Reiseveranstalter als potenzielle Partner in Virenprävention Durch Ebola und Zika ist Wahrnehmung zu Viren international geprägt, Expertenmeinungen gewinnen an Boden Schlussbericht zum Virusbarometer 2016 Studie im Auftrag von Gilead Sciences Switzerland Sàrl Projektteam Lukas Golder Politik- und Medienwissenschafter Martina Mousson Politikwissenschafterin Stephan Tschöpe Politikwissenschafter Aaron Venetz Politikwissenschafter Alexander Frind Politikwissenschafter Noah Herzog Sekretariat und Administration Inhaltsverzeichnis 1 WICHTIGES IN KÜRZE ................................................................................3 2 EINLEITUNG ..............................................................................................14 Mandat und Fragestellungen ..............................................................14 Fragebogenentwicklung......................................................................15 Datenbasis ..........................................................................................15 Datenanalyse ......................................................................................17 3 BEFUNDE ...................................................................................................18 Gesundheitszustand und Grundhaltungen zu Gesundheitsfragen .....18 3.1.1 Zwischenbilanz .......................................................................22 Information und Prävention ................................................................23 3.2.1 Zwischenbilanz .......................................................................27 Neuigkeiten zum Thema Viren ............................................................28 3.3.1 Zwischenbilanz .......................................................................36 Risikoperzeption und Testverhalten ....................................................37 3.4.1 Zwischenbilanz .......................................................................43 Issue Impfschutz .................................................................................44 3.5.1 Zwischenbilanz .......................................................................53 Übergreifende Analysen .....................................................................54 4 3.6.1 Pfeiler der Wichtigkeit eines aktuellen Impfschutzes ............54 3.6.2 Pfeiler der Wichtigkeit von Gesundheitstests ........................55 SYNTHESE .................................................................................................57 4.1.1 5 Thesen ....................................................................................61 ANHANG ....................................................................................................63 gfs.bern Team .....................................................................................63 Bern, der 26. September 2016 Copyright by gfs.bern 2 1 Wichtiges in Kürze Mandat und Datenbasis Gilead Sciences Switzerland Sàrl ist in Erwartung eines möglichen Meinungswandels und neu aufkommender Aktualität des Themas Viren an einer Studie interessiert, die systematisch die vorhandenen Haltungen, das Bewusstsein sowie Einstellungen zu Viren untersucht und sowohl den Umgang damit erläutert, als auch die zeitlichen Entwicklungen misst. Dieser letzte Punkt wird 2016 vollumfänglich möglich, denn mit einem dritten Messpunkt gewinnt man zusätzliche Sicherheit in den bisherigen Tendenzen. Wahrgenommene Neuigkeiten rund um Viren und Bewertungen dieser werden im Rahmen des Virusbarometers ebenfalls erfasst und beschrieben. Im Zentrum stehen nicht nur die Gesundheit und das Risikoverhalten der Befragten, sondern auch die gesellschaftlichen und politischen Dimensionen dieser Themen und Fragestellungen. Die Ergebnisse des Virusbarometers 2016 basieren auf einer repräsentativen Befragung von 1209 erwachsenen EinwohnerInnen der Schweiz. Die Befragung wurde zwischen dem 25. Juli und dem 8. August 2016 von gfs.bern telefonisch durchgeführt. Der statistische Fehler bei der Stichprobengrösse von 1209 Befragten beträgt 2.9 Prozent. Anders formuliert, liegt bei 1209 Befragten und einem ausgewiesenen Wert von 50 Prozent der effektive Wert mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit zwischen 47.1 und 52.9 Prozent. Werden Aussagen zu kleineren Untergruppen gemacht, erhöht sich der statistische Unschärfebereich. Tabelle 1 Technischer Kurzbericht Auftraggeber Gilead Sciences Switzerland Sàrl Grundgesamtheit Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz ab 18 Jahren Befragungsgebiet gesamte Schweiz Herkunft der Adressen Telefonverzeichnis der Swisscom (mehrere Jahrgänge gepoolt) Datenerhebung telefonisch, computergestützt (CATI) Art der Stichprobenziehung Random-Quota; Geburtstagsmethode im Haushalt Befragungszeitraum mittlerer Befragungstag 25. Juli bis 8. August 2016 31. Juli 2016 Stichprobengrösse Sprachregionen: minimal 1'200, effektiv 1'209 n DCH: 708, n FCH: 301, n ICH: 200 Fehlerbereich ±2.9 Prozentpunkte bei 50/50 und 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit Quotenmerkmale Sprachregion, Alter/Geschlecht interlocked Gewichtung nach Designgewichtung nach Sprachregion Befragungsdauer Mittelwert 25.4 Minuten Standardabweichung 5.5 Minuten © gfs.bern, Virusbarometer 2016, Juli/August 2016 3 Gesundheitszustand und Grundhaltungen zu Gesundheitsfragen Die klare Mehrheit der Schweizer EinwohnerInnen interessiert sich für Gesundheitsfragen, das Interesse ist 2016 allerdings erstmals merklich rückläufig. Parallel dazu wird auch der eigene Gesundheitszustand erstmals etwas schlechter eingestuft. Was bleibt, sind eindeutige Schichteffekte in beiden Fragen; die tiefsten Einkommens- und Bildungsschichten beurteilen ihren Gesundheitszustand signifikant schlechter, interessieren sich aber auch weniger für Gesundheitsfragen. Grafik 1 Trend Interesse an Gesundheitsthemen Trend Gesundheitszustand "Wie stark sind Sie an Gesundheitsthemen interessiert: Sind Sie persönlich sehr interessiert, eher interessiert, eher nicht interessiert oder überhaupt nicht interessiert?" "Wie würden Sie im Grossen und Ganzen Ihren momentanen Gesundheitszustand beschreiben?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren 3 3 14 13 3 17 überhaupt nicht interessiert 21 9 11 11 21 14 1 sehr schlecht eher nicht interessiert 41 46 46 49 48 43 weiss nicht/keine Antwort gut 42 35 41 31 Juli/August 2014 Juli/August 2015 Juli/August 2016 40 sehr gut sehr interessiert © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) schlecht mittelmässig eher interessiert 42 weiss nicht/keine Antwort Juli/August 2014 Juli/August 2015 Juli/August 2016 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Regelmässige Gesundheitschecks erachten annähernd drei Viertel der Befragten für sich selbst als wichtig und für Risikogruppen erst recht. Bemerkenswert ist, dass sich tendenziell jene Gruppen, die sich weniger für Gesundheitsfragen interessieren, deutlicher für regelmässige Gesundheitschecks aussprechen. Das gilt beispielsweise für Männer oder EinwohnerInnen unter 30 Jahren. Für HIV und Krebs mündet die grundsätzliche Haltung zu Gesundheitschecks auch in konkrete Handlungsabsichten; selbst EinwohnerInnen, die Gesundheitschecks unwichtig finden, würden sich bei Verdacht auf eine Erkrankung mehrheitlich testen lassen. Für Hepatitis und Herz-/Kreislauferkrankungen gilt dies tendenziell auch. Wenn es um Ebola, Grippe oder Zika geht, würden sich nur jene EinwohnerInnen mehrheitlich testen lassen, die auch Gesundheitschecks wichtig finden. Die Betonung der Wichtigkeit von Gesundheitschecks darf aber nicht als Votum für obligatorische Tests verstanden werden. Solche stossen nämlich mit wenigen Ausnahmen auf Ablehnung. Überhaupt wird grundlegenden Änderungen im Schweizer Gesundheitswesen skeptisch begegnet und die Präferenzen sind von Eigenverantwortung bestimmt. Beispielsweise wünscht die klare Mehrheit der Befragten keine staatliche Prävention zum Schutz vor viralen Erkrankungen. In Bezug auf ein Masern-Impfobligatorium allerdings entwickeln sich die Präferenzen zunehmend in Richtung Befürwortung. Eine mögliche Erklärung hierfür liefert die Sensibilisierungskampagne des Bundes im Rahmen der BAG-Strategie zur Masernelimination in der Schweiz, die ihre Wirkung nun entfaltet. Stabil präsentiert sich einzig der Mittelwert zur Präferenz zwischen staatlicher Prävention und Eigenverantwortung. Weniger fest untermauert als zu Beginn der Studienreihe ist dagegen die Ansicht, dass Impfen ein Entscheid jedes Einzelnen sein soll. Dieser Mittelwert hat sich am stärksten verändert und nähert sich der Mitte-Position an. 2014 war dies noch jene der vier getesteten Haltungen, die am stärksten Richtung Eigenverantwortung zielte. 4 Grafik 2 Wünsche Gesundheitsversorgung "Was für eine Gesundheitsversorgung wünschen Sie sich grundsätzlich? Bitte sagen Sie mir auf einer Skala von 0 bis 10, was Ihnen lieber ist. Mit den Werten dazwischen können Sie Ihre Meinung abstufen." in Mittelwerten EinwohnerInnen ab 18 Jahren 5.9 staatliche Prävention Eigenverantwortung 0 2 4 6 8 10 6 8 10 6 8 10 6 8 10 5.8 Impflicht 0 2 4 Entscheid jedes Einzelnen 5.3 bewährt und günstig innovativ und teuer 0 2 4 4.3 bei Verdacht untersuchen 0 2 4 obligatorische Gesundheitschecks © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Information und Prävention Obwohl die grundlegenden Präferenzen in Gesundheitsfragen in der Schweiz eher wenig auf staatliche Intervention gemünzt sein mögen, wird Präventions- arbeit in Schulen durchaus breit begrüsst. Überhaupt scheint Informationsarbeit willkommen zu sein, denn auch die Abgabe von Informationen zu Impfschutz bei der Buchung einer Reise wird annähernd flächendeckend begrüsst. Zudem werden zunehmend auch Krankenkassen und die Pharmaindustrie als Informationsstellen in Betracht gezogen. Mit anderen Worten ist staatliche Tätigkeit rund um Information breit akzeptiert, konkrete Handlungsanweisungen oder gar Obligatorien stossen jedoch auf ebenso breiten Widerstand. Der Glaube an die Wirksamkeit solcher Kampagnen und Informationstätigkeiten hält sich allerdings in Grenzen; nicht zuletzt, weil damit tendenziell bereits informierte Kreise am ehesten solche auch wahrnehmen. Nachdem sich die Angaben zwischen 2014 und 2015 nur unwesentlich verändert haben, fällt 2016 die generell erhöhte Zustimmung zu Präventivmassnahmen auf. Mit Ausnahme der Aussage zur Kampagnenwirkung erhalten 2016 alle Präventivmassnahmen mehr Zustimmung als in den Vorjahren. Die Akzeptanz von Informationstätigkeiten wurde damit auf hohem Niveau nochmals gesteigert und zwar unabhängig vom informierenden Akteur. Den deutlichsten Anstieg haben wir dabei für die Pharmaindustrie zu verbuchen. Neben Präventivmassnahmen sind Ansprechpersonen für den Ernstfall und das Vertrauen in solche elementar. 5 Grafik 3 Trend Aussagen zur Information und Bekämpfung von Krankheiten "Ich nenne Ihnen jetzt einige Aussagen, was die Gesellschaft machen kann zur Information über Krankheiten und der Bekämpfung von Krankheiten. Sagen Sie mir, ob Sie damit voll einverstanden, eher einverstanden, eher nicht einverstanden oder überhaupt nicht einverstanden sind." Aufklärung und Prävention in den Schulen "In den Schulen soll aktiv und früh Aufklärung zur Prävention von übertragbaren Krankheiten gemacht werden." Impfempfehlung bei Reisebuchung "Beim Buchen von Reisen sollen zwingend Empfehlungen über Impfungen mitgeliefert werden." Krankenkassen aktiv Anreize schaffen "Die Krankenkassen sollten aktiv für Impfungen und Gesundheitschecks Anreize schaffen." frei informierende Pharmaindustrie "Der Staat soll die Pharmaindustrie möglichst frei informieren lassen, damit ich rasch über Neuerungen informiert bin." Verhaltensbeeinflussung durch AIDS-Kampagnen "Die AIDS-Kampagnen haben mein eigenes Verhalten beeinflusst." Kampagnen wirkungslos "Die meisten Kampagnen verpuffen wirkungslos." in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, sehr/eher einverstanden 90 93 92 89 64 60 71 70 64 59 50 47 48 47 56 48 Aufklärung und Prävention in den Schulen Impfempfehlung bei Reisebuchung Krankenkassen aktiv Anreize schaffen frei informierende Pharmaindustrie Verhaltensbeeinflussung durch AIDS-Kampagnen Kampagnen wirkungslos Juli/August 2014 Juli/August 2015 Juli/August 2016 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Der Hausarzt ist und bleibt hier die zentrale Figur, aber auch dem Lebenspartner, Apothekern und Gesundheitsfachpersonen aus dem eigenen Umfeld wird mehrheitlich Vertrauen entgegengebracht. 2016 wieder etabliert ist das Vertrauen in Telefonauskünfte von Krankenkassen, obwohl ältere EinwohnerInnen oder solche aus tieferen sozialen Schichten skeptisch bleiben. Das Vertrauensverhältnis den Krankenkassen gegenüber bleibt insgesamt gespalten. Internet-Institutionen bestechen durch einfachen Zugang in vermeintlich anonymen Rahmen, das Vertrauen in Informationen aus dem Netz ist aber dünn. Grafik 4 Trend Vertrauen Personen und Institutionen "Es gibt manchmal Gesundheitsprobleme oder Gesundheitsfragen über die man nicht mit allen Personen sprechen möchte. Falls Sie schon solche Situationen erlebt haben, sagen Sie mir bitte für die nachfolgenden Personen und Institutionen, ob Sie Ihnen sehr vertrauen, eher vertrauen, eher nicht vertrauen oder überhaupt nicht vertrauen, wenn es um ein sehr persönliches Gesundheitsproblem geht." in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, vertraut sehr/eher 94 85 81 78 93 94 84 82 80 79 74 76 53 51 44 54 42 6 Juli/August 2014 Partnerin/Partner Apotheker 54 Gesundheitsfachperson im Bekannten- oder Verwandtenkreis 48 Drogist 44 41 22 Hausarzt Gesundheits-Telefon-Auskunft der Krankenkasse Krankenkasse 20 19 7 7 Juli/August 2015 Juli/August 2016 Online-Foren oder Online-Chats von Betroffenen Soziale Medien wie Facebook oder Twitter © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) 6 Nicht nur für Konsultationen im Ernstfall, sondern auch zur reinen Informationsbeschaffung ist stabil der Hausarzt die wichtigste Quelle, gefolgt von Broschüren, Gesprächen im persönlichen Umfeld und Zeitungen. Mit Plakaten im öffentlichen Raum erreicht man immerhin noch mehr als die Hälfte und das ist klar mehr als mit TV-Spots. Eine direkte, auf Vertrauen basierende Beziehung ist bei persönlichen Gesundheitsproblemen ein wichtiges Kriterium für den Austausch darüber. Geht es jedoch um reine Informationsbeschaffung, ist dies keine zwingende Voraussetzung für eine Konsultation. Doch spielt auch die Einfachheit des Zugangs zu Information eine Rolle. Neuigkeiten zum Thema Viren Die Themenlage zu Viren war in den vergangenen Jahren von zwei Komponenten bestimmt; einer strukturellen und einer newsgetriebenen, dynamischen. Die dynamische Komponente war in den Jahren 2014 bis 2016 dominant, denn seit dem Ausbruch des Ebola-Virus 2014 war die Themenwahrnehmung zu Viren selbstredend erhöht. Durch das aktuelle Topthema, den Zika-Virus, bleibt sie angeheizt und entsprechend erinnert sich ein zeitlich relativ konstanter Anteil der EinwohnerInnen an Neuigkeiten rund um Viren. 2016 waren es durchschnittlich 38 Prozent der Befragten, was impliziert, dass sich die Mehrheit der Befragten nicht aktiv an etwas erinnert. Rund die Hälfte der EinwohnerInnen, die sich überhaupt an Neuigkeiten erinnern, hat etwas im Zusammenhang mit dem Zika-Virus wahrgenommen. 2016 war auch Meningitis relativ präsent, subsummiert im zweiten Themenblock zu spezifischen Krankheiten. Der Abstand zum erstplatzierten Zika-Virus zeigt allerdings, wie sehr die Themenlage 2016 vom Zika-Virus bestimmt ist. Es folgen erinnerte Neuigkeiten zu Grippeviren und Epidemien, AIDS und HIV, allgemeine Erinnerungen und auf dem sechsten Rang Neuigkeiten rund um Hepatitis. Grafik 5 Trend Filter Erinnerung Neuigkeiten Thema Viren "Erinnern Sie sich? Was genau haben Sie gehört, gesehen oder gelesen? Gibt es ein weiteres Thema, welches Sie gehört haben?" Zika 51 14 15 15 spezifische Krankheiten 18 Grippeviren, Epidemien, Pandemien HIV, AIDS 7 Allgemeines 7 2 neue Viren/Risiken Ausbreitung Ebola Veränderung von Viren Impfungen Anderes Risiken im Spital Medikamente Juli/August 2014 8 5 5 Hepatitis Art der Information 25 13 14 11 22 8 4 11 3 4 36 17 4 4 4 4 5 3 1 5 3 4 3 2 4 4 1 Juli/August 2015 11 Juli/August 2016 7 Nein/weiss nicht/keine Antwort Basis: inhaltliche Nennungen EinwohnerInnen ab 18 Jahren, die Neuigkeiten vernommen haben, Mehrfachantworten möglich 18 21 20 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (n = ca. 425) 7 Über die Zeit betrachtet, lassen sich die strukturelle und die dynamische Komponente erkennen. Auch wenn Nennungen zu Grippeviren und Hepatitis rückläufig sind, bleiben dies strukturell wichtige Themen. Auch AIDS ist eine Krankheit, die breit mit Viren assoziiert wird und als strukturelles Thema gilt. Komplementiert wird dieses strukturelle Themenspektrum durch die Tagesaktualität, wie das Ebola 2014 und Zika 2016 zeigen. Dominieren dynamische Komponenten die Themenlage, geraten strukturelle eher in den Hintergrund. Interessant ist, dass mit der Verbreitung des Zika-Virus Nennungen rund um Risiken der Ausbreitung stabil blieben. Das war im Umfeld des Ebola-Ausbruchs klar anders. Neu ist an der Themenlage 2016 der relevant kritische Unterton. 2015 war die Themenlage in Abwesenheit eines viralen und medialen Schreckensgespenstes klar entspannter. Wirklich negativ schneidet 2016 allerdings nur der Themenblock Allgemeines ab. Wer nichts Konkretes erinnert, ist diffus-kritisch in der Beurteilung. Werden dagegen konkrete Themen erinnert, fällt die Beurteilung gespalten bis verhalten positiv aus. Viren sind demzufolge nicht ein per se negativ oder positiv vorbelastetes Thema, werden aber als Gefahr eingestuft – und zwar als eine grössere als Bakterien. Konkret wird die Grippe als grösste Gefahr für die Schweizer Gesellschaft erachtet, gefolgt von HIV und Pandemien. Der Anstieg beim drittplatzierten Themenblock ist dabei eindeutig auf die häufigere Nennung von Meningitis zurückzuführen. Medienberichte respektive Warnungen der Suva und des BAG über die hohe Anzahl von Zeckenbissen erklären diesen Anstieg. Neu ist 2016 Zika auf dem vierten Rang der Gefahrenliste erschienen, Hepatitis dagegen rangiert tiefer als noch 2015. Die Einschätzungen des Gefahrenpotenzials von Zika zeigen für die Schweizer Bevölkerung deutlich, dass das Virus zwar in aller Leute Köpfe ist, man sich davor aber nur in beschränktem Ausmass fürchtet. Grippeviren dagegen sind alltagsnäher und entsprechend wird auch die davon ausgehende Gefahr höher eingestuft. Risikoperzeption und Testverhalten Grundsätzlich fühlen sich Schweizer EinwohnerInnen eher nicht gefährdet, sich mit einer Krankheit anzustecken. Die Sensibilitäten liegen allerdings bei Grippe, Krebs sowie bei Herz- und Kreislauferkrankungen deutlich höher als bei Hepatitis, Zika, Masern, HIV und AIDS oder Ebola. Das beinhaltet die im Grunde logische Konsequenz, dass man sich durch Krankheiten, vor denen man sich nur bedingt aktiv schützen kann, auch stärker gefährdet fühlt. Über die Zeit betrachtet, erweisen sich diese Werte als insgesamt stabil, Die Angaben der Befragten zur Frage, welche Tests standardmässig im Rahmen eines Gesundheitschecks durchgeführt werden sollten, spiegeln die Gefährdungsperzeptionen. Die Testbereitschaft für Brustkrebs1, Herz- und Kreislauferkrankungen und andere Formen von Krebserkrankungen bleibt hoch. Auch eine standardmässige Prüfung der Aktualität von Impfungen würde von einer klaren Mehrheit begrüsst. Die Akzeptanz für Hepatitis-C-Tests ist zwar verglichen mit 2015 klar zurückgegangen, bleibt aber mehrheitlich und verglichen mit 2014 leicht erhöht. Die dynamische Entwicklung ist für Hepatitis A- oder B-Tests in abgeschwächter Form gleich, das Meinungsbild aber gespaltener. Nach wie vor mehrheitlich abgelehnt werden routinemässige Tests bei sexuell übertragbaren Krankheiten generell oder spezifisch HIV-Tests. Setzt man ein 10-Prozent-Risiko einer Ansteckung voraus, erhöht sich die Testbereitschaft für alle Krankheiten. Damit ist die erhöhte Akzeptanz von Tests für Risikogruppen nicht nur eine abstrakte Haltung, die Andere betrifft, sondern lei- 1 nur Frauen gefragt 8 tet auch das eigene Handeln bei gegebenem Risiko. Denn ein Risiko vorausgesetzt, würden sich Mehrheiten auf alle hier abgefragten Krankheiten testen lassen. Im Vergleich zur generellen Testbereitschaft steigt, ein entsprechendes Risiko vorausgesetzt, insbesondere die Testbereitschaft für Hepatitis aber auch jene für HIV-Tests. Die Trends zu den Testbereitschaften bei einem vorausgesetzten Risiko verlaufen mit Ausnahme der Grippe, wo sie klar angestiegen ist, uneinheitlich. Grafik 6 Trend Standard Gesundheitschecks Trend Test bei 10%-Risiko "Unabhängig davon, wie wichtig Sie generell Gesundheitschecks finden. Welche Tests sollten als Standard in einem Gesundheitscheck für Sie persönlich enthalten sein?" "Angenommen sie verspüren keine Symptome, aber Sie erfahren zufällig, dass Sie persönlich ein 10%-Risiko haben, dass Sie sich mit einer der folgenden Krankheiten angesteckt haben. Würden Sie dann bestimmt, eher, eher nicht oder überhaupt nicht einen Test machen lassen, ob Sie sich tatsächlich angesteckt haben?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, Anteil "Ja" Brustkrebs* in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, bestimmt/eher testen lassen Krebs 75 70 63 47 45 43 41 78 74 74 68 68 61 59 65 63 51 44 44 50 47 Herz- und Kreislauferkrankungen Krebsabklärungen 81 79 77 75 78 75 71 65 Aktualität der Impfungen 62 55 84 82 Herz- und Kreislauferkrankungen 77 72 70 65 67 53 Hepatitis resp. Leberinfektion HIV Hepatitis C 44 38 Ebola Hepatitis A oder B Zika sexuell übertragbare Krankheiten schwere Grippe HIV-Test, der sogenannte AIDS-Test Juli/August 2014 Juli/August 2015 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) *nur Frauen (n = ca. 609) Juli/August 2016 Juli/August 2014 Juli/August 2015 Juli/August 2016 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Zwischen der gefühlten Gefährdung einer Ansteckung und der Testbereitschaft finden sich eindeutige Zusammenhänge, besonders bei HIV, Hepatitis und Herz/Kreislauferkrankungen; wer sich gefährdet fühlt, würde sich mit grosser Wahrscheinlichkeit auch testen lassen. Etwas weniger eindeutig gilt dies auch für die Grippe, Zika und Ebola. Issue Impfschutz Beschäftigt man sich mit Gesundheitsthemen respektive Haltungen dazu und insbesondere auch mit Viren, stösst man früher oder später unweigerlich auf ein Issue, bei dem die Meinungen auseinandergehen; den Impfschutz. Die klare Mehrheit der Schweizer EinwohnerInnen findet es dabei wichtig, ihren Impfschutz aktuell zu halten, allerdings gibt es in relevantem Ausmass kritische Voten. Verschärfend kommt hinzu, dass die Beimessung der Wichtigkeit latent schwindet. Impfragen spalten die Geister; das resistent impfkritische Potenzial liegt in der Schweizer Einwohnerschaft bei rund 20 Prozent. Neu ist 2016, dass die stärksten gesellschaftlichen Spaltungen in der Impffrage entlang des Reiseverhaltens zu finden sind. Dieser Effekt könnte Ebola und Zika geschuldet sein. Denn wer regelmässig reist, verfügt klar häufiger über einen aktuellen Impfschutz als jene, die dies nicht tun. Die Nutzenseite von Impfungen ist im Grunde unbestritten, selbst ein MasernImpfobligatorium für Kinder wäre für eine zunehmende Mehrheit eine denkbare Option. Wenn es allerdings um Grippeerkrankungen, Pandemien und Patentrechte geht, wird dem Thema und insbesondere der Pharmaindustrie kritisch begegnet. Nach wie vor wird das Gesundheitsfachpersonal nicht als Vorbild wahrgenommen. Es scheint sich in der Impffrage allerdings die Ratio breitzumachen; die Zustimmung zur Aussage, dass Gesundheitsexperten Behauptungen von Impfgegnern mit überzeugenden Argumenten entkräftet haben, nahm über den Untersuchungszeitraum stetig zu. So haben kritische Haltungen zum Impfen in einem Fall Aufwind (Gesundheitspersonal) erzeugt, im anderen (Experten) klar nicht. Was sich hält, ist die Zustimmung zur Aussage, es sei besser, Erkrankungen natürlich durchzumachen anstatt zu impfen. 9 Neu wurde 2016 die Aussage, dass mehr Personen an den Folgen von Hepatitis als an den Folgen von HIV/AIDS sterben, geprüft. Und obwohl in der offenen Frage nach erinnerten Neuigkeiten einige Personen exakt dies bekunden, ist die Verunsicherung über die konkrete Aussage gross. Eine relative Mehrheit stimmt jedoch zu, dass es mehr Tote durch Hepatitis als durch AIDS gebe, 15 Prozent stellen sich dagegen. Verbreiteter als in den Vorjahren ist das Wissen darum, dass HIV keine tödliche Krankheit mehr sei, es eine Impfung gegen Hepatitis gibt und Medikamente die Verbreitung von Viren eindämmen können. Grafik 7 Trend Aussagen Krankheiten, Medikamente und Impfungen (1/2) Trend Aussagen Krankheiten, Medikamente und Impfungen (2/2) "Sagen Sie mir bitte für folgende Aussagen, ob sie für Sie persönlich voll zutreffen, eher zutreffen, eher nicht zutreffen oder überhaupt nicht zutreffen." "Sagen Sie mir bitte für folgende Aussagen, ob sie für Sie persönlich voll zutreffen, eher zutreffen, eher nicht zutreffen oder überhaupt nicht zutreffen." Krankheiten dank Impfungen besiegt "Dank Impfungen konnten einige Krankheiten weltweit praktisch besiegt werden." Angstmacherei "Mit der Angstmacherei rund um Grippewellen und andere Pandemien machen vor allem die Pharmaunternehmen ihr Geschäft." Lockerung Patente zur Bekämpfung HIV/AIDS "Würde die Pharmaindustrie ihre Patente lockern, könnten HIV und AIDS in Entwicklungsländern viel besser bekämpft werden." obligatorische Masernimpfung bei Kindern "Kinder sollen obligatorisch gegen Masern geimpft werden." HIV nicht mehr tödlich "Wenn eine HIV-Infektion richtig behandelt wird, ist es heute keine tödliche Erkrankung mehr." Akt der Solidarität "Impfungen sind auch ein Akt der Solidarität gegenüber Personen, die sich nicht impfen können." Impfung gegen Hepatitis "Gegen mehrere Formen von Hepatitis kann man sich impfen lassen." behindert Vermehrung von Viren "Es gibt Medikamente, die die Vermehrung von Viren behindern." kein Medikament Heilung Grippe "Es gibt kein Medikament, das Grippe heilen kann." Gesundheitspersonal impft nicht systematisch "Das Gesundheitspersonal impft sich nicht systematisch." Experten haben Argumente der Gegner entkräftet "Gesundheitsexperten haben mit überzeugenden Argumenten Behauptungen von Impfgegnern entkräftigt." Erkrankung besser durchmachen "Anstatt zu impfen ist es besser, eine Erkrankung natürlich durchzumachen." Mehr Tote durch Hepatitis als HIV/AIDS "Es sterben mehr Personen an den Folgen von Hepatitis als an den Folgen von HIV/AIDS." Grippeimpfungen gefährlich "Grippeimpfungen sind gefährlich, weil die Impfung selbst eine Erkältung auslösen kann." in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, trifft voll/eher zu 87 87 80 77 74 73 71 70 69 76 76 71 70 69 69 80 74 74 72 72 Krankheiten dank Impfungen besiegt Juli/August 2015 Juli/August 2016 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) kein Medikament Heilung Grippe 64 Angstmacherei Lockerung Patente zur Bekämpfung HIV/AIDS 58 obligatorische Masernimpfung bei Kindern 47 60 59 57 54 49 49 47 59 59 51 48 51 49 47 56 43 Gesundheitspersonal impft nicht systematisch Experten haben Argumente der Gegner entkräftet HIV nicht mehr tödlich Erkrankung besser durchmachen Akt der Solidarität mehr Tote durch Hepatitis als HIV/AIDS Impfung gegen Hepatitis Juli/August 2014 behindert Vermehrung von Viren in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, trifft voll/eher zu 88 Juli/August 2014 Juli/August 2015 Juli/August 2016 Grippeimpfungen gefährlich © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Handlungsseitig sind Starrkrampf-Impfungen breit akzeptiert. Auch Hepatitis-Cund Masern-Impfungen würden noch Mehrheiten der Befragten in Erwägung ziehen, nicht aber Ebola-, Zika-, Grippe- oder HIV-Impfungen. Über die vergangenen drei Jahre hat sich die Impfbereitschaft für Ebola und für die Grippe gesteigert, jene für HIV respektive Aids ist dagegen gesunken. Obwohl die Aktualität des Impfschutzes grundsätzlich als wichtig erachtet wird und sich eine Mehrheit um einen solchen bemüht, gibt es bei 21 Prozent Nachlässigkeiten und bei 22 Prozent der Befragten bewussten Verzicht aufs Impfen. So verfügen insgesamt 43 Prozent der Schweizer Einwohnerschaft über keinen aktuellen Impfschutz. Das entspräche einer allgemeinen Impfrate von 57 Prozent in der Schweiz. Die Impfdurchdringung ist dabei bei jungen Frauen, aber auch bei Personen ab 37 Jahren generell ungenügend. Langsam aber sicher macht sich Wissen über diesen Umstand breit. Zwar glaubt nach wie vor eine Mehrheit, die Impfdurchdringung in der Schweiz sei höher als im Ausland, die zeitlichen Entwicklungen sprechen jedoch insgesamt für eine zunehmende Sensibilisierung. Übergreifende Analyse Wichtigkeit Gesundheitschecks Eine Regressionsanalyse hilft zu erkennen, wie die Einschätzung über die Wichtigkeit von Gesundheitschecks für einen selbst konstituiert ist. Als höchst relevant erweisen sich die Haltungen zu Präventionsmassnahmen und zu grundlegenden Werthaltungen zur Gesundheitsversorgung. Wer der Ansicht ist, Krankenkassen sollen aktiv Anreize für Gesundheitschecks schaffen, misst solchen naheliegender Weise auch erhöhte Wichtigkeit bei. Das gilt auch für EinwohnerInnen, die obligatorische Masernimpfungen fordern. Auch wer vertrauenswürdige Gesundheitsfachpersonen in seinem persönlichen Umfeld weiss, seinem Hausharzt in heiklen Fragen vertraut und fordert, dass die Pharmaindustrie frei informiert, findet Gesundheitschecks wichtiger. Damit sind verschiedene Akteure benannt, welche in der Lage wären, die Akzeptanz und 10 Wichtigkeit von Gesundheitstests zu fördern. Am Rande kommt ein weiterer Ort der Information in Frage; der Reiseveranstalter, bei dem man Fernreisen bucht. Wer dagegen dem Drogisten vertraut, stuft die Wichtigkeit solcher Tests generell tiefer ein. Das gilt auch für EinwohnerInnen die sich wenig gefährdet fühlen, an einer Herz-/Kreislauf-Störung oder an Krebs zu erkranken. Auch wer findet, es sei besser, Erkrankungen natürlich durchzumachen oder nicht glaubt, dass es mehr Hepatitis-Todesfälle gebe als durch AIDS ausgelöste, misst Gesundheitschecks verminderte Wichtigkeit bei. Alle weiteren ins Modell eingeflossenen Grössen erweisen sich als irrelevant. Will man die Akzeptanz von Gesundheitstests also fördern, sollte man auf Anreizsysteme und gezielte Information über die Schlüsselakteure – den Hausarzt, Gesundheitsfachpersonen, die Pharmaindustrie und Reiseveranstalter – setzen. Grafik 8 Regressionsanalyse Wichtigkeit regelmässige Gesundheitschecks "Wie wichtig finden Sie einen regelmässigen Gesundheitscheck insgesamt für...?" "…sich selbst" EinwohnerInnen ab 18 Jahren wichtig nicht wichtig Krankenkassen aktiv Anreize schaffen obligatorische Masernimpfung bei Kindern Gesundheitsfachperson im Bekanntenoder Verwandtenkreis frei informierende Pharmaindustrie Hausarzt (Vertrauen) Ablehnung zu: Herz- und Kreislauferkrankung (Gefährdung) Drogist (Vertrauen) Ablehnung zu: Krebs (Gefährdung) Erkrankung besser durchmachen Impfempfehlung bei Reisebuchung mehr Tote durch Hepatitis als HIV/AIDS © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = 1209), R2 = .194 Erläuterung: Die eingesetzte Methode der linearen Regression beschreibt das Vorhandensein des Einflusses von unabhängigen Variablen (hier: Aussagen und Werthaltungen zum Gesundheitswesen und Viren, Vertrauensvoten Akteure, gefühlte Gefährdung Ansteckung) auf eine abhängige Variable (Wichtigkeit Gesundheitschecks). Anhand der Farbe lässt sich unterscheiden, ob ein Element eher zu einer höherer Bewertung (rot) oder eher zu einer tieferen Bewertung (orange) führt. Argumente, welche in der Grafik nicht erscheinen, haben keinen Einfluss. 11 1.7.1 Thesen Aus den Befunden leiten wir Thesen zur weiteren Diskussion im Rahmen des Virusbarometers ab. Wir basieren bei diesen Ausführungen auf den Überlegungen aus den Vorjahren. These 1: Wertelandschaft: Staatliche Information und Wahrung Intimsphäre 2016 finden sich Anzeichen, dass die Gesundheit etwas weniger interessiert als auch schon. Möglich, dass die starke gesellschaftliche Fokussierung auf Ernährung und Gesundheit Gegenimpulse provoziert. Gesundheit wird als etwas Privates erachtet. Einmischung erlaubt man gerade bei intimen Themen höchstens dem Hausarzt oder der eigenen Partnerin respektive dem eigenen Partner. Entscheiden will man in Gesundheitsfragen autonom; eigenverantwortliches Handeln wird staatlichen Interventionen, Zwängen oder Kampagnen gegenüber vorgezogen. In Bezug auf Masernimpfungen ist das Bild allerdings in Bewegung; ein Obligatorium kommt je länger je mehr in Frage. Staatliche Tätigkeiten rund um Information sind breit akzeptiert, konkrete Handlungsanweisungen oder gar Obligatorien stossen jedoch auf ebenso breiten Widerstand. These 2: Kommunikation: Themenarbeit bei hoher Emotionalität und "Halbwissen" erschwert Die situative Prägung erinnerter Neuigkeiten im Zusammenhang mit Viren zeigt, dass das Thema Viren die Gemüter bei gegebenem Anlass zu bewegen vermag. Allerdings überlagern in solchen Fällen emotionale Themen der Aktualität phasenweise die strukturell schwierige Themenarbeit beispielsweise zur Reduktion der Impfskepsis oder Sensibilisierungskampagnen für gewisse Erkrankungen. Die Gefahr von "Halbwissen" und ideologisch verankertem Handeln ist im Virenbereich und bei gewissen Gruppen gross. Die Kommunikationsarbeit wird durch Skandalisierungen erschwert. These 3: Akteure: Hausärzte mit sehr grosser, Gesundheitsfachpersonen mit grosser Verantwortung Der Hausarzt bleibt die Schlüsselfigur, wenn es um vertrauliche Inhalte aber auch Informationen genereller Natur geht. Die Rolle von Krankenkassen und der Industrie wird gespalten beurteilt. Besser als medial Inhalte zu verbreiten ist es, den Zugang zum Patienten über den Arzt zu suchen. Hinweise bestehen, dass auch rund um die Prüfung der Aktualität des Impfschutzes Informationsbedürfnisse existieren, die durch den Hausarzt abgedeckt werden könnten. Eine zentrale Rolle nehmen aber auch Gesundheitsfachpersonen im weiteren Sinne ein. Ein direkter Austausch wird vor Konsum von Wissen via Medien und insbesondere via Internet eindeutig bevorzugt. Eine neue Türe könnten Reiseveranstalter öffnen. 12 These 4: Prävention: Sensibilisierung über Kampagnen Die Wirkungen von Kampagnen werden gespalten beurteilt, finden sich jedoch indirekt auf den Spitzenrängen erinnerter Neuigkeiten (HIV, Hepatitis). Sensibilisierungsarbeit im Bereich von viralen Erkrankungen kann über Kampagnen geschehen, weniger aber der Transport von substantiellen Inhalten wie Handlungsanweisungen oder Testempfehlungen. Die Gefahr besteht, dass Marketingtätigkeiten damit in Verbindung gesetzt werden. Weil aber das Thema Gesundheit in der Bevölkerung auf Interesse stösst und die Gemüter bewegt, sind Medien bereit, auch über Kampagnen, Forschungserfolge oder Schicksale in diesem Zusammenhang zu berichten. Im Fall von Hepatitis erweist sich diese Art von Kommunikation als effektiv, aber nicht durchschlagend. Wirkungen der schweizweiten Masern-Kampagne lassen sich jedoch nicht von der Hand weisen. These 5: Testverhalten: Hohe Testbereitschaft bei NCD Die Testbereitschaft der Schweizer EinwohnerInnen ist grundsätzlich hoch, insbesondere, wenn ein Erkrankungsrisiko vorausgesetzt wird. Tendenziell möchte man sich eher auf Krankheiten testen lassen, die man durch das eigene Verhalten nur bedingt beeinflussen kann (Krebs, Herz- Kreislauf), so genannte NCDs. Rund um ansteckende Krankheiten herrscht ein vermeintliches Kontroll- und Sicherheitsgefühl vor. Um Testing im Bereich der viralen Erkrankungen zu fördern, müssen die Erkrankungsrisiken und besonders die Gefährdungspotenziale deutlich aufgezeigt werden. Auch könnten Anreize durch Krankenkassen oder andere Systemakteure hier förderlich sein. These 6: Impfschutz: Akzentuiertes Problem, auch wegen Experten-Skepsis Das Solidaritätselement ist in der Kommunikation rund um Impfungen zentral. Gewisse Impfungen hätten Chancen, als obligatorisch deklariert zu werden (Masern), eine generelle Impfpflicht stösst allerdings auf wenig Akzeptanz. Es scheint sinnvoller, mit Argumenten und dem Aufzeigen von Fakten als mit Zwängen Handlungsänderungen herbeizuführen. Das Impfproblem in der Schweiz ist akzentuiert, weil sich relativ breite Skepsis gegenüber Experten auf Einstellungsseite mit geringer Impfdisziplin respektive Nachlässigkeiten auf der Ebene konkreter Handlungen überlagern. Die Fronten in Impffragen sind hart, aber es wächst die Akzeptanz für Impfpflichten und Expertenmeinungen. Eine Schlüsselrolle könnte dem Gesundheitspersonal zukommen, allerdings wird dieses aktuell nicht als Vorbild punkto Impfen wahrgenommen. Auch der offensive Vergleich der Schweiz mit dem Ausland, aber auch die Betonung des Solidaritätsaspektes könnten helfen, die Impfakzeptanz zu steigern. These 7: Reiseveranstalter als Partner in der Virenprävention Die Themenwelt rund um Viren ist medial geprägt, entsprechend dominieren Schreckensgespenster wie Ebola oder Zika das Bild. Neu zeigt sich, dass besonders das Impfverhalten davon beeinflusst wurde, denn wer häufig reist, misst Impfschutz nun höhere Bedeutung zu. Auch werden Informationen zum Impfschutz durch Reiseveranstalter begrüsst. Insofern könnten sie wertvolle Partner bei der Virenprävention sein. 13 2 Einleitung Mandat und Fragestellungen Viren nehmen in der Wahrnehmung von Gesundheitsthemen eine eigene und besondere Rolle ein. Insbesondere wegen HIV haben breite Kreise der Bevölkerung Wahrnehmungen und Bewertungen entwickelt. Aufgefrischt wurde das Bewusstsein um die Gefährlichkeit viraler Erkrankungen jüngst durch den Ausbruch des Ebola-Virus auf dem afrikanischen Kontinent oder auch das Zika-Virus in Brasilien. Zunehmend kontrovers diskutiert werden Impfungen, wie etwa die Debatte über das Epidemiengesetz zeigte, über welches in der Schweiz am 22. September 2013 abgestimmt wurde. Auch das Thema Tamiflu wurde in den Medien breit diskutiert und entwickelte in der Schweiz kritische Reputationsrelevanz für die Pharmabranche. Weitere Innovationen wie die Kombinationstherapien gegen Aids oder Mittel gegen Hepatitis zeigen, dass sich Haltungen und Bewertungen rund um Viren wegen Veränderungen und öffentlichen Diskussionen verändern können. Gilead Sciences Switzerland Sàrl ist im Umfeld eines möglichen Meinungswandels und neuer aufkommender Issues zu Viren an einer Studie interessiert, die systematisch die vorhandenen Haltungen, Bewusstsein und Einstellungen zu Viren und dem Umgang damit beschreibt und die zeitliche Entwicklungen misst. Mit dem Virusbarometer 2016 ist eine dritte Datenreihe generiert worden, so dass zeitliche Entwicklungen erstmals stichhaltig interpretiert werden können. Denn Sicherheit in der Interpretation von Trends wird frühestens mit einer dritten Erhebung gewonnen, weil sich abschätzen lässt, welche Entwicklungen sich als kontinuierlich erweisen und welche situativ zu lesen sind oder waren. Im Rahmen des Virusbarometers sollen weiter wahrgenommene Neuigkeiten und Bewertungen dieser erfasst und beschrieben werden. Im Zentrum stehen nicht nur die eigene Gesundheit und das Risikoverhalten der Befragten, sondern auch die gesellschaftlichen und politischen Dimensionen dieser Fragestellungen. Konkrete Fragestellungen, die als Basis für die Befragung gelten: Zentrale Wertfelder und Wertgegensätze sowie deren zeitliche Entwicklung rund um Viren und die Rolle von Innovationen, der Industrie und des Staats in diesem Kontext. Wie ist der Umgang mit Virenfragen, Impfungen, Tabuthemen wie Fragen zum Sexualverhalten und der Austausch darüber mit der Ärzteschaft sowie die Wahrnehmung der Prävention in diesem Umfeld? Wie gross ist das Bewusstsein der Bevölkerung für Viren und den Umgang in der Bekämpfung und Prävention, wo bestehen Informationsdefizite? Welche Verhaltenstypen lassen sich im Umgang mit Viren unterscheiden und welche Faktoren beeinflussen diese Typologie? Was für politische Haltungen beeinflussen die Einstellungen, wo bestehen konkrete Bedürfnisse nach staatlicher Tätigkeit (beispielsweise Regulierung von Impfungen oder Abklärungen)? Wo steht die Eigenverantwortung im Zentrum? Wie beurteilen SchweizerInnen die staatliche Tätigkeit und die Tätigkeiten der Wirtschaft (Entwicklung, Herstellung, Vertrieb, Verteilung) und der gesellschaftlichen Akteure? Wie glaubwürdig sind die Akteure in Gesundheitsfragen? Wie werden aktuelle Issues im Virus-Bereich (beispielsweise Impfungen, Innovationen, Aids-Bekämpfung, Rolle der Industrie in der 3. Welt, Hepatitis, Tamiflu, Ebola) beurteilt? 14 Fragebogenentwicklung Der Fragebogen, der diese Fragestellungen abdeckt, wurde gemeinsam mit einer Begleitgruppe von Expertinnen und Experten erarbeitet. Eine erste Version wurde 2014 einem Pretest unterzogen und nach leichten Adaptionen schliesslich für die Befragung 2014 verwendet. Die meisten Fragen selbst mit teilweise explizitem Bezug zu sexuell übertragbaren Krankheiten verursachten nicht mehr Probleme als üblich. Die Auskunftsbereitschaft war generell hoch, obwohl die Interviews im Mittel über 20 Minuten dauerten. Für die aktuelle Welle 2016 wurde wiederum die Meinung der Expertinnen und Experten abgeholt, diesmal unter Kenntnis der Resultate aus den ersten beiden Jahren des Monitorings. Die Maxime bei der Überarbeitung des Fragebogens war eine für Monitore übliche; um die Konsistenz des Befragungsinstruments zu gewährleisten, wurde am Fragebogen so wenig wie möglich aber so viel wie nötig geändert. Konkret wurden die Frage zur Einschätzung des medizinischen Fortschritts in gewissen Bereichen und die Frage nach routinemässigen Tests für Risikogruppen gestrichen, weil sie zu wenig Informationsgehalt hatten und von den Befragten äusserst einheitlich beurteilt wurden. Ausgebaut wurde im Gegenzug der Teil zum eigenen Impfverhalten und zur Risikoperzeption. Auch wurden neue virale Erkrankungen, wie Ebola oder Zika, systematisch in den Fragebogen aufgenommen. Datenbasis Die Ergebnisse des Virusbarometer 2016 basieren auf einer repräsentativen Befragung von 1212 erwachsenen EinwohnerInnen der Schweiz. Die Befragung wurde zwischen dem 25. Juli und dem 8. August 2016 von gfs.bern telefonisch durchgeführt. Tabelle 2 Technischer Kurzbericht Virusbarometer 2016 Auftraggeber Gilead Sciences Switzerland Sàrl Grundgesamtheit EinwohnerInnen der Schweiz, die einer der drei Hauptsprachen mächtig sind Stichprobengrösse Total Befragte N = 1209 Erhebungsart CATI Auswahlverfahren at random für Telefonnummern und Haushaltszusammensetzung Befragungsdauer mittlere Befragungsdauer Standardabweichung mittlerer Befragungstag 25. Juli bis 8. August 2016 25.4 Minuten 5.5 Minuten 31. Juli 2016 theoretischer Stichprobenfehler ± 2.9 Prozent bei 50/50 und 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit © gfs.bern, Virusbarometer 2016, Juli/August 2016 Der statistische Fehler bei der Stichprobengrösse von 1209 Befragten beträgt 2.9 Prozent. Anders formuliert liegt bei 1209 Befragten und einem ausgewiesenen Wert von 50 Prozent der effektive Wert mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit zwischen 47.1 und 52.9 Prozent. Werden Aussagen zu kleineren Untergruppen gemacht, erhöht sich der statistische Unschärfebereich. Gerade bei Untergruppenanalysen weist die untersuchte Gruppe schnell weniger als 50 Befragte aus, was bei einem Stichprobenfehler von ± 14 Prozentpunkten eine adäquate Interpretation nahezu verunmöglicht. Deshalb nehmen wir keine Subgruppenanalysen unter 50 Fällen vor. 15 Tabelle 3 Stichprobenfehler Ausgewählte statistische Stichprobenfehler nach Stichprobengrösse und Basisverteilung Fehlerquote Basisverteilung 50% zu 50% 20% zu 80% N= 1000 ± 3.2 Prozentpunkte ± 2.5 Prozentpunkte N= 600 ± 4.1 Prozentpunkte ± 3.3 Prozentpunkte N= 100 ± 10.0 Prozentpunkte ± 8.1 Prozentpunkte N= 50 ± 14.0 Prozentpunkte ± 11.5 Prozentpunkte Lesebeispiel: Bei rund 1000 Befragten und einem ausgewiesen Wert von 50 Prozent liegt der effektive Wert zwischen 50 Prozent ± 3.2 Prozentpunkte, bei einem Basiswert von 20 Prozent zwischen 20 Prozent ± 2.5 Prozentpunkte. Dabei setzt man in der Umfrageforschung zumeist ein Sicherheitsmass von 95 Prozent, das heisst man akzeptiert eine Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 Prozent, dass der nachgewiesene statistische Zusammenhang so in der Bevölkerung nicht vorhanden ist. Stichprobengrösse © gfs.bern, Virusbarometer 2014, August 2014 Das andere Element einer qualitativ hochstehenden Analyse ist die Gewährleistung von Repräsentativität. Repräsentativität bedeutet nichts anderes, als dass jede Person aus der Grundgesamtheit genau die gleiche Chance haben muss, an der Befragung teilnehmen zu können. Werden bei der Stichprobenziehung systematisch Gruppen ausgeschlossen, ist eine Befragung nicht repräsentativ. Wir gewährleisten die Repräsentativität (neben einem ganztägigen Befragungsfenster) in unseren Telefonbefragungen durch ein dreistufiges System: Ausgangslage bildet ein elektronisches Telefonbuch mit allen gemeldeten Telefonanschlüssen der Schweiz (swiss directories). Aus diesen wird nach einem Zufallsprinzip eine Ausgangsstichprobe gebildet. Erfüllt eine Person im Haushalt die Voraussetzung, zur Grundgesamtheit zu gehören, wird die Adresse verwendet. Erfüllen mehrere Personen im Haushalt die Voraussetzung, wird die Person befragt, welche als letzte im Jahr Geburtstag hat. Durch diese zweite Stufe der Zufallsauswahl wird verhindert, dass systematische Gewohnheitseffekte im Telefonverhalten zu einer Stichprobenverzerrung führen. Um wegen unterschiedlicher Erreichbarkeit Verzerrungen vermeiden zu können, werden Maximalquoten für Geschlecht und Alter vorgegeben, welche nicht überschritten werden können. Dieses dreistufige System garantiert eine systematische Zufallsauswahl und damit eine saubere Basis für statistische Auswertungen. Um in allen Sprachregionen genügend Fälle für eine gesicherte statistische Analyse zu erhalten, wurde eine Übergewichtung der italienisch- und französischsprechenden Schweiz vorgenommen. Im Datensatz wurde diese Übergewichtung mittels Gewichtungsfaktoren jedoch wieder rückgängig gemacht. 16 Datenanalyse Die generierten Daten werden zuerst beschreibend analysiert. Dabei werden univariate Häufigkeitsverteilungen in Form von Prozentwerten beschrieben. Zusammenhänge zwischen zwei Variablen, also beispielsweise zwischen Neuigkeiten zum Thema Viren und der Sprachregion, werden mittels Korrelationen gemessen. Das normalerweise verwendete Mass ist der Koeffizient Cramérs V. Der Vorteil dieser Masszahl ist, dass sie unabhängig vom Skalenniveau der Indikatoren verwendet werden kann. Damit bestimmen wir die Stärke des Zusammenhangs. Dieser ist umso stärker, je mehr das Cramérs V von Null differiert. Davon unterscheiden wir die Frage, ob der in der Befragung gefundene und gemessene Zusammenhang auch auf die Grundgesamtheit verallgemeinert werden darf. Hierfür verwendeten wir den üblichen Signifikanztest Chi2. Damit kann man sagen, inwieweit die Untergruppen in sich selbst ein signifikantes unterschiedliches Verhalten an den Tag legen. In der Regel verwendeten wir ein Sicherheitsmass von 95 Prozent. Gilt es, die Zusammenhänge zwischen mehr als zwei Variablen zu bestimmen, kommen multivariate Analysemethoden zum Einsatz: Zur Anwendung kam die Clusteranalyse, ein Verfahren zur Entdeckung von ähnlichen Fällen. Die Clusteranalyse ordnet jede befragte Person einer festen Anzahl Gruppen zu, sodass homogene Gruppen entstehen, die sich aber aufgrund ihres Antwortverhaltens möglichst stark von den anderen unterscheiden. Daneben fand insbesondere die Answer-Tree-Analyse Berücksichtigung. Diese Methode differenziert eine Ausgangspopulation in inhaltlich relevante Teilpopulationen, wo sowohl die Signifikanz des beobachteten Unterschieds wie auch deren Beitrag zur Erklärung der abhängigen Variable ein ordnendes Kriterium darstellt. Die Visualisierung gleicht dabei einem Baum, wobei den primären Ästen am meisten Erklärungskraft zukommt und weitere Äste diese Erklärungskraft verfeinern. 17 3 Befunde Gesundheitszustand und Grundhaltungen zu Gesundheitsfragen Das Interesse der Schweizer Einwohnerschaft an Gesundheitsfragen im Allgemeinen ist hoch aber abnehmend; 79 Prozent geben an, sich mindestens eher für Gesundheitsthemen zu interessieren. Deutlich verschoben haben sich ab 2015 dabei die Anteile weg von starkem hin zu tendenziellem Interesse. Doch nicht nur, denn 2016 ist erstmals auch ein Anstieg des Desinteresses zu verbuchen. Frauen bleiben zwar stärker an Gesundheitsthemen interessiert als Männer (86% vs. 72% eher/sehr interessiert), sind aber stärker vom Trend des abnehmenden Interesses erfasst worden. Bestätigt wird auch der Zusammenhang von Alter und dem Interesse an Gesundheitsthemen, wobei hier die jüngsten Befragten am stärksten vom abnehmenden Trend erfasst worden sind. Interessierten sich unter 40-Jährige 2015 noch mehrheitlich für Gesundheitsthemen, sind es 2016 nur noch 38% (-23 %-punkte). Nach Sprachregionen betrachte fällt 2016 besonders die Romandie auf; das Interesse an Gesundheitsthemen ist dort klar geringer als in der Deutschschweiz (67% vs. 83% eher/sehr interessiert). Das ist neu, denn bisher fanden sich diesbezüglich keine signifikanten Unterschiede. Grafik 9 Trend Interesse an Gesundheitsthemen "Wie stark sind Sie an Gesundheitsthemen interessiert: Sind Sie persönlich sehr interessiert, eher interessiert, eher nicht interessiert oder überhaupt nicht interessiert?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren 3 3 14 13 3 17 überhaupt nicht interessiert 1 eher nicht interessiert 41 49 48 weiss nicht/keine Antwort eher interessiert 42 35 31 sehr interessiert Juli/August 2014 Juli/August 2015 Juli/August 2016 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Parallel zum leicht sinkenden Interesse hat sich auch die Einschätzung des eigenen Gesundheitszustandes etwas verschlechtert. Immer mehr EinwohnerInnen beschreiben ihren Gesundheitszustand nur noch als mittelmässig. Die deutliche Mehrheit beschreibt den eigenen Gesundheitszustand jedoch nach wie vor mindestens als eher gut. 18 Bestehen bleiben deutliche sozioökonomische Effekte. Die tiefsten Einkommens- und Bildungsschichten beurteilen ihren Gesundheitszustand signifikant schlechter als die höheren. Und auch in diesem Punkt finden sich sprachregionale Besonderheiten, allerdings ist hier das Tessin auffällig. TessinerInnen schätzen den eigenen Gesundheitszustand schlechter ein als die Romands oder DeutschschweizerInnen. In ärztlicher Behandlung war im vorangehenden Monat der Befragung allerdings nur eine stabile Minderheit der Befragten. Es zeigen sich allerdings klare Alterseffekte. Der Wendepunkt wäre bei 50 Jahren anzusetzen: Davor geht man unterdurchschnittlich häufig zum Arzt, danach überdurchschnittlich häufig. Doch selbst unter den ältesten Befragten gibt mit 37 Prozent lediglich eine Minderheit an, jüngst in ärztlicher Behandlung gewesen zu sein. Grafik 10 Trend Gesundheitszustand Trend Ärztliche Behandlung letzte 4 Wochen "Wie würden Sie im Grossen und Ganzen Ihren momentanen Gesundheitszustand beschreiben?" "Sind Sie in den letzten vier Wochen in ärztlicher Behandlung gewesen?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren 21 9 11 11 21 14 weiss nicht/keine Antwort Nein sehr schlecht 46 46 43 schlecht 74 72 72 weiss nicht/keine Antwort mittelmässig gut 42 41 40 sehr gut Juli/August 2014 Juli/August 2015 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Juli/August 2016 1 25 Juli/August 2014 28 Juli/August 2015 28 Ja Juli/August 2016 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Regelmässige Gesundheitschecks erachten dennoch 72 Prozent der Befragten für sich selbst als wichtig, für Risikogruppen wird solchen mit 95 Prozent gar eine beinahe flächendeckende Wichtigkeit zugeschrieben. Beide Einschätzungen erweisen sich dabei als zeitlich stabil. Ebenso sind verschiedene Messlatten für einen selbst und Risikogruppen ein konstantes Phänomen. Interessant ist dabei, dass Männer, die sich klar weniger deutlich für Gesundheitsfragen interessieren als Frauen, Gesundheitschecks tendenziell wichtiger einstufen als Frauen. Und auch in dieser Frage ist eine deutliche Abhängigkeit der Angaben vom Alter zu beobachten, wobei hier 30 Lebensjahre die Grenze darstellen: Bis 30 findet man Gesundheitschecks für sich selbst signifikant weniger wichtig als danach. Zwischenzeitlich geben nur noch minderheitliche 47 Prozent der jüngsten Befragten an, Gesundheitschecks für sich selber wichtig zu finden (2015-2016: -15%-punkte). Gegenüber 2014 ist der aktuelle Wert allerdings nur leicht rückläufig, so dass eher der Vorjahreswert als speziell hoch zu beschreiben ist (2014: 50%). Erneut bestätigt wird das Betroffenheitsmuster, denn wer seinen eigenen Gesundheitszustand als schlecht einstuft oder unlängst beim Arzt war, findet solche Gesundheitschecks auch wichtiger. Und je häufiger man ins Ausland reist, umso deutlicher betont man die Wichtigkeit solcher regelmässigen Tests. Für Gesundheitschecks bei Risikogruppen erodieren die meisten dieser Unterschiede in den Einschätzungen und grosse Mehrheiten der Schweizer EinwohnerInnen erachten diese als mindestens eher wichtig. Keine einzige untersuchte Untergruppe fällt hier unter die 90 Prozent-Marke. Spannend ist die Frage, ob diese grundsätzliche Haltung auch in Handlungsbereitschaft mündet. Für HIV und Krebs ist das gegeben, doch würden sich selbst 19 EinwohnerInnen, die Gesundheitschecks unwichtig finden, in diesen beiden Fällen bei Verdacht auf einen Erkrankung2 mehrheitlich testen lassen. Für Hepatitis und Herz-/Kreislauferkrankungen gilt dies tendenziell auch, aber wer Gesundheitschecks grundsätzlich überhaupt nicht wichtig findet, ist gespalten in Bezug auf die Testbereitschaft zu diesen Krankheiten. Wenn es um Ebola, Grippe oder Zika geht, würden nur jene EinwohnerInnen sich mehrheitlich testen lassen, die Gesundheitschecks wichtig finden. Wer sie dagegen überhaupt nicht wichtig findet, würde mehrheitlich keinen Test machen. Regelrechte Fronten finden wir in Bezug auf das Impfen. Wer Gesundheitschecks grundsätzlich wichtig findet, verfügt mehrheitlich über einen aktuellen Impfschutz. Wer dagegen findet, solche Gesundheitschecks seien unwichtig, verfügt in der Mehrheit über keinen aktuellen Impfschutz. Grafik 11 Wichtigkeit regelmässige Gesundheitschecks Trend Wichtigkeit regelmässige Gesundheitschecks "Wie wichtig finden Sie einen regelmässigen Gesundheitscheck insgesamt für ...?" "Wie wichtig finden Sie einen regelmässigen Gesundheitscheck insgesamt für ...?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, sehr/eher wichtig 94 ... Risikogruppen 63 32 70 ... sich selbst 26 46 1 94 95 73 72 2 21 21 ... Risikogruppen 6 ... sich selbst sehr wichtig eher wichtig weiss nicht/keine Antwort eher nicht wichtig überhaupt nicht wichtig Juli/August 2014 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = 1209) Juli/August 2015 Juli/August 2016 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Die grundsätzliche Wichtigkeit, die Schweizer EinwohnerInnen Gesundheitschecks beimessen, darf nach wie vor nicht als Freipass für obligatorische Tests verstanden werden. Solche stossen nämlich tendenziell auf Ablehnung; nur ein Drittel der Befragten könnte sich solche grundsätzlich vorstellen. Die Mehrheit neigt zu Gesundheitschecks nur bei Verdacht (Mittelwert 4.3), wenn man sie nach ihren grundsätzlichen Präferenzen im Gesundheitswesen fragt. Auffallend sind auch in diesem Punkt die TessinerInnen, die sich als einzige Untergruppe mehrheitlich für obligatorische Gesundheitstests aussprechen (52%). Ansonsten bleibt es dabei, dass die Präferenzordnung zu grundsätzlichen Haltungen rund um die Gesundheitsversorgung einen starken Status-quo-Bias kennt und die Präferenzen von Eigenverantwortung geprägt sind. Dies äussert sich etwa auch in der Gegenüberstellung einer Impfpflicht für gewisse Gruppen gegen den freien Entscheid jedes einzelnen. Eine staatliche Impfpflicht stösst auf wenig Unterstützung, man bevorzugt eine Gesellschaft, in der das Impfen ein Entscheid eines jeden Einzelnen ist (Mittelwert 5.8). Noch greifbarer wird die Ablehnung staatlicher Einmischung bei der Frage ob man zum Schutz vor viralen Erkrankungen eher auf Eigenverantwortung oder auf staatliche Prävention setzt. Der Befund ist deutlich: Die klare Mehrheit der Befragten wünscht keine staatliche Prävention zum Schutz vor viralen Erkrankungen und setzt auf Eigenverantwortung (Mittelwert 5.9). Die Präferenzen hinsichtlich der Kosten der Produkte für die medizinische Versorgung fallen relativmehrheitlich zugunsten einer Gesundheitsversorgung, die auf innovative, teure Produkte setzt (Mittelwert 5.3) aus. Fast ein Viertel der Befragten platziert sich in dieser Frage allerdings in der Mitte und wünscht sich somit eine gesunde Mischung von beidem. Abweichend vom Mainstream und 2 siehe auch Kapitel 3.4 Risikoperzeption und Testverhalten 20 leicht in Richtung bewährte und günstige Produkte neigen tiefste Einkommen (MW 4.7) und EinwohnerInnen die auf dem Land leben (MW 4.8). Grafik 12 Wünsche Gesundheitsversorgung "Was für eine Gesundheitsversorgung wünschen Sie sich grundsätzlich? Bitte sagen Sie mir auf einer Skala von 0 bis 10, was Ihnen lieber ist. Mit den Werten dazwischen können Sie Ihre Meinung abstufen." in Mittelwerten EinwohnerInnen ab 18 Jahren 5.9 staatliche Prävention Eigenverantwortung 0 2 4 6 8 10 6 8 10 6 8 10 6 8 10 5.8 Impflicht 0 2 4 Entscheid jedes Einzelnen 5.3 bewährt und günstig innovativ und teuer 0 2 4 4.3 bei Verdacht untersuchen 0 2 4 obligatorische Gesundheitschecks © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Interessant sind hier die zeitlichen Entwicklungen, denn es findet sich eine gewisse Dynamik in diesen Einschätzungen. Stabil präsentiert sich einzig der Mittelwert zur Präferenz zwischen staatlicher Prävention und Eigenverantwortung. Weniger fest untermauert als zu Beginn der Studienreihe ist dagegen die Ansicht, dass Impfen ein Entscheid jedes Einzelnen sein soll. Dieser Mittelwert hat sich am stärksten verändert und nähert sich der Mitte-Position an. Ebenfalls gegen die Mitte hinbewegt, respektive die Mittellinie überschritten, haben die Präferenzen in der Produktefrage. Waren die Schweizer EinwohnerInnen 2014 noch mehrheitlich auf der Seite günstiger und bewährter Produkte, so hat der Wind ab 2015 zugunsten innovativer, teurer Produkte gedreht. Möglich, dass die Diskussion um die Qualität von Generika Spuren hinterlassen hat. Schwankend erweisen sich die Mittelwerte in der Frage, ob Gesundheitschecks obligatorisch sein sollten oder man sich nur bei Verdacht untersuchen lassen solle. 2016 hat sich der Wert – nach einer Polarisierung gegen obligatorische Tests im Vorjahr – wieder näher zu Mitte hinbewegt. 21 Grafik 13 Trend Wünsche Gesundheitsversorgung "Was für eine Gesundheitsversorgung wünschen Sie sich grundsätzlich? Bitte sagen Sie mir auf einer Skala von 0 bis 10, was Ihnen lieber ist. Mit den Werten dazwischen können Sie Ihre Meinung abstufen." in Mittelwerten EinwohnerInnen ab 18 Jahren 6.6 6.0 4.6 staatliche Prävention vs. Eigenverantwortung 6.1 5.8 5.9 5.8 5.2 5.3 4.3 4.3 3.9 Juli/August 2014 Impfpflicht vs. Entscheid jedes Einzelnen bewährt und günstig vs. innovativ und teuer Juli/August 2015 Juli/August 2016 bei Verdacht untersuchen vs. obligatorische Gesundheitschecks © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) 3.1.1 Zwischenbilanz Eine klare Mehrheit der Schweizer EinwohnerInnen interessiert sich für Gesundheitsfragen, das Interesse ist 2016 allerdings erstmals merklich rückläufig. Parallel dazu wird auch der eigene Gesundheitszustand erstmals schlechter eingestuft. Doch gilt auch hier; die allermeisten beschreiben ihren Gesundheitszustand als gut bis sehr gut. Was bleibt sind eindeutige Schichteffekte in beiden Fragen; die tiefsten Einkommens- und Bildungsschichten beurteilen ihren Gesundheitszustand signifikant schlechter als die höheren, interessieren sich aber auch weniger für Gesundheitsfragen. In ärztlicher Behandlung war im vorangehenden Monat der Befragung allerdings nur eine stabile Minderheit der Befragten. Regelmässige Gesundheitschecks erachten dennoch annähernd drei Viertel der Befragten für sich selbst als wichtig und für Risikogruppen erst recht. Bemerkenswert ist, dass sich tendenziell jene Gruppen, die sich weniger für Gesundheitsfragen interessieren, deutlicher für regelmässige Gesundheitschecks aussprechen. Das gilt beispielsweise für Männer oder EinwohnerInnen unter 30 Jahren. Für HIV und Krebs mündet die grundsätzliche Haltung zu Gesundheitschecks auch in konkrete Handlungsabsichten; selbst EinwohnerInnen, die Gesundheitschecks unwichtig finden, würden sich bei Verdacht auf einen Erkrankung3 mehrheitlich testen lassen. Für Hepatitis und Herz-/Kreislauferkrankungen gilt dies tendenziell auch. Wenn es um Ebola, Grippe oder Zika geht würden nur jene EinwohnerInnen sich mehrheitlich testen lassen, die auch Gesundheitschecks wichtig finden. Die Betonung der Wichtigkeit von Gesundheitschecks darf nicht als Votum für obligatorische Tests verstanden werden. Solche stossen nämlich mit wenigen Ausnahmen auf Ablehnung. Überhaupt wird grundlegenden Änderungen im Schweizer Gesundheitswesen skeptisch begegnet und die Präferenzen sind von 3 siehe auch Kapitel 3.4 Risikoperzeption und Testverhalten 22 Eigenverantwortung bestimmt. Beispielsweise wünscht die klare Mehrheit der Befragten keine staatliche Prävention zum Schutz vor viralen Erkrankungen. In Bezug auf ein Masern-Impfobligatorium allerdings entwickeln sich die Präferenzen eher Richtung breiterer Akzeptanz. Interessant sind hier die zeitlichen Entwicklungen, denn es findet sich eine gewisse Dynamik in diesen Einschätzungen. Stabil präsentiert sich einzig der Mittelwert zur Präferenz zwischen staatlicher Prävention und Eigenverantwortung. Weniger fest untermauert als zu Beginn der Studienreihe ist dagegen die Ansicht, dass Impfen ein Entscheid jedes Einzelnen sein soll. Dieser Mittelwert hat sich am stärksten verändert und nähert sich der Mitte-Position an. 2014 war dies noch jene der vier getesteten Haltungen, die am stärksten Richtung Eigenverantwortung zielte. Information und Prävention Staatliche Einmischung in Gesundheitsfragen mag grundsätzlich auf wenig Unterstützung stossen, es scheint allerdings auf die Form anzukommen, denn die Zustimmung zu Aufklärung und Prävention in Schulen fällt mit 93 Prozent hoch aus. Doch nicht nur der Staat, auch privatwirtschaftliche Akteure sollen informieren. Eine zwingende Mitlieferung von Informationen zu Impfungen bei Reisebuchungen halten 92 Prozent der Befragten für eine gute Idee. Doch auch Krankenkassen und die Pharmaindustrie werden zunehmend als relevante Informationsstellen angesehen, denn deutliche Mehrheiten wären damit einverstanden, dass Krankenkassen Anreize für Impfungen und Gesundheitschecks schaffen respektive der Staat die Industrie möglichst frei über Neuerungen informieren lässt. Diese Ansichten werden von sämtlichen Untergruppen mehrheitlich geteilt. Und 2016 zeigt sich, dass mit einer Ausnahme sämtliche Informationstätigkeiten eine höhere Akzeptanz als in den Vorjahren geniessen. Mit anderen Worten ist staatliche Tätigkeit rund um Information breit akzeptiert, konkrete Handlungsanweisungen oder gar Obligatorien, stossen jedoch auf ebenso breiten Widerstand. Bemerkenswert bleibt dabei, dass trotz dieses grundsätzlichen Einverständnisses für präventive Massnahmen, die Wirksamkeit von Kampagnen angezweifelt wird – sowohl in genereller Hinsicht als auch in Bezug auf die eigene Verhaltensbeeinflussung durch AIDS-Kampagnen. Immerhin findet sich 2016 erstmals eine knappe Mehrheit die angibt, ihr eigenes Verhalten sei durch AIDS-Kampagnen beeinflusst worden. Dass jedoch Kampagnen gemeinhin wirkungslos verpuffen, bejaht mit 48 Prozent nach wie vor fast die Hälfte der Befragten. Beide Kampagnen-Aussagen polarisieren. So zeigen sich Frauen in Bezug auf die Wirkung von Kampagnen kritischer aber auch ältere Menschen im Vergleich zu jüngeren. Zudem zeigen sich deutliche Schichteffekte; denn während Mehrheiten der Tief- und Mittelgebildeten bejahen, dass Kampagnen wirkungslos verpuffen, sehen das Hochgebildete anders. Gleiches zeigt sich für das Haushaltseinkommen. Am ehesten erreicht man demzufolge bereits involvierte oder informierte Personen damit und nicht jene, auf die man eigentlich abzielt. Diesen Umstand haben auch Kampagnenspezialisten erkannt; sie beschreiten innovative, neue Wege, wie beispielsweise Prostata-Sensibilisierungs-Kampagnen auf Frauentoiletten. Sprachregional betrachtet ist das Tessin auffällig; der Glaube an Kampagnenwirkungen ist dort klar geringer als in der Deutschschweiz und der Romandie (DCH: 47%, FCH: 45%, ICH: 78% eher/sehr einverstanden). Alle übrigen Unterschiede in den Untergruppen sind gradueller Natur und die Mehrheiten liegen wie im Gesamten nicht eindeutig. Auch in der Frage der Verhaltensbeeinflussung durch AIDS-Kampagnen scheiden sich die Geister. Es finden sich beispielsweise deutliche Generationeneffekte: Jüngere Befragte geben mehrheitlich an, dass AIDS-Kampagnen ihr Verhalten beeinflusst hätten, während ältere dies verneinen (z.B. 30- bis 39-Jährige 69%, 23 70+-Jährige 26% eher/sehr einverstanden). Den Wendepunkt bilden Befragte ab 60 Jahren, denn dort kippen die Mehrheitsverhältnisse. Zudem zeigen sich Schichteffekte, denn mit dem Einkommen und dem Bildungsstand steigt auch das Einverständnis mit der Aussage, dass das eigene Verhalten von AIDS-Kampagnen beeinflusst worden sei. Nachdem sich die Angaben zwischen 2014 und 2015 nur unwesentlich verändert haben, fällt 2016 die generell erhöhte Zustimmung auf. Mit Ausnahme der Aussage zur Kampagnenwirkung erhalten 2016 alle Präventivmassnahmen mehr Zustimmung als in den Vorjahren. Die Akzeptanz von Informationstätigkeiten wurde damit auf hohem Niveau nochmals gesteigert und zwar unabhängig vom informierenden Akteur. Den deutlichsten Anstieg haben wir dabei für die Pharmaindustrie zu verbuchen. Grafik 14 Trend Aussagen zur Information und Bekämpfung von Krankheiten "Ich nenne Ihnen jetzt einige Aussagen, was die Gesellschaft machen kann zur Information über Krankheiten und der Bekämpfung von Krankheiten. Sagen Sie mir, ob Sie damit voll einverstanden, eher einverstanden, eher nicht einverstanden oder überhaupt nicht einverstanden sind." Aufklärung und Prävention in den Schulen "In den Schulen soll aktiv und früh Aufklärung zur Prävention von übertragbaren Krankheiten gemacht werden." Impfempfehlung bei Reisebuchung "Beim Buchen von Reisen sollen zwingend Empfehlungen über Impfungen mitgeliefert werden." Krankenkassen aktiv Anreize schaffen "Die Krankenkassen sollten aktiv für Impfungen und Gesundheitschecks Anreize schaffen." frei informierende Pharmaindustrie "Der Staat soll die Pharmaindustrie möglichst frei informieren lassen, damit ich rasch über Neuerungen informiert bin." Verhaltensbeeinflussung durch AIDS-Kampagnen "Die AIDS-Kampagnen haben mein eigenes Verhalten beeinflusst." Kampagnen wirkungslos "Die meisten Kampagnen verpuffen wirkungslos." in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, sehr/eher einverstanden 90 64 60 48 47 89 93 92 71 70 64 59 50 47 56 48 Aufklärung und Prävention in den Schulen Impfempfehlung bei Reisebuchung Krankenkassen aktiv Anreize schaffen frei informierende Pharmaindustrie Verhaltensbeeinflussung durch AIDS-Kampagnen Kampagnen wirkungslos Juli/August 2014 Juli/August 2015 Juli/August 2016 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Neben Präventivmassnahmen sind Ansprechpersonen für den Ernstfall und das Vertrauen in solche zentral. Wer von den Befragten schon einmal mit Gesundheitsproblemen konfrontiert war – und das betrifft die grosse Mehrheit der Befragten – bespricht diese, gerade in heiklen Fällen, nach wie vor am liebsten mit dem Hausarzt oder der Partnerin oder dem Partner. Beiden Personen wird stabiles und klarmehrheitliches Vertrauen entgegengebracht, was in leicht abgeschwächter Form auch für Apotheker und Gesundheitsfachpersonen aus dem eigenen Umfeld gilt. Diese vier Akteure geniessen in sämtlichen Untergruppen mehrheitliches Vertrauen. Mehrheitliches Vertrauen geniessen zudem Drogisten, doch nicht flächendeckend; während der Drogist für EinwohnerInnen der Deutschschweiz eindeutig eine vertrauenswürdige Anlaufstelle bei Gesundheitsproblemen darstellt (59%), ist dies bei Befragten aus dem Tessin auch der Fall (51%), bei solchen aus der Romandie dagegen mehrheitlich nicht (35%). Diesen Befund finden wir zum wiederholten Mal bestätigt und er verweist auf eine andere Rolle des Drogisten in der französischsprachigen Schweiz. Das hohe Vertrauen in den Hausarzt eint alle untersuchten Untergruppen, ebenso wie das Vertrauen in den eigenen Partner in allen Untergruppen mehrheitlich gegeben und damit intakt ist, wenn es um heikle Gesundheitsfragen 24 geht. Gleiches gilt für den Apotheker und Gesundheitsfachpersonen aus dem persönlichen Umfeld; namhaft kritische Gruppen finden sich keine. Das Vertrauen in Telefonauskünfte von Krankenkassen ist zwischenzeitlich wieder relativmehrheitlich gegeben, in gewissen Untergruppen jedoch bleiben kritische Haltungen mehrheitlich. So etwa bei älteren EinwohnerInnen oder solchen aus tieferen sozialen Schichten. Aber es gibt auch Gruppen, die Telefonauskünften der Kassen hohes Vertrauen entgegenbringen; beispielsweise EinwohnerInnen aus urbanen Siedlungsräumen oder solche aus dem Tessin aber auch apolitische Befragte oder solche unter 60 Jahren. Grafik 15 Trend Vertrauen Personen und Institutionen "Es gibt manchmal Gesundheitsprobleme oder Gesundheitsfragen über die man nicht mit allen Personen sprechen möchte. Falls Sie schon solche Situationen erlebt haben, sagen Sie mir bitte für die nachfolgenden Personen und Institutionen, ob Sie Ihnen sehr vertrauen, eher vertrauen, eher nicht vertrauen oder überhaupt nicht vertrauen, wenn es um ein sehr persönliches Gesundheitsproblem geht." in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, vertraut sehr/eher 94 85 81 78 93 94 84 82 80 79 74 76 53 51 44 54 42 6 Juli/August 2014 Partnerin/Partner Apotheker 54 Gesundheitsfachperson im Bekannten- oder Verwandtenkreis 48 Drogist 44 41 22 Hausarzt Gesundheits-Telefon-Auskunft der Krankenkasse Krankenkasse 20 19 7 7 Juli/August 2015 Juli/August 2016 Online-Foren oder Online-Chats von Betroffenen Soziale Medien wie Facebook oder Twitter © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Das Vertrauensverhältnis Krankenkassen gegenüber bleibt gespalten. Tief gebildete, AusländerInnen, ICH, schlechter Gesundheitszustand: 44 Prozent äussern Vertrauen, 45 Prozent Misstrauen. Doch gibt es auch hier Ausnahmen. TessinerInnen etwa vertrauen Krankenkassen hochgradig (84% vertraut eher/sehr) und auch unter EinwohnerInnen mit tiefem Bildungsstand ist das Vertrauen mehrheitlich intakt (52%). Ansonsten findet sich jedoch in allen Untergruppen ein gespaltenes Vertrauensverhältnis Krankenkassen gegenüber bestätigt. Was die Befragten wiederum über alle untersuchten Subgruppen hinweg eint, ist ein grundlegendes Misstrauen in Institutionen des Internets bei intimen Gesundheitsfragen, etwa die hier befragten Online-Foren oder Soziale Medien. Zwar sind Altersabhängigkeiten bei den Institutionen des Internets nicht von der Hand zu weisen, doch selbst ganz Junge vertrauen diesen Kanälen nur klar minderheitlich (z.B. 18-29-Jährige: 11%, 70+-Jährige: 4% vertraut Sozialen Medien eher/sehr). Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Internets sind aber in Gesundheitsfragen nicht persistent, denn wenn es um Informationsbeschaffung geht, geniesst das Internet eine gewisse Relevanz. Allerdings eine kontinuierlich abnehmende, denn 2016 kippen die Mehrheitsverhältnisse erstmals und Internetseiten wie Wikipedia werden nur noch von einer Minderheit als wirkungsvolle Quellen zum Schutz gegen Krankheiten angesehen. 47 Prozent widersprechen dem. Interessant ist dabei, dass Befragte mittleren Alters weniger kritisch urteilen als ganz junge oder ganz alte Befragte. So befinden beispielsweise 64 Prozent der 40-4925 Jährigen Internetseiten als wirksame Informationsquellen, jedoch nur 39 Prozent der 18-29-Jährigen. Die Beurteilung der Wirksamkeit von Internetseiten wie Wikipedia hängt zudem vom sozialen Status ab: Je mehr jemand verdient und je höher die Schulbildung ist, desto mehr glaubt man an die Wirksamkeit von Internetseiten. Regional gesprochen zeigt sich die Romandie am affinsten für Informationen aus dem Web (DCH: FCH: 55%, ICH: 46% eher/sehr wirksam). Der zweiten hier befragten und internetbasierten Informationsquelle, YouTubeVideos, schreiben die Befragten mehrheitlich keine Wirkung zu (67% eher/sehr wirkungslos). Darin sind sich sämtliche Untergruppen einig. Selbst unter den jüngsten Befragten überwiegt die Skepsis eindeutig. Ein Fünftel glaubt an die Wirkung solcher Videos und dieser Wert hält sich stabil. Die Relevanz von Internetkanälen bleibt damit beschränkt, denn auch als Informationsquelle wird mit grossem Abstand am häufigsten und stabil der Hausarzt genannt, gefolgt von Broschüren, die bei ihm oder beim Apotheker des Vertrauens aufliegen. Einen ähnlichen Stellenwert erlangen aber auch Gespräche im persönlichen Umfeld, die von über drei Viertel als wirksame Informationsquelle taxiert werden. Und auch Zeitungsartikel zählen zu dieser Gruppe der hochwirksamen Informationskanäle. Bemerkenswert sind die Trends in den Altersgruppen. Während Wikipedia bei den jüngeren Befragten über die letzten drei Jahre hinweg Vertrauenseinbussen zu verzeichnen hat, ist bei Zeitungsartikeln das Gegenteil der Fall. Stabil sind die Vertrauenswerte zu beiden Kanälen in den Altersgruppen über 40. Anders formuliert haben internetbasierte Informationsportale bei den stärksten Nutzern an Vertrauen verloren, was dem Wert klassischer Medienkanäle in dieser Altersgruppe Aufwind verschaffte. Mit Plakaten im öffentlichen Raum erreicht man immerhin noch mehr als die Hälfte und das ist klar mehr als mit TV-Spots. TV-Spots eignen sich dabei eher für ein älteres Publikum, während Plakate im öffentlichen Raum gerade auch von Jungen mehrheitlich als (eher) wirksam beschrieben werden. Grafik 16 Trend Wirksamkeit Informationsquellen "Sagen Sie mir, als wie wirksam sie Informationen von folgenden Quellen beurteilen, wenn es darum geht, wie sie sich gegen Krankheiten schützen können. Beurteilen Sie die Quellen als sehr wirksam, eher wirksam, eher wirkungslos oder sehr wirkungslos?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, sehr/eher wirksam mündliche Informationen des Hausarztes Broschüren, die beim Hausarzt/in der Apotheke aufliegen Gespräche im persönlichen Umfeld 93 93 95 76 74 71 77 76 72 57 58 Zeitungsartikel 45 43 Plakate im öffentlichen Raum 64 56 51 47 53 47 TV-Spots 19 20 19 Internetseiten wie Wikipedia Youtube-Videos Juli/August 2014 Juli/August 2015 Juli/August 2016 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) 26 So erweist sich der Hausarzt als die Schlüsselfigur, wenn es um vertrauliche Inhalte sowie Informationen genereller Natur geht und auch das eigene Umfeld gehört zu den wirksamsten Quellen der Information. Darüber hinaus erweisen sich Print-Produkte (Broschüren, Zeitungsartikel) als relevant, weniger jedoch elektronische Kanäle. In Gesundheitsfragen ist der persönliche und direkte Austausch wichtig, wenn man etwas bewirken möchte. Die Einschätzungen zur Wirksamkeit von Informationen zum Schutz gegen Krankheiten sind über die Zeit betrachtet grösstenteils stabil. Zwei Entwicklungen lass sich jedoch ablesen; Internetseiten verlieren an Wirksamkeit und Zeitungen werden wieder als wichtiger erachtet als auch schon. Neben dem Vertrauen scheint in der Beurteilung verschiedener Personen und Institutionen die Einfachheit des Zugangs eine Rolle zu spielen. Und in dieser Frage punkten der eigene Partner und das Internet, die vom Sofa aus konsultiert werden können. Internet-Institutionen bestechen durch einfachen Zugang in vermeintlich anonymen Rahmen, das Vertrauen in Informationen aus dem Netz ist aber dünn, wenn es um sehr persönliche Gesundheitsprobleme geht. 3.2.1 Zwischenbilanz Obwohl die grundlegenden Präferenzen in Gesundheitsfragen in der Schweiz eher wenig auf staatliche Intervention gemünzt sein mögen, wird Präventionsarbeit in Schulen durchaus breit begrüsst. Überhaupt scheint Informationsarbeit willkommen zu sein, denn auch die Abgabe von Informationen zu Impfschutz bei der Buchung einer Reise wird annähernd flächendeckend begrüsst. Zudem werden zunehmend auch Krankenkassen und die Pharmaindustrie als Informationsstellen in Betracht gezogen. Mit anderen Worten ist staatliche Tätigkeit rund um Information breit akzeptiert, konkrete Handlungsanweisungen oder gar Obligatorien, stossen jedoch auf ebenso breiten Widerstand. Der Glaube an die Wirksamkeit solcher Kampagnen und Informationstätigkeiten hält sich allerdings in Grenzen; nicht zuletzt, weil damit tendenziell bereits informierte Kreise am ehesten solche auch wahrnehmen. Nachdem sich die Angaben zwischen 2014 und 2015 nur unwesentlich verändert haben, fällt 2016 die generell erhöhte Zustimmung auf. Mit Ausnahme der Aussage zur Kampagnenwirkung erhalten 2016 alle Präventivmassnahmen mehr Zustimmung als in den Vorjahren. Die Akzeptanz von Informationstätigkeiten wurde damit auf hohem Niveau nochmals gesteigert und zwar unabhängig vom informierenden Akteur. Den deutlichsten Anstieg haben wir dabei für die Pharmaindustrie zu verbuchen. Neben Präventivmassnahmen sind Ansprechpersonen für den Ernstfall und das Vertrauen in solche zentral. Der Hausarzt ist und bleibt hier die zentrale Figur, aber auch dem Lebenspartner, Apotheker und Gesundheitsfachpersonen aus dem eigenen Umfeld wird mehrheitlich Vertrauen entgegengebracht. 2016 wieder etabliert ist das Vertrauen in Telefonauskünfte von Krankenkassen obwohl älteren EinwohnerInnen oder solchen aus tieferen sozialen Schichten skeptisch bleiben. Das Vertrauensverhältnis Krankenkassen gegenüber bleibt insgesamt gespalten. Internet-Institutionen bestechen durch einfachen Zugang in vermeintlich anonymen Rahmen, das Vertrauen in Informationen aus dem Netz ist aber dünn. Nicht nur für Konsultationen im Ernstfall, auch zur reinen Informationsbeschaffung ist stabil der Hausarzt die wichtigste Quelle gefolgt von Broschüren, Gesprächen im persönlichen Umfeld und Zeitungen. Mit Plakaten im öffentlichen Raum erreicht man immerhin noch mehr als die Hälfte und das ist klar mehr als mit TV-Spots. 27 Eine direkte, auf Vertrauen basierende Beziehung ist bei persönlichen Gesundheitsproblemen ein wichtiges Kriterium für den Austausch darüber, geht es jedoch um reine Informationsbeschaffung ist dies keine zwingende Voraussetzung für eine Konsultation. Doch spielt auch die Einfachheit des Zugangs zu Information eine Rolle. Neuigkeiten zum Thema Viren Nach drei Jahren der Untersuchung erhält man ein Gefühl dafür, was als erhöhte Aufmerksamkeit in einem spezifischen Thema gilt und was eher als Grundrauschen der Kommunikation zu beschreiben ist. Im vorliegenden Fall ist dies allerdings erschwert, weil es gar nie eine "normale" Phase gab. Seit dem Ausbruch des Ebola-Virus in Afrika 2014 ist die Themenwahrnehmung zu Viren selbstredend erhöht. Durch das Zika-Virus bleibt die Themenlage auch 2015 und 2016 angeheizt. Entsprechend finden wir relativ konstante Anteile von EinwohnerInnen, die sich an Neuigkeiten zum Thema Viren erinnern können. 2016 waren es durchschnittlich 38 Prozent der Befragten, womit stabil eine Mehrheit keine Neuigkeiten erinnert. Die Wahrnehmung von Neuigkeiten rund um Viren ist bei älteren Menschen klar höher als bei jüngeren (bspw.: 18-29-Jährige: 20%, 70+-Jährige: 44%) und sie steigt mit dem Einkommen und der Bildung an. Diesen Umstand finden wir jedoch unabhängig vom konkret erfragten Themenbereich immer wieder vor und er erklärt sich eher durch die höhere Medienaffinität höherer sozialer Schichten. Weiter ist die Sensibilität für Neuigkeiten rund um Viren in der Deutschschweiz (41%) als in den anderen beiden Landesteilen (FCH: 32%, ICH: 9%), wobei sie im Tessin so tief wie nie ausfällt. Grafik 17 Trend Neuigkeiten Thema Viren letzte 12 Monate "Haben Sie in den letzten zwölf Monaten Neuigkeiten rund um das Thema Viren in der Schweiz gehört, gesehen oder gelesen?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren Nein 58 57 59 weiss nicht/keine Antwort 2 40 Juli/August 2014 7 3 36 38 Juli/August 2015 Ja Juli/August 2016 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Auf die Frage was genau man denn zum Thema Viren gehört, gelesen oder gesehen habe, wird 2016 mit Abstand am häufigsten das Zika-Virus genannt. Die 28 Hälfte aller EinwohnerInnen, die sich überhaupt an Neuigkeiten erinnern, hat etwas im Zusammenhang mit dem Zika-Virus gelesen, gehört oder gesehen. Nie zuvor in der Untersuchungsreihe war ein Thema dermassen dominant. Konkret erinnern sich Befragte am häufigsten einfach an das Zika-Virus generell oder Mücken, Insekten und Fliegen. Häufig wird Brasilien oder die Olympiade im gleichen Atemzug genannt und auch die Assoziation zu Babys respektive schwangeren Frauen findet sich oft. Erinnert werden am Rande auch Neuigkeiten von ZikaInfektionen in anderen Ländern und die Gefahr einer weltweiten Epidemie. Neuigkeiten zu anderen spezifischen Krankheiten werden am zweithäufigsten erinnert. Am präsentesten sind in diesem Themenblock Nennungen von Zecken(-viren), Meningitis und Masern. Der Abstand zum erstplatzierten Zika-Virus zeigt, wie sehr die Themenlage 2016 von diesem Virus bestimmt wird. Auf dem dritten Rang finden sich erinnerte Neuigkeiten zu Grippeviren und Epidemien. 13 Prozent erinnern sich an Neuigkeiten aus diesem Bereich, wobei Grippeviren und eine (Sommer-)Grippewelle am häufigsten genannt werden. Es folgen Neuigkeiten zu AIDS, allgemeine Erinnerungen und auf dem sechsten Rang Neuigkeiten rund um Hepatitis. Im Zusammenhang mit AIDS erinnern sich viele Befragte an eine Zunahme von Neuinfizierungen mit dem HIV-Virus, oft wird aber auch erinnert, dass Neuansteckungen mit sexuell übertragbaren Krankheiten generell angestiegen seien. Grund hierfür dürften Artikel zum Thema während der Befragungszeit in der "Revue médicale suisse" und im "Blick" gewesen sein. Vereinzelt wird von Befragten dabei der Link zu Hepatitis C Erkrankungen gemacht, denn auch zu diesem Thema gab es Medienberichte in der Befragungszeit ("20 Minuten", "NZZ"). Dabei wird erinnert, dass mehr Personen an den Folgen von Hepatitis C sterben als an den Folgen von AIDS. Erinnert wird im Zusammenhang mit dem Thema Hepatitis vor allem auch ein Anstieg von Fällen in der Schweiz. Grafik 18 Trend Filter Erinnerung Neuigkeiten Thema Viren "Erinnern Sie sich? Was genau haben Sie gehört, gesehen oder gelesen? Gibt es ein weiteres Thema, welches Sie gehört haben?" Zika 51 14 15 15 spezifische Krankheiten 18 Grippeviren, Epidemien, Pandemien HIV, AIDS 7 Allgemeines 7 2 neue Viren/Risiken Ausbreitung Ebola Veränderung von Viren Impfungen Anderes Risiken im Spital Medikamente Juli/August 2014 8 5 5 Hepatitis Art der Information 25 13 14 11 22 8 4 11 11 3 4 36 17 4 4 4 4 5 3 1 5 3 4 3 2 Juli/August 2015 Juli/August 2016 7 Basis: inhaltliche Nennungen EinwohnerInnen ab 18 Jahren, die Neuigkeiten vernommen haben, Mehrfachantworten möglich 4 4 1 Nein/weiss nicht/keine Antwort 18 21 20 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (n = ca. 425) Nicht eigentliche Inhalte, sondern Quellen der Information werden am siebthäufigsten genannt. Befragte geben beispielsweise an, dass sie "etwas gelesen haben" ohne das jedoch konkretisieren zu können. 29 Dahinter folgt ein buntes Feld an Themen, das neben neuen Viren, Ebola, der Veränderung von Viren auch Impfungen und Risiken im Spital umfasst. Mit weniger als 5 Prozent Nennungen sind dies allerdings nicht die massegebenden Themen. Die dynamische Betrachtung der Werte zeigt, dass Ebola – das Topthema 2014 – kaum mehr aktiv erinnert wird, weil es von einem neuen Virenthema überlagert wird; dem Zika-Virus. Zika wird dabei häufiger aktiv erinnert als Ebola zu Zeiten des Ausbruchs. Ansonsten fällt auf, dass das erinnerte Themenspektrum weniger breit ausfällt als noch vor einem Jahr. Besonders Nennungen zu Grippeviren aber auch zu Hepatitis sind verglichen mit 2015 klar zurückgegangen. Grippeviren bleiben allerdings ein strukturell wichtiges Thema, auch wenn es 2016 wieder vom Spitzenrang verdrängt wurde, hält sich dieses Thema nun seit Beginn der Studienreihen in den Top-3. Ansonsten sind AIDS und Hepatitis Krankheitsbilder, die breit mit Viren assoziiert werden und damit ebenfalls als strukturelle Themen gelten. Komplementiert wird dieses strukturelle Themenspektrum bei gegebenem Anlass durch die Tagesaktualität, wie das Ebola 2014 und Zika 2016 zeigen. Solche Epidemien erfahren medial viel Aufmerksamkeit und werden entsprechend rezipiert. Der Blick zurück zeigt, dass wenn ein solches Aktualitätsthema aufflammt, die strukturellen Themen etwas in den Hintergrund geraten. So war beispielsweise Hepatitis 2015 sehr präsent, ist 2016 jedoch von anderen Themen überlagert worden. Das ist umso bemerkenswerter, als dass auch 2016 wieder der WeltHepatitis-Tag mitten im Befragungszeitraum lag und rund um diesen Tag Kampagnenaktivitäten stattfanden. Hepatitis ist aber nicht einfach wieder von der Bildfläche verschwunden, denn das Thema hält sich im oberen Mittelfeld. Interessant ist, dass mit der Verbreitung des Zika-Virus Nennungen rund um Risiken der Ausbreitung stabil blieben. Das war im Umfeld des Ebola-Ausbruchs klar anders. Inhaltlich bleibt die Wahrnehmung zum Thema Viren damit medial getrieben und national geprägt. Es bestätigen sich in allen Sprachregionen Einflüsse der Tagesaktualität, wenn man sich die Top 5 vor Augen führt. Zika führt die Rangliste überall mit Abstand an, in der Westschweiz jedoch erlangt auch das zweit- und drittplatzierte Thema mit über 20 Prozent Nennungen eine gewisse Relevanz. Es werden dort also mehr verschiedene Themen erinnert als in der Deutschschweiz oder im Tessin, wo Zika die Liste mit grossem Abstand anführt. Besonders HIV wird in der Westschweiz klar häufiger erinnert als in den anderen beiden Landesteilen. Die Deutschschweiz fällt durch häufige Erinnerungen von Grippe-Neuigkeiten auf, das Tessin durch eine erhöhte Sensibilität für Neuigkeiten rund um Impfungen. Tabelle 4 Top-5-Themen nach Sprachregion Rang DCH FCH ICH 1 Zika Zika Zika 2 2.1 Grippeviren, Epidemien, Pandemien 2.2 spezifische Krankheiten spezifische Krankheiten 2.1 Impfungen 2.2 spezifische Krankheiten 3 3.1 HIV/AIDS 3.2 Allgemeines HIV/AIDS 3.1 Veränderung von Viren 3.2 Grippeviren, Epidemien, Pandemien 4.1 Hepatitis 4.2 Veränderung von Viren 4 © gfs.bern, Virusbarometer 2016, Juli/August 2016 Offensichtlich wird die erneute Zuspitzung der Themenlage zusätzlich durch die Nachfrage, welches der verschiedenen erinnerten Themen denn das wichtigste sei. Die Themenwelt rund um Viren zeigt sich 2016 wieder einseitiger dominiert als noch 2015. 30 Ähnlich wie bereits 2014 ist der Abstand des Topthemas zu den übrigen Themen massiv, so dass sich die Medienagenda 2016 einseitiger von einem Thema beherrscht präsentiert. Erkennbar wird auch, wie sehr Hepatitis wahrnehmungsseitig an Relevanz eingebüsst hat. Letztes Jahr war es das wichtigste erinnerte Thema, aktuell belegt es den neunten Rang. Grafik 19 Trend Filter Wichtigstes Thema Viren "Welches der von Ihnen genannten Themen ist für Sie das wichtigste?" Zika 43 8 spezifische Krankheiten Allgemeines 2 8 10 7 10 Grippeviren, Epidemien, Pandemien HIV, AIDS neue Viren/Risiken Ausbreitung Impfungen Anderes Hepatitis Risiken im Spital Art der Information Veränderung von Viren Ebola Medikamente Nein/weiss nicht/keine Antwort 5 4 2 2 3 2 19 Juli/August 2014 6 10 3 3 3 3 3 1 3 2 2 2 2 3 2 2 2 11 11 6 Juli/August 2015 23 Juli/August 2016 6 13 3 31 Basis: inhaltliche Nennungen EinwohnerInnen ab 18 Jahren, die Neuigkeiten vernommen haben, Mehrfachantworten möglich 5 5 4 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (n = ca. 340) Neu ist an der Themenlage 2016 der relevant kritische Unterton. Waren bisher Mehrheiten eher bis sehr positiv in ihren Themenbewertungen, finden wir 2016 ein gespaltenes Bild: 42 Prozent urteilen positiv, 39 Prozent negativ. Die verbleibenden 19 Prozent sind unschlüssig. Rechnet man hier den statistischen Fehlerbereich (±2.9 %-punkte) dazu, sind die Mehrheiten alles andere als eindeutig. 31 Grafik 20 Trend Filter Beurteilung Thema "Wie beurteilen Sie dieses von Ihnen genannte Thema? Ist dieses Thema für Ihr Urteil über die Akteure im Gesundheitswesen sehr positiv, eher positiv, eher negativ oder sehr negativ?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, die Neuigkeiten vernommen haben und ein wichtigstes Thema benennen 5 13 14 sehr negativ 17 18 26 16 eher negativ 21 19 weiss nicht/keine Antwort 44 31 eher positiv 31 16 Juli/August 2014 sehr positiv 18 11 Juli/August 2015 Juli/August 2016 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (n = ca. 320) Besonders kritisch beurteilen dabei Romands die Themenlage (60% eher/sehr negativ) aber auch Befragte die sich generell wenig für Gesundheitsthemen interessieren (62%), solche zwischen 30 und 39 Jahren (61%). Es gibt aber auch Gruppen, die nach wie vor mehrheitlich positiv urteilen; EinwohnerInnen über 70 (51% eher/sehr positiv), solche die sich stark für Gesundheitsthemen interessieren (53%) und solche die jüngst in ärztlicher Behandlung waren (51%). Festgehalten werden kann, dass die Themenlage in Jahren mit medial stark präsenten viralen Epidemien, die Themenlage kritischer beurteilt wird. Das war 2014 rund um Ebola aber auch aktuell vor dem Hintergrund des Zika-Virus der Fall. 2015 war die Themenlage in Abwesenheit eines viralen und medial aufgeblasenen Schreckensgespenstes klar entspannter. Ein differenziertes Bild der Themenbeurteilung ergibt die Aufspaltung der Beurteilung nach Themen. Das Topthema 2016, Zika, wird gespalten bis negativ beurteilt. Wenn es aber um spezifische Krankheiten, Grippeviren oder AIDS geht, fallen die Bewertungen verhalten positiv aus. Wirklich negativ schneidet allerdings nur der Themenblock Allgemeines ab. Wer also nichts Konkretes erinnert, ist diffus-kritisch in der Beurteilung. Wenn dagegen konkrete Themen erinnert werden, fällt die Beurteilung verhalten positiv aus. Verhalten deshalb, weil alle positiven Bewertungen von relevanten Anteilen kritischer Voten flankiert werden. 32 Grafik 21 Filter Beurteilung der wichtigsten fünf Themen zu Viren "Wie beurteilen Sie dieses von Ihnen genannte Thema? Ist dieses Thema für Ihr Urteil über die Akteure im Gesundheitswesen sehr positiv, eher positiv, eher negativ oder sehr negativ?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, die Neuigkeiten vernommen haben und ein wichtigstes Thema benennen Zika 7 30 spezifische Krankheiten Allgemeines Grippeviren, Epidemien, Pandemien HIV, AIDS sehr positiv 20 17 12 10 14 eher positiv 29 29 30 17 13 26 29 36 32 weiss nicht/keine Antwort 11 30 28 21 26 22 eher negativ 11 sehr negativ © gfs.bern, Virusmonitor, Juli/August 2016 (n = 320) Die Themenlage von Viren bleibt medial geprägt und kaum strukturell prädeterminiert, weil sie von der Aktualität beherrscht wird. Je nachdem ob gerade ein positives Thema für Schlagzeilen sorgt oder eben ein Schreckensgespenst wie Ebola oder Zika die Runde macht, fällt die Themenlage entsprechend aus. Viren sind demzufolge nicht ein per se negativ oder positiv vorbelastetes Thema, aber sie werden als Gefahr wahrgenommen. 39 Prozent der Befragten empfinden Viren als grössere Gefahr für die Menschheit als Bakterien, stabile 19 Prozent sehen das gerade umgekehrt. Verglichen mit den Ausgangswerten wird das Gefahrenpotenzial von Viren weniger drastisch eingeschätzt als auch schon. Immer mehr Befragte stellen sich in dieser Frage nämlich auf eine gemischte Position und geben an, Viren und Bakterien seien etwa gleich gefährlich respektive dass es auf den Virus oder das Bakterium ankomme. Auf die Art wie man die Frage stellt, kommt es dabei nicht an. Viren werden unabhängig von der Frageformulierung als gefährlicher eingestuft, wie ein Methodentest erneut bestätigt. Auch finden sich keine vom Gesamtbild abweichenden Untergruppen. Zwar stellen sich beispielsweise Junge oder Romands klar häufiger auf die gemischte Position, wenn sie aber inhaltlich gerichtete Aussagen machen, erachten letztlich auch diese Gruppen Viren tendenziell als gefährlicher als Bakterien. 33 Grafik 22 Trend Viren grössere Gefahr als Bakterien* Variante A: "Finden Sie allgemein Viren oder Bakterien die grössere Gefahr für die Gesundheit der Menschen? Sind Viren eine viel grössere, eher grössere, eher kleinere oder viel kleinere Gefahr für die Gesundheit als Bakterien?" Variante B: "Finden Sie allgemein Bakterien oder Viren die grössere Gefahr für die Gesundheit der Menschen? Sind Bakterien eine viel grössere, eher grössere, eher kleinere oder viel kleinere Gefahr für die Gesundheit als Viren?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren 12 12 11 7 6 5 10 12 22 28 32 29 17 Juli/August 2014 13 Juli/August 2015 weiss nicht/keine Antwort Viren viel kleinere Gefahr als Bakterien Viren eher kleinere Gefahr als 31 Bakterien beides etwa gleich/kommt darauf an Viren eher 29 grössere Gefahr als Bakterien Viren viel grössere 10 Gefahr als Bakterien Juli/August 2016 14 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) * Befragte erhielten zufällig zu je 50% Variante A oder Variante B Fragt man konkret nach, welche Virus-Erkrankung die grösste Gefahr für die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung darstelle, erhält man am häufigsten undifferenzierte Antworten; 29 Prozent der Befragten geben an, dass sie es schlichtweg nicht wissen. Gerade ältere EinwohnerInnen fallen häufig in diese Kategorie (70+-Jahre: 44%) aber auch tiefe soziale Schichten (z.B. tiefe Bildung: 42%) und AusländerInnen (42%) können überdurchschnittlich häufig nicht sagen, von welchen Viren die grösste Gefahr ausgeht. Stellt man auf inhaltlich verwertbare Antworten ab, antworten Befragte zum zweiten Mal in Folge am häufigsten mit der Grippe als grösste Gefahr, gefolgt von HIV und AIDS. Es folgen Pandemien auf dem dritten Rang und Zika auf dem vierten Rang, andere spezifische Krankheiten auf dem fünften. Erreger im Allgemeinen, das Ebola-Virus und Hepatitis reihen sich dahinter ein. Relevant verändert habe sich die Einschätzungen gegenüber dem Vorjahr in vier Punkten; Zika ist neu auf der Gefahrenliste erschienen, Meningitis, Rinderwahn sowie die Schweine- und Vogelgrippe aber auch Erreger im Allgemeinen bereiten mehr Sorgen, Hepatitis dagegen weniger. So finden wir auch hier den Umstand bestätigt, dass die Wirkungen der Hepatitis-Kampagne aus dem Vorjahr zwischenzeitlich verpufft sind. Der Anstieg beim drittplatzierten Themenblock ist dabei eindeutig auf die häufigere Nennung von Meningitis zurückzuführen. Medienberichte respektive Warnungen der Suva und des BAG über die hohe Anzahl von Zeckenbissen dürften diesen Anstieg erklären. Unter dem Themenblock Erreger werden häufig Infektion in Spitälern genannt aber auch Noroviren sind sehr präsent. 34 Grafik 23 Trend Grösste Gefahr für die Gesundheit "Welche Virus-Erkrankung stellt aus Ihrer Sicht die grösste Gefahr für die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung dar?" Grippe / Erkältungsviren / Influenza 21 16 16 AIDS/HIV Meningitis, Rinderwahnsinn, Schweine- und Vogelgrippe 4 8 Zika 6 6 2 5 3 Ebola Hepatitis (A,B, C) / Lebervirus / Leberinfektion 5 3 Krebs 3 3 keine 3 3 Allgemeines Juli/August 2015 6 andere spezifische Krankheiten Erreger im Allgemeinen 23 Juli/August 2016 7 Basis: inhaltliche Nennungen EinwohnerInnen ab 18 Jahren, Mehrfachantworten möglich 1 weiss nicht/keine Antwort 37 29 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Von diesem national gezeichneten Bild gibt es kaum respektive nur graduell abweichende Untergruppen, auffällig sind jedoch die unterschiedlichen Gefahreninterpretationen in den Sprachregionen. Die Deutschschweiz bestimmt den Mainstream, das nationale Bild fällt aber durch eine überdurchschnittlich häufige Nennung von Erregern im Allgemeinen auf. Der Abstand zwischen den erstplatzierten Grippeviren und den zweitplatzierten HIV-Viren fällt in der Deutschschweiz weitaus geringer aus, als national betrachtet oder in der Romandie und dem Tessin. DeutschschweizerInnen betonen die Gefahr von Meningitis zudem überdurchschnittlich stark. TessinerInnen fallen erneut durch eine starke Betonung der Gefahr von Hepatitis auf. In der Romandie fällt dagegen auf, dass Meningitis nicht in den Top-5 Themen enthalten ist. Ansonsten ist man sich über alle Untergruppen hinweg einig, dass die grösste Gefahr für die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung von Grippeviren ausgeht. Einzig Befragte die ihren Impfschutz nicht aktuell halten, sehen das nur beschränkt so. Sie stufen die Gefahr von HIV und der Grippe gleich hoch ein. Tabelle 5 Grösste Gefahr für die Gesundheit nach Sprachregion Rang DCH FCH ICH 1 Grippe/Erkältungsviren (18%) Grippe/Erkältungsviren (33%) Grippe/Erkältungsviren (23%) 2 AIDS/HIV (16%) AIDS/HIV (19%) Hepatitis (11%) 3 Meningitis (10%) andere spezifische Krankheiten (9%) AIDS/HIV (10%) 4 Zika (7%) Hepatitis (5%) Meningitis (8%) 5 Erreger im Allgemeinen (6%) Zika (4%) andere spezifische Krankheiten (6%) © gfs.bern, Virusbarometer 2016, Juli/August 2016 Die Themenrezeptionen in Kombination mit den Einschätzungen des Gefahrenpotenzials für die Schweizer Bevölkerung zeigen deutlich, dass Zika zwar in aller Leute Köpfe ist, man sich davor aber nur in beschränktem Ausmass fürchtet. Grippeviren dagegen sind alltagsnäher und entsprechend wird auch die davon ausgehende Gefahr höher eingestuft. Der Umstand, dass Zika in den Medien 35 sehr präsent ist, schürt damit nur in beschränktem Ausmass Ängste einer Infizierung. Interessant ist an der Einschätzung des Gefahrenpotenzials die nach wie vor hohe Präsenz von AIDS, gerade auch im Vergleich mit Hepatitis, welches 2016 tendenziell wieder etwas in den Hintergrund gerückt ist. 3.3.1 Zwischenbilanz Die Themenlage zu Viren war in den vergangenen Jahren von zwei Komponenten bestimmt; eine strukturelle und eine newsgetriebene, dynamische. Die dynamische Komponente war in den Jahren 2014 bis 2016 dominant, denn seit dem Ausbruch des Ebola-Virus 2014 war die Themenwahrnehmung zu Viren selbstredend erhöht. Durch das aktuelle Topthema, dem Zika-Virus, bleibt sie angeheizt und entsprechend erinnert sich ein zeitlich relativ konstanter Anteil der EinwohnerInnen an Neuigkeiten rund um Viren. 2016 waren es durchschnittlich 38 Prozent der Befragten, was impliziert, dass sich die Mehrheit der Befragten nicht aktiv an etwas erinnert. Rund die Hälfte der EinwohnerInnen, die sich überhaupt an Neuigkeiten erinnern, hat etwas im Zusammenhang mit dem Zika-Virus wahrgenommen. 2016 war auch Meningitis relativ präsent, subsummiert im zweiten Themenblock zu spezifischen Krankheiten. Der Abstand zum erstplatzierten Zika-Virus zeigt allerdings, wie sehr die Themenlage 2016 vom Zika-Virus bestimmt ist. Es folgen erinnerte Neuigkeiten zu Grippeviren und Epidemien, AIDS und HIV, allgemeine Erinnerungen und auf dem sechsten Rang Neuigkeiten rund um Hepatitis. Über die Zeit betrachtet lassen sich die strukturelle und die dynamische Komponente erkennen. Auch wenn Nennungen zu Grippeviren und Hepatitis rückläufig sind, bleiben dies strukturell wichtige Themen. Auch AIDS ist eine Krankheit, die breit Viren assoziiert wird und als strukturelles Thema gilt. Komplementiert wird dieses strukturelle Themenspektrum durch die Tagesaktualität, wie das Ebola 2014 und Zika 2016 zeigen. Dominieren dynamische Komponente die Themenlage, geraten strukturelle eher in den Hintergrund. Interessant ist, dass mit der Verbreitung des Zika-Virus Nennungen rund um Risiken der Ausbreitung stabil blieben. Das war im Umfeld des Ebola-Ausbruchs klar anders. Neu ist an der Themenlage 2016 der relevant kritische Unterton. 2015 war die Themenlage in Abwesenheit eines viralen und medialen Schreckensgespenstes klar entspannter. Wirklich negativ schneidet 2016 allerdings nur der Themenblock "Allgemeines" ab. Wer nichts Konkretes erinnert, ist diffus-kritisch in der Beurteilung. Werden dagegen konkrete Themen erinnert, fällt die Beurteilung gespalten bis verhalten positiv aus. Viren sind demzufolge nicht ein per se negativ oder positiv vorbelastetes Thema, werden aber als Gefahr eingestuft – und zwar eine grössere als Bakterien. Konkret erachtet man die Grippe als grösste Gefahr für die Schweizer Gesellschaft, gefolgt von HIV und Pandemien. Der Anstieg beim drittplatzierten Themenblock ist dabei eindeutig auf die häufigere Nennung von Meningitis zurückzuführen. Medienberichte respektive Warnungen der Suva und des BAG über die hohe Anzahl von Zeckenbissen erklären diesen Anstieg. Neu ist 2016 Zika auf dem vierten Rang der Gefahrenliste erschienen, Hepatitis dagegen rangiert tiefer als noch 2016. Die Einschätzungen des Gefahrenpotenzials von Zika zeigt für die Schweizer Bevölkerung deutlich, dass das Virus zwar in aller Leute Köpfe ist, man sich davor aber nur in beschränktem Masse fürchtet. Grippeviren dagegen sind alltagsnäher und entsprechend wird auch die davon ausgehende Gefahr höher eingestuft. 36 Risikoperzeption und Testverhalten Punkto Risikoperzeption einer Ansteckung mit ausgewählten Krankheiten zeigt sich erstens, dass bei allen acht abgefragten Krankheiten Mehrheiten nicht das Gefühl haben, gefährdet zu sein, sich anzustecken. Zweitens ist die Sensibilitäten bei Grippe, Krebs sowie bei Herz- und Kreislauferkrankungen deutlich höher als bei Hepatitis, Zika, Masern, HIV und AIDS oder Ebola. Bemerkenswert ist, dass Einschätzungen hierarchisch betrachtet der tatsächlichen Gefährdung, sich mit einer dieser Krankheiten anzustecken, gut entsprechen. Interessant sind die soziodemografischen Muster hinter diesen gefühlten Gefährdungen, denn für annährend alle Krankheiten erweisen sich die Variablen Alter, Einkommen, Bildung und Sprachregion als relevant. Durchs Band zeigt sich zudem, dass Personen, die ihren Gesundheitszustand als schlecht einstufen, sich stärker gefährdet fühlen – völlig unabhängig von der abgefragten Krankheit. Auch fühlen sich Befragte, die sich stark für Gesundheitsthemen interessieren oder solche die sich an Neuigkeiten zu Viren erinnern stärker gefährdet, sich mit einer der abgefragten Krankheiten anzustecken. Geschlechtereffekte sind hingegen nur graduell vorhanden und auch politische Grössen spielen keine Rolle. Die wichtigsten Effekte seien in der Folge kurz angesprochen. Grafik 24 Risikoperzeption Erkrankung "Sprechen wir nun von Ihrem eigenen Verhalten, wenn es darum geht, die eigene Gesundheit zu schützen. Wie schätzen Sie heute ihren Schutz selber ein, wenn es um die folgenden Risiken geht. Wenn Sie an Ihre Lebenssituation und ihr Verhalten denken. Sind Sie persönlich aus Ihrer Sicht sehr gefährdet, eher gefährdet, eher nicht gefährdet oder überhaupt nicht gefährdet, sich mit einer der folgenden Krankheiten anzustecken, resp. daran zu erkranken?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren Grippe 9 Herz- und Kreislauferkrankung 7 Krebs Hepatitis resp. Leberinfektion 33 27 8 3 8 6 5 6 Ebola 1 2 7 eher gefährdet 35 18 40 19 18 36 14 47 11 HIV/AIDS 1 3 sehr gefährdet 8 23 Zika 2 4 Masern 2 4 5 36 36 47 34 55 34 56 32 weiss nicht/keine Antwort 58 eher nicht gefährdet überhaupt nicht gefährdet © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = 1209) Ältere EinwohnerInnen erweisen sich als sensibler für die Gefährdung sich mit der Grippe anzustecken als jüngere. Am höchsten liegt die Sensibilität bei 40-49Jährigen (52%) am tiefsten bei Befragten zwischen 30 und 39 Jahren (35%). Ausserdem steigt das perzipierte Risiko an Grippe zu erkranken mit dem Einkommen und dem Bildungsgrad an (tief: 38%, mittel: 37%, hoch 49%). Zudem wird die Gefahr in den Sprachregionen unterschiedlich eingestuft, nämlich am höchsten in der Romandie (45%), gefolgt von der Deutschschweiz (41%) und dem Tessin (36%). Dieselben Variablen bestimmen auch die Einschätzung der Gefahr an Krebs zu erkranken: Alter, soziale Schicht, Sprachregion. Die Sensibilität steigt dabei mit dem Alter eindeutig an und erreicht den Höchstwert bei Befragten zwischen 50 und 69 Jahren (43%). Die Schichteffekte verlaufen anders als bei der Grippe nicht 37 linear, sondern u-förmig: Tiefe und hohe soziale Schichten fühlen sich stärker gefährdet als mittlere. Darüber hinaus fühlen sich Romands (31%) und Deutschschweizer (33%) stärker gefährdet Krebs zu haben, als TessinerInnen (15%). Für die subjektive Einschätzung der Gefahr an Herz- und Kreislauferkrankungen zu erkranken, erweisen sich dieselben Variablen als relevant. Bis 60 fühlt man sich beispielsweise mehrheitlich nicht gefährdet, danach kippen die Mehrheitsverhältnisse. Auch findet sich der u-förmige Zusammenhang zwischen sozialer Schicht und der gefühlten Gefährdung durch Herz-Kreislauferkrankungen. Bei den übrigen abgefragten Krankheiten fallen die Mehrheiten derart deutlich aus, dass keine wirklich abweichenden Untergruppen gefunden werden können. Einige Gruppen äussern allerdings schon stärkere Bedenken als andere. Hier eine kurze Übersicht. In Bezug auf Hepatitis fühlen sich EinwohnerInnen aus Haushalten mit tiefen Einkommen überdurchschnittlich gefährdet (21%). Erstmals nicht mehr bestätigt finden wir erhöhte Sensibilitäten im Tessin. Auch die gefühlte Gefährdung einer Infektion mit Zika steigt mit dem Alter an, erreicht ihren Maximalwert jedoch bei 9 Prozent der 60-69-Jährigen. Weiter sind es eher tiefere soziale Schichten die sich als gefährdet einstufen und Personen die regelmässig ins Ausland reisen (8%). Der höchste Wert überhaupt findet sich mit 10 Prozent bei Befragten, die unlängst beim Arzt waren. Die Angst einer Ansteckung hält sich damit in klaren Grenzen. Die Angst vor Masern ist in tieferen sozialen Schichten ebenfalls weiterverbreitet als im Schnitt (z.B. tiefe Bildung: 12%). Und EinwohnerInnen ohne Stimmberechtigung fühlen sich überdurchschnittlich gefährdet (16%). In Bezug auf eine HIV-Infektion erweisen sich Befragte zwischen 40 und 49 Jahren als eine überdurchschnittlich sensible Gruppe (9%) aber auch solche mit den tiefsten Haushaltseinkommen (10%) oder solche ohne Stimmberechtigung (11%). Auch ist die Angst einer Infektion in de Romandie erhöht (8%). Wenn es um Ebola geht, fühlen sich 60-69-Jährige überdurchschnittlich gefährdet (7%) sowie auch tiefe Einkommensschichten (8%) und die Romands (5%). Somit fürchten sich Befragte aus kaum einer Untergruppe mehrheitlich vor den abgefragten Krankheiten, relevante Ängste sind aber rund um nicht übertagbare Krankheiten wie Krebs oder Herz-/Kreislauferkrankungen auszumachen. Das beinhaltet die im Grunde logische Konsequenz, dass man sich bei Krankheiten, vor denen man sich nur bedingt aktiv schützen kann, auch stärker gefährdet fühlt. Die Auswahl abgefragter Krankheiten wurde 2016 um Zika erweitert, so dass für dieses Item keine Aussagen über die Zeit möglich sind. Für die anderen Krankheiten zeigt sich, dass die Werte über die vergangenen drei Jahre relativ stabil waren. Der 2015 gemessene Anstieg der Risikoperzeption in Bezug auf alle Krankheiten erweist sich nicht als nachhaltig. 38 Grafik 25 Trend Risikoperzeption Erkrankung "Sprechen wir nun von Ihrem eigenen Verhalten, wenn es darum geht, die eigene Gesundheit zu schützen. Wie schätzen Sie heute ihren Schutz selber ein, wenn es um die folgenden Risiken geht. Wenn Sie an Ihre Lebenssituation und ihr Verhalten denken. Sind Sie persönlich aus Ihrer Sicht sehr gefährdet, eher gefährdet, eher nicht gefährdet oder überhaupt nicht gefährdet, sich mit einer der folgenden Krankheiten anzustecken, resp. daran zu erkranken?" Grippe in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, sehr/eher gefährdet Herz- und Kreislauferkrankung Krebs 34 Hepatitis resp. Leberinfektion 44 40 42 37 34 31 32 Masern 15 8 4 Juli/August 2014 Zika 11 7 6 5 HIV/Aids 5 5 Juli/August 2015 3 4 Juli/August 2016 Ebola © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Die Angaben der Befragten zur Frage welche Tests standardmässig im Rahmen eines Gesundheitschecks durchgeführt werden sollten, spiegeln die Gefährdungsperzeptionen. Mehrheiten sprechen sich für Tests bei Brustkrebs4, Herzund Kreislauferkrankungen und andere Formen von Krebserkrankungen aus. Die Akzeptanz solcher Tests hat im Falle von Brustkrebs leicht zugenommen, die für Krebs-, Herz- und Kreislaufuntersuchungen dagegen eher wieder abgenommen. Die Testbereitschaft bleibt aber für alle drei Krankheiten hoch. Einzig ganz junge Befragte und solche die sich nicht für Gesundheitsthemen interessieren weichen hier ab; sie finden mehrheitlich nicht, dass Tests auf Herz- und Kreislaufkrankheiten in einen Standard Gesundheitstest gehören. Krebsabklärungen würden aber auch diese beiden Gruppen begrüssen. Stabile 63 Prozent sprechen sich für eine standardmässige Prüfung der Aktualität von Impfungen aus. Einzig EinwohnerInnen die sich nicht für gesundheitsfragen interessieren verwerfen dies mehrheitlich. Auch Tests auf Hepatitis C würde eine Mehrheit als Standard in einem Gesundheitscheck begrüssen. Die Akzeptanz ist zwar verglichen mit 2015 klar zurückgegangen, bleibt aber über dem eingangs der Studienreihe festgehaltenen Wert. Die dynamische Entwicklung ist für Hepatitis A- oder B-Tests in abgeschwächter Form gleich. 2016 sprechen sich 47 Prozent für solche Tests aus, 48 Prozent dagegen. Das Meinungsbild ist also in Bezug auf Hepatitis A- und B-Tests gespalten. Mehrheitlich für Tests zu Hepatitis A oder B sprechen sich entgegen dem Durchschnitt über 40-Jährige aus, Erwerbslose, EinwohnerInnen aus tiefen sozialen Schichten, aber auch AusländerInnen, Romands und TessinerInnen. Entgegen der Mehrheit würden sich Frauen, unter 40-Jährige, EinwohnerInnen vom Land und Personen ohne aktuellen Impfschutz eher nicht auf Hepatitis C testen lassen. Die Testbereitschaft bei allen Hepatitis Formen ist aber etwas höher als noch 2014, so dass von beschränkten Kampagnenwirkungen ausgegangen werden kann. Der deutliche Anstieg der Hepatitis-Testbereitschaft im Vorjahr erweist 4 nur Frauen gefragt 39 sich damit nur beschränkt als nachhaltig und war wohl eher auf die erhöhte Medienaufmerksamkeit für das Thema zurückzuführen, als dass es sich um weitreichende Bewusstseins- und Verhaltensentwicklungen handelte. Nach wie vor mehrheitlich abgelehnt werden routinemässige Tests bei sexuell übertragbaren Krankheiten generell oder spezifisch HIV-Tests. Die Akzeptanz für standardmässige HIV-Tests hat innert Jahresfrist abgenommen (6%-punkte), jene für Tests auf sexuell übertragbare Krankheiten hält sich stabil. Wie verschiedene abweichende Untergruppen zeigen, ist die Testbereitschaft zu den verschiedenen Krankheiten jedoch, nicht einfach durchgängig gegeben oder eben nicht. HIV-Tests beispielweise würden für tief Gebildete und Romands mehrheitlich in einen Standard-Gesundheitscheck gehören. Ähnlich sieht das Bild bei sexuell übertragebaren Krankheiten generell aus, denn auch hier wären Romands und tief Gebildete mehrheitlich für solche Tests, zusätzlich aber auch TessinerInnen, über 40-Jährige und AusländerInnen. Grafik 26 Standard Gesundheitschecks Trend Standard Gesundheitschecks "Unabhängig davon, wie wichtig Sie generell Gesundheitschecks finden. Welche Tests sollten als Standard in einem Gesundheitscheck für Sie persönlich enthalten sein?" "Unabhängig davon, wie wichtig Sie generell Gesundheitschecks finden. Welche Tests sollten als Standard in einem Gesundheitscheck für Sie persönlich enthalten sein?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, Anteil "Ja" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren Brustkrebs* Brustkrebs* 78 Herz- und Kreislauferkrankungen 3 68 2 19 30 75 Krebsabklärungen 65 5 30 70 63 Aktualität der Impfungen 63 Hepatitis C 50 Hepatitis A oder B sexuell übertragbare Krankheiten HIV-Test, der sogenannte AIDS-Test Ja 3 5 47 2 2 weiss nicht/keine Antwort © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = 1209) *nur Frauen (n = 605) 45 5 44 38 34 47 45 43 41 78 74 74 68 68 61 59 65 63 51 44 44 50 47 Herz- und Kreislauferkrankungen Krebsabklärungen Aktualität der Impfungen Hepatitis C 44 38 Hepatitis A oder B 48 sexuell übertragbare Krankheiten 54 HIV-Test, der sogenannte AIDS-Test 60 Nein Juli/August 2014 Juli/August 2015 Juli/August 2016 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) *nur Frauen (n = ca. 609) Setzt man ein 10-Prozent-Risiko einer Ansteckung voraus erhöht sich die Testbereitschaft, weil man durch die Fragestellung selbst zur Risikogruppe stilisiert wird. Dieser Befund zeigt sich für alle sieben hier abgefragten Krankheiten. Damit ist die erhöhte Akzeptanz von Tests für Risikogruppen nicht nur eine abstrakte Haltung, die Andere betrifft, sondern leitet auch das eigene Handeln bei gegebenem Risiko. Wenn ein Risiko vorausgesetzt ist, würden sich Mehrheiten auf alle hier abgefragten Krankheiten testen lassen. Im Vergleich zur generellen Testbereitschaft steigt – wenn ein Risiko vorausgesetzt ist – insbesondere die Testbereitschaft für Hepatitis (Δ 27%-punkte) aber auch jene HIV-Tests (Δ 34%-punkte). Am höchsten ist jedoch die Testbereitschaft für Krebs, Herz- und Kreislauferkrankungen und sie ist auch hier höher als wenn man kein Risiko voraussetzt (Δ 19%punkte resp. 14%-punkte). Es folgen Hepatitis-Tests, die für über drei Viertel und HIV-Tests die für knapp weniger in Frage kämen. Ähnlich hohe 70 respektive 67 Prozent würden sich bei einem 10-Prozent-Risiko einer Ansteckung auf Ebola respektive Zika testen lassen. Bei Verdacht auf schwere Grippe würden 65 Prozent einen Test in Erwägung ziehen. Die Trends zu den Testbereitschaften bei einem vorausgesetzten Risiko verlaufen mit einer Ausnahme uneinheitlich. Die Ausnahme betrifft die Testbereitschaft bei Verdacht auf schwere Grippe, denn diese ist nach zwei stabilen Messpunkten 2016 deutlich angestiegen (+12%-punkte). Bei allen anderen Krankheiten war sie 2015 rückläufig und ist 2016 wieder angestiegen, sodass sich die aktuellen Werte wieder nahe an jenen, die 2014 gemessen wurden bewegen. Evident und stark ist der Zusammenhang zwischen der gefühlten Gefährdung einer Ansteckung und der Testbereitschaft für alle abgefragten Krankheiten. Ge- 40 rade wer sich sehr stark gefährdet fühlt, würde sich mit grosser Wahrscheinlichkeit auch testen lassen. Etwas weniger eindeutig, wenn auch tendenziell gleichgerichtet, ist der Befund bei Personen, die sich eher gefährdet fühlen. Deutlich sind diese Zusammenhänge für HIV, Hepatitis und Herz-/Kreislauferkrankungen, wo annährend alle EinwohnerInnen, die sich gefährdet fühlen auch testen lassen würden. Etwas weniger eindeutig gilt dies aber auch für die Grippe, Zika und Ebola. Und bemerkenswert ist, dass auch jene EinwohnerInnen, die sich nicht gefährdet fühlen, sich auf alle Krankheiten mehrheitlich testen lassen würden. Die Testbereitschaft liegt in diesen Gruppen bei knapp über 50 Prozent. Grafik 27 Test bei 10%-Risiko Trend Test bei 10%-Risiko "Angenommen sie verspüren keine Symptome, aber Sie erfahren zufällig, dass Sie persönlich ein 10% -Risiko haben, dass Sie sich mit einer der folgenden Krankheiten angesteckt haben. Würden Sie dann bestimmt, eher, eher nicht oder überhaupt nicht einen Test machen lassen, ob Sie sich tatsächlich angesteckt haben?" "Angenommen sie verspüren keine Symptome, aber Sie erfahren zufällig, dass Sie persönlich ein 10%-Risiko haben, dass Sie sich mit einer der folgenden Krankheiten angesteckt haben. Würden Sie dann bestimmt, eher, eher nicht oder überhaupt nicht einen Test machen lassen, ob Sie sich tatsächlich angesteckt haben?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, bestimmt/eher testen lassen Krebs 58 Herz- und Kreislauferkrankungen 25 53 Hepatitis resp. Leberinfektion 3 29 52 1 25 1 7 7 10 7 11 11 Krebs 81 79 77 75 78 75 71 65 62 55 HIV 51 Ebola Zika schwere Grippe bestimmt testen lassen eher nicht testen lassen 22 48 44 42 22 2 23 24 eher testen lassen überhaupt nicht testen lassen © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = 1209) 1 4 1 16 11 15 12 16 13 16 84 82 Herz- und Kreislauferkrankungen 77 72 70 65 67 53 HIV Ebola Zika schwere Grippe 17 weiss nicht/keine Antwort Hepatitis resp. Leberinfektion Juli/August 2014 Juli/August 2015 Juli/August 2016 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Neben der gefühlten Gefährdung einer Ansteckung bestimmen weitere Grössen die Testbereitschaft. Mit Hilfe einer Answertree-Analyse lassen sich die stärksten gesellschaftlichen Spaltungen darstellen. Für jene zu HIV respektive Aids erweist sich zum widerholten Mal das Alter als die zentrale Grösse: Die Testbereitschaft auf HIV ist bei unter 66-Jährigen klar höher als EinwohnerInnen die bereist im Rentenalter sind. Am höchsten und annähernd umfassend ist sie mit 98 Prozent bei Befragten zwischen 21 und 51 Jahren, die über ein maximales Haushaltseinkommen von 7000 Franken verfügen und regelmässig ins Ausland reisen. Am tiefsten ist die Testbereitschaft bei RentnerInnen aus der Deutschschweiz, von denen sich selbst bei einem erhöhten Erkrankungsrisiko lediglich 37 Prozent testen lassen würden. Der Vergleichswert liegt in der Romandie und im Tessin mit 67 Prozent klar höher. Die erhöhte Testbereitschaft in der Romandie und im Tessin zeigt sich auch in der nächsttieferen Altersgruppe. Allerdings ist bei 52 bis 64-Jährigen zunächst die Konfession massgebend; Protestanten und Konfessionslose äussern nämlich eine geringere Testbereitschaft bei HIV-Verdacht als Angehörige der muslimischen, jüdischen oder katholischen Glaubensgemeinschaft. Und zwar besonders Protestanten oder Konfessionslose aus der Deutschschweiz, die sich im Vergleich zu den Romands oder Tessinern klar weniger häufig testen lassen würden. 41 Grafik 28 HIV–Test bei 10%-Risiko "Angenommen sie verspüren keine Symptome, aber Sie erfahren zufällig, dass Sie persönlich ein 10%-Risiko haben, dass Sie sich mit einer der folgenden Krankheiten angesteckt haben. Würden Sie dann bestimmt, eher, eher nicht oder überhaupt nicht einen Test machen lassen, ob Sie sich tatsächlich angesteckt haben?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren Total N = 1209 testen 73% Alter bis 25-jährig (n = 115) testen 71% 26 bis 51-jährig (n = 481) testen 89% Haushaltseinkommen ab CHF 7001 (n = 219) testen 84% bis CHF 7000 (n = 262) testen 94% 52 bis 65-jährig (n = 376) testen 74% Konfession Katholik/Moslem/ Jude (n = 192) testen 84% ab und zu/nie (n = 210) testen 93% Sprache Protestant/ Konfessionsloser (n = 184) testen 64% FCH/ICH (n = 98) testen 67% DCH (n = 139) testen 37% Sprache Auslandsreisen regelmässig (n = 52) testen 98% ab 66-jährig (n = 237) testen 49% FCH/ICH (n = 51) testen 80% DCH (n = 133) testen 57% © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = 1209) Erläuterung: Die Answer-Tree-Analyse differenziert für eine abhängige Variable (hier: HIV-Test bei 10% Risiko) eine Ausgangspopulation (hier: die EinwohnerInnen ab 18 Jahren) in inhaltlich relevante Teilpopulationen. Die Methode beginnt mit der unabhängigen Variable, welche die grössten signifikanten Unterschiede aufweist (hier: Alter). Die Methode fasst dabei Teilgruppen zusammen, wenn der Unterschied untereinander nicht signifikant ist. Die Teilgruppen werden in weitere Untergruppen unterteilt, wenn weitere signifikante Unterschiede bestehen und die Fallzahlen genügend gross sind. Wenn es um die Testbereitschaft bei Verdacht auf Hepatitis geht, erweisen sich TessinerInnen erneut als testaffinste Gruppe. Sie würden sich annähernd alle testen lassen, wenn das Risiko einer Infektion bestünde. In der Deutschschweiz und in der Romandie ist hingegen zusätzlich das Alter relevant, denn die Testbereitschaft für Hepatitis ist bei Befragten unter 25 und im Pensionsalter klar tiefer als bei den mittleren Jahrgängen. Die Altersstruktur spiegelt die tatsächliche Gefahr einer nicht-diagnostizierten Infektion mit dem Virus, denn erst seit 1991 lässt sich das Virus verlässlich messen. Das heisst, dass Personen mit Jahrgang 1990 oder älter potenziell Gefahr laufen sich unwissentlich infiziert zu haben. Diese Personen sind heute just 26 oder älter. 42 Grafik 29 Hepatitis- resp. Leberinfektion-Test bei 10%-Risiko "Angenommen sie verspüren keine Symptome, aber Sie erfahren zufällig, dass Sie persönlich ein 10%-Risiko haben, dass Sie sich mit einer der folgenden Krankheiten angesteckt haben. Würden Sie dann bestimmt, eher, eher nicht oder überhaupt nicht einen Test machen lassen, ob Sie sich tatsächlich angesteckt haben?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren Total N = 1209 testen 77% Sprache ICH (n = 200) testen 98% DCH/FCH (n = 1009) testen 76% Alter bis 25-jährig (n = 100) testen 68% 26 bis 45-jährig (n = 304) testen 91% 46 bis 64-jährig (n = 406) testen 75% ab 65-jährig (n = 199) testen 58% © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = 1209) Handlungsseitig bleibt die Testbereitschaft der Schweizer EinwohnerInnen somit an Risikoperzeptionen geknüpft aber weitestgehend unabhängig von der Krankheit. Denn obwohl man sich allgemein wenig gefährdet fühlt, sich mit Hepatitis oder AIDS anzustecken, ist die Testbereitschaft hoch, wenn man ein 10-ProzentRisiko voraussetzt. Grundsätzlich finden hohe 72 Prozent regelmässige Gesundheitschecks an und für sich wichtig, wie in Kapitel 3.1 gezeigt wurde (Grafik 11). Interessant ist natürlich die Frage, ob diese grundsätzliche Haltung auch in Handlungsbereitschaft mündet. Für HIV und Krebs ist das gegeben, doch würden sich selbst EinwohnerInnen, die Gesundheitschecks unwichtig finden, in diesen beiden Fällen bei Verdacht mehrheitlich testen lassen. Für Hepatitis und Herz-/Kreislauferkrankungen gilt dies tendenziell auch, aber wer Gesundheitschecks grundsätzlich überhaupt nicht wichtig findet, ist gespalten in Bezug auf die Testbereitschaft zu diesen Krankheiten. Wenn es um Ebola, Grippe oder Zika geht, würden nur jene EinwohnerInnen sich mehrheitlich testen lassen, die Gesundheitschecks wichtig finden. Wer sie dagegen überhaupt nicht wichtig findet, würde mehrheitlich keinen Test machen. Regelrechte Fronten finden wir in Bezug auf das Impfen. Wer Gesundheitschecks grundsätzlich wichtig findet, verfügt mehrheitlich über einen aktuellen Impfschutz. Wer dagegen findet solche Gesundheitschecks seien unwichtig, verfügt in der Mehrheit über keinen aktuellen Impfschutz. 3.4.1 Zwischenbilanz Grundsätzlich fühlen sich Schweizer EinwohnerInnen eher nicht gefährdet, sich mit einer Krankheit anzustecken oder krank zu werden. Die Sensibilität liegt allerdings bei Grippe, Krebs sowie bei Herz- und Kreislauferkrankungen deutlich höher als bei Hepatitis, Zika, Masern, HIV und AIDS oder Ebola. Das beinhaltet die im Grunde logische Konsequenz, dass man sich bei Krankheiten, vor denen man sich nur bedingt aktiv schützen kann, auch stärker gefährdet fühlt. Über die 43 Zeit betrachtet erweisen sich diese Werte als insgesamt stabil, denn die Interessant sind die soziodemografischen Muster hinter diesen gefühlten Gefährdungen, denn für annährend alle Krankheiten erweisen sich die Variablen Alter, Einkommen, Bildung und Sprachregion als relevant. Durchs Band zeigt sich zudem, dass Personen, die ihren Gesundheitszustand als schlecht einstufen, sich stärker gefährdet fühlen – völlig unabhängig von der abgefragten Krankheit. Grundsätzlich fühlen sich ältere Menschen und sozial tiefe Schichten eher stärker gefährdet, als die jeweiligen Gegengruppen aber auch Befragte, die sich stark für Gesundheitsthemen interessieren oder solche die sich an Neuigkeiten zu Viren erinnern, stärker gefährdet. Die Angaben der Befragten zur Frage, welche Tests standardmässig im Rahmen eines Gesundheitschecks durchgeführt werden sollten, spiegeln die Gefährdungsperzeptionen. Die Testbereitschaft für Brustkrebs5, Herz- und Kreislauferkrankungen und andere Formen von Krebserkrankungen bleibt hoch. Auch eine standardmässige Prüfung der Aktualität von Impfungen würde von einer klaren Mehrheit begrüsst werden. Die Akzeptanz für Hepatitis-C-Tests ist zwar verglichen mit 2015 klar zurückgegangen, bleibt aber mehrheitlich und verglichen mit 2014 leicht erhöht. Die dynamische Entwicklung ist für Hepatitis A- oder B-Tests in abgeschwächter Form gleich, das Meinungsbild aber gespaltener. Nach wie vor mehrheitlich abgelehnt werden routinemässige Tests bei sexuell übertragbaren Krankheiten generell oder spezifisch HIV-Tests. Setzt man ein 10-Prozent-Risiko einer Ansteckung voraus, erhöht sich die Testbereitschaft für alle Krankheiten. Damit ist die erhöhte Akzeptanz von Tests für Risikogruppen nicht nur eine abstrakte Haltung, die Andere betrifft, sondern leitet auch das eigene Handeln bei gegebenem Risiko. Denn ein Risiko vorausgesetzt, würden sich Mehrheiten auf alle hier abgefragten Krankheiten testen lassen. Im Vergleich zur generellen Testbereitschaft steigert ein Risiko vorausgesetzt insbesondere die Testbereitschaft für Hepatitis aber auch jene für HIVTests. Die Trends zu den Testbereitschaften bei einem vorausgesetzten Risiko verlaufen mit Ausnahme der Grippe, wo sie klar angestiegen ist, uneinheitlich. Bei allen anderen Krankheiten war sie 2015 rückläufig und ist 2016 wieder angestiegen, sodass sich die aktuellen Werte wieder nahe an jenen, die 2014 gemessen wurden bewegen. Zwischen der gefühlten Gefährdung einer Ansteckung und der Testbereitschaft finden sich eindeutige Zusammenhänge, besonders bei HIV, Hepatitis und Herz/Kreislauferkrankungen; wer sich gefährdet fühlt, würde sich mit grosser Wahrscheinlichkeit auch testen lassen. Etwas weniger eindeutig gilt dies auch für die Grippe, Zika und Ebola. Issue Impfschutz Beschäftigt man sich mit Gesundheitsthemen respektive Haltungen dazu und insbesondere auch mit Viren, stösst man früher oder später unweigerlich auf ein Issue, bei dem die Meinungen auseinandergehen; den Impfschutz. Haltungen zur Impfthematik beeinflussen Haltungen zu Gesundheitsproblemen und dem Umgang damit generell und sind aus diesem Grund relevant. Dabei kann vorweggenommen werden, dass es für eine Mehrheit von 73 Prozent der Schweizer EinwohnerInnen mindestens eher wichtig ist, den persönlichen Impfschutz aktuell zu halten. 24 Prozent finden dies eher oder gar nicht wichtig, 3 Prozent geben keine Antwort. Verglichen mit den Angaben zur grundsätzlichen Wichtigkeit von Gesundheitschecks (72% eher/sehr wichtig für sich persönlich), kommt der Wert für Impfschutz fast gleichauf zu liegen. 5 nur Frauen gefragt 44 Die dynamische Betrachtungsweise legt eine unterschwellige Abnahme der Wichtigkeitsbeimessung nahe. Über die vergangenen drei Jahre hat sich die dezidierte Wichtigkeitszuschreibung am meisten verändert und sie hat klar abgenommen. Die Wichtigkeit eines aktuellen Impfschutzes bleibt jedoch tendenziell breit akzeptiert und auch in den Untergruppen finden wir keine Anzeichen für weitreichenden Wiederstand gegen das Impfen. Zwar betonen tiefe soziale Schichten, ganz junge EinwohnerInnen oder solche aus dem Tessin die Wichtigkeit eines aktuellen Impfschutzes weniger deutlich, aber es finden sich in sämtlichen der untersuchten Untergruppen Mehrheiten, die es mindestens eher wichtig finden, ihren Impfschutz aktuell zu halten. Grafik 30 Trend Wichtigkeit aktueller Impfschutz "Wie wichtig finden Sie es persönlich, Ihren Impfschutz aktuell zu halten?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren 9 7 6 14 17 18 3 3 41 44 1 41 überhaupt nicht wichtig eher nicht wichtig weiss nicht/keine Antwort eher wichtig 35 Juli/August 2014 32 Juli/August 2015 29 sehr wichtig Juli/August 2016 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Die grundsätzliche Akzeptanz der Wichtigkeit eines aktuellen Impfschutzes dürfte damit zusammenhängen, dass im Grunde unbestritten ist, dass einige Krankheiten dank Impfungen weltweit besiegt werden konnten. Nur gerade 9 Prozent bestreiten diese Aussage, stabile 87 Prozent geben sich damit mindestens eher einverstanden. Keine einzige Untergruppe äussert sich relevant kritisch. Die Nutzenseite erhält zusätzlichen Aufwind dadurch, dass weitgehend bekannt ist, dass eine HIV-Infektion bei richtiger Behandlung keine tödliche Krankheit mehr sein muss und man sich gegen mehrere Formen von Hepatitis Impfen lassen kann. Gerade in Bezug auf Hepatitis zeigen sich allerdings nach wie vor beträchtliche Lücken im Wissensstand (18% weiss nicht/keine Angabe). Dieses Unwissen über die Möglichkeit, sich gegen Hepatitis impfen lassen zu können, ist besonders verbreitet bei Personen über 60 Jahren (24% w. n.) und solchen mit den tiefsten Haushaltseinkommen (36%). Wenn auch eine allgemeine und flächendeckende Impfpflicht nur für wenige Befragte eine denkbare Option wäre6, findet sich eine wachsende Mehrheit (Δ20152016: +5%-punkte), die sich für obligatorische Masernimpfungen bei Kindern ausspricht. Ältere Befragte üben mehr Zurückhaltung bei dieser Forderung als 6 siehe Kapitel 3.1, Grafik 12 45 jüngere allerdings bei ebenfalls nur knapp weniger als einem Drittel kritischer Voten. Gleiches gilt für Befragte die ihren Impfschutz nicht aktuell halten. Damit stehen sämtliche Untergruppen mehrheitlich hinter dieser Forderung. Auch wird Impfen stabil und mehrheitlich von sämtlichen Untergruppen als Solidaritätsakt gegenüber Personen, die sich nicht impfen lassen können, empfunden. Kritische Töne sind in diesem Punkt am ehesten bei 40-49-Jährigen, EinwohnerInnen mit tiefer Bildung, solche die nicht Reisen, ihren Impfschutz nicht aktuell halten und AusländerInnen zu hören. In all diesen Gruppen verwerfen rund 30 Prozent die Aussage. Doch trotz einer grundsätzlichen Akzeptanz der Wichtigkeit des persönlichen Impfschutzes und der Nutzensicht manifestieren sich aussageseitig nach wie vor kritische Haltungen. Wenn es etwa um Grippeerkrankungen und Pandemien geht, wird Skepsis – insbesondere der Pharmaindustrie gegenüber – greifbar: Eine klare Mehrheit bejaht seit Anbeginn der Studienreihe, dass Pharmaunternehmen mit Angstmacherei ihr Geschäft machen. Weiter hält sich ein latenter Vorwurf der Pharmaindustrie gegenüber; Schweizer EinwohnerInnen glauben zu drei Viertel, dass durch Lockerungen der Patentrechte HIV und AIDS in Entwicklungsländern viel besser bekämpft werden könnten. Grafik 31 Trend Aussagen Krankheiten, Medikamente und Impfungen (1/2) "Sagen Sie mir bitte für folgende Aussagen, ob sie für Sie persönlich voll zutreffen, eher zutreffen, eher nicht zutreffen oder überhaupt nicht zutreffen." Krankheiten dank Impfungen besiegt "Dank Impfungen konnten einige Krankheiten weltweit praktisch besiegt werden." Angstmacherei "Mit der Angstmacherei rund um Grippewellen und andere Pandemien machen vor allem die Pharmaunternehmen ihr Geschäft." Lockerung Patente zur Bekämpfung HIV/AIDS "Würde die Pharmaindustrie ihre Patente lockern, könnten HIV und AIDS in Entwicklungsländern viel besser bekämpft werden." obligatorische Masernimpfung bei Kindern "Kinder sollen obligatorisch gegen Masern geimpft werden." HIV nicht mehr tödlich "Wenn eine HIV-Infektion richtig behandelt wird, ist es heute keine tödliche Erkrankung mehr." Akt der Solidarität "Impfungen sind auch ein Akt der Solidarität gegenüber Personen, die sich nicht impfen können." Impfung gegen Hepatitis "Gegen mehrere Formen von Hepatitis kann man sich impfen lassen." in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, trifft voll/eher zu 88 87 87 80 77 74 73 71 70 69 76 76 71 70 69 69 80 74 74 72 72 Krankheiten dank Impfungen besiegt Angstmacherei Lockerung Patente zur Bekämpfung HIV/AIDS obligatorische Masernimpfung bei Kindern HIV nicht mehr tödlich Akt der Solidarität Impfung gegen Hepatitis Juli/August 2014 Juli/August 2015 Juli/August 2016 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Hohe Anteile unsicherer Voten finden sich in Bezug auf Medikamente, welche die Vermehrung von Viren behindern sollen. Der Grundtenor geht zunehmend Richtung ja, es gibt solche Medikamente, jeder Fünfte ist allerdings überfragt (20% weiss nicht). Besonders unsicher zeigen sich Befragte über 60, Erberwerbslose und EinwohnerInnen aus tiefen sozialen Schichten Die Ansicht, dass es kein Medikament zur Heilung von Grippe gebe, wird von einer stabilen Mehrheit geteilt. 31 Prozent widersprochen. Tief Gebildete widersprechen (relativ)mehrheitlich, ansonsten jedoch stimmen alle Untergruppen der Aussage zu. Das Einverständnis mit der Aussage, dass sich das Gesundheitspersonal nicht systematisch impft bleibt gegenüber 2014 erhöht, jedoch nicht mehr in gleichem Masse wie noch 2015. Aktuell geben 56 Prozent an, das dem so sei. 46 Zum zweiten Mal in Folge zugenommen hat allerdings die Zustimmung zur Aussage, dass Gesundheitsexperten Behauptungen von Impfgegnern mit überzeugenden Argumenten entkräftet haben. 54 Prozent stimmen zu, 27 Prozent widersprechen und hohe 19 Prozent bleiben unschlüssig in dieser Frage. Gegenüber 2014 hat sich der Anteil Unschlüssiger nicht relevant verändert (Δ20142016: +1%-punkt), während die Zustimmung über denselben Zeitraum deutlich angestiegen ist (+7%-punkte) und sich die Ablehnung zur Aussage klar verringert hat (-7%-punkte). Das entspricht dem Bild eines mittelfristigen Meinungswandels. So haben kritische Haltungen zum Impfen in einem Fall Aufwind (Gesundheitspersonal), im anderen (Experten) klar nicht. Was sich hält, ist Zustimmung zur Aussage es sei besser, Erkrankungen natürlich durchzumachen anstatt zu impfen. Doch die Aussage polarisiert schon seit Beginn der Studienreihe deutlich. Aktuell stimmen 49 Prozent zu, 42 Prozent widersprechen. In ähnlichem Masse polarisiert einzig die Aussage, dass Grippeimpfungen gefährlich seien; 47 Prozent sind damit einverstanden, 42 Prozent stellen sich gegen diese Aussage. In diesem letzten Punkt ist die Stimmung damit etwas kritischer als noch 2014, wo 48 Prozent der Aussage widersprachen und sie lediglich von (relativ-)minderheitlichen 43 Prozent geteilt wurde. Neu wurde 2016 die Aussage, dass mehr Personen an den Folgen von Hepatitis als an den Folgen von HIV/AIDS sterben, geprüft. Und obwohl in der offenen Frage nach erinnerten Neuigkeiten einige Personen exakt dies bekunden, ist die Verunsicherung über die konkrete Aussage gross; 36 Prozent antworten mit weiss nicht. Eine relative Mehrheit stimmt jedoch zu, dass es mehr Tote durch Hepatitis als durch AIDS gebe, 15 Prozent stellen sich dagegen. Grafik 32 Trend Aussagen Krankheiten, Medikamente und Impfungen (2/2) "Sagen Sie mir bitte für folgende Aussagen, ob sie für Sie persönlich voll zutreffen, eher zutreffen, eher nicht zutreffen oder überhaupt nicht zutreffen." behindert Vermehrung von Viren "Es gibt Medikamente, die die Vermehrung von Viren behindern." kein Medikament Heilung Grippe "Es gibt kein Medikament, das Grippe heilen kann." Gesundheitspersonal impft nicht systematisch "Das Gesundheitspersonal impft sich nicht systematisch." Experten haben Argumente der Gegner entkräftet "Gesundheitsexperten haben mit überzeugenden Argumenten Behauptungen von Impfgegnern entkräftigt." Erkrankung besser durchmachen "Anstatt zu impfen ist es besser, eine Erkrankung natürlich durchzumachen." Mehr Tote durch Hepatitis als HIV/AIDS "Es sterben mehr Personen an den Folgen von Hepatitis als an den Folgen von HIV/AIDS." Grippeimpfungen gefährlich "Grippeimpfungen sind gefährlich, weil die Impfung selbst eine Erkältung auslösen kann." behindert Vermehrung von Viren in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, trifft voll/eher zu 64 58 47 59 59 51 48 49 60 59 56 54 49 49 47 57 51 47 43 kein Medikament Heilung Grippe Gesundheitspersonal impft nicht systematisch Experten haben Argumente der Gegner entkräftet Erkrankung besser durchmachen mehr Tote durch Hepatitis als HIV/AIDS Juli/August 2014 Juli/August 2015 Juli/August 2016 Grippeimpfungen gefährlich © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Gerade weil sich die Zustimmungswerte zu einem Grossteil der Aussagen als relativ stabil erweisen, sind Verschiebungen umso mehr zu betonen und zwar insbesondere dann, wenn sie über die drei Erhebungspunkte hinweg eindeutig gerichtet verliefen und ausserhalb des Stichprobefehlers lagen. Beides trifft für die Aussagen, dass HIV keine tödliche Krankheit mehr sei, die Masernimpfung obligatorisch gemacht werden sollte, Impfen ein Akt der Solidarität sei, es eine 47 Impfung gegen Hepatitis gibt und die Ansicht, dass die Grippeimpfung gefährlich sei zu. Das Ausmass des Anstiegs liegt allerdings bei diesen fünf Aussagen nur knapp ausserhalb des Stichprobenfehlers. Anders bei den Aussagen, dass es Medikamente gebe, welche die Vermehrung von Viren behindern und der Aussage, dass Experten Argumente der ImpfgegnerInnen entkräftet haben. Beide haben deutlich ausserhalb des Stichprobenfehlers an Unterstützung gewonnen. Interessant ist die konkrete Frage, gegen welche Krankheiten man sich denn impfen lassen würde, vorausgesetzt man könnte es. Der Befund ist eindeutig, wenn man von Starrkrampf-Impfungen spricht; 83 Prozent der Schweizer EinwohnerInnen würden sich gegen Starrkrampf impfen lassen. Auch Hepatitis-Cund Masern-Impfungen würden noch Mehrheiten der Befragten in Erwägung ziehen, nicht aber Ebola-, Zika-, Grippe- oder HIV-Impfungen. In gewissen Untergruppen finden sich vom Mainstream abweichende Haltungen, nicht jedoch bei Ebola, Starrkrampf und HIV; denn genauso wie keine einzige Untergruppe sich mehrheitlich gegen Ebola oder HIV impfen lassen würde, ziehen sämtliche Untergruppen Starrkrampfimpfungen in Erwägung. Anders als die Mehrheit würden sich jedoch Befragte über 70, solche mit tiefer Bildung oder tiefem Einkommen und Romands mehrheitlich nicht gegen Hepatitis C impfen lassen. Grafik 33 Trend Impfung Krankheiten "Angenommen man könnte sich gegen alle folgende Krankheiten impfen lassen, würden Sie eine Impfung in Erwägung ziehen? Wie seht das aus bei…" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, Anteil "Ja, würde mich impfen lassen" 86 83 Starrkrampf Hepatitis C 54 56 52 51 40 39 35 32 35 35 28 Masern Ebola Zika Grippe HIV/Aids Juli/August 2015 Juli/August 2016 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) TessinerInnen zeigen sich als einzige Untergruppe Grippeimpfungen gegenüber mehrheitlich aufgeschossen. Alle anderen Gruppen würden sich mehrheitlich nicht gegen Grippe impfen lassen – auch alte Menschen nicht. Masern-Impfungen dagegen würden über 70-Jährige, die tiefsten beiden Einkommensgruppen, nicht an Gesundheitsthemen interessierte Befragten und solchen die nicht ins Ausland reisen mehrheitlich nicht machen lassen. Und ZikaImpfungen würden lediglich Personen die regelmässig ins Ausland reisen erwägen. Die Entwicklungen über die Zeit sind in drei Fällen relevant: Die Impfbereitschaft für Ebola und für die Grippe ist gegenüber 2015 gestiegen, jene für HIV respektive Aids dagegen gesunken. 48 Bemerkenswert bleibt, dass lediglich 55 Prozent der EinwohnerInnen tatsächlich über einen aktuellen Impfschutz verfügen. 43 Prozent der Schweizer EinwohnerInnen geben an, der eigene Impfschutz sei nicht mehr aktuell. Dabei handelt es sich bei 22 Prozent um einen bewussten Impfverzicht, bei 21 Prozent um einen unbewussten. Der sich 2015 abzeichnende Trend weg von aktuellem Impfschutz, hin zu bewusstem Verzicht setzte sich 2016 jedoch nicht weiter fort, so dass eben beschrieben Mehrheitsverhältnisse als relativ stabil angenommen werden dürfen. Grafik 34 Trend Aktualität eigene Impfungen "Wissen Sie zufällig: Sind bei Ihnen alle Impfungen noch aktuell oder sind die Impfungen nicht mehr aktuell?" "Verzichten Sie bewusst auf gewisse Impfungen?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren 2 21 2 2 21 21 weiss nicht/keine Antwort 22 22 25 nicht aktuell, unbewusster Verzicht nicht aktuell, bewusster Verzicht Ja, aktuell 55 Juli/August 2014 55 52 Juli/August 2015 Juli/August 2016 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) Addiert man EinwohnerInnen mit aktuellem Impfschutz und solche mit nicht aktuellem, jedoch ohne bewusstem Impfverzicht, ergibt dies 76 Prozent, was ungefähr dem Anteil der Einwohnerschaft entspricht, der es grundsätzlich für wichtig hält, den eigenen Impfschutz aktuell zu halten (73%). Die Gruppen sind allerdings dennoch nicht deckungsgleich, denn die Grundhaltung zur Wichtigkeit des Impfschutzes mündet nicht zwingend in entsprechende Handlungen. Dennoch führen beide Fragen auf je unterschiedliche Weise das impfkritische Potenzial in der Schweizer Einwohnerschaft vor Augen und dieses liegt irgendwo knapp über 20 Prozent. Anhand eines Antwortbaums lassen sich die stärksten gesellschaftlichen Spaltungen in dieser Frage aufzeigen und entgegen der ersten beiden Jahre, verlaufen diese nun entlang des Reiseverhaltens und nicht mehr entlang des Alters. Dieser Effekt könnte Ebola und Zika geschuldet sein. Denn wer regelmässig reist, verfügt klar häufiger über einen aktuellen Impfschutz als wer dies nicht tut. Bei Personen die regelmässig ins Ausland reisen, ist in zweiter Linie das Alter zentral. Die beste Impfrate finden wir bei EinwohnerInnen, die regelmässig reisen und zwischen 52 und 61 Jahre alt sind. Doch auch solche unter 51 Jahren verfügen zu zwei Dritteln und damit klar häufiger als der Durchschnitt über einen aktuellen Impfschutz. Wer dagegen nur ab und zu oder gar nie ins Ausland reist, ist knapp weniger als der Durchschnitt auf aktuellem Impfstand. Stammen Befragte zudem aus der Deutschschweiz oder der Romandie akzentuiert sich dieser Umstand nochmals. 49 Am wenigsten Befragte mit aktuellem Impfschutz finden sich unter hochverdienenden DeutschschweizerInnen oder Romands, die selten bis nie ins Ausland reisen. Grafik 35 Aktualität eigene Impfung "Wissen Sie zufällig: Sind bei Ihnen alle Impfungen noch aktuell oder sind die Impfungen nicht mehr aktuell?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren Total N = 1209 Ja 55% Auslandsreisen bis 51-jährig (n = 135) Ja 66% regelmässig (n = 283) Ja 64% ab und zu/nie (n = 926) Ja 54% Alter Sprache 52 bis 61-jährig (n = 67) Ja 76% ab 62-jährig (n = 81) Ja 52% ICH (n = 177) Ja 68% DCH/FCH (n = 749) Ja 51% Haushaltseinkommen bis CHF 5000 (n = 348) Ja 49% CHF 5001 - 7000 (n = 194) Ja 62% ab CHF 7001 (n = 207) Ja 45% © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = 1209) Die Charakterisierung von Personen, die bewusst auf Impfungen verzichten, hilft, das impfkritische Potenzial greifbar zu machen und das Alter erweist sich als die relevanteste Grösse: Von den unter 36-Jährigen EinwohnerInnen, die ihren Impfschutz nicht aktuell halten, verzichten nur 31 Prozent bewusst auf Impfungen. Befragte, die zwischen 37 und 47 Jahre alt sind verzichten dagegen mehrheitlich (51%) bewusst darauf ihren Impfschutz aktuell zu halten. Noch deutlicher ist das bei Befragten über 61 der Fall (61%). Sie sind die Gruppe, die ihren Impfschutz am häufigsten nicht aktuell hält. Bei den jüngsten ist das Impfverhalten zudem durch das Geschlecht bestimmt. Frauen unter 36 Jahren verzichten nicht nur mehrheitlich und überdurchschnittlich (54%) bewusst darauf ihren Impfschutz aktuell zu halten, sie tun dies auch eindeutig häufiger als Männer im selben Alter (17%). Anders formuliert ist die Impfdurchdringung bei jungen Frauen aber auch bei Personen ab 37 Jahren generell ungenügend. 50 Grafik 36 Filter Bewusster Verzicht Impfungen "Verzichten Sie bewusst auf gewisse Impfungen?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren, bei denen nicht alle Impfungen aktuell sind Total n = 522 Ja 49% Alter 37 bis 47-jährig (n = 55) Ja 51% bis 36-jährig (n = 152) Ja 31% ab 48-jährig (n = 315) Ja 61% Geschlecht Frau (n = 57) Ja 54% Mann (n = 95) Ja 17% © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (n = 522) Obwohl also die Aktualität des Impfschutzes als wichtig erachtet wird und sich eine Mehrheit um einen solchen bemüht, gibt es bei 21 Prozent Nachlässigkeiten und bei 22 Prozent der Befragten einen bewussten Verzicht aufs Impfen. So finden sich gesamthaft 43 Prozent in der Schweizer Einwohnerschaft, die über keinen aktuellen Impfschutz verfügen. Das entspräche einer allgemeinen Impfrate von 57 Prozent in der Schweiz. Impffragen spalten die Geister und die Fronten sind eindeutig. Die Folgen schlechter Durchimpfungsraten wurden unlängst durch Masernepidemien in Teilen der Schweiz und auch im Ausland erkennbar. Möchte man solche Vorfälle vorbeugen, sind jene EinwohnerInnen, die tendenziell die Wichtigkeit eines aktuellen Impfschutzes anerkennen eine wichtige Zielgruppe. Und solche finden sich besonders häufig in der Altersgruppe der 26- bis 45-Jährigen, die über tiefe bis mittlere Haushaltseinkommen verfügen. Sie finden sich aber auch unter über 46-Jährigen mit mittleren Haushaltseinkommen, die aus der Romandie stammen überdurchschnittlich häufig. Zentrale Zielgruppen einer Aufklärungskampagne wären somit just die eben genannten. 51 Grafik 37 Wichtigkeit aktueller Impfschutz – eher wichtig "Wie wichtig finden Sie es persönlich, Ihren Impfschutz aktuell zu halten?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren Total N = 1209 eher wichtig 44% Alter bis 25-jährig (n = 115) eher wichtig 35% 26 bis 45-jährig (n = 371) eher wichtig 58% ab 46-jährig (n = 723) eher wichtig 40% Haushaltseinkommen Haushaltseinkommen bis CHF 9000 (n = 301) eher wichtig 61% ab CHF 9001 (n = 70) eher wichtig 44% bis CHF 3000 (n = 166) eher wichtig 28% CHF 3001 - 5000 (n = 331) eher wichtig 46% ab CHF 5001 (n = 226) eher wichtig 38% Sprache FCH (n = 71) eher wichtig 63% DCH/ICH (n = 260) eher wichtig 41% © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = 1209) Bemerkenswert ist dabei, dass die Schweizer Einwohnerschaft die Impfdurchdringung in der Schweiz eindeutig als höher als im Ausland einschätzt: zwei Drittel der EinwohnerInnen denken, dass in der Schweiz (eher) mehr Personen geimpft sind als im Ausland, ein Viertel denkt, es seien im Ausland höchstens gleichviele oder weniger. 9 Prozent sind unsicher. Der mehrheitliche Glaube, dass die Impfdurchdringung in der Schweiz höher sei als im Ausland, bestätigt sich über sämtliche Untergruppen hinweg. Einige zeigen sich allerdings stärker verunsichert als andere. Besonders hoch ist das Unwissen bei tief Gebildeten (20%) aber auch in der Romandie und im Tessin zeigt es sich erneut erhöht (14% resp. 13%) und ebenso bei Personen, die nicht wissen ob ihr Impfschutz aktuell ist (16%). Der Vergleich der drei Messpunkte zeigt, dass Bewegung in diese Einschätzungen gekommen ist, denn einerseits geben im Vergleich zu den Vorjahren klar weniger Befragte an, die Impfdurchdringung sei in der Schweiz viel höher als im Ausland (Δ2014-2016: -9%-punkte). Es hält sich aber die Ansicht, dass es eher mehr seien. Gleichzeitig finden sich 2016 mehr kritische Voten in Bezug auf die Schweiz als noch vor zwei Jahren (Δ2014-2016: +5%-punkte). Insgesamt sprechen die zeitlichen Entwicklungen für eine zunehmende Sensibilisierung der Schweizer Einwohnerschaft und es scheint, als ob die Kampagnenarbeit zu Masern ihre Wirkung nicht verfehlt. Das BAG hat sich per Ende 2015 eine Masern-Impfdurchdringung von 95 Prozent auf die Fahne geschrieben und Aktionen zu diesem Zweck durchgeführt. Da allerdings nach wie vor eine Mehrheit glaubt, die Impfdurchdringung sei in der Schweiz besser als im Ausland, ist die Kampagne noch nicht am Ziel angelangt. 52 Grafik 38 Trend Vergleich Impfungen Schweiz-Ausland "Vergleichen wir noch die Schweiz mit dem Ausland. Denken Sie, dass in der Schweiz viel mehr, eher mehr, eher weniger oder viel weniger Personen geimpft sind als im Ausland?" in % EinwohnerInnen ab 18 Jahren 13 14 8 1 10 10 9 9 weiss nicht/keine Antwort 2 gleichviele 1 14 13 viel weniger 45 eher weniger 52 46 eher mehr 23 viel mehr 16 Juli/August 2014 Juli/August 2015 14 Juli/August 2016 © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = ca. 1200) 3.5.1 Zwischenbilanz Beschäftigt man sich mit Gesundheitsthemen respektive Haltungen dazu und insbesondere auch mit Viren, stösst man früher oder später unweigerlich auf ein Issue, bei dem die Meinungen auseinandergehen; den Impfschutz. Die klare Mehrheit der Schweizer EinwohnerInnen finden es dabei wichtig ihren Impfschutz aktuell zu halten, allerdings gibt es in relevantem Ausmass kritische Voten. Verschärfend kommt hinzu, dass die Wichtigkeitsbeimessung latent schwindet. Impffragen spalten die Geister; das resistent impfkritische Potenzial liegt in der Schweizer Einwohnerschaft bei rund 20 Prozent. Neu ist 2016, dass die stärksten gesellschaftlichen Spaltungen in der Impffrage entlang des Reiseverhaltens und nicht mehr entlang des Alters zu finden sind. Dieser Effekt könnte Ebola und Zika geschuldet sein. Denn wer regelmässig reist, verfügt klar häufiger über einen aktuellen Impfschutz als wer dies nicht tut. Die Nutzenseite von Impfungen ist im Grunde unbestritten, selbst ein MasernImpfobligatorium für Kinder wäre für eine zunehmende Mehrheit eine denkbare Option. Wenn es allerdings um Grippeerkrankungen, Pandemien und Patentrechte geht, wird dem Thema und insbesondere der Pharmaindustrie kritisch begegnet. Das Gesundheitsfachpersonal wird nach wie vor nicht als Vorbild wahrgenommen. Es scheint sich in der Impffrage allerdings die Ratio breitzumachen; die Zustimmung zur Aussage, dass Gesundheitsexperten Behauptungen von Impfgegnern mit überzeugenden Argumenten entkräftet haben, nahm über den Untersuchungszeitraum stetig zu. So haben kritische Haltungen zum Impfen in einem Fall Aufwind (Gesundheitspersonal), im anderen (Experten) klar nicht. Was sich hält, ist die Zustimmung zur Aussage es sei besser, Erkrankungen natürlich durchzumachen anstatt zu impfen. Neu wurde 2016 die Aussage, dass mehr Personen an den Folgen von Hepatitis als an den Folgen von HIV/AIDS sterben, geprüft. Und obwohl in der offenen Frage nach erinnerten Neuigkeiten einige Personen exakt dies bekunden, ist die Verunsicherung über die konkrete Aussage gross. Eine relative Mehrheit stimmt 53 jedoch zu, dass es mehr Tote durch Hepatitis als durch AIDS gebe, 15 Prozent stellen sich dagegen. Verbreiteter als in den Vorjahren ist das Wissen darum, dass HIV keine tödliche Krankheit mehr ist, es eine Impfung gegen Hepatitis gibt und Medikamente die Verbreitung von Viren eindämmen können. Handlungsseitig sind Starrkrampf-Impfungen breit akzeptiert. Auch Hepatitis-Cund Masern-Impfungen würden noch Mehrheiten der Befragten in Erwägung ziehen, nicht aber Ebola-, Zika-, Grippe- oder HIV-Impfungen. Über die vergangenen drei Jahre hat sich die Impfbereitschaft für Ebola und für die Grippe gesteigert, jene für HIV respektive Aids ist dagegen gesunken. Obwohl die Aktualität des Impfschutzes grundsätzlich als wichtig erachtet wird und sich eine Mehrheit um einen solchen bemüht, gibt es bei 21 Prozent Nachlässigkeiten und bei 22 Prozent der Befragten einen bewussten Verzicht aufs Impfen. So verfügen insgesamt 43 Prozent in der Schweizer Einwohnerschaft über keinen aktuellen Impfschutz. Das entspräche einer allgemeinen Impfrate von 57 Prozent in der Schweiz. Die Impfdurchdringung ist dabei bei jungen Frauen aber auch bei Personen ab 37 Jahren generell ungenügend. Langsam aber sicher macht sich Wissen über diesen Umstand breit. Zwar glaubt nach wie vor eine Mehrheit die Impfdurchdringung in der Schweiz sei höher als im Ausland, die zeitlichen Entwicklungen sprechen jedoch insgesamt für eine zunehmende Sensibilisierung. Übergreifende Analysen 3.6.1 Pfeiler der Wichtigkeit eines aktuellen Impfschutzes Eine umfassende Betrachtung der Haltungen rund um Impfungen erlaubt die Regressionsanalyse. Anhand der Haltungen zu den vierzehn Aussagen, die zuvor besprochen wurden, der Angabe zum eigenen Impfstatus, dem Vergleich der Schweiz mit dem Ausland und der Impfungen die man prinzipiell in Erwägung ziehen würde, lassen sich 32 Prozent der Haltungen zur Wichtigkeit des Impfschutzes erklären (R2=0.321). Das ist für Einstellungsmessungen bereits eine akzeptable bis gute Modellgüte. Inhaltlich ist der eigenen Impfstatus massgebend; wer diesen aktuell hält, misst dem Impfschutz generell erhöhte Wichtigkeit bei. Zudem wird die Wichtigkeit getragen von der Haltung zu einem Masern Impfobligatorium und dem Anerkennen, dass gewisse Krankheiten dank Impfungen besiegt werden konnte. Wer sich zudem gegen Starrkrampf, Zika und Hepatitis impfen lassen würde, misst dem Impfschutz ebenfalls höhere Wichtigkeit bei. Die Wichtigkeit des Impfschutzes wird dagegen geringer eingestuft, wenn man findet es sei besser Krankheiten auf natürlichem Weg durchzumachen oder glaubt, dass die Pharmaindustrie mit Angstmacherei ihr Geschäft anheize. Am Rande tragen schliesslich die Ansicht, dass Impfen auch ein Akt der Solidarität sei und die Meinung, dass die Impfdurchdringung in der Schweiz höher sei als im Ausland zu einer stärkeren Betonung der Wichtigkeit des Impfschutzes bei. 54 Grafik 39 Regressionsanalyse Wichtigkeit aktueller Impfschutz "Wie wichtig finden Sie es persönlich, Ihren Impfschutz aktuell zu halten?" EinwohnerInnen ab 18 Jahren wichtig nicht wichtig Aktualität eigene Impfung Erkrankung besser durchmachen obligatorische Masernimpfung bei Kindern Starrkrampf (Impfung) Krankheiten dank Impfung besiegt Angstmacherei Zyka (Impfung) Hepatitis C (Impfung) Akt der Solidarität Vergleich Impfungen Schweiz-Ausland © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = 1209), R2 = .321 Erläuterung: Die eingesetzte Methode der linearen Regression beschreibt das Vorhandensein des Einflusses von unabhängigen Variablen (hier: Haltungen zu Aussagen rund um Impfen, Imfpverhalten) auf eine abhängige Variable (Wichtigkeit aktueller Impfschutz). Anhand der Farbe lässt sich unterscheiden, ob ein Element eher zu einer höherer Bewertung (rot) oder eher zu einer tieferen Bewertung (orange) führt. Argumente, welche in der Grafik nicht erscheinen, haben keinen Einfluss. 3.6.2 Pfeiler der Wichtigkeit von Gesundheitstests Eine Regressionsanalyse hilft zu erkennen, wie die Einschätzung über die Wichtigkeit von Gesundheitschecks für einen selbst konstituiert ist. In das Modell einbezogen wurden sämtliche Aussagen und Werthaltungen zum Gesundheitswesen und Viren, die Vertrauensvoten zu verschiedenen Akteuren aus dem Gesundheitswesen sowie die gefühlte Gefährdung einer Ansteckung mit verschiedenen Krankheiten. Als höchst relevant erweisen sich die Haltungen zu Präventionsmassnahmen und zu grundlegenden Werthaltungen zur Gesundheitsversorgung. Wer der Ansicht ist, Krankenkassen sollen aktiv Anreize für Gesundheitschecks schaffen, misst solchen naheliegender Weise auch erhöhte Wichtigkeit bei. Das gilt auch für EinwohnerInnen, die obligatorische Masernimpfungen fordern. Auch wer vertrauenswürdige Gesundheitsfachpersonen in seinem persönlichen Umfeld weiss, seinem Hausharzt in heiklen Fragen vertraut und fordert, dass die Pharmaindustrie frei informiert, findet Gesundheitschecks wichtiger. Damit sind verschiedene Akteure benannt, welche in der Lage wären, die Akzeptanz und Wichtigkeit von Gesundheitstests zu fördern. Am Rande kommt ein weiterer Ort der Information in Frage; der Reiseveranstalter, bei dem man Fernreisen bucht. Wer dagegen dem Drogisten vertraut, stuft die Wichtigkeit solcher Tests generell tiefer ein. Das gilt auch für EinwohnerInnen die sich wenig gefährdet fühlen, an einer Herz-/Kreislauf-Störung oder an Krebs zu erkranken. Auch wer findet, es sei besser, Erkrankungen natürlich durchzumachen oder nicht glaubt, dass es 55 mehr Hepatitis-Todesfälle gebe als durch AIDS ausgelöste, misst Gesundheitschecks verminderte Wichtigkeit bei. Alle weiteren ins Modell eingeflossenen Grössen erweisen sich als irrelevant. Will man die Akzeptanz von Gesundheitstests also fördern, sollte man auf Anreizsysteme und gezielte Information über die Schlüsselakteure – den Hausarzt, Gesundheitsfachpersonen, die Pharmaindustrie und Reiseveranstalter – setzen. Grafik 40 Regressionsanalyse Wichtigkeit regelmässige Gesundheitschecks "Wie wichtig finden Sie einen regelmässigen Gesundheitscheck insgesamt für sich selbst?" EinwohnerInnen ab 18 Jahren wichtig nicht wichtig Krankenkassen aktiv Anreize schaffen obligatorische Masernimpfung bei Kindern Gesundheitsfachperson im Bekanntenoder Verwandtenkreis frei informierende Pharmaindustrie Hausarzt (Vertrauen) Ablehnung zu: Herz- und Kreislauferkrankung (Gefährdung) Drogist (Vertrauen) Ablehnung zu: Krebs (Gefährdung) Erkrankung besser durchmachen Impfempfehlung bei Reisebuchung mehr Tote durch Hepatitis als HIV/AIDS © gfs.bern, Virusbarometer, Juli/August 2016 (N = 1209), R2 = .194 Erläuterung: Die eingesetzte Methode der linearen Regression beschreibt das Vorhandensein des Einflusses von unabhängigen Variablen (hier: Aussagen und Werthaltungen zum Gesundheitswesen und Viren, Vertrauensvoten Akteure, gefühlte Gefährdung Ansteckung) auf eine abhängige Variable (Wichtigkeit Gesundheitschecks). Anhand der Farbe lässt sich unterscheiden, ob ein Element eher zu einer höherer Bewertung (rot) oder eher zu einer tieferen Bewertung (orange) führt. Argumente, welche in der Grafik nicht erscheinen, haben keinen Einfluss. 56 4 Synthese Die Auseinandersetzung mit dem Thema ist zentral, weil Gesundheit einen sehr hohen Stellenwert im Leben des modernen Menschen einnimmt. Selbst im abtstrakten Thema Viren, kann ein demoskopisches Monitoring die Debatte zum Megatrend Gesundheit befruchten. Im Rahmen der Synthese soll neben der Beantwortung der Forschungsfragen ein perspektivischer Thesenteil den Bericht zum Virusmonitor 2016 abrunden. Wie ist der Umgang mit Virenfragen, Impfungen, Tabuthemen wie Fragen zum Sexualverhalten und der Austausch darüber mit der Ärzteschaft sowie die Wahrnehmung der Prävention in diesem Umfeld? Im Rahmen der Umfrage haben EinwohnerInnen der Schweiz relativ breit und ohne Unmut Auskunft zu teilweise sensiblen Fragestellungen gegeben. So lange der Rahmen der Anonymität gegeben ist, was Stigmatisierungen verhindert, können selbst Tabuthemen angegangen werden. Zentral ist das Vertrauen in das Gegenüber, weshalb man gerade bei heiklen Gesundheitsfragen den direkten Kontakt sucht, sei es zum Hausarzt oder zu einem Lebenspartner oder einer Lebenspartnerin. Auch darf nicht der Eindruck vorherrschen, dass einem durch eine Konsultation Nachteile entstehen könnten. Die Niederschwelligkeit macht das Internet als Informationsquelle zwar attraktiv, das Misstrauen in diese Institution ist allerdings breit und zunehmend vorhanden, besonders wenn es um den Ernstfall geht. Präventionsmassnahmen werden, besonders im schulischen Umfeld, klar begrüsst und gefordert, allerdings halten sich Zweifel an der Wirksamkeit, insbesondere von Kampagnen. Bemerkenswert ist allerdings in diesem Zusammenhang, dass sich bei der Frage nach erinnerten Neuigkeiten zum Thema Viren erneut Kampagneneffekte finden: 2014 landete HIV/AIDS auf den Spitzenrängen erinnerter Themen, 2015 galt gleiches für das Thema Hepatitis. Bei beiden Krankheiten zeigt sich anhand der konkreten Nennungen der Befragten, dass es im Grunde Kampagnen waren, die von den Leuten wahrgenommen oder erinnert wurden. Ähnliches stellen wir 2016 für die Masern-Kampagne des BAG fest. Zwar nicht in der offenen Themenfrage aber durchs Band an verschiedenen Stellen der Studie. Anders formuliert werden geäusserte Zweifel an der Wirksamkeit von Kampagnen durch die Befunde der letzten drei Jahre abgeschwächt. Kampagnen wirken, auch wenn einem das vielleicht nicht bewusst ist. Was sind zentrale Wertfelder und Wertgegensätze rund um Viren? Welche Rolle spielen Innovationen der Industrie und des Staats in diesem Kontext? Und was sind die zeitlichen Entwicklungen? Gesundheit ist bei der Schweizer Einwohnerschaft hoch im Kurs, wird aber klar als etwas Privates erachtet. Einmischung und Zwänge oder ähnliches werden nicht toleriert. Staatliche Interventionen im Gesundheitsbereich beispielsweise in Form von obligatorischen Gesundheitschecks oder anderen Vorschriften, stossen auf geringe Akzeptanz. Vielmehr setzt man auf Eigenverantwortung und selbstbestimmte Entscheide und das zunehmend. Eine klare Ausnahme davon bildet die abnehmende Akzeptanz der Eigenverantwortung in Impffragen. Der Staat und die Industrie sollen Informationstätigkeiten nachgehen dürfen, auch damit man als Konsument über neue Produkte aber auch über Gefahren und Krankheiten rasch im Bilde ist. Der Glauben an den medizinischen Fortschritt ist grundsätzlich intakt und es dominiert die Nutzensicht. Kritische Stimmen in Bezug auf die Industrie sind allerdings rund um Grippewellen und -impfungen sowie Patenrechte und die Rolle der Industrie in Drittweltländern auszumachen. 57 Systemanreizen gegenüber, beispielsweise über Krankenkassen, zeigt sich die Schweizer Einwohnerschaft nicht abgeneigt. Das wohl zentralste Wertfeld im Zusammenhang mit Viren ist das Impf-Issue, denn dieses spaltet die Schweizer Einwohnerschaft am stärksten. Grundsätzlich findet man es zwar wichtig, den eigenen Impfschutz aktuell zu halten. Diese Grundhaltung ist aber nicht zwingend eine Handlungsmaxime, denn nur knapp mehr als die Hälfte verfügt tatsächlich über einen aktuellen Impfschutz. Der Rest ist je hälftig aus Nachlässigkeit oder Überzeugung nicht geimpft. Das hart impfkritische Potenzial in der Schweiz kann zwischen 20 bis 24 Prozent festgemacht werden. Es nährt sich von der Ansicht, dass Impfen gefährlich sei, die Industrie mit übertriebener Angstmacherei ihr Geld verdiene und es schliesslich besser sei, Erkrankungen auf natürlichem Weg durchzustehen. Wenn auch eine flächendeckende Impfpflicht je länger je weniger Widerstand erfährt, ist sie nicht mehrheitsfähig. Obligatorische Masernimpfungen bei Kindern hingegen werden stabil und mehrheitlich begrüsst. Dass sich selbst das Gesundheitspersonal nicht systematisch impfen lässt, ist eine Ansicht, die sich zunehmend verbreitet. Das ist insofern problematisch, als dass diesen Personen eine Vorbildfunktion zukommt und sie auch punkto Vertrauen und Information eine zentrale Rolle spielen. Bemühungen von Experten, Argumente von Impfgegnern zu entkräften, werden allerdings mehr und mehr wahrgenommen und akzeptiert. Welche Verhaltenstypen lassen sich im Umgang mit Viren unterscheiden und welche Faktoren beeinflussen diese Typologie? Generell in Gesundheitsfragen und spezifisch auch im Umgang mit Viren, lassen sich einerseits das Interesse an Gesundheitsfragen im Allgemeinen, die gefühlte Bedrohung durch Viren andererseits als zentrale und verhaltensleitende Maximen erweisen. Wer sich für Gesundheitsthemen interessiert ist nicht nur sensibler für Neuigkeiten aus diesem Gebiet, sondern zeichnet sich auch durch eine pointierte Haltung zu vielen Fragen aus. Man fühlt sich wie sein eigener Gesundheitsexperte, der am besten weiss, was richtig ist. Diese Haltungen sind durchaus auch kritisch gefärbt und es sind vielmehr Überzeugungen als harte Fakten. In Kombination mit Impfskepsis ist bei hoch interessierten Personen eindeutig die Skepsis gegenüber der Industrie dominant. Fehlt jedoch dieses Element, sind hoch interessierte entweder häufig selber krank oder aber sie gehören der Gruppe der Interventionisten an, die staatliche Intervention verstärkt fordern. Der grösste Anteil der Schweizer Einwohnerschaft pflegt allerdings einen pragmatischen Umgang mit der Gesundheit- und Virenthematik. Man ist Medikamenten, Impfungen und Präventionsmassnahmen gegenüber generell aufgeschlossen und setzt eher auf Eigenverantwortung als auf Vorschriften und Zwänge. Das Interesse an Gesundheitsfragen ist tendenziell vorhanden aber nicht übermässig stark ausgeprägt. In diesem Umfeld ist das Wissen zu Viren eher medial geprägt und wenig fundiert. Interessant ist, dass tendenziell jene Personen, die sich am wenigsten für Gesundheitsfragen interessieren, sich am deutlichsten für obligatorische Tests aussprechen. In dieser Personengruppe wird gesundheitliche Verantwortung an andere Akteure ausgelagert. Wie gross ist das Bewusstsein der Bevölkerung für Viren und den Umgang in der Bekämpfung und Prävention, wo bestehen Informationsdefizite? Das Gefahrenpotenzial, das von Viren ausgeht, ist der Schweizer Einwohnerschaft bewusst und es wird höher eingestuft, als jenes von Bakterien. Vermehrt stellen sich Befragte allerdings auf die Position, dass Viren und Bakterien ähnlich 58 gefährlich seien. Neben stetigen Warnungen von zunehmender Antibiotikaresistenz dürften Meldungen zu bakteriellen Infektionen bei Spitalbehandlungen Erklärungsfaktoren für diese Entwicklung darstellen. Die grösste von Viren ausgehende Gefahr für die Schweizer Einwohnerschaft wird rund um Grippe- und Erkältungsviren verortet, gefolgt von HIV respektive AIDS. Auch rund um Phänomene wie Ebola oder Zika verorten SchweizerInnen Risiken, allerdings in klar geringerem Ausmass. Obwohl also die Wahrnehmung zu Viren klar von solchen medialen Schreckensgespenstern bestimmt ist, bereiten sie lediglich im beschränktem Ausmass Sorge. Das spricht letztlich für eine realitätsnahe Einschätzung der allgemeinen Bedrohungslage. Am allerhäufigsten antworten Befragte allerdings, dass sie nicht wissen, welche Virus-Erkrankung die grösste Gefahr für die Schweizer Bevölkerung darstelle. Das ist symptomatisch für das zuvor angesprochene wenig fundierte und eben medial bestimmte Wissen über Viren. Das Risiko sich mit einer viralen Krankheit anzustecken, wird mit Ausnahme von Grippe eher gering eingestuft. Die Angst an nicht-ansteckenden Krankheiten wie Krebs oder Herz- und Kreislaufkrankheiten zu erkranken, ist deutlich grösser. Das gefühlte Risiko einer Ansteckung respektive die gefühlte Gefährdung durch eine Krankheit, bestimmen die Testbereitschaft eindeutig: Gesundheitschecks als eine Form der Prävention stossen auf Akzeptanz und zwar umso mehr, je mehr eine reale Gefährdung einer Ansteckung glaubhaft gemacht werden kann. Mehrheiten sprechen sich für routinemässige Tests auf Herz- und Kreislauferkrankungen sowie verschiedene Formen von Krebs aus. Auch das Prüfen der Aktualität von Impfungen wäre relativ breit akzeptiert. Leicht gesteigert hat sich die Akzeptanz routinemässiger Tests auf Hepatitis C. Tendenzielle Ablehnung erfahren systematische Tests von sexuell übertragbaren Krankheiten, insbesondere HIV-Tests – ausser für Risikogruppen. Informationsdefizite bestehen in der Schweiz vor allem rund um Hepatitis und Impffragen. Trotz erhöhter Sensibilisierung in beiden Punkten bleiben solche bestehen. Bei Hepatitis hängt dies damit zusammen, dass Informationslücken in Fragen der Prävention (Impfungen) aber auch der Inzidenz und Gefährdung existieren. Bei Impffragen fällt auf, dass auf individueller Ebene Informationsdefizite über die Aktualität des eigenen Impfschutzes bestehen. Dazu gesellen sich Informationslücken auf kollektiver Ebene, denn es geht nach wie vor eine Mehrheit fälschlicherweise davon aus, dass die Impfrate in der Schweiz höher sei als im (nahen) Ausland. Die Wirksamkeit oder Wichtigkeit von Impfungen ist nicht grundsätzlich umstritten, wenn es allerdings um Masern- oder Grippe-Impfungen geht, wird die Verunsicherung und das skeptische Potenzial greifbar. Was für politische Haltungen beeinflussen die Einstellungen, wo bestehen konkrete Bedürfnisse nach staatlicher Tätigkeit? Wo steht die Eigenverantwortung im Zentrum? Politische Haltungen spielen eine gewisse allerdings meist untergeordnete Rolle bei Grundhaltungen zum Gesundheitswesen. Grundsätzlich erweisen sich Personen, die sich selber links im politischen Spektrum verorten, Vorschriften und Obligatorien im Gesundheitsbereich gegenüber positiver gesinnt als solche, die sich rechts, mittig oder gar nicht verorten. Staatlicher Intervention wird aber selbst im linken Spektrum der politischen Achse skeptisch begegnet, allerdings bleibt der Glaube an Kampagnenwirkungen bei Personen, die sich selber links auf der politischen Achse verorten höher als bei anderen. Staatliche Tätigkeit soll sich auf Kampagnenarbeit beschränken; der Staat soll informieren, damit die BürgerInnen eigenverantwortlich handeln können. Während allerdings die Haltungen obligatorischen Tests stabil skeptisch ausfallen, zeichnet sich eine Akzeptanzsteigerung für eine Impfpflicht ab. 59 Wie beurteilen SchweizerInnen die staatliche Tätigkeit und die Tätigkeiten der Wirtschaft (Entwicklung, Herstellung, Vertrieb, Verteilung) und der gesellschaftlichen Akteure? Wie glaubwürdig sind die Akteure in Gesundheitsfragen? Ist man von sensitiven Gesundheitsproblemen betroffen, schätzt man den direkten, persönlichen Austausch; sei es mit dem Hausarzt oder dem Lebenspartner, dem Apotheker oder Gesundheitsfachpersonen aus dem Bekanntenkreis. Internetbasierte Institutionen werden als wenig vertrauenswürdig erachtet, wenn es um Konsultationen geht. Der Hausarzt bleibt damit die zentrale Figur, wenn man mit heiklen Gesundheitsfragen konfrontiert ist. Aber auch dem Gesundheitsfachpersonal im weiteren Sinne kommt eine wichtige Rolle zu. Auch wenn es um Informationen geht, ist der Hausarzt die Schlüsselfigur, weder klassische noch neue Medienkanäle können ihm das Wasser reichen. Geschätzt wird allerdings der einfache und vermeintlich anonyme Zugang zu Informationen im Netz. Tendenziell sind aber klassische Medienkanäle (Zeitungen und TV) wichtiger für Informationszwecke, weil ihnen auch mehr vertraut wird. Der schulische Rahmen wird als bestes Gefäss für Informationstätigkeiten gesehen, doch auch die Krankenkassen und die Pharmaindustrie zieht man zur Verantwortung, auch wenn sich bei diesen beiden Akteuren relevante Anteile skeptisch äussern. Zusammenfassend sollen möglichst alle denkbaren Akteure frei informieren dürfen. Den Staat möchte man zudem am ehesten mit Präventionsmassnahmen beauftragen. Von den Krankenkassen erwartet man Anreize, um Präventionsmassnahmen wie Testing für sich selber attraktiv zu machen. Die Industrie wird grundsätzlich positiv bewertet, so lange dir Nutzensicht dominiert. Geht es aber um wirtschaftliche oder juristische Aspekte der Pharmaindustrie, kehrt der Wind. Wie werden aktuelle Issues im Virus-Bereich beurteilt? Die Sensibilität für Neuigkeiten zum Thema Viren ist als durchschnittlich zu beschreiben und sie wurde in den letzten drei Jahren eindeutig medial geprägt. Die Ebolafieber-Epidemie 2014 sowie auch das Zika-Virus, haben die Wahrnehmung und Bewertung von Virenthemen beeinflusst. Neu zeigen sich gar handlungsseitig Einflüsse hiervon, denn nicht um sonst wünscht man, dass Reiseveranstalter zwingend Impfempfehlungen abgeben. Die Impffrage bleibt dabei ein höchst polarisierendes Issue und die Fronten scheinen sich zu verhärten. Emotionale und stark mediatisierte Themen, wie es Ebola und Zika waren, überlagern langfristige, strukturell wichtige Themen. Strukturell wichtige Themen im Bereich Viren, sind Grippeviren wie auch Epidemien und Pandemien oder Hepatitis und HIV. In Bezug auf Grippeviren und die Rolle oder die Produkte der Industrie in diesem Kontext, wird die Skepsis von Teilen der Schweizer Bevölkerung greifbar. Sie sind ein eigenständiges Issue. Insgesamt zeigte sich die Themenlage zu Viren bisher als wenig vorbelastet. 2015 finden sich jedoch erstmals in relevantem Ausmass kritische Untertöne. Bemerkenswert ist, dass nicht Zika dafür verantwortlich ist, sondern vielmehr ein diffus-kritisches Grundgefühl die Wahrnehmung bestimmt. 2016 finden sich leise Anzeichen dafür, dass Gesundheit etwas weniger im Fokus steht als auch schon. Möglich, dass die starke gesellschaftliche Fokussierung auf Gesundheit und den Körper im Allgemeinen Gegenimpulse provoziert. 60 4.1.1 Thesen Aus den Befunden haben wir Thesen zur weiteren Diskussion im Rahmen des Virusbarometers abgeleitet. Wir basieren bei diesen Ausführungen auf den Überlegungen aus den Vorjahren. These 1: Wertelandschaft: Staatliche Information und Wahrung Intimsphäre 2016 finden sich Anzeichen, dass die Gesundheit etwas weniger interessiert als auch schon. Möglich, dass die starke gesellschaftliche Fokussierung auf Ernährung und Gesundheit Gegenimpulse provoziert. Gesundheit wird als etwas Privates erachtet. Einmischung erlaubt man gerade bei intimen Themen höchstens dem Hausarzt oder der eigenen Partnerin respektive dem eigenen Partner. Entscheiden will man in Gesundheitsfragen autonom; eigenverantwortliches Handeln wird staatlichen Interventionen, Zwängen oder Kampagnen gegenüber vorgezogen. In Bezug auf Masernimpfungen ist das Bild allerdings in Bewegung; ein Obligatorium kommt je länger je mehr in Frage. Staatliche Tätigkeiten rund um Information sind breit akzeptiert, konkrete Handlungsanweisungen oder gar Obligatorien stossen jedoch auf ebenso breiten Widerstand. These 2: Kommunikation: Themenarbeit bei hoher Emotionalität und "Halbwissen" erschwert Die situative Prägung erinnerter Neuigkeiten im Zusammenhang mit Viren zeigt, dass das Thema Viren die Gemüter bei gegebenem Anlass zu bewegen vermag. Allerdings überlagern in solchen Fällen emotionale Themen der Aktualität phasenweise die strukturell schwierige Themenarbeit beispielsweise zur Reduktion der Impfskepsis oder Sensibilisierungskampagnen für gewisse Erkrankungen. Die Gefahr von "Halbwissen" und ideologisch verankertem Handeln ist im Virenbereich und bei gewissen Gruppen gross. Die Kommunikationsarbeit wird durch Skandalisierungen erschwert. These 3: Akteure: Hausärzte mit sehr grosser, Gesundheitsfachpersonen mit grosser Verantwortung Der Hausarzt bleibt die Schlüsselfigur, wenn es um vertrauliche Inhalte aber auch Informationen genereller Natur geht. Die Rolle von Krankenkassen und der Industrie wird gespalten beurteilt. Besser als medial Inhalte zu verbreiten ist es, den Zugang zum Patienten über den Arzt zu suchen. Hinweise bestehen, dass auch rund um die Prüfung der Aktualität des Impfschutzes Informationsbedürfnisse existieren, die durch den Hausarzt abgedeckt werden könnten. Eine zentrale Rolle nehmen aber auch Gesundheitsfachpersonen im weiteren Sinne ein. Ein direkter Austausch wird vor Konsum von Wissen via Medien und insbesondere via Internet eindeutig bevorzugt. Eine neue Türe könnten Reiseveranstalter öffnen. 61 These 4: Prävention: Sensibilisierung über Kampagnen Die Wirkungen von Kampagnen werden gespalten beurteilt, finden sich jedoch indirekt auf den Spitzenrängen erinnerter Neuigkeiten (HIV, Hepatitis). Sensibilisierungsarbeit im Bereich von viralen Erkrankungen kann über Kampagnen geschehen, weniger aber der Transport von substantiellen Inhalten wie Handlungsanweisungen oder Testempfehlungen. Die Gefahr besteht, dass Marketingtätigkeiten damit in Verbindung gesetzt werden. Weil aber das Thema Gesundheit in der Bevölkerung auf Interesse stösst und die Gemüter bewegt, sind Medien bereit, auch über Kampagnen, Forschungserfolge oder Schicksale in diesem Zusammenhang zu berichten. Im Fall von Hepatitis erweist sich diese Art von Kommunikation als effektiv, aber nicht durchschlagend. Wirkungen der schweizweiten Masern-Kampagne lassen sich jedoch nicht von der Hand weisen. These 5: Testverhalten: Hohe Testbereitschaft bei NCD Die Testbereitschaft der Schweizer EinwohnerInnen ist grundsätzlich hoch, insbesondere, wenn ein Erkrankungsrisiko vorausgesetzt wird. Tendenziell möchte man sich eher auf Krankheiten testen lassen, die man durch das eigene Verhalten nur bedingt beeinflussen kann (Krebs, Herz- Kreislauf), so genannte NCDs. Rund um ansteckende Krankheiten herrscht ein vermeintliches Kontroll- und Sicherheitsgefühl vor. Um Testing im Bereich der viralen Erkrankungen zu fördern, müssen die Erkrankungsrisiken und besonders die Gefährdungspotenziale deutlich aufgezeigt werden. Auch könnten Anreize durch Krankenkassen oder andere Systemakteure hier förderlich sein. These 6: Impfschutz: Akzentuiertes Problem, auch wegen Experten-Skepsis Das Solidaritätselement ist in der Kommunikation rund um Impfungen zentral. Gewisse Impfungen hätten Chancen, als obligatorisch deklariert zu werden (Masern), eine generelle Impfpflicht stösst allerdings auf wenig Akzeptanz. Es scheint sinnvoller, mit Argumenten und dem Aufzeigen von Fakten als mit Zwängen Handlungsänderungen herbeizuführen. Das Impfproblem in der Schweiz ist akzentuiert, weil sich relativ breite Skepsis gegenüber Experten auf Einstellungsseite mit geringer Impfdisziplin respektive Nachlässigkeiten auf der Ebene konkreter Handlungen überlagern. Die Fronten in Impffragen sind hart, aber es wächst die Akzeptanz für Impfpflichten und Expertenmeinungen. Eine Schlüsselrolle könnte dem Gesundheitspersonal zukommen, allerdings wird dieses aktuell nicht als Vorbild punkto Impfen wahrgenommen. Auch der offensive Vergleich der Schweiz mit dem Ausland, aber auch die Betonung des Solidaritätsaspektes könnten helfen, die Impfakzeptanz zu steigern. These 7: Reiseveranstalter als Partner in der Virenprävention Die Themenwelt rund um Viren ist medial geprägt, entsprechend dominieren Schreckensgespenster wie Ebola oder Zika das Bild. Neu zeigt sich, dass besonders das Impfverhalten davon beeinflusst wurde, denn wer häufig reist, misst Impfschutz nun höhere Bedeutung zu. Auch werden Informationen zum Impfschutz durch Reiseveranstalter begrüsst. Insofern könnten sie wertvolle Partner bei der Virenprävention sein. 62 5 Anhang gfs.bern Team LUKAS GOLDER Co-Leiter, Politik- und Medienwissenschafter, MAS FH in Communication Management Schwerpunkte: Integrierte Kommunikations- und Kampagnenanalysen, Image- und Reputationsanalysen, Medienanalysen/Medienwirkungsanalysen, Jugendforschung und gesellschaftlicher Wandel, Abstimmungen, Wahlen, Modernisierung des Staates, Gesundheitspolitische Reformen. Publikationen in Sammelbänden, Fachmagazinen, Tagespresse und auf dem Internet MARTINA MOUSSON Projektleiterin, Politikwissenschafterin Schwerpunkte: Analyse politischer Themen und Issues, nationale Abstimmungen und Wahlen (SRG-Trend, VOX-Analysen, Wahlbarometer), Image- und Reputationsanalysen, Integrierte Kommunikationsanalysen, Medieninhaltsanalysen, Qualitative Methoden, Gesellschaftsthemen (Jugendforschung, Rassismus, Familien, Mittelschicht) STEPHAN TSCHÖPE Leiter Analyse und Dienste, Politikwissenschafter Schwerpunkte: Koordination Dienstleistungen, komplexe statistische Datenanalytik, EDV- und Befragungs-Programmierungen, Hochrechnungen, Parteien- und Strukturanalysen mit Aggregatdaten, Integrierte Kommunikationsanalysen, Visualisierung AARON VENETZ Datenanalytiker, Politikwissenschafter Schwerpunkte: Datenmodellierungen, Qualitative Methoden, Recherchen, Datenanalyse, Programmierungen, Medienanalysen, Visualisierungen 63 ALEXANDER FRIND Datenanalytiker, Politikwissenschafter Schwerpunkte: Datenanalyse, Programmierungen, Qualitative Methoden, Recherchen, Medienanalysen, Visualisierungen NOAH HERZOG Sekretariat und Administration, Kaufmann EFZ Schwerpunkte: Desktop-Publishing, Visualisierungen, Projektadministration, Vortragsadministration 64 gfs.bern ag Hirschengraben 5 Postfach CH – 3001 Bern Telefon +41 31 311 08 06 Telefax +41 31 311 08 19 [email protected] www.gfsbern.ch Das Forschungsinstitut gfs.bern ist Mitglied des Verbands Schweizer Markt- und Sozialforschung und garantiert, dass keine Interviews mit offenen oder verdeckten Werbe-, Verkaufsoder Bestellabsichten durchgeführt werden. Mehr Infos unter www.schweizermarktforschung.ch