Im Blickpunkt April 2016

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26. Jahrgang, Nr. 1 / Jänner 2016
28. Jahrgang, Nr. www.bgkk.at
2 / April 2016
Blickpunkt-Info
Informationen für Vertragspartner
PCSK9
PPI – wann, wieviel und wie lange?
I N F O R MATION FÜR VERTRAGS PART NE R
Inhalt
Vorwort Seite 3
Neue Cholesterinsenker: PCSK9 Inhibitoren Evolocumab und Alirocumab Seite 4
Vasoprotektiva – oft verordnet bei unzureichender Evidenz Seite 7
Bundesweite Regelung zur Maximalabgabemenge von Blutzuckerteststreifen Seite 9
Antibiotika – Wirken sie denn noch?
Seite 11
Protonenpumpenhemmer - Wann, Wieviel und Wie lange? Seite 14
Schenkelhalsfraktur, und dann?
Seite 21
Olmesartan und Sprue-ähnliche Enteropathie
Seite 23
Erlotinib (Tarceva), Pazopanib (Votrient) und Dasatinib (Sprycel)
bei gleichzeitiger Anwendung von PPI wirkungslos
Seite 25
Für Sie gelesen: SPRINT-Studie
Seite 27
Impressum und Offenlegung gemäß §§ 24, 25
Mediengesetz Medieninhaberin und Herausgeberin:
Burgenländische Gebietskrankenkasse, gesetzliche Krankenversicherung, Esterhazyplatz 3,
7000 Eisenstadt, UID Nummer: ATU 16253300
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Telefon +43 2682608-1405, E-Mail: [email protected]
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Satz- und Druckfehler vorbehalten
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2
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Vorwort
Sehr geehrte Damen und Herren,
die PCSK9 Inhibitoren sind eine neue
Wirkstoffklasse, über die in der Laienpresse
bereits ausführlich berichtet wird.
Der Beitrag von Prof. Freissmuth fasst den
aktuell gültigen Stand der Wissenschaft zum
Thema zusammen.
Die bundesweit einheitliche Regelung zur
Maximalabgabemenge von Blutzuckerteststreifen ist ein organisatorisches Anliegen der
SV-Träger und ist mit allen Empfehlungen zur
Blutzuckerselbstmessung kompatibel.
Die Beiträge zu den Themen
•Vasoprotektiva
•Antibiotika
• (fehlende) Therapien nach Schenkelhalsfrakturen
• Enteropathien unter Olmesartan
• Kombinationstherapien von PPI mit Tyrosinkinaseinhibitoren
• PPI allgemein
mit Daten der österreichischen Realversorgung
und eine Rezension der Sprint-Studie runden die
Themenvielfalt ab.
DI Berthold Reichardt
Behandlungsökonomie
3
I N F O R MATION FÜR VERTRAGS PART NE R
Neue Cholesterinsenker:
PCSK9 Inhibitoren Evolocumab und Alirocumab – Panacea
für Herzkreislauferkrankungen oder Reservemittel?
Cholesterinsenker erhöhen die
Expression von LDL-Rezeptoren
Hohe LDL-Cholesterinwerte stellen einen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen dar.
Bisher beruhte die Therapie auf der Hemmung
des Schlüsselenzyms der Cholesterinsynthese,
der Hydroxymethylglutaryl-(HMG-)CoA-Reduktase. Dafür stehen eine Reihe von unterschiedlichen Statinen zur Verfügung (Rangordnung der
Potenz: Fluvastatin < Pravastatin, Lovastatin <
Simvastatin < Atorvastatin <
Rosuvastatin).
Für Statine existieren auch harte Endpunktdaten,
d.h. bei bestehendem kardiovaskulärem Risiko
senkt die Therapie auch die kardiovaskulären
Ereignisse. Daneben gibt es noch Ezetimib, das
den intestinalen Cholesterintransporter (NPC1L1
= Niemann-Pick-C1-like) an der apikalen Seite
der Enterozyten hemmt, und Cholestyramin bzw.
Colesevelam, die Gallensäuren im Darmlumen binden und damit den
Cholesterinverbrauch in der Leber erhöhen.
Indirekt führen alle diese Manipulationen dazu,
dass die Leberzellen an Cholesterin verarmen.
Dadurch wird die Genexpression aktiviert:
Bei niedrigem zellulärem Cholesterin gelangt
SREBP2 (sterol-response-element binding
protein-2) in den Zellkern und bindet an die
Promotoren einiger Zielgene: Es werden vermehrt die Gene für den LDL-Rezeptor, die
HMG-CoA-Reduktase und u.a. auch PCSK9
abgelesen.
Die vermehrte Expression von LDL-Rezeptoren
senkt den LDL-Spiegel im Blut.
PCSK9 – ein neuer Angriffspunkt
Seit Anfang der 2000er Jahre wurde ein weiteres
Molekül entdeckt, das sich als Angriffspunkt
eignet: PCSK9 (proprotein convertase-subtilisin/
kexin type 9-serin protease). Der Name bezieht
sich auf die nächsten Verwandten: PCSK9
gelangt wie andere Proconvertasen, die Peptid-
4
hormone und Peptidneurotransmitter aus ihren
Prä-/Pro-Formen spalten, in das Lumen des
endoplasmatischen Retikulums. PCSK9
spaltet aber nach jetzigem Kenntnisstand nur
sich selbst; die Spaltung anderer Proteine ist
auch unwahrscheinlich, weil die katalytisch
aktive Stelle durch das Spaltprodukt blockiert
bleibt. PCSK9 wird von Leberzellen kontinuierlich
ins Blut abgegeben.
Die einzige Funktion, die für PCSK9 bekannt ist,
ist die Bindung und Regulation des LDL-Rezeptors.
PCSK9 bindet an LDL-Rezeptoren (an einer
anderen Stelle als LDL) und rekrutiert LDLRezeptor-assoziiertes Protein (LDL-RAP). Nach
Internalisierung des LDL-Rezeptors kann dieser
entweder an die Zelloberfläche zurückkehren
(“recycling”) oder lysosomal abgebaut werden.
PCSK9 liefert wahrscheinlich mit LDL-RAP
ein Signal, das den LDL-Rezeptor in Richtung
Abbau treibt. Daher nimmt die Zahl der LDLRezeptoren an der Zelloberfläche ab, und das
LDL-Cholesterin im Plasma steigt.
Es ist daher auch verständlich, dass eine
Hemmung von PCSK9 einen Synergismus mit
anderen Cholesterinsenkern zeigen kann, weil
diese alle dazu neigen, die Bildung von PCSK9
zu induzieren (über SREBP2, s. oben).
Es muss betont werden, dass PCSK9 auch den
Abbau anderer Rezeptoren aus der Familie der
LDL-Rezeptoren beschleunigen kann (s. unten).
Mutationen in PCSK9 können zur Hypercholesterinämie führen, wenn sie die PCSK9-Wirkung
verstärken (“gain-of-function mutation”).
Es gibt auch den umgekehrten Fall, wo Personen ein hypoaktives PCSK9 haben (“loss-offunction mutation“): Diese haben ein niedriges
LDL-Cholesterin und sind vor kardiovaskulären
Erkrankungen offenbar geschützt. Diese “lossof-function mutation“ haben kein erhöhtes
Krebsrisiko. Es gibt auch zwei gut untersuchte
Individuen, denen PCSK vollständig fehlt; diese
sind unauffällig.
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Studienlage für Alirocumab und
Evolocumab
Tatsächlich gibt es mittlerweile zwei
(humane) monoklonale Antikörper, nämlich
Alirocumab (Praluent; IgG1) und Evolocumab
(Repatha; IgG2), die für die Behandlung der Hypercholesterinämie zugelassen sind.
Beide Antikörper sind in einem umfangreichen
Studienprogramm getestet worden und
können auf beeindruckende Senkungen des
LDL-Cholesterins verweisen. Mittlerweile existiert
eine Metanalyse, die die Daten aus 17 Studien
(= 8250 mit PCSK9-Inhibitoren behandelte
Personen) gepoolt hat, um die Effektgröße über
die Population zu vergleichen (1): Ausgehend
von einem mittleren LDL-Cholesterin von
122 ± 36 mg/dL (bei einem Gesamtcholesterin
von 199 ± 39 mg/dL und einem HDL von
51 ± 14 mg/dL), wurde das Cholesterin im Mittel
um 71 mg/dL gesenkt, d.h. nach Therapie
betrug das LDL-Cholesterin 51 ± 30 mg/dL.
Es muss in diesem Kontext betont werden, dass
in 12 Studien ≥ 88 % der Patientinnen und
Patienten eine Statinbasistherapie hatten.
Die meisten Studien liefen zwischen 12 und 24
Wochen, und nur zwei Studien waren 52 und 48
Wochen lang.
Daher war jede einzelne Studie per se nicht ausreichend, um den Effekt auf harte Endpunkte zu
liefern, d.h. um zu zeigen, dass die kardiovaskulären Ereignisse bzw. Todesfälle abnahmen.
Wenn alle Daten in der Metaanalyse zusammengetragen werden, ergibt sich ein instruktiver
Hinweis: In allen mit PCSK9-Hemmern behandelten Gruppen traten 17 Todesfälle von insgesamt 7474 Patientinnen und Patienten auf; in
den Placebo-/ Kontrollgruppen waren es 20 von
3956, was einem relativen Risiko von 0,43
(95 %-iger Vertrauensbereich 0,22-0,93; P=0,01)
entspricht.
Für die kardiovaskuläre Mortalität sind die Verhältnisse 12/7415 (PCSK9-Inhibitoren) im Vergleich zu 12/3925 (für die Kontrollgruppe).
Das relative Risiko (0,50; 95 %-iger Vertrauensbereich 0,22-1,13) wurde nicht in einer statistisch abgesicherten Weise beeinflusst (P=0,10).
Das gilt auch für die kardiovaskulären Ereignisse (MACE, major cardiovascular events),
obwohl diese naturgemäß häufiger waren als
die Todesfälle (80/7415 in der Gruppe mit
PCSK9-Inhibitoren im Vergleich 67/3925 in der
Kontrollgruppe; relatives Risiko 0,67; 95 %-iger
Vertrauensbereich 0,43-1,04; P=0.07).
Neurokognitive Einschränkungen als
neue Nebenwirkung?
PCSK9-Inhibitoren sind insgesamt sehr gut
verträglich. Überraschenderweise nahmen aber
die berichteten neurokognitiven Ereignisse
(Abnahme der Gedächtnisleistung, Verwirrung
etc.) in der PCSK9-behandelten Gruppe zu:
46/6376 Patientinnen und Patienten in den
PCSK9-behandelten Gruppen im Vergleich zu
9/3205 in den Kontrollgruppen. Das relative
Risiko wurde also numerisch für diese mehr als
verdoppelt 2,34 (95 %-iger Vertrauensbereich
1,11-4,93); der Effekt ist statistisch signifikant
(P=0,02). Es lässt sich einwenden, dass diese
Statistik nur auf seltenen Ereignissen beruht.
Allerdings muss dem entgegengehalten werden,
dass die Häufigkeit der berichteten neurokognitiven Ereignisse in derselben Größenordnung
liegen, wie die kardiovaskulären Ereignisse.
Ebenso mögen diese neurokognitiven Ereignisse
nichts bedeuten; sie können aber auch Vorboten deutlich eingeschränkter Hirnleistung sein,
die sich bei Langzeittherapie einstellen kann.
Mit anderen Worten: Man kann nicht ausschließen, dass die number-needed-to-treat und die
number-needed-to-harm in derselben Größenordnung liegen.
Diese Bedenken sind nicht aus der Luft
gegriffen: Die Familie der LDL-Rezeptoren ist in
der Evolution lange (= 500 Millionen Jahre) vor
der Entwicklung von Lipoproteinen aufgetreten.
Diese Rezeptoren haben auch andere Funktionen, als Lipoproteine zu binden und zu internalisieren. Sie dienen insbesondere auch dazu,
Signale zu regulieren, wie sie für die Entwicklung
und Aufrechterhaltung der neuronalen Funktion
notwendig sind. Dieses Modell liefert auch die
Erklärung für die Beobachtung, weshalb Träger
des Allels ApoE4 (Apolipoprotein-E4) im Mittel
10 Jahre früher eine Alzheimer-Demenz entwickeln als Träger von ApoE3.
Fazit – restriktiver Umgang
In Ermangelung harter Endpunktstudien sollte
man mit der Verschreibung von PCSK9-Inhibi-
5
I N F O R MATION FÜR VERTRAGS PART NE R
toren sehr vorsichtig umgehen und sie nur für
diese Patientinnen und Patienten reservieren, die
ein sehr hohes Risiko für Myokardinfarkte oder
ischämische Schlaganfälle haben und bei denen
Statine nicht ausreichen: „In the meantime, given
the potential safety issues and formidable costs
of PCSK9 inhibitors, these drugs should be
reserved for refractory FH (familial hypercholesterinaemia) patients, for whom no RCTs (randomized controled trials) of lipid-lowering agents to
reduce CVD disease have been or will be done,
and possibly for high CVD-risk statin-intolerant
patients“. (2)
Eine umfassende Aufklärung der Patientin bzw.
des Patienten über das Risiko der kognitiven
Einschränkung ist aus heutiger Sicht in jedem
Fall geboten.
Literatur
(1)
Lipinski MJ, Benedetto U2, Escarcega
RO, Biondi-Zoccai G, Lhermusier T, Baker
NC1, Torguson R, Brewer HB Jr, Waksman R (2016) The impact of proprotein
convertase subtilisin-kexin type 9 serine
protease inhibitors on lipid levels and outcomes in patients with primary hypercholesterolaemia: a network meta-analysis.
Eur Heart J. 37:536-545.
(2)
Santos RD (2016) Review: PCSK9 inhibitors reduce mortality but increase neurocognitive events in hypercholesterolemia.
Ann Intern Med. 164: JC31.
Univ. Prof. Dr. Michael Freissmuth
Pharmakologisches Institut
Zentrum für Physiologie und Pharmakologie
Medizinische Universität Wien
Email: [email protected]
6
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Vasoprotektiva – oft verordnet bei
unzureichender Evidenz … und auch ein
Thema der Polypharmazie
Die Verordnung von Vasoprotektiva/kapillarstabiaußerdem „fraglich, ob Studien aus den 1980er
lisierenden Mitteln (ATC-Code C05C) ist in
Jahren mit heutigen Kriterien bewertet werden
Österreich weit verbreitet: Mehr als 320.000
können.“ Fraglich ist somit auch die SinnhafPatientinnen und Patienten bekamen 2014
tigkeit der Verordnung solcher Arzneimittel mit
Vasoprotektiva
– oftvon
verordnet
bei unzureichender
Evidenz
… und auch ein
zumindest eine Packung
„Venoruton“,
unzureichender
Evidenzlage.
„Daflon“, „Reparil“,
„Venosin“ oder „Doxium“
Thema
der Polypharmazie
Aspekt Polypharmazie
auf Kosten der Krankenversicherungsträger
verordnet.
In
Summe
entstanden
dabei
für
rund
Die Verordnung von Vasoprotektiva/kapillarstabilisierenden
Mitteln
(ATC-Code
ist in
Die Verordnung
von Wirkstoffen
mitC05C)
unzurei2,5 Mio. abgerechnete
Packungen
Österreich
weit verbreitet:
Mehr Aufwenals 320.000 Patientinnen
und
Patienten
bekamen
2014
chender Evidenz, also z.B. Vasoprotektiva, sollte
dungen von eine
knapp
€20 Mio von
(Tab.„Venoruton“,
1).
zumindest
Packung
„Daflon“,
„Doxium“ auf
aber„Reparil“,
auch nicht„Venosin“
zuletzt vor oder
dem Hintergrund
der
Kosten der Krankenversicherungsträger verordnet.
In Summe überprüft
entstanden
dabeiPolypharmazie
für rund 2,5
Polypharmazie
werden.
Tabelle
1: Kosten (exkl.
USt.), Verordnungen
Mio.
abgerechnete
Packungen
Aufwendungen von
knapp
€20 Mio
(Tab.problematisch:
1).
ist aus
zweierlei
Gründen
(=Packungen), Patient/inn/en für die
- Erstens steigt das Wechselwirkungspotenzial
Gesamtheit
aller Heilmittel
sowie
für
Tabelle 1: Kosten
(exkl. USt.),
Verordnungen
(=Packungen),
Patient/inn/en
für die
aller
massiv
an, und zwar
vonGesamtheit
sechs möglichen
kapillarstabilisierende
Mittel (C05C),
Heilmittel sowie für kapillarstabilisierende
Mittel (C05C),
Interaktionen bei vier Medikamenten auf 45
ATC
BEZEICHNUNG
KOST
VERORD
ANZA_HM_PAT
2.778.890.027,17
122.696.466
6.048.761
+ - C05C KAPILLARSTABILISIERENDE MITTEL
19.728.101,55
2.483.746
322.745
Quelle: maschinelle Heilmittelabrechnung für die 19 KV-Träger (9 GKKs, 6 BKKS, VAEB, BVA, SVAgW,
SVB) maschinelle Heilmittelabrechnung für die
mögliche Interaktionen bei zehn MedikaQuelle:
+ Gesamt
menten. Analog dazu steigt das tatsächliche
19 KV-Träger (9 GKKs, 6 BKKS, VAEB, BVA,
Zum
Vergleich:
dies
entspricht
in
etwa
so
vielen
Patient/inn/en
wie bei oralen Antidiabetika,
Risiko für Wechselwirkungen
mit der Zahl der
SVAgW, SVB)
so vielen Packungen wie bei Urologika (ATC G04, z.B.
Tolterodin, Tamsulosin)
eingenommenen
Medikamente und
- bei Kosten
zwei Mewie
bei
Cholinesterasehemmern.
Konträr
zur
hiesigen
Popularität
der
Vasoprotektiva
ist für
dikamenten beträgt die Wahrscheinlichkeit
Zum Vergleich: dies entspricht in etwa so vielen
jedoch
deren wie
vorliegende
Ein rezenterWechselwirkungen
systematischer Review
des Ludwigsechs Prozent,
bei acht
Patient/inn/en
bei oralen Evidenzlage:
Antidiabetika, so
1
konnte
keine
Boltzmann-Instituts
für
Health
Technology
Assessment
(LBI-HTA)
Medikamenten 100 Prozent.2
vielen Packungen wie bei Urologika (ATC G04,
ausreichende
Evidenz fürund
die Kosten
Wirksamkeit
Produkte für die Behandlung von
z.B. Tolterodin, Tamsulosin)
wie beider genannten
- Zweitens nimmt die Einnahmetreue (Comchronisch-venöser
Insuffizienz
oder
Hämorrhoiden pliance
feststellen.
sei bei mit
derder
Analyse
Cholinesterasehemmern.
Konträr zur
hiesigen
bzw. Es
Adhärenz)
Anzahl vieler
der
der
insgesamt
56
eingeflossenen
Studien
außerdem
„fraglich,
ob
Studien
aus
den
1980er
Popularität der Vasoprotektiva ist jedoch deren
sechs
Medikamente stark ab3: Bei mehr als
Jahren
mit Evidenzlage:
heutigen Kriterien
bewertet
werden können.“
Fraglich nehmen
ist somitnur
auch
die20 Prozent
vorliegende
Ein rezenter
systemaMedikamenten
mehr
Sinnhaftigkeit
der Ludwig-Boltzmann-Instituts
Verordnung solcher Arzneimittel mit
unzureichender
Evidenzlage.
4
tischer Review des
alle Medikamente richtig ein. Da die Auswahl,
für Health Technology Assessment (LBI-HTA)1
welche Medikamente tatsächlich eingenomAspekt
Polypharmazie
konnte keine
ausreichende Evidenz für die Wirkmen werden, seitens der Patientinnen und
Die
Verordnung
von Wirkstoffen
Evidenz,oftalso
z.B.bzw.
Vasoprotektiva,
sollte
samkeit
der genannten
Produkte fürmit
die unzureichender
BehandPatienten
zufällig
willkürlich erfolgt,
aber
auch
nicht zuletzt vorInsuffizienz
dem Hintergrund
der Polypharmazie
überprüft
werden.
lung von
chronisch-venöser
oder
erhöht Polypharmazie
somit
auch die GeHämorrhoiden feststellen.
Es sei beiGründen
der Analyse
Polypharmazie
ist aus zweierlei
problematisch:
fahr von Verschlechterungen einer Krankheit
5 von sechs
vieler-­‐ derErstens
insgesamt
56 eingeflossenen
Studien
steigt
das Wechselwirkungspotenzial
massiv
an, und zwar
durch
Unterversorgung.
möglichen Interaktionen bei vier Medikamenten auf 45 mögliche Interaktionen bei
1http://eprints.hta.lbg.ac.at/1047/
zehnPostgrad
Medikamenten.
Analog
dazu steigt das tatsächliche Risiko für
2 Cadieux,
Med 1989,
86: 179-86
3 Pasina
et al. Drugs Aging. 2014;31(4):
283-9.
Wechselwirkungen
mit der Zahl
der eingenommenen Medikamente - bei zwei
4 Darnell
et
al.
J
Am
Geriatr
Soc.
1986;34(1):
1-4.
Medikamenten beträgt die Wahrscheinlichkeit
für Wechselwirkungen sechs Prozent,
5 Kuijpers et al. Br J Clin Pharmacol. 2008; 65(1):
2 130-3
bei acht Medikamenten 100 Prozent.
-­‐ Zweitens nimmt die Einnahmetreue (Compliance bzw. Adhärenz) mit der Anzahl der
Medikamente stark ab3: bei mehr als sechs Medikamenten nehmen nur mehr 20
Prozent alle Medikamente richtig ein.4 Da die Auswahl, welche Medikamente
tatsächlich eingenommen werden, seitens der Patientinnen und Patienten oft zufällig
7
I N F O R MATION FÜR VERTRAGS PART NE R
In der Versorgungsrealität ist die Verordnung von
Vasoprotektiva im Kontext der Polypharmazie
umso problematischer, je mehr diese
Patient/inn/en von Polypharmazie betroffen sind.
Wenn eine Patientin neben dem Vasoprotektivum nur einen einzigen anderen Wirkstoff erhält,
hat dies nur eher geringe Auswirkungen auf das
Wechselwirkungspotenzial und die Adhärenz.
Wenn ein Patient jedoch nebenbei noch neun
andere Wirkstoffe erhält, sind Wechselwirkungspotenzial und Beeinträchtigung der Adhärenz
potenziell sehr hoch und es sollte eine Reduktion
der Polypharmazie angestrebt werden.
Wie ist nun die Versorgungsrealität in
Österreich? Anhand von Abrechnungsdaten der
österreichischen Krankenversicherungsträger
Abbildung 1: Durchschnittliche Anzahl an im Jahr 2014 verordneten Wirkstoffen bei Männern
mit bzw. ohne Vasoprotektiva-Medikation, Geburtsjahrgänge 1920-1985.
Anzahl der Wirkstoffe (ATCs) im Jahr 2014,
männliche Patienten mit bzw. ohne Vasoprotektiva
12
ohne Vasoprotektiva
10
mit Vasoprotektiva
8
6
4
0
1920
1922
1924
1926
1928
1930
1932
1934
1936
1938
1940
1942
1944
1946
1948
1950
1952
1954
1956
1958
1960
1962
1964
1966
1968
1970
1972
1974
1976
1978
1980
1982
1984
2
Geburtsjahr
Quelle: maschinelle Heilmittelabrechnung der KV-Träger exkl. Betriebskrankenkassen
Abbildung 2: Durchschnittliche Anzahl an im Jahr 2014 verordneten Wirkstoffen bei Frauen mit
bzw. ohne Vasoprotektiva-Medikation, Geburtsjahrgänge 1920-1985
Anzahl der Wirkstoffe (ATCs) im Jahr 2014,
weibliche Patientinnen mit bzw. ohne Vasoprotektiva
12
ohne Vasoprotektiva
10
mit Vasoprotektiva
8
6
4
0
1920
1922
1924
1926
1928
1930
1932
1934
1936
1938
1940
1942
1944
1946
1948
1950
1952
1954
1956
1958
1960
1962
1964
1966
1968
1970
1972
1974
1976
1978
1980
1982
1984
2
Geburtsjahr
Quelle: maschinelle Heilmittelabrechnung der KV-Träger exkl. Betriebskrankenkassen
6 Zählung von unterschiedlichen ATC-Codes der 5. Ebene.
7 Es werden nur Personen inkludiert, die zumindest eine Heilmittel-Verordnung im Jahr 2014
erhielten.
8 Jene, die zumindest einen Wirkstoff verordnet bekamen, siehe Fußnote 5.
8
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(exkl. Betriebskrankenkassen) wurde untersucht,
wie hoch die Anzahl an unterschiedlichen
Wirkstoffen6 der Patient/inn/en ist (Abb. 1 und
2). Dabei wurde unterschieden, ob die Personen
ein Vasoprotektivum erhielten oder nicht. Für den
fairen Vergleich wurden die Vasoprotektiva selbst
von der Zählung der Wirkstoffe ausgenommen.
Es wurde das Verordnungsjahr 2014 betrachtet.
Es zeigt sich, dass sowohl bei Männern als auch
bei Frauen über alle Altersgruppen hinweg
Vasoprotektiva-Patient/inn/en im Jahresverlauf
eine höhere Anzahl an Wirkstoffen verordnet
bekommen als die Vergleichsgruppe ohne
Vasoprotektiva7 (Abb. 1 und Abb. 2). Je nach
Altersgruppe ist der Unterschied rund 1 bis 4
zusätzliche Wirkstoffe – inklusive der Vasoprotektiva also 2 bis 5 Wirkstoffe. So erhalten z.B.
im Jahr 1950 geborene Männer im Schnitt rund
6 unterschiedliche Wirkstoffe pro Jahr8, während
jene, die ein Vasoprotektivum erhalten, darüber
hinaus durchschnittlich mehr als 8 Wirkstoffe
bekamen (Abb. 1). Bei Frauen mit Geburtsjahr-
gang 1950 sind es gut 6 sowie knapp 10 Wirkstoffe bei Vasoprotektiva-Patientinnen (Abb. 2).
Vasoprotektiva erhalten also Patient/inn/en, die
durchschnittlich deutlich stärker von Polypharmazie betroffen sind. Angesichts der Problematik, die Polypharmazie mit sich bringen kann, ist
die Verordnung von Vasoprotektiva in der täglichen Praxis umso mehr zu überprüfen.
Fazit
Aufgrund von unzureichender Evidenz sollte die
Verordnung von Vasoprotektiva generell kritisch
überprüft werden. Da die Versorgungsrealität
zeigt, dass in Österreich Vasoprotektiva
tendenziell jenen Patient/inn/en verordnet
werden, die ohnehin schon eine höhere Anzahl
an Wirkstoffen erhalten, verschärft deren
Verordnung außerdem die PolypharmazieProblematik. Der Einsatz von „Venoruton“,
„Daflon“, „Reparil“, „Venosin“ oder „Doxium“
sollte daher stets kritisch hinterfragt werden.
Manfred Hinteregger, HVB
Bundesweite Regelung zur
Maximalabgabemenge von
Blutzuckerteststreifen
Seit 1.1.2016 wird die neue bundesweite
Richtlinie zur Abgabe von Blutzuckerteststreifen
zur Selbstmessung auf Kassenkosten
umgesetzt.
Diese wurde von der Österreichischen
Diabetesgesellschaft und dem Hauptverband
der Österreichischen Sozialversicherungsträger
erarbeitet. Die Richtlinie ist medizinisch schlüssig
und nachvollziehbar, beruht auf geprüfter
Evidenz und ist ökonomisch sinnvoll.
Weiters führt sie zu einer Gleichstellung der
Versicherten in ganz Österreich was die
Diabetikerversorgung anbelangt.
Im Rahmen der Verordnung von Blutzuckerteststreifen sollte jedenfalls immer auf Plausibilität
(Wie oft misst der Patient tatsächlich laut seinen
Aufzeichnungen bzw. Protokollen im Blutzuckermessgerät? Stimmt dies mit der verordneten
Menge überein?) und auf medizinische Sinnhaftigkeit geprüft werden, damit die Ökonomie der
Verordnung gewahrt bleibt.
Zur Evidenzlage, was die Blutzuckerselbstmessung angeht, ist zu sagen, dass der Benefit für
insulinpflichtige Diabetiker – egal ob Typ 1 oder
Typ 2 - außer Zweifel steht. Es kommt zu einer
Senkung des HbA1c und dadurch zu einer Re-
9
I N F O R MATION FÜR VERTRAGS PART NE R
Die entsprechend der jeweiligen Therapieform vorgesehenen Höchst-Abgabemengen an
Blutzuckerteststreifen:
3-MonatsBedarf
Therapie-Kürzel
(zur Angabe auf der
Verordnung)
Basis Bolus Therapie
650 Stk.
FIT
Insulinpumpentherapie
650 Stk.
CSII
schwangere Diabetikerinnen
650 Stk.
FIT-S
Gestationsdiabetes
550 Stk.
GDM
basisunterstützte orale Therapie
(z.B. Bed-Time-Insulin)
1 x täglich und ein 7-Punkt-Profil pro Woche
200 Stk.
BOT
alle anderen konventionellen Insulintherapien
(z.B. Mischinsulin) ein 3-Punkt-Profil pro Tag
oder drei bis vier 7-Punkt-Profile pro Woche
300 Stk.
CT
orale Antidiabetika
ein 7-Punkt-Profil pro Woche
100 Stk.
OAD
50 Stk.
zusätzlich
50 Stk. bei
Manifestation
LEB
Therapie und empfohlene Messungen
Lebensstil allein – keine medikamentöse
Diabetesbehandlung
ein 7-Punkt-Profil pro Monat
duktion der Spätkomplikationen, einer Erhöhung
der Sicherheit (Reduktion von Hypoglykämien)
sowie einer besseren Krankheitsbewältigung.
Für nicht mit Insulin behandelte Diabetiker dürfte
zumindest die signifikante HbA1c-Senkung mit
der konsekutiven Reduktion der Folgeerkrankungen nicht zutreffen. Es gibt dazu divergierende Studienergebnisse, Metaanalysen zeigen
jedoch, dass der Effekt der Blutzuckerselbstmesssung bei diesen Patienten vor allem nach
längerer Diabetesdauer maximal moderat ist.
Trotzdem besteht Einigkeit, auch nicht insulinpflichtigen Diabetikern eine medizinisch sinnvolle Selbstmessungsfrequenz zu ermöglichen,
da sie für den Einzelnen unter der Voraussetzung
einer strukturierten Schulung zumindest einen
(Stellen-)Wert im Krankheitsmanagement und
folglich der Lebensqualität hat:
Patienten, die ohne Medikamente durch Lebensstilmaßnahmen ihren Diabetes im Griff haben,
empfiehlt sich ein 7-Punkt-Profil 1x pro Monat.
Diabetikern, die mit oralen Antidiabetika behandelt werden, empfiehlt sich die Anfertigung eines
10
7-Punkt-Profiles pro Woche. Damit ist mit einer
Abgabe von 100 Teststreifen/Quartal noch eine
Reserve vorhanden für Sondersituationen wie
z.B. Krankheit oder Verdacht auf Hypoglykämie.
Darüber hinausgehende Empfehlungen sind in
der Regel medizinisch nicht nachvollziehbar und
können nur vorübergehend bzw. kurzfristig in
Sondersituationen wie z.B. Kortisontherapie oder
interkurrenten Infektionen sinnvoll sein.
Eine gute Übersicht über strukturierte Blutzuckertagesprofile gibt die IDF Guideline 2009
(Leitlinie der International Diabetes Federation)
http://www.idf.org/sites/default/files/SMBG_
DE.pdf
Aktuelle Position der Österreichischen
Diabetesgesellschaft (ÖDG)
http://www.oedg.org/pdf/1302_OEDG_
Leitlinien.pdf
Dr. Susanne Groblschegg
Fachärztin für Innere Medizin
bgkk.at
Antibiotika – Wirken sie denn noch?
Dieser Artikel ist eine um die Daten des
AURES 2014 ergänzte Kurzfassung des
Arzneidialog-Papiers „Antibiotika – das
Risiko der Resistenzen“, welches unter Mitwirken von Prim. Univ.-Doz. Dr. Petra Apfalter
entstand.
Der Winter ist auch dieses Jahr wieder pünktlich
erschienen – und mit ihm die erkälteten
Patienten, die sich ein Antibiotikum wünschen,
in der Hoffnung damit möglichst schnell wieder
arbeitsfähig zu sein.
Einen Zusammenhang zwischen der kalten
Jahreszeit und dem Anstieg der AntibiotikaVerordnungen ist laut Resistenzbericht für
Österreich 2014 (AURES)1 eine österreichische
Eigenheit, die in anderen europäischen Ländern,
wie etwa Dänemark, Schweden oder Norwegen,
nicht beobachtet werden kann. Daraus folgern
die Autoren, dass „der Einsatz von Antibiotika
bei Erkältungskrankheiten, die vorwiegend durch
virale Erreger ausgelöst werden“ in Österreich
„demnach eine gewisse Rolle spielen“ dürfte.
Erkältungskrankheiten
werden üblicherweise durch
Viren verursacht und
bedürfen keiner
antibiotischen Therapie,
sofern keine bakterielle
Sekundärinfektion vorliegt.
Die routinemäßige Verschreibung von Breitbandantibiotika erhöht den Selektionsdruck auf
die Krankheitserreger und führt so zur Verschlechterung der Resistenzlage.2 Bakterien
haben die Fähigkeit sich dem Antibiotikum durch
Mutation oder Aufnahme von Resistenzgenen,
die beispielsweise Effluxpumpen codieren, anzupassen und sich trotz dessen Einnahme weiter
zu vermehren.3 Kann ein Keim zwar überleben,
sich aber in Anwesenheit eines Antibiotikums
nicht vermehren, so spricht man von einem
„toleranten“ Keim.
Die Gefahr resistenter Bakterien
Infektionen mit resistenten Bakterien zeigen
kein Ansprechen auf die Standard-Therapie und
verursachen so ein prolongiertes Krankheitsbild,
längere Krankenstände, steigern die Kosten des
Gesundheitssystems und erhöhen das Mortalitätsrisiko.4 Schätzungen zufolge führen derartige
Infektionen in Europa zu mehr als 25.000 Todesfällen und Mehrkosten von ca.1,5 Milliarden Euro
pro Jahr .5,6
Neben Behandlungsstrategien verlieren aber
auch prophylaktische Maßnahmen ihren protektiven Effekt, wie beispielsweise der vorbeugende
Einsatz von Antibiotika bei bestimmten chirurgischen Eingriffen (Transplantationen, Hüftoperationen) oder minimal invasiven diagnostischen
Interventionen.
Das Entstehen von
Antibiotika-Resistenzen2
Dass Bakterien Resistenzen gegen für sie
schädliche Substanzen entwickeln, entspricht
der Evolution - handelt es sich hierbei ja um
Mechanismen, die deren Überleben sichern sollen. Durch Mutationen oder Plasmid-vermittelte
Aufnahme von Resistenzgenen schützen sich
ehemals sensible Keime vor Antibiotika, indem
sie diese schneller abbauen oder ausschleusen.
Neben der routinemäßigen Verschreibung von
Breitbandantibiotika wird die Ausbildung von
Antibiotikaresistenzen auch durch deren unsachgemäßen oder unzureichenden Gebrauch gefördert. Laut einer WHO-Untersuchung nehmen
bis zu 50% aller Patienten die ihnen verordneten
Medikamente nicht ordnungsgemäß ein.6 Auch
die eigenmächtige Einnahme von Antibiotika
durch Patienten, beispielsweise aus alten
Packungen, führt zu einer Verschlechterung der
Resistenzlage.
11
I N F O R MATION FÜR VERTRAGS PART NE R
Patienten müssen über die Wirkungen,
Nebenwirkungen und auch über die Grenzen
einer Antibiotika-Wirkung aufgeklärt werden!
Abseits der Arzt-Patienten-Beziehung spielt auch
der vorbeugende Einsatz von Antibiotika in der
landwirtschaftlichen Tierzucht eine Rolle bezüglich der Resistenzentwicklung.7 Zwar werden in
der Veterinärmedizin nicht die gleichen, sondern
ähnliche Antibiotika wie in der Humanmedizin
verwendet, doch trotz des strukturellen Unterschieds bleiben die molekularen Wirkmechanismen dieselben und so können Kreuz- oder
Parallelresistenzen auch gegenüber humanen
Arzneimitteln entstehen.
erworbener Harnwegsinfektionen als häufigster
Erreger. Die Zahl der durch E.coli verursachten,
gemeldeten Bakteriämien stieg in Österreich von
3.480 Fällen 2010 auf 4.750 Fälle 2014 – das
entspricht einem Anstieg von 37% in 5 Jahren!
Entgegen dem gesamtösterreichischen Trend
stiegen die Resistenzraten von E.coli im Burgenland gegen Aminopenicilline (+1,3% vs. -0,9%)
und Aminoglykoside (+1,6% vs. -0,1%) im Jahr
2014 weiter an. Allerdings verbesserte sich die
Resistenzlage von Cephalosporinen der
3.Generation (-3,4% vs. -0,5%) und Fluorochinolon im Burgenland gegenüber Gesamtösterreich
(-3,6% vs. -2,2%).
Status quo:
Erschreckend zeigt sich die Entwicklung der
multiresistenten Keime. So stieg die Rate der
Allen voran die erfreulichen Nachrichten: im
ESBL-bildenden Escherichia coli in GesamtVergleich zu 2013 sanken 2014 sowohl der
österreich von 16,7% (2013) auf 24,4% (2014)!
Gesamtverbrauch der als auch die Kosten für
Diese Erreger haben die Fähigkeit durch die
Antibiotika in Österreich. Lediglich die VerordExtended Spectrum Beta-Lactamase (ESBL)
nungen der Cephalosporine 2. Generation und
Redaktionskommittee
sowohl Penicilline als auch Cephalosporine
der Sulfonamide / Trimethoprim steigen leicht an.
abbauen zu können. Circa 70% der ESBLbildenden E.coli zeigen zusätzlich Resistenzen
Grafik:
der AntibiotiStatusVerordnungsentwicklung
quo:
gegenüber Fluorochinolonen und Sulfamethoxakaklassen in Österreich über die Jahre 2011 –
zol / Trimethoprim!
2014;
Allen Daten
voranaus
dieHMDB-AS
erfreulichen Nachrichten: im Vergleich zu 2013 sanken 2014 sowohl der
Gesamtverbrauch
der
als auch die
Kosten für Antibiotika in Österreich. Lediglich die
1
Escherichia
coli im
Burgenland:
Um die drohende Gefahr multiresistenter Keime
Verordnungen der Cephalosporine 2.Generation und der Sulfonamide / Trimethoprim steigen
zu minimieren, sollten vor allem Medikamente
E.coli
leichtgilt
an.sowohl bei Bakteriämien als auch
mit „Reservestatus“ mit Bedacht und nur nach
bei innerhalb / außerhalb des Krankenhauses
Grafik: Verordnungsentwicklung der Antibiotikaklassen in Österreich über die Jahre 2011 – 2014;
Grafik: Verordnungsentwicklung der Antibiotikaklassen
in Oberösterreich
über die Jahre 2011 – 2014; Daten aus HMDB-AS
Daten
aus HMDB-AS
12
Jana
Gelös
bgkk.at
Grafik: Resistenzentwicklung von E.coli Keimen gegenüber ausgewählter Antibiotikaklassen
Burgenland,
Datengegenüber
aus AURES
2014
Grafik: Resistenzentwicklungim
von
E.coli Keimen
ausgewählter
Antibiotikaklassen
im Burgenland, Daten aus AURES 2014
Erschreckend zeigt sich die Entwicklung der
strenger
Indikationsstellung
eingesetzt
Literatur:Frau Prim. Univ.-Doz. Dr. Petra Apfalter,
multiresistenten
Keime. So
stieg diewerden,
Rate der ESBLLeiterin des Instituts für Hygiene,
damit
diese gerade
im Spitalsbereich
zielgerichbildenden
Escherichia
coli in Gesamtösterreich
von
und Tropenmedizin
1. AURESMikrobiologie
– der österreichische
Antibiotikaresitete,
intravenöse
Therapieoptionen
schwere
16,7%
(2013) auf
24,4% (2014)! für
Diese
Erreger haben
des
KH
der
Elisabethinen
Linz und der
stenzbericht
2014;
:
http://www.aures.at/
Infektionen
bleiben.
die Fähigkeit
durch die Extended Spectrum Betaanalyse BioLab GmbH: „Speziell die oralen
2. Sales ofCephalosporine
veterinary antimicrobial
agents haben
in 26
Lactamase (ESBL) sowohl Penicilline als auch
der 3.Generation
Fazit:
countries
in
2012;
European
Cephalosporine abbauen zu können. Circa 70% derEU/EEAeine
ungünstige Pharmakokinetik/Dynamik,
werden
schlecht
resorbiert
und heizen die
Medicines
Agency;
2014,
333921/2014
ESBL-bildenden
E.coli
zeigen
zusätzlich
Resistenzen
Durch strenge Indikationsstellung für AntibiotiESBLEntwicklung
massiv
an. Der Einsatz
Fluorochinolonen
und Sulfamethoxazol
/
3. Pharmakotherapie:
klinische Pharmakologie,
kagegenüber
kann der Selektionsdruck
auf Bakterien
und
dieser
Subtanzen
sollte
dem
Spitalsbereich
Trimethoprim!
14.Auflage,
Lemmer
& Brune,
somit die Ausbildung von Resistenzen minimiert
vorbehalten
sein,
wo sie 2010
i.v. verabreicht
werden.
4. Antibiotic
resistance
a major
health
werden
könnenasund
damit public
sehr wertvolle
Um die drohende Gefahr multiresistenter Keime zu
Therapieoption
imand
stationären
Bereich
Wenn ein Antibiotikum indiziert ist, sollte es nach
concern:
epidemiology
economic
impact.
minimieren, sollten vor allem Medikamente mit
darstellen.“
Effizienz,
Sicherheitmit
undBedacht
Kosten ausgewählt
und strengerSignorelli
C et al; Ann. Ig.;015, 5 015.2048;
„Reservestatus“
und nur nach
sogenannte
„Reserve-Antibiotika“
nur als
5.http://www.who.int/mediacentre/factsheets/
Indikationsstellung
eingesetzt auch
werden,
damit diese
solche
verwendet
werden.
gerade im Spitalsbereich zielgerichtete, intravenösefs194/en/
Therapieoptionen für schwere Infektionen bleiben. http://www.euro.who.int/de/health-topics/
Prinzipiell gilt: so schmal (Spektrum) und kurz
disease-prevention/antimicrobial-resistance/
wie
möglich, so lange wie nötig!
Fazit:
antibiotic-resistance/factsheets/informationDurch strenge Indikationsstellung für Antibiotika kannfor-health-professionals
der Selektionsdruck auf Bakterien und
Und
nicht
ist auch
dieResistenzen
Aufklärung des
somit
diezuletzt
Ausbildung
von
minimiert werden.
6. Antibiotikaresistenz; WeltgesundheitsorgaPatienten
essentiell
in der Vermeidung
von sollte es nach Effizienz, Sicherheit und Kosten
Wenn ein
Antibiotikum
indiziert ist,
nisation, Regionalbüro für Europa, GesundAntibiotika-Resistenzen!
ausgewählt und sogenannte „Reserve-Antibiotika“ auch nur als solche verwendet werden.
heitsthemen / Krankheitsprävention / Antimikrobielle Resistenz / Antibiotikaresistenz
Prinzipiell gilt: so schmal (Spektrum) und kurz wie möglich, so lange wie nötig!
7.http://www.autovaccine.de/ND/antibiotics.
html essentiell in der Vermeidung von
Und nicht zuletzt ist auch die Aufklärung des Patienten
Antibiotika-Resistenzen!
13
I N F O R MATION FÜR VERTRAGS PART NE R
Protonenpumpenhemmer - Wann, Wieviel
und Wie lange?
Wirkstoffe wirkungsgleich und
austauschbar
Protonenpumpenhemmer (PPI) sind die derzeit
effektivste Arzneimittelklasse für die Behandlung magensäurebedingter Erkrankungen. Die
fünf derzeit in Österreich erhältlichen Wirkstoffe
Omeprazol, Pantoprazol, Lansoprazol, Rabeprazol und Esomeprazol, die alle auch generisch
verfügbar sind, sind dabei in ihren Äquivalenzdosierungen (siehe Tabelle 1) im Wesentlichen wirkungsgleich und gegeneinander austauschbar
[1; 2]. Darauf weist auch die Pharmainformation
in ihrer aktuellen Ausgabe hin [3].
Tabelle 1: Wirkstoffe und Standard- bzw.
Äquivalenzdosen [4; 5]
Wirkstoff
Standarddosis/
Äquivalenzdosis
Omeprazol
20 mg
Pantoprazol
40 mg
Lansoprazol
30 mg
Rabeprazol
20 mg
Esomeprazol
20 mg
Beim Beginn der PPI-Therapie bereits
das Ende planen
Generell ist es empfehlenswert, jede PPI-Therapie regelmäßig auf Notwendigkeit und Angemessenheit zu überprüfen und gegebenenfalls
anzupassen. Auf jeden Fall sollte dies bei der
Weiterführung einer nicht selbst begonnenen
Behandlung, z.B. nach einer Spitalsentlassung,
zur Routine werden. PPI werden in Krankenhäusern äußerst breit eingesetzt und oftmals bei der
Entlassung in den Arztbrief aufgenommen, ohne
auf eine zeitliche Limitierung der Behandlung
hinzuweisen. Nicht selten entwickelt sich dann
aus einem solchen Szenario eine langjährige
PPI-Therapie, der keine eindeutige Indikation
zugrunde liegt.
14
Auch im extramuralen Bereich finden sich PPITherapien, die ohne entsprechende Indikation
begonnen werden. Daher ist auch hier ein kritischer Blick angemessen. Beispiele für typische
Nicht-Indikationen für PPI sind:
• Weiterbehandlung nach erfolgreicher Helicobacter-pylori-Eradikation ohne weitere Symptome
• Ulcus-Prophylaxe bei Einnahme von Paracetamol, Opioiden, nicht systemischen NSARs
oder anderen Arzneimitteln mit niedrigem
ulcerogenem Potential
• Ulcus-Prophylaxe bei einer NSAR- oder ASSTherapie für Nicht-Risikopatienten
• „Magenschutz“ bei Einnahme vieler Medikamente (Polypharmazie)
Beim Beginn jeder PPI-Therapie sollte idealerweise im Vorhinein bereits ein konkretes
Datum zur Beendigung oder zur Überprüfung
der Notwendigkeit einer Fortführung festgelegt
und schriftlich festgehalten werden.
Ausschleichendes Absetzen als
Erfolgsrezept
PatientInnen beklagen häufig - besonders
nach einer längeren PPI-Therapie - ohne ihren
„Magenschutz“ nicht mehr symptomfrei leben
können. Dies beruht oftmals auf einer durch PPIEinnahme ausgelösten reflektorischen Hypergastrinämie, die nach abruptem Absetzen zu einer
überschießenden Magensäuresekretion und zu
entsprechenden Symptomen wie Sodbrennen
führt [6]. Vielfach wird dies von einer psychischen Komponente flankiert, die, unterstützt
durch die von Herstellerseite geschickt gewählte
Bezeichnung „Magenschutz“, die die protektive
Wirkung in den Vordergrund stellt und einen
vermeintlichen Bedarf dieser Therapie suggeriert. Die Erfolgschancen für eine erfolgreiche
Beendigung einer PPI-Einnahme können allerdings durch ein gezieltes Ausschleichen deutlich
gesteigert werden [7].
bgkk.at
Indikationen für PPI sind vielfältig
Gemäß den Fachinformationen [8–12] sind die
Protonenpumpenhemmer für folgende Indikationen zugelassen:
• Helicobacter-pylori-Eradikation (in Kombination mit zwei oder drei antibiotischen Wirkstoffen laut aktuellen Leitlinien)
• Zollinger-Ellison-Syndrom
• Behandlung gastroduodenaler Ulcera (Ulcus
ventriculi und Ulcus duodeni)
• Prophylaxe von GI-Ulcera im Zusammenhang
mit einer NSAR- oder ASS-Therapie (hierfür
Rabeprazol nicht zugelassen)
• Behandlung der Gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD)
So vielfältig wie die Anwendungsgebiete sind,
so unterschiedlich gestaltet sich auch die
jeweilige Behandlung.
Relativ eindeutig ist dies bei der Eradikation des
Helicobacter pylori und dem Zollinger-EllisonSyndrom.
Schwierigkeiten bereiten im klinischen Alltag
eher die Ulcus-Behandlung bzw. Prävention und
die Therapie der gastroösophagealen Refluxkrankheit, da bei diesen Indikationen besonders
auf Begleitumstände und Schweregrade achtgegeben werden muss.
Ulcus-Prophylaxe nur für
Risikopatienten - halbe
Standarddosis ausreichend
Bei der Behandlung gastroduodenaler Ulcera
sehen die Fachinformationen eine Therapie mit
PPI in Standarddosis (SD) für 2–8 Wochen vor
[8–12].
Die Ulcus-Prophylaxe bei einer NSAR- oder
ASS-Therapie wird laut Fachinformationen
[8–10; 12] und relevanten Leitlinien [13–15]
nur für RisikopatientInnen empfohlen. Das sind
Personen, auf die zusätzlich zur NSAR- oder
ASS-Therapie einer oder mehrere der folgenden
Risikofaktoren zutreffen:
• Ulcus-Komplikationen in der Anamnese
•Alter
- älter als 65 Jahre bei NSAR-Einnahme
- älter als 70 Jahre bei neubegonnener
ASS-Therapie
- älter als 75 Jahre bei bestehender ASSTherapie
• Hoch-Dosis-Therapie mit NSAR
• gleichzeitige Anwendung von NSAR/ASS mit
- antithrombotischen Mitteln
-Corticosteroiden
-SSRI
Für die prophylaktische Behandlung reicht eine
halbe SD täglich in der Regel aus [9; 10].
GERD-Langzeittherapien entsprechend
der Symptomatik ausrichten
Die Behandlung der GERD richtet sich laut
Fachinformationen [8–12] und der Leitlinie der
Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie,
Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten [16]
nach dem endoskopischen Bild und der
Symptomatik.
Nach erfolgreicher Symptom-Behandlung mit
PPI in Standarddosis kann bei leichten Formen
in der Regel auf eine Weiterbehandlung verzichtet werden.
Schwerere Verläufe oder wiederkehrende
Beschwerden werden mit einer Langzeittherapie
entsprechend dem Schweregrad behandelt.
Das Ziel sollte dabei immer eine ausreichende
Kontrolle der Symptome bei niedrigst möglicher
Dosis sein.
Vor diesem Hintergrund haben sich alternative
Behandlungsregimes (siehe Tabelle 2) gegenüber
einer kontinuierlichen Gabe mit hohen Dosen als
vorteilhaft erwiesen.
15
I N F O R MATION FÜR VERTRAGS PART NE R
Tabelle 2: Alternative Langzeittherapieformen für die Behandlung der GERD [16; 17].
Therapieform
Erklärung
Eignung
Bedarfstherapie
Einnahme von PPI nur beim Auftreten von Symptomen,
leichte bis
verschwinden diese, wird auch die Einnahme gestoppt
mittelschwere
Symptome
intermittierende
PPI-Einnahme in Akuttherapie-Dosierung für eine bis
mittelschwere
Therapie
einige Wochen bei Auftreten von Symptomen, anschlie- Symptome
ßend PPI-freie Periode
Dauertherapie mit
dauerhafte Einnahme, die PPI-Dosis wird stufenweise
starke Symptome
Step-Down-Regime soweit gesenkt, dass die Symptome noch ausreichend
kontrolliert werden, auch eine Gabe jeden zweiten Tag ist
möglich
Langzeit-Nebenwirkungen können
schwerwiegend sein
Neben den häufigen Nebenwirkungen wie
Kopfschmerzen und GI-Beschwerden (Bauchschmerzen, Verstopfung, Durchfall, Blähungen,
Übelkeit/Erbrechen) [8–12] wurden in letzter Zeit
für PPI eine ganze Reihe von Nebenwirkungen
detektiert, die vor allem bei einer Langzeitbehandlung zum Tragen kommen und mitunter
auch schwerwiegend sein können.
Dazu gehören ein erhöhtes Risiko für Frakturen
[8–12; 18; 19], ein gesteigertes Risiko für bakterielle Infektionen des Magen-Darm-Trakts
(z.B. mit Clostridium difficile oder Campylobacter) [8–12; 20], ein gehäuftes Auftreten
ambulant erworbener Pneumonien [21], Mangelzustände (Vitamin B12 [8–12; 22], Magnesium
[8–12; 23], Eisen [24]) sowie eine verstärkte
Ausprägung und Entwicklung von Nahrungsmittelallergien [25].
pH-Wert-Erhöhung kann die Aufnahme
anderer Arzneimittel stören
Die Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln
(siehe auch Tabelle 4) laufen hauptsächlich über
zwei Mechanismen ab: Durch die dauerhafte
Erhöhung des gastrischen pH-Werts kann es
einerseits zu einer erniedrigten Aufnahme von
Wirkstoffen kommen, die einen sauren MagenpH benötigen [26; 27]. Dies kann z.B. Virustatika
wie Rilpivirin, Ledipasvir, Indinavir und Atazanavir,
orale Eisenpräparate, die Triazol-Antimykotika
Itraconazol, Ketoconazol und Posaconazol oder
bestimmte Anibiotika (Cefpodoxim, Cefuroxim)
betreffen [28–31]. Im Gegenzug ist aber auch
eine erhöhte Resorption möglich, z.B. für die
Wirkstoffe Raltegravir und Saquinavir [29; 30].
16
Nicht auszuschließen ist auch ein Einfluss auf die
Freisetzung von Wirkstoffen aus Darreichungsformen mit modifizierter Wirkstofffreisetzung (z.B.
Retardpräparate) [26; 27]. Die Bioverfügbarkeit
des Wirkstoffs Lansoprazol wird seinerseits
durch die gleichzeitige Anwendung mit Sucralfat
oder Antazida verringert [9].
PPI beeinflussen die Aktivität von
CYP-Isoenzymen
Während der erste Mechanismus einen Klasseneffekt der Protonenpumpenhemmer darstellt
[26; 27], ist der zweite - die Beeinflussung des
Cytochrom-P450-Leberenzymsystems (CYP)
- bei den einzelnen Wirkstoffen unterschiedlich
ausgeprägt. Vor allem die Wirkstoffe Omeprazol,
Esomeprazol (das das S-Enantiomer des Racemats Omeprazol darstellt) und Lansoprazol sind
Hemmer des CYP-Isoenzyms 2C19 (CYP2C19).
Andere Wirkstoffe, die normalerweise über
dieses Enzym abgebaut werden (z.B. Citalopram/Escitalopram, Diazepam), werden
weniger stark metabolisiert, was sich durch
Plasmaspiegelerhöhungen und verstärkte
Wirkung und/oder Nebenwirkungen bemerkbar machen kann [28–30]. Besonders relevant
ist eine CYP2C19-Hemmung für den Wirkstoff
Clopidogrel, der selbst ein Prodrug ist und erst
durch dieses Enzym in seine aktive Form überführt wird. Eine Hemmung von CYP2C19 durch
Omeprazol/Esomeprazol kann in diesem Fall zu
einer verminderten Wirkung führen. Die Datenlage zur klinischen Relevanz dieser Interaktion
ist derzeit inkonsistent, die European Society
of Cardiology (ESC) empfiehlt allerdings, aus
Sicherheitsgründen eine Kombination von
Clopidogrel mit Omeprazol/Esomeprazol zu
bgkk.at
vermeiden und stattdessen bei Indikation für
einen PPI auf Pantoprazol auszuweichen [32].
Eine Beeinflussung der Protonenpumpenhemmer, die selbst mehr oder weniger stark durch
die CYP-Isoenzyme 2C19 und 3A4 metabolisiert
werden, durch Induktoren (z.B. Carbamezapin
für CYP2C19 oder Johanniskraut für CYP3A4)
oder Inhibitoren (z.B. Fluvox-amin für CYP2C19
oder Clarithromycin für CYP3A4) ist vor allem
im Fall der CYP2C19-Inhibitoren durch deutlich
verminderte Metabolisierungsraten relevant und
sollte für die Wirkstoffe Omeprazol, Lansoprazol
und Esomeprazol mit einer Dosisreduktion des
PPI einhergehen [8; 10; 12].
Tabelle 4: Auswahl wichtiger PPI-Interaktionen [8–12; 26–32].
Welche PPI
Interagierende(r)
inter-agieren Auswirkung
Wirkstoff(e)
vor allem?
Rilpivirin, Ledipasvir,
Indinavir, Atazanavir
orale Eisenpräparate
alle
Itraconazol,
Ketoconazol,
Posaconazol
Cefpodoxim,
Cefuroxim,
Raltegravir, Saquinavir
alle
Sucralfat, Antazida
Lansoprazol
CYP2C19-Substrate,
z.B. Diazepam,
Citalopram,
Escitalopram,
Voriconazol
CYP3A4-Substrate,
z.B. Phenytoin,
Tacrolimus
erniedrigte Resorption der
betreffenden Wirkstoffe
erhöhte Resorption der
betreffenden Wirkstoffe
verringerte
LansoprazolBioverfügbarkeit
Omeprazol,
Lansoprazol,
Esomeprazol
Plasmaspiegelerhöhung
und evtl. verstärkte
Wirkung/Nebenwirkungen
Omeprazol,
Lansoprazol,
Esomeprazol
Plasmaspiegelerhöhung
und evtl. verstärkte
Wirkung/Nebenwirkungen
Wirkminderung durch
verringerte Aktivierung
(CYP2C19-abhängig)
Management
Kombination vermeiden bzw.
PPI-Dosis reduzieren, evtl.
Monitoring
klinische Relevanz erst bei
Langzeittherapie oder akuten
Eisenmangelzuständen
Kombination vermeiden bzw.
Antimykotikum mit saurem
Getränk (Cola) einnehmen
Umstellung auf anderes
Antibiotikum
auf vermehrte
Toxizitätszeichen achten
Lansoprazol mt mindestens
einer Stunde Abstand
einnehmen
Plasmaspiegelkontrolle, evtl.
Wechsel auf Pantoprazol
Plasmaspiegelkontrolle, evtl.
Wechsel auf Pantoprazol
Clopidogrel
Omeprazol,
Esomeprazol
CYP2C19-und/oder
CYP3A4-Inhibitoren,
z.B. Fluvoxamin,
Clarithromycin,
Voriconazol
Omeprazol,
Lansoprazol,
Esomeprazol
verstärkte
PPI-Wirkung
Dosisreduktion des PPI nur
bei Leberschäden nötig
Methotrexat
Omeprazol,
Pantoprazol,
Esomeprazol
erhöhte
Methotrexat-Spiegel
vorübergehendes Absetzen
des PPI bei hohen
Methotrexat-Dosen
alle
Abnahme der protektiven
Bisphosphonat-Wirkung
und vermehrtes Auftreten
atypischer Frakturen
strenge Indikationsstellung
für PPI
Bisphosphonate
Wechsel auf Pantoprazol
17
I N F O R MATION FÜR VERTRAGS PART NE R
Interaktionen auch mit Methotrexat und
Bisphosphonaten
Letztlich gibt es aber auch Wechselwirkungen,
deren Mechanismen bislang nicht geklärt sind.
Dies betrifft z.B. Methotrexat, für das in Kombination mit PPI über erhöhte Serum-Spiegel
berichtet wurden, wobei die klinische Relevanz
erst bei hochdosierten Therapien zum Tragen
kommt [9; 12; 28–30]. Weiters gibt es Hinweise
auf eine Abnahme der protektiven Wirkung von
Bisphosphonaten sowie eine Zunahme
atypischer Frakturen bei Kombination mit PPI
[29].
Am besten vor dem Frühstück
unzerkaut einnehmen
Der beste Einnahmezeitpunkt für PPI ist 30 bis
60 Minuten vor einer Mahlzeit [33], da in
diesem Fall die größtmögliche Anzahl an aktiven
Protonenpumpen gehemmt werden kann.
Die Einnahme sollte bevorzugt morgens stattfinden [34; 35]. Wenn hauptsächlich nächtliche
Beschwerden bekämpft werden sollen, ist auch
eine abendliche Gabe möglich [35; 36]. Generell
ist zu beachten, dass sämtliche Darreichungsformen weder gekaut, zerstoßen, gemörsert
oder anderweitig zerstört werden dürfen, da es
sich um magensaftresistente Formulierungen
handelt, die die Wirkstoffe vor einer Inaktivierung
durch die Magensäure schützen [8–12]. Kapseln
hingegen können geöffnet werden und der Inhalt
(nicht zerstoßen oder gemörsert) z.B. in Apfelmus eingerührt oder über eine Sonde appliziert
werden [8; 10; 12]. Tabletten dürfen nur geteilt
werden, wenn es in der Fachinformation explizit
erwähnt wird.
Fazit – Worauf muss geachtet werden?
Für eine qualitativ hochwertige PPI-Therapie ist
es notwendig, in regelmäßigen Abständen die
Notwendigkeit und Angemessenheit zu überprüfen, auch und vor allem bei nicht selbst
begonnenen Therapien. Besonderen Wert sollte
dabei auf eine vorhandene Indikation, die
passende Therapieform und eine adäquate
Dosierung gelegt werden. Die hohen Einzeldosen im Bereich der doppelten Standarddosis
(z.B. Omeprazol 40 mg) und darüber hinaus
sollten nur bei Nichtansprechen auf die Standarddosierung, schwersten Formen von GERD
18
und dem Zollinger-Ellison-Syndrom eingesetzt
werden. Vor allem in der Langzeittherapie ist
in der Regel sogar die halbe SD ausreichend.
Weniger ist in diesem Fall oft mehr. Sind die
Voraussetzungen für eine PPI-Therapie nicht
(mehr) gegeben, ist es angebracht, die Therapie
zu beenden, möglichst durch ein Ausschleichen
des PPI.
Wenn man sich diese Eckpunkte verinnerlicht und zusätzlich noch mögliche Neben- und
Wechselwirkungen bei der Verschreibung im
Hinterkopf behält, ist man als VerordnerIn auf
dem besten Weg, den PatientInnen eine hohe
Behandlungsqualität zugutekommen zu lassen.
Abkürzungen
GERD
gastroösophageale Refluxkrankheit
GI
gastrointestinal
ASS
Acetylsalicylsäure
NSAR
nicht-steroidale Antirheumatika
SD
Standarddosis
SSRI
Selektive SerotoninWiederaufnahmehemmer
NERD
nicht-erosive Refluxkrankheit
ERD
erosive Refluxkrankheit
PPI
Protonenpumpenhemmer
CYP
Cytochrom-P450
ESC
European Society of Cardiology
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bgkk.at
Schenkelhalsfraktur, und dann?
Auf Basis der Abrechnungsdaten der SV-Träger
wurden die Sterblichkeit nach Schenkelhalsfraktur und die Osteoporose relevante medikamentöse Versorgung analysiert.
Die Ergebnisse dieser Versorgungsforschungsthemen wurden in medizinisch wissenschaftlichen Journalen publiziert (1,2).
Mortalität
Osteoporose bedingte Schenkelhalsfrakturen
sind einerseits in höherem Lebensalter häufig
und andererseits mit einem hohen Mortalitätsrisiko verbunden.
In die Analyse wurden daher patientenbezogen
alle Schenkelhalsfrakturen aus den Abrechnungsdaten der SV-Träger (9 GKKs, BVA, SVA,
SVB, VAEB) von über 50-jährigen Anspruchsberechtigten im Zeitintervall von Juli 2008 bis Dezember 2010 mit einer Nachbe-obachtungszeit
bis Juni 2011 inkludiert.
Damit konnten die Schenkelhalsfrakturdaten von
31.668 Patienten für die Analyse berücksichtigt
werden.
Tab. 1 Patientenstruktur:
Frauen Männer Gesamt
50 bis 69-Jährige
2.873
2.498
5.371
70 bis 79-Jährige
4.933
2.254
7.187
über 80-Jährige
15.386
3.724
19.110
Gesamt
23.192
8.476
31.668
83,6
78,3
82,5
Mittleres Alter
Die Einjahressterblichkeit nach einer Schenkelhalsfraktur liegt in Österreich bei 20,2 %,
bei Frauen 18,6 % und bei Männern 24,5 %.
Im Vergleich zu anderen internationalen Daten
liegen die österreichischen Werte im niedrigen
Bereich: Vergleichsdaten zur Einjahresmortalität
aus Dänemark 26,4 % bei Frauen und 37,1 %
bei Männern, USA 32,2 %, Kanada 36,3 % (1).
Die Ergebnisqualität im Parameter Einjahresmortalität nach Osteoporose bedingter Schenkelhalsfraktur ist in Österreich sehr gut!
Medikation
Zielsetzung einer Osteoporosemedikation ist die
Verhinderung von (Re-)Frakturen. Im Rahmen
klinischer Studien konnte für einige Substanzen
auch ein Überlebensvorteil gezeigt werden.
Wie sehen dazu die Daten der österreichischen
Realversorgung aus?
27,7 % aller Patienten mit Schenkelhalsfraktur
erhalten eine einschlägige Osteoporosemedikation, vor allem Bisphosphonate (2). Das heißt,
dass 72,3 % aller Patienten im gesamten
Studienintervall keine präventive Medikation
erhalten.
Der mortalitätssenkende Effekt der
Osteoporosetherapie konnte durch die Daten
der Realversorgung bestätigt werden. Insbesondere haben Patienten, die eine Medikation nach
der Erstfraktur beginnen, eine um 57 %
geringere Sterblichkeit.
Bei multimorbiden älteren Patienten sollten
jene Therapien im Vordergrund stehen,
die einen günstigen Einfluss auf die
Prognose haben. Osteoporose bedingte
Schenkelhalsfrakturen sind Ereignisse des
höheren Lebensalters und mit einer hohen
Einjahressterblichkeit verbunden.
Auf Grund der mortalitätssenkenden Wirkung
einer Osteoporose spezifischen Therapie,
die in einer Studie der Realversorgung
bestätigt werden konnte, sollten mehr
Patienten nach Schenkelhalsfraktur eine
Osteoporosemedikation erhalten.
21
I N F O R MATION FÜR VERTRAGS PART NE R
Zitierte Quellen:
1 Brozek W, Reichardt B, Kimberger O, Zwerina
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2 Brozek W, Reichardt B, Zwerina J, Dimai
HP, Klaushofer K, Zwettler E: Antiresorptive
therapy and risk of mortality and refracture
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[Epub ahead of print]
Addendum Patienten mit Osteoporosemedikation 2014 (Datenquelle BIG)
Substanz
Alendronsäure
Ibandronsäure*
Denosumab
Risedronsäure
Zoledronsäure
Raloxifen
Strontium ranelat
Teriparatid
Altersgruppen
bis 64 Jahre 65 bis 74 Jahre 75 bis 84 Jahre
16.505
20.334
20.064
16.188
22.354
18.922
4.287
7.107
6.387
4.233
6.349
6.474
3.505
4.828
3.759
1.465
1.353
757
559
878
719
468
596
530
ab 85 Jahre
9.018
6.660
2.531
2.990
1.007
254
213
151
gesamt
65.921
64.124
20.312
20.046
13.099
3.829
2.369
1.745
Ibandronsäure*: Hier sind einige Patienten mit osteolytischen Knochenprozessen neoplastischer
Genese enthalten.
Die Aufstellung zeigt, dass ca. 190.000 Patienten mit einer Osteoporosemedikation versorgt werden.
Patienten nach einer Fraktur infolge einer Knochenbruchkrankheit sollten jedenfalls auch therapiert
werden.
22
bgkk.at
Olmesartan und Sprue-ähnliche
Enteropathie
Ein Fallbericht zu 22 Patienten mit einer
Sprue-ähnlichen Enteropathie (SLE) aus einem
amerikanischen Krankenhaus (1) und weitere
Fallberichte veranlassten die europäischen
Zulassungsbehörden zu einer Überprüfung
dieses Nebenwirkungssignals.
Diese führte im August 2014 zu einer Änderung
der Fachinformationen für Präparate mit dem
Wirkstoff Olmesartan.
Unter Besondere Warnhinweise und
Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung
wurde folgender Absatz ergänzt: „In sehr
seltenen Fällen wurden bei Patienten, die
Olmesartan einnahmen, einige Monate bis Jahre
nach Therapiebeginn schwere, chronische
Diarrhöen mit erheblichem Gewichtsverlust
berichtet, …“.
Eine Versorgungsforschungsstudie mit Daten
der französischen Realversorgung von 2007 bis
2012 quantifizierte die Nebenwirkungshäufigkeit
der SLE unter Olmesartan (2).
In Abhängigkeit von der Therapiedauer erhöhen
sich SLE bedingte Krankenhausaufenthalte bei
einer Therapiedauer von 1 bis 2 Jahren um das
5,6fache und bei längerer Therapiedauer um das
10,8fache gegenüber anderen Angiotensinrezeptor-Blockern ARB.
Was zeigen die österreichischen
Abrechnungsdaten?
Im Analysenzeitraum von 2013 bis 2014 wurden
die Patienten mit Olmesartantherapie oder einem
anderen ARB der Therapiedauer kürzer oder
länger als 1 Jahr zugeordnet. (Patienten, die
zwischen Olmesartan und einem anderen ARB
gewechselt haben, wurden exkludiert.
Es wurden keine weiteren Einschluss- oder
Ausschlusskriterien im Analysenansatz berücksichtigt.) Damit konnten 545.827 Patienten von
9 SV-Trägern (BGKK, KGKK, NÖGKK, OÖGKK,
SGKK, StGKK, SVA, TGKK, WGKK) für die
Analyse berücksichtigt werden.
Die Häufigkeit eines Krankenhausaufenthaltes
mit einer Sprue-ähnlichen Enteropathie als
Hauptentlassungsdiagnose wird in der Tabelle
pro 10.000 Patienten dargestellt.
Häufigkeit der SLE mit Krankenhausaufenthalt:
Patienten
SLE/10.000 Pat
Olmesartan
> 1 Jahr
47.559
1,89
Olmesartan
< 1 Jahr
28.569
0,35
ARB
> 1 Jahr
296.158
0,44
ARB
< 1 Jahr
153.855
0,32
Die Daten der österreichischen Realversorgung
zeigen in die gleiche Richtung wie die Zahlen
des französischen Papers (2): SLE sind bei einer
Langzeittherapie mit einem Olmesartan-Präparat
um ein Vielfaches häufiger als bei anderen ARB.
Preisvergleich
Der Preisvergleich mit anderen ARB in der
vergleichbaren Wirkstärke zeigt, dass die
generischen ARB nur einen Bruchteil der
Olmesartan-Präparate kosten.
Fazit
Nicht nur aus ökonomischer Sicht sondern
auch auf Grund des höheren SLE-Risikos sollte
Olmesartan nicht als ARB der 1. Wahl verordnet
werden.
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malabsorption associated with olmesartan:
a French nationwide observational cohort
study. Gut. 2015 Aug 6. pii:
gutjnl-2015-309690
Kassenpreis der Monatspackung
Preisvergleich ARB
30
25
20
15
10
5
0
Vergleichspräparate in äquivalenter Wirkstärke
24
Erlotinib (Tarceva), Pazopanib (Votrient) und Dasatinib (Sprycel) bei
gleichzeitiger
Anwendung
von PPI
wirkungslos
Erlotinib (Tarceva),
Pazopanib
(Votrient)
und Dasatinib (Sprycel) bei
gleichzeitiger Anwendung von PPI wirkungslos
bgkk.at
In einem aktuellen Artikel der Pharmazeutischen Zeitung (1) wird ein Kongressbericht von
Prof. Dr. Lipp vom Universitätsklinikum Tübingen zitiert, der auf die Problematik der
In einem aktuellen Artikel der Pharmazeutischen Zeitung (1) wird ein Kongressbericht von
gleichzeitigen Gabe der Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) Tarceva, Votrient und Sprycel
Prof. Dr. Lipp vom Universitätsklinikum Tübingen zitiert, der auf die Problematik der
hinweist. Die Co-Medikation mit dem PPI verringert die Bioverfügbarkeit der
gleichzeitigen Gabe der Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) Tarceva, Votrient und Sprycel
Krebsmedikamente deutlich, sodass deren Wirksamkeit in Frage steht. Eine top publizierte
hinweist. Die Co-Medikation mit dem PPI verringert die Bioverfügbarkeit der
Übersichtsarbeit bestätigt die Problematik (2). Zusätzlich gilt für die angeführten Präparate:
Krebsmedikamente deutlich, sodass deren Wirksamkeit in Frage steht. Eine top publizierte
Übersichtsarbeit bestätigt die Problematik (2). Zusätzlich gilt für die angeführten Präparate:
Tarceva
Im Austria Codex wird angeführt „Die gleichzeitige Anwendung von Erlotinib und
Tarceva
Protonenpumpenhemmern sollte vermieden werden.“ und an anderer Stelle „Die
Im Austria Codex wird angeführt „Die gleichzeitige Anwendung von Erlotinib und
gleichzeitige
Anwendung
vonPharmazeutischen
Erlotinib und Omeprazol,
einem
Protonenpumpenhemmer,
Wertund
desanMagensafts
anheben,
InProtonenpumpenhemmern
einem aktuellen
Artikel der
sollte vermieden werden.“
anderer Stelle
„Die sollte vermieden
erniedrigte die Exposition gegenüber Erlotinib (AUC) um 46% und die maximale
werden.“
In einer
klinischen Studie reduziert die
Zeitung
(1) wirdAnwendung
ein Kongressbericht
von und Omeprazol,
gleichzeitige
von Erlotinib
einem
Protonenpumpenhemmer,
Konzentration (Cmax) um 61%.“. In einer klinischen Studie wird dokumentiert, dass AUC
erniedrigte
Exposition
gegenüberTübingen
Erlotinib (AUC)
um von
46%Esomeprazol
und die maximale
Gabe
Cmax, Cmin und AUC
Prof.
Dr. Lippdie
vom
Universitätsklinikum
and Cmax bei Gabe von Esomeprazol um 48% bzw. 49% reduziert werden (3).
Konzentration
um 61%.“.
In einer klinischen
Studie
um
42 %,wird
37 %dokumentiert,
und 40 % (4).dass AUC
zitiert,
der auf die(Cmax)
Problematik
der gleichzeitigen
and Cmax
bei Gabe von Esomeprazol
um 48% bzw. 49% reduziert werden (3).
Gabe
der Tyrosinkinase-Inhibitoren
(TKI) Tarceva,
Votrient
Votrient
Sprycel
Zitat
ausund
dem
Austriahinweist.
Codex: „Die gemeinsame Gabe von Pazopanib mit Esomeprazol
Votrient
Die
Co-Medikation
mit dem PPIvon
verringert
die um ungefähr 40% (AUC und Cmax). Eine
verringert die Bioverfügbarkeit
Pazopanib
Zitat
aus
dem
Austria
Codex:
„Die
gemeinsame
Gabe von Pazopanib mit Esomeprazol
Bioverfügbarkeit
dervon
Krebsmedikamente
deutgemeinsame
Gabe
Pazopanib mit Arzneimitteln,
die den pH-Wert des Magensafts
verringert
die
Bioverfügbarkeit
von
Pazopanib
um
ungefähr 40% (AUC und Cmax). Eine
lich, sodass
deren
Wirksamkeit
in Frage
steht.klinischen
anheben,
sollte
vermieden
werden.“
In einer
Studie reduziert die Gabe von
gemeinsame
GabeÜbersichtsarbeit
von Pazopanibbestätigt
mit Arzneimitteln, die den pH-Wert des Magensafts
Eine
top publizierte
Esomeprazol
Cmax,
Cmin und AUC um 42%, 37% und 40% (4).
anheben,
sollte(2).
vermieden
In angeeiner klinischen Studie reduziert die Gabe von
die
Problematik
Zusätzlichwerden.“
gilt für die
Esomeprazol
Cmax,
Cmin
und
AUC
um
42%, 37% und 40% (4).
führten Präparate:
Sprycel
Laut Austria Codex wird die Anwendung mit einem PPI nicht empfohlen: Die 40 mg-Dosis
Sprycel
Tarceva
von
Omeprazol im Steady-State führen zu einer Verringerung der AUC von Dasatinib um
Laut Austria Codex wird die Anwendung mit einem PPI nicht empfohlen: Die 40 mg-Dosis
43%
und der
Cmax
umangeführt
42%. In einer
klinischen Studie reduzierten Lansoprazol oder
Im
Austria
Codex
wird
„Die
gleichvon
Omeprazol
im
Steady-State
führen
zu einer Verringerung der AUC von Dasatinib um
Famotidin
die
AUC
um
58%
(5).
zeitige
Anwendung
von
Protonen43% und
der Cmax
umErlotinib
42%. Inund
einer
klinischen Studie
reduzierten Lansoprazol
Die
Kombinationstherapie
mit oder
einem PPI erhalten 29 % der
Sprycel
pumpenhemmern
sollte
Famotidin die AUC
umvermieden
58% (5). werden.“
Sprycel-Patienten
und
36
%
der
Votrient-Patienten, wobei d
Realversorgung in Österreich
Laut
Austria
Codex
wird
die
Anwendung
mit
und an anderer Stelle „Die gleichzeitige
fehlender
Datenverfügbarkeit
nicht berücks
Wie sehen die Versorgungsdaten in Österreich aus.OTC-PPI
Wie vielewegen
Patienten
erhalten
zusätzlich
einem PPI nicht empfohlen: Die 40 mg-Dosis
Realversorgung
in Österreich
Anwendung
von Erlotinib
und Omeprazol, einem
zu ihrem TKI entgegen der Vorgabe der Fachinformation einen PPI und reduzieren damit die
Wie sehen die Versorgungsdaten
Österreich aus.
Wie
viele Patienten
erhalten zusätzlich
von
Omeprazol
im Steady-State
führen zu einer
Protonenpumpenhemmer,
erniedrigteindie
Literatur
Bioverfügbarkeit und Wirksamkeit dieser Krebsmedikamente?
zu
ihrem
TKI
entgegen
der
Vorgabe
der
Fachinformation
einen
PPI
und
reduzieren
damit
Verringerung
der
AUC
von
Dasatinib
um die
43 %
Exposition
gegenüber
um 46wurde
% analysiert,
Für
den Zeitraum
DezErlotinib
2014 bis(AUC)
Nov 2015
wie viele Patienten
sowohl
mit
1 Krebspatienten:
Vorsicht
mit Protonenpumpenhemm
Bioverfügbarkeit
und
Wirksamkeit
dieser
Krebsmedikamente?
und der Cmax um 42 %. In einer klinischen Stuund dieder
maximale
Konzentration
(Cmax)
einem
drei angeführten
TKI als
auchum
mit einem PPI2/2016
in zumindest zwei identen Monaten
Für
denInZeitraum
Dez 2014
bis wird
Nov 2015 wurde analysiert,
wie viele
Patientenoder
sowohl
mit die
die reduzierten
Lansoprazol
Famotidin
61
%.“.
einer
klinischen
Studie
therapiert wurden:
http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?i
einem der drei
angeführten
alsbei
auch
mit einemAUC
PPI in
umzumindest
58 % (5). zwei identen Monaten
dokumentiert,
dass
AUC and TKI
Cmax
Gabe
2 Roelof W F van Leeuwen, Teun van Gelder, Ron H
therapiert
wurden:
von Esomeprazol um 48 % bzw. 49 % reduziert
Erlotinib (Tarceva), Pazopanib (Votrient)
und Dasatinib (Sprycel) bei gleichzeitiger
Anwendung von PPI wirkungslos
werden (3).
Votrient
Zitat aus dem Austria Codex: „Die gemeinsame
Gabe von Pazopanib mit Esomeprazol verringert
die Bioverfügbarkeit von Pazopanib um ungefähr
40 % (AUC und Cmax). Eine gemeinsame Gabe
von Pazopanib mit Arzneimitteln, die den pH-
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in Österreich
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on Dasatinib Pharmacokinet
ChemotherinPharmacol.
WiePatients.
sehen dieCancer
Versorgungsdaten
Österreich 2012 Apr;6
aus. Wie viele Patienten erhalten zusätzlich zu
Glossar
ihrem TKI entgegen der Vorgabe der Fachin-
AUC:
Areaeinen
under
the
curve,
die Fläche
formation
PPI
und
reduzieren
damitunter
die der Konzentra
Pharmakons
zeigt
deren
Bioverfügbarkeit
an
Bioverfügbarkeit
und
Wirksamkeit
dieser KrebsCmax:
Spitzenplasmaspiegel
medikamente?
Cmin: minimaler Plasmaspiegel
25
I N F O R MATION FÜR VERTRAGS PART NE R
Für den Zeitraum Dez 2014 bis Nov 2015 wurde
analysiert, wie viele Patienten sowohl mit einem
der drei angeführten TKI als auch mit einem PPI
in zumindest zwei identen Monaten therapiert
wurden:
Die Kombinationstherapie mit einem PPI erhalten
29 % der Tarceva-Patienten, 21 % der SprycelPatienten und 36 % der Votrient-Patienten,
wobei die Eigenmedikation mit einem OTC-PPI
wegen fehlender Datenverfügbarkeit nicht berücksichtigt werden kann.
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2012 Apr;69(4):999-1004
26
Glossar
AUC: Area under the curve, die Fläche unter der
Konzentrations-Zeit-Kurve eines Pharmakons
zeigt deren Bioverfügbarkeit an
Cmax: Spitzenplasmaspiegel
Cmin: minimaler Plasmaspiegel
bgkk.at
Für Sie gelesen: SPRINT-Studie
In die SPRINT wurden 9.361 mindestens
50-jährige Patienten mit einem Blutdruck
zwischen 130 und 180 mmHg und einem
erhöhten kardiovaskulären Risiko eingeschlossen. Sie wurden randomisiert in eine standard
(RR 135-139 mmHg) und eine intensiv (RR<120
mmHg) blutdrucksenkende Therapiegruppe
und 3,26 Jahre lang beobachtet. Der Blutdruck
wurde von den Patienten selbst ohne ärztliche
Überwachung gemessen. Der primäre Endpunkt war eine Kombination aus Myokardinfarkt,
akutem Koronarsyndrom (das nicht in einem MI
resultiert), Schlaganfall, akutem dekompensierten Herzversagen und kardiovaskulär bedingtem
Tod.
Ergebnis: Sowohl der Primärendpunkt (-1,6 %)
als auch die Sekundärendpunkte Herzversagen
(-0,8 %), kardiovaskulär bedingter Tod (-0,6 %)
und Tod (-1,2 %) konnten durch die intensivierte
Therapie signifikant reduziert werden. Daraus
ergibt sich für die Gesamtmortalität eine NNT
von 90 Patienten, die 3,26 Jahre lang behandelt
werden müssen (Jahresnormierte NNT = 294).
Die Subgruppenanalyse zeigte, dass die intensivierte Behandlung weder bei Frauen noch bei
Patienten unter 75 Jahren den primären Endpunkt signifikant verringern konnte.
In der Intensivgruppe traten signifikant mehr
schwerwiegende Nebenwirkungen (v.a.
Synkope, Hypotonie, Elektrolytentgleisungen)
auf (+2,2 %) und es kam bei nierengesunden
Patienten in 3,8 % zu einer renalen Funktionseinschränkung auf <60 ml/min (vs. 1,1 % in der
Standardgruppe, NNH = 38).
Nierenerkrankung übertragen werden. Die Gefahr der Verschlechterung der renalen Funktion
sowie die noch nicht publizierten Daten zu neurokognitiven Auswirkungen bedingen kritische
Zurückhaltung bezüglich der Intensivierung der
blutdrucksenkenden Behandlung.
Fazit:
Eine intensivierte Hypertoniebehandlung
kann in Einzelfällen von Vorteil sein, für allgemeine Aussagen sollten weitere (Langzeit-)
Studiendaten abgewartet werden.
Quelle:
SPRINT Research Group, Wright JT Jr,
Williamson JD, Whelton PK, Snyder JK, Sink
KM, Rocco MV, Reboussin DM, Rahman M,
Oparil S, Lewis CE, Kimmel PL, Johnson KC,
Goff DC Jr, Fine LJ, Cutler JA, Cushman WC,
Cheung AK, Ambrosius WT. ; A Randomized
Trial of Intensive versus Standard Blood
Pressure Control; Jackson et al, N Engl J Med.
2015 Nov 26;373(22):2103-16 http://www.nejm.
org/doi/full/10.1056/NEJMoa1511939, Zugriff
am 18.3.2016
Kritik: Aufgrund der Ausschlusskriterien können
diese protektiven Ergebnisse einer intensivierten
Therapie nicht für Diabetiker, Patienten <50
Jahren, Patienten mit Schlaganfall oder TIA in
der Krankengeschichte, bestehender symptomatischer Herzinsuffizienz, eingeschränkter
Linksventrikel-EF <35 % oder polyzystischer
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