1 Glossar Sozialwissenschaften Ablehnungs-Identifikationsmodell : rejection-identification model (Branscombe et al., 1999) Annahme: der negative Effekt wahrgenommener Diskriminierung auf das Selbstwertgefühl kann durch eine starke Identifikation mit der Eigengruppe abgepuffert oder kompensiert werden Erklärungsansatz: Eigengruppenmitglieder sind eine wichtige Ressource für emotionale, soziale oder materielle Unterstützung im Umgang mit Diskriminierungserfahrungen. Hoch identifizierte Gruppenmitglieder sind besser in die Gruppe eingebunden, sie haben daher besseren Zugang zur Unterstützung durch andere Gruppenmitglieder, bekommen sie eher angeboten und sind eher bereit, sie zu akzeptieren als gering identifizierte Gruppenmitglieder 2 Abwertungsprinzip : Def. "Abwertungsprinzip"= Glossar Sozialwissenschaften Auf der Grundlage von Vorwissen wird einer plausiblen Ursache für das Auftreten eines bestimmten Effekts weniger Gewicht beigemessen, wenn gleichzeitig andere plausible Ursachen für den Effekt ebenfalls gegeben sind. Bsp: Prüfungsversagen wird nicht ausschließlich auf mangelnde Begabung zurückgeführt, wenn bekannt ist, dass der Prüfling sich gerade von seiner Freundin getrennt hat. (S. 39, SB 03407) Zur Erinnerung : Das "Abwertungsprinzip" gehört zur Kategorie "Schema der multiplen hinreichenden Ursachen". Dieses wiederum ist eine Unterkategorie der Kategorie "Kausale Schemata". 3 Glossar Sozialwissenschaften Aggression Bezeichnet ein intendiertes Verhalten mit dem Ziel, einem anderen Lebewesen zu schaden oder es zu verletzen, wobei dieses Lebewesen motiviert ist, diese Behandlung zu vermeiden. Die soziale Bewertung eines Verhaltensakts als Aggression hängt vom situativen und normativen Kontext ab, in dem das Verhalten stattfindet. Beispiel: Aggression wird im Kriegsfall, wenn sie gegen einen Feind gerichtet ist, als prosoziales Verhalten oder gar als Heldentat bewertet. 3407, Seite 110 4 Aggression, feindselige Glossar Sozialwissenschaften auch: heiße oder affektive Aggression resultiert typischerweise aus dem Empfinden negativer Emotionen, wie Ärger, Zorn oder Wut - das Verhaltensziel besteht in der Schädigung eines anderen Lebewesens, z.B. der Person, über die man sich ärgert 3407 S.111 5 Glossar Sozialwissenschaften Aggression: Gewaltdarstellung in Medien 6 Aggression, instrumentelle : fünf ineinandergreifende Mechanismen, die die Effekte von Gewaltdarstellungen in Medien auf das Verhalten vermitteln (z.B. Berkowitz, 1993): Modelllernen , Zielerreichung durch Gewalt, Belohnung aggressiven Verhaltens bzw. Ausbleiben der Strafe begünstigen die Nachahmung Verfügbarkeit kann dazu führen, dass eigene unspezifische Erregung verstärkt als Ärger interpretiert wird, was die Auftretenswahrscheinlichkeit aggressiven Verhaltens erhöht Soziale Normen Aggression und Gewalt erscheinen als sozial akzeptierte, vielleicht sogar erwünschte, Verhaltensweisen Abstumpfung Standards, was als Aggression oder Gewalt eingestuft wird, können sich verändern Feindseliger Attributionsstil Welt kann zunehmend als gefährlicher und feindseliger Ort wahrgenommen werden 3407 S.120f Glossar Sozialwissenschaften auch kalte oder strategische Aggression zielt ebenfalls darauf ab, ein anderes Lebewesen zu schädigen, ist jedoch in erster Linie ein Mittel zum Zweck, z.B. Schädigung eines Konkurrenten, um sich selbst einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen 3407 S.111 7 Glossar Sozialwissenschaften Aggressionsverschiebung Die Tendenz Aggressionen gegen unbeteiligte Dritte zu richten, wenn sie nicht gegenüber der ursprünglichen Quelle der Frustration zum Ausdruck gebracht werden können (z.B. aus Furcht davor, dass diese Person sich revanchiert). 3407 S.114 8 aggressive Hinweisreize Glossar Sozialwissenschaften Stimuli oder Objekte, welche üblicherweise mit aggressivem Verhalten assoziiert werden (z.B. Waffen) und aggressives Verhalten begünstigen Sie erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Personen, bei denen bereits eine Bereitschaft zur Ausführung aggressiven Verhaltens besteht (z.B. weil sie verärgert sind), dieses Verhalten auch tatsächlich ausführen. 3407 S.118 9 Glossar Sozialwissenschaften Altruismus Formen des Hilfeverhaltens, deren primäres Ziel es ist, das Wohlergehen einer anderen Person zu verbessern oder zu schützen Ein möglicher persönlicher Nutzen, der dabei für den Helfer entsteht (z.B. soziale Anerkennung durch andere Personen) stellt lediglich ein „Nebenprodukt“ des Hilfeverhaltens dar und ist nicht intendiert. altruistisch vs. egoistisch Ziel egoistisch motivierten Helfens: der Helfer will damit sein eigenes Wohlergehen verbessern, schützen oder weiter ausbauen - die Verbesserung des Wohlergehens der anderen Person dient dem Helfer lediglich als Mittel zum Zweck, um eigene Bedürfnisse zu befriedigen (z.B. um finanzielle oder soziale Anerkennung zu bekommen) 3407, Seite 94 10 Altruismus, reziproker Glossar Sozialwissenschaften Ausgangsfrage: wieso helfen Menschen auch Personen, mit denen sie nicht genetisch verwandt sind? In der Biologie wird Altruismus als ein Verhalten verstanden, das mit Fitnesskosten für den Helfer und Fitnessvorteilen für den Rezipienten verbunden ist. Grundgedanke: Die Unterstützung von Nichtverwandten bringt zunächst Fitnesskosten mit sich. Wenn allerdings garantiert ist, dass diese Unterstützung vom Rezipienten zu einem späteren Zeitpunkt durch eine Verhaltensweise erwidert wird, deren Wert die eigenen Investitionskosten übersteigt, dann resultiert aus der ursprünglichen Investition ein Fitnessvorteil für das Individuum. Theorie des reziproken Altruismus (Trivers, 1971) postuliert also, dass die natürliche Selektion die Evolution von Hilfeverhalten begünstigt hat, das auf dem Prinzip der Wechselseitigkeit beruht (im Gegensatz zum sozialpsychologischen Altruismusbegriff!). 3407 S.95 11 Glossar Sozialwissenschaften Arbeitsselbstkonzept : working self-concept diejenigen im Arbeitsgedächntis aktivierten Teile des Selbstkonzepts, die für die Verhaltenssteuerung und Informationsverarbeitung in einem bestimmten Kontext notwendig sind (Markus & Kunda, 1987) Für die Aktivierung bestimmter Selbst-Varianten spielen kontextspezifische Primes eine wichtige Rolle. Diese führen dazu, dass jeweils die Selbst-Variante phänomenologisch in den Vordergrund rückt, die für die Informationsverarbeitung und Verhaltenssteuerung im jeweiligen Kontext relevant ist. 3407 S.65 12 Assoziatives Netzwerk Glossar Sozialwissenschaften Def. "Assoziatives Netzwerk" = Komplexe kognitive Stuktur, in der eine Vielzahl von Konzepten durch assoziative Verbindungen miteinander in Beziehung steht. Durch Ausbreitung der Aufmerksamkeit entlang dieser Verbindungen werden bei Aktivierung eines Konzeptes benachbarte Konzepte ebenfalls aktiviert. BSP: Die Einstellung einer Person gegenüber einem Objekt inklusive aller kognitiven, affektiven, konativen Aspekten. ( S. 26, SB 03407) 13 Glossar Sozialwissenschaften Attribution die subjektiven Schlussfolgerungen des Beobachters bezüglich der Ursachen eines beobachteten Verhaltens oder eines Ereignisses Die Zuschreibung von Ursachen eröffnet die Möglichkeit, den Wiedereintritt eines in Frage stehenden Ereignisses vorherzusagen und es dadurch unter Umständen zu kontrollieren. Menschen machen sich nicht bei allen Ereignissen spontan Gedanken über deren Ursachen, sondern sie tun dies insbesondere dann, wenn diese ihr Bedürfnis nach Umweltkontrolle tangieren. 3407, Seite 34 14 Attributionsdimensionen Glossar Sozialwissenschaften Die Vielzahl möglicher Attributionen, die Menschen zur Erklärung des Verhaltens anderer Menschen bzw. des Eintretens von Ereignissen vornehmen können, lassen sich anhand einer Reihe unabhängiger Attributionsdimensionen systematisieren (z.B. Weiner, 1985): Lokation liegen die Ursachen in der Person (personale / interne Faktoren) oder in der Situation und den Umständen (situationale / externe Faktoren)? Stabilität sind die Ursachen stabil (nicht veränderlich oder fix) oder instabil (variabel)? Kontrollierbarkeit sind die Ursachen für den Handelnden kontrollierbar oder unkontrollierbar? In Abhängigkeit der spezifischen Ausprägungen einer Ursachenzuschreibung auf diesen Dimensionen resultieren ganz unterschiedliche Meinungen, Bewertungen und emotionale Konsequenzen beim Beobachter. Beispiel: Mögliche Ursachen für Erfolg und Misserfolg in einer Prüfung (nach Weiner, 1985) 15 Glossar Sozialwissenschaften Attributionsprozess: Duale-Prozess-Modelle Daniel Gilbert und Kollegen (1988) gehen in ihrem Modell von einem zweistufigen Attributionsprozess aus: 1. Schritt: relativ automatische Bildung einer Personenattribution situative externe Faktoren werden vernachlässigt Verhalten wird auf in der Person liegende bzw. interne Ursachen bzw. Dispositionen zurückgeführt auf welche Dispositionen der Beobachter in der sozialen Situation schließt, wird dem Modell zufolge maßgeblich durch die Erwartungen des Beobachters beeinflusst 2. Schritt: kontrollierter Attributionsprozess - aber nur... wenn die Person über die nötigen kognitiven Ressourcen verfügt und sie entsprechend motiviert ist, diese zu verwenden wenn ja, werden systematisch weitere Informationen zur Schlussfolgerung herangezogen (z.B. Situationsfaktoren) ursprünglich dispositionale Schlussfolgerung wird ggfs. modifiziert oder vollständig ersetzt (situationsbezogene Korrektur) 3407 S.39f 16 Attributionsstil Glossar Sozialwissenschaften die relativ zeitstabile Tendenz einer Person, über verschiedene Situationen hinweg bestimmte Erklärungsmuster zu verwenden 17 Glossar Sozialwissenschaften Attributionsstil, feindseliger die relativ zeitstabile Tendenz, einer anderen Person, die einen Schaden verursacht hat, eine feindselige oder aggressive Verhaltensabsicht zu unterstellen, auch wenn unklar ist, ob diese den Schaden mit Absicht herbeigeführt hat 3407 S.117 18 Attributionsverzerrungen Glossar Sozialwissenschaften Korrespondenzverzerrung generelle Neigung, das Verhalten anderer Personen eher auf interne (personale) Faktoren zurückzuführen als auf externe (situationale) Akteur-Beobachter-Divergenz Menschen neigen dazu, ihr eigenes Handeln ( = ich als Akteur) stärker auf externe oder situationale als auf interne oder dispositionale Faktoren zurückzuführen. Ein Grund hängt mit der Wahrnehmungsperspektive zusammen: wenn Menschen das Verhalten einer anderer Person beobachten, wird diese (und deren Verhalten) als „Figur“ vor dem „Hintergrund“ der Situation wahrgenommen. Beim eigenen Handeln ist aufgrund der eigenen Perspektive die Aufmerksamkeit hingegen auf Merkmale der Situation gerichtet, situative Faktoren sind daher auffälliger als das Verhalten selbst. selbstwertdienliche Attributionsverzerrung die eigenen Erfolge werden in höherem Maße auf stabile interne Faktoren zurückgeführt (z.B. Fähigkeiten, Begabung) als vergleichbare Erfolge anderer Personen und die eigenen Misserfolge werden im Unterschied zu den Misserfolgen anderer Personen eher auf externe Faktoren (z.B. Pech) zurückgeführt 3407 S.40f und Musterantwort 19 Glossar Sozialwissenschaften Aufwertungsprinzip 20 Autoritäre Persönlichkeit Def. "Aufwertungsprinzip" = Faktoren, die gegen das Auftreten eines Effekts wirken, verleiten Menschen dazu, einer plausiblen förderlichen Ursache für eine Handlung eine stärkere Wirkung zuzuschreiben, als wenn diese Ursache alleine vorliegt. BSP: Wenn ein Prüfer um die privaten Probleme des Prüflings weiß und ein Prüfling 'trotzdem' eine erfolgreiche Prüfungsleistung erbringt, wird der Prüfer eher dazu tendieren, auf die besondere Begabung des Prüflings zu schließen, als er dies ohne das Wissen von hemmenden Faktoren getan hätte. (S.39, SB 03407) Zur Erinnerung : Das "Aufwertungsprinzip" gehört zur Kategorie "Schema der multiplen hinreichenden Ursachen". Dieses ist eine Unterkategorie der Kategorie " kausale Schema". Glossar Sozialwissenschaften Eine bestimmte Art von Persönlichkeit, die übermäßig unterwürfig gegenüber Autoritätspersonen ist und von der angenommen wird, dass sie in besonderem Maße zu Vorurteilen neigt. Adorno et al entwickelten einen Persönlichkeitsfragebogen zur Erfassung der Dimensionen der autoritären Persönlichkeit, dessen wichtigste Skala die F-Skala (Faschismusskala) ist. 21 Glossar Sozialwissenschaften Autostereotype Stereotype über die Eigengruppe 3408 S.37 22 Beziehungstypen Glossar Sozialwissenschaften Nach Margaret Clark und Kollegen (z.B. Clark & Mills, 1993) unterscheiden sich interpersonale Beziehungen bezüglich der Normen oder Prinzipien, nach denen das wechselseitige Geben und Nehmen von Ressourcen erfolgt. Sie differenzieren Austauschbeziehungen (exchange relationships) Gemeinschaftsbeziehungen (auch: sozial motivierte Beziehungen oder communal relationships) In Austauschbeziehungen erwarten die Beziehungspartner, dass die Ressourcen, die sie dem Partner bereitstellen, vom Rezipienten durch die Bereitstellung vergleichbarer Ressourcen „bezahlt“ werden – das Geben und Nehmen orientiert sich am Gleichheitsprinzip.In Gemeinschaftsbeziehung gehen die Partner davon aus, jeder habe ein Interesse am Wohlergehen des anderen. Die Partner achten daher weniger darauf, was sie vom Beziehungspartner erhalten (oder was sie ihm schulden), sondern darauf, welche Bedürfnisse der andere hat - das Geben und Nehmen von Ressourcen orientiert sich am Bedürfnisprinzip. Die Beziehungspartner sind daher auch dann bereit, dem anderen etwas zu geben, wenn für sie absehbar ist, dass der andere dies nicht entsprechend erwidern kann. 3407 S.54 und Musterlösung zu Übungsaufgabe 5 / Kapitel 3 23 Glossar Sozialwissenschaften Bystander-Effekt je größer die Anzahl der Zeugen (= bystander), die einen Notfall beobachten, desto geringer ist offenbar die Wahrscheinlichkeit, dass irgendjemand von ihnen hilft Fünf Schritte, die der Zeuge eines Notfalls nehmen muss, damit er einem Opfer tatsächlich hilft: 1. Ereignis bemerken 2. Ereignis als Notfall interpretieren 3. Verantwortung übernehmen 4. Passende Art der Hilfeleistung auswählen 5. Entscheidung umsetzen (Latané & Darley, 1970) 3407 S.105 24 Collective Action Frame Glossar Sozialwissenschaften : ein System sozial geteilter Meinungen und Überzeugungen, die zur Interpretation der sozialen Problemsituation herangezogen werden und aus denen sich angemessene kollektive (Re-)Aktionen ableiten lassen (Gamson, 1992) Gamson unterscheidet drei Komponenten des Collective Action Frame: Ungerechtigkeitskomponente Identitätskomponente Handlungskomponente 3408 S.73 25 Glossar Sozialwissenschaften Commitment = die innere Festlegung auf eine Beziehung Commitment beinhaltetdie Absicht, die Beziehung aufrechtzuerhalten (Verhaltenskomponente), ein Gefühl der affektiven Bindung an die Beziehung (emotionale Komponente) unddie Orientierung, sich und den Beziehungspartner auch zukünftig als Paar zu sehen (kognitive Komponente) Die Stärke des Commitments hängt von drei unabhängigen Faktoren ab (Rusbult): Zufriedenheit Alternativen Investitionen 3407, Seite 56 26 Compliance Glossar Sozialwissenschaften Normenkonformes Verhalten in öffentlichen Situationen ohne private Akzeptanz der entsprechenden Norm. 3408 S.18 27 Glossar Sozialwissenschaften Dekategorisierung Ziel der Dekategorisierung ist es, dass sich die Beteiligten im Intergruppenkontakt nicht länger als Repräsentanten spezifischer Gruppen, sondern als einzigartige Individuen wahrnehmen. führt im optimalen Fall zum Abbau initialer Ängste und zu individueller Freundschaft ohne Generalisierung 3408 S.65f 28 demand characteristics Glossar Sozialwissenschaften bestimmte Hinweisreize in der Untersuchungssituation, die der Vp nahelegen, welche Verhaltensweisen oder Reaktionen von ihr erwartet werden Die Ergebnisse werden dadurch verfälscht, da, anders als intendiert, nicht mehr die spontanen oder „natürlichen“ Reaktionen der Vp beobachtet werden können (bedroht die interne Validität des Experiments). 3407 S. 21 29 Glossar Sozialwissenschaften Deprovinzialisierung Intergruppenkontakt kann zur Neubewertung der Eigengruppe führen neue Perspektive erlaubt die Betrachtung der Eigengruppennormen, Werte und Sitten als nur eine Alternative unter vielen Verlust des Alleinigkeitsanspruchs führt zu offenerer und respektvollerer Haltung gegenüber Fremdgruppen im Allgemeinen (= Deprovinzialisierung) 3408 S.63 und Musterlösung zu Übungsaufgabe 2 / Kapitel 5 30 Glossar Sozialwissenschaften Eindrucksbildung: Aufrechterhaltung (3) Tendenz zur Beharrung (perseverance bias) Der erste Eindruck hat häufig sogar dann noch Einfluss auf die Beurteilung einer Zielperson, wenn er sich nachfolgend als falsch erwiesen hat (z.B. Ross et al., 1975) Konfirmatorische Informationssuche Menschen neigen dazu, gezielt nach Information zu suchen, die ihre sozialen Hypothesen über andere Menschen bestätigen, während Informationen, die diese widerlegen könnten, vernachlässigt werden (z.B. Snyder & Swann, 1978) Sich selbst erfüllende Prophezeiung Die Erwartungen gegenüber einer Zielperson führen dazu, dass man sich dieser gegenüber so verhält, dass sie erwartungskonformes Verhalten zeigt - wodurch der ursprüngliche Eindruck wiederum bestätigt wird. 3407 S.49f und Musterlösung zu Übungsaufgabe 3 / Kapitel 3 31 Glossar Sozialwissenschaften Eindrucksbildung: Integration von Informationen Der Eindruck, den eine Person von einer anderen Person entwickelt, resultiert nicht einfach aus der Addition der wahrgenommenen Merkmale der Zielperson, sondern die Integration wird durch implizite Persönlichkeitstheorien des Wahrnehmenden gesteuert. Nach Solomon Asch werden die einzelnen Merkmale im Kontext ihrer Beziehung zu anderen Merkmalen gewichtet und interpretiert und anschließend zu einem subjektiv sinnvollen Gesamteindruck integriert. Implizite Persönlichkeitstheorien beinhalten Vorstellungen darüber, welche Persönlichkeitsmerkmale i.d.R. gemeinsam auftreten, zusammenpassen oder zusammengehören („Wenn Person A, die Eigenschaft X hat, dann hat sie vermutlich auch die Eigenschaft Y). Sie werden als „implizit“ bezeichnet, weil sie dem Wahrnehmenden typischerweise nicht bewusst sind. Paradigmatische Experimentalserie von Solomon Asch (1946) Listen von Persönlichkeitsmerkmalen, Variation warm / kalt bzw. höflich / ungehobelt 3407 S.44ff und Musterlösung zu Übungsaufgabe 1 / Kapitel 3 32 Einstellung Glossar Sozialwissenschaften Die Einstellung einer Person zu einem Objekt ist die subjektive Bewertung dieses Objekts. Einstellungsobjekte sind nichtsoziale oder soziale Stimuli (Produkte, Personen etc.), Verhaltensweisen (Rauchen, soziales Engagement etc.), Symbole (Flaggen, Embleme etc.) oder Begriffssysteme (Islam, Kommunismus etc.) Einstellungen lassen sich anhand zweier Dimensionen charakterisieren: ihrer Valenz - im Sinne von positiv oder negativ ihrer Stärke - beobachtbar z.B. daran, wie schnell ein Einstellungsobjekt eine wertende Reaktion auslöst 3407, Seite74 33 Glossar Sozialwissenschaften Einstellungsänderung (3) 34 Einstellungsfunktionen Die Forschungsliteratur verweist insbesondere auf drei Möglichkeiten, die Einstellungen von Menschen zu verändern: Förderung direkten Kontakts mit dem Einstellungsobjekt Durch den Kontakt können neue Erfahrungen erworben werden, die im günstigen Fall eine Einstellungsänderung bewirken (Beispiel: strukturierter Kontakt zwischen Mitgliedern verfeindeter Gruppen) positive und negative Verhaltensanreize Infolge der Anreize kommt es zur Verhaltensänderung, was im günstigen Fall dazu führt, dass die Person ihre Einstellung an das Verhalten anpasst (Stichworte: Selbstwahrnehmung, Dissonanzreduktion) kommunikative Persuasion Versuch, die Einstellung einer Person durch Kommunikation zu verändern (siehe Elaboration Likelihood Model) 3407 S.86 Glossar Sozialwissenschaften vier basale psychologische Funktionen von Einstellungen (nach Katz, 1967): instrumentelle, Anpassungs- oder utilitaristische Funktion (instrumentality) Ich-Verteidigungsfunktion (ego defence) Wertausdrucksfunktion (value expressiveness) Wissensfunktion (knowledge) 3407, S.78 und Musterlösung zu Übungsaufgabe 2 / Kapitel 5 35 Glossar Sozialwissenschaften Einstellungskomponenten Annahme: Einstellungen weisen eine kognitive, eine affektive und eine verhaltensbezogene Komponente auf, die auf entsprechenden Erfahrungen im Umgang mit dem Einstellungsobjekt beruhen ( Rosenberg & Hovland, 1960). In welchem Ausmaß diese Komponenten die Einstellung bestimmen, kann von Person zu Person und von Einstellung zu Einstellung variieren. kognitive Einstellungskomponente: die Überzeugungen, die eine Person über ein Einstellungsobjekt hat (z.B. ihre Kenntnis seiner positiven und/oder negativen Eigenschaften) affektive Einstellungskomponente die Gefühle oder Emotionen, die eine Person mit einem Einstellungsobjekt assoziiert konative (verhaltensbezogene) Einstellungskomponente bezieht sich auf Informationen bezüglich des Einstellungsobjekts, die aus dem eigenen Verhalten im Umgang mit diesem Objekt abgeleitet werden 3407, Seite 74 ff 36 Einstellungsmessung Glossar Sozialwissenschaften Einstellungen sind hypothetische Konstrukte und damit nicht direkt beobachtbar. Verfahren zur Erfassung von Einstellungen fallen in zwei breite Kategorien: explizite Maße beruhen darauf, dass Personen gebeten werden, ihre Einstellung anzugeben (sog. Selbstberichtsverfahren, siehe auch Likert-Skala) implizite Maße Verfahren mittels derer die Einstellungen erfasst werden, ohne die Personen direkt um eine verbale Angabe zu ihren Einstellungen zu bitten (siehe auch IAT) 3407 S.78 37 Glossar Sozialwissenschaften Einstellungsstärke Die Stärke einer Einstellung hat einen Einfluss darauf, wie schnell ein Mensch seine Einstellung ändert. In der Regel gilt: Je stärker die Einstellung, desto schwieriger lässt sie sich durch Überzeugungsversuche seitens anderer Personen verändern. Starke Einstellungen sind im Allgemeinen zeitlich stabiler sind schwerer zu verändern wirken sich eher auf die Informationsverarbeitung und das Verhalten aus sind in der Regel leichter aus dem Gedächtnis abrufbar (zugänglich) als schwache Einstellungen 3407 S.77 38 Einstellungszugänglichkeit Glossar Sozialwissenschaften bezieht sich darauf, wie leicht eine Einstellung aus dem Gedächtnis abgerufen werden kann: schnell abrufbare Einstellungen werden als leicht zugänglich bezeichnet Ein Indikator für die Zugänglichkeit einer Einstellung ist die Geschwindigkeit, mit der eine Person ihre Bewertung eines Einstellungsobjekts artikulieren kann. Je kürzer die Reaktionszeit, desto besser zugänglich ist die Einstellung. 3407 S.77 39 Glossar Sozialwissenschaften Elaboration Likelihood Model Petty & Cacioppo 1986 Einstellungsänderung über zwei unterschiedliche Wege oder Routen Zentrale Route intensive kognitiven Auseinandersetzung führt zu lang anhaltender und relativ änderungsresistenter Einstellung Periphere Route ohne allzu großen kognitiven Aufwand bzw. auf der Basis von Prozessen, die relativ unabhängig von der Qualität der dargebotenen Argumente wirken (z.B. einfache Heuristiken), und ist eher fragiler und anfälliger für neue Überzeugungsversuche. Welche Route beschritten wird, hängt von Motivation und Kapazität des Zuhörers ab. Determinanten sind z.B. Ablenkung ( beeinträchtigt die Verarbeitungskapazität) persönliche Relevanz der Botschaft (hat den größten Einfluss auf die Verarbeitungsmotivation) Stimmung (positive Stimmung verdirbt man sich nicht so gern mit anstrengender Denkarbeit) individuelles Kognitionsbedürfnis (wer gerne nachdenkt, ist i.d.R.motivierter, die zentrale Route zu nehmen) 3407 S.87 40 Empathie Glossar Sozialwissenschaften Eine auf eine andere Person gerichtete emotionale Reaktion, die Gefühle wie Mitgefühl, Mitleid, Besorgnis, Wärme oder Fürsorglichkeit umfasst Empathie wird als Quelle für altruistische Motivation angesehen ( Batson, 1991) 3407 S.101 und 3408 S.87 41 Glossar Sozialwissenschaften Frustrations-Aggressions-Hypothese Frustration resultiert, wenn Menschen daran gehindert werden, ein angestrebtes Ziel zu erreichen bzw. die von einem Ereignis erwartete Befriedigung ausbleibt Frustration erhöht die Wahrscheinlichkeit des Auftretens aggressiver Verhaltensweisen Frustration ist allerdings nicht die einzige, sondern lediglich eine von mehreren möglichen Ursachen von Aggression ob Frustration zu aggressiven Verhaltensweisen führt (und gegen wen sie sich richtet), hängt von zusätzlichen personalen und situativen Faktoren ab. (Dollard, Miller, Doob, Mowrer, & Sears, 1939) 3407 S.114 42 Führung Glossar Sozialwissenschaften Kontingenzansätze gehen davon aus, dass die Effektivität von Führung aus einem Zusammenspiel von Merkmalen der Führungsperson und Merkmalen der Führungssituation resultiert. Fiedler (1971) unterscheidet zwischen zwei Führungsstilen aufgabenorientierte Führung beziehungsorientierte Führung keiner der beiden Stile ist grundsätzlich effektiver als der andere Effektivität hängt von Merkmalen der Führungssituation ab Führung ist dann effektiv, wenn die Führungsperson die relevanten Charakteristika von Situationen, die Führung erfordern, erkennt und darauf mit der richtigen Balance zwischen aufgabenorientierter und beziehungsorientierter Führung reagiert. 3408 S.34 und Musterlösung zu Übungsaufgabe 4 / Kapitel 3 43 Glossar Sozialwissenschaften Generalisierung Übertragung von positiven Kontakterfahrungen mit individuellen Mitgliedern einer Fremdgruppe in einer spezifischen Situation auf die Fremdgruppe insgesamt bzw. auf andere Situationen Prozesse, die der Generalisierung entgegenstehen: Wegerklären Substereotypisierung Kontrastierung Kontaktphasen und Prozesse, die für die Generalisierung eine wichtige Rolle spielen initialer Kontakt - Dekategorisierung etablierter Kontakt - wechselseitige Differenzierung gemeinsame Gruppe - Rekategorisierung 3408 S.63ff 44 Gesamtfitness Glossar Sozialwissenschaften ("inclusive fitness") Der Fortpflanzungserfolg eines Individuums, der sich aus der Addition zweier Maße ergibt: direkte Fitness = Anzahl der Gene, die durch eigene Reproduktion (direkte eigene Nachkommen) in die nächste Generation weiter gegeben werden, und indirekte Fitness = Anzahl der eigenen Gene, die über Verwandte an die nächste Generation weitergegeben werden. 3407, Seite 95 45 Glossar Sozialwissenschaften Gruppe 46 Gruppenbildung Als soziale Gruppe wird eine Menge von Individuen bezeichnet, die sich selbst als Mitglieder derselben sozialen Kategorie wahrnehmen und ein gewisses Maß emotionaler Bindung bezüglich dieser gemeinsamen Selbstdefinition teilen. Glossar Sozialwissenschaften Evolutionspsychologische Ansätze : adaptiver Wert der Gruppenbildung, Überlebensvorteile, angeborenes Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeit Austausch- oder Interdependenztheorien: Instrumentalität der Gruppe für das Individuum, Gruppenbildung dient der individuellen Bedürfnisbefriedigung sozialer Identitätsansatz : betont die kognitiven Grundlagen, Interdependenz als hinreichende aber nicht notwendige Bedingung für Gruppenbildung, notwendig ist Selbstkategorisierung 3408 S.10 47 Glossar Sozialwissenschaften Gruppendenken Gruppendenken bezeichnet einen defizitären Entscheidungsprozess in hochkohäsiven Gruppen, bei dem das Streben nach einer konsensual geteilten Entscheidung derart im Vordergrund steht, dass relevante Fakten und mögliche Handlungsalternativen nicht berücksichtigt werden. 3408 S.29 48 Gruppenkohäsion : Glossar Sozialwissenschaften Der Begriff Gruppenkohäsion bezieht sich auf den inneren Zusammenhalt einer Gruppe (Wir-Gefühl), der u.a. durch die Intensität und emotionale Qualität der Beziehungen der Gruppenmitglieder zueinander zum Ausdruck kommt. Gruppenkohäsion ist eine variable Eigenschaft einer Gruppe. 3408 S.10 49 Glossar Sozialwissenschaften Gruppenleistung Formel von Hackman & Morris (1975): Tatsächliche Gruppenleistung = Gruppenpotenzial - Prozessverluste + Prozessgewinne Prozessverluste entstehen z.B. durch Koordinationsverluste (z.B. unklare Aufgabenverteilung, ineffektive Kommunikationsstrukturen) Motivationsverluste (soziales Faulenzen, soziales Trittbrettfahren, Trotteleffekt) Prozessgewinne enstehen z.B. durch --Motivationsgewinne (sozialer Wettbewerb, soziale Kompensation, Köhler-Effekt) 3408 S.30ff 50 Gruppenpolarisation Glossar Sozialwissenschaften Unter Gruppenpolarisation wird die Tendenz von Gruppen verstanden, im Anschluss an Gruppendiskussionen Positionen zu vertreten, die extremer sind als der Durchschnitt der ursprünglich von den Gruppenmitgliedern vertretenen Positionen. 51 Glossar Sozialwissenschaften Gruppenpotenzial Das Gruppenpotenzial bezeichnet die Leistung, die aufgetreten wäre, wenn die Gruppenmitglieder unabhängig voneinander und nicht als Gruppe an der Aufgabe gearbeitet hätten. Für die Bestimmung des Gruppenpotenzials ist der Typ der Gruppenaufgabe entscheidend: additive Aufgabe: Summe der individuellen Leistungen disjunkte Aufgabe: beste individuelle Leistung -- konjunktive Aufgabe: schwächste individuelle Leistung 52 Gruppensozialisation Glossar Sozialwissenschaften : Modell von Moreland & Devine (1982) Im Rahmen ihrer Gruppensozialisation durchlaufen Gruppenmitglieder unterschiedliche Phasen der Gruppenmitgliedschaft: Erkundung Sozialisation Aufrechterhaltung Resozialisierung Erinnerung Der Übertritt von einer Phase in die nächste ist für das Individuum durch einen Rollenübergang gekennzeichnet. Das Modell ist für die Analyse von Prozessen innerhalb von Gruppen konzipiert worden, die über einen längeren Zeitraum hinweg bestehen, deren Mitglieder wechselseitig voneinander abhängig sind, und die direkt miteinander interagieren. 3408 S.13 53 Glossar Sozialwissenschaften Gütekriterien, experimentelle Untersuchungen 54 Helfen Die Güte wissenschaftlicher Theorien lässt sich anhand einer Reihe von innerhalb der Scientific Community geteilten Kriterien beurteilen: innere Widerspruchsfreiheit der Hypothesen äußere Widerspruchsfreiheit der Theorie mit gesicherten Erkenntnissen empirische Prüfbarkeit und Falsifizierbarkeit der Hypothesen begriffliche Sparsamkeit Nützlichkeit für die praktiche Anwendung 3407 S.16 und Musterlösung zu Übungsaufgabe 3 / Kapitel 1 Glossar Sozialwissenschaften Verhaltensweisen, die eine Person (Helfer) in der Absicht ausführt, das Wohlergehen einer anderen Person (Hilfeempfänger) zu verbessern oder zu schützen Eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass ein Akt als Helfen klassifiziert wird, ist die Verhaltensabsicht oder Intention des Helfers. Klassifizierung der Vielzahl von Verhaltensweisen, die unter den Begriff "Helfen" fallen, anhand von drei unabhängigen Dimensionen (Klassifikationssystem von Pearce & Amato, 1980): Planungsgrad Schweregrad Art des Kontakts 3407, Seite 93 55 Glossar Sozialwissenschaften Heterostereotype Stereotype über Fremdgruppen 3408 S.37 56 Identifikation, soziale Glossar Sozialwissenschaften Der Begriff der sozialen/kollektiven Identifikation bezeichnet die psychologische Beziehung zwischen Selbst und Gruppe. Er wird als Konstrukt aufgefasst, das aus mehreren Komponenten besteht. Wesentlich ist: a) die emotionale Investition einer Person in die Gruppengemeinschaft b) der Stellenwert der Gruppenmitgliedschaft für die Selbstdefinition einer Person. 3408 S.10 57 Glossar Sozialwissenschaften Implicit Association Test (IAT) 58 Implizite Persönlichkeitstheorien Der IAT ist eine Methode zur Messung individueller Unterschiede in der Stärke der mentalen Assoziationen zwischen Einstellungsobjekten und ihren Bewertungen. 1998 ursprüngliche Version von Greenwald, McGhee & Schwartz entwickelt computergestützte Diskriminationsaufgabe, bei der Stimuli zweier dichotomer Dimensionen so schnell wie möglich kategorisiert werden sollen kein Test im Sinne standardisierter Verfahren, sondern eher Messmethode (eher eine Implicit Association Task) Am besten selber mal ausprobieren! Kritikpunkte die dem IAT zugrunde liegenden psychologischen Prozesse sind nicht hinreichend geklärt geringe Korrelationen zwischen expliziten und impliziten Einstellungsmaßen (möglicherweise messen die beiden Verfahren unterschiedliche psychologische Konstrukte) 3407 S.79f Glossar Sozialwissenschaften Es handelt sich nicht um formale Theorien im wissenschaftlichen Sinne, sondern um laienpsychologische Theorien. Sie werden als "implizit" bezeichnet, weil sie dem Wahrnehmenden typischerweise nicht bewusst sind. Implizite Persönlichkeitstheorien beinhalten Vorstellungen darüber, welche Persönlichkeitsmerkmale i.d.R. gemeinsam auftreten, zusammenpassen oder zusammengehören. Annahmen über Merkmalszusammenhänge auf zwei zentralen Dimensionen (lt. Rosenberg et al, 1968): - Soziabilität - Intelligenz Auf der Grundlage ihrer impliziten Theorie über Zusammenhänge von Merkmalen schließen Personen von einem beobachteten Merkmal auf andere nicht beobachtete Merkmale. (S. 46, SB 03407) 59 Glossar Sozialwissenschaften Informationaler Einfluss sozialer Einfluss, der darauf beruht, dass man die von der Majorität der Gruppenmitglieder vertretenen Überzeugungen, Einstellungen etc. als angemessene Interpretationen der Realität akzeptiert kann auf das Bedürfnis zurückgeführt werden, ein möglichst akkurates Bild der sozialen Realität zu erhalten und ist insbesondere wirksam in mehrdeutigen, unklaren oder neuen Situationen, für die man keine Verhaltensroutinen hat 3408 S.16 60 Interaktion Glossar Sozialwissenschaften Eine Interaktion zwischen zwei unabhängigen Variablen liegt vor, wenn die Stärke des Effekts, den die eine UV auf die abhängige Variable (AV) ausübt, systematisch mit der Ausprägung der anderen UV variiert. Beispielsweise wirkt sich die gleiche Menge konsumierten Alkohols (UV 1) bei Männern und Frauen (Geschlecht = UV2) typischerweise unterschiedlich stark auf die Fahrtüchtigkeit (AV) aus. Der Einfluss des Alkoholkonsum variiert also in Abhängigkeit vom Geschlecht. 3407, S.10 61 Glossar Sozialwissenschaften Interdependenzansatz Austausch- und Interdependenztheorien gehen von aus, dass Menschen soziale Beziehungen aufbauen, weil sie im Hinblick auf ihre Bedürfnisbefriedigung wechselseitig von einander abhängig sind. Interpersonale Beziehungen dienen aus dieser Perspektive dem Austausch individuell benötigter materieller, sozialer oder psychologischer Ressourcen. (z.B. Thibaut & Kelly, 1959) Annahme: eine Beziehung wird aufgenommen oder fortgesetzt, wenn der wahrgenommene Nutzen (die Bedürfnisbefriedigung) die wahrgenommenen Kosten (eigene Investitionen) übersteigt und das Resultat über dem erwarteten Ergebnis der besten Beziehungsalternative liegt, z.B. der möglichen Beziehung zu einer anderen Person 3407 S.54 62 Intergruppenangst Glossar Sozialwissenschaften intergroup anxiety das Gefühl des Unbehagens oder Angst bei der Vorstellung, Kontakt mit unbekannten Mitgliedern einer Fremdgruppe zu haben Wiederholter Kontakt zwischen Gruppen unter förderlichen Kontaktbedingungen führt typischerweise dazu, die Auftretenswahrscheinlichkeit solcher emotionaler Reaktionen zu reduzieren. 3408 S.63 und Jonas et al.2007.Sozialpsychologie, S.527 63 Glossar Sozialwissenschaften Interpersonale Attraktion positive Gefühle gegenüber einer anderen Person, die mit dem Bedürfnis einhergehen, die Gegenwart des anderen zu suchen Interpersonale Attraktion ist eine wichtige sozialpsychologische Grundlage für die Aufnahme enger Beziehungen. Folgende Faktoren begünstigen die Entwicklung interpersonaler Attraktion: Merkmale des Kontexts, z.B. Häufigkeit des Kontakts, Vertrautheit Merkmale der Zielperson, z.B. physische Attraktivität Merkmale der Beziehung zwischen Beobachter und Zielperson, z.B. Ähnlichkeit der persönlich relevanten Einstellungen Merkmale des Beobachters, z.B. seine Stimmung 3407 S.53f und Musterlösung zu Übungsaufgabe 4 / Kapitel 3 64 Jigsaw-Methode Glossar Sozialwissenschaften Aronson & Patnoe (1997) Kernelement dieser Methode ist, dass Schülerinnen und Schüler in ethnisch und leistungsmäßig heterogenen Kleingruppen zusammenarbeiten, wobei jede Kleingruppe eine Teilaufgabe eines übergeordneten Projekts bearbeitet. Die Mitglieder einer Kleingruppe erhalten unterschiedliche Informationen, so dass die Kleingruppen ihre Aufgabe nur durch Kooperation lösen können. Beispiel für die Initiierung intergruppaler Kooperation zur Reduktion von interkultureller Spannung im Klassenzimmer (Stichwort: Kontakthypothese / Kontaktbedingungen) 3408 S.61 65 Glossar Sozialwissenschaften Kategoriale Differenzierung In der Regel führt Kategorisierung zu einer perzeptuellen Akzentuierung der wahrgenommenen Ähnlichkeiten und Unterschiede: Unterschiede der Stimuli innerhalb einer Kategorie werden unterschätzt (Assimilation) Objekte, Personen, Ereignisse innerhalb einer Kategorie werden als ähnlicher wahrgenommen, als sie tatsächlich sind Unterschiede zwischen Stimuli unterschiedlicher Kategorien werden überschätzt (Kontrastierung) Objekte oder Ereignisse unterschiedlicher Kategorien werden als unähnlicher wahrgenommen, als sie tatsächlich sind Das Akzentuierungsprinzip stellt die Grundlage für die wahrgenommene Homogenität von Fremdgruppen dar. 3408 S.40 66 Kategorisierung Glossar Sozialwissenschaften Der Prozess, durch den ein Stimulus einer Klasse ähnlicher Objekte (Personen, Ereignisse etc.) zugeordnet wird. Eine Hauptfunktion der Kategorisierung besteht in der Systematisierung der wahrgenommenen Stimuli im Hinblick auf zielorientiertes Handeln. Folgende Prozesse sind besonders relevant: Selektion: Durch die Kategorisierung werden bestehende Unterschiede zwischen den Stimuli, die einer gemeinsamen Kategorie angehören, zugunsten bestehender Ähnlichkeiten vernachlässigt Inferenz: Die Kategorisierung eines Stimulus erlaubt es, aus dem bereits gespeicherten Wissen über Mitglieder der Kategorie auf Eigenschaften oder Merkmale des Stimulus zu schließen, die nicht unmittelbar beobachtet wurden (oder werden können). 3407 S.27 und Musterlösung zu Übungsaufgabe 1 / Kapitel 2 67 Glossar Sozialwissenschaften kausale Schemata Wissensstrukturen, in denen durch Erfahrung gewonnene abstrakte Annahmen darüber repräsentiert sind, welche Ursachenfaktoren für bestimmte Arten von Ereignissen verantwortlich sind, bzw. wie diese Ursachenfaktoren zusammenspielen Kelley unterscheidet zwischen zwei Arten von kausalen Schemata: solche, die zur Ergänzung unvollständiger Informationen dienen („Ergänzungsschemata“) und solche, die explizit Annahmen über die möglichen und wahrscheinlichen Ursachen machen. 3407, Seite 38 und Musterlösung zu Übungsaufgabe 4 / Kapitel 2 68 kognitiv-neoassoziationistisches Modell : Glossar Sozialwissenschaften spezifiziert die psychologischen Prozesse, die den Zusammenhang zwischen Frustration und Aggression vermitteln (Berkowitz, 1990), siehe auch: negativer Affekt 69 Glossar Sozialwissenschaften Köhlereffekt Motivationsgewinn in Gruppen, bezeichnet den Vorgang, dass schwächere Gruppenmitglieder sich mehr anstrengen als sie es individuell täten, um zu vermeiden, dass sie für eine schwache Gruppenleistung verantwortlich gemacht werden. 3408 S.32 70 Konformität Glossar Sozialwissenschaften Unter Konformität wird die Veränderung individueller Verhaltensweisen, Überzeugungen, Einstellungen etc. infolge sozialer Beeinflussung durch eine numerische Majorität der Gruppenmitglieder verstanden. Die individuellen Positionen werden durch diesen Einfluss an die Majoritätsposition angepasst. Konformität wird sowohl auf den informationalen als auch auf den normativen Einfluss zurückgeführt. 3408 S.16 71 Glossar Sozialwissenschaften Kontakthypothese Gordon Allport formulierte 1954 die Vorstellung, dass der Kontakt zwischen Mitgliedern unterschiedlicher Gruppen unter günstigen Bedingungen zum Abbau des Vorurteils gegenüber den jeweils anderen führt. Zentrale Bedingungen für die Reduktion von Vorurteilen sind: -Gemeinsame übergeordnete Ziele -Kooperation zwischen den Gruppen -Gleicher Status zwischen den Gruppen -Unterstützung durch Autoritäten, Normen oder Gesetze ---Freundschaftspotential 3408 S.60 72 Kontinuum-Modell (Fiske & Neuberg) : Glossar Sozialwissenschaften Eindrucksbildung beginnt stets mit einer automatischen Kategorisierung der fremden Person, die auf der Grundlage leicht beobachtbarer Merkmale erfolgt Zielperson wird zunächst - ohne dass der Wahrnehmende dies beabsichtigt - im Sinne ihrer Kategorienzugehörigkeit und der damit assoziierten stereotypischen Eigenschaften wahrgenommen nur wenn die Motivation zu einer kontrollierten Form der Informationsverarbeitung vorhanden ist, wird die kategorien- oder stereotypenbasierte Informationsverarbeitung zugunsten einer eigenschaftsbasierten oder individualisierten Informationsverarbeitung aufgegeben 3407 S.32 73 Glossar Sozialwissenschaften Kovariationsprinzip Kovariationstheorie von Harold Kelley (1970er Jahre) Zur Analyse potenzieller Ursache-Wirkungsbeziehungen nach dem Kovariationsprinzip ziehen Menschen Informationen aus drei unterschiedlichen Quellen heran: Konsensusinformation sie resultieren aus Beobachtungen der Reaktionen anderer Personen auf den Stimulus Distinktheitsinformationen sie resultieren aus Beobachtungen des Verhaltens der Person in anderen Situationen (gegenüber anderen Stimuli) Konsistenzinformationen sie resultieren aus Beobachtungen des relevanten Verhaltens über die Zeit 74 Mediatorvariable Glossar Sozialwissenschaften Def: "Mediatorvariable" = Eine im Rahmen der theoretischen Annahmen relevante Variable, die den Kausaleffekt der UV auf die AV vermittelt. Sie erklärt, warum sich die UV auf die AV auswirkt. Sie wird in Experimenten daher häufig zusätzlich zur AV gemessen oder aber gezielt manipuliert. Eine andere Bezeichnung dafür ist "Vermittender Prozess". Sie fragt also: "Wie kommt der Effekt zustande?" (S. 19, SB 03407) 75 Glossar Sozialwissenschaften : Das Phänomen, dass allein durch die mehrfache Darbietung eines neutralen Reizes eine positive Einstellung gegenüber diesem Reiz erzeugt werden kann. Mere-Exposure-Effekt Eine mögliche Erklärung: Das aus dem wiederholten Kontakt resultierende Gefühl der Vertrautheit dient Menschen offenbar als ein Hinweisreiz dafür, dass sie dem Objekt positiv (oder zumindest nicht negativ) gegenüberstehen, da sie es andernfalls - so die implizite Schlussfolgerung - schon längst gemieden hätten. 3407, Seite 76 76 Theorie des Minoritätseinflusses Glossar Sozialwissenschaften (Moscovici, 1976) Minoritätseinfluss = entscheidende Triebkraft für Innovation und sozialen Wandel innerhalb von Gruppen und Gesellschaften Eine Minorität wird insbesondere dann erfolgreich (informationalen) sozialen Einfluss ausüben, wenn sie ihren abweichenden Standpunkt konsistent vertritt d.h., wenn sie ihre Position einstimmig und über die Zeit hinweg aufrechterhält. 3408 S.23 77 Glossar Sozialwissenschaften Mobilisierungspotenzial Eine Person wird als Teil des Mobilisierungspotentials betrachtet, wenn sie mit der entsprechenden sozialen Bewegung sympathisiert oder präziser: wenn sie mit deren Anhängern einen Collective Action Frame teilt. 3408 S.73 78 MODE-Modell Glossar Sozialwissenschaften MODE = Motivation and Opportunity as Determinants of Behavior ( Modell von Fazio, 1990) Wenn Menschen die Motivation oder Gelegenheit zur systematischen Handlungsplanung fehlt, und sie daher eher spontane Verhaltensentscheidungen treffen, lassen sie sich in ihren Entscheidungen primär durch leicht zugängliche (oder starke) Einstellungen leiten. Leicht zugängliche Einstellungen regulieren Verhaltensentscheidungen unter Zeitdruck oder bei geringer Motivation zur Verarbeitung weitgehend automatisch, indem sie die Wahrnehmung und die Beurteilung der Situation beeinflussen und die Aktivierung einstellungs-konsistenter Verhaltensmuster fördern. 3407, Seite 86 79 Glossar Sozialwissenschaften Moderatorvariable 80 Negative Interdependenz Def. "Moderatorvariable" = Eine im Rahmen der theoretischen Annahmen relevante Variable, die die Stärke des Kausaleffekts der UV auf die AV beeinflusst. Sie erklärt, wann (unter welchen Bedingungen) ein bestimmter Effekt der UV zu erwarten ist. Sie wird in Experimenten daher häufig als eine zusätzliche UV manipuliert. Eine andere Bezeichnung dafür ist "Interagierende Variable". (S.19, SB 03407) Glossar Sozialwissenschaften resultiert, wenn soziale Vergleichsprozesse zwischen Eigen- und Fremdgruppe auf relevanten Dimensionen zu negativen Ergebnissen für die Eigengruppe führen Der Theorie der sozialen Identität zufolge stehen Menschen eine Reihe von Strategien im Umgang mit negativer sozialer Identität offen, die der (Wieder-)Herstellung einer positiven sozialen Identität dienen: Strategien sozialer Mobilität Strategien sozialer Kreativität Strategien sozialen Wettbewerbs Die Wahl der Strategie hängt ab von der Wahrnehmung bestimmter soziostruktureller Charakteristika der Intergruppenbeziehung --der Stärke der Identifikation einer Person mit der Eigengruppe 3408 S.54f 81 Glossar Sozialwissenschaften negativer Affekt siehe auch: kognitiv-neoassoziationistisches Modell aggressiven Verhaltens (Berkowitz, 1990) 82 Negative-State-Relief-Modell Entscheidend für das Auftreten aggressiven Verhaltens ist, ob ein Ereignis negativen Affekt auslöst. Unangenehme Erfahrungen rufen zunächst eine unspezifische negative Affektreaktion hervor, die wiederum zwei unterschiedliche kognitive (oder assoziative) Netzwerke aktiviert Einerseits werden durch negativen Affekt Kognitionen, Erinnerungen, Gefühle und motorische Schemata aktiviert, die mit Aggression in Verbindungen stehen. Gleichzeitig werden aber auch mentale Inhalte aktiviert, die mit Fluchtverhalten assoziiert sind. Im Zuge dieses ersten automatisch ablaufenden Assoziationsprozesses erhält der unspezifische negative Affekt eine spezifischere emotionale Qualität in Form von (rudimentärem) Ärger oder (rudimentärer) Furcht In einem zweiten, stärker kontrolliert und systematisch ablaufenden Verarbeitungsprozess, interpretiert die Person diese rudimentären Gefühle, sie nimmt Kausalattributionen bzgl. des Ereignisses vor und überlegt, welche Gefühle und Handlungen der Situation angemessen sind (Hat mich die andere Person absichtlich verletzen wollen? Wie würden andere reagieren?). Dadurch erreicht die Person einen spezifischeren und gefestigteren emotionalen Zustand, entweder Ärger oder Furcht, der wiederum die weitere Einschätzung der Situation lenkt. 3407 S.115 Glossar Sozialwissenschaften z.B. Cialdini, Kenrick, & Baumann, 1982 Kerngedanke: negativ empfundene Gefühlszustände, wie sie z.B. bei Konfrontation mit einer hilfsbedürftigen Person entstehen, lösen die Motivation aus, diese Gefühle zu reduzieren, um damit das eigene Wohlbefinden wiederherzustellen. Durch Sozialisations- und Lernprozesse haben Menschen gelernt, dass eine Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen, darin besteht, die Notlage der hilfsbedürftigen Person zu verbessern. Menschen helfen dem Negative-State-Relief-Modell zufolge, um eigene negative Gefühle abzubauen. 3407 S.99 83 Glossar Sozialwissenschaften Norm, deskriptive Deskriptive Normen beziehen sich auf die Wahrnehmung der Gruppenmitglieder, wie sich die meisten gewöhnlich in einer Situation verhalten ("Im Kino lassen sie meistens ihren Abfall liegen"). Sie motivieren Verhalten über die Information, was offenbar angemessen oder sinnvoll ist. ("Wenn alle das tun, wird es seine Richtigkeit haben"). 3408 S.12 84 Norm, injunktive Glossar Sozialwissenschaften Injunktive Normen beziehen sich auf die Wahrnehmung, welches Verhalten von anderen gebilligt wird und welches nicht ("Man soll seinen Abfall nicht herumliegen lassen"). Sie motivieren Verhalten durch die Antizipation von Belohnungen/Bestrafungen für normatives/nichtnormatives Verhalten. 3408 S.12 85 Glossar Sozialwissenschaften Soziale Normen definieren, wie sich Gruppenmitglieder innerhalb der Gruppe und gegenüber Fremdgruppen verhalten sollen. Norm, soziale Sie dienen folgenden Funktionen: Gruppenlokomotion Aufrechterhaltung der Gruppe Interpretation der Wirklichkeit Definition der Beziehungen zur sozialen Umwelt 3408 S.12 86 Norm, subjektive Glossar Sozialwissenschaften wird durch zwei Faktoren bestimmt: die wahrgenommenen normativen Erwartungen signifikanter Anderer die Motivation, diesen Erwartungen zu entsprechen Zur Modellierung der subjektiven Norm werden die subjektiven Einschätzungen (Auftretenswahrscheinlichkeit bestimmter Verhaltenskonsequenzen und Bewertung dieser Verhaltenskonsequenzen) bezüglich dieser beiden Faktoren multiplikativ miteinander verknüpft und dann aufsummiert. Die subjektive Norm ist (neben der Einstellung gegenüber dem Verhalten) die zweite psychologische Determinante der Verhaltensabsicht in den Modellen der Theorie des überlegten Handelns und der Theorie des geplanten Verhaltens. 3407 S.84 87 Glossar Sozialwissenschaften Normativer Einfluss beruht darauf, dass man die Erwartungen anderer Gruppenmitglieder erfüllen und negative Sanktionen bei normabweichendem Verhalten vermeiden möchten lässt sich durch Bedürfnisse nach Zugehörigkeit und sozialer Anerkennung erklären 3408 S.17 88 Periphere Persönlichkeitsmerkmale Glossar Sozialwissenschaften Def. "Periphere Persönlichkeitsmerkmale" = Bezeichnung für Charakteristika einer Zielperson, die einen geringen Einfluss auf die Eindrucksbildung eines Beobachters haben. ( S. 46, SB 03407) 89 Glossar Sozialwissenschaften Personale Identität 90 Pluralistische Ignoranz Selbstdefinition als einzigartiges und unverwechselbares Individuum, die auf einer interpersonalen (oder intragruppalen) Differenzierung auf der Basis individueller Merkmale beruht (ich vs. du oder ihr) Glossar Sozialwissenschaften eine auf informativem sozialem Einfluss beruhende kollektive Fehlinterpretation eines Notfalls als harmloses Ereignis Die Fehlinterpretation resultiert daraus, dass sich alle Zeugen unsicher sind, wie sie das Ereignis einzuschätzen haben, und sich deshalb aneinander orientieren. Da keiner einschreitet, wird das Ereignis als harmlos angesehen. 3407, S.106 91 Glossar Sozialwissenschaften Politisierung sozialer Identität : Soziale Identität kann mit politischer Bedeutung versehen werden. Definiert sich eine Person im Sinne dieser politisierten Kategorie, richtet sich ihr Handeln verstärkt nach den Gruppeninteressen. Dies impliziert, sich selbstbewusst in einem Machtkampf für die Interessen der eigenen Gruppe zu engagieren. Der Politisierung der sozialen Identität gehen drei Prozesse voraus: Wahrnehmung sozial geteilter Missstände Ursachenzuschreibung auf einen Gegner Triangulation der weiteren Gesellschaft 3408 S.74f und Musterlösung zu Übungsaufgabe 4 / Kapitel 6 92 Prämissen sozialpsychologischer Forschung Glossar Sozialwissenschaften Konstruktion der sozialen Realität: Menschen reagieren nicht darauf, wie eine Situation „objektiv“ ist, sondern darauf, wie diese Situation von ihnen selbst subjektiv wahrgenommen und interpretiert wird (s. auch „Thomas-Theorem“). soziales Verhalten (V) als eine Funktion von Personfaktoren (P) und Umweltfaktoren (U) und deren Wechselwirkung V = f(P, U) Diese Verhaltensgleichung wurde von Kurt Lewin (1951) aufgestellt. 93 Glossar Sozialwissenschaften Prosoziale Persönlichkeit hohe individuelle Ausprägung auf zwei Merkmalen: empathische Veranlagung relativ zeitstabile Tendenz einer Person, auf die Notlagen anderer Menschen mit Empathie zu reagieren, sowie ihre Neigung, sich für das Wohlergehen anderer Personen verantwortlich zu fühlen dispositionelle Hilfsbereitschaft Selbsteinschätzung der Person als hilfsbereit (Hilfsbereitschaft wird subjektiv als ein wesentliches Merkmal des Selbstkonzepts angesehen), und die Wahrnehmung, dass man selbst kompetent ist, Hilfe zu leisten (Louis Penner et al., 1995) 3407 S.103 94 Reaktivität Glossar Sozialwissenschaften liegt dann vor, wenn der Messvorgang bzw. die Situation, in der er stattfindet, die Ausprägung dessen, was gemessen wird, beeinflusst 3407 S.80 95 Glossar Sozialwissenschaften Rekategorisierung Rekategorisierung hat das Ziel, die wahrgenommene Inklusivität der entsprechenden Kategorien so zu verändern, dass die vorherige Eigengruppe als Teil einer neuen, sozial inklusiveren gemeinsamen Eigengruppe aufgefasst wird, die sowohl die ursprüngliche Eigengruppe als auch die ursprüngliche Fremdgruppe umfasst. Durch die Selbstdefinition auf einer höheren Ebene werden die Mitglieder der urpünglichen Fremdgruppe dann kognitiver Bestandteil dieser neuen Selbstdefinition. führt im optimalen Fall zum maximalen Abbau von Vorurteilen 3408 S.66 96 Relative Deprivation Glossar Sozialwissenschaften Die Wahrnehmung, weniger zu haben als einem zusteht und die mit einem Gefühl der Unzufriedenheit einhergeht. Eine wichtige Quelle relativer Deprivation ist der soziale Vergleich. Egoistische relative Deprivation resultiert aus interpersonalen Vergleichen (eine Person nimmt wahr, dass sie -ungerechterweise- weniger besitzt als eine andere Person). Fraternale relative Deprivation resultiert hingegen aus intergruppalen Vergleichen ( d.h. dem Vergleich der Eigengruppe mit einer relevanten Fremdgruppe). 3408 S.52 97 Glossar Sozialwissenschaften Respekt, intragruppaler faire und prinzipiell wohlwollende Behandlung durch andere Gruppenmitglieder, die dem Empfänger signalisiert, ein gleichberechtigtes Mitglied der Gruppe zu sein Der wahrgenommene Respekt stärkt die Identifikation mit der Gruppe und fördert dadurch die Kooperationsbereitschaft (Simon & Stürmer, 2003). 3408 S.34 98 Reziprozitätsnorm Glossar Sozialwissenschaften findet sich in nahezu allen bekannten Kulturen, unterstützt das Prinzip der Wechselseitigkeit in Hilfebeziehungen und beinhaltet im Kern zwei Vorschriften: 1. Menschen sollen denen helfen, die ihnen geholfen haben 2. sie sollten die nicht verletzen, die ihnen geholfen haben Sozialwissenschaftler sehen diese Regeln als Bestandteil einer universell gültigen Norm an, die ihre Verbreitung dem universellen Nutzen für das menschliche Zusammenleben verdankt Evolutionspsychologen werten die kulturenübergreifende Verbreitung des Reziprozitätsprinzips als einen Beleg für seine genetische Verankerung 3407, Seite 96 99 Glossar Sozialwissenschaften Salienz 100 Selbst Def. "Salienz" = Es handelt sich um die Fähigkeit eines Stimulus, im Zusammenspiel mit Merkmalen des Wahrnehmenden (z.B. seinen Bedürfnissen, Zielen) die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Stimuli werden i.d.R. salienter, wenn sie a.) sozial bedeutsam sind, b.) im Vergleich zu anderen Stimuli im sozialen Kontext relativ selten auftreten. (z.B. ein einzelner Angehöriger einer sozialen Minorität unter Mitgliedern der Majorität) Die Salienz eines bestimmten Stimulus hat wichtige Konsequenzen für die weitere Informationsverarbeitung. grundsätzlich erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sich die nachfolgende Informationsverarbeitung auf Informationen konzentriert, die mit dem salienten Stimulus zusammenhängen. (S.26-27, SB 03407) Glossar Sozialwissenschaften die Gesamtheit des Wissens, über das eine Person bezüglich ihrer selbst und ihres Platzes in der sozialen Welt verfügt 3407, S.59 101 Glossar Sozialwissenschaften Selbstaspekte jede Rolle, Beziehung, Aktivität, Eigenschaft, Gruppenzugehörigkeit etc. einer Person, die Bestandteil ihrer Selbstrepräsentation ist, sowie die jeweils dazugehörigen kognitiven Informationen und affektiven Bewertungen Der Begriff des Selbstaspekts ist breiter gefasst als der Begriff des Selbstschemas. Während in Selbstschemata relativ zeitstabile und zentrale Informationen bezüglich der eigenen Person organisiert sind, beziehen sich Selbstaspekte auch auf weniger relevante oder zeitlich fluktuierende Merkmale einer Person. 3407 S.64 und Musterlösung zu Übungsaufgabe 3 / Kapitel 4 102 Selbstaufmerksamkeit Theorie der objektiven Selbstaufmerksamkeit Glossar Sozialwissenschaften (Duval & Wicklund, 1972) Objektive Selbstaufmerksamkeit = der Zustand, in dem die eigene Person das Objekt der eigenen Aufmerksamkeit ist Zustand der Selbstaufmerksamkeit erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen negative Diskrepanzen zwischen ihrem Selbst und bestimmten Idealen und Standards entdecken Strategien, um den durch negative Diskrepanzen ausgelösten, unangenehmen emotionalen Zustand zu regulieren: Verminderung der Selbstaufmerksamkeit durch Aufmerksamkeitslenkung, z.B. gezielte Ablenkung oder Vermeidung entsprechender Auslösereize Verminderung der negativen Diskrepanz durch den Versuch, durch das eigene Verhalten die entsprechenden Standards oder Ideale zu erreichen. Bei positiver Diskrepanz (z.B. wenn durch die eigene Leistung ein gesetzter Standard übertroffen wurde), entstehen positive Emotionen und gesteigertes Selbstwertgefühl. 103 Glossar Sozialwissenschaften Selbstbehinderung Bezeichnung für die Strategie, bei Antizipation eines selbstwertbedrohlichen Misserfolgs selbst externale Gründe zu schaffen, auf die sich der Misserfolg bei seinem Eintreten attribuieren lässt Beispiel: am Vortag der Klausur feiert man bis spät in die Nacht hinein Party und kann so die eigene schlechte Leistung auf (zumindest unter den Freunden) sozial akzeptierte externe Ursachen schieben (attribuieren) 3407, Seite 71 104 Selbstbild, konsistentes Glossar Sozialwissenschaften Menschen haben ein starkes Bedürfnis nach Integration ihrer subjektiven Erfahrungen in ein stabiles und in sich stimmiges Selbstbild. (Baumeister, 1998) Ohne diese Wahrnehmung ist die Funktionsfähigkeit des Menschen stark beeinträchtigt. Psychologische Prozesse mit der Funktion, Stabilität und Konsistenz zu erzeugen: eingeschränkte Zugänglichkeit selektives Erinnern Wegattribuieren Konzentration auf Schlüsseleigenschaften 3407 S.67 und Musterlösung zu Übungsaufgabe 4 / Kapitel 4 105 Glossar Sozialwissenschaften Selbstenthüllungen die bewusste Bereitstellung von Informationen über die eigene Person, die dem Kommunikationspartner ansonsten nicht zugänglich sind Selbstenthüllungen beinhalten Fakten über das eigene Leben, Denken und Fühlen und fördern die emotionale Intensivierung interpersonaler Beziehungen. 3407 S.55 106 Selbsterschöpfung Glossar Sozialwissenschaften Selbstregulation scheint - wie körperliche Aktivität - innere Ressourcen aufzubrauchen (vergleichbar mit Energie). Als Selbsterschöpfung wird eine vorübergehende Verringerung der Regulationsfähigkeit des Selbst verstanden. 3407, Seite 70 107 Glossar Sozialwissenschaften Prozess der kognitiven Gruppierung des Selbst und anderer Personen als gleiche (identische, austauschbare) Mitglieder einer sozialen Kategorie in Abgrenzung zu Mitgliedern anderer sozialer Kategorien. Selbstkategorisierung Die bloße Kategorisierung von Menschen auf der Grundlage eines trivialen Merkmals kann bereits hinreichend sein, um bestimmte Formen des Gruppenverhaltens zu erzeugen (s. Tajfel et al.) 3408 S .11 108 Selbstkomplexität Glossar Sozialwissenschaften resultiert aus der Anzahl distinkter und voneinander unabhängiger Selbstaspekte, durch die das Selbst einer Person charakterisiert ist ( Linville 1985) hohe Selbstkomplexität das Selbst ist als eine große Anzahl unabhängiger Selbstaspekte repräsentiert niedrige Selbstkomplexität das Selbst einer Person weist nur relativ wenige und zudem stark miteinander verbundene Aspekte auf Selbstkomplexität spielt im Zusammenhang mit der Emotionsregulation eine wichtige Rolle 3407, S.64 109 Glossar Sozialwissenschaften Selbstregulation der Prozess der Kontrolle und Lenkung des eigenen Verhaltens, welcher der Erreichung angestrebter Ziele dient 3407, Seite 69 110 Selbstdiskrepanztheorie Glossar Sozialwissenschaften (Higgins, 1987) befasst sich mit der Rolle wahrgenommener Diskrepanzen zwischen verschiedenen Selbstbildvarianten für die Verhaltensregulation: 1. das aktuelle Selbst = wie man gegenwärtig ist 2. das ideale Selbst = wie man gemäß eigener Wünsche und Ideale gerne sein möchte 3. das geforderte Selbst = wie man gemäß sozialer Erwartungen und Normen sein sollte Diskrepanzen zwischen aktuellem und idealem Selbst signalisieren das Ausbleiben positiver Ergebnisse (Realisierung von Idealen oder Wünschen), was zu Gefühlen wie Traurigkeit, Enttäuschung und Unzufriedenheit führen sollte. Diskrepanzen zwischen aktuellem und gefordertem Selbst signalisieren das Eintreten negativer Konsequenzen (z.B. Strafe, Kritik), was Gefühle wie Angst, Nervosität oder Unruhe bewirken sollte. s.a.Theorie des regulatorischen Fokus (Higgins, 1999) 111 Glossar Sozialwissenschaften Theorie des regulatorischen Fokusquestion (Higgins, 1999) unterscheidet zwischen zwei motivationalen Orientierungen: Promotionsfokus (Vorankommen) Ziele: Realisierung von Wünschen und Idealen Präventionsfokus (Vermeidung) Ziele: werden durch wahrgenommene Verpflichtungen definiert Die Theorie des regulatorischen Fokus hat einen weiteren Gültigkeitsbereich als die Selbstdiskrepanztheorie. Selbstdiskrepanzen werden als wichtige, aber nicht als einzige Determinanten für die beiden unterschiedlichen motivationalen Orientierungen angesehen werden (weitere Determinanten sind z.B. situative Anforderungen, Vorerfahrungen oder Gelegenheiten). 112 Selbstschemata Glossar Sozialwissenschaften aus vergangenen Erfahrungen abgeleitete kognitive Verallgemeinerungen über das Selbst, welche die Verarbeitung und Erinnerungen der durch Erfahrungen gewonnenen selbstbezogenen Informationen organisieren und steuern Regulierung der sozialen Informationsverarbeitung Selbstschemata erleichtern die Enkodierung und den Abruf schemakongruenter selbstbezogener Informationen. Informationen, die nicht mit dem eigenen Selbstschema kongruent sind, werden mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit enkodiert, lassen sich häufig schwerer aus dem Gedächtnis abrufen und erinnern, und diesbezügliche Urteile sind mit größerer subjektiver Unsicherheit behaftet. Selbstschemata steuern nicht nur die Wahrnehmung, Enkodierung und den Abruf selbstbezogener Informationen, sondern auch die Verarbeitung von Informationen über andere Menschen 3407, Seite 63 und Musterlösung zu Übungsaufgabe 2 / Kapitel 4 113 Glossar Sozialwissenschaften Selbststereotypisierung eng mit der Disposition zur Selbstaufmerksamkeit zusammenhängende Persönlichkeitsvariable Personen mit einer hohen $$Tendenz zur Selbstüberwachung orientieren sich in sozialen Situationen im Hinblick auf die Regulation ihres eigenen Verhaltens an äußeren Hinweisreizen - sie überwachen ihr Verhalten dergestalt, dass es der sozialen Situation angemessen ist und sie einen günstigen Eindruck auf ihre Interaktionspartner machen. Personen mit geringer Selbstüberwachungstendenz$$ orientieren sich an inneren Reizen bzw. den Eigenschaften, Persönlichkeitsmerkmalen, Einstellungen, die sie selbst in der gegebenen sozialen Situation als relevant erachten. 3407 S.69 114 Selbstwahrnehmungstheorie Glossar Sozialwissenschaften postuliert, dass Menschen nicht nur in sich „hineinsehen“, um Wissen über sich selbst zu erwerben, sondern dass sie unter bestimmten Umständen auch ihr eigenes Verhalten als Informationsquellen für ihre Eigenschaften, Einstellungen etc. heranziehen. (Daryl Bem, 1972) Menschen verhalten sich in Situationen, die neu für sie sind und in denen sie noch keine klare Vorstellung über ihre eigenen Fertigkeiten, Interessen oder Einstellungen ausgebildet haben, wie ein externer Beobachter, der auf der Grundlage des beobachtbaren Verhaltens auf seine eigenen individuellen Merkmale und inneren Zustände schließt. Dieses Vorgehen ist besonders dann wahrscheinlich, wenn Menschen der Ansicht sind, ihr Verhalten freiwillig auszuführen. Liegen in einer Situation hingegen plausible externale Faktoren für die Erklärung des eigenen Verhaltens vor (z.B. situative Zwänge), dann ist es wahrscheinlicher, dass sie ihr Verhalten auf externale Faktoren attribuieren. 3407 S.60 und Musterlösung zu Übungsaufgabe 1 / Kapitel 4 115 Glossar Sozialwissenschaften Modell der Selbstwerterhaltung Abraham Tesser (1988) Wenn man sich bezüglich einer Leistung mit anderen vergleicht, kann dies sowohl zur Selbstwertsteigerung als auch zur -minderung führen. Welche dieser Konsequenzen eintritt, ist u.a. abhängig von der persönlichen Relevanz der Vergleichsdimension der sozialen Nähe zur Vergleichsperson Strategien zur Aufrechterhaltung des Selbstwertgefühls versuchen, die eigene Leistung zu verbessern sich von dem Freund distanzieren die subjektive Bedeutung der Vergleichsdimension abwerten Vergleichsdimension wechseln --Vergleichsobjekt wechseln 3407 S.71 und Musterlösung zu Übungsaufgabe 5 / Kapitel 4 116 Soziale Bewegung Glossar Sozialwissenschaften Eine große Anzahl von Personen, die sich selbst als Gruppe definieren und von anderen so definiert werden. Ziel sozialer Bewegungen ist es, ein gemeinsames soziales oder politisches Problem zu lösen. Dabei setzen sie unterschiedliche Formen des politischen Protests ein. 3408 S.72 117 Glossar Sozialwissenschaften Soziale Diskriminierung Ablehnung oder Benachteiligung von Personen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit 3408 S.38 118 Glossar Sozialwissenschaften Soziale Erleichterung : social facilitation (soziale Erleichterung vs. soziale Hemmung) individuelle Leistungssteigerung bei der Bearbeitung einfacher oder hoch überlernter Aufgaben und individuelle Leistungsminderung bei der Bearbeitung schwerer oder unzureichend gelernter Aufgaben infolge eines gesteigerten Erregungsniveaus aufgrund der bloßen Anwesenheit anderer Personen Ursachen für die Zunahme von Erregung: biologische Faktoren, Bewertungsangst, Ablenkung 3408 S.26 119 Glossar Sozialwissenschaften Soziale Identität Selbstdefinition als austauschbares Gruppenmitglied, die aus einer intergruppalen Differenzierung zwischen Eigen- und Fremdgruppe auf der Basis gruppentypischer Merkmale resultiert (wir vs. die) Relativ zur personalen Identität basiert die soziale Identität auf einer inklusiveren Selbstdefinition, da die Mitglieder einer Gruppe oder sozialen Kategorie, zu der die Person gehört, in die Selbstdefinition eingeschlossen werden (z.B. "wir Psychologen") 3407 S.65 120 Soziale Informationsverarbeitung: Modus Glossar Sozialwissenschaften Zu welcher Interpretation der sozialen Realität der Wahrnehmende gelangt, hängt maßgeblich davon ab, auf welche Art und Weise er die sozialen Informationen verarbeitet. Drei Aspekte der Informationsverarbeitung sind von besonderer Bedeutung: Zusammenspiel von Stimulusinformation und Vorwissen Menge der verarbeiteten Informationen und relatives Verhältnis zwischen automatischer und kontrollierter Informationsverarbeitung 3407 S.29ff 121 Glossar Sozialwissenschaften Soziale Kognition der Prozess des Erwerbs, der Organisation und Anwendung von Wissen über sich selbst und die soziale Welt Konkret beinhaltet dieser Prozess a) mentale Repräsentationen über sich selbst, über andere und über soziale Beziehungen zu erstellen und im Gedächtnis zu speichern, und b) diese mentalen Repräsentationen flexibel anzuwenden, um Urteile zu bilden und Entscheidungen zu treffen. 3407, Seite 25 122 Soziale Kreativität Glossar Sozialwissenschaften Strategien, mit denen Angehörige einer status-niedrigen Gruppe versuchen können, eine positive soziale Identität herzustellen, z.B. eine neue Vergleichsdimension heranziehen, auf der die Eigengruppe besser abschneidet eine Re-Interpretation des Vergleichsergebnisses vornehmen, so dass ein ursprünglich ungünstiges Vergleichsergebnis als besonders positiv erscheint die Vergleichsgruppe wechseln. Diese Strategien beinhalten eine Umdefinition der Vergleichssituation mit der status-höheren Gruppe. Sie werden gewählt bei stabilen Statusrelationen und undurchlässigen Gruppengrenzen. 3408 S.54 123 Glossar Sozialwissenschaften Soziale Repräsentationen Sozial geteilte Meinungen und Vorstellungen über bestimmte Sachverhalte innerhalb einer Gesellschaft (Krankheiten, politische Systeme, wissenschaftliche Disziplinen etc.), die innerhalb einer Gesellschaft oder Gruppen in sozialen Diskursen konstruiert werden. 3408 S.42 124 Soziale Rolle Glossar Sozialwissenschaften Soziale Rollen sind innerhalb einer Gruppe geteilte Erwartungen, die definieren, wie sich Personen, die bestimmte Positionen innerhalb der Gruppe einnehmen, verhalten sollen. 3408 S.12 125 Glossar Sozialwissenschaften Theorie der sozialen Vergleichsprozesse 126 Soziales Faulenzen (Festinger, 1954) Prämisse: Menschen haben ein Bedürfnis danach, die Gültigkeit und Akkuratheit ihrer Wahrnehmungen, Einstellungen, Gefühle etc. zu überprüfen. Soziale Vergleiche mit anderen Menschen leisten einen wichtigen Beitrag zur Selbsterkenntnis. Menschen vergleichen sich v.a. dann mit anderen bezüglich ihrer individuellen Eigenschaften oder Fähigkeiten, wenn keine objektiven (z.B. physikalischen) Maßstäbe existieren, an denen sie sich orientieren können, und sie selbst unsicher sind, wie hoch (oder gering) die individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten auf dem jeweiligen Gebiet ausgeprägt sind. Aufwärtsgerichtete Vergleiche Ziel: eigene Fertigkeiten oder Fähigkeiten zu verbessern Vergleich mit Personen, die etwas besser sind als man selbst, da diese Vergleiche besonders informativ dafür sind, wie sie ihre eigene Position auf einer bestimmten Dimension steigern können. Abwärtsgerichtete Vergleiche Ziel: das eigene Selbstwertgefühl zu stützen oder auszubauen Vergleich bezüglich der eigenen Leistung oder Eigenschaften mit Personen, die schlechter abschneiden als man selbst 3407 S.61f Glossar Sozialwissenschaften Motivationsverlust in Gruppen, der auftritt, wenn die Gruppenmitglieder ihre Anstrengungen deswegen verringern, weil die individuellen Beiträge zur Gruppenleistung nicht identifizierbar sind. 3408 S.31, zitiert nach "Jonas" 127 Glossar Sozialwissenschaften Soziales Trittbrettfahren Wenn Gruppenmitglieder wahrnehmen, dass sich schon genügend Personen für das gemeinsame Ziel engagieren, können sie darauf spekulieren, dass das Ziel auch ohne ihr eigenes Zutun erreicht wird. Dies kann zu einer Reduktion der eigenen Anstrengung bis hin zur völligen Passivität führen. 3408 S.31 128 Stereotyp Glossar Sozialwissenschaften Sozial geteilte Überzeugung bezüglich der Attribute, Eigenschaften, Verhaltensweisen etc. hinsichtlich derer die Mitglieder einer Gruppe einander ähneln NachTajfel (1981) haben Stereotype folgende soziale (kollektive) Funktionen: positive Differenzierung positive Abgrenzung der Eigengruppe von anderen gruppen, Herstellung positiver Distinktheit kausale Erklärung für soziale Phänomene und Ereignisse soziale Rechtfertigung für die Behandlung von Mitgliedern anderer Gruppen 3408 S.41 129 Glossar Sozialwissenschaften stereotype threat theory Befürchtung, auf Basis von negativen Stereotypen über die Eigengruppe beurteilt zu werden und durch das eigene Verhalten diese Stereotype unbeabsichtigterweise zu bestätigen Dieses Gefühl und die damit einhergehende gesteigerte Nervosität können dazu führen, dass Mitglieder sozial abgewerteter Gruppen in Prüfungs- oder Testsituationen Leistungen zeigen, die unterhalb ihres Leistungspotenzials liegen. Steele & Aronson, 1995 3408 S.50 130 Stereotype-Content-Model Glossar Sozialwissenschaften Das Modell von Fiske, Cuddy, Glick und Xu (2002) macht spezifische Vorhersagen darüber, welche Merkmale Fremdgruppenmitgliedern in Abhängigkeit von spezifischen Charakteristika der Intergruppenbeziehung zugeschrieben werden. Wichtige Implikation des Modells: Stereotype haben oft einen ambivalenten Charakter. Die Kombination hoher und niedriger Ausprägungen auf den Merkmalsdimensionen Wärme und Kompetenz führt zur Unterscheidung von vier inhaltlich distinkten Typen von Stereotypen (nach Fiske et al. 2002) 131 Glossar Sozialwissenschaften Störvariable 132 Theorie der sozialen Identität : Def. "Störvariable" = Variablen, die ebenfalls Einfluss auf die Ausprägung der AV haben können. Dieser Einfluss ist nicht von theoretischem Interesse, er beeinträchtigt aber die Interpretation des Effekts der UV. Störvariable müssen daher eliminiert oder kontrolliert werden. Eine andere Bezeichnung dafür ist "Confoundervariable". (S. 19, SB 03407) Glossar Sozialwissenschaften Taifel & Turner (1986) Grundannahmen Menschen streben im Allgemeinen nach einem positiven Selbstbild Ein Teil dieser Selbsteinschätzung ist die soziale Identität - folglich streben sie auch nach einer positiven sozialen Identität Die Bewertung der sozialen Identität ergibt sich durch soziale Vergleiche mit anderen Gruppen - Menschen sind daher bemüht, die Eigengruppe auf relevanten Vergleichsdimensionen in positiver Richtung von anderen Gruppen zu unterscheiden bzw. positive Distinktheit herzustellen. Wenn soziale Vergleichsprozesse zwischen Eigen- und Fremdgruppe auf relevanten Dimensionen zu negativen Resultaten für die Eigengruppe führen, sollten Menschen daher bemüht sein, etwas an diesem Zustand zu ändern. 3408 S.53: Taifel & Turner (1986) 133 Glossar Sozialwissenschaften Trotteleffekt Motivationsverlust in Gruppen, der auftritt, wenn Gruppenmitglieder wahrnehmen oder erwarten, dass andere Gruppenmitglieder ihre Anstrengungen verrringern. Um zu vermeiden, dass sie ausgenutzt werden, verringern sie selbst ihre Anstrengungen. 3408 S.32 134 Überzeugung Glossar Sozialwissenschaften Der Begriff Überzeugung bezieht sich in Abgrenzung zum Einstellungsbegriff auf die Informationen, das Wissen oder die Kognitionen, die eine Person mit einem Einstellungsobjekt verbindet. Über jedes Einstellungsobjekt kann man eine Reihe von Überzeugungen haben, die ihrerseits zu einer positiven oder negativen Einstellung gegenüber dem Objekt beitragen können. 3407, Seite 74 135 Glossar Sozialwissenschaften Umgekehrte Diskriminierung 136 Unterstützung, abhängigkeitsorientiert Wird Fremdgruppenmitgliedern mehr geholfen als Eigengruppenmitgliedern, bezeichnet man dieses Phänomen als umgekehrte Diskriminierung. Glossar Sozialwissenschaften Hilfe für eine statusniedrigere Gruppe, die dazu dient, dieser Gruppe langfristig eine selbstständige Lösung ihrer Probleme zu ermöglichen. 3408 S. 91 137 Glossar Sozialwissenschaften Unabhängige Variable 138 Validität, externe Def: "Unabhängige Variable" = Die Variable, für die eine ursächliche Wirkung angenommen wird; sie wird manipuliert. Andere Bezeichnungen sind "Treatment" oder "Faktor". (S. 19, SB 03407) Glossar Sozialwissenschaften bezieht sich darauf, inwieweit die Befunde eines Experiments auf andere Situationen oder Populationen übertragbar ( = generalisierbar) sind Ein wichtiges Kriterium zur Beurteilung der externen Validität eines Experiments ist die Replizierbarkeit, d.h. die Bestätigung der Befunde bei unabhängigen Wiederholungen mit Vpn aus anderen Populationen, in unterschiedlichen Kontexten oder unter Verwendung unterschiedlicher Varianten der Manipulation. Die externe Validität ist eines der Gütekriterien zur Beurteilung experimenteller Untersuchungen. 3407 S.20 139 Glossar Sozialwissenschaften Validität, interne Sicherheit, mit der man aus den Ergebnissen des Experiments auf Ursache-Wirkungsbeziehungen schließen kann Die interne Validität eines Experiments ist hoch, wenn die beobachtete Veränderung der AV mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die experimentelle Manipulation der UV zurückzuführen ist Sie ist eines der Gütekriterien zur Beurteilung experimenteller Untersuchungen 3407 S.20 140 Verantwortungsdiffusion Glossar Sozialwissenschaften die Abnahme der wahrgenommen individuellen Verantwortlichkeit für das Einschreiten in einer Notfallsituation aufgrund der Anwesenheit anderer handlungsfähiger Personen 3407, Seite 106 141 Glossar Sozialwissenschaften Verhaltenskontrolle, wahrgenommene die Wahrnehmung einer Person, dass sie über die erforderlichen Fähigkeiten und Ressourcen verfügt, um ein bestimmtes Verhalten ausführen zu können 3407, Seite 84 142 Verwandtenselektion : Glossar Sozialwissenschaften Erweiterung des Begriffs der natürlichen Selektion Annahme: Die natürliche Selektion hat insbesondere die Evolution von prosozialem Verhalten gegenüber genetisch Verwandten gefördert, weil dieses Verhalten den indirekten Reproduktionserfolg eines Individuums erhöht. Die Theorie der Verwandtenselektion leitet sich direkt aus dem von Hamilton (1964) entwickelten Konzept der Gesamtfitness ab: der Fortpflanzungserfolg eines Individuums bemisst sich nicht nur an der Weitergabe seiner Gene durch die Zeugung eigener Nachkommen, sondern an der Gesamtzahl eigener Gene, die an die nachfolgende Generation weitergegeben wird. 3407 S.94 143 Glossar Sozialwissenschaften Vier-Stufen-Modell sozialer Bewegungsbeteiligung 144 Vorurteil Klandermans (1997) Diesem Modell zufolge muss ein potenzieller Bewegungsteilnehmer bis zur Teilnahme an Aktionen einer sozialen Bewegung die folgenden vier Stufen überwinden: Teil des Mobilisierungspotenzials werden Ziel von Mobilisierungsversuchen werden Teilnahmemotivation entwickeln Teilnahmebarrieren überwinden 3408 S.73 Glossar Sozialwissenschaften Die positive oder negative Bewertung einer sozialen Gruppe und ihrer Mitglieder aufgrund der ihr zugeschriebenen Merkmale, der mit der Gruppe assoziierten Affekte und verhaltensbezogener Informationen. 3408 S.38 145 Glossar Sozialwissenschaften Wechselseitige Differenzierung Damit Personen positive Kontakterfahrungen mit einzelnen Fremdgruppenmitgliedern auf die Fremdgruppe insgesamt übertragen (generalisieren), muss sichergestellt sein, dass sie diese als typische Vertreter der Fremdgruppe wahrnehmen und nicht als atypische Ausnahmen oder als Mitglieder einer bestimmten Subkategorie, d.h. ist der Kontakt etabliert, sollte die Gruppenmitgliedschaft wieder in den Vordergrund rücken. führt im optimalen Fall zum Abbau von Vorurteilen mit Generalisierung 3408 S.65f 146 Zentrale Persönlichkeitsmerkmale Glossar Sozialwissenschaften Def. "Zentrale Persönlichkeitsmerkmale"= Bezeichnet Charakteristika einer Zielperson, die überproportional großen Einfluss auf den resultierenden Gesamteindruck eines Beobachters ausüben. (S. 46, SB 03407) Zugänglichkeit : Der Begriff der Zugänglichkeit bezieht sich darauf, wie leicht ein bestimmter Inhalt aus dem Gedächtnis abgerufen werden kann. Schnell abrufbare Inhalte werden als leicht zugänglich bezeichnet. Ein Reiz, der die Zugänglichkeit eines Gedächtnisinhalts erhöht bzw. zur Aktivierung eines bestimmten Inhalts führt, wird als „Prime“ bezeichnet. 3407, Seite 27