Editorial Ausgabe 4 – Oktober 2014 Liebe Leserinnen, liebe Leser Haben Sie schon die Ausstellung «Vorsicht!Einsicht» erlebt, die noch bis Anfangs Januar 2015 in den Räumen der Psychiatrie Baselland in Liestal angeboten wird? Sie unterhält nicht nur gut, sie informiert nicht nur, sondern fördert dank ihres interaktiven Aufbaus zugleich das Nachdenken und erlaubt, Grundfragen seelischen Leidens und Grundsätze therapeutischer Beziehungen erlebnisnah zu erfassen und zu erleben. Die Ausstellung soll Brücken bauen. Sie dient dazu, dass Sie uns, unsere Arbeitsweise und unsere Häuser ein wenig besser kennenlernen können. Agenda 13. November 2014 – Jahressymposium der Psychiatrie Baselland: Kreativität in therapeutischen Beziehungen 21. August 2014 bis 4. Januar 2015 Erleben Sie die Psychiatrie Baselland! Vorsicht!Einsicht Die Ausstellung 08.00 – 18.00 Uhr (täglich geöffnet) Dem gleichen Zweck waren unsere Begegnungstage vom 22. – 24. August 2014 und das Jubiläumssymposium am 17. September 2014 gewidmet. Viele Menschen sind zu uns gekommen, und wir danken allen für ihren Besuch und die fruchtbaren Gespräche! Wir wollen sie weiter mit Ihnen führen, gern laden wir Sie am 13. November 2014 zum Jahressymposium der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie ein, das «Spielräume» auslotet; es wird um die menschliche Kreativität gehen, insbesondere um die Möglichkeiten, in der Therapie schöpferische Potentiale zu nutzen. Ein besonderer kreativer «Leckerbissen» wird die Gesangsbegleitung sein, Christoph Homberger ist vielen Opernbesuchern gut bekannt. In dieser Ausgabe stellt sich der Bereich Alterspsychiatrie der Psychiatrie Baselland vor. Psychotherapeutisch und psychiatrisch Menschen im fortgeschrittenen Lebensalter zu begleiten, ist eine besonders herausfordernde und eine besonders erfüllende klinische Aufgabe. Sie ist schon heute bedeutsam, und sie wird aufgrund der demographischen Entwicklungen in der Zukunft eine immer grössere Rolle in der Versorgung seelisch belasteter Menschen spielen. Viel Freude an der Lektüre! Prof. Dr. Joachim Küchenhoff Direktor Erwachsenenpsychiatrie Inhalt Fachbereich Alterspsychiatrie 2 Die Behandlungsschwerpunkte in der Alterspsychiatrie auf einen Blick 3 Harald Gregors fachliche Schwerpunkte 3 Kursangebote 4 Fachbereich Alterspsychiatrie Alterspsychiatrie und -psychotherapie sind spezifische Fachbereiche der Psychiatrie, die sich mit psychischen, psychosozialen und psychosomatischen Störungen im höheren und hohen Lebensalter befassen. Altern als ein mehrdimensionaler, biologischer und dynamischer Prozess umfasst körperliche, seelische aber auch soziale Wandlungen und Wechselwirkungen. Gleichzeitig können auch neue Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie neue Formen des Erlebens und Handelns erworben werden. Gemäss Demografie ist im Kanton Basel-Landschaft der stärkste Bevölkerungszuwachs bei den über 85-Jährigen zu erwarten. Da sich die durchschnittliche Lebenserwartung von Frauen (86,4 Jahre) und Männern (82,2 Jahre) unterscheidet, sind Seniorinnen überrepräsentiert. Die unterschiedliche Lebenserwartung führt aber auch zu einer Zunahme der Einpersonenhaushalte. Dazu tragen bei: eine hohe Scheidungsrate, eine tiefe Geburtenrate und der Wunsch der älteren Menschen, so lange als möglich zu Hause zu bleiben. Das Altern der Bevölkerung entwickelt sich in städtischen und ländlichen Gebieten unterschiedlich: Der Anstieg an über 65-Jährigen ist in den ländlichen Regionen akzentuierter als in stadtnahen Regionen. Bei einem Viertel der über 65-Jährigen liegen psychische Störungen im weitesten Sinne vor. Etwa 40 Prozent dieser Erkrankungen sind behandlungsbedürftig. Einige älter werdende Menschen leiden zeitlebens an psychischen Problemen, so an wiederkehrenden Depressionen, an Schizophrenie oder bipolaren Störungen, Abhängigkeits- und /oder Persönlichkeitsstörungen. Andere erkranken im Alter erstmals. Dazu gehören insbesondere neuropsychiatrische Störungen, beispielsweise Demenzen und psychische Erkrankungsbilder als Folge von körperlichen Leiden oder auch Depressionen und Angststörungen. Schliesslich können sich neurodegenerative Prozesse mit vielfältigen psychiatrischen Symptomen manifestieren. So treten bei Demenz akute Verwirrtheitszustände, Depressionen oder Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen auf. Mit der demografi schen Entwicklung gewinnt somit die Alterspsychiatrie in den kommenden Jahren stark an Bedeutung. Hausärzte als wichtige erste Anlaufstelle Hausärzte sind heute besonders bei älteren Menschen die erste Anlaufstelle. Doch das Erkennen von Demenz oder anderen psychischen Störungsbildern durch die Betroffenen, Angehörigen oder Hausärzte, ist noch unbefriedigend. Weiter ist besonders, dass psychische Probleme im Alter häufi g zusammen mit anderen chronischen Leiden (Multimorbidität) auftreten. Dies kann dazu führen, dass diese Patientinnen und Patienten mit vielen verschiedenen Medikamenten (Polypharmazie) behandelt werden. Dies muss bei der Diagnostik und Therapie beachtet werden. Die therapeutischen Möglichkeiten werden vor allem bei Angst und Depression unterschätzt, da seelische Krankheiten als unvermeidliche Begleiterscheinungen des Alterns fehleingeschätzt werden. Bleiben diese Störungen unbehandelt, steigt das Leiden der Betroffenen oder der Angehörigen. Gerade ältere Menschen haben oft Mühe, eine psychiatrische Behandlung anzunehmen oder sind nur eingeschränkt mobil, um Versorgungsangebote wahrzunehmen. Oft bestehen negative Vorstellungen gegenüber psychiatrischen Behandlungsmethoden. Zudem ist die Sichtweise älterer Menschen gegenüber der Psychiatrie durch frühere Erfahrungen geprägt, welche der heutigen Realität nicht mehr entsprechen. Um die medizinisch-psychiatrische Versorgung der älteren Wohnbevölkerung, insbesondere der hochbetagten Baselbieterinnen und Baselbieter, welche in einer Betreuungsinstitution leben, sicher zu stellen ist die Zusammenarbeit zwischen den Grundversorgern und der Alterspsychiatrie von grosser Relevanz. 2 Neue Möglichkeiten für alterspsychiatrische Langzeitpatienten Die Alterspsychiatrie hat sich im Kanton seit der Folgeplanung II im ambulanten sowie im stationären Bereich entwickelt: die konsiliarische Versorgung, aber auch die Einzelfallbetreuung von Bewohnerinnen und Bewohnern der rund 30 Alters- und Pflegeheime im Kanton Basel-Landschaft, wird zwischen den beiden Standorten der Ambulatorien und Tageskliniken aufgeteilt. Vereinzelt übernehmen auch niedergelassene Psychiater diese Leistungen. Das Zusammenführen der Alterspsychiatrischen Klinikabteilungen mit dem Kantonalen Altersheim in einen Bereich eröffnet für die stationäre Angebote bereits neue, differenzierte Perspektiven: Betagte Menschen, die unspezifi sche Langzeitpflege benötigen, werden weiterhin in den kommunalen Betreuungsinstitutionen versorgt, dies dank einem Kapazitätsausbau. Aktuell bietet der Bereich Alterspsychiatrie nun 32 Akutspitalbetten und 27 Betten mit Schwerpunkt- und Spezialisierungsangebot sowie noch 18 spezialisierte, alterspsychiatrische Langzeitpf legeplätze mit psychiatrischer Ausrichtung an (siehe unsere Angebote). Niederschwellige psychiatrische Versorgung wird wichtiger Trotz diesen positiven Entwicklungen sind neue Versorgungsangebote notwendig, um der zunehmenden Zahl von Behandlungsbedürftigen mit psychischen Erkrankungen im Alter gerecht zu werden. Aufgrund der Situation im Kanton gewinnt die niederschwellig psychiatrische Versorgung an Bedeutung. Diese mobilen Angebote können einen wichtigen Beitrag leisten und helfen, unnötige Spitaleintritte zu reduzieren. Auch verfügt der Kanton BL kaum über tagesklinische Behandlungsplätze – oder diese sind nicht spezifisch auf die Bedürfnisse älterer Patientinnen und Patienten ausgelegt. Zudem ist eine gute Vernetzung in der Alterspsychiatrie und aktive Schnittstellenpflege für eine bedürfnisgerechte Versorgung wichtig. Im laufenden Erwachsenenpsychiatrieprojekt der Psychiatrie Baselland wird diesem insbesondere Rechnung getragen, in dem die ambulanten und stationären Angebote auch in der Alterspsychiatrie zusammengeführt werden. Ein weiterer Fokus wird die Bündelung der bestehenden Ressourcen im Bereich der neuropsychologischen Diagnostik auf interdisziplinärer Basis sein. Der weiterhin steigenden Nachfrage an Konsil- und Liaisonleistungen, Coaching und spezifischer alterspsychiatrischer Wissensvermittlung für Pflegepersonen in den kommunalen Betreuungsinstitutionen wird durch angepasste Ressourcenbereitstellung Folge geleistet werden. weise für Patientinnen und Patienten mit psychisch längerfristigen Erkrankungen in der Klinik zuständig. Neben dem Schwerpunkt Alterspsychiatrie und -psychotherapie und dem Facharzttitel Psychiatrie und Psychotherapie verfügt er über Erfahrungen in der Neurologie und Hausarztmedizin. Dies ist von Vorteil, da ältere Patientinnen und Patienten häufig nicht nur wegen psychiatrischen, sondern auch wegen somatischen Leiden medizinische Behandlung benötigen. Zudem ist Harald Gregor von der Komplexität beider Fachbereiche fasziniert. Harald Gregors fachliche Schwerpunkte Seit 2008 leitet Harald Gregor den Bereich Alterspsychiatrie der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Davor war er neun Jahre als Oberarzt im Bereich der Akutpsychiatrie beziehungs- Er hat sich auf die psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung von vor allem depressiven älteren Menschen spezialisiert und mit seinem Team die Spezialabteilung zur Behandlung affektiver Störungen im Alter aufgebaut. Nicht nur beschäftigt es ihn, an facettenreichen Lebensgeschichten teilzunehmen, sondern auch die Möglichkeit zu haben, diese Erkrankungen zu entstigmatisieren. Die Behandlungsschwerpunkte in der Alterspsychiatrie auf einen Blick Ältere, psychisch kranke und pflegebedürftige Menschen haben bis an ihr Lebensende Anspruch auf eine angemessene Behandlung und Betreuung. Dieses angepasste Behandlungsangebot, das sowohl die medikamentöse Behandlung als auch Psychotherapie mit psychodynamischem Schwerpunkt im Einzel- und Gruppensetting und ein erweitertes mulitmodales Aktivierungs- und Beschäftigungsangebot umfasst, stellt die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im Bereich der Alterspsychiatrie zur Verfügung. Selbstverständlich integrieren wir in den Therapien auch systemische und verhaltenstherapeutische Verfahren. Wir legen grossen Wert darauf, Therapien anzubieten, die speziell für Menschen im mittleren und höheren Lebensalter konzipiert wurden. Abteilung zur Behandlung akuter psychischer Störungen im Alter Ältere Patientinnen und Patienten mit akuten psychischen Störungen (unter anderem Erkrankungen des affektiven Spektrums mit psychosomatischen Beschwerden, Abhängigkeitserkrankungen, wahnhaften/psychotischen Störungen und Angststörungen) werden auf der offenen Akutabteilung aufgenommen. Ziele der Behandlung sind ein bestmögliches Wiedererlangen der psychischen Integrität, die Förderung beziehungsweise Erhaltung der Autonomie und Entscheidungsfähigkeit, eine körperliche und geistige Aktivierung und eine möglichst auf Autonomie ausgerichtete soziale Integration nach der Behandlung. In aller Regel erfolgt der Austritt in die gewohnten Verhältnisse. Abteilung zur Behandlung organisch bedingter psychischer Störungen im Alter Auf dieser geschlossenen Akutabteilung werden Patientinnen und Patienten mit den Schwerpunkten Früh- und Differentialdiagnose organisch bedingter psychischer Störungen behandelt. Ziel unserer Behandlung ist es, die Selbständigkeit im Alltag zu erhalten, die Lebensqualität zu verbessern und psychosoziale Kompe- tenzen zu stabilisieren und zu erhalten. Der Austritt erfolgt entweder in die gewohnten Verhältnisse oder in eine angemessene Wohnund Betreuungssituation. und Patienten im Anschluss an eine Akutbehandlung nach ausreichender Stabilisierung, erster diagnostischer sowie psychosozialer Abklärung behandelt. Spezialabteilung zur Behandlung affektiver Störungen im Alter Die offene Spezialabteilung bietet eine spezifi sche acht- bis zwölfwöchige Psychotherapie für ältere Menschen mit einer affektiven Störung an, auch in Kombination mit einer Persönlichkeitsstörung und /oder einer zusätzlichen Abhängigkeitserkrankung als Nebendiagnose. Ziel ist, dass die Patientinnen und Patienten in der Einzel- wie auch der Gruppentherapie Lösungsansätze für ihre interpersonellen Konfl ikte kennen lernen, sich ihrer Fähigkeiten bewusst werden und sich mit ihren Enttäuschungen versöhnen können. Durch eine zeitlich begrenzte Distanz zum Alltag werden Veränderungsprozesse ermöglicht, um sich im höheren Lebensalter an Verluste und Stresssituationen besser anpassen zu können. Ziel dieser Behandlung ist es, nach Ressourcenabklärung, Auf bau einer Tagesbeschäftigung, Evaluation des Betreuungs- und Behandlungsumfangs, entweder in die gewohnten Wohnverhältnisse zurückzukehren oder den Übertritt in eine neue Wohn- und Betreuungssituation vorzubereiten. Schwerpunktabteilung zur Behandlung organisch bedingter psychischer Störungen im Alter Auf dieser Abteilung werden Patientinnen Abteilung zur Behandlung längerfristiger psychischer Störungen im Alter In der spezialisierten psychiatrischen Langzeitpflege werden chronisch psychisch kranke Patientinnen und Patienten mit unterschiedlichen Problemstellungen betreut und behandelt: Alterspatienten mit kognitiven und körperlichen Beeinträchtigungen oder Beeinträchtigungen der selbstständigen Lebensund Alltagsgestaltung, ältere Patienten, die nach wiederholten Krankheitsphasen eine niederschwellig stationäre, längerfristige Behandlung benötigen und jüngere Patienten mit vielfältig weitreichenden, psychosozialen Beeinträchtigungen. 3 news Kursangebote 23.10.2014 Heilen als industrieller Prozess, Prof. Dr. med. Giovanni Maio* 24.10.2014 Strukturierende Körperarbeit - Konzentrative Bewegungstherapie (KBT®) mit strukturell schwächeren Patienten, Kathinka Kintrup* 29.10.2014 Pro und Contra Antipsychotika im Kindes- und Jugendalter, Dr. med. Piet Westdijk und Prof. Dr. med. Dipl.- Psych. Klaus Schmeck** 31.10.2014 Psychodynamik bei Suchtpatienten und -patientinnen, Dr. med. Claudine Aeschbach* 31.10.2014 OPD-Kurs, Prof. Dr. med. Joachim Küchenhoff *** 05.11.2014 Multimodale Kinder und Jugendlichenpsychotherapie am Beispiel der sozialen Angststörung – Was ist evidenzbasiert?, Dr. Dipl.-Psych. Hendrik Büch** 06.11.2014 Umgang mit Versicherungen, Dr. med. Fulvia Rota* 12.11.2014 Alkoholkonsum bei Kindern und Jugendlichen, Dr. med. Cristina Pizzagalli** 13.11.2014 Jahressymposium «Kreativität in therapeutischen Beziehungen», Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Dr. Daniel Barth, Dr. phil. Thomas Röske, Prof. Anselm Stalder, Prof. Dr. Ralf Zwiebel*** 19.11.2014 Substanzgebrauch bei ADHS, Prof. Dr. rer. nat. Rolf-Dieter Stieglitz** 20.11.2014 Umgang mit funktionellen Beschwerden – ein interaktiver Workshop mit bzw. für Hausärzte und -ärztinnen, Prof. Dr. Alexander Kiss* 26.11.2014 News aus dem SPD, Martin Brunner** 28.11.2014 Einführung in die Hypnosetherapie, med. pract. Christian Schwegler* 03.12.2014 Frühe Eltern-Kind-Behandlung, Dr. med. Thorsten Mikoteit** 10.12.2014 Technologiekritik und medienassoziierte Störungen, Dr. med. Oliver Bilke-Hentsch MBA** * Ambulatorien und Tageskliniken ** Kinder- und Jugendpsychiatrie ***Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Weitere Informationen und Anmeldung www.pbl.ch/kurse direkt elektronisch Möchten Sie das direkt elektronisch erhalten? Nachricht an: [email protected] Alterspsychiatrie Impressum, Redaktion Haben Sie Fragen, Wünsche oder Anregungen zu unserem News-Flyer oder unseren Angeboten, wenden Sie sich bitte an Robert Witte, Leiter Direktionsstab ad interim, Tel. 061 553 50 13, [email protected] Herausgeberin: Psychiatrie Baselland Redaktion: Ines Enggist Kontakt: [email protected] direkt erscheint sechsmal jährlich www.pbl.ch Cartoon: Jonas Raeber 4