21/09/2009 11:40 DEUTSCHES GERZTEBLfiTT •> 0 0 2 1 1 4 9 3 1 0 7 1 X t f d , *hiJLii fdu)Oc NUrilb^ M I H I M N AKTUELL i , JL j r x i ^ f ^ ^ i T Chronic Fafigue Syndrome - CFS Chronisches Erschöpfungssyndron 1 .IM '' Eine Standortbestjmmung ||| In der englischsprachigen Literatur häufen sich in den letzten Jahren Berichte über ein sogenanntes chronirankhafte Störungen, die sches Erschöpfungssyndrom (CSF: heute einem chronischen Brschöpfungssyndrom (vor- Chronic Fafigue Syndrome), das sich mals auch „chronisches Mü- auch offenbar an nicht völlig Verstandigkeitssyndrom") zuzuordnen sind, werden bereits seit mehr als dene Infekte anschließen kann. In un100 Jahren unter verschiedenen serem Lande gibt es diesbezüglich nur Diagnosen berichtet (1? 11); Sic tra- wenige und in der Fachwelt nicht unten sporadisch, endemisch oder auch epidemisch gehäuft auf (Tabel- umstrittene Berichte. Demgegenüber le 1). Das Verständnis und die Dia- setzen sich Sclbsfhilfogruppen nachgnostik des CFS bereiten bis zum heutigen Tag erhebliche Schwierig- drücklich für die Anerkennung des CFS keiten, da es sich bei den krankhat ein. Jetzt hat eine Arbeitsgruppe des ten Störungen offenbar nicht um eine Krankheitsentität im klassischen Bundesministeriums für Gesundheit Sinne handelt (eine Ursache - eine Vorschläge erarbeitet zur Diagnostik Krankheit), sondern um unter- und Klassifikation des CFS, die hier in schiedliche, möglicherweise ätiopathogenetische Konstellationen, die der Übersicht wiedergegeben sind* Rüdiger R. E. Fock und Gerhard R. F. Krueger K iip "liji Empfehlungen zur Therapie Diskussion. Es basiert auf eigeneii praktischen Erfahrungen von Mi||| gliedern der Expertengruppe Ä dem Krankheitsbild (3). Die erai|| beiteten „Richtlinien" wurden -dm gelmäßig mit entsprechenden Ex|| pertengruppen an den Centers f^ßij Disease Control, Atlanta, Getiäp gia/USA (Dr. K. Fukuda) und a f l National Institute of Allergy aiiwj Infecrious Diseases, NIH, Betk&i| 'da, Maryland/USA (DL S. Strau|| abgestimmt sowie mit VertreteS^| deutscher und amerikanische^ Selbsthilfegruppen diskutiert. {^ J IJhliscb, CFS Selbsthiifegnippig Bonn, und (X Prewitt, National Chronic Fatigue Syndrome j ciation, Kansas City/USA). von gleicher Symptomatik gefolgt sind. Entsprechend muß das CFS von anderen etablierten Krankheiten mit ähnlicher Symptomatik ab : gegrenzt werden. Leider hat die diagnostische und therapeutische Unsicherheit dazu geführt, daß größere Teile der Schulmedizin die Existenz der CFS an sich ablehnten, oder es ohne weitere laborklinische Untersuchungen als psychosoma- tisch-psychiatrische Störung klassifizieren. Die im allgemeinen eher ablehnende Haltung der Schulmedizin einerseits sowie die ungezielte Diagnostik einiger Ärzte andererseits veranlaßten die Kostenträger der Krankenversicherung des häufigeren, ihre Unterstützung bei Diagnostik und Therapie zu versagen. Dies hatte zur Folge, daß Patienten auf eigene Kosten und häufig außerhalb anerkannter diagnOsti- scher und therapeutischer Maßnahmen in einem hohen Maße versorgt wurden. Nicht selten wandten sich Betroffene aufgrund von Veröffentlichungen mit der Vermutung, ein CFS zu haben, an die Ärzteschaft und ersucBten diese um die ihrer Ansicht nach entsprechende, hilfreiche Therapie. Um diesem Mißötand abzuhelfen, berief das Bundesministerium für Gesundheit Ende letzten Jahres eine Expertengruppe zur Aufarbeitung des aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstandes, der Darstellung des Wissensdefizites und des sich hieraus ergebenden Forschungsbedarfs. Die hier vorgelegte Übersicht gibt den gegenwärtigen Stand des Wissens über das CFS wieder und steht einen ersten ^Leitfaden" zur Definition und Diagnose des CFS dar und stellt vorläufige Definition des CFS 'M CFS ist eine Krankheit mit gm steigerter geistiger und körperhcbÄ Ermüdbarkeit und ErschöpfbarkÄ die dauernd oder intermittiereii^ seit mindestens 'sechs Monaten dM ne erkennbare Besserimg5tenderi|| besteht, mit einer mindest 5QpAf|| zentigen Leistungsminderung effljS hergeht und typischerweise zu ei|| nem bestimmbaren Zeitpunkt b&d gönnen hat. Generell erinnert <UH| Beginn dieser Symptomatik an cKö|| jenige eines akuten (grippalen) rag fekteS. Von Anfang an bestehen j«B doch deutliche Unterschiede, b f j besondere beeinträchtigen die Symptome der Infektion den CFS-PatJ^ enten zunächst schwerwiegende^ und die Beschwerden persistiere^ anschließend über einen deutlic^ A-2946 (52) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 43,28. Oktober 1994 V', '< v , V . -'• '• • \\ -{***' :;<---••';.; Bffijgjjfffei 21/09/2009 11:40 DEUTSCHES AERZTEBLATT •> 002114931071 •• ; • - • • kL'•:'.'.', *A I 1>-1 1 K N AKTUELL längeren Zeitraum als bei einem banalen Infekt. Fakultativ können sich während des sich anschließenden Krankheitsverlaufes noch eine - 1 Vielzahl weiterer Beschwerden in unterschiedlicher Kombination einstellen. Es liegt nahe zu vermuten, daß diese vielgestaltige Symptomatik, die im Begriff des CFS zusammengefaßt ist, keine einheitliche Ätiologie und Pathogenese hat. Um dazu bald die notwendigen genaueren Kenntnisse zu erhalten, sind derzeit viele Arbeitsgruppen bemüht. Aus diesem Grunde schlagen wir an Stelle einer. „Definition" eher ein© „Klassifikation" vor, wie dies analog zum Beispiel bereits zur Diagnostik koUagenvaskulärer Erkrankungen (beispielsweise ANA Kriterien des Lupus erythematodes) gehandhabt wird. Einen entsprechenden Klassifikationsversuch stellt Tabelle 2 dar. Er vermeidet, daß beim gegenwärtigen Stand der Kenntnis bestimmte Patienten von den notwendigen Untersuchungen ausgeschlossen werden, insbesondere dann, wenn sie die klassischen CDC-Kriterien des CFS (8) nur teilweise erfüllen. Diagnostik des CFS Eine Zusammenstellung der häufigsten Symptome des CFS mit entsprechender Wertung in bezug auf ihre diagnostische Signifikanz (3) findet sich in Tabelle 3. Sie wurde erstellt auf der Grundlage einer diagnostischen und differentialdia- .... e 1; GeschicJite^MIrlf] i4Ä- 1869/1880 Beard: „Nervous Exhaustion" im aftierikä^chejoi Bürgerkrieg^ Erste ausführliche Publikation des CFS:. •; • • •. •':>' \ ?M 1934 bis 1957 ir.FöltomyeJitis" i 16 Epidemie« von sogenannter „at; den USA, in England* Australien, Pärie'marä^.'uhd m der$| Schweiz • ' • . ' . ". 1948/49 Iceland Disease (Äfojtyeyi Disease) "kj^ch' 'TWtoo Poliomyelitis, '•'••' 1954/55 Royal free' disease, ^myälgische Enzephalomyelitis", „ ü | | fektiöse mononüklcoßpärtig*4 .in England, USA, Deutsch,^ 1957 bis 1990 38 ähnliche Epidemien1 y€>ri ':,:,myaig£scher Enzephalomyelitis^ in England, ÜSÄyÄu5lTa^on/i,äiiÄii, Island : .'• •'. • . .';'| seit 1985 einzelne oder geMuftejiFEttie vön^Cliröivc Fatigüe Syndromes CFS" ( ^ I ^ \ T ^ j ^ . d ä ^ ö % „yuppi^Üti!*)- in USA, D.cutsc land, Böj^jfo^*^ End iiüeartige&'Aiiffre^ York» Vfl dacht auf.;' cbxotä&h$i: %(Sftt$j»^ gnostischen Wertung von Symptomen und Laborparametern in einer longitudinalen Studie an 226 Patienten aus Deutschland und aus den USA mit Beobachtungszeiten von 10 Monaten bis zu 7,5 Jahren. Bei Verdacht auf das CFS ist eine Reihe von Erkrankungen auszuschließen. Damit verbundenen differentialdiagnostischen Überlegungen kommt besondere Bedeutung zu, da das CFS nur als Ausschlußdiagnose diagnostiziert werden soll. Eine Vielzahl von Erkrankungen geht nämlich mit ähnlicher Symptomatik einher, sie unterschieden sich jedoch häufig vom CFS durch eine X:- m-i>: I. Ia Ib Primäres CFS entsprechend gegenwärtiger BMG-Kriterien Post- oder parainfektiöses CFS (PICFS) ohne nachweisbare Infektion, i. c, sogenanntes nicht infektiöses CFS (NICFS) IL Patienten, die einige Kriterien des CFS erfüllen und Keine andere nachweisbare Gninderkrankung haben, i, e. unklassifizicrtes CFS (UKCFS) III, Patienten, die die CFS-Kriterien erfüllen, doch in der Anamnese andere „definierte Defekte" aufweisen (sekundäres CFS) IEa CFS nach Primärer Psychiatrischer Erkrankung (PPCFS) fflb CFS nach Primärer Definierter physischer Erkrankung (PDCFS) (zum Beispiel nach Tumor und Chemotherapie) A-2948 (54) Deutsches Äreteblatt 91, Heft 43,28. Oktober 1994 vojnf geringere Persistenz der „CFS-SynS ptomatik" oder durch eine andet^i Konstellation von Einzelsynjpt<|§ men und Laborparametern. TabeM 4 zeigt eine Zusammenstellü$| entsprechender differentia1diagn^| stisch abzuschließender Erkrä|| kungen, • $$ Das weitere diagnostische VQM geben zum CFS muß in Form g|j| zielter Indikationen erfolgen, d | j von der jeweiligen Symptomat|| vorgegeben sind. Eine ungerichtet „Breitendiagnostik" trägt nicht z $ | Aufklärung bei und ist - würde mag bei verschiedenen anderen Erkraf| kungen auch so verfahren - medi2l| nisch unangebracht und whtscha|| lieh nicht vertretbar. <fp Die Sicherung der Diagno$gl geht mit der Suche nach der Ätiolo-; gie einher, die erst ermöglicht, ziek gerichtet therapeutische Möglich1: keiten anzubieten. Da viele SyflH ptome de« CFS subjektive Eroschätt jungen darstellen, ist es wichtig, di# Symptome zu objektivieren und zu; quantifizieren, die einem solchen Verfahren zugänglich sind. Dazuzählen Laborparameter, die gehäuft beim CFS Auffälligkeiten aufweisen und Hinweise auf eine FuftköK onsstörung des Immunsysterns geben oder dem Nachweis einer ft*: fektion dienen. Eine Anregung zu 21/09/2009 11:40 NUM16Ü DEUTSCHES PERZTEBLATT •> 002114931071 derartigem diagnostischen Vörgellien findet sich in Tabelle 5. Hinzuzufügen ist, daß erfahrungsgemäß l|erOlogische Befunde nicht selten ilehlititerpretiert werden, da dem l|fikrobiologen die Klinik des Falles li^äufig nicht bekannt und dem KliIfiiker die Aussagekraft der serologischen Daten nicht vertraut ist. fpntsprechend ist die Beurteilung mltl Werte in Hinsicht auf even| Quelle Zusammenhänge mit dem lipFS nur in enger Zusammenarbeit I r i s c h e n Kliniker, Mikrobiologen pund Immunologen empfehlenswert. pfe nach Symptomatik sollte dies föjurch- eine neuropsychiatrische |<konsultation ergänzt, werden. Da|$>ei wird ein zweistufiges Vorgehen iSmpfohlen; | | : : a) Ausschluß einer primären llpsychiatrischen Ursache des „CFS" b) strukturierte psychosomatiIsche Interviews zur Erfassung der Jsozialen und persönlichen Lebensu m s t ä n d e , die gegebenenfalls den ankheitsverlauf mitbeeinflussen tonnen. Vorschläge zu einem standardisierten diagnostischen Vorgeh e n mit Erstellung yon Befunderhe- L . - •..:.'•'• '•'.'','« ' •:•...„'•' .•:.. . *: ' .':' . •: ••V-.J . . • ^ . ^ • t ' . - . ^ : . - ( % ) ; • • ; Plötzlicher Beginn Halsschmerzen Depression Konzentrationsstörungen .- • Lymphknotenschweilungcn Temperaturabweichungen Vergeßlichkeit Erschöpfbarkeit Angst Husten 1 Kopfschmerz Skotome : Denkschwäche. . Müdigkeit . . Allgemeine Muskeischwäche Myalgien •. * Schlafetöfiingen Empfindungsstörungen *' Morgensteifigkeit Oelcnkschmerzen f-,' -•>•:. •-tf&h'.rfiWMM^ : ; Sp^zifi'tät •> ' 'Gcü|iiigS;e5.t' "':.-'' Sejasiticvitat'-' Symptom ^ • ; ; • : • ( % ) , ; • • : '/;" *•-';. jfr^.'j y%'<fa$Yfß:.<-*/8i$*M: M 67J '•• .::•;•• -96,4' :\;> ••: :.JVteJ4i4,•••••. :.j fiSbT* 68,7. .: •. • >:ii8-..;-.;'.' !:.V/V*flW«;^"%d • 74,8/.-= V:;. :äÄ5Ä-"-.-- .;.«VJ?Ö^'Ä'CT.-. -..54,6 •:.:• *."• 8ä,2. ':••."•;•: • -c,1U::<:..:v-,---.,j 58,6: , - J '•räidlBÄ-^ •• ^ , 0 ^ •'.'••••] 43,4 ':.::• :c-§4i:.'-."/-; ^.$$!££&Wii 100,0 ."VV ' ; & & $ : ^ : v d 31,3 "&': ^ • Ä - ••.:•. : *e«^E .f* .47,5; :*v •^"7l,?\-,;rf --^«^i ,;'?/:55jö--?f''n 65,7^;: ' ; ' • ^.•4m:: r-- ' • • - • v ^ o i s j l t ^ ' ^ - j ; 1 8 # - < " V " &-$&j'/"?:: •••'.'.'{ ^ Ä ' ^ ' v M 17i2?^':;v ••«.y # & • < * ; * ^•&^/i<j&-*.Vi 79,&;.:v;r:.: ':?r.'Ö&Q;';',.:?i ;:^Ä^&;1 : ; : : •22,2:;r;-;. : - ^ t p X v ' X i •:,' .•::'.".^2^-' -'- -"' ''. ; • 68,7Ä./; * • • : # ? w/* 61,6'v:i;s./ #&t;^i : 30£^£"£ \ & $ & » ? Ä Slllifj • ••SU-'Oc Ar,,"'s ;: ..:,'" ;. ::-te; " -:| •a."3H5*^ : v • WÜ5&'-& •• --.!.'.:-"-;:53^'5*:#- -T'J 23fe;** bungsbögen werden derzeitig von Düskussion der Arbeitsgruppe des BMG er/•• stellt und werden in einer in der Auch bei Anwendung eines wie Vorbereitung befindlichen Mono- oben beschriebenen standardisiergraphie publiziert (3), ten Vorgehens kann es bei der Diagnose eines CFS zu erheblichen Schwierigkeiten kommen, die nicht zuletzt aus der uneinheitlichen Aus"nÜJftn ^•igflViiYirr prägung der Symptome und aus dem wechselhaften Verlauf des 1. Maligne Ttraioren Krankheitsbüdes entstehen. Es sind mjl. Autbn^tm^u^^ Erkrankungen (Kollagenosen, sypersistierende Formen des CFS be!&•" steinl&che ^ . kannt, ebenso wie unregelmäßig oder regelmäßig in kürzeren Abl^;3, Häj^tol^ . ständen rezidivierende Verläufe (9), Stabilstes symptomatisches EleLokaUsiefte,:öäer: systemische, Infektionen (okkult, subakut, chronisch) okkulte- Abszesse, •fenüökarditiS; Osteomyelitis, Borreliose, Tuberkulose ment sind dabei die eher subjektiraziiodtfeJÖiohen: . Asfergülose, CAUdidiasis, Cryptokokkose Parasitäre ven Symptome (Tabelle 3), die von Erkrankungen: Toxoplasmose, Amöbiasis, Lambhasis, Hclminthiasis der amerikanischen Expertengruppe am CDC zur Stellung der Dia5, HlV-beüihgtc Kahkliteit^bilder gnose empfohlen werden (5). Sie benutzen Haupt- und Nebensym6. Primär psydiiatdßch bedingte K^a]Okbieitsbi).der(Psychose? Schizophrenie) ptome, die7 kommen sie in einer be?• Neuromuskuläre Erkrankungea^tiNlultiple Sklerose, Myasthenia gravis, stimmten und definierten Kombinaentzündliche oder metabolische Myopathien) tion vor, zur Diagnose des CFS be- L rechtigen. Diese Vorgehensweise Endokrine ]£rkrankuhgen (Hypothyreose» Hypoparathyicoidismus, wird von uns modifiziert, da unseres Addisönsche^ Erkraökung;.Cüshmg.S}^idrom, Diabetes mellitus und metaIJffi- bolisches Erachtens zur diagnostischen Siche: Syndrom).','; ^ ., rung einer Diagnose objektiv reproduzierbare Symptome gehören fe.9, Stofhyechsel- und EJektrolj|tyeräädehingen(absolute oder funktionelle müssen. Dies betrifft auch eines der Hyppyitaiiiinose [\^tamin-D7Mäng6i], Sclcnmangcl inid anderes) W* häufigsten Symptome, „Depressi1W^' ^rog^U'.und Medikamentenabhäügigkeit (AlkohoUsmus, Schmerzmittelon", das objektivierbare Folge des abusus, Tranquilizer und andere Substänzender BMV\0 CFS sein kann oder Zeichen einer Ir Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 43,28- Oktober 1994 (55) A-2949 r: 21/09/2009 11:40 DEUTSCHES RERZTEBLGTT •> 002114931071 NUM162 ym % m • m M «W * © 1 2 1 « AKTUELL primärem psychiatrischen Erkrankung (7), Es wird entsprechend von Fall zu Fall zu entscheiden sein» ob, welche und wie häufig Untersuchungen wiederholt werden müssen,. Dabei ist selbstverständlich der „K^stengesichtspunkt" nicht außer acht zu lassen und die Signifikanz der zu erwartenden Ergebnisse für eine Therapieplanung in Erwägung zu ziehen. Unter der Voraussetzung einer standardisierten Diagnostik mit reproduzierbaren Ergebnissen scheint das CFS heute m der Bundesrepublik und in den USA - vorsichtig geschätzt - bei etwa 1 Prozent der erwachsenen Bevölkerung anzutreten. Mit abnehmendem Alter in der Jugend scheint auch die Prävälenz zu sinken. Nicht selten geben die Patienten an, vorher an einer Art Infekt gelitten zu haben (wie zum Beispiel infektiöser Mononukleose oder grippalem Infekt) und/oder einer besonderen (physischen oder psychischen) Streßsituation ausgesetzt gewesen zu sein. Die Prognose ist in der Regel gut bis auf eine im Einzelfall mögliche Suizidtendenz bei schwer. Depressiven, Da per definitionem beim CFS eine Minderung der täglichen Aktivitäten von mindestens 50 Prozent (möglichst objektiv reproduzierbar; siehe Ret 2) vorliegt, liegt eine im EinzelM abzuschätzende Minderung der Erwerbsfälligkeit vor. Ihre Dauer ist nicht sicher voraussagbar, da Krankheitsverläufe von einem bis zu vielen Jahren bekannt sind (11). Bei an CFS erkrankten Kindern mit neuropsychologischen Auffälligkeiten sind bleibende Defekte der geistigen Leistungen beschrieben worden (11). Grundlage -jeder effektiven Therapie ist die Kenntnis der Ätiologie und Pathogenese einer Erkrankung. Nach allem, was heute bekannt ist, hat das CFS keine einheitliche Ätiologie und Pathogenese. Es handelt sich offenbar eher um ein vielschichtiges Krankheitsbild (Syndrom), wobei unterschiedliche auslösende und adjuvante Mechanismen zur gleichen Symptoma« tik führen. Die Symptomatik ist wie zuvor erwähnt ~ grundsätzlich mit der eines Infektes vergleichbar, ^Tffißlle 5: Vorschlags ZÜW diagnpsfiÄenlo^liß^! .,; \ > , ;! \t | ,,,, A) EingangSdfftgllOStik J 1. Standardisierte Anamnese 2, Routinemäßige physische Eingaugsuntcrsuchung B) YVeiterfÜhrende Untersuchungen 3. Klinische Chemie: BSG, gescherte Eiweiß- und Elektrophorese, Glukose, Natrium/:r Kalium, Kalzium, Phosphor, £wcn,, Magnesium, Selon, Zojm, Fcrritin, SOFT, yG'Jr, CK, .i£j Harnstoff, Kreatinin 4. Hämatologie: Gcsamtblutbiid und DMcrcptialblutbild 5. Immunologien Muititest Merieux, Immunglobuline (IgG, IgM,'IgA), CRP» ATttoantikör-gJ per (ANA, ENA, anti-Schilddrüse) 6. Endokrinologie: Plasma 125 DDiydroxy-Vitamin D3, TSH 7. Serologie: EBV-lgG-antkEA, EBNA, miV-6-IgG, CMV-IgG, IgM^Borrlia burgdof&a • §\ (je nach Anamnese auch HIV-1,2) C) Zusatzuutei suchungen nach gezielter Indikation -±m 1. Leitsyroptom: MYalgie/Arthralgie ; j | Rheumatoiogische und neurologische Diagnostik: RF,.QC (standardisiert, ClQ-Brndung),;;.! CK, XgE Autoantikörper: ssDNA, dsDNA, nRNR.Histon,:-SSTA,;^S-B, .Sm, ANCA/£$ ASMA lüfcktionsserologie: Borrelien, Chlamydien, Campylobacter, lfcrsini.cn, Enterovi-j| ren, Parvovircn (Kinder/Jugendliche: Adenoviren,' Rubella; Mumps) (gegebenenfalls:^! v EMG, MuskeMqpwc) ' "y J3j 2. Leitsymptoin; Neuropsycjjiatrische Störungen " -4-\ Ergänzendes neurologisch-psychiatrisches Konsil ejnscbJicßlich Diagnostik von Multiple ^ Sklerose und endogenen Psychosen, Entvsäcklujjgp^tQrungcn bei Kindern und Jugendli--^ dien, Liquorserologic, Vitamin-B-StQffwechsel (Bi;#6, B12), bei neurol'qgi3cb.cr.SymptOr.;S matik gegebenenfalls Serologie: Coxsackie, VZV, Magern; Münlps, Röteln, Borrelia b w £ - « | doferi, Lues, Toxoplasmose, HIV (Alter und Anamnese als Indikator berücksichtigen) • 3. Lciteymptom; JKardUaie Ueschwcrdcit t Internistisch-kardiologiscb.cs Konsul, CK (spezifisch.und nnspezifisch), Aerologie (bei khnischen Entzündungszeichen): Coxsaddc, Echov£rus? Adenovirus, Borrelia burgdoferi) v;J 4, Leltsymptoni: Gastrouitestlnale Störungen Internistisch-gastroenterologisches Konsil, Vitamm"Bt2/FolsäurestoiSWcc]h!5ci, Hepatitis- ; | Serologie, Serologie (nur gezielt entsprechend Symptomatik): Adenoviren, Rotavjjcn, tä Yersinien, Campylobacter (je nach Anamnese: Salmonellen; Shigellen, Brucettcn) gegcbe--|| nenfaüs Stuoluntcr5uchungcn: Parasiteneier^ Amöben, Ib^ocara. 5, Leitsyülptom: Exantheme Serologie: Parvoviren, Borrelien (gegebenenfalls HIV, Lues), je nach Alter und Aspekt, Masern, Röteln, YZV, gegebenenfalls dcrmatologisclies Konsil oder rheumatoXogischc Diagnostik 6. Leitsymptom: Lymphadenopathie Zusätzlich Serologie: Toxoplasmose, Yersinien, HIV, je nach Alter, Masern, Röteln, Adenoviren (Biopsie nur nach sehr gezielter Indikation, insbesondere zum Abschluß maligner Erkrankungen, Sarkoidose und Tuberkulose) • ^^^___j 7, LeitsyxwptQPi: Respiratorisch Symptome Röntgen-Thorax, gegcbencnfalte Sputumzytologie, gegebenenfalls Lungcniunktion, je nach Röntgen- und Biutbetund (Leukozytose, Art?)» zusätzliche Serologie: Chlamydien, Mycoplasmen, Lc^ionellen, Aspergillus (auch aUergische Aspergillose), Adenoviren, RSV, Co^acHo, Influ^nfca, Parainfluenza, Ib^aoara 8. Leitsymptom: Ahwehrschwäche/ABergie Lymphozytentypisierung: CD3, CD2/CD26, CD8, CD4/CD29, CD16/CP56, (3020, Lyrophozytenstimulationstcst, I^E und Jmro.unoglobulin-Subklassenbestimmung, Komplement Qi50, AF50, NK-ZeU-Funktionstest, Priclp-lbst (Kinder) A-2950 (56) Deutsches Ärztematt 9l> Wert 43,28. oifctober 1994 •vi M C C 4iz<i»i'« AKTUELL obgleich Schwere und vor allem verschiedene Einflüsse aus der BaDauer beim CFS ungewöhnlich lance gebracht werden (initialer In.stark ausgeprägt sind. Die Suche fekt, initialer psychischer $treß, in•*iach möglichen Infekten ist meist itialer Immundefekt, endokrine -wenig erfolgreich, sieht man von Störungen, Vitamin- oder Spurenden häufigen Fehlinterpretationen elementmangel, chronische Intoxieinmaliger serologischer Untersu- kation) und darin in die Symptomachungen ab. Wenn Erreger nachge- tik des CFS „hineingleiten". Detaflwiesen werden können, handelt es . lierter wird auf die Pathogenese in sich häufig um Keime, die entweder der späteren Publikation eingeganin Form latenter Virusinfektionen gen (3). oder als Saprophyten zu unserer Die Therapie des CFS muß entnatürlichen Umgebung gehören, sprechend der Variabilität der der Führen diese Organismen zu einer Krankheit zugrundeliegenden meßErkrankung, so liegt quasi per defi- baren Veränderungen gestaltet wernitionem eine gewisse Schwäche den. Die zu klärende Frage ist, ob der körpereigenen Abwehr vor, die eine medikamentöse Therapie im es opportunistischen Erregern ge- Einzelfall überhaupt angezeigt ist stattet, sich unkontrolliert zu ver- oder nicht sogar schädlich sein mehren oder es Viren ermöglicht, kann. Eine medikamentöse Benach spontaner Reaktivierung über handjung ohne meßbare pathologilängere Zeit aktiv zu bleiben. Aller- sche Parameter wird nur schwer bedings bleibt häufig die Suche nach gründbar sein, zumal auch eine Erpräzisen Immundefekten erfolglos. folgskontrolle fehlen würde. Eine Bei einzelnen Patienten sind Stö- verständnisvolle psychologische/ rungen der Lymphozytenstimulier- psychosomatische Führung der Pabarkeit beschrieben, Immunglobu- tienten erscheint hier angeraten, gelin-Subklassendelizienzen oder - gebenenfalls im Verein mit autogeweitaus am häufigsten - quantitati- nem Training oder verwandten ve oder funktionelle Defekte der . Maßnahmennatürlichen Killerzellen. Nachweisbare Mangelzustände In letzter Zeit wird vermehrt (Vitamine, Hormone, Spureneleder Interaktion zwischen Psyche mente) sollten ausgeglichen werden und dem Immunsystem Beachtung und eventuelle chronisch toxische geschenkt und für eine ätiologische Einflüsse (beispielsweise Alkohol, Erklärung des CFS genutzt. Ana- Nikotin) vermieden werden. Insgemnestisch finden sich nämlich bei samt ist es schwierig bis unmöglich; einigen Patienten wiederholt Hin- zu gegebener Zeit eindeutige Theweise auf ungewöhnliche (psychi- rapievorschläge für das CFS zu ma-. sche oder physische) Streßsituatio- chen, zumal £aum kontrollierte Stunen vor Ausbruch der Erkrankung. dien hierzu vorliegen oder das ausInsbesondere in der amerikani- gewertete Patientengut recht heteschen wissenschaftlichen Literatur rogen und nicht immer eindeutig gibt es zahlreiche Veröffentlichun- dem CFS zuzuordnen war. Gewisse gen über definierbare und meßbare Erfolge wurden zum Teil mit unspeEinschränkungen der Immunkom- zifischen Immunstimulanzien erpetenz bei abnormem Streß (6, 16), zielt wie zum Beispiel Echinacin, Zwischengeschaltet als Mittler Thymopentin und anderen, bei derartigen Streßreaktionen ist Nur etwa 10 Prozent der so bedas Endokrinium (Zwischenhirn- handelten Patienten zeigten jedoch Hypophyse-Nebenniere/Schilddrtiobjektiv nachvollziehbare Besse$e/Gonaden). rungen ihrer Immunantwort, wähAls Arbeitshypothese ergibt rend etwa 25 Prozent subjektiv Bessich hieraus für die Pathogenese des serungen ihres Befindens angaben. CFS, daß es sich wahrscheinlich um Andere Maßnahmen wie Ozontheeine Störung der komplexen Regu- rapie, Behandlung mit ionischem lation des psychoneuro-endokri- Sauerstoff, verschiedene rüborjenen-immunologi5chen Netzwerkes rende und immunstimulatorische handelt. Die diffizile Regulation Pflanzenextrakte büeben ohne obdieses Systems kann offenbar durch jektivierbaren Erfolg, TherapeutiA-2952 (58) Deutsches Ärzteblatt W, Heft 43,28. Oktober 1994 sche Ansätze zur Verbesserung der Immunreaktivität von CFS-Patienten mit Ampligen (eine synthetische „missmatched" doppelsträngige RNA;Poly [I]:Poly [C12U]) öder mit Transferfaktor zeigten einzelne erfolgversprechende Resultate, doch stehen größere klinische Studien noch aus (14). Die Verwendung von Immun-Transferfaktor, wenn als erfolgreich erwiesen* hätte gleichzeitig gewisse antivirale Effekte. Patienten mit erheblichen psychischen Problemen zeigten häufig symptomatische Besserungen unter der Therapie mit trizyklischen Antidepressiva oder Benzodiazepinen. Obgleich eine derartige Behandlung symptomatisch ist, könnte hierdurch theoretisch auch ein zentraler immunsuppressiver Effekt vermindert werden, Die Behandlung mit i.v. Gammaglobulin ist in der Literatur umstritten. Wenn allerdings Präparate verwandt werden» die Komplement binden, können zum Teil offenbar positive Ergebnisse erwartet werden (4,12). Die regelmäßigere Anwendung dieser Behandlung ist nicht mir durch die hohen Kosten einge- '"i'l schränkt; sie ist auch nur zu rechtfertigen, wenn bei den Patienten entsprechende Immundefekte (Immunglobulimnangel, Immunglobulin-Subklassendefekte, zirkulierende Immunkomplexe, pathologische. Lymphozytenstimulation oder Hauttests) bestehen und sich unter der Behandlung bessern, oder wenn. persistierende bakterielle oder vira-* le Infekte sicher (das heißt nicht ausschließlich serologisch oder nur'bei signifikanten Titerbewegungen!) nachgewiesen sind. Eine Behandlung persistierender Virusinfekte mit Virostatika und/oder Interferon - wie bei anderen Erkrankungen offenbar erfolgreich - hat beim CFS bisher keine überzeugenden Ergebnisse erbracht. Vor einer entsprechenden Therapieerwägung sollte wegen möglicher toxischer Nebenwirkungen eine kritische Indikationsstellung erfolgen. Abschließend sei für weitere Informationen noch auf die äußerst zahlreichen hilfreichen 11:40 DEUTSCHES PERZTEBLftTT •> 002114951071 $? Schriften der amerikanischen und fe englischen Gesundheitsbehörde p|^zum CFS hingewiesen (2,13), Neurogenetik in Deutschland Kl'^nrteWatt |ffi (1994) A-2946-2953 [Heft 43] :'. Die Zahlen in Klammern beziehen sicH auf" '..'dos Literaturverzeichnis im Sonderdruck, : •anzufordern über die Verfasser. Erster Workshop in Gießen D ie Neurogenetik ist ein junges Forschungsgebiet, das sich mit den genetischen und molekularen Grundlagen von Erkrankungen des Zentralen und Peripheren Nervensystems beschäftigt. International rasch bekannt wurde diese neue Forschungsrichtung durch die Aufklärung der Gendefekte, welche der Muskeldystrophie vom Typ Duchenne, der peripheren und zentralen Form der Neurofibromatose und der Chorea Huntington zugrunde liegen. Ziel der Gießener Tagung (vom 13. bis 14. Mai 1994) war es, den direkten Informationsaustausch zwischen neurogenetisch Interessierten verschiedener Disziplinen zu ermöglichen. Der Workshop fand unter der Leitung von Pro! Dr. U. Müller, Direktor des Humangenetischen Instituts der Universität Gießen, und Dr. Manuel B> Graeber, Leiter des Labors für Molekulare Neuropathologie, Institut für Neuropathologie der Uni-, versität München, statt. resubstitutionen des Plasmatransthyretins, die mit Konformationsinstabilität einliergehen können und eine ursächliche Rolle bei der Entstehung der Famüiären-AmyloidPolyneuropathie (FAP) spielen. Mögliche Beziehungen zu anderen Amyloidosen wurden diskutiert, Neurogenetik des Parkinsqn*Syndroms Koppelungsuntersuchungen in vier Familien mit autosomal-donünant vererbtem Farkinson-Syndrom werden von X Gasser (Neurologie München) durchgeführt. Eine weitere, durch einen monogenen Defekt verursachte Erkrankung mit Parkinson-Symptomatik stellt das X-chxomsonial rezessiv vererbte Dystonie-Farkinson-Syndrom (XDP) dar, über das G. Haberhaujen (Humangenetik Gießen) berichtete. Kenntnis des Gendefekts bei M* Huntington Hier liegt eine Trinukleotid-Ex-. pansion (CAG) zugrunde. Die Kenntnis des Gendefekts ennöglicht die differenzierte präsymptomatische und pränatale Diagnostik dieser schweren Bewegungsstörung, C. Mülkr-Reibk (Humangene- 0- Rieß (Molekulargenetik Botik Würzburg) berichtete» daß es sich chum) zeigte in einer großen Grupbestätigt hat, daß die mildere Form pe von mehr als 400 Huntington-Pa- i vom Typ Becker mit dem Vorkom- tienten, daß eine inverse Korrelat*- £" men von Mutationen korreliert, wel- on zwischen der Länge des expanche den „reading frame" des Gens dierten Trinukleotid-Repeats und intakt lassen, während die schwere dem Erkrankungsalter besteht. Form der Muskeldystrophie Duchenne mit Mutationen einhergeht, Neurotrophe Faktoren die den Leserahmen des Gens zerstören.. Dies führt häufig zum völliM Sendtner (Max-Planck-Instigen Verlust des Genprodukts Dytut München) referierte über neustrophia K Altland (Humangenetik Gießen) berichtete über Aminosäu- rotrophe Faktoren wie CNTF (ClliGenotyprPhänotypKorrelationen bei den Muskeldystrophien Duchenne/Becker Deutsches Äxzteblatt 91, Heft 43,28. Oktober 1994 (59) A-2953