8 Zum Begriff des projektiven Raumes

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§8 Zum Begriff des projektiven Raums
In diesem Paragraphen wollen wir die unterschiedlichen Standpunkte beim Start in die projektive Geometrie zusammenfassen. Zunächst geben wir einen Überblick zur verbandstheoretischen Kennzeichnung projektiver Räume (8.1). Anschließend deuten wir mit dem inzidenzgeometrischen Zugang den wohl reinsten geometrischen Weg an (8.2). Die für das praktische
Rechnen wichtigen analytischen Modelle erläutern wir zusammenfassend in 8.3. Schließlich
soll noch wenigstens andeutungsweise den Zusammenhängen zwischen diesen unterschiedlichen Ansätzen nachgespürt werden. Dazu werden in Abschnitt 8.4 einige Ergebnisse referiert,
die in der Vorlesung „Grundlagen der Geometrie“ näher untersucht werden.
Allen Ansätzen gemeinsam ist, dass wir uns auf endlich dimensionale Räume beschränken.
8.1
Verbandstheoretische Definition im Überblick
In 7.4 wurden projektive Räume als irreduzible komplementäre modulare und längenendliche
Verbände eingeführt. Im nachfolgenden Diagramm sind die einzelnen Stationen zu dieser
Definition nochmals zusammengefasst.
Verbände (2.1)
Verbände mit N und E (2.3)
Irreduzible Verbände (7.1)
Längenendliche Verbände (3.2)
(L)
Komplementäre Verbände (5.1)
(K)
Modulare Verbände (4.2)
(M)
Dimensionsverband (3.4)
projektives Dimensionsaxion (3.5)
(P)
Distributive Verbände (4.1)
(DT)
Bollesche Algebren (4.1)
KML-Verband (5.4)
Boolesche Algebren (4.1)
Projektive Räume (7.4)
In Verbänden finden wir zwei in ihren Eigenschaften voll symmetrische Verknüpfungen, die
wir geometrisch als „Verbinden“ und „Schneiden“ deuten. Durch die Längenendlichkeit (L)
erfolgt die Beschränkung auf endliche Dimensionen, für einen geometrisch sinnvollen Dimensionsbegriff sind aber noch zusätzliche Bedingungen erforderlich: Zunächst ist zu sichern, dass alle Reihen zwischen zwei Elementen die gleiche Länge haben (Dimensionsverband), weiter sollten Objekte unterschiedlicher Dimension mit genügend vielen Punkten inzidieren (projektives Dimensionsaxiom (P)). Die abgeschwächte Distributivität in Form der
Modularität (M) liefert zusammen mit (L) eine formelmäßige Fassung für Verbände mit einem geometrisch befriedigenden Dimensionsbegriff. Durch die Hinzunahme der Komplementarität (K) wird schließlich gesichert, dass Verbandselemente durch die mit ihnen inzidierenLetzte Änderung
18.10.2007
N. Christmann: Projektive Geometrie WS 2007/2008
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den Punkte eindeutig bestimmt sind. Die Irreduzibilität schließlich sichert, dass Geraden mit
mindestens drei Punkten inzidieren. Dies ist für projektive Räume wichtig, weil jede „eigentliche“ Gerade einen Fernpunkt besitzt, nach dessen Entfernen beim Schlitzen bleiben dann
noch mindestens zwei zu ihrer Bestimmung.
Verbandselemente bestimmende Teilmengen der Punktmenge IP(L) sind solche, die mit je
zwei verschiedenen Punkten P und Q auch alle Punkte der Verbindungsgeraden P⊔Q enthalten.
Als projektive Räume kleiner Dimension treten auf:
• Der leere Raum (enthält nur ein Element, die leere Menge).
• Nulldimensionale Räume enthalten als Verband zwei Elemente, das Einselement ist
dann der einzige Punkt dieses Raumes.
• Projektive Geraden enthalten ein Nullelement, mindestens drei Punkte und als Einselement die Gerade, welche mit allen Punkten inzidiert.
• Die kleinste projektive Ebene enthält 7 Punkte. Man geht zur Konstruktion von einer
projektiven Geraden mit drei Punkten (P1, P2, P3) aus, dann muss es einen 4. Punkt
P4 außerhalb dieser Geraden geben. Die Verbindungsgeraden dieses Punktes mit den
dreien der ersten Geraden benötigen jeweils noch einen neuen Punkt, dann muss man
diese Punkte noch zu einer Geraden zusammenfassen. Das Inzidenzdiagramm (vgl.
§1) ist zur Konstruktion wesentlich übersichtlicher als das im Bild 8.1a) angegebene
Hassediagramm.
E
G123
G247
P1
P2
G346
P3
G256
G357
G145
P4
P5
P6
G167
P7
N
Hassediagramm der kleinsten projektiven Ebene
Es ist klar, dass die zuvor angedeutete kombinatorische Strategie zur Konstruktion projektiver
Ebenen bei größeren Punkteanzahlen (die Punkteanzahl einer Geraden verringert um eins bezeichnet man auch als Ordnung der Ebene) unübersichtlich wird. Dies klärt, weshalb selbst
für die relativ kleine Ordnung 12 noch nicht bekannt ist, ob es eine projektive Ebene dieser
Ordnung gibt. Für die Ordnung 10 führt man einen Nichtexistenzbeweis mit massivem Computereinsatz.
84
§8 zum Begriff des projektiven Raumes
8.2
85
Inzidenzgeometrische Definition
Geometrien sind dadurch gekennzeichnet, dass zwischen ihren Objekten Inzidenzen bestehen
oder nicht bestehen. Wir benötigen also für eine Geometrie mindestens eine Menge von Objekten und die Beschreibung der Inzidenz bzw. Nichtinzidenz zwischen diesen. Innerhalb unserer verbandstheoretischen Vorgehensweise wurde die Inzidenz mittels der Enthaltensrelation „⊑“ beschrieben. Inzidenzen sind gekennzeichnet durch Paare von Objekten. Dabei gibt es
die Möglichkeit, die Hierarchie schon zu beachten, also die Sprechweise „liegt auf“ in die
Mathematik zu übersetzen. Ein anderer Ansatz geht davon aus, dass z. B. ein Punkt nicht nur
auf einer Geraden liegt (mit ihr inzidiert), sondern dass dann diese Gerade auch den Punkt
enthält (also auch mit ihm inzidiert), die Inzidenz wird in diesem Fall symmetrisch gesehen.
Diese Vorgehensweise (vgl. BEUTELSPACHER/ROSENBAUM [BR] S. 5) führt zu folgender sehr rudimentär wirkenden allgemeinen
8.2.1 Definition (Geometrie):
Eine Geometrie ist ein Paar Γ = (Ω,I), wobei Ω eine Menge (geometrischer Objekte) ist und
I⊆ΩxΩ eine zweistellige Relation (Inzidenzrelation genannt) auf Ω, welche reflexiv und
symmetrisch ist, es gelten also für I
(ReI) (x,x) ∈ I für alle x∈Ω
und (SyI) (x,y) ∈ I ⇒ (y,x) ∈ I für alle x,y ∈ Ω.
Statt (x,y) ∈ I schreiben wir auch xIy („ x inzidiert mit y“).
Man erkennt sofort, dass die etwa in §1 eingeführten Geometrien diese Definition erfüllen.
Aber auch viele allgemeinere Beispiele gehören zu den Geometrien, die sparsamste ergibt
sich, wenn man für Ω und damit auch zwangsläufig für I die leere Menge wählt. Sobald Ω
nicht leer ist, gilt dies wegen der Reflexivität auch für I. Insbesondere umfasst also die Inzidenzrelation I von Geometrien stets die Gleicheitsrelation. Man kann mit der Gleichheitsrelation für I als gröbster Inzidenzrelation zufrieden sein, oder aber diese – so ergeben sich die
eigentlich interessierenden Geometrien – weiter verfeinern.
Ist (Ω,I) eine Geometrie und Ω’ eine Teilmenge von Ω, so ist Γ’ = (Ω’,I’) mit der durch I auf
Ω’ induzierten Inzidenzrelation (Schnitt von I mit Ω’xΩ’) ebenfalls eine Geometrie. So wird
eine Gerade mit ihren Punkten zu einer „Teilgeometrie“ einer Ebene.
Die Verschiedenartigkeit der Objekte einer Geometrie (vgl. Punkte, Geraden, Ebenen, Kreise…) kann mit folgendem Begriff erfasst werden.
8.2.2 Definition (Fahne):
Sei Γ = (Ω,I) eine Geometrie. Dann heißt eine Teilmenge von Ω, deren Element paarweise
inzident sind, auch Fahne dieser Geometrie. Eine Fahne F heißt maximal, wenn es kein
x∈Ω\F gibt, so dass F ∪ {x} ebenfalls eine Fahne ist.
8.2.3
a)
Beispiele:
Sei Γ die affine Ebene über den reellen Zahlen (AG(2,R)). Ist P ein Punkt, g eine
Gerade durch diesen Punkt, so sind {P}, {g}, {P, g}Fahnen, nur die letzte ist maximal. Wir haben hier die Ebene E selbst nicht als Element in die Geometrie auf85
N. Christmann: Projektive Geometrie WS 2007/2008
b)
c)
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genommen, sie ist durch die Menge Ω gegeben. In der Inzidenzgeometrie wird Ω
als Stellvertreter für den gesamten Raum genommen.
Beim Hilbertschen Aufbau der Geometrie treten Punkte, Geraden und Ebenen als
Objekttypen der räumlichen Geometrie auf. Maximale Fahnen sind in diesem Fall
Mengen des Typs {P, g, α}, wobei P ein Punkt ist, g eine Gerade durch P und α
eine Ebene, welche g umfasst.
Im Bild 8.2a ist eine „Abstammungsgeometrie“ angedeutet: Die Punkte stehen für
Menschen, eine direkte Verbindung wird für „ist Kind von“ von oben nach unten
eingetragen. Zwei der Menschen sind dann verwandt, wenn es einen (auf- oder)
abwärts gerichteten Pfad von dem einen zum andern gibt. In dieser Geometrie gibt
es maximale Fahnen der Längen 2, 3 und 4, also insbesondere solche unterschiedlicher Länge.
Bild 8.2a
Eine „Abstammungsgeometrie“
Im letzten Beispiel bereitet es Probleme, den Objekten die Rolle von Punkten, Geraden usw.
zuzuordnen. Das hängt nicht zuletzt daran, dass wir maximale Fahnen unterschiedlicher Länge finden. Solche Geometrien schließen wir aus mit der folgenden
8.2.4 Definition (Rang einer Geometrie):
Eine Geometrie Γ = (Ω,I) heißt vom Rang r, wenn man Ω in eine Partition Ω1, …., Ωd (also in
eine disjunkte Zerlegung nichtleerer Teilmengen) so einteilen kann, dass jede maximale Fahne von Γ aus jeder Klasse der Partition genau ein Element enthält. Die Elemente der Klasse i
(i = 1,…, d) werden auch als Elemente vom Typ i bezeichnet.
In einer Geometrie vom Rang r hat demnach jede maximale Fahne genau r Elemente. Im Beispiel einer projektiven Inzidenzebene bilden die Menge der Punkte, die Menge der Geraden
eine entsprechende Zerlegung (vgl. Hinweis in 8.2.3a), demnach liegt eine Geometrie vom
Rang 2 vor. Im Beispiel 8.2.3b) liegt eine Geometrie vom Rang 3 vor.
Der Abstammungsgeometrie 8.2.3b) können wir keinen Rang im Sinne von 8.2.4 zuordnen.
Dazu müssten die Verwandtschaften durch weitere Menschen geeignet ergänzt werden.
86
§8 zum Begriff des projektiven Raumes
87
Ist Γ = (Ω,I) eine Geometrie vom Rang r, so ist Γi’ = (Ωi’,Ii’) mit Ωi’:= Ω \ Ωi und Ii als induzierter Inzidenzrelation eine Geometrie vom Rang r-1. So kann man aus jeder Geometrie vom
Rang r eine Geometrie vom Rang 2 konstruieren. Dies entspricht der Tatsache, dass man in
der Anschauungsgeometrie durch Vorgabe der Punkte und Geraden oder Hyperebenen alle
Elemente bereits beschreiben kann (vgl. entsprechenden Darstellungssatz für irreduzible
KML-Verbände).
So lassen sich im Anschauungsraum (vgl. 8.2.3b) Ebenen dadurch kennzeichnen, dass sie
mindestens drei nicht auf einer Geraden liegende Punkte enthalten und dass mit je zwei verschiedenen Punkten P und Q alle Punkte der zugehörigen Verbindungsgeraden P⊔Q zur Ebene gehören. Man kann also auf Ebenen als Grundobjekte beim Aufbau verzichten. Das ist
insbesondere nützlich, wenn man Geometrien unterschiedlicher Dimension gemeinsam untersuchen will. Den Geometrien vom Rang 2 kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu.
8.2.5 Lemma:
Ist Γ = (Ω,I) eine Geometrie vom Rang r, so enthält keine Fahne zwei Elemente gleichen
Typs.
Beweis:
Angenommen, zwei Elemente x und x’ vom gleichen Typ würden miteinander inzidieren.
Dann wäre
F = {x, x’}
eine Fahne. Diese kann zu einer maximalen Fahne ergänzt werden, diese enthielt dann aber
zwei Elemente gleichen Typs im Widerspruch zur Vorgabe, dass Γ = (Ω,I) eine Geometrie
vom Rang r ist.
Dieses Lemma beinhaltet insbesondere, dass zwei verschiedene Geraden zwar einen Punkt
gemeinsam haben können, aber nicht miteinander inzidieren können.
Für Geometrien vom Rang 2 führen wir eine eigene Bezeichnung ein.
8.2.6 Definition (Inzidenzsstruktur):
Ist Γ = (Ω,I) eine Geometrie vom Rang 2, so bezeichnet man diese auch als Inzidenzstruktur. Die Elemente vom Typ 1 werden meist als Punkte, die vom Typ 2 als Blöcke, unter zusätzlichen Voraussetzungen auch als Geraden bezeichnet. Ist IP die Menge der Punkte und IB
die Menge der Blöcke von Γ = (Ω,I), so schreibt man auch Γ = (IP,IB,I).
Bei einer Inzidenzsstruktur (Ω,I) gilt demnach Ω = IP∪IB mit IP∩IB = {}. Bisweilen, verzichtet man in Definitionen auch auf die Verwendung von Ω und startet direkt mit dem Mengentripel (IP,IB,I). Dann lässt man meist
die Reflexivität und Symmetrie für die Inzidenz fallen und erklärt diese einfach als Relation zwischen IP und IB
(Teilmenge von IPxIB), vgl. hiezu auch den Hinweis zu Beginn dieses Abschnittes.
Wir wollen jetzt die Axiome angeben, die wir von einer Inzidenzstruktur fordern, wenn Blöcke als Geraden bezeichnet werden. Unter den Begriff der Inzidenzstruktur fallen auch die
Graphen (bisweilen auch Multigraphen genannt), bei denen bilden die Ecken und Kanten die
Objekttypen. Dabei können Mehrfachkanten (zwei Ecken mit mehr als einer Kante verbunden) und Schlingen (eine Kante beginnt und endet in der gleichen Ecke) auftreten. Diese Fälle
wollen wir in der Geometrie im engeren Sinn ausschließen, hier soll es durch zwei verschie87
N. Christmann: Projektive Geometrie WS 2007/2008
88
dene Punkte genau eine Gerade geben und jede Gerade mindestens zwei (in projektiven Räumen sogar drei) Punkte enthalten.
8.2.7 Definition (Inzidenzgeometrie):
Eine Inzidenzstruktur (IP,IB,I) heißt Inzidenzgeometrie oder Inzidenzraum, wenn folgende
Inzidenzaxiome gelten:
(I1) Zu zwei verschiedenen Punkten P und Q gibt es genau einen (Verbindungsgerade
P⊔Q von P und Q genannten) Block g mit PIg und QIg.
(I1’)
Jeder Block g inzidiert mit mindestens zwei verschiedenen Punkten, zu jedem g∈B
existieren also P, Q∈IP mit P≠Q und PIg und QIg.
8.2.8
a)
Beispiele:
Bei den Inzidenzgeometrien (IP,IB,I) gemäß 8.2.7 dürfen weder IP noch IB leer
sein, weil maximale Fahnen nach 8.2.6 zwei Elemente enthalten müssen. Dadurch
werden folgende Ausartungsfälle ausgeschlossen, die man bei anderer Vorgehensweise als Inzidenzgeometrien zulässt: Beim leeren Raum sind alle drei Mengen IP,
IB I leer, beim einpunktigen Raum besteht IP au genau einem Punkt P, IB ist leer
und I={(P,P)}.
b)
Die kleinste, bei uns als Inzidenzgeometrie zugelassene Struktur (IP,IB,I) besitzt
zwei verschiedene Punkte und genau eine Gerade, welche diese Punkte verbindet.
c)
Das nachfolgende Bild 8.2b zeigt, dass noch Geometrien mit unerwünschten Eigenschaften zugelassen sind (Geraden mit unterschiedlichen Punkteanzahlen)
P
P1
P2
P3
P4
g
P5
P6
P7
P8
P9
Bild 8.2b: Eine Inzidenzgeometrie mit Geraden unterschiedlicher Punkteanzahlen
Aus (I1) folgt insbesondere, dass zwei verschiedene Geraden höchstens einen Punkt gemeinsam haben.
Die in §1 bereits eingeführten projektiven Ebenen können wir jetzt auch folgendermaßen
kennzeichnen:
8.2.9 Definition (projektive Inzidenzebenen):
Eine Inzidenzgeometrie (IP,IB,I) bezeichnen wir als projektive Inzidenzebene, wenn zusätzlich gelten:
(I2) Je zwei verschiedene Geraden inzidieren mit genau einem Punkt.
(I3) Jede Gerade inzidiert mit mindestens drei Punkten
(I4) Es gibt mindestens zwei verschiedene Geraden.
88
§8 zum Begriff des projektiven Raumes
89
Der einfache Nachweis, dass diese Definition zu der in §1 gegebenen gleichwertig ist, wird
zur Übung empfohlen. An das hierdurch gültige Dualitätsprinzip für projektive Inzidenzebenen wird erinnert.
Zum Begriff des projektiven Inzidenzraumes (wir verwenden diese Bezeichnung, weil der
Begriff projektiver Raum gemäß 7.4 bereits vergeben ist und die Gleichwertigkeit noch zu
sichern ist) gelangen wir, wenn wir in der vorangehenden Definition das Axiom (I2) verallgemeinern.
8.2.10 Definition (projektiver Inzidenzraum):
Eine Inzidenzgeometrie (IP, IB, I) heißt projektiver Inzidenzraum, wenn außer den Axiomen (I3) und (I4) noch das Veblen-Yong-Axiom (VY) gilt.
Dabei besagt
(VY): Sind A, B, C, D vier verschiedene Punkte der Inzidenzgeometrie, so dass die Gerade
A⊔B die Gerade C⊔D trifft, dann trifft die Gerade A⊔C auch die Gerade B⊔D.
(VY) kann man etwas weniger formal aussprechen: Trifft eine Gerade zwei Seiten eines Dreiecks, dann trifft sie auch die dritte Seite. Das Treffen der Geraden A⊔B und C⊔D bedeutet
anschaulich, dass diese in einer (projektiven) Ebene liegen. Dann müssen auch die Geraden
A⊔C und B⊔D in dieser Ebene liegen und daher nach (I2) einen Schnittpunkt haben. Insofern
ist (VY) eine Verallgemeinerung von (I2).
B
A
S
D
C
Bild 8.2c Zum Veblen-Young-Axiom
Die dick eingetragene Gerade trifft die beiden Dreiecksseitengeraden S⊔C und S⊔A des Dreiecks SAC in D
bzw. in B. Nach (VY) trifft sie dann auch die Seitengerade A⊔C.
In projektiven Räumen gemäß 7.4 haben wir außer Punkten und Geraden noch weitere geometrische Objekttypen, die wir anhand der Dimension unterscheiden. In Inzidenzräumen gewinnen wir diese, in dem wir die Überlegungen aus 5.4 umkehren. Wir zeichnen also solche
Teilmengen der Punktmenge aus, die bezüglich der Geradenbildung abgeschlossen sind.
89
N. Christmann: Projektive Geometrie WS 2007/2008
90
8.2.10 Definition (Teilräume):
Sei Γ = (IP, IB, I) eine Inzidenzgeometrie. Dann heißt T ⊆ IP Teilraum (auch Linearmenge)
von Γ, wenn T zu je zwei verschiedenen Punkten P und Q auch alle Punkte enthält, welche
mit P⊔Q inzidieren. Die Menge der Teilräume bezeichnen wir mit TR(IP) oder auch TR(Γ).
Mit <A> („Hülle von A“) bezeichnen wir für A∈Pot(IP) den kleinsten Teilraum, welcher A
umfasst.
Jetzt können wir die Verbandstheorie ins Spiel bringen.
8.2.11 Satz (Verband der Teilräume):
Sei Γ = (IP, IB, I) eine Inzidenzgeometrie. Erklären wir auf TR(IP) zwei Verknüpfungen ⊓
und ⊔ durch
A ⊓ B := A ∩ B
und
A ⊔ B := <A ∪ B>,
so wird (TR(IP),⊓,⊔) zu einem Verband mit Nullelement N = {} und Einselement E = IP.
Beweis als Übungsaufgabe.
Ist P ein Punkt so ist <P> = {P}, zur Vereinfachung betrachten wir P selbst auch als Teilraum,
setzen also auch bisweilen <P> = P. Entsprechend identifizieren wir auch eine Gerade g mit
ihrer Punktmenge <g>, sofern keine Missverständnisse zu befürchten sind.
Die in 8.2.10 angegebene Definition für <A> bestimmt diese Hülle von oben, es wird der
Schnitt aller Teilräume gebildet, welcher A umfasst (diese Begriffsbildung ist sinnvoll weil
der Teilraum IP die Menge A umfasst).
Mit der Teilraumdefinition erhalten wir zusätzlich zu Punkten und Geraden weitere ausgezeichnete Objekte in
Form von Teilräumen der Dimensionen ≥ 1, diese gehören jedoch nicht zur die Geometrie erzeugenden Menge
Ω = IP∪IB, daher haben maximale Fahnen in dieser Geometrie weiterhin genau zwei Elemente (einen Punkt und
eine Gerade). Man kann natürlich auch Fahnen innerhalb der Menge TR(IP) der Teilräume definieren, dann
erhält man die (möglicherweise intuitiv erwartete) Abhängigkeit der Länge von der Dimension des betrachteten
Raumes.
Für projektive Inzidenzräume kann man die Hülle zweier Teilräume auch von unten einfach
bestimmen. Es gilt das
8.2.12 Lemma:
Sei Γ = (IP, IB, I) ein projektiver Inzidenzraum. Dann gilt für A ∈ TR(IP) und P ∈ IP:
A ⊔ P = ∪a∈A <a⊔P>.
Den Verbindungsraum von A und P erhält man also dadurch, dass man P mit allen Punkten
von A verbindet.
Zum Beweis wird auf [BR] S. 14f. oder auf §1 der Vorlesung „Einführung in die Geometrie“
verwiesen. Ersetzt man den Punkt P durch einen beliebigen Teilraum, so besteht der Verbin90
§8 zum Begriff des projektiven Raumes
91
dungsraum aus allen Geraden, die Punkte des einen Raumes mit Punkten des andern Raumes
verbinden.
Zur Einführung des Dimensionsbegriffs führt man den Begriff der unabhängigen Menge analog zu §5 ein. Unabhängige Erzeugendensysteme werden dann als Basen bezeichnet, deren
Länge erweist sich dann als Invariante und kann – um eins verringert – als Dimension der
Teilräume eingeführt werden. Durch die Beschränkung auf endlich erzeugte Räume gelangt
man zu den projektiven Inzidenzräumen, welche auch projektive Räume im Sinne von 7.4.1
sind.
Wir verzichten hier auf einen Beweis der Gleichwertigkeit der skizzierten Ansätze zu den
Grundlagen, damit wir die Theorie etwas weiter entwickeln können.
8.3
Analytische projektive Geometrie
Bereits in §1 wurden die analytisch definierten projektiven Ebenen PG(2,IK) betrachtet. In
7.4.3 wurde gezeigt, dass ein projektiver Raum vorliegt, wenn man die 2 durch ein beliebiges
n∈N ersetzt bzw. den Vektorraum IK3 durch einen beliebigen (n+1)-dimensionalen IKVektorraum V ersetzt. Die solchermaßen entstehenden Standardgeometrien PG(n, IK) bzw.
PG(V) werden wir hier und in den folgenden Paragraphen näher untersuchen.
Die wichtige Frage, ob es außer diesen Standardgeometrien noch andere gibt, streifen wir im
Abschnitt 8.4.
8.3.1 Definition (projektive Räume analytisch):
Sei V ein (n+1)-dimensionaler IK-Vektorraum (n∈N, z.B. V = IKn+1). Dann bezeichnet man
den Unterraumverband (L(V),∩,⊔) auch als projektive Standardgeometrie zu V, in Zeichen
L(V) = PG(V) bzw. L(IKn+1) = PG(n, IK).
Die Punkte von PG(V) sind die Untervektorräume der (Vektorraum-) Dimension 1 (Geraden
durch den Ursprung), die Geraden dieser Geometrie die 2-dimensionalen Untervektorräume
von V (Ebenen durch den Ursprung), die Inzidenz wird durch das mengentheoretische Enthaltensein beschrieben.
Zur bequemeren Notierung schreiben wir für den einem Vektor v≠0 zugeordneten Punkt auch
P(v). Letztlich ist dies nur eine andere, an die Geometrie erinnernde Bezeichnung für den von
v erzeugten Untervektorraum, den man in der linearen Algebra mit Span(v) oder Lin(v) o.ä.
notiert.
Bei Untervektorräumen ist zwischen der verbandstheoretischen Dimension (die zugehörige
Dimensionsfunktion bezeichen wir mit „Dim“), und der mit „dim“ bezeichneten Dimension
aus der Theorie der Vektorräume zu unterscheiden. Es gilt
Dim(U) = dim(U) – 1
(U∈L(V)).
Für die Räume PG(V) wurde bereits gezeigt, dass sie projektive Räume im Sinne von 7.4.1
sind. Es gilt aber auch der
8.3.2 Satz:
Ist V ein (n+1)-dimensionaler IK-Vektorraum (n∈N), so ist die Geometrie PG(V) mit den einund zweidimensionalen Untervektorräumen als Objekttypen ein projektiver Inzidenzraum.
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N. Christmann: Projektive Geometrie WS 2007/2008
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Die Axiome (I1) und (I1’) ergeben sich ebenso wie (I3) und (I4) aus den Eigenschaften des
Verbandes L(V). Das Axiom (VY) ergibt sich aus der projektiven Dimensionsformel. Dabei
muss man n>1 voraussetzen.
Ein Beweis ohne Rückgriff auf die Verbandsaxiome wird zur Übung empfohlen.
Wir wollen nun in PG(V) mit Hilfe der Vektorraumtheorie Koordinaten einführen. Dazu sei
zunächst eine Basis B = (b0, b1, ….., bn) von V vorgegeben. Dann kann jeder Vektor v∈V
eindeutig in der Form
v = x0⋅b0 + x1⋅b1 + ….. + xn⋅bn
dargestellt werden. Weil mit v jedes λ⋅v mit λ∈IK\{0} den gleichen projektiven Punkt P(v)
bestimmt, müssen wir alle entsprechenden Vielfachen des (n+1)–tupels zu dessen Kennzeichnung zulassen. Das geschieht durch Einführung einer entsprechenden Äquivalenzrelation.
8.3.3 Definition (homogene Koordinaten):
Sei V ein (n+1)–dimensionaler IK-Vektorraum und B = (b0, b1, ….., bn) eine Basis von V.
Dann sehen wir zwei Koordinaten-(n+1)-tupel (x0. x1, …., xn) und (y0, y1, …., yn) als äquivalent an (in Zeichen (x0. x1, …., xn) ~ (y0, y1, …., yn)), wenn es einen Skalar λ∈IK\{0} gibt mit
(y0, y1, …., yn) = λ⋅ (x0. x1, …., xn).
Die zugehörige Äquivalenzklasse bezeichnen wir mit [x0. x1, …., xn] (= [y0, y1, …., yn]). Wir
nennen dann [x0, x1, …., xn] homogene Kordinaten des Punktes P(x0⋅b0 + x1b1 …. xnbn)
bzgl. der Basis B. Wir schreiben auch kurz P[x0, x1, ….., xn] für diesen Sachverhalt.
Für die weiteren Untersuchungen können jetzt die Methoden der linearen Algebra, insbesondere der Matrizenrechnung ausgenutzt werden. Als Beispiel betrachten wir folgendes
8.3.4 Kriterium:
Sei B = (b0, b1, ….., bn) eine Basis des (n+1)-dimensionalen IK-Vektorraumes V. In PG(V)
seien d+1 Punkte P0 = P(v0), P1 = P(v1), ….., Pd = P(vd) gegeben. Bezüglich der Basis B mögen die Vektoren vi die Koordinaten (xi0, xi1, ….., xin) (i= 0, ….,d) haben. Dann stimmt die
Dimension von P0 ⊔ P1 ⊔ …… ⊔ Pd mit dem Rang der Matrix (xi,k)i=0,..,d; k=0,….,n überein. Insbesondere sind die Punkte genau dann unabhängig, wenn der Rang dieser Matrix d+1 ist.
Die Punkte P(v0), P(v1), ….., P(vd) also genau dann unabhängig (frei), wenn die homogenen
Koordinaten dieser Punkte bzgl. einer Basis B linear unabhängig in IKn+1 sind.
Insbesondere kann man die Koordinaten–(n+1)–tupel als Matrix schreiben, ist deren Rang r, so hat
der von den d+1 Punkten aufgespannte Teilraum die (projektive) Dimension r–1.
Nach Vorgabe einer Basis von V sind die homogenen Koordinaten von Punkten bezüglich
dieser Basis eindeutig (also bis auf einen Skalar ungleich 0) bestimmt. Umgekehrt kann man
n+1 unabhängige Punkte B0, B1, …., Bn vorgeben, zu diesen n+1 Vektoren b0, b1, …, bn
bestimmen mit Bk = P(bk) (k = 0, …, n). Dann ist B = (b0, b1, ….., bn) eine Basis von V, bezüglich der kann die homogenen Koordinaten der Punkte von PG(V) bestimmen. Diese sind
aber nicht eindeutig durch die Vorgabe der Punkte B0, B1, …., Bn bestimmt, weil man bei
92
§8 zum Begriff des projektiven Raumes
93
jedem einzelnen Punkt den erzeugenden Vektor mit einem Skalar ungleich Null vervielfachen
kann, wobei man unterschiedliche Skalare wählen kann. Sind etwa [x0, x1, ….., xn] die homogenen Koordinaten von X bezüglich B und ändert man b0 in b0’ := λ⋅b0 ab (λ ≠ 0, 1), so hat
X bezüglich der Basis (b0’, b1, ….., bn) die homogenen Koordinaten [x0/λ, x1, ….., xn], diese
sind offensichtlich verschieden von denen bezüglich B.
Der Mangel wird durch Hinzunahme eines weiteren geeigneten Punktes beseitigt. Wir definieren dazu
8.3.5 Definition (Punkte in allgemeiner Lage):
Sei V ein (n+1)-dimensionaler IK-Vektorraum. Dann heißen die n+2 Punkte P0, P1, …., Pn, E
in allgemeiner Lage, wenn je n+1 dieser Punkte unabhängig sind (gleichwertig: keine n+1
dieser Punkte liegen in einer Hyperebene).
Zur genaueren Rechfertigung dieser Definition beweisen wir folgendes
8.3.6 Lemma:
Sei V ein (n+1)-dimensionaler IK-Vektorraum. Durch n+2 Punkte P0, P1, …., Pn, E aus PG(V)
in allgemeiner Lage ist eine Basis B = (b0, b1, ….., bn) von V mit Pk = P(bk) (k = 0, …n ) und
E = P(b0 + b1 + ….. + bn) bis auf einen gemeinsamen skalaren Faktor eindeutig bestimmt.
Beweis:
a)
Existenz:
Seien (b0, b1, ….., bn) so gewählt, dass Pk = P(bk) (k = 0, …n ) gilt. Dann sind
B = (b0, b1, ….., bn) und B’ = (b0’, b1’, ….., bn’) = (λ0⋅b0, λ1⋅b1, ….., λn⋅bn)
Basen von V, wobei λk≠0 für k = 0, 1, …n. Der Punkt E besitzt dann eine Darstellung E =
P(e) mit
e = α0’⋅b0’ + α1’⋅b1’ + …. + αn’⋅bn’ = α0’⋅λ0⋅b0 + α1’⋅λ1⋅b1 + …. + αn’⋅λn⋅bn.
Dabei sind wegen der Voraussetzung „in allgemeiner Lage“ alle αk’≠ 0 (k = 0, 1, …., n).
Wählt man λk = 1/αk’ , so ergibt sich die gewünschte Darstellung für E.
b)
Eindeutigkeit:
Es sei
Pk = P(bk) = P(bk’) (k = 0 , 1, …, n) und E = P(b0 + b1 + … + bn) = P(b0’+ b1’+ … + bn’).
Dann gelten
bk' = βk ⋅bk mit βk≠ 0 (k = 0, …, n)
und
b0’+ b1’+ … + bn’= β0⋅b0 + β1⋅b1 + … + βn⋅bn = β⋅( b0 + b1 + … + bn).
Weil die Skalare bezüglich einer Basis eindeutig bestimmt sind, erhalten wir
βk = β für k = 0, 1, …., n.
Beide Basen unterscheiden sich demnach nur durch einen gemeinsamen Faktor β.
Durch n+2 Punkte in allgemeiner Lage werden demnach die homogenen Koordinaten bis auf
einen skalaren Faktor eindeutig bestimmt, also sind sie im Sinne der Äquivalenz eindeutig
festgelegt. Dies führt zu folgender
93
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94
8.3.7 Definition (projektives Koordinatensystem):
Sind n+2 Punkte in allgemeiner Lage gemäß Lemma 8.3.6 bestimmt, so bezeichnen wir diese
auch als projektives Koordinatensystem, E bezeichnen wir auch als Einheitspunkt, die
übrigen als Grundpunkte.
8.3.8
a)
Bemerkungen
Für ein projektives Koordinatensystem kann man beliebige n+2 Punkte in allgemeiner Lage, wählen, man muss aber festlegen, welcher Punkt der Einheitspunkt
und in welcher Reihenfolge man die Punkte als Grundpunkte wählt.
b)
Mit der Wahl der Punkte liegen die zugehörigen eindimensionalen Untervektorräume fest. Für die Grundpunkte sind die Basisvektoren so zu wählen, dass deren
Summe in dem Unterraum P(e) des Einheitspunktes liegt. Dies ist bis auf einen
skalaren Faktor ≠0 eindeutig möglich.
c)
Zu den Grundpunkten gehören bezüglich des zugehörigen Koordinatensystems die
homogenen Koordinaten [1,0, …, 0], [0, 1, 0, ….0], [0, 0, ….., 0, 1], zum Einheitspunkt [1, 1, ….., 1].
Mit Hilfe der Koordinatensysteme kann man Teilräume durch lineare Gleichungssysteme
beschreiben. Wir setzen dazu voraus, dass V ein (n+1)-dimensionaler IK-Vektorraum ist, in
PG(V) sei ein projektives Koordinatensystem gewählt, die homogenen Koordinaten der Punkte dieser Geometrie beziehen sich auf dieses System.
8.3.9 Lemma:
a)
In PG(V) kann nach Festlegung eines projektiven Koordinatensystems jede Hyperebene durch eine lineare homogene Gleichung
α0x0 + α1x1 + ….. + αnxn = 0
mit
(α0, α1, …., αn) ≠ (0, 0, …., 0)
beschrieben werden. Umgekehrt beschreibt jede solche homogene Gleichung eine Hyperebene. Dabei sind die Koeffizienten (α0, α1, …., αn) bis auf einen von Null verschiedenen skalaren Faktor eindeutig bestimmt. Wir bezeichnen diese Hyperebene auch einfach mit
]α0, α1, …., αn[.
b)
Jeder d-dimensionale Teilraum lässt sich durch ein homogenes System von n-d Gleichungen beschreiben (Durchschnitt von n-d Hyperebenen).
Der Beweis ergibt sich aus entsprechenden Sätzen der Vektorraumtheorie.
8.3.10 Beispiele:
a)
Die drei Punkte P0 := P(0,1,4,2,3), P1:=P(2,0,1,1,0) und P(2,2,9,5,6) aus PG(4,R) liegen auf einer (projektiven) Geraden g, je zwei dieser Punkte erzeugen diese Gerade, je zwei
Punkte sind also frei, daher liegen P0,P1,P2 bzgl. g in allgemeiner Lage. Setzen wir
p0 := (0,1,4,2,3), p1:= (2,0,1,1,0), p2:= (2,2,9,5,6),
so gilt für diese Vektoren die Gleichung
2⋅p0 + p1 – p2 = 0 ⇔ p2 = 2⋅p0 + p1.
Wählt man (b0, b1) = (2⋅p0, p1), so bilden P0, P1, P2 ein projektives Koordinatensystem von g
mit den Grundpunkten P0, P1 und dem Einheitspunkt P2.
Die Punkte der Geraden g sind damit zunächst gegeben durch
94
§8 zum Begriff des projektiven Raumes
95
{P(λ⋅b0 + µb1) / (λ,µ) ungleich (0,0)}.
Für Punkte mit λ≠0 gilt P(λ⋅b0 + µ⋅b1) = P(b0 + (µ/λ)⋅b1), dies entspricht einer Normierung
der Koordinate x0 zu 1, sofern dies möglich ist. Für P(b1)= P1 gelingt dies nicht. Die Gerade g
enthält also die Punkte P(b0 + σ⋅b1) und P(b1). Dies entspricht der affinen Parameterdarstellung einer Geraden, hinzu kommt lediglich noch ein (Fern-) Punkt, der durch den Richtungsvektor bestimmt ist.
Die Gleichung
v = λ⋅b0 + µb1
für die Punkte P(v) bezeichnen wir auch als Parameterdarstellung der Geraden P0 ⊔ P1, die
Parameter (λ,µ) sind dabei nur bis auf einen skalaren Faktor eindeutig bestimmt. Parameterdarstellungen höherdimensionaler Gebilde ergeben sich entsprechend.
b)
Wir betrachten eine Ebene F in PG(4,R). Diese sei bestimmt durch die drei Punkte
P0 := P(1,0,1,0,0), P1:= P(1,0,2,–2,–2), P2:= P(1,1,0,1,–1).
Eine Parameterdarstellung für die Punkte P(v) von F lautet daher
mit p0 :=(1,0,1,0,0); p1:=(1,0,2,–2,–2); p3:= (1,1,0,1,–1).
v = λ⋅p0 + µ⋅p1 + κ⋅p2
Dabei können wir die Koordinaten als solche bzgl. des kanonischen Koordinatensystems mit
dem Einheitspunkt E = P(e) mit e = e0 + e1 + e2 + e3 + e4 auffassen.
Wie sieht F als Schnitt von Hyperebenen aus? Zunächst hat der Gesamtraum die (projektive)
Dimension 4, F die projektive Dimension 2.
F ist als Lösungsraum eines homogenen linearen Gleichungssystems mit 5 Variablen darzustellen, die Vektorraumdimension des Lösungsraumes ist 3, daher muss die zugehörige Matrix den Rang 2 (= 5 –3) haben. Wenn wir die Lösungen als Spaltenvektoren schreiben, wenn
also für die Lösungsvektoren x die Matrixgleichung A⋅x = 0 gelten soll, so müssen die Zeilenvektoren a von A den Gleichungen a⋅piT = 0 gelten. Die drei Vektoren p0, p1, p2 ergeben
demnach, ergänzt jeweils durch eine 0 die Zeilen der Matrix des zugehörigen homogenen
Gleichungssystems. Diese hat den Rang 3, 2 Parameter können demnach gewählt werden.
Über die Spezialisierungen a41=1 und a31= 0 und a42=0 und a32=1 kann man die restlichen
Lösungskomponenten zweier Zeilen von A berechnen, man erhält so die beiden Hyperebenengleichungen
−2 x0 + x1 + 2 x2 + x3 = 0 und -2x 0 + 3 x1 + 2 x2 + x4 = 0 .
Die Ebene F kann demnach als Schnitt dieser beiden Hyperebenen gewonnen werden.
In diesem Beispiel wurde zugleich dargelegt, wie man Parameterdarstellungen und Gleichungssysteme für projektive Teilräume ineinander umrechnen kann.
c)
Wir betrachten wieder eine projektive Koordinatenebene F, die zu F gehörenden Punkte P0, P1, P2, E seien (bzgl. F) in allgemeiner Lage. Die Koordinaten der Punkte X von F seien
bezüglich dieses Koordinatensystems mit [x0, x1, x2] bezeichnet.
95
N. Christmann: Projektive Geometrie WS 2007/2008
96
P2
E1
E0
E
P0
E3
P1
Für die Koordinaten der Grundpunkte und des Einheitspunktes E gelten dann die bereits in
8.3.8 angezeigten Bedingungen:
Punkt
P0
P1
P2
E
E0
E1
E2
Koordinaten [1,0,0]
[0,1,0]
[0,0,1]
[1,1,1]
[0,1,1]
[1,0,1]
[1,1,0]
Die Gerade Pi ⊔ E hat dann die Gleichung xj – xk = 0 mit j,k∈{0,1,2}\{i}, j≠k.
Die Gerade Pi ⊔ Pk hat die Gleichung xk = 0 (i, j, k∈ {0,1,2} alle drei verschieden).
Damit ergeben sich für den Schnittpunkt Ei der Geraden Pi ⊔ E mit der Geraden Pj ⊔ Pk (wieder i, j, k∈ {0,1,2} alle drei verschieden) die Koordinaten xi = 0 und xj = λ = xk mit λ≠0.
Durch die Normierung λ=1 ergeben sich die Koordinaten der Tabelle.
Wir wollen nun das Koordinatensystem ändern, die Grundpunkte seien
Q0 := E, Q1:= P1, Q2 :=P2,
als Einheitspunkt werde E’:= P0 gewählt, es werden also gegenüber dem alten System einfach
die Rollen von P0 und E vertauscht.
Für die zu den Punkten gehörenden Vektoren (wir bezeichnen sie einfach mit den entsprechenden kleinen Buchstaben, es gelte also P0 = P(p0), Q0= P(q0) usw.) gelten dann die Gleichungen
q0 = λ⋅e = λ⋅(p0 + p1 + p2); q1= λ1p1; q2 = λ2⋅p2; e’ = λ0⋅p0 = q0 + q1 +q2.
Aus der letzten Gleichung ergibt sich durch Einsetzen die Bedingung
(λ – λ0)⋅p0 + (λ + λ1)⋅p1 + (λ + λ2)⋅p2 = 0.
Die lineare Unabhängigkeit der zu den Grundpunkten gehörenden Vektoren liefert für die
Skalare die Gleichungen
λ0 = λ; λ1 = -λ; λ2 = -λ.
Die Transformation ist wie die zu den Punkten gehörenden Vektoren nur bis auf ein skalares
Vielfaches bestimmt. Wir setzen daher z. B. λ = 1 und erhalten als Transformationsmatrix
1 0 0 


T = 1 −1 0  .
 1 0 −1 


96
§8 zum Begriff des projektiven Raumes
97
Zu v = x0p0 + x1p1 + x2p2 gehören kann man auch wegen p0 = e – p1 – p2 nach Einsetzen direkt aus x = x0(e – p1 – p2) + x1p1 + x2p2 = x0e + (x1 – x0)p1 + (x2 – x0)p2 die neuen Koordinaten [x0, x1 – x0, x2 – x0] ablesen.
8.3.11 Projektive und affine Räume
In §1 wurde der Zusammenhang zwischen affinen und projektiven Inzidenzebenen erläutert.
Einen analogen Zusammenhang kann man zwischen affinen und projektiven Räumen beliebiger Dimension herstellen. Dazu ist zunächst der Begriff des affinen Raumes zu klären. Wir
beschränken uns hier auf die analytische Fassung: Wenn V ein IK-Vektorraum ist, so bezeichnen wir die Nebenklassen nach Untervektorräumen auch als affine Teilräume von V.
Die solchermaßen entstehende Geometrie wird auch als affine Standardgeometrie zu V (in
Zeichen: AG(V) oder im Falle V = IKn auch AG(n,IK)) bezeichnet.
Die affinen Teilräume von AG(V) sind daher von der Form T = a + U, wobei a∈V und U ein
Untervektorraum von V ist. Der Untervektorraum von T wird dann auch als Richtungsraum
von T bezeichnet. Als Dimension eines Teilraumes wird die des Richtungsraumes bezeichnet, die affine Dimension stimmt daher mit der Dimension der zugehörigen Vektorräume überein, wir schreiben daher auch dim(T) ( = dim(U)) für die Dimension von T.
Ein affines Koordinatensystem eines n-dimensionalen affinen Raumes besteht aus n+1 Punkten A0, A1, ….., An, wobei die Differenzvektoren A1-A0, ….., An-A0 linear unabhängig sind.
A0 wird dann auch als Ursprung dieses Koordinatensystems bezeichnet. Die Differenzvektoren A1-A0, ….., An-A0 bilden insbesondere eine Basis von V, jedem Punkt P kann man daher
die zu dieser Basis gehörenden Skalare als Koordinaten bezüglich des durch die Punkte gegebenen Koordinatensystems zuordnen.
Ist A ein n-dimensionaler IK-Vektorraum (und damit auch ein n-dimensionaler affiner Raum
über IK), weiter U = Span(u) ein 1-dimensionaler IK-Vektorraum, bezeichnen wir weiter mit
V := UxA = {(u,a) / u∈U und a∈A} ≅ (Ux{0A})⊕({0U}xA)
Die direkte Summe der beiden Vektorräume, so liefert die Abbildung
ϕ: A → V; a ֏ (u, a)
eine Einbettung von A in V, welche mit den affinen Strukturen verträglich ist. Nach Wahl
einer Basis von A können wir auch die Koordinatenabbildung betrachten, für die gilt dann
ϕK: A → IKn+1 ; a ֏ (1, a1, ….., an).
Dieses (n+1)-tupel können wir auch als homogene Koordinaten [1, a1, ….., an] eines Punktes
aus PG(V) deuten. Umgekehrt können wir allen Punkten aus PG(V) mit homogenen Koordinaten [x0, x1, ….., xn] im Falle x0≠ 0 den zu (x1/x0, ….., xn/x0) gehörenden Punkt als Bild bei
der Umkehrabbildung von ϕ zuordnen. Wir haben damit den n-dimensionalen affinen Raum
A in einen n-dimensionalen projektiven Raum PG(V) eingebettet. Nicht erfasst werden bei
dieser Einbettung die Punkte P((0U,a)) von V, also solche, für deren Koordinaten x0 = 0 gilt.
Dies ist eine Hyperebene von PG(V), die bezeichnet man auch als die zu A gehörende Fernhyperebene.
Die Einbettung eines affinen Raumes A in einen projektiven Raum bezeichnet man auch als
projektiven Abschluss von A.
Man kann diesen Vorgang auch rückwärts betrachten: Man geht von einem n-dimensionalen
projektiven Raum PG(V) aus (dann ist insbesondere dim(V) = n+1), wählt eine Hyperebene H
aus (nach geeigneter Wahl des Koordinatensystems gehört zu der die Gleichung x0 = 0). Für
V gibt es dann eine direkte Zerlegung V ≅ S ⊕ T in einen eindimensionalen Untervektorraum
S und einen n-dimensionalen Untervektorraum T derart, dass H = {P(t) / t∈T} gilt.
97
N. Christmann: Projektive Geometrie WS 2007/2008
98
Den Punkten aus P(V)\H kann man dann nach geeigneter Wahl der Basis von V die homogenen Koordinaten [1, x1, ….., xn] umkehrbar eindeutig zuordnen, in dem man diesen wiederum die affinen Koordinaten (x1, ….., xn) zuordnet erkennt man, dass P(V)\H zu einem ndimensionalen affinen Raum isomorph ist. Man bezeichnet diesen Vorgang auch als Schlitzen
von PG(V) längs der Hyperebene H.
Mit Hilfe des Abschließens/Schlitzens ist es möglich, affine und projektive Fragestellungen
wechselseitig ineinander überzuführen. Insbesondere werden Zusammenhänge zwischen affinen und projektiven Abbildungen damit erschließbar.
8.3.12 Bemerkung zur Klassifikation von Geometrien
Ist IK ein Körper und n∈N, so haben wir mit PG(n, IK) sofort eine projektive Geometrie der
Dimension n im Angebot. Ist V ein (n+1)-dimensionaler IK-Vektorraum, so ist auch PG(V)
eine n-dimensionale projektive Geometrie zum Koordinatenkörper IK. Wir bezeichneten beide als Standardgeometrien. Diese Bezeichnung beinhaltet einmal, dass Punktmenge, Geradenmenge und Inzidenz „standardmäßig“ gewählt werden (Punkte: eindimensionale Untervektorräume, Geraden: zweidimensionale Untervektorräume, Inzidenz: Mengeninklusion). Es
steckt aber noch mehr dahinter: Sobald man n und IK gewählt hat, ist jede Geometrie PG(V)
zu einem (n+1)-dimensionalen Vektorraum V zu der Geometrie PG(n, IK) isomorph, alle projektiven Geometrien der Dimension n zu einem vorgegebenen Koordinatenkörper sind also
zueinander isomorph. Die Zulassung beliebiger Vektorräume hat den Vorteil, dass man nicht
vorweg auf eine möglicherweise ungünstige Standardbasis festgelegt ist, dass man also mit
geschickten Darstellungen des jeweiligen Vektorraumes bei Bedarf arbeiten kann.
Die zuvor genannten Isomorphiebeweise ergeben sich aus der Isomorphie der entsprechenden
Untervektorraumverbände.
Es gibt demnach bis auf Isomorphie zu n∈N und einem Körper IK genau einen projektiven
Raum der Dimension n über IK. Deshalb kann man auch einfach von dem n-dimensionalen
projektiven Raum über IK sprechen (und als Modell z. B. PG(n,IK) verwenden).
Für die affinen Geometrien AG(A) bzw. AG(n,IK) gelten entsprechende Überlegungen.
Die endlich-dimensionalen analytisch erklärten projektiven und affinen Geometrien sind damit vollständig bekannt. Man muss sich „nur“ in der Körpertheorie alle Körper verschaffen,
dann gibt es nach Vorgabe eines Körpers und Wahl von n∈N genau eine (projektive oder affine) Geometrie der Dimension n über diesem Körper.
Ein Ziel einer mathematischen Theorie besteht darin, alle zur Theorie gehörenden Modelle in
Klassen zu ordnen und damit einen „Katalog“ für alle unterschiedlichen Modelle anzulegen.
Man bezeichnet die zugehörige Fragestellung als Klassifikationsproblem. Für analytisch erklärte Geometrien ist nach den vorangehenden Ausführungen das Klassifikationsproblem
dann vollständig gelöst, wenn das Problem der Klassifikation von Körpern vollständig gelöst
ist.
8.4
Die Sätze von Desargues und Pappos-Pascal
Wir haben in 8.3 analytisch definierte projektive Räume in Form der Standardgeometrien
PG(V) untersucht und zuletzt auch klassifiziert. Ungeklärt ist die Frage, ob damit alle projektiven Geometrien im Sinne unserer Definitionen aus 7.4.1 oder auch 8.2.7 (inzidenzgeometrische Variante) erfasst werden. Andeutungen zu Geometrien, die man nicht als Geometrie über
einem Vektorraum darstellen kann, wurden bereits in §1 für den Fall der projektiven Ebenen
gegeben. In diesem Abschnitt sollen einige weitere Sätze zu diesem Themenkreis referiert
werden.
98
§8 zum Begriff des projektiven Raumes
99
8.4.1 Definition (desarguessche Räume):
Ein projektiver Raum (L,⊓,⊔) heißt desarguesscher Raum, wenn in ihm folgende, mit (D)
bezeichnete Bedingung gilt:
Für jede Wahl von sechs verschiedenen Punkten A1, A2, A3, B1, B2, B3 mit den Eigenschaften:
•
Die Verbindungsgeraden Ai⊔Bi (i = 1, 2, 3) schneiden sich in einem von den sechs
Punkten Ai, Bi (i = 1, 2, 3) verschiedenen Punkt Z
• Die Punkte A1, A2, A3 sind nicht kollinear, gleiches gilt für B1, B2, B3.
liegen die drei Schnittpunkte
P12 := (A1⊔A2)⊓(B1⊔B2), P23 := (A2⊔A3)⊓(B2⊔B3), P31 := (A3⊔A1)⊓(B3⊔B1)
auf einer Geraden (vgl. Bild 8.4a) auf S. 93)
Vielleicht etwas weniger technisch kann man die Bedingung (D) auch so formulieren:
Gegeben sind zwei Dreiecke A1A2A3 und B1B2B3, bei denen sich die Verbindungsgeraden
Ai⊔Bi (i = 1, 2, 3) von entsprechenden Eckenpaaren Ai, Bi in einem Punkt Z schneiden. Dann
liegen die Schnittpunkte einander entsprechender Seitengeraden auf einer Geraden.
Die Bedingung (D) ist nach dem französischen Baumeister und Kriegsingenieur Girard DESARGUES (1593–1640) benannt, der ab 1626 als Geometer in Paris tätig war.
P13
B1
A1
P23
A2
B2
Z
A3
P12
B3
Bild 8.4a
Die Bedingung von Desargues
Man kann nun beweisen, dass (D) in PG(n, IK) gilt. Weiter kann man beweisen, dass jeder
projektive Raum, in dem (D) gilt, als Geometrie PG(n, IK) dargestellt werden kann. Schließlich lässt sich noch zeigen, dass (D) in jedem mindestens dreidimensionalen Raum gilt. Somit
99
N. Christmann: Projektive Geometrie WS 2007/2008
100
werden alle mindestens dreidimensionalen projektiven Geometrien durch die Standardgeometrien PG(n, IK) erfasst.
Im Fall der Dimension 2 gibt es dagegen Ausnahmen in Form der nichtdesarguesschen Ebenen. Dies führte dazu, dass die projektiven (und die damit über Schlitzen/Abschließen verbundenen affinen) Inzidenzebenen zu einem eigenen Forschungszweig der Mathematik des
20. Jahrhunderts wurden.
Konstruiert man zu einem desarguesschen Raum die zugehörige Standardgeometrie PG(V),
also den Koordinatenkörper IK (bis auf Isomorphie eindeutig bestimmt) und Vektorraum V
(als IKn+1 wählbar im Falle der projektiven Dimension n), so ist noch eine „Kleinigkeit“ zu
beachten: Der Körper IK muss nicht kommutativ sein (vgl. z. B. den Schiefkörper der Hamiltonschen Quaternionen).
Zur Sicherung der Kommutativität von IK ist eine zusätzliche geometrische Eigenschaft erforderlich, dazu geben wir folgende
8.4.2 Definition:
Ein projektiver Raum (L, ⊓, ⊔) der Dimension ≥ 2 genügt der Bedingung von Pappos und
Pascal (kurz (PP)), wenn für jeder Wahl der sechs verschiedenen Punkte A1, A2, A3, B1, B2,
B3 gilt:
Liegen A1, A2, A3 auf einer Geraden a und B1, B2, B3 auf einer Geraden b und sind alle Punkte
A1, A2, A3, B1, B2, B3 verschieden vom Schnittpunkt Z der Geraden a und b, so liegen die
drei Schnittpunkte
S12 := (A1⊔ B2) ⊓ (B1⊔ A2), S23 := (A2⊔ B3) ⊓ (B2⊔ A3), S31 := (A3⊔ B1) ⊓ (B3⊔ A1)
auf einer Geraden (vgl. Bild 8.4b auf S. 94).
Durch die Vorgabe, dass die Geraden a und b sich in einem Punkt Z schneiden wird gesichert,
dass alle Punkte in einer Ebene liegen. Ebenen mit (PP) werden auch als pappossche Ebenen
bezeichnet. Pappossche Räume kann man dann auch so kennzeichnen, dass sie eine pappossche Ebene enthalten, die Isomorphie aller Ebenen sichert dann (PP).
A3
A2
A1
a
Z
S12
S23
S31
b
B1
B2
B3
Die Bedingung (PP)
100
§8 zum Begriff des projektiven Raumes
101
Man kann zunächst zeigen, das aus (PP) die Bedingung (D) folgt. Die Umkehrung dieser
Aussage gilt nicht. Um das zu zeigen, beweist man zunächst, dass (PP) in desarguesschen
Räumen genau dann gilt, wenn der Koordinatenkörper IK kommutativ ist. Die Existenz nichtkommutativer Körper (z. B. Quaternionen) sichert dann, dass (PP) nicht in allen desarguesschen Räumen gilt.
Auf die Beweise der hier angesprochenen Sätze wird in der Vorlesung „Grundlagen der Geometrie“ eingegangen.
Aufgabe 1:
Beweisen Sie, dass in PG(n, IK) mit kommutativem Körper IK die Bedingungen (PP) und (D)
gelten.
Aufgabe 2:
Zeigen Sie, dass in projektiven Räumen gemäß 7.4.1 das Axiom (VY) gilt (Dimension mindestens 2).
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