Hepatitis C – Die neue Leitlinie

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Leber/Galle/Pankreas
M. Dollinger
Hepatitis C – Die neue Leitlinie
Leber/Galle/Pankreas
Hepatitis C – Die neue Leitlinie
Matthias Dollinger
Übersicht
Einleitung
Epidemiologie und Infektionsrisiko
Prävention
Akute Hepatitis C
Chronische Hepatitis C
Ausblick
1
1
2
3
3
12
Einleitung
In der neuen nationalen S3-Leitlinie zur Hepatitis-C-
Epidemiologie und
Infektionsrisiko
Virus-(HCV-) Infektion wurden 2010 die Themen Pro-
Weltweit gelten ca. 170 Mio. Menschen als chronisch
phylaxe, Diagnostik und Therapie gegenüber der Leit-
infiziert mit dem Hepatitis-C-Virus [2]. Deutschland
linie von 2004 komplett neu überarbeitet und formal
zählt mit einer Seroprävalenz für Anti-HCV-Antikörper
von der Hepatitis B getrennt [1]. Um einen breiten
von 0,4 % der Bevölkerung – 84 % davon HCV-PCR (Po-
Konsensus zu erzielen, waren neben der Deutschen
lymerase-Kettenreaktion) positiv – zu den Ländern mit
Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrank-
niedriger Prävalenz [3]. Die bundesweite Inzidenz an
heiten (DGVS) und dem Kompetenznetz Hepatitis die
Gesellschaft für Virologie (GfV), die Deutsche Gesellschaft für Pathologie (DGP) und die Gesellschaft für
Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung e. V.
(GPGE) sowie Experten aus der Chirurgie und Vertreter
der Patientenverbände beteiligt. Ein Novum war die
Tabelle 1
Arbeitsgruppen der neuen nationalen S3-Leitlinie
zur HCV-Infektion.
Koordinatoren: W. E. Fleig, M. P. Manns, S. Zeuzem
Teilnahme der Österreichischen Gesellschaft für
Gastroenterologie (ÖGGH) und der Schweizerischen
Gesellschaft für Gastroenterologie (SGG), sodass eine
Organisationskomitee: C. Sarrazin, M. Dollinger,
M. Cornberg, U. Protzer
Leitlinie mit Gültigkeit im gesamten deutschen
Sprachraum geschaffen werden konnte. Begleitet von
einem Advisory Board aus international ausgewiesenen Experten wurde die Bearbeitung der verschiedenen Themen in 7 Arbeitsgruppen durchgeführt (Tab. 1),
die die entsprechenden Empfehlungen konzipierten
und der Konsensuskonferenz vorstellten.
Gastroenterologie up2date 7
Arbeitsgruppen:
1. Definition und Diagnosestellung der Hepatitis-C-VirusInfektion (S. Ross, P. Schirmacher)
2. Akute Hepatitis-C-Virus-Infektion und Prophylaxe
(H. Wedemeyer)
3. Indikationsstellung zur Therapie der chronischen
Hepatitis-C-Virus-Infektion (T. Berg)
4. Therapie der chronischen Hepatitis-C-Virus-Infektion
(C. Sarrazin)
5. Hepatitis-C-Virus-Infektion und Transplantation
(U. Neumann, H. Schmidt)
6. Koinfektionen bei Hepatitis-C-Virus-Infektion (U. Spengler)
7. Hepatitis-C-Virus-Infektion bei Kindern (S. Wirth)
ê 2011 ê DOI 10.1055/s-0030-1256120 ê VNR 2760512011060002768
1
2
Hepatitis C – Die neue Leitlinie
Neuerkrankungen betrug 2009 6,6 / 100 000 Einwoh-
Tabelle 2
ner; dies ist ein leichter Rückgang gegenüber den Vorjahren. Als mögliche Übertragungswege wurden laut
Screening auf das Vorliegen einer HCV-Infektion.
Robert-Koch-Institut der intravenöse Drogenkonsum,
Tätowierungen, Blutprodukte, operativ-diagnostische
Eingriffe, aber auch sexueller Kontakt und berufsbedingte Exposition genannt. Da eine wirkungsvolle
Eine Bestimmung von Antikörpern gegen HCV (Anti-HCV)
sollte erfolgen bei:
█
Impfung gegen Hepatitis C nicht existiert, muss mithilfe präventiver Maßnahmen versucht werden, die
█
█
Ansteckungsgefahr weiter zu minimieren.
█
Risikogruppen. Für eine Reihe von Personengruppen
gilt ein höheres Infektionsrisiko als für die restliche
Bevölkerung, diese sollten daher zusammen mit
Patienten mit erhöhten Leberwerten regelhaft auf das
Vorliegen einer Hepatitis-C-Infektion untersucht werden (Tab. 2). Das „Screening“ basiert auf der Bestimmung von Antikörpern gegen HCV (Anti-HCV) mit
█
█
█
█
█
█
█
Personen mit erhöhten „Transaminasen“ bzw. chronischer
Lebererkrankung
Empfängern von Blut oder Blutprodukten (vor 1992)
Transplantatempfängern oder Blut-, Organ- und Gewebespendern
Hämodialysepatienten
aktiven und ehemaligen Drogenkonsumierenden
Insassen von Justizvollzugsanstalten
HIV- und/oder HBV-Infizierten
Haushaltsangehörigen bzw. Sexualpartnern HCV-Infizierter
Kindern HCV-positiver Mütter
medizinischem Personal
Personen mit Migrationshintergrund aus Regionen mit
erhöhter Anti-HCV-Prävalenz
einem Immunoassay (Abb. 1). Positive (reaktive)
Befunde sollten zur Sicherung der Diagnose einer
aktiven HCV-Infektion durch einen HCV-RNA-Nach-
Prävention
weis (Nachweisgrenze mindestens 50 IU HCV-RNA/ml)
verifiziert werden. Ist die HCV-RNA nicht nachweisbar,
Drogenkonsum. Das höchste Infektionsrisiko in
kann zunächst von einer ausgeheilten Infektion ausge-
Deutschland geht vom intravenösen Drogenkonsum
gangen werden, eine Kontrolle sollte aber im Verlauf
aus. 35 % aller Neuinfektionen sind darauf zurückzu-
erfolgen. Bei Dialysepatienten, einer HIV-Koinfektion
führen, die Anti-HCV-Prävalenz beträgt in dieser Per-
oder Vorliegen einer Immunsuppression muss die
sonengruppe zwischen 30 und 90 % [4]. Neben aufklä-
HCV-RNA direkt bestimmt werden, da Antikörper bei
renden Maßnahmen sollte daher Drogenkonsumieren-
diesen Konstellationen fehlen können.
den, z. B. in Justizvollzugsanstalten, der Zugang zu sterilem Injektionsmaterial, zur Drogenberatung und zur
Bei Verdacht auf eine Hepatitis-C-Infektion sollten
Drogenbehandlung ermöglicht werden.
die HCV-Antikörper bestimmt werden, ein positiver
Befund muss mittels HCV-RNA-Nachweis bestätigt
Sexuelle und interfamiliäre Übertragung. Dagegen
werden.
ist das sexuelle Übertragungsrisiko zumindest in stabilen Partnerschaften mit < 1 % pro Jahr extrem gering [5],
V. a. HCV-Infektion
es steigt aber mit der Anzahl der Geschlechtspartner
oder bei verletzungsintensiven Sexualpraktiken, und
V. a. akute
Infektion/Immunkompromittierung
(HIV, Dialyse, postnatal)
keine akute Infektion/
keine Immunkompromittierung
Anti-HCV und
HCV-RNA
Anti-HCV
ein Kondomgebrauch sollte dringend empfohlen werden. Auch im interfamiliären Kontakt mit HCV-Infizierten ist eine Übertragung des Virus sehr selten, eine ge-
positiv
negativ
negativ
positiv
meinsame Nutzung von Gegenständen, die mit Blut
kontaminiert sein könnten (z. B. Zahnbürsten, Rasierer,
Rasierapparate, Nagelscheren, Spritzen), sollte jedoch
positiv
Kontrolle*
negativ
HCV-RNA
vermieden werden. Eine Einschränkung für Kinder mit
positiv
chronischer Hepatitis C, Gemeinschaftseinrichtungen
zu besuchen, ist dagegen nicht gerechtfertigt.
negativ
Berufsbedingte Infektionen. Eine besondere rechtakute
HCV-Infektion
Ausschluss
Hepatitis C
ausgeheilte
Hepatitis C
chronische
HCV-Infektion
liche Bedeutung kommt dem Schutz vor berufsbedingter Infektion zu. In Deutschland müssen Mitarbeiter in
medizinischen Berufen regelmäßig bzgl. ihres Hepati-
Abb. 1 Algorithmus der virologisch-serologischen Diagnostik bei klinischem Verdacht auf
eine HCV-Infektion [1]. * bei V. a. akute Infektion Kontrolle nach 2 – 4 und 6 – 8 Wochen
(Therapieindikation)
Gastroenterologie up2date 7
ê 2011
tis-C-Status untersucht werden [6]. Bei positivem HCVRNA-Nachweis werden verletzungsträchtige Tätigkei-
Leber/Galle/Pankreas
ten wie Operationen mit unterbrochener Sichtkontrolle
oder manueller Führung spitzer Instrumente untersagt.
Das Risiko, eine HCV-Infektion nach Stichverletzung
mit HCV-kontaminierten Nadeln zu entwickeln, beträgt bei europäischen Patienten ca. 0,4 % [7]. Unmit-
Praktisches Vorgehen I
Diagnostik und Therapie der akuten Hepatitis C
█
Bestimmung von Anti-HCV
█
bei Nachweis einer akuten
telbar nach der Verletzung/Kontamination sollten beim
(positiv 6 – 8 Wochen nach
Exponierten zur Statuserhebung Anti-HCV und ALT
bestimmt werden, beim Indexpatienten die HCV-RNA.
Infektion) und HCV-RNA (positiv
1 – 2 Wochen nach Infektion)
Eine Postexpositionsprophylaxe existiert nicht, daher
initial, falls negativ nochmals in
nate nach Infektion in Abhän-
Woche 2 – 4 sowie 6 – 8
gigkeit von Patientenwunsch
bei negativen Befunden Kon-
und positiven (junge/weibliche
trolle von Anti-HCV und Transaminasen in Woche 12 und 24
Patienten) oder negativen
Ausschluss relevanter Koinfek-
flussfaktoren auf die Spontanelimination des Virus bzw. den
sind regelmäßige Kontrollen der HCV-RNA und der
HCV-Antikörper bis Woche 24 beim Exponierten not-
█
wendig, um eine eventuelle Infektion rechtzeitig zu
diagnostizieren.
█
liäre Exposition; der generelle Umgang mit HCV-
chen innerhalb der ersten 3 Mo-
(Compliance des Patienten) Ein-
tionen (Hepatitis A, Hepatitis
Präventive Maßnahmen reduzieren das Infektionsrisiko durch Drogenkonsum, berufliche oder fami-
Hepatitis C Therapie mit (pegyliertem) Interferon α für 24 Wo-
█
B/D, HIV)
allgemein-internistische Status-
Behandlungserfolg
█
bei Erstdiagnose der akuten
Infizierten muss aber aufgrund des geringen Über-
liche Untersuchung, Blutbild,
Hepatitis C in den Monaten 4 – 6
nach Infektion immer antivirale
tragungsrisikos nicht gemieden werden.
Transaminasen, Bilirubin, Leber-
Therapie, da eine Spontanelimi-
syntheseparameter wie Albumin/Quick, TSH vor möglicher
nation nicht zu erwarten ist
Akute Hepatitis C
erhebung (Anamnese, körper-
Interferontherapie, Oberbauchsonografie etc.)
Definition und Klinik. Als akute Hepatitis C wird eine
Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus vor weniger als
6 Monaten bezeichnet. Sie verläuft meist asymptoma-
Zeitpunkt der Therapie sollte daher individuell in
tisch und wird daher nicht immer erkannt [8]. Seltener
Rücksprache mit dem Patienten erfolgen, ein Beginn
ist die klinisch manifeste Form der akuten Hepatitis C
nach den ersten 3 Monaten nach Neuinfektion führt
mit Ikterus und deutlich erhöhten Transaminasen, die
aber zu signifikant schlechteren Ergebnissen. Eine pro-
aber praktisch nie fulminant verläuft und in einigen
spektive, randomisierte Studie zum Vergleich der So-
Studien sogar häufiger zu einer spontanen Viruselimi-
forttherapie gegenüber einem verzögerten Therapie-
nation führte.
beginn wird in Deutschland derzeit durchgeführt.
Diagnostik und Verlauf. Diagnostisch sollte neben den
Die akute Hepatitis C verläuft meist asymptoma-
HCV-Antikörpern, die ein negatives serodiagnostisches
tisch, geht aber meistens in eine chronische Ver-
Fenster von 6 – 8 Wochen aufweisen, die HCV-RNA
laufsform über. Bei fehlender Spontanelimination
direkt bestimmt werden, da diese bereits 1 – 2 Wochen
des Virus sollte mit (pegyliertem) Interferon α als
nach Infektion nachweisbar ist. Gelingt der Nachweis
Monotherapie innerhalb von 3 Monaten nach In-
initial nicht, müssen weitere Kontrollen folgen (Abb. 1
fektion begonnen werden.
und „Praktisches Vorgehen I“). In 50 – 85 % der Fälle
geht die akute in eine chronische Infektion über, eine
rechtzeitige Behandlung innerhalb der ersten 3 Monate
Chronische Hepatitis C
ist jedoch mit einem dauerhaften virologischen Ansprechen bei 85 – 98 % der Patienten verbunden [9].
Natürlicher Verlauf
Therapie. Therapeutisch kann sowohl nicht pegyliertes
Definition und Klinik. Eine länger als 6 Monate fortbe-
als auch pegyliertes Interferon α als Monotherapie
stehende Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus mit po-
erfolgreich eingesetzt werden, ein zusätzlicher Nutzen
sitivem HCV-RNA-Nachweis kennzeichnet eine chroni-
für Ribavirin wurde bisher nicht gezeigt. Als zentraler
sche Hepatitis C. Der klinische Verlauf weist dabei eine
Faktor für den Behandlungserfolg stellte sich in den
große Variabilität auf, eine individuelle Prognoseab-
Studien die Compliance der Patienten heraus, niedriges
schätzung ist insbesondere in den Frühstadien nicht
Alter und weibliches Geschlecht sind dagegen mit einer
möglich. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ha-
höheren Spontanelimination des Virus assoziiert. Der
ben Personen mit chronischer Hepatitis-C-Virus-Infek-
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3
4
Hepatitis C – Die neue Leitlinie
als Prognoseparameter, unauffällige Befunde schließen
Tabelle 3
ein späteres Fortschreiten der Erkrankung keineswegs
Mit einer HCV-Infektion sicher oder möglich assoziierte extrahepatische Manifestationen.
Endokrinologische
Erkrankungen
█
█
█
Insulinresistenz/Diabetes mellitus
autoimmune Schilddrüsenerkrankungen
Wachstumshormon-(GH-) Insuffizienz
aus.
Extrahepatische Manifestationen. Ein bis zwei Drittel
der Patienten leiden unter Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Einschränkung der Leistungsfähigkeit, subklinischen kognitiven Störungen sowie psychomotorischer
Rheumatologische
Erkrankungen
█
█
█
█
█
█
gemischte Kryoglobulinämie
kryoglobulinämische Vaskulitis
periphere Neuropathie
rheumatoide Gelenkbeschwerden
Rheumafaktorpositivität
Sicca-Syndrom
Verlangsamung. Depressive Symptome unabhängig
von einer Interferon-basierten Therapie lassen sich bei
2 – 30 % der chronisch Infizierten nachweisen. Ursächlich hierfür scheinen Auswirkungen der HCV-Infektion
auf zentralnervöse Funktionen sowie die Neurotransmission zu sein. Zusätzlich ist eine Vielzahl weiterer
Nephrologische
Erkrankungen
█
Hämatologische
Erkrankungen
█
█
█
█
█
Dermatologische
Erkrankungen
█
█
█
█
membranoproliferative Glomerulonephritis (GN)
membranöse GN
lymphoproliferative Erkrankungen
monoklonale Gammopathie
idiopathische Thrombozytopenie
autoimmunhämolytische Anämie
palpable Purpura
Porphyria cutanea tarda
Lichen planus
Pruritus
extrahepatischer Symptome und Erkrankungen mit
einer Hepatitis C assoziiert worden (Tab. 3), 40 – 76 %
der Patienten mit einer chronischen Hepatitis-C-Infektion entwickeln im zeitlichen Verlauf mindestens eine
dieser extrahepatischen Manifestationen [11]. Als gesichert gilt mittlerweile der Zusammenhang zwischen
Hepatitis C und einer erhöhten Insulinresistenz sowie
einer Reihe von rheumatologischen (gemischte Kryoglobulinämie, kryoglobulinämische Vaskulitis und periphere Neuropathie), nephrologischen (membranoproliferative und membranöse Glomerulonephritis)
Sonstige Erkrankungen
█
█
█
█
█
Myopathie
Kardiomyopathie/Myokarditis
idiopatische Pulmonalfibrose
Schilddrüsenkarzinom
Prostatakarzinom
und hämatologischen (Non-Hodgkin-Lymphome
[NHL], monoklonale Gammopathie) Erkrankungen.
Die chronische HCV-Infektion führt in der Mehrzahl
aller Fälle zu einer langsam progredienten chronischen Hepatitis und geht mit einem deutlichen
tion aber ein signifikant erhöhtes leberbezogenes
Risiko für die Entwicklung einer Leberzirrhose,
Mortalitätsrisiko mit einer standardisierten Mortali-
eines hepatozellulären Karzinoms, aber auch einer
tätsratio von 16,8 (95 %–CI 15,4 – 18,3) [10]. Bei 2 – 35 %
extrahepatischen Manifestation einher.
der Patienten führt der Krankheitsprozess nach 20 – 25
Jahren zu einer Leberzirrhose. In diesem Stadium liegt
das 5-Jahres-Überleben bei ca. 80 – 90 %, wobei das
Therapieindikation
hepatozelluläre Karzinom (HCC) mit einer jährlichen
Inzidenz von ca. 4 % die Hauptkomplikation und auch
Aufgrund der mit ihr assoziierten erhöhten Morbidität
Haupttodesursache darstellt.
und Mortalität stellt die chronische Hepatitis C grundsätzlich eine behandlungsbedürftige Erkrankung dar.
Prognoseparameter. Virusparameter wie der HCV-
Die Begrenzung der Therapie auf Patienten mit erhöh-
Genotyp und die Höhe der Hepatitis-C-Virämie haben
ten Transaminasen oder fortgeschrittener Fibrose er-
keinen wesentlichen Einfluss auf den natürlichen Ver-
scheint wegen des variablen Verlaufs der Erkrankung
lauf der chronischen Hepatitis C. Dagegen scheint eine
nicht mehr gerechtfertigt. Zudem sinken die Chancen
Reihe von Wirtsfaktoren mit einer raschen Fibrosepro-
auf ein anhaltendes virologisches Ansprechen nach
gression assoziiert zu sein. Hierzu gehören männliches
Therapie mit zunehmendem Alter und Fortschreiten
Geschlecht, ein chronischer Alkoholkonsum, Koinfek-
der Fibrose. Eine frühzeitige Behandlung reduziert da-
tionen mit HBV oder HIV, deutlich erhöhte Transami-
gegen die HCV-induzierte Mortalität auch unabhängig
nasen, eine Fettleber, die chronische Hämodialyse und
von der Fibrose und wirkt damit kosteneffektiv [12, 13].
insbesondere das Alter des Patienten sowohl bei Infek-
Die Indikation zur Therapie oder Re-Therapie sollte da-
tion als auch im Verlauf. Dagegen eignen sich Trans-
her unter Berücksichtigung von Nutzen, Risiken und
aminasen und Fibrose in der Leberbiopsie nur bedingt
dem Wunsch des Patienten gestellt werden (Abb. 2).
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Leber/Galle/Pankreas
chronische HCV-Infektion
unvorbehandelt
chronische Hepatitis
vorbehandelt (Relapse/Nonresponse)
extrahepatische
Manifestation
Patientenwunsch
andere Gründe
Dringlichkeit
Re-Therapie
nein
Optimierung
Ersttherapie
ja
ja
ja
Kontraindikation für PEG-IFNα ± Ribavirin
Kontrolle alle 6–12
Monate, ggf. neue
Therapieoptionen
nein
Therapie mit PEG-IFNα/Ribavirin
Abb. 2 Algorithmus zur Therapieindikation bei chronischer Hepatitis C [1].
█
Therapiebezogene Diagnostik
Ist lediglich eine Beurteilung der Leberfibrose er-
HCV-Genotyp und HCV-RNA-Konzentration. Wäh-
wünscht, können nicht invasive, vorwiegend ultra-
rend HCV-Antikörper und der qualitative HCV-RNA-
schallbasierte Verfahren (Elastografie) zum Einsatz
Nachweis die Diagnose einer chronisch-infektiösen
kommen, deren Wert insbesondere in der Verlaufs-
Hepatitis etablieren, dienen die Bestimmung des HCV-
beurteilung liegt.
Genotyps und der HCV-RNA-Konzentration der Planung und Durchführung einer antiviralen Therapie
Kontrollen. Bei fehlender Therapieindikation reichen
(s. „Praktisches Vorgehen II“). Therapeutisch bedeut-
Kontrollen mittels klinischer Untersuchung und Labor
sam ist hier die Unterscheidung zwischen den Geno-
alle 6 – 12 Monate aus, liegt bereits eine Leberzirrhose
typen 2 und 3, die besser auf eine Behandlung anspre-
vor, sollte zumindest alle 6 Monate eine Oberbauch-
chen, und den Genotypen 1 sowie 4 – 6, die einer län-
sonografie zur Früherkennung eines HCC durchgeführt
geren Therapie bedürfen. Das Ansprechen der Patien-
werden.
ten auf die Behandlung wird mittels der HCV-RNAKonzentration überwacht.
Koinfektionen. Ein weiterer wesentlicher Teil der
Diagnostik ist der Ausschluss von Koinfektionen
(Hepatitis A, Hepatitis B/D und HIV), die ein anderes
Praktisches Vorgehen II
Diagnostische Maßnahmen zur Beurteilung der Therapieindikation
bei chronischer Hepatitis C
Bestimmung von Anti-HCV und
Transaminasen, Bilirubin, Lebersyntheseparameter wie Albu-
pen“). Falls negativ, wird eine Impfung gegen Hepatitis
HCV-RNA qualitativ (für Therapieindikation und/oder Infektio-
A und B empfohlen.
sität des Patienten)
Interferontherapie, Oberbauchsonografie, AFP bei erhöhtem
therapeutisches Vorgehen erforderlich machen
█
(s. „Therapie“, Abschnitt „Besondere Patientengrup-
█
Bestimmung des HCV-Genotyps
Leberbiopsie. Maßgebend für die Entscheidung, eine
und der HCV-RNA quantitativ
Leberbiopsie durchzuführen, ist die Frage, ob das diag-
(für Planung und Überwachung
der antiviralen Therapie)
nostische Ergebnis Einfluss auf die Indikation zur Therapie nimmt [14]. Die Histologie kann dabei folgende
█
Diagnose einer Hepatitis und deren Chronizität
(Absicherung bzw. Bestätigung)
█
Bestimmung der entzündlichen Aktivität (Grading)
█
Bestimmung des Fibroseausmaßes und einer mög-
Ausschluss relevanter Koinfektionen (Hepatitis A, Hepatitis B/
Fragen klären:
█
█
min/Quick, TSH vor möglicher
D, HIV)
allgemein-internistische Status-
HCC-Risiko etc.)
█
Leberbiopsie bei Konsequenzen
für Diagnose, Verlaufsbeurteilung oder Therapie; ggf. nicht
invasive Verfahren (Elastografie)
für die ausschließliche Beurteilung der Leberfibrose
erhebung (Anamnese, körperliche Untersuchung, Blutbild,
lichen Architekturstörung (Staging)
█
Aussagen zur Ätiologie (insbesondere Komorbidität)
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6
Hepatitis C – Die neue Leitlinie
Eine dekompensierte Zirrhose stellt prinzipiell eine
Tabelle 4
Kontraindikation für eine Interferon-basierte antivirale
Kontraindikationen einer Interferon-α-basierten
Therapie.
Therapie dar, da die Behandlung mit schweren Nebenwirkungen einhergehen kann (insbesondere Infektionen/Sepsis) [15]. Diese Patienten müssen für eine
█
Schwere Zytopenien
█
Malignom mit ungünstiger Prognose
Lebertransplantation evaluiert werden und können
dann aber in Einzelfällen im Transplantationszentrum
einer Therapie zugeführt werden, um das Risiko der
█
Schwerwiegende kardiopulmonale Erkrankungen
HCV-Re-Infektion zu minimieren.
█
Schwere aktive Autoimmunerkrankungen
Patienten mit Vortherapie. Bei Patienten mit einem
█
Schwangerschaft, Stillen
█
Kinder unter 3 Jahre
█
Aktueller Alkoholabusus
fehlenden Ansprechen auf eine Vortherapie ist in Abhängigkeit vom virologischen Ansprechen in der Ersttherapie, von den Heilungschancen einer Re-Therapie
und dem Stadium der Lebererkrankung eine Indikation
zur erneuten Behandlung gegeben, die möglichst durch
ein spezialisiertes Zentrum erfolgen sollte.
█
Unkontrollierter Drogenabusus
█
Unbehandelte schwere psychiatrische Erkrankung
pie mit pegyliertem Interferon α plus Ribavirin spre-
█
Akute Suizidalität
█
█
Schwere akute und chronische neurologische Erkrankungen
Prognostisch günstige Faktoren, die für eine Re-Therachen sind:
Vortherapie mit nicht pegyliertem Interferon entweder als Monotherapie oder in Kombination mit
Ribavirin
█
nicht optimale Dosierungen von Ribavirin und
pegyliertem Interferon in der Vortherapie
█
Indikationen
Patienten ohne Vortherapie. Bei therapienaiven
█
nicht optimale Therapiedauer in der Vortherapie
█
signifikante Reduktion der HCV-RNA in der Vor-
Patienten sollte eine chronische Hepatitis C antiviral
behandelt werden
█
therapie
█
Infektion mit HCV-Genotyp 2 oder 3
bei serologischem Nachweis einer aktiven Virusreplikation (HCV-RNA positiv) sowie
Die chronische Hepatitis C stellt grundsätzlich eine
█
bei Nachweis extrahepatischer Manifestationen,
behandlungsbedürftige Erkrankung dar, insbeson-
█
aus beruflichen oder sozialen Gründen zur Elimina-
dere bei Nachweis einer fortgeschrittenen Fibrose
tion eines Infektionsrisikos,
oder kompensierten Leberzirrhose.
█
falls der dringende Wunsch des Patienten für eine
█
Therapie besteht.
Kontraindikationen
Die Kontraindikationen zur Therapie der chronischen
Eine Ausnahme stellen extrahepatische Manifestatio-
Hepatitis C ergeben sich im Wesentlichen aus den Ne-
nen wie immunvermittelte Zytopenien, Myopathien
benwirkungen der eingesetzten Medikamente (Tab. 4).
oder Neuropathien dar, bei denen ein signifikantes
Einige Konstellationen können die Therapiefähigkeit
Risiko der Aggravation der Erkrankung unter einer
eines Patienten einschränken, stellen aber keine abso-
Interferon-basierten Therapie besteht. Eine eventuelle
luten Kontraindikationen für die Behandlung dar. In
Behandlung sollte in diesen Fällen nur in einem erfah-
solchen Situationen bedarf es einer individuellen Ab-
renen Zentrum unter engmaschiger Überwachung
wägung der Vor- und Nachteile einer antiviralen The-
erfolgen.
rapie, die nach einem ausführlichen Gespräch mit dem
Patienten getroffen werden sollte (Tab. 5). Begleiter-
Dringende Indikation. Eine dringende Therapieindi-
krankungen müssen in Zusammenarbeit mit anderen
kation besteht bei Patienten mit bereits nachweisbaren
Fachdisziplinen vor Therapiebeginn adäquat behandelt
Komplikationen im Sinne einer
werden, die Aufklärung über potenzielle Nebenwir-
█
deutlich fortgeschrittenen Fibrose und
kungen der Behandlung sowie die Notwendigkeit der
█
einer kompensierten Leberzirrhose.
Kontrazeption ist obligat.
Gastroenterologie up2date 7
ê 2011
Leber/Galle/Pankreas
Tabelle 5
In mehreren Studien konnte nachgewiesen werden,
dass die Elimination des Hepatitis-C-Virus die Progres-
Konstellationen, bei denen eine individuelle
Nutzen-Risiko-Abwägung einer Interferon-αbasierten Therapie erfolgen sollte.
█
Dekompensierte Zirrhose vor geplanter Lebertransplantation
sion der Lebererkrankung sowie möglicher extrahepatischer Manifestationen verhindert [16, 17], das Risiko
eines hepatozellulären Karzinoms vermindert [18] und
die Lebensqualität verbessert [19]. Zusätzlich wird das
Infektionsrisiko insbesondere im sozialen und beruflichen Umfeld aufgehoben.
█
Wenig oder moderat aktive Autoimmunerkrankungen
█
Hämoglobinopathien
Standardtherapie. Die Therapie der chronischen Hepatitis C erfolgt mit Interferon α in der Regel in Kombination mit einer gewichtsadaptierten Dosierung von
█
Asymptomatische koronare Herzerkrankungen/
unbehandelter Hypertonus/vaskuläre Erkrankungen
█
Unbehandelte Schilddrüsenerkrankungen
█
Epilepsie
█
Polyneuropathie
█
Frühere schwere Depression
█
Suizidversuche in der Vorgeschichte
█
Aktuell bestehende psychische Erkrankungen
Ribavirin (Tab. 6). Eine Ribavirin-Monotherapie führt
nicht zu einem virologischen Ansprechen, bei Kontraindikationen für Ribavirin kann jedoch eine Monotherapie mit Interferon durchgeführt werden. Durch
die Einführung des pegylierten Interferon alfa-2a (40kDa-PEG-Molekül) bzw. -2b (12-kDa-PEG-Molekül)
wurde die Halbwertszeit des Standard-Interferons von
8 Stunden auf 60 – 80 Stunden (PEG-Interferon alfa-2a)
█
Unzureichend eingestellter Diabetes mellitus
█
Neurodermitis, Psoriasis, Sarkoidose
█
Retinopathien
█
Organtransplantation (nicht Lebertransplantation)
█
Floride Infektionen
bzw. 30 – 40 Stunden (PEG-Interferon alfa-2b) verlängert, woraus eine jeweils einmal wöchentliche Applikation resultiert. Da sich die Kombination der pegylierten Interferone mit Ribavirin der Kombination mit
dem Standard-Interferon überlegen zeigte, gilt diese
derzeit als Standardtherapie [20, 21].
Tabelle 6
Für die Behandlung der chronischen Hepatitis C zugelassene Medikamente.
Medikamente
Dosierungen
Alfa-Interferone
Kontraindikationen für die Behandlung ergeben
sich im Wesentlichen aus den Nebenwirkungen der
eingesetzten Medikamente.
pegyliertes Interferon alfa-2a
(Pegasys)
180 µg 1 × pro Woche
pegyliertes Interferon alfa-2b
(PEG-Intron)
1,5 µg/kg Körpergewicht 1 × pro Woche
Interferon alfa-2a (Roferon)
3 – 4,5 Mio. I.E. 3 × pro Woche
Interferon alfa-2b (Intron A)
3 Mio. I.E. 3 × pro Woche
Therapie
█
Therapeutisches Konzept
Ziel. Das Ziel der Therapie der chronischen Hepatitis C
ist die Elimination des Hepatitis-C-Virus und damit
verbunden die Senkung der Morbidität und Mortalität
der HCV-Infektion. Als Surrogatmarker der HCV-Eradi-
Ribavirin
Ribavirin (Copegus)
800 – 1200 mg aufgeteilt auf 2 Tagesdosen in Kombination mit PEG-Interferon
oder Standard-Interferon α
Ribavirin (Rebetol)
600 – 1400 mg aufgeteilt auf 2 Tagesdosen in Kombination mit PEG-Interferon
oder Standard-Interferon α
kation dient die dauerhaft fehlende Nachweisbarkeit
der HCV-RNA im Blut mindestens 24 Wochen nach
Therapieende bei Untersuchung mit einem hochsensitiven Assay (Nachweisgrenze mindestens 50 IU HCVRNA/ml). Wird dieses Ziel erreicht, ist die Wahrscheinlichkeit eines späteren Rückfalls mit 1 – 2 % sehr gering.
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Hepatitis C – Die neue Leitlinie
Tabelle 7
Virologisches Ansprechen.
Begriffe
Definition
Ansprechen unter Therapie
Rasches virologisches Ansprechen (rapid virologic
response, RVR)
rascher Abfall der HCV-RNA ohne Nachweis zu Woche 4 der Therapie (Rapid-Responder)
Frühes virologisches Ansprechen (early virologic
response, EVR)
Abfall der HCV-RNA zu Woche 12 der Therapie um mindestens 2 log10-Stufen im Vergleich
zur Ausgangsviruslast oder unter einen absoluten Wert von 30 000 IU/ml
Komplettes frühes virologisches Ansprechen
(complete early virologic response, cEVR)
Abfall der HCV-RNA ohne Nachweis zu Woche 12 der Therapie (Standard-Responder)
Langsames virologisches Ansprechen (slow response)
frühes virologisches Ansprechen und fehlender HCV-Nachweis zu Woche 24 der Therapie
(Slow-Responder)
Durchbruch (break-through, BT)
Anstieg der HCV-RNA um mehr als eine log10-Stufe unter Therapie oder positiver
HCV-RNA-Befund noch unter Behandlung nach initial komplettem virologischem
Ansprechen
Fehlendes Therapieansprechen (non-response, NR)
Abfall der HCV-RNA-Konzentration um weniger als 2 log10-Stufen bis zu Woche 12 der
Therapie oder Nachweis der HCV-RNA zu Woche 24 der Therapie (Non-Responder)
Ansprechen nach Therapie
Dauerhaftes virologisches Therapieansprechen
(sustained virologic response, SVR)
fehlender Nachweis der HCV-RNA mindestens 24 Wochen nach dem Ende der Therapie
Rückfall (Relapse)
fehlender Nachweis der HCV-RNA zum Therapieende, gefolgt von einem positiven
HCV-RNA-Befund nach Therapieende
Ziel der medikamentösen Therapie ist die Elimina-
langfristiges virologisches Ansprechen nicht zu erwar-
tion des Hepatitis-C-Virus, die mit einer Reduzie-
ten ist [22].
rung der Morbidität und Mortalität verbunden ist.
Als Standardtherapie gilt derzeit die Kombination
Genotyp 1 (4 – 6). Den ursprünglichen Zulassungsstu-
aus pegyliertem Interferon α und Ribavirin in ge-
dien entsprechend werden Patienten mit dem Genotyp
wichtsadaptierter Dosierung.
1 für 48 Wochen behandelt (Abb. 3). Bei Patienten mit
einem raschen virologischen Therapieansprechen
█
Individualisierte Therapiedauer
(RVR, Rapid-Responder), definiert anhand einer nicht
Die Dauer der Behandlung richtet sich nach dem HCV-
nachweisbaren HCV-RNA zu Woche 4 der Therapie und
Genotyp und der Viruskinetik, d. h. dem virologischen
einer niedrigen HCV-RNA-Konzentration vor Therapie-
Ansprechen unter Therapie (Tab. 7). In den letzten Jah-
beginn (< 600 000 – 800 000 IU/ml), kann die Therapie
ren konnte die Therapiedauer zunehmend optimiert
jedoch auf 24 Wochen reduziert werden, ohne die An-
und auf den individuellen Patienten zugeschnitten
sprechraten zu gefährden [23]. Dagegen sollte bei sog.
werden. Bei niedriger Ausgangsviruslast und einem
Slow-Respondern, Patienten mit einem Abfall der HCV-
raschen Abfall der Viruslast unter die Nachweisgrenze
RNA um mindestens 2 log10-Stufen nach 12 Wochen
eines hochsensitiven HCV-RNA-Assays ist eine Thera-
Therapie, aber noch nachweisbarer HCV-RNA und
pieverkürzung möglich. Bei langsamem Abfall der
Negativierung erst bis zu Woche 24, die Therapie auf
HCV-RNA-Konzentration ist dagegen eine Therapie-
72 Wochen verlängert werden [24].
verlängerung notwendig. Bei fehlendem virologischem
Ansprechen (Non-Response) zu Woche 12 bzw. 24
sollte die Therapie vorzeitig beendet werden, da ein
Gastroenterologie up2date 7
ê 2011
Leber/Galle/Pankreas
Therapiebeginn (HCV-RNA-Konzentration)
Woche 4
HCV-RNA-Bestimmung
< 2 log Abfall bzw. > 30 000 lU/ml
Therapieabbruch
Woche 12
HCV-RNA-Bestimmung
HCV-RNA
< 12–15 lU/ml1
+
HCV-RNA
< 12–15 lU/ml1
vor Therapie
< 6–8 x 105
lU/ml2
Woche 24
HCV-RNA-Bestimmung
HCV-RNA positiv
Therapieabbruch
HCV-RNA
< 12–15 lU/ml1
24 Wochen Therapie
48 Wochen Therapie
72 Wochen Therapie
Rapid-Responder RVR
Standard-Responder cEVR
Slow-Responder
Abb. 3 Therapiealgorithmus bei HCV-Infektion Genotyp 1 [1].
1
HCV-RNA mit einem hochsensitiven Assay nicht nachweisbar
2
keine Therapieverkürzung bei negativen Prädiktoren wie fortgeschrittene Fibrose/Zirrhose oder Insulinresistenz
Therapiebeginn (HCV-RNA-Konzentration)
Woche 4
HCV-RNA-Bestimmung
HCV-RNA
< 12–15 lU/ml1
HCV-RNA
< 12–15 lU/ml1
Woche 12
HCV-RNA-Bestimmung
< 2 log Abfall
Therapieabbruch
+
vor Therapie
< 8 x 105 lU/ml2
16 Wochen Therapie
HCV-RNA
≥ 2 log Abfall
24 Wochen Therapie
48 Wochen Therapie
Abb. 4 Therapiealgorithmus bei HCV-Infektion Genotyp 2 / 3 [1].
1
HCV-RNA mit einem hochsensitiven Assay nicht nachweisbar
2
keine Therapieverkürzung bei negativen Prädiktoren wie fortgeschrittene Fibrose/Zirrhose
Bei Patienten mit einer HCV-Genotyp-4-Infektion
niedrig, die Frage nach einer Therapieverlängerung auf
liegen inzwischen eigenständige Studien zu durch-
36 oder 48 Wochen bei solchen Patienten kann aber
schnittlichen Ansprechraten, Abbruchregeln und Indi-
gegenwärtig noch nicht abschließend beantwortet
vidualisierung der Therapiedauer vor, wesentliche Än-
werden. Daten aus der Vergleichsstudie einer 24- ver-
derungen gegenüber dem Genotyp 1 ergeben sich aber
sus 48-wöchigen Therapie unabhängig von einem RVR
nicht. Die Genotypen 5 und 6 sollten aufgrund der un-
zeigen sowohl bei Patienten mit einer hohen Aus-
zureichenden Datenlage grundsätzlich für 48 Wochen
gangsviruslast (> 800 000 IU/ml) als auch bei Patienten
behandelt werden.
mit einer fortgeschrittenen Fibrose/Zirrhose ein besseres Therapieansprechen nach 48 Wochen, sodass eine
Genotyp 2 / 3. Patienten mit den Genotypen 2 und 3
Therapieverlängerung in Betracht gezogen werden
werden standardmäßig für 24 Wochen therapiert
kann [26].
(Abb. 4). Bei einer niedrigen Ausgangsviruslast von
< 800 000 IU/ml und einem raschen virologischen The-
Die Dauer der Behandlung richtet sich nach dem
rapieansprechen (RVR, Rapid-Responder) kann jedoch
HCV-Genotyp und der Viruskinetik. Bei niedriger
auch hier eine Verkürzung der Therapie auf 16 Wochen
Ausgangsviruslast und einem raschen Abfall der
erwogen werden, falls negative Prädiktoren wie fort-
HCV-RNA-Konzentration ist eine Therapieverkür-
geschrittene Fibrose oder niedrige Transaminasen vor
zung möglich, bei langsamem Abfall der Viruslast
Therapiebeginn fehlen [25]. Wird ein RVR nicht er-
dagegen eine Therapieverlängerung notwendig.
reicht, sind die dauerhaften virologischen Ansprechraten dagegen auch nach einer 24-wöchigen Therapie
Gastroenterologie up2date 7
ê 2011
9
10
Hepatitis C – Die neue Leitlinie
Relapse oder Non-Response. Für die Behandlung von
frühzeitig entdeckt und behandelt werden (s. „Prakti-
Patienten mit fehlendem dauerhaftem Ansprechen auf
sches Vorgehen III“).
eine Vortherapie durch Relapse oder Non-Response
steht gegenwärtig nur die Gabe von pegyliertem Inter-
Kontrolluntersuchungen. Eine Kontrolle unter antivi-
feron und Ribavirin zur Verfügung. Eine Re-Therapie
raler Therapie sollte zu Woche 2, 4, 8, 12 und danach
ist in beiden Fällen grundsätzlich möglich und auch
alle 4 – 6 Wochen bis zum Therapieende erfolgen. Dabei
zugelassen, sollte aber möglichst von einem erfahrenen
müssen das Blutbild (Woche 2), die Transaminasen und
Experten durchgeführt werden. Neben einer Optimie-
entsprechend dem Stadium der Lebererkrankung und
rung des Managements von Nebenwirkungen zur Ver-
evtl. Begleiterkrankungen weitere Parameter, wie z. B.
meidung von Dosisreduktionen, Therapiepausen und
der Leber- und Nierenfunktion, untersucht werden.
vorzeitigen Therapieabbrüchen hat sich bei der Re-
Eine Kontrolle der Schilddrüsenfunktion sollte in 12-
Therapie eine Verlängerung der Behandlung über min-
wöchigen Abständen erfolgen. Eine bei Therapiebeginn
destens 48 und bei langsamem virologischem Abfall
bekannte Störung der Schilddrüsenfunktion, ein Dia-
sowie bei Non-Respondern die Therapieverlängerung
betes mellitus, ein arterieller Hypertonus oder eine ko-
auf 72 Wochen etabliert. Eine niedrig dosierte Lang-
ronare Herzerkrankung stellen grundsätzlich keine
zeitmonotherapie mit pegyliertem Interferon α zur
Kontraindikation zur antiviralen Therapie dar, sollten
Verhinderung der Fibroseprogression bzw. klinischer
aber medikamentös gut eingestellt sein.
Endpunkte (Dekompensation der Leberzirrhose, Entwicklung eines HCC) kann derzeit nicht empfohlen
Psychiatrische Erkrankungen. Auch Patienten mit
werden. Ergebnisse zu weiteren Studien mit diesem
psychiatrischen Vorerkrankungen können bei stabiler
Therapieansatz stehen noch aus.
Einstellung und engmaschigen Kontrollen in Kooperation mit einem erfahrenen Psychiater erfolgreich be-
█
Nebenwirkungen und Kontrollen
handelt werden [27]. Die Therapie bei Suchterkran-
Die meisten Patienten entwickeln unter einer Kombi-
kungen setzt jedoch ein stabiles Betreuungsverhältnis
nationstherapie mit Interferon α und Ribavirin Neben-
voraus und sollte nur in enger Kooperation der betei-
wirkungen. Wesentlich für den Erfolg der Behandlung
ligten Fachkollegen (Suchtmedizin, Psychiatrie, Hepa-
ist jedoch, eine Dosisreduktion oder gar Therapiepau-
tologie, Infektiologie) erfolgen [28].
sen zu vermeiden. Nebenwirkungen sollten daher
Therapieabbruch. Wird der Patient optimal geführt, ist
in den meisten Fällen ein Therapieabbruch vermeidbar.
Ausnahmen stellen eine akute Suizidgefahr, eine inter-
Praktisches Vorgehen III
stitielle Pneumonitis oder eine Schwangerschaft trotz
Vorgehen bei Nebenwirkungen der Kombinationstherapie
(Interferon α/Ribavirin)
█
█
█
█
Kontrazeption dar, hier muss die antivirale Behandlung
sofort beendet werden.
generell: vor Modifikation der
notwendig Reduktion des Inter-
antiviralen Therapie Behandlung
feron α, vorher ggf. Erythropoe-
der Nebenwirkungen
grippale Symptome: Paraceta-
tingabe erwägen (keine Evidenz
mol (500 – 1000 mg bis zu
faktoren)
Hypo- bzw. Hyperthyreose: Sub-
Die antivirale Behandlung extrahepatischer Manifesta-
stitution mit Schilddrüsenhor-
auch zu einer Verschlechterung der klinischen Symp-
aufnahme-Hemmer (SSRI)
monen bzw. Betablocker und
tomatik führen und muss in jedem Fall individuell ab-
Cave: bei Suizidgefahr
thyreostatische Therapie
Hautveränderungen: je nach Art
gewogen und mit dem Patienten besprochen werden.
und Ausprägung topische
ten Syndrome gibt es die größte Zahl an Studien, ein
3 × pro Tag)
Depression: Serotonin-Wieder-
Abbruch der Behandlung
Blutbildveränderungen (je nach
für Granulozyten-Wachstums█
█
individuellem Fall können Hämoglobinwerte < 10 g/dl,
█
Thrombozyten < 30 000/µl und
Leukozyten < 1000/µl bzw. Neutrophile < 500/µl toleriert werden): Reduktion des Ribavirin
█
Behandlung
interstitielle Pneumonitis:
Abbruch der Behandlung
Schwangerschaft trotz
Kontrazeption: Abbruch der
Behandlung
schrittweise um 200 mg, falls
Gastroenterologie up2date 7
Besondere Patientengruppen
█
Extrahepatische Manifestationen
tionen kann zu einer Verbesserung, in Einzelfällen aber
Für die gemischte Kryoglobulinämie und die assoziiervirologisches Ansprechen ist meist streng mit einer
klinischen Besserung der Symptome assoziiert. Bei Patienten mit einem fehlenden Ansprechen auf die antivirale Therapie und Persistenz des KryoglobulinämieSyndroms wird primär eine Kurzzeittherapie mit Rituximab ggf. in Kombination mit einer antiviralen Therapie empfohlen. Bei niedrig malignen lymphoprolifera-
ê 2011
Leber/Galle/Pankreas
tiven Syndromen/Non-Hodgkin-Lymphomen kann
Immundefekt besonders rasch verläuft. Zusätzlich
eine antivirale Therapie in Assoziation zum virologi-
tragen HIV-positive Patienten mit gleichzeitiger Hepa-
schen Ansprechen auch zu einem hämatologischen
titis C ein erhöhtes Risiko, unter einer antiretroviralen
Ansprechen führen. Bei höhergradigen Lymphomen
Therapie (HAART) einen toxischen Leberschaden zu
steht die Chemotherapie ggf. gefolgt von einer antivi-
entwickeln.
ralen Behandlung im Vordergrund.
Therapieformen. Bei HBV/HCV-Koinfektion wird ini█
Transplantation
tial eine Interferon-basierte Therapie analog der The-
Lebertransplantation. Patienten mit dekompensierter
rapie bei HCV-Monoinfektion empfohlen, falls not-
HCV-Zirrhose weisen ein Risiko von mindestens 50 %
wendig kann eine Behandlung mit einem Nukleos(t)id-
auf, innerhalb von 5 Jahren an ihrer Erkrankung zu
Analogon folgen. Bei der HI-Virus-Infektion steht zu-
versterben, während mit einer Lebertransplantation
nächst das Erreichen einer stabilen Immunlage auch
ein 5-Jahres-Überleben von 70 – 80 % erreicht wird. Die
mittels antiretroviraler Therapie im Vordergrund, hier-
Transplantation stellt daher die Ultima Ratio bei Pa-
zu sollten Medikamente mit geringem lebertoxischem
tienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose und/oder
Potenzial bevorzugt werden. Die besten Ergebnisse für
einem hepatozellulären Karzinom dar. Nach der Trans-
eine anschließende Behandlung der Hepatitis C (analog
plantation kommt es unter der Immunsuppression in
zur Monoinfektion) werden bei einer CD4-Zellzahl
der Regel zu einer Re-Infektion der Leber, die zu einer
> 500/µl erreicht [30].
Hepatitis unterschiedlicher Ausprägung und bei weniger als 10 % der Patienten zu einer rasch progredienten
█
Kinder und Jugendliche
fibrosierend cholestatischen Hepatitis führen kann. Da
Übertragung. Es ist nicht genau bekannt, wie viele
die immunsuppressive Therapie den wichtigsten be-
Kinder und Jugendliche in Deutschland an einer chro-
einflussbaren Risikofaktor darstellt, sollten insbeson-
nischen Hepatitis C leiden, die Prävalenz liegt aber un-
dere eine intensivierte Immunsuppression und häufige
ter 0,1 %. Der wesentliche Übertragungsweg bei Kin-
Dosisänderungen vermieden werden. Bei rekurrenter
dern ist die vertikale Transmission (ca. 5 % bei HCV-
Hepatitis C nach Transplantation kann ein erneuter an-
RNA-positiver Mutter), da die parenterale Infektion
tiviraler Therapieversuch unternommen werden [29].
nahezu keine Rolle mehr spielt. Eine hochgradige
Virämie zur Zeit der Entbindung und eine HIV-Infek-
Andere Organtransplantationen. Dagegen ist eine In-
tion sind disponierende Faktoren. Bei Jugendlichen
terferon-basierte Therapie nach Transplantation ande-
können auch der intravenöse Drogengebrauch und
rer Organe (inklusive Knochenmark) aufgrund der not-
Sexualkontakte eine Rolle spielen.
wendigen Immunsuppression und des Risikos einer
Abstoßungsreaktion in der Regel nicht möglich. Hier ist
Klinik. Der klinische Verlauf ist in der Regel unauffällig
eine Abklärung und ggf. Behandlung einer HCV-Infek-
und ohne ausgeprägte Symptomatik. Die histologisch
tion im Vorfeld dringend geboten.
nachweisbare entzündliche Aktivität und die histopathologischen Leberbefunde sind bei Kindern weniger
█
Koinfektion mit HBV/HIV
stark ausgeprägt als bei Erwachsenen, eine Leberzir-
Koinfizierte Patienten haben in den meisten Fällen eine
rhose bis zum Erreichen des Erwachsenenalters wird
schlechtere Prognose und sollten daher konsequent
bei weniger als 10 % der Patienten beobachtet. Spon-
behandelt werden. So ist sowohl die akute HCV-Super-
taneliminationen des Virus sind möglich und werden
infektion bei bestehender chronischer Hepatitis B als
zwischen 6 und 15 % geschätzt.
auch umgekehrt die akute HBV-Superinfektion bei bestehender chronischer Hepatitis C häufig durch schwe-
Diagnostik. Die Vorgehensweise zur Diagnose einer
re Verläufe bis hin zum fulminanten Leberversagen
Hepatitis C unterscheidet sich im Kindes- und Jugend-
charakterisiert. Diese Komplikation lässt sich durch
alter nicht wesentlich von der bei Erwachsenen. Der für
eine rechtzeitige HBV-Impfung vermeiden. Zusätzlich
die Praxis wichtigste Marker der aktiven Virusreplika-
ist bei Patienten mit HBV/HCV-Koinfektion eine höhere
tion und damit der Infektiosität ist der Nachweis der
Rate an Komplikationen der Leberzirrhose beschrieben,
HCV-RNA. Die Indikation zur Behandlung wird ent-
insbesondere eine etwa verdoppelte HCC-Inzidenz im
sprechend anhand dieses Parameters gestellt. Eine his-
Vergleich zur HBV- oder HCV-Monoinfektion. Bei
tologische Untersuchung ist bei somatischem Wohlbe-
HIV-positiven Patienten mit gleichzeitiger Hepatitis C
finden und normalem sonografischem Befund nicht
kommt es ebenfalls zu einer beschleunigten Progres-
notwendig.
sion der Lebererkrankung, die bei fortgeschrittenem
Gastroenterologie up2date 7
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11
12
Hepatitis C – Die neue Leitlinie
Kernaussagen
Prophylaxe und akute Hepatitis C
Bei Verdacht auf eine Infektion sollten
mit positivem HCV-RNA-Nachweis
verhindern, das Risiko eines hepato-
kennzeichnet eine chronische Hepatitis
zellulären Karzinoms zu vermindern,
die HCV-Antikörper bestimmt werden,
C, die bei 2 – 35 % der Patienten nach
die Lebensqualität zu verbessern und
ein positiver Befund muss mittels HCVRNA-Nachweis bestätigt werden. Bei
20 – 25 Jahren zu einer Leberzirrhose
█
akuter Hepatitis C, Dialysepatienten,
█
█
führt.
Aufgrund der mit ihr assoziierten
█
das Infektionsrisiko aufzuheben.
Die Standardtherapie der chronischen
Hepatitis C erfolgt mit pegyliertem
einer HIV-Koinfektion oder Vorliegen
erhöhten Morbidität und Mortalität
Interferon alfa-2a oder -2b in Kombina-
einer Immunsuppression sollte direkt
stellt die chronische Hepatitis C grund-
tion mit Ribavirin in gewichtsadaptier-
die HCV-RNA bestimmt werden, da
sätzlich eine behandlungsbedürftige
Antikörper (noch) fehlen können.
Eine Postexpositionsprophylaxe exis-
Erkrankung dar, erhöhte Transaminasen
█
ter Dosierung.
Die Dauer der Behandlung richtet sich
oder eine fortgeschrittene Fibrose sind
keine notwendigen Voraussetzungen.
nach dem HCV-Genotyp und der Virus-
tiert nicht, eine Monotherapie der akuten Hepatitis C mit (pegyliertem) Inter-
Kontraindikationen für die Behandlung
und einem raschen Abfall der HCV-RNA-
feron α innerhalb der ersten 3 Monate
ergeben sich im Wesentlichen aus den
Konzentration ist eine Therapieverkür-
erreicht aber ein dauerhaftes virologi-
Nebenwirkungen der eingesetzten
sches Ansprechen bei 85 – 98 % der
Patienten.
Medikamente.
zung möglich, bei langsamem Abfall
der Viruslast dagegen eine Therapie-
kinetik. Bei niedriger Ausgangsviruslast
verlängerung notwendig.
Therapie der chronischen Hepatitis C
Ziel der Therapie ist die Elimination des
Natürlicher Verlauf und Therapie-
█
█
Hepatitis-C-Virus, um eine Progression
indikation bei chronischer Hepatitis C
Eine länger als 6 Monate fortbestehende Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus
█
Wesentlich für den Erfolg der Behandlung ist ein konsequentes Management
der Lebererkrankung sowie möglicher
der Nebenwirkungen der Medikamente, um eine Dosisreduktion oder gar
extrahepatischer Manifestationen zu
Therapiepausen zu vermeiden.
Therapie. Die Behandlung kann aufgrund der Zulassungsbestimmungen frühestens ab dem vollendeten
Ausblick
dritten Lebensjahr begonnen werden. Dies steht einerseits im Zusammenhang mit dem Profil der uner-
Jede Leitlinie kann nur für einen begrenzten Zeitraum
wünschten Wirkungen und andererseits mit der Tatsa-
gelten, für die Hepatitis-C-Leitlinie ist eine Überarbei-
che, dass bis zu diesem Alter eine gewisse Chance auf
tung in 3 Jahren geplant. Einige Neuerungen, die ins-
eine spontane Viruselimination besteht. Die Kombina-
besondere die Therapie der chronischen Hepatitis C
tionstherapie wird analog zur Behandlung bei Erwach-
betreffen werden, zeichnen sich aber bereits jetzt ab.
senen mit vergleichbaren Chancen einer Heilung
durchgeführt. Die Behandlung wird in dieser Alters-
Interleukin 28B. Hierzu gehört die Entdeckung, dass
gruppe besser als bei Erwachsenen toleriert, es kann
der individuelle Therapieerfolg wesentlich von einem
aber zu einer Reduktion der Wachstumsgeschwindig-
genetischen Wirtsfaktor, der Kodierung des Interleu-
keit kommen, die sich nach Absetzen der Medikation
kin-(IL-) 28B, beeinflusst wird [31]. IL-28B hat eine
wieder normalisiert.
ähnliche antivirale Wirkung wie das Interferon α und
spielt eine wichtige Rolle in der angeborenen Immun-
Die Behandlung der HCV-Infektion mit extrahepa-
antwort. Patienten mit einer günstigen Genvariante
tischen Manifestationen oder im Rahmen einer
(z. B. IL-28B C/C) sprechen besser auf eine Kombina-
Transplantation, bei bestehenden Koinfektionen
tionstherapie mit Interferon α und Ribavirin an, auch
mit dem Hepatitis-B/D- oder HI-Virus sowie bei
die Spontanelimination bei Neuinfektion scheint mit
Kindern und Jugendlichen ist eigenen Algorithmen
dem Polymorphismus assoziiert zu sein [32]. Eine ge-
unterlegen und sollte von erfahrenen Spezialisten
netische Abklärung wird damit nicht nur die Therapie-
durchgeführt werden.
planung erleichtern, sondern auch Impulse für zukünftige Behandlungsstrategien liefern.
Gastroenterologie up2date 7
ê 2011
Leber/Galle/Pankreas
Neue antivirale Substanzen. Zusätzlich wird erwartet,
dass eine Reihe von neuen antiviralen Substanzen in
Literatur
den nächsten 3 Jahren die Zulassung für die Behandlung der Hepatitis C erhalten wird [33]. Vorreiter sind
1 Sarrazin C, Berg T, Ross RS et al. Update der S3 Leitlinie Pro-
die Protease-Inhibitoren Telaprevir und Boceprevir, die
phylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-C-Virus (HCV)-
bereits in Phase-III-Studien untersucht werden. Da die
Infektion, AWMF-Register-Nr.: 021/012. Z Gastroenterol 2010;
Substanzen aber häufig zu einer raschen Resistenzentwicklung des Virus führen, wird derzeit noch vorrangig
die Kombination mit einer Standardtherapie untersucht. Hier profitieren insbesondere Patienten mit
schwierig zu behandelnden Genotypen wie dem Ge-
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von 3 Jahren gültig. Bereits jetzt zeichnen sich erste
Neuerungen für die Behandlung der Patienten ab,
insbesondere die Therapieplanung anhand des
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Matthias Dollinger
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Jahrgang 1966. Dr. med., PhD.
Studium der Humanmedizin an der
Technischen Universität München.
1995 Approbation, 1996 Promotion
TU München, 2002 Doctor of Philosophy (naturwissenschaftlich) University of Edinburgh/UK. 1993 – 1995
Assistenzarzt an der II. Medizinischen
Klinik am Klinikum Rechts der Isar TU
München, 1995 – 1996 und 2001 – 2003 Assistenzarzt
und Oberarzt (ab 2003) am Department of Medicine,
University of Edinburgh, 1997 – 2000 Clinical Research
Fellow (Stipendium) des Medical Research Council Großbritannien. Seit 2003 Oberarzt und ständiger Vertreter
des Ärztlichen Leiters (seit 2008) der Klinik für Innere
Medizin I der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
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Korrespondenzadresse
Dr. med. Matthias Dollinger PhD
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I
Ernst-Grube-Straße 40
06097 Halle (Saale)
E-Mail: [email protected]
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642 – 650
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patients with hepatitis C virus infection. Gastroenterology
2010; 138: 447 – 462
Leber/Galle/Pankreas
CME-Fragen
1
Bei welchen Personengruppen sollte laut deutscher Leitlinie das Vorliegen einer HCV-Infektion nicht regelhaft ausgeschlossen werden?
A Empfänger von Blut oder Blutprodukten (vor 1992)
B Insassen von Justizvollzugsanstalten
C Hepatitis-A-Infizierte
D Hämodialysepatienten
E medizinisches Personal
2
Als behandelnder Arzt beginnen Sie bei einem 60-jährigen Patienten mit chronischer Hepatitis C (Genotyp 1; HCV-RNA 2 Mio. IU/ml)
eine Therapie mit Interferon α und Ribavirin. Nach 24 Wochen ist die HCV-RNA nicht mehr nachweisbar. Wie lange behandeln Sie?
A 16 Wochen
B 24 Wochen
C 48 Wochen
D 72 Wochen
E Ich muss die Therapie abbrechen.
3
Bei welcher Erkrankung kann eine antivirale Therapie bei Hepatitis C in keinem Fall durchgeführt werden?
A Hämoglobinopathien
B Epilepsie
C frühere schwere Depression
D akute Suizidalität
E Organtransplantation
4
Während einer bisher erfolgreich laufenden antiviralen Therapie mit Interferon α und Ribavirin stellen Sie als behandelnder Arzt eine
zunehmende Thrombozytopenie bei dem Patienten fest. Welche Maßnahme ergreifen Sie als erste?
A Erythropoeitingabe
B Reduktion Ribavirin
C G-CSF-Gabe
D Reduktion Interferon
E Abbruch der Therapie
5
Eine PJ-Studentin hat sich bei der Blutentnahme bei einem Patienten mit chronischer Hepatitis C eine Nadelstichverletzung zugezogen.
Welche Maßnahme in Bezug auf die PJ-Studentin ist nicht richtig?
A sofortige Kontrolle der Anti-HCV und ALT
B Kontrolle der Anti-HCV und ALT nach 2 – 4 Wochen
C Abwarten einer Spontanelimination des Virus innerhalb der ersten 3 Monate ist möglich
D Therapiebeginn mit pegyliertem Interferon α spätestens nach 3 Monaten
E Kontrolle des dauerhaften virologischen Ansprechens nach Beendigung der Therapie
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15
16
Hepatitis C – Die neue Leitlinie
CME-Fragen
6
Hepatitis C – Die neue Leitlinie
Welcher Parameter muss unter einer laufenden Kombinationstherapie mit pegyliertem Interferon α und Ribavirin nicht regelmäßig
bestimmt werden?
A Blutbild
B Transaminasen
C TSH
D HCV-RNA
E HCV-Genotyp
7
Als behandelnder Arzt beginnen Sie bei einem 33-jährigen Patienten mit chronischer Hepatitis C (Genotyp 1; HCV-RNA 800 000 IU/ml)
bereits zum zweiten Mal eine Therapie mit pegyliertem Interferon α und Ribavirin. Bei der ersten Therapie zeigte der Patient kein
Therapieansprechen (Non-Responder). 24 Wochen nach Therapiebeginn ist die HCV-RNA nicht mehr nachweisbar. Wie lange
behandeln Sie?
A 16 Wochen
B 24 Wochen
C 48 Wochen
D 72 Wochen
E Ich muss die Therapie abbrechen.
8
Ein 50-jähriger Patient mit einer Leberzirrhose auf dem Boden einer chronischen Hepatitis C stellt sich bei Ihnen vor. Sonografisch
finden Sie bei ihm Aszites, seine Laborwerte zeigen ein leicht erhöhtes Bilirubin und ein reduziertes Albumin. Welche Maßnahme
leiten Sie ein?
A Beginn einer antiviralen Monotherapie mit pegyliertem Interferon α
B Beginn einer antiviralen Therapie mit pegyliertem Interferon α und Ribavirin
C Behandlung des Aszites mit Diuretika, dann Beginn einer antiviralen Therapie
D Abklärung zur Lebertransplantation, eine antivirale Therapie ist nicht mehr möglich
E Abklärung zur Lebertransplantation, danach Beginn einer antiviralen Therapie zur Minimierung des Risikos einer HCV-Re-Infektion
9
Als behandelnder Arzt beginnen Sie bei einem 45-jährigen Patienten mit chronischer Hepatitis C (Genotyp 2; HCV-RNA 600 000 IU/ml)
ohne negative Prädiktoren eine Therapie mit pegyliertem Interferon α und Ribavirin. Nach 4 Wochen ist die HCV-RNA bereits nicht
mehr nachweisbar. Wie lange behandeln Sie?
A 16 Wochen
B 24 Wochen
C 48 Wochen
D 72 Wochen
E Ich muss die Therapie abbrechen.
10
Welche Aussage trifft nicht zu?
A Niedrig maligne Non-Hodgkin-Lymphome in Assoziation mit einer Hepatitis C können initial antiviral behandelt werden.
B Bei rekurrenter Hepatitis C nach Transplantation kann ein erneuter antiviraler Therapieversuch unternommen werden.
C Die Therapie der HBV/HCV-Koinfektion sollte initial mit einem Nukleos(t)id-Analogon erfolgen.
D Die Behandlung der Hepatitis C bei gleichzeitiger HIV-Koinfektion kann nur bei stabiler Immunlage durchgeführt werden.
E Unter antiviraler Therapie kann es bei Kindern zu einer Reduktion der Wachstumsgeschwindigkeit kommen, die sich nach Absetzen
der Medikation wieder normalisiert.
Gastroenterologie up2date 7
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