdialyse (PD, aber auch
Heimhämodialyse) geboten. Andere (vor allem alleinstehende)
Patienten finden dagegen in der HD ein wichtiges soziales Netzwerk. Der deutliche Unterschied im Prozentsatz an HD- und
PD-Patienten in vielen Ländern ist nicht durch medizinische
Faktoren erklärbar. Verschiedene klinische Arbeiten zeigen, dass
sich bei adäquater Information über alle Möglichkeiten der Therapie terminal niereninsuffizienter Patienten deutlich mehr Patientinnen bzw. Patienten für eine zu Hause durchgeführte Dia­
lyseform entscheiden würden, als dies derzeit der Fall ist (Jager
K., Am J Kidney Dis 2004; 43: 891–899; Liebman S. E., Am J
Kidney Dis 2012; 59: 550–557; Ribitsch W., Perit Dial Int
2013; 33: 367–371). Die Patienten müssen daher aus Sicht der
Arbeitsgruppe in die Entscheidung, welches Dialyseverfahren
gewählt werden soll, entsprechend eingebunden werden. Um
den Betroffenen eine rechtzeitige, umfassende und balancierte
Information über alle therapeutischen Möglichkeiten bei terminaler Niereninsuffizienz zukommen zu lassen, sind allerdings
Zeit und ein adäquates Prädialysemanagement notwendig. Dabei
haben die Nephrologin bzw. der Nephrologe eine wichtige Beratungsfunktion. Im Einklang mit dem Dossier der Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie (ÖGN), wo ab/bei einer
NEPHRO Script
glomerulären Filtrationsrate von 20 ml/min/1,73 m2 eine strukturierte Patienteninformation gefordert wird (Zugang zum Dossier über die Homepage www.niere-hochdruck.at), ist die Arbeitsgruppe der Meinung, dass das Prädialysemanagement auch
in Österreich optimiert werden sollte. Dabei ist bei kleineren
Zentren, die nur eine geringe Zahl an PD-Patienten betreuen,
wahrscheinlich eine Kooperation mit größeren Zentren sinnvoll
(z. B. bei der Organisation von Gesprächen des PD-Kandidaten
mit einer bereits erfahrenen PD-Patientin bzw. einem PD-Patienten oder aber bei der Vorstellung verschiedener PD-Systeme).
Die freie Wahlmöglichkeit des Patienten nach entsprechender
Beratung durch den Nephrologen hat also aus Sicht der Arbeitsgruppe zentralen Stellenwert. Andere Strategien, wie z. B. die
„PD first policy“ in Hongkong oder das Festsetzen eines bestimmten Prozentsatzes an PD, der erreicht werden muss, lehnt
die Arbeitsgruppe vor allem deshalb ab, da sie mit großer Wahrscheinlichkeit die oben erwähnte freie Wahlmöglichkeit des Patienten einschränken würden.
Zur Unterstützung der Aufklärung sowie auch als Möglichkeit
zur Dokumentation der Aufklärung wurde von der Arbeitsgruppe
ein einheitliches Patienten-Aufklärungsformular entworfen, das
in Kürze auf der Homepage der ÖGN veröffentlicht wird. Die
Inhalte des Schreibens wurden auch mit dem ÖGN-Vorstand
abgestimmt und juristisch geprüft. Das Aufklärungsformular enthält Informationen über alle Nierenersatzverfahren (vor allem
über HD und PD, etwas kürzer auch über Nierentransplantation,
wo dann bei entsprechender Eignung andere Informationen zur
Verfügung stehen). Die Patienteninformation enthält aber auch
Informationen über konservative Therapie ohne Dialyse (Best
Supportive Care). Das Aufklärungsformular bietet Platz für die
Dokumentation weiterer Inhalte des Aufklärungsgespräches und
sieht vor, dass die Ärztin bzw. der Arzt und die Patientin bzw. der
Patient mit ihrer Unterschrift bestätigen, dass die im Formular
dargelegten Informationen übermittelt wurden.
Ausbau der assistierten PD
In vielen Ländern steigt der Anteil an älteren Dialysepatienten
massiv an. Auch im Österreichischen Dialyseregister ist diese Entwicklung gut dokumentiert. Klinische Daten zeigen, dass auch
ältere Patienten von der Heimdialyse profitieren. Allerdings erlaubt die Situation oft nicht, ein Heimverfahren selbstständig
durchzuführen (z. B. aufgrund von funktionellen Einschränkungen). In vielen Ländern wurden daher Programme für assistierte PD aufgebaut. Dabei führen mobile Pflegedienste nach
entsprechender Einschulung die PD beim Patienten zu Hause
durch. Ebenso kann die PD auch in Pflegeheimen durchgeführt
werden und erspart dem Patienten den Transport 3-mal/Woche
in das Zentrum zur HD. Klinische Studien zeigen, dass die Peritonitisrate der Patienten an der assistierten PD durchaus niedrig
ist, vor allem, wenn diese mobilen Pflegekräfte regelmäßig durch
diplomierte Pflegekräfte mit nephrologischer Sonderausbildung
nachgeschult werden (Verger C., Nephrol Dial Transplant ˘
43
NEPHRO Script
2007; 22: 1218–1223). Zusätzlich vermindert die Durchführung
der PD durch Hilfspersonen bei diesen älteren Patienten die Wahrscheinlichkeit, dass das Verfahren aus medizinischen oder technischen Gründen gewechselt werden muss (Lobbedez T., Clin J
Am Soc Nephrol 2012; 7: 612–618). Somit wäre ein Ausbau der
assistierten PD extrem wichtig, um vor allem älteren, alleinstehenden und/oder pflegebedürftigen Patientinnen und Patienten
mit Präferenz zur PD die Durchführung dieses Verfahrens zu
ermöglichen und die auch juristisch geforderte Wahlmöglichkeit
des Behandlungsverfahrens für diese Menschen nicht einzuschränken. Aktuelle Berechnungen zeigen außerdem, dass die Gesamtkosten einer assistierten PD nicht höher liegen als jene einer Zentrums-HD. In Österreich existieren derzeit nur kleinere Programme
zur Durchführung der assistierten PD (erstes Programm in St.
Pölten, etwas später dann auch in Feldkirch). Die assistierte PD
wurde allerdings bisher ausschließlich durch diplomierte Pflegekräfte mit Nephrologie-Sonderausbildung durchgeführt. Dies lag
an der Interpretation der rechtlichen Situation, die auf einem
juristischen Gutachten aus dem Jahre 2006 basiert und die Durchführung der Behandlung nur diesem nephrologischen Fachpersonal erlaubt. Es bleibt aber der Widerspruch, dass juristisch kein
Einwand besteht, dass die PD zu Hause durch Patientinnen und
Patienten selbst oder deren Angehörige durchgeführt wird, die ja
keinerlei Fachausbildung, sondern nur eine entsprechende Einschulung haben. Selbst bei Aufbau eines entsprechenden Programms war durch diese Situation die Kapazität, assistierte PD
durchzuführen, bisher stark begrenzt.
Auf Wunsch der Arbeitsgruppe und im Auftrag der ÖGN hat ein
Jurist (Univ.-Prof. Dr. W. Mazal, Institut für Arbeits- und Sozialrecht, Universität Wien) nun ein rezentes, sehr umfassendes
Gutachten geschrieben, das die Durchführung der PD auch durch
diplomierte Pflegepersonen ohne nephrologische Sonderausbildung sowie durch nicht diplomierte Pflegepersonen befürwortet.
Das Gutachten betont aber auch die Bedeutung der diplomierten
Pflegekräfte mit Sonderausbildung Nephrologie, die tragend wird,
sobald die Delegation der Verantwortung durch die Ärztin bzw.
den Arzt nicht nur den Vorgang des Beutelwechsels oder des Anschlusses an den Cycler betrifft, sondern auch eine eigenständige
Situationsbewertung oder ein eigenständiges Einstellen auf wechselnde Situationen inkludiert. Es besteht die Hoffnung, dass durch
das Gutachten ein Ausbau einer assistierten PD in Österreich
erleichtert wird.
Nephrologische Ausbildung
Eine weitere wichtige Barriere für eine adäquate Entwicklung der
PD-Zahlen ist die ungenügende Ausbildung vieler Nephrologinnen
und Nephrologen in diesem Verfahren. Laut Österreichischem
Dialyse- und Transplantationsregister (ÖDTR) bieten etwa ein
Drittel der Zentren mit Ausbildungsstellen für das Additivfach
Nephrologie keine PD an. Es ist aber aus Sicht der Arbeitsgruppe
ein Minimalerfordernis, dass jede Nephrologin bzw. jeder Nephrologe im Rahmen der Ausbildung auch PD-Patientinnen und
44
STANDESPOLITIK
-Patienten gesehen und betreut hat. Für Zentren, die kein oder
ein nur sehr kleines PD-Programm haben, könnte dies je nach
der lokalen Situation auf verschiedene Arten ermöglicht werden,
z. B. durch Rotation der Auszubildenden an ein Referenzzentrum
mit PD (z. B. für 6 Monate) oder durch eine Teilnahme an Visiten in einer PD-Ambulanz (z. B. 1–2-mal pro Woche, bis eine
entsprechende Zahl an Visiten erreicht ist).
Zur Unterstützung der theoretischen PD-Ausbildung (vor allem
für Kolleginnen und Kollegen, die nicht ausreichend in ein PDZentrum rotieren können) hat die Arbeitsgruppe erstmals im März
2013 im Rahmen der ÖGN-Wintertagung einen PD-Basiskurs
angeboten, in dem alle Grundlagen des Verfahrens vermittelt wurden. Dieser Kurs war mit 45 Teilnehmerinnen und Teilnehmern
und ausgezeichnetem Feedback aus Sicht der Arbeitsgruppe sehr
erfolgreich und soll im kommenden Jahr wiederholt werden.
Neben den oben diskutierten Punkten hat die Arbeitsgruppe noch
weitere Aspekte herausgearbeitet, bei denen eine Optimierung wünschenswert wäre:
Refundierung der Behandlungskosten
Durchführung der Heimdialyse bedeutet eine Entlastung des Gesundheitssystems. Dem stehen aber eine ungenügende Refundierung der zum Teil sehr aufwändigen ambulanten Leistungen durch
die Krankenversicherungen sowie auch ein gar nicht refundierter
Aufwand für die Patientin bzw. den Patienten (z. B. höhere anfallende Kosten durch Müllabfuhr, Stromkosten für Cycler etc.)
gegenüber. Dieses Missverhältnis stellt eine weitere (nicht-medizinische) Barriere für die Entwicklung der PD dar.
Die Arbeitsgruppe hat im Konsensuspapier thematisiert, dass langfristig eine adäquatere PD-Finanzierung erreicht werden muss.
Ein erster kurzfristigerer Schritt in diese Richtung könnte sein,
bestimmte besonders aufwändige Leistungen abrechnen zu können. Hierzu zählt das Training von Patienten für die PD, aber
auch aufwändigere Untersuchungen, wie der peritoneale Äquilibrationstest.
Soll jedes Dialysezentrum PD-Patienten
betreuen?
Mehrere klinische Arbeiten zeigen eine positive Assoziation zwischen Zahl der in einem Zentrum betreuten PD-Patienten und
besseren klinischen Ergebnissen (Plantinga L. C., Perit Dial Int
2009; 29: 285–291; Lobbedez T., Clin J Am Soc Nephrol 2012;
7: 612–618). Es ist daher nicht sinnvoll, dass alle Zentren PD
durchführen, sofern nicht eine bestimmte Patientenmindestzahl
(z. B. zumindest 10 Patienten) erreicht werden kann. Allerdings
würde auch eine Strategie, die PD nur in größeren Zentren zu
konzentrieren, zumindest in manchen österreichischen Bundesländern eher zu einem unerwünschten Rückgang der Heimtherapie führen, da etwa die Hälfte der österreichischen Dialysezentren weniger als 10 PD-Patienten betreut. Für Zentren mit
STANDESPOLITIK
eher kleiner Patientenzahl wäre eine Kooperation mit einem
Referenzzentrum möglich, vor allem im Bereich der Ausbildung
zum Zusatzfach Nephrologie (eine PD-Ausbildung in einem
Zentrum, das keine PD anbietet, ist ebenso inakzeptabel wie
eine HD-Ausbildung in einem Zentrum, das keine HD durchführt), aber auch bei der Prädialyseinformation von zukünftigen
Dialysepatientinnen bzw. -patienten (z. B. Gespräche mit Patientinnen bzw. Patienten, die bereits PD durchführen, Demonstration von PD-Systemen), bei der Erstellung von Therapiestandards und beim Management von PD-assoziierten Komplikationen. Eine solche Strategie hat in klinischen Studien bereits zu
einer Zunahme der Zahl an PD-Patienten und einer Verbesserung der klinischen Ergebnisse geführt (Jiang Z., Perit Dial Int
2011; 31: 121–126).
Räumliche und personelle Ressourcen
Die Arbeitsgruppe weist im Konsensuspapier auch darauf hin,
dass die für eine erfolgreiche Durchführung der PD notwendigen
räumlichen und personellen Ressourcen derzeit nur in einem Teil
der Zentren erfüllt sind. Der Österreichische Strukturplan Gesundheit enthält entsprechende Vorgaben für erforderliche Ressourcen. Die Aufbauphase eines PD-Programms ist ein besonders
sensibler Punkt mit einem hohen Aufwand bei zunächst noch
geringen Patientenzahlen. Die Arbeitsgruppe hat in dem Konsensuspapier daher thematisiert, dass in dieser Phase ein suffizienter
Personalschlüssel (Pflegepersonen und ärztliches Personal) für das
Wachstum des PD-Programms von essenzieller Bedeutung ist.
Will man die Position der PD optimieren, muss dieser Aspekt
berücksichtigt werden.
NEPHRO Script
Erstellen von PD-Standards
Die Arbeitsgruppe plant im Auftrag der ÖGN Standards für PD
zu erstellen, wie sie in zahlreichen anderen Ländern ja schon
verwendet werden. In den letzten Jahren wurden zahlreiche Richtlinien, wie z. B. die Empfehlungen der „International Society for
Peritoneal Dialysis“ zur Prophylaxe und Therapie infektiöser
Komplikationen (Li P. K. T., Perit Dial Int 2010; 30: 393–423;
Piraino B., Perit Dial Int 2011; 31: 614–630) erstellt. Die Arbeitsgruppe hält es nicht für sinnvoll, diese Empfehlungen in
ähnlicher Weise für österreichische PD-Patienten zu publizieren.
Hingegen wäre die Fokussierung auf praktisch relevante Teilgebiete, die bisher noch nicht ausreichend durch entsprechende
Empfehlungen abgedeckt wurden, sinnvoller. Nach entsprechender Diskussion hat sich die Arbeitsgruppe daher entschlossen, zunächst Standards für das Patiententraining zu erstellen.
Hier ist geplant, als Ausgangspunkt ein Treffen gemeinsam mit
den österreichischen Pflegepersonen zur Beurteilung des Ist-Standes zu organisieren.
ZUSAMMENFASSEND konnten doch einige Strategien zur Pro-
blemlösung im Bereich der PD verwirklicht werden, an anderen
Problemen muss noch weiter gearbeitet werden. All dies wäre aber
nicht möglich gewesen ohne die Mitarbeit und den Input jedes
einzelnen Mitgliedes der Arbeitsgruppe PD. Dafür möchte ich
mich an dieser Stelle von ganzem Herzen bedanken. Bedanken
möchte ich mich aber auch bei den Mitgliedern des ÖGN-Vorstandes und dem derzeitigen ÖGN-Vorsitzenden Alexander Rosenkranz sowie dem derzeit stellvertretenden Vorsitzenden Erich
Pohanka, die unsere Arbeit kontinuierlich unterstützen.
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FACHKURZINFORMATION
Amelior plus HCT 20 mg/5 mg/12,5 mg Filmtabletten, Amelior plus HCT 40 mg/5 mg/12,5 mg Filmtabletten, Amelior plus HCT 40 mg/10 mg/12,5 mg Filmtabletten, Amelior plus HCT 40 mg/5 mg/25 mg Filmtabletten, Amelior plus HCT 40 mg/10 mg/25 mg Filmtabletten.
Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Eine Filmtablette enthält 20 mg Olmesartanmedoxomil, 5 mg
Amlodipin (als Amlodipinbesilat) und 12,5 mg Hydrochlorothiazid bzw. 40 mg Olmesartanmedoxomil, 5 mg Amlodipin (als Amlodipinbesilat) und 12,5 mg Hydrochlorothiazid bzw. 40 mg Olmesartanmedoxomil, 10 mg Amlodipin (als Amlodipinbesilat) und 12,5 mg Hydrochlorothiazid bzw. 40 mg Olmesartanmedoxomil, 5 mg Amlodipin
(als Amlodipinbesilat) und 25 mg Hydrochlorothiazid bzw. 40 mg Olmesartanmedoxomil, 10 mg Amlodipin (als
Amlodipinbesilat) und 25 mg Hydrochlorothiazid. Liste der sonstigen Bestandteile: Tablettenkern: vorverkleisterte
Maisstärke, silizifierte mikrokristalline Cellulose (mikrokristalline Cellulose, hochdisperses wasserfreies Siliciumdioxid), Croscarmellose-Natrium, Magnesiumstearat. Filmüberzug: Poly(vinylalkohol), Macrogol 3350, Talkum,
Titandioxid (E 171), Eisen(III)-oxid gelb (E 172), Eisen(III)-oxid rot (E 172) (nur in 20 mg /5 mg /12,5 mg, 40 mg
/10 mg /12,5 mg, 40 mg /10 mg /25 mg Filmtabletten), Eisen(II, III)-oxid schwarz (E 172) (nur in 20 mg /5 mg
/12,5 mg Filmtabletten). Anwendungsgebiete: Behandlung der essenziellen Hypertonie. Zusatztherapie: Amelior
plus HCT ist indiziert bei erwachsenen Patienten, deren Blutdruck mit einer Kombination von Olmesartanmedoxomil und Amlodipin, eingenommen in Form einer Zweierkombination, nicht ausreichend kontrolliert werden
kann. Substitutionstherapie: Amelior plus HCT ist indiziert zur Substitutionstherapie bei erwachsenen Patienten,
deren Blutdruck mit einer Kombination von Olmesartanmedoxomil, Amlodipin und Hydrochlorothiazid, eingenommen in Form einer Zweierkombination (Olmesartanmedoxomil und Amlodipin oder Olmesartanmedoxomil und
Hydrochlorothiazid) und eines Monopräparates (Hydrochlorothiazid oder Amlodipin), ausreichend kontrolliert wird.
Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen die Wirkstoffe, gegen Dihydropyridinderivate oder gegen andere
Sulfonamid-Derivate (da Hydrochlorothiazid ein Sulfonamid-Derivat ist) oder gegen einen der sonstigen Bestandteile. Stark eingeschränkte Nierenfunktion. Therapieresistente Hypokaliämie, Hyperkalzämie, Hyponatriämie und
symptomatische Hyperurikämie. Stark eingeschränkte Leberfunktion, Cholestase und Gallenwegsobstruktionen.
Zweites und drittes Schwangerschaftstrimenon. Amelior plus HCT ist, aufgrund des enthaltenen Amlodipins,
auch kontraindiziert bei Patienten mit: Schock (inklusive kardiogenem Schock), Schwerer Hypotonie, Linksventrikulärer Abflussbehinderung (z. B. hochgradige Aortenstenose), Hämodynamisch instabiler Herzinsuffizienz nach
einem akuten Myokardinfarkt. Pharmakotherapeutische Gruppe: Angiotensin-II-Antagonisten; andere Kombinationen; ATC-Code: C09DX03. Inhaber der Zulassung: Menarini International Operations Luxembourg S.A., 1,
Avenue de la Gare, L-1611 Luxemburg, Luxemburg. Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig. Weitere Angaben zu den Abschnitten Dosierung, Art und Dauer der Anwendung, Besondere
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und
sonstige Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit sowie Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der
veröffentlichten Fachinformation. Amelior plus HCT wird unter der Lizenz von Daiichi Sankyo Europe GmbH vermarktet. Stand der Information: April 2012.
Dynovas 0,5 mg (1,5 mg) Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Infusionslösung.
Zusammensetzung: 1 Durchstechflasche enthält 0,531 mg (1,593 mg) Epoprostenol-Natrium, entsprechend 0,5
mg (1,5 mg) Epoprostenol. Jede Lösungsmittel-Durchstechflasche enthält 50 ml sterilen Glycinpuffer, mit einem
Natriumgehalt von ca. 55 mg. Die Rekonstitution einer Durchstechflasche mit 0,5 mg (1,5 mg) Epoprostenol in
50 ml sterilem Puffer ergibt eine Konzentration von 10.000 Nanogramm (30.000 Nanogramm) pro ml. Hilfsstoffe:
Enthält 0,05 mmol Natrium (1,15 mg) pro Durchstechflasche. Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung: Mannitol, Glycin, Natriumchlorid, Natriumhydroxid (zur pH-Einstellung). Lösungsmittel: Glycin, Natriumchlorid, Natriumhydroxid (zur pH-Einstellung), Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Hämodialyse: Dynovas ist
indiziert bei Dialyse, wenn bei der Anwendung von Heparin ein hohes Risiko besteht, Blutungen auszulösen oder
zu verschlimmern, oder wenn Heparin aus einem anderen Grund kontraindiziert ist. Primäre und Sekundäre
Pulmonale Hypertonie: Dynovas ist auch indiziert zur intravenösen Langzeittherapie der Primären Pulmonalen
Hypertonie (PPH) bei Patienten der Stadien III und IV gemäß der Klassifikation der New York Heart Association
(NYHA), die nicht ausreichend auf eine konventionelle Therapie ansprechen sowie der Sekundären Pulmonalen
Hypertonie (SPH) im Rahmen von Erkrankungen aus dem Formenkreis der Sklerodermie aufgrund intrinsischer
präkapillärer Lungengefäßkrankheiten bei Patienten in den NYHA Stadien III und IV. Die Daten für die Langzeitanwendung sind begrenzt. Gegenanzeigen: Dynovas ist kontraindiziert bei Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegen das Arzneimittel. Dynovas ist kontraindiziert bei Patienten mit dekompensierter Herzinsuffizienz,
die durch eine schwere links-ventrikuläre Dysfunktion verursacht wird. Dynovas darf bei Patienten, bei denen
sich während der Kurzzeitdosisoptimierung ein Lungenödem gebildet hat, nicht angewendet werden. ATC-Code:
B01AC09. Abgabe: Rezept- und apothekenpflichtig, wiederholte Abgabe verboten. Packungsgrößen: 1 Durchstechflasche mit 0,5 mg (1,5 mg) Epoprostenol und 1 Durchstechflasche (2 Durchstechflaschen) mit 50 ml sterilem
Glycinpuffer. Kassenstatus: No Box. Zulassungsinhaber: Gebro Pharma GmbH, 6391 Fieberbrunn. Stand der
Fachkurzinformation: 28.07.2011. Weitere Angaben zu Nebenwirkungen, Wechselwirkungen mit anderen Mitteln,
Schwangerschaft und Stillperiode sowie Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung siehe
Austria-Codex-Fachinformation. [1] Lubin P., Intensiv 2001; 9(1): 15–22, DOI: 10.1055/s-2001–10474. [2] Druml,
W., et al.; Intensiv News 4/2000, Supplement 1, 1–12. [3] wenn Heparin nicht verwendet werden kann (s. FI).
Fosrenol 500 mg / 750 mg / 1000 mg Kautabletten.
Zusammensetzung: Eine Kautablette enthält Lanthancarbonat-Hydrat entsprechend 500 mg / 750 mg / 1000 mg
Lanthan. Anwendungsgebiete: Fosrenol ist indiziert als Phosphat bindendes Mittel zur Kontrolle von Hyperphosphatämie bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz, die eine Hämodialysebehandlung oder eine kontinuierliche, ambulante Peritonealdialyse (CAPD) erhalten. Fosrenol ist darüber hinaus indiziert bei
nicht-dialysepflichtigen, erwachsenen Patienten mit chronischer Nierenerkrankung mit einem Serumphosphatspiegel ≥1,78 mmol/l, bei denen eine phosphatarme Ernährung alleine nicht ausreichend ist, um den Serumphosphatspiegel zu kontrollieren. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegenüber Lanthancarbonat-Hydrat oder
einen der sonstigen Bestandteile. Hypophosphatämie. Hilfsstoffe: Dextrate (hydratisiert), hochdisperses wasserfreies Siliciumdioxid, Magnesiumstearat. Weitere Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die
Anwendung, Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit, Nebenwirkungen sowie Gewöhnungeffekten
entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation. ATC-Code: V03AE03. Zulassungsinhaber: Shire Pharmaceutical Contracts Ltd, Hampshire International Business Park, Chineham, Basingstoke, Hampshire, RG24 8EP,
Vereinigtes Königreich. Vertrieb in Österreich: Sanova Pharma GesmbH, Haidestraße 4, 1110 Wien. Rezeptpflicht/
Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig. Stand der Information: 21.03.2013.
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Fachkurzinformation
und Referenzen siehe Flappe
Zugehörige Unterlagen
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