Stellungnahme sanofi-aventis zum IQWiG Vorbericht A05-09 „Vergleichende Nutzenbewertung verschiedener antihypertensiver Wirkstoffgruppen als Therapie der ersten Wahl bei Patienten mit essentieller Hypertonie“ Zusammenfassung Zunächst sei unserer Stellungnahme eine grundsätzliche Kritik an der Verfahrensweise des IQWiG im Nutzenbewertungsverfahren A05-09 vorangestellt. Die Durchführung eines kombinierten Anhörungsverfahrens ist in dem am 19.12.2006 publizierten Methodenpapier 2.0 des IQWiG nicht vorgesehen und verstößt somit gegen die eigene Methodik. Darüber hinaus ist dieses Verfahren auch im Hinblick auf das am 1. April 2007 inkraft tretende GKV-WSG rechtlich problematisch, das in §35b, rückwirkend für alle laufenden Verfahren gültig, ein separates Stellungnahmeverfahren zum Berichtsplan vorsieht. Wir fordern daher ein dem GKV-WSG und der IQWiG-Methodik konformes Nutzenbewertungsverfahren. Im Sinne der Verfahrenstransparenz fordern wir darüber hinaus das IQWiG auf, alle eingehenden Stellungnahmen zeitnah und nicht erst mit dem Endbericht zu veröffentlichen sowie den Anhörungsberechtigten ein Wortprotokoll der Anhörung zur Verfügung zu stellen. Mit dem Vorbericht A05-09 zur vergleichenden Nutzenbewertung verschiedener antihypertensiver Wirkstoffgruppen als Therapie der ersten Wahl bei Patienten mit essentieller Hypertonie hat das IQWiG eine ausführliche und detaillierte Bewertung ausgewählter Studien vorgelegt. Der Vorbericht weist jedoch schwerste methodische Mängel auf und verstößt in wesentlichen Punkten gegen das Methodenpapier des IQWiG. Darüber hinaus entsteht durch eine für die Fragestellung ungeeignete Festlegung der Ein- und Ausschlusskriterien von klinischen Studien ein verzerrtes Bild der tatsächlichen Evidenzlage und führt notwendigerweise zu einem Ergebnis, das jeglichen evidenzbasierten Bewertungen internationaler Fachgesellschaften konträr entgegen steht. Eine eingehende Analyse des Vorberichts zeigt insbesondere folgendes: Anhand der selbstgesetzten Ein- und Ausschlusskriterien des IQWiG hätten 10 von 16 Studien gar nicht berücksichtigt werden dürfen und 2 Studien hätten zusätzlich berücksichtigt werden müssen. Angesichts dieser schwerwiegenden Mängel ist eine grundsätzliche Revision des Vorberichts dringend geboten. Neben methodischen Fehlern, die zu einer inhaltlichen Fehlbewertung führen, ist der Vorbericht darüber hinaus als Grundlage für etwaige zukünftige G-BA-Entscheidungen völlig ungeeignet, da die Versorgungsrealität der Auswahl eines geeigneten Therapeutikums durch die vorhandenen Krankheitsrisiken und die Begleiterkrankungen der Patienten bestimmt ist. Dies wird in der vorliegenden Nutzenbewertung jedoch nahezu vollständig ignoriert. Darüber hinaus möchten wir auf schwerwiegende Inkonsistenzen in der statistischen Methodik hinweisen. In der Argumentation zum Diabetesrisiko von Diuretika wird eine Post-hoc-Analyse der ALLHAT-Studie als valide Evidenzquelle angeführt. Im Methodenpapier des IQWiG wurden Post-hoc-Analysen jedoch mit dem Verweis auf mangelnde Validität abgelehnt und in vorangegangenen Bewertungsverfahren mit Verweis auf das Methodenpapier regelmäßig ignoriert. Hier muss unbedingt eine Klarstellung erfolgen. Im Einzelnen nehmen wir wie folgt Stellung: 1. Benennung von zusätzlichen, im Vorbericht nicht genannten, relevanten Studien Im Vorbericht werden 2 Studien zu Unrecht aus der Bewertung ausgeschlossen. Beide Studien erfüllen inhaltlich die Einschlusskriterien des Berichtsplans. Dabei geht es zum einen um die IDNT (Irbesartan Diabetic Nephropathy Trial) Studie (7,22), zum anderen um die ANBP-2 Studie (27). Die IDNT Studie wird ausgeschlossen, da sie das Einschlusskriterium „Patienten mit dauerhafter Erhöhung der Blutdruckwerte wie unter 4.1.1 im Vorbericht definiert (Syst. ≥ 140 und/oder Diast. ≥ 90 mmHg)“ nicht erfüllt. Tatsächlich jedoch lag der mittlere Ausgangsblutdruck ausweislich der Publikation von Lewis (22) in der Irbesartan Gruppe bei 160/87, in der Amlodipin Gruppe bei 159/87 und in der Plazebo Gruppe (Standardtherapie) bei 158/87 mmHg. Die ANBP-2 Studie wurde ausgeschlossen, da Diuretika als eine der Prüfinterventionen auch Bestandteil der Therapie in der ACE-Hemmer Gruppe waren (1). Auch in ALLHAT kam es zu einer Mischung der beiden 2/10 Interventionsgruppen: Nach 5 Jahren bekamen 20,2% der Patienten mit dem ACE-Hemmer ebenfalls ein Diuretikum und 8,9% der Diuretika Patienten ebenfalls einen ACE-Hemmer (6). Die Begründung für eine fehlende Berücksichtigung der ANBP2 Studie erschließt sich daher nicht. Über diese beiden Studien hinaus fehlt der Verweis auf die ASCOT Studie (BPLA) (13), die zwar aufgrund der im Berichtsplan genannten Kriterien ausgeschlossen wurde, aber dennoch wertvolle und keinesfalls zu ignorierende Daten zum Einsatz moderner Antihypertensiva wie Calciumantagonisten und ACE-Hemmern im Vergleich zu älteren Substanzen liefert. Die Problematik des vom IQWiG zu Unrecht vorgenommenen Ausschlusses von ASCOT-BPLA wird offenkundig, wenn man sich den NICE Bericht anschaut. Hier wurde diese Studie berücksichtigt und das NICE kommt im Gegensatz zum IQWiG zu der Schlussfolgerung, dass der Einsatz von Calciumantagonisten mit einer niedrigeren Inzidenz von Schlaganfall, instabiler Angina und Diabetes sowie mit einer höheren Therapietreue verbunden ist. 2. Bewertung und Interpretation der im Vorbericht in die Nutzenbewertung eingeschlossenen Studien Die ALLHAT Studie erfüllt nicht das Einschlusskriterium E2. Ausweislich der Arbeit von Barzilay traten signifikante Unterschiede in der Verschreibung der verschiedenen Antihypertensiva auf (1 Jahres Follow up: signifikant mehr Betablocker in der Lisinoprilgruppe als in der Chlortalidongruppe) (6). Der Kommentar auf Seite 165 ist spekulativ: „Wenn auch in der ALLHAT-Studie die Kombinationstherapie in jeder Gruppe wahlweise mit Reserpin, Clonidin oder Atenolol durchgeführt wurde, ist doch anzunehmen, dass aufgrund des doppelblinden Designs die Verteilung dieser 3 Substanzen zwischen den Behandlungsgruppen gleichmäßig erfolgte“ und reicht zum Beleg der Gleichverteilung nicht aus. Die ALLHAT Studie (3, 4) alleine trägt zu den Analysen über 10.000 Patienten bei. Die erheblichen Kritikpunkte sind in der Fachwelt gut bekannt. Es ist daher von einer bewussten Ignoranz dieser Kritikpunkte auszugehen, wenn der Studie keine erkennbaren Mängel zugestanden werden (2, 16): Keine wirklich vergleichbare Blutdrucksenkung in den Studienarmen, Diuretika wurden bei bisher gut eingestellten Patienten im Rahmen der Studie abgesetzt (und damit zu Ungunsten der dann neu angesetzten Substanz). Durch die Testung ACE-Hemmer vs. Diuretikum konnte die sinnvolle Kombination nicht zum Einsatz kommen (ACE-Hemmer wurden stattdessen häufig mit Betablockern kombiniert). Es wurde keine systematische Endpunktanalyse durchgeführt und - vor allem – die Studie wurde ohne Beteiligung von Angiotensin-II-Rezeptorblockern durchgeführt. 3/10 In der INSIGHT Studie wurde keine Monotherapie, sondern in der Interventionsgruppe eine Kombination aus HCT und Amilorid getestet (9). Darüber hinaus gibt es keinen klaren Beleg, dass Patienten mit sekundärer Hypertonie wirklich ausgeschlossen wurden. Die HAPPHY Studie wurde zu Unrecht eingeschlossen, da der Wirkstoff Bendroflumethiazid nicht als Monosubstanz, sondern nur als Kombinationspräparat erhältlich ist. Zudem müsste das unklare Concealment entsprechend der IQWiG-eigenen Regeln („Biometrische Qualität“) als methodisch „grob mangelhaft“ gewertet und der Einfluss dieser grob mangelhaften Studie auf die Gesamtaussage durch eine Sensitivitätsanalyse untersucht werden. Beide Kritikpunkte gelten ebenfalls für die MRC-Studie. Der Einschluss der NICS-EH Studie ist in vielerlei Hinsicht nicht adäquat: 1) Trichlormethiazid ist in Deutschland nur als Kombinationspräparat mit Amilorid erhältlich. 2) Das Einschlusskriterium E5 wird nicht erfüllt (keine 1000 Patientenjahre pro Behandlungsgruppe ausweislich (5)) 3). Laut Methodenteil der Publikation handelt es sich bei dieser Studie um eine per protocol Analyse der Daten. Sie wird aber als intention to treat Analyse eingestuft. Die Begründung dafür auf Seite 54 ist mangelhaft. 4) kein klares Concealment. 5) Sekundäre Hypertoniker waren nicht explizit ausgeschlossen. In der VHAS Studie wurde bei der Eskalationstherapie zunächst Captopril verabreicht. Bei anhaltend hohen Blutdruckwerten erfolgte jedoch eine freie ärztliche Therapiewahl, so dass hier das Einschlusskriterium Seite 5, Punkt 4.1.2 nicht erfüllt wurde. Die im Vorbericht des IQWiG präsentierte Schlussfolgerung der VALUE Studie im Hinblick auf die Unterlegenheit der AT1-Blocker im Vergleich zu Kalziumantagonisten (Endpunkt Myokardinfarkt) ist falsch. So wurden in einer Analyse der VALUE Daten aus dem Lancet 2004 die Patienten unter Valsartan und Amlodipin hinsichtlich der Geschwindigkeit und des Ausmaßes der Blutdrucksenkung gematcht (26). Das Ergebnis: Keine signifikanten Unterschiede im Hinblick auf den kombinierten Endpunkt kardialer Ereignisse sowie Schlaganfall, Tod und Myokardinfarkt, aber signifikante Reduktion der Herzinsuffizienz unter Valsartan. Den Studien SHELL, UKPDS 39, JMIC-B und VHAS wird im Vorbericht ein grober Mangel vorgeworfen. Es bleibt unklar, warum die Studien trotzdem in die Bewertung eingeflossen sind und ihr Einfluss nicht durch eine Sensitivitätsanalyse untersucht wurde. 4/10 Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass unter Beachtung der im IQWiG-Berichtsplan definierten Kriterien 10 von 16 Studien eigentlich keine Berücksichtigung hätten finden dürfen. Hingegen hätten mindestens 2 weitere Studien in die Bewertung einfließen müssen. Diese wurden jedoch ungerechtfertigt von der Bewertung ausgeschlossen. 3. Anmerkungen zur projektspezifischen Methodik unter jeweiliger Angabe wissenschaftlicher Literatur zur Begründung der Anmerkung Bewertung junger Patienten, Afroamerikaner und Japaner Obwohl der Vorbericht zur initialen Behandlung von Patienten (in Deutschland) mit arterieller Hypertonie Stellung nimmt, sind zwei zentrale Selektionskriterien fraglich. 1) Der Bericht geht nicht auf jüngere Patienten ein, das Durchschnittsalter der berichteten Studien liegt bei etwa 60 Jahren. Morbidität- und Mortalitätsendpunkte können für diese Altersgruppe naturgemäß nicht berichtet werden, da das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse sehr gering ist. Das NICE zieht daher als intermediären Endpunkt die Blutdrucksenkung heran und kommt zu dem Schluss, dass eine RAS Blockade für junge Patienten vorteilhaft erscheint. Die Diskussion dieses Sachverhalts ist der klinischen Bedeutung einer guten Blutdruckeinstellung bei jüngeren Patienten keinesfalls angemessen. 2) Unklar ist, warum Arbeiten berücksichtigt wurden, die vor allem bei Afroamerikanern (AASK) und bei Japanern (NICS-EH, JMIC-B) durchgeführt wurden. Obwohl diese Studien natürlich global eine wichtige Bedeutung für die Therapie haben, spielen sie für die Versorgungssituation und Entscheidung für eine Therapie in Deutschland keine Rolle. Auch das Ergebnis der ALLHAT-Studie kann aufgrund des Patientenkollektivs (großer Anteil farbiger Patienten) nicht ohne weiteres auf die deutsche Bevölkerung übertragen werden. So zeigt sich z.B. im Endpunkt Herzinsuffizienz in der Zusammenschau (wie auf Seite 153 ausgeführt) kein Vorteil von Diuretika gegenüber ACE-Hemmern in der nichtschwarzen Bevölkerung. Im Endergebnis bleibt diese Differenzierung unberührt. Datenbasis zur Bewertung von Nebenwirkungen und Therapietreue ungeeignet Während die zur Bewertung von harten Endpunkten herangezogene Datenbasis aus RCTs geeignet erscheinen mag, ist sie zur Bewertung von Nebenwirkungen und der Therapietreue gänzlich ungeeignet. Die erforderlichen Daten werden zu einem weit überwiegenden Teil nicht aus RCTs gewonnen – im IQWiG Bericht ist daher die Datenbasis zur Beantwortung der Frage ungeeignet. In seinem Methodenpapier (V. 2.0 vom 19.12.2006, Seite 76) führt das IQWiG aus, wie es 5/10 individuelle Risikoabschätzungen für Patienten in die Auswertung mit einbezieht, nämlich durch die Erfassung des Risikos, ein unerwünschtes Ereignis zu erleiden. Erst durch eine weitergehende vergleichende Untersuchung lässt sich aber abgrenzen, ob es sich dabei um zufällige (koinzidentielle) Ereignisse oder um reale unerwünschte Arzneimittelwirkungen gehandelt hat. Im vorliegenden Bericht kommt es zu einer Vermischung dieser Begrifflichkeiten ohne weitere eingehende Erläuterung (siehe z. B. Seite XI, 106f, Seite 113, Seite 168f). Die Aussage, dass unerwünschte Ereignisse tatsächlich (teilweise) begründete unerwünschte Arzneimittelwirkungen sind, lässt sich üblicherweise erst dann treffen, wenn aus den Unterschieden in den Inzidenzen (RR) oder ggf. auch Prävalenzen (OR) nach Ausschluss von Bias und Confounder ein Excess Risk (ER) oder Attributable Risk (AR), Attributable Risk Fraction (AR%) darstellbar ist, oder aber eine pharmakologische Plausibilität existiert. Durch die sprachliche Vermischung im Bericht wird suggeriert, dass es sich bei den diskutierten Ereignissen stets um unerwünschte Arzneimittelwirkungen gehandelt hat. Eine solche Differenzierung nach "Risk" und "Attributable Risk" ist jedoch nicht durchgängig, stattdessen finden sich überwiegend deskriptive Darstellungen der Ereignishäufigkeiten. In jedem Falle aber wäre anstelle der rein deskriptiven Darstellung eine erweiterte methodische Bearbeitung nötig gewesen (z. B. vergleichende Analyse der Organsysteme nach MedDRA in Relation zu den einzelnen Substanzen, Diskussion der AR, Differenzierung der "wahren" UAW, Schlussfolgerung im Kontext unterschiedlicher oder vergleichbarer Risiken und deren Gewichtung), wenn diese Risikobetrachtung später mit in die Empfehlungen einfließen soll. Die im Berichtsplan zur Untersuchung der Therapietreue herangezogene Vorgehensweise ist erneut nicht adäquat. Randomisierte, kontrollierte Studien sind zur Beantwortung der Frage der Therapietreue ungeeignet. Daher kann der Vorbericht nur zu dem Schluss kommen, dass „in den Studien keine solchen Daten erhoben wurden und ein Vergleich der Zufriedenheit nicht vorgenommen werden kann“ (S. x). Beispielhaft seien drei Arbeiten zur Therapietreue genannt (12, 15, 18). In allen 3 Arbeiten wird auf der Basis einer suffizienten Methodik den AT1-Blockern die höchste Therapietreue zugeordnet, während die Diuretika konsistent am schlechtesten abschneiden. Es muss also angenommen werden, dass es dem IQWiG nicht um die Beantwortung dieser Frage ging. 6/10 Endpunkt Notwendigkeit einer Dialyse- oder Nierentransplantationstherapie Die Messung der GFR wird als valide Methode (20) zur Abschätzung der Nierenfunktion betrachtet, nicht aber die Änderung des Kehrwerts der Serumkreatininkonzentration pro Zeiteinheit (25). Dieses Vorgehen wird nicht weiter begründet und steht im Gegensatz zu internationalen Konsensus-Dokumenten, wie z.B. zur „Note for Guidance on clinical investigation of medicinal products in the treatment of hypertension“ der europäischen Zulassungsbehörden. Wissenschaftlich wird diese Ansicht durch eine Arbeit von Lewis aus dem Jahre 1993 (21) begründet, in der beide Methoden miteinander verglichen wurden. Es zeigte sich, dass eine Verdopplung des Serumkreatinins (wie in der IDNT Studie (22) oder RENAAL Studie (8) als Bestandteil des kombinierten primären Endpunkts geschehen) eine zumindest 50 %-ige Reduktion der GFR bedeutet. Die Ausführungen der “Collaborative Study Group” zur Auswahl einer geeigneten Methode zur Bestimmung der Nierenfunktion findet sich bei Rodby et al. 2000 (23) auf Seite 492 und bildet die Grundlage für die Wahl der Verdopplung des Serumkreatinins sowohl in der RENAAL als auch in der IDNT Studie. Die alleinige Akzeptanz der GFR zur Bestimmung der Wirkung auf eine Niereninsuffizienz führt dazu, dass alle Studien bei Hypertoniekollektiven mit dem Ziel, die Verzögerung einer progredienten Niereninsuffizienz aufgrund einer Hypertonie mit/und ohne begleitenden Typ 2 Diabetes nachzuweisen, aus der medizinischen Nutzenbewertung herausfallen, so dass keine Aussage zu der Zielgröße Nierenfunktionsverlust aufgrund einer progredienten Nierenfunktionseinschränkung auf dem Boden einer Hypertonie möglich ist. Diabetesentwicklung unter Diuretika Die Auslösung eines Diabetes mellitus durch Diuretika (und Betablocker) wird im Vorbericht nicht bestritten (im Sinne der Netzwerk Meta-Analysen von Elliott und Meyer (14)). Der IQWIG Bericht kommt jedoch überraschenderweise zu dem Schluss, dass dieser Pharmakotherapie induzierte Diabetes mit kardiovaskulären Endpunkten entweder a) nichts zu tun hat oder b) durch die kardiovaskulären Vorteile von Diuretika wieder aufgehoben wird. Diese Schlussfolgerung basiert auf einer ALLHAT post-hoc Analyse mit 534 Patienten über einen Zeitraum von 3 Jahren. Diese post-hoc Analyse ist methodisch nicht geeignet, die gestellte Frage zu beantworten. Relevante Studien zur Fragestellung werden nicht berücksichtigt. Als Grundlage für die Argumentation dient im Vorbericht ausschließlich die im November 2006 erschienene post-hoc Analyse der ALLHAT Studie zur fehlenden kardiovaskulären Bedeutung einer Diabetogenität von Diuretika (6). Ungeachtet der Tatsache, dass vom IQWiG wiederholt post-hoc Analysen zur Bewertung relevanter Endpunkte abgelehnt wurden (siehe A04-01A 7/10 Abschlußbericht „Clopidogrel versus Acetylsalicylsäure in der Sekundärprophylaxe vaskulärer Erkrankungen“ und IQWiG-Methodenpapier) ist das Kernergebnis der Arbeit von Barzilay folgendes: Es kam in ALLHAT zu einem Anstieg der Nüchternglukose nach 2 Jahren Studiendauer und des Neuauftretens eines Diabetes im Studienverlauf in allen 3 Behandlungsgruppen (Chlortalidon > Amlodipin > Lisinopril). Neu aufgetretener Diabetes nach 2 Jahren führte nach 5 Jahren zu häufigeren CHD Ereignissen (risk ratio 1,64; p=0,006) in der Gesamtstudie, in den einzelnen Behandlungsgruppen war dieser Unterschied aber nicht signifikant (weder für Chlortalidon [risk ratio 1,46; p=0,14], Amlodipin oder Lisinopril). Aus der fehlenden Signifikanz für die Behandlungsgruppen und der Signifikanz für die Gesamtkohorte ergibt sich, dass zur Beantwortung der Frage des Einflusses der Einzelsubstanzen entweder a) die Studiendauer zu kurz oder b) die einzelnen Behandlungsgruppen zu klein waren. Ein Zusammenhang von Diabetes Entwicklung und CHD (und z.B. nicht für CVD) wird in der Framingham Kohorte belegt (17). In dieser Arbeit (die nicht im Vorbericht berücksichtigt wird) wurde gezeigt, dass mit zunehmender Diabetes Dauer das Risiko für CHD ansteigt und zwar in 10 Jahres Intervallen mit dem Faktor 1,38 (95%CI 0,99 – 1,92). Das Risiko für Tod aufgrund von CHD steigt im gleichen Zeitraum um den Faktor 1,86 (95% CI 1,17 – 2,93). Diese Ergebnisse wurden in einer Kohorte von 588 Personen mit einem mittleren Alter von 58 ± 9 Jahren in Framingham erhoben. Im Mittel steigt also das CHD Todesrisiko in 10 Jahresintervallen um 86%. In dieser Annahme wird die Studie von weiteren Studien unterstützt (10, 11, 19, 24). Die Beobachtungsdauer in der ALLHAT Studie (Diabetes Neudiagnose nach 2 Jahren Laufzeit, Endpunktbewertung nach 5 Jahren, Δ 3 Jahre) ist für die Beantwortung der an sie gestellten Frage daher zu kurz oder hatte für die Analyse zu wenig Patienten verfügbar. Die Patientenzahl in der Framingham Kohorte (n=588) ist etwas höher als in der ALLHAT Kohorte (n=534), vor allem aber die Nachbeobachtung deutlich länger (ALLHAT 3 Jahre vs. Framingham 12 Jahre). Aussagen zur kardiovaskulären Bedeutung lassen sich von der Richtung her aus ALLHAT ableiten (und die 8/10 Richtung zeigt auf CHD) – den Nachweis einer fehlenden Wirkung auf kardiovaskuläre Endpunkte erbringt er aber nicht. Daher ist die nachgewiesene Diabetogenität nicht vereinbar mit der Schlussfolgerung des Berichts, dass die Diuretika in keinem Aspekt anderen etablierten Substanzklassen unterlegen sind. 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Anmerkung: Bereits im Vorbericht zitierte Literatur wird der Stellungnahme nicht beigefügt. 10/10