Klinikum Sindelfingen-Böblingen Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin Kliniken Sindelfingen Die Abteilung Neue Medien Abteilung & Neue XYZ Services ...... Klinisches Ethik-Komitees (KEK) Aufgaben und Arbeitsweise Beirat Kreisseniorenrat Böblingen, 23.02.2016 Dr. Wolfram Panzer, Vorsitzender KEK Warum Klinisches Ethik-Komitee (KEK)? Weiterentwicklung Medizin Organersatz, Chemotherapie, Kardiologie ... Das medizinisch Machbare immer „das Beste“? Lebensqualität? Angst vor Übertherapie Sterbeprozess Schwerstpflegefall Wachkoma Selbstbestimmungsrecht Patient (Autonomie) Einwilligung nach verständlicher Aufklärung Patientenverfügung Dr. Panzer Patientenverfügung …. Dr. Panzer Prognose: Ärztliche Verantwortung … nach der Einschätzung zweier erfahrener Ärzte mich unabwendbar im unmittelbaren Sterbeprozess befinde mich im Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit befinde, selbst wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist infolge einer Gehirnschädigung meine Fähigkeit, Einsichten zu gewinnen, Entscheidungen zu treffen und mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, unwiederbringlich verloren habe, auch wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist Dr. Panzer KEK Mitglieder Mitarbeiter aus beiden Häusern verschiedene Berufsgruppen Ärzte, Pflege, Sozialdienst, Psychologie, Physiotherapie, Seelsorge, Juristen, GF verschiedene Hirarchiestufen Dr. Panzer Arbeitsweise Sitzungen Entwicklung von Leitlinien Arbeitsgruppen Ethikkonsil Einzelfallberatung Fortbildungen Dr. Panzer Therapiebegrenzung Festlegung Therapiebegrenzung Ergebnis von Verlaufsbeobachtung/Abschätzung Prognose Willensbekundung Patient Diskussion im Team der Behandler Gespräch mit Patient/Angehörigen in allen Kliniken unterschiedlich dokumentiert Art und Ort Kommunikationsprobleme Information nicht ausreichend schnell verfügbar für Diensthabenden oder Reanimations-Team Missverständnisse Dr. Panzer Gründe für Therapiebegrenzung Medizinische Aussichtslosigkeit im Hinblick auf Erreichen therapeutisches Ziel mit geplanter Maßnahme/Therapie Patientenwunsch Begrenzung Behandlungsumfang und –invasivität auf ein sinnvolles Maß Vermeidung zweckloser/belastender Maßnahmen Dr. Panzer Anordnung und Dokumentation Detailliertes Formular zur Dokumentation Umsetzung in allen Kliniken gleich: Therapiebegrenzung muss ärztlich (OA/CA) angeordnet werden Vermerk „VaW“ auf Verlaufskurve (Kardex) oben links mit Datum und Unterschrift CA/OA Anordnungsbogen in Verlaufskurve (Kardex) an definierter Stelle ablegen (ITS: Ordner) Mitteilung darüber bei allen Schichtübergaben Dr. Panzer Überprüfung Bei jeder Änderung der Situation und spätestens 1x/Woche (Normalpflegestation, neues Kardexblatt) „VaW“-Anordnung überprüfen mit Unterschrift OÄ/OA oder FÄ/FA dokumentieren Auf der Intensivtherapiestation „VaW“ alle 24h überprüfen täglich auf neuem Anordnungsbogen dokumentieren und unterschreiben (OÄ/OA oder FÄ/FA) Dr. Panzer „Verzicht auf Wiederbelebung“-Formular Dr. Panzer Art der Therapiebegrenzung Dr. Panzer Ergebnis Formular von KEK erarbeitet und juristisch geprüft Einsatz in allen Kliniken des Klinikums möglich Bei Einsatz im klinischen Alltag strukturierte Dokumentation möglich Verminderung Kommunikationsprobleme Vermeidung Missverständnisse Einsparung Zeit und Ressourcen Einführung nach Beschluss Chefärzte und Pflegedienstleitung 05/2015 Dr. Panzer Notfallplan Heime Dr. Panzer Notfallplan Heime Dr. Panzer Ergebnis Eindeutiges Festhalten des Patientenwillens und Behandlungsoptionen Sofort auffindbares, strukturiertes Dokument Erleichterung der zu treffenden Entscheidungen, klare Handlungsempfehlung für Pflege im Heim Notarzt Dr. Panzer Arbeitsweise Sitzungen Entwicklung von Leitlinien Arbeitsgruppen Ethikkonsil Einzelfallberatung Fortbildungen Dr. Panzer Ethikkonsil Moderation durch KEK-Mitglieder Vertreter aller an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen oft unausgesprochene Konflikte kein gleicher Sachstand unterschiedliche Perspektiven der verschiedenen Berufsgruppen Hintergrund der vermeintlichen Haltung des Anderen nicht bekannt Dr. Panzer Ethikkonsil Moderation durch KEK-Mitglieder Vertreter aller an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen Vorstellung des Falles aus Sicht der verschiedenen Behandler Situation der Angehörigen Dr. Panzer Ein Fall Patient hat großen urologischen Eingriff bei Ca gut überstanden – und äußert Selbstmord-Gedanken Überweisung Psychiatrie: Abklärung Rücküberweisung wegen Infektion -> ITS Nach Besserung ->Normalpflegestation Verweigerung Therapie, Pflege ,Nahrungsaufnahme Ernährung über ZVK Auch verbale Ablehnung Behandlung In klaren Momenten: geschäftsfähig Dr. Panzer Ethikkonsil Moderation durch KEK-Mitglieder Vertreter aller an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen Vorstellung des Falles Therapieoptionen (auch Langzeitprognose) bestmögliches Ergebnis bei Maximaltherapie schlechtestes Ergebnis bei Maximaltherapie Entwicklung bei palliativer Therapie Dr. Panzer Fall Therapieoptionen (auch Langzeitprognose) Trotz Maximaltherapie Grundleiden nicht weiter besserbar Lebensqualität nicht relevant beeinträchtigt (wie vor OP) Kein schlechteres Ergebnis als vor der OP besprochen und erwartet Bestmögliches Ergebnis: Entlassung in gebessertem Zustand nach Hause Fortsetzung Therapie nur gegen Willen des Patienten möglich Dr. Panzer Ethikkonsil Moderation durch KEK-Mitglieder Vertreter aller an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen Vorstellung des Falles Therapieoptionen (auch Langzeitprognose) Bewertung nach ethischen Kriterien Wohltun und Nichtschaden Beste Handlungsoption aus „Fürsorgeperspektive“? Verlängerung Sterbeprozess, Überleben mit neurologischen Defiziten ? Lebensqualität? Dr. Panzer Fall Beste Behandlungsoption: Respektieren des Patientenwillens Umstellung auf palliatives Therapieziel künstliche Ernährung nicht fortsetzen Dr. Panzer Ethikkonsil Moderation durch KEK-Mitglieder Vertreter aller an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen Vorstellung des Falles Therapieoptionen (auch Langzeitprognose) Bewertung nach ethischen Kriterien Wohltun und Nichtschaden Wille des Patienten Dr. Panzer Fall Patient möchte sterben, trotz Einwilligung in OP und keinem Ergebnis schlechter als erwartet scheint sich seiner Lage und Konsequenzen bewusst zu sein Patientenwille deutlich erkennbar Verbale Äußerungen im Zustand der Geschäftsfähigkeit Nonverbales Verhalten Verweigerung Therapie, Pflege, Nahrung Aggressives Verhalten gegenüber Pflege Dr. Panzer Ethikkonsil Moderation durch KEK-Mitglieder Vertreter aller an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen Vorstellung des Falles Therapieoptionen (auch Langzeitprognose) Bewertung nach ethischen Kriterien Synthese Konvergenz Handlungsoption festhalten Divergenz Fallbezogene Gründe für Wichtung Dr. Panzer Fall Kein Widerspruch zwischen bestmöglicher Behandlungsoption und Patientenwille Patient geschäftsfähig, Willensbildung nicht krankheitsbedingt eingeschränkt Empfehlung: Gespräch mit Patient und Angehörigen, dass Patientenwille gefolgt wird Einstellung künstliche Ernährung (Essen und Trinken anbieten) Organisation des häuslichen Umfeldes mit Hilfe Sozialdienst Entlassung nach Hause Dr. Panzer Ethikkonsil Moderation durch KEK-Mitglieder Vertreter aller an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen Vorstellung des Falles Therapieoptionen (auch Langzeitprognose) Bewertung nach ethischen Kriterien Synthese Kritische Reflexion stärkster Einwand gegen gewählte Option Dr. Panzer Ergebnis Ethikkonsil bestmögliche ethisch begründbare Entscheidung schriftliches Protokoll wird Krankenakte hinzugefügt Ergebnis hat Empfehlungscharakter, Entscheidung bleibt bei Behandlungsteam Weiterbehandlung im Team möglich, auch wenn kein Konsens zu erzielen Dr. Panzer Zweiter Fall Patient 84 J in „kardiogenem Schock“ nach Herzinfarkt (vor mehreren Tagen) Im „Herzkatheter Langstreckige Verengung aller 3 Herzkranzgefäße Keine Möglichkeit zur Aufdehnung Keine OP (Bypässe) wegen erheblicher Schwäche Herzmuskel empfohlen Verlegung Normalpflegestation, konservative Therapie Dr. Panzer Zweiter Fall Verschlechterung trotz Therapie Zunahme Luftnot und Bauchschmerzen (Stauung) Verschlechterung Nierenfunktion Zunehmend schläfrig, keine Nahrungsaufnahme Umstellung auf palliative Therapie bei fehlenden Optionen für kurative Therapie vorgesehen Behandlung Luftnot und Bauchschmerzen Keine Ernährung über Magensonde oder Vene Dr. Panzer Zweiter Fall Widerspruch durch Angehörige (Ehefrau, Tochter) Können Ursache und Auswirkungen der Erkrankung nicht akzeptieren Fordern Maximaltherapie, ggf. Herztransplantation Sorge, dass sozialer Status für gute Behandlung nicht ausreichend Keine Patientenverfügung , keineVorsorgevollmacht Einschalten Ethik-Komitee Dr. Panzer Zweiter Fall Widerspruch zwischen medizinisch als bestmöglich für den Patienten angesehenen Therapie (palliative Maßnahmen) und Wunsch der Angehörigen (Maximaltherpie) Kein Anspruch auf kurative Therapie, wenn kein Erfolg zu erwarten (Indikation) Empfehlung: Erneutes Gespräch mit Familie, Unmöglichkeit heilender Behandlung, aber sichere Behandlung der Symptome (beste Behandlungsoption) Umstellung auf palliative Therapie Dr. Panzer Dritter Fall 83jähriger Patient erleidet Oberschenkelhalsbruch auf dem Weg zur Post (Elektro-Roller) Einwilligung in erforderliche Operation und Narkose (Duokopf-Prothese) Vor OP Verlegung ITS: „Kurzatmigkeit“ und stark erhöhte Entzündungswerte Maschinelle Beatmung (Lungenentzündung) Verschlechterung Nierenwerte Nach deutlicher Besserung OP 11 Tage später Dr. Panzer Dritter Fall Ethik-Konsil erbeten: Wegen Lungensituation Luftröhrenschnitt empfohlen Wegen herausgesprungenem Hüftgelenk OP erforderlich Behandlungsoptionen Bestmögliches Ergebnis: weitestgehende Wiederher- stellung vorher schon eingeschränkter Mobilität und damit Eigenständigkeit des Patienten Schlechtest mögliches Ergebnis: langwieriger Verlauf Lungenentzündung, Verschlechterung Nierenfunktion, Dialyse Empfehlung Behandler: Operation Dr. Panzer Dritter Fall Patientenwille Patientenverfügung sehr allgemein gehalten, bezieht sich auf beginnenden Sterbeprozess Patient hat ausgeprägten Freiheitsdrang (Mobilität) Nach Sturz keine Hilfe angenommen, zu Fuß nach Hause gehumpelt Nach vorausgegangenem KH-Aufenthalt mit Luftröhrenschnitt und Fixierung wegen Delir -> Patientenverfügung, um so etwas nie wieder erleben zu müssen Angehörige: Bei weiterer Einschränkung Mobilität Selbstmord angekündigt (Jagdwaffe) Dr. Panzer Dritter Fall Behandler: Patient hat in erste op; NICHT Schmerzlinderung eingewilligt, um Mobilität zu erhalten Wird von Familie trotz 83 J als „Kämpfer“ dargestellt Hat gute Chance, Zustand wie vor nach mühevollen Schritten zur Rehabilitation zu erreichen Hätte sicher auch jetzt Einwilligung gegeben, um Heilung zu erreichen Dr. Panzer Dritter Fall Widerspruch zwischen Meinung Behandler und Familie Empfehlung KEK: Gespräch mit Familie um Weiterbehandlung mit kurativer Zielsetzung einvernehmlich zu erreichen sonst: Einschaltung Vormundschaftsgericht zur Kärung, welches Vorgehen eher mutnmaßlichem Patientenwillen entspricht Bei akuter Verschlechterung: Umstellen auf palliative Therapie Dr. Panzer Dritter Fall Bei OP: Massive Entzündung Hüftgelenk, Ausbau allen Fremdmaterials erforderlich Erneut Ethik-Konsil Bestmögliches Ergebnis: Erneuter Einbau Hüfte nicht vor Ablauf 2 Monate, bis dahin maximal eingeschränkte Mobilität Beginnende Sepsis, langer Krankheitsverlauf, Dialyse zu erwarten, starke Schwächung Organismus Heilung realistisch nicht mehr zu erreichen Dr. Panzer Dritter Fall Voraussetzungen für Entschluss des letzten Konsils, Fortsetzung Maximaltherapie mit Ziel, Mobilität des Patienten wieder herzustellen, nicht mehr gegeben Umstellung auf palliative Therapie empfohlen Dr. Panzer Zusammenfassung KEK bietet Forum zu Auseinandersetzung mit ethischen Fragen in Grenzsituationen Verbesserung Weitergabe wichtiger Empfehlungen Sensibilisierung und Fortbildung aller Mitarbeiter Einzelfallberatung („Ethikkonsil“) Will Angst vor Entscheidungsfindung/ Verantwortung minimieren Kann von Jedem angefragt werden Ethische Überlegungen sollen bei Therapieentscheidungen gleiche Selbstverständlichkeit bekommen, wie gute Anamnese für Diagnosefindung hat Dr. Panzer