Pendel und gekoppelte Schwingungen

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Fakultät Grundlagen
Ingenieurpädagogik
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Experimentierfeld 3
Pendel und gekoppelte Schwingungen
1. Einführung
Bei einer gleichförmig rotierenden Scheibe durchläuft ein beliebiger Massenpunkt
der Scheibe in konstanten Zeitabständen einen definierten Ausgangspunkt. Diese
Zeitdauer wird als Umlaufdauer oder Periodendauer bezeichnet. Einen vergleichbaren Zusammenhang erkennt man bei periodisch hin und zurück verlaufenden Bewegungen. Geht man von verschwindenden Reibungseffekten aus, so wird ein beliebiger Massenpunkt des Schwingers nach einer konstanten Periodendauer T stets wieder an den Punkt maximaler Auslenkung zurückkehren. Besteht dieser Zusammenhang zwischen der Kreisbewegung eines Massenpunktes und einer Schwingung, so
kann durch die Projektion des umlaufenden Zeigers (Verbindung zwischen Drehachse und Massenpunkt) auf die vertikale Achse eines kartesischen Koordinatensystems
unmittelbar das Liniendiagramm einer Schwingung gewonnen werden. Beide Bewegungen lassen sich also mit den gleichen elementaren mathematischen Mitteln behandeln. Schwingungen die einem sinus- bzw. kosinusförmigen Verlauf folgen werden als harmonische Schwingungen bezeichnet.
Scheitelwert ss
ss
0
s(t)
Momentanwert s(t1)
0
t
- ss
Periodendauer T
Neben der Periodendauer T ist der Kehrwert 1/T ein wesentliches Charakteristikum
einer Schwingung. Die reziproke Periodendauer wird als Frequenz f bezeichnet und
gibt an, wie viele Schwingungsperioden pro Sekunde durchlaufen werden. Die Einheit der Frequenz ist Hertz ([ f ] = Hz). Eine weitere wesentliche Größe ist die Kreisfrequenz ω = 2πf. Die Kreisfrequenz gibt die pro Sekunde durchlaufene Winkelsumme im Bogenmaß an. Die bessere Unterscheidung zur Frequenz f wird mittels
der Einheit [ω] = 1/s realisiert.
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2. Freie ungedämpfte Schwingungen
Eine freie ungedämpfte Schwingung lässt sich am einfachsten durch waagerechtes
Feder-Masse-System veranschaulichen.
k
m
0
Frück =-ky
k
m
0
y
Am waagerechten Federpendel kann auch unmittelbar die Bedingung für das Zustandekommen einer harmonischen Schwingung abgeleitet werden. Die rückstellende Kraft durch die verwendete Feder ist nach dem Hookeschen Gesetz im elastischen Bereich der Feder proportional zur Auslenkung der Masse m. Es leuchtet sofort ein, dass eine zu große Auslenkung (unelastische Verformung) zum einen zu
einer Zerstörung der Feder und zum anderen zu keiner harmonischen (sinusförmigen) Schwingung führen kann. Das Hookesche Gesetz würde keine Gültigkeit mehr
besitzen. Ein harmonischen Oszillator beruht somit stets auf einem linearen
Kraftgesetz. Dieser wichtige Zusammenhang wird bei der Analyse des mathematischen und physikalischen Pendels zu beachten sein. Die rückstellenden Kraft Frück
führt nach Newton zur beschleunigenden Kraft F = ma, so dass sich unmittelbar die
Differenzialgleichung der Schwingung, die Schwingungsgleichung, ergibt:
d 2 y (t )
k
= &y&(t ) = − ⋅ y (t ) oder
2
dt
m
&y&(t ) +
k
⋅ y (t ) = 0
m
Die Lösung dieser Differenzialgleichung ist uns bereits bekannt: Das Weg-ZeitGesetz beschreibt eine sinusförmige Schwingung, die durch drei Parameter charakterisiert wird: Dem Scheitelwert yS (maximale Auslenkung), der Kreisfrequenz ω0 und
dem Nullphasenwinkel ϕ0. Die Lösung lautet:
y (t ) = yS ⋅ sin(ω0t + ϕ0 )
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Nun kann anhand der Randbedingungen bzw. durch clevere Wahl des zeitlichen
Nullpunktes die Gleichung noch vereinfacht werden. Da für den Startzeitpunkt t = 0
das Pendel maximal in positiver y-Richtung ausgelenkt ist, kann man das Weg-ZeitVerhalten mit ϕ0 = 0 und der Kosinusfunktion darstellen:
y (t ) = yS ⋅ cos(ω0t )
Die Kreisfrequenz ω0 wird auch als Eigenkreisfrequenz des Schwingers bezeichnet.
Wird der Oszillator beliebig stark (noch lineare Verhältnisse!) angestoßen, so
schwingt er stets mit der ihm eigenen Kreisfrequenz ω0. Somit muss natürlich ω0
durch die den Schwinger bildenden Komponenten spezifiziert sein. Es gilt:
ω02 =
k
m
bzw. ω0 =
k
2π
= 2 πf 0 =
m
T0
Durch Einsetzen in die Differenzialgleichung kann dieser Zusammenhang leicht bestätigt werden. Aus der Kinematik ist bekannt, dass sich die Geschwindigkeit eines
Massenpunktes aus der Ableitung der Weg-Zeit-Funktion und die Beschleunigung
aus der Ableitung der Geschwindigkeits-Zeit-Funktion ergeben. Es gilt also:
a (t ) =
dv(t )
d 2 s (t )
= v&(t ) =
= &s&(t )
dt
dt 2
Die Zeitfunktionen der Geschwindigkeit und der Beschleunigung lauten damit für
unser Beispiel:
v(t ) = −vS ⋅ sin(ω0t ) mit vS = ySω0
a(t ) = − aS ⋅ cos(ω0t ) mit aS = ySω02
Auch bei der Betrachtung des mathematischen und physikalischen Pendels kann eine gleichartige Differenzialgleichung (DGL), allerdings für den Auslenkungswinkel β,
aufgestellt werden. Die Ableitung des Zusammenhangs erfolgt hier durch die Betrachtung des wirkenden Drehmoments M (siehe Experimentierfeld 1) und unter
Berücksichtigung der Analogien zwischen Translation und Rotation.
Die Herleitung der DGL sollten Sie, nach der Durchführung einiger Versuchsreihen
an mathematischen Pendeln für unterschiedliche Massen, Fadenlängen und Ortsfaktoren, mit Ihrem Betreuer gemeinsam versuchen. Dabei erhalten Sie die Grenzen der
Gültigkeit der DGL sowie die Formel für das Massenträgheitsmoment eines Massenpunktes im Abstand r von seiner Aufhängung.
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Analogien Translation Rotation
Nach diesen Überlegungen ist der Übergang zum physikalischen Pendel oder Torsions- bzw. Rotationsschwingern relativ einfach zu vollziehen.
3. Gekoppelte Schwingungen
Betrachtet werden soll der einfachste Fall zweier gleichartiger Pendel die miteinander über ein Koppelelement verkoppelt sind. Deutlich schwierigere Schwingungskopplungen, wie zum Beispiel das Wilberforth-Pendel sollen lediglich einen Einblick
in die Möglichkeiten geben.
Geht man von zwei mathematischen Pendeln aus, können die Bewegungsgleichungen der Pendel wie folgt aufgestellt werden:
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y1 (t ) = yS1 ⋅ cos(ω1t + ϕ01 )
y2 (t ) = yS2 ⋅ cos(ω2t + ϕ02 )
Durch Verwendung des Additionstheorems
cos α + cos β = 2 ⋅ cos
α +β
2
⋅ cos
α −β
2
ergibt sich aus der Überlagerung der beiden Schwingungen der Zusammenhang:
 ω + ω2  
 ω − ω2  
yneu (t ) = 2 ⋅ yS, neu ⋅ cos  1
 ⋅ t  ⋅ cos  1
 ⋅ t
 2  
 2  
Für annähernd gleiche Kreisfrequenzen ergibt sich eine Darstellung, die aus der Akustik als Schwebung der Summenfrequenz fneu = (f1 + f2)/2 ≈ f1≈ f2 mit fS = f2- f1 bekannt ist. Also:
yneu (t ) = 2 ⋅ yS, neu ⋅ cos[ωneu ⋅ t ]⋅ cos[π ⋅ f S ⋅ t ]
Bei gekoppelten Schwingungen stellt man außerdem fest, dass nicht in jedem Fall
die Energie des einen Pendels auf das andere Pendel übertragen wird. Zwei Fälle, die
so genannten Fundamentalschwingungen im Gleich- und Gegentakt, behalten ihre
Schwingungsform bei. Interessant ist, dass jede beliebige andere Schwingungsform
der Gesamtordnung stets durch eine Überlagerung der beiden Fundamentalschwingungen gebildet werden kann.
Es ist interessant, diesen Sachverhalten mittels des zur Verfügung stehenden Versuchsaufbaus nachzuweisen und die Kopplung der Pendel zu analysieren!
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