Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) Frau

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Bundesministerium für Wirtschaft und
Technologie (BMWi)
Frau Wiebke Ewert
Herr Christian Schmidt
Unterabteilung III B 1
Scharnhorststr. 34 – 37
10115 Berlin
Düsseldorf, 20. August 2012
524/617
per E-Mail: [email protected]; [email protected]; [email protected]
Referentenentwurf des Dritten Gesetzes zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften
Sehr geehrte Frau Ewert,
sehr geehrter Herr Schmidt,
wir danken Ihnen für die Übersendung des o.g. Referentenentwurfs und begrüßen die geplanten Änderungen des § 6b EnWG, weil dadurch einige bedeutsame Aspekte klargestellt werden, die in der Vergangenheit häufig zu Diskussionen über die korrekte Gesetzesauslegung geführt haben.
Das IDW nimmt nachfolgend zu einzelnen Gesetzesänderungen Stellung. Aufgrund der sehr kurzen Frist zur Stellungnahme kann es sich dabei nur um eine
erste Einschätzung handeln. Insbesondere die Reichweite der Änderung des
§ 6b Abs. 1 Satz 1 EnWG bedarf vertiefter Diskussionen, vor allem mit den betroffenen Unternehmen. Daher behalten wir uns eine Ergänzung unserer Anmerkungen zu einem späteren Zeitpunkt vor.
Unternehmen, die energiespezifische Dienstleistungen erbringen
(§ 6b Abs. 1 Satz 1 E-EnWG)
§ 6b Abs. 1 Satz 1 E-EnWG sieht vor, dass auch rechtlich selbstständige Unternehmen, die zu einer Gruppe verbundener Elektrizitäts- oder Gasunternehmen gehören und mittelbar oder unmittelbar energiespezifische Dienst-
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leistungen erbringen, die Vorgaben des § 6b EnWG zu beachten haben. Es wäre zu prüfen, ob nicht stattdessen eine Ergänzung bzw. Klarstellung in der Begriffsbestimmung zum vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen
gemäß § 3 Nr. 38 EnWG vorgenommen werden sollte.
Weiterhin sollte in der Gesetzesbegründung klargestellt werden, dass „Gruppe
verbundener Elektrizitäts- oder Gasunternehmen“ bedeutet, dass die Unternehmen i.S.d. Artikels 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates
vom 20.01.2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen miteinander verbunden sind.
Auch sollten in die Gesetzbegründung Beispiele für „energiespezifische Dienstleistungen“ aufgenommen werden. Denn der Einschub „energiespezifisch“
könnte dahingehend interpretiert werden, dass allgemeine Dienstleistungen, wie
z.B. Personalverwaltung, IT-Service oder Buchhaltung, nicht gemeint sind, sondern Dienstleistungen, die nur im Energiebereich anzutreffen sind, wie z.B. die
Netzwartung und Verbrauchsabrechnungen. Dabei könnte Anleihe an Artikel 2
Nr. 35 der Richtlinien 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
genommen werden, wonach Unternehmen, die kommerzielle, technische
und/oder wartungsbezogene Aufgaben im Zusammenhang mit den Tätigkeiten
Erzeugung, Übertragung, Verteilung, Lieferung oder Kauf von Elektrizität erfüllen, unter die Elektrizitätsunternehmen subsumiert werden.
Ferner wird aus dem Gesetz selbst sowie aus der Gesetzesbegründung nicht
klar, was mit der mittelbaren Erbringung von Dienstleistungen gemeint ist. Es
stellt sich auch die Frage, ob hier Wesentlichkeitsaspekte geltend gemacht werden dürfen: Unterliegt auch ein Dienstleistungsunternehmen dem § 6b EnWG,
welches nur einen geringen Anteil seiner Umsatzerlöse mit energiespezifischen
Dienstleistungen erzielt?
Tätigkeitsabschlüsse für die genannten Tätigkeitsbereiche (§ 6b Abs. 3
Satz 6 EnWG)
Nach § 6b Abs. 3 Satz 6 EnWG ist mit der Erstellung des Jahresabschlusses für
jeden der genannten Tätigkeitsbereiche jeweils ein Tätigkeitsabschluss aufzustellen und dem Abschlussprüfer zur Prüfung vorzulegen. Wir interpretieren die
genannten Tätigkeitsbereiche als die in § 6b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 6 EnWG
aufgezählten Tätigkeitsbereiche (z.B. Elektrizitätsübertragung, Elektrizitätsverteilung). Für alle anderen in § 6b Abs. 3 Satz 3 und 4 EnWG genannten Tätigkeiten müssen u.E. keine Tätigkeitsabschlüsse aufgestellt werden (z.B. für die
Tätigkeiten innerhalb des Elektrizitätssektors und innerhalb des Gassektors so-
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wie für die i.d.R. zusammengefassten Tätigkeiten außerhalb dieser Sektoren,
vgl. auch Entwurf der Neufassung einer IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Rechnungslegung von Energieversorgungsunternehmen nach dem Energiewirtschaftsgesetz (IDW ERS ÖFA 2 n.F.), Tz. 17).
§ 6b Abs. 7 Satz 6 E-EnWG könnte jedoch etwas anderes vermuten lassen.
Danach hat die Regulierungsbehörde die Tätigkeitsabschlüsse zu den Tätigkeitsbereichen, die nicht in § 6b Abs. 3 Satz 1 und 2 E-EnWG aufgeführt sind,
als Geschäftsgeheimnis zu behandeln. Daher bitten wir um Klarstellung durch
bspw. folgenden Einschub in § 6b Abs. 3 Satz 6 EnWG: „Mit der Erstellung des
Jahresabschlusses ist für jeden der in Satz 1 und 2 genannten Tätigkeitsbereiche jeweils eine der in Absatz 1 Satz 1 genannten Vorschriften entsprechende
Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (Tätigkeitsabschluss) aufzustellen und
dem Abschlussprüfer zur Prüfung vorzulegen“.
Übersendung des Prüfungsberichts durch den Abschlussprüfer nach
§ 6b Abs. 7 Satz 1 E-EnWG
Nach § 6b Abs. 7 Satz 1 E-EnWG hat der Abschlussprüfer der Regulierungsbehörde unverzüglich nach Feststellung des Jahresabschlusses eine Ausfertigung
des Berichts über die Prüfung des Jahresabschlusses nach § 321 HGB einschließlich erstatteter Teilberichte zu übersenden. Im Hinblick auf die Verschwiegenheitsverpflichtung des Abschlussprüfers gemäß § 323 Abs. 1 HGB ist
es nicht die Aufgabe des Abschlussprüfers, den Prüfungsbericht nebst Teilberichten an die zuständige Regulierungsbehörde zu übersenden. Vielmehr ist das
geprüfte Unternehmen für die Einhaltung des § 6b EnWG verantwortlich und
sollte daher auch diese Unterlagen an die Regulierungsbehörde übersenden.
§ 6b Abs. 7 Sätze 4 bis 6 E-EnWG
Die Sätze 4 (Lagebericht), 5 (Geschäftsbericht) sowie 6 (Geschäftsgeheimnis)
des § 6b Abs. 7 E-EnWG sind in diesem Absatz Fremdkörper, da sich dieser eigentlich an den Abschlussprüfer richtet (Sätze 1 bis 3 sowie 7). Wir empfehlen
daher, die Sätze 4 bis 6 zum Schluss des § 6b Abs. 3 EnWG aufzunehmen oder
einen neuen Absatz 3a einzufügen.
Sofern dieser Umgliederung gefolgt wird, hätte dies jedoch Auswirkungen auf
die Betreiber von geschlossenen Verteilernetzen. Damit diese in ihren Lageberichten nicht auf die Tätigkeiten nach § 6b Abs. 3 Satz 1 EnWG eingehen und
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„Geschäftsberichte“ hierzu veröffentlichen müssen, ist die Befreiungsregelung
des § 6b Abs. 8 Satz 1 E-EnWG entsprechend zu ergänzen.
Geschäftsbericht (§ 6b Abs. 7 Satz 5 E-EnWG)
Nach § 6b Abs. 7 Satz 5 E-EnWG sind zu den Tätigkeiten nach § 6b Abs. 3
Satz 1 und 2 E-EnWG von den Unternehmen Geschäftsberichte auf deren Internetseite zu veröffentlichen. Der Geschäftsbericht war eine Berichtsform des
alten Aktienrechts (§ 160 AktG 1965) und wurde bereits 1986 durch den Anhang und Lagebericht ersetzt. Sofern mit dem Begriff „Geschäftsbericht“ nicht
etwas anderes gemeint ist, empfehlen wir, den Begriff durch die heute üblichen
Begrifflichkeiten zu ersetzen.
Zuständigkeit für den Prüfungsbericht bei sog. Shared-ServiceGesellschaften (§ 6b Abs. 7 Satz 7 E-EnWG)
Nach § 6b Abs. 7 Satz 7 E-EnWG ist der Prüfungsbericht von sog. SharedService-Gesellschaften der Regulierungsbehörde zu übersenden, die für das
regulierte Unternehmen nach § 54 Abs. 1 EnWG zuständig ist. In der Gesetzesbegründung wird hierzu ein Beispiel vorgetragen, wonach der Prüfungsbericht
sowohl der Bundes- als auch der zuständigen Landesregulierungsbehörde zu
übersenden ist. Wir weisen darauf hin, dass es in der Praxis durchaus Fälle
gibt, bei denen neben der Bundesnetzagentur nicht nur eine Landesregulierungsbehörde zuständig ist, sondern mehrere, weil die Shared-ServiceGesellschaften für verschiedene Netzgesellschaften in mehreren Bundesländern tätig sind.
Auch hier sollte die Übersendung des Prüfungsberichts durch das Unternehmen
an die zuständigen Regulierungsbehörden erfolgen und nicht durch den Abschlussprüfer, der im Zweifel gar nicht weiß, wer die zuständigen Regulierungsbehörden sind. Darüber hinaus wäre zur Vermeidung von Doppeleinreichungen
§ 28 Strom- bzw. GasNEV anzupassen.
Übergangsregelung zum § 6b EnWG
Nach Artikel 7 des Referentenentwurfs treten die Gesetzesänderungen am Tag
nach ihrer Verkündung in Kraft. Im Hinblick auf den § 6b EnWG regen wir jedoch dringend eine Übergangsregelung an, um bspw. folgende Zweifelsfragen
von Anfang an zu vermeiden:
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Beispiel 1:
Einige Unternehmen, insbesondere im Gassektor, haben ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr und stellen ihren Jahresabschluss zum 30.09. eines jeden Jahres auf. Angenommen ein reiner
Energielieferant, der kein vertikal integriertes Energieversorgungsunternehmen ist, hat ein solch abweichendes Geschäftsjahr und hat die Aufstellung des Jahresabschlusses im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des
Gesetzes (Oktober, November) noch nicht abgeschlossen. Künftig fällt
dieses Unternehmen nicht mehr unter den § 6b E-EnWG. Muss ein solches Unternehmen noch die Anhangangabe nach § 6b Abs. 2 EnWG
a.F. im Jahresabschluss zum 30.09.2012 machen oder darf es sich bereits auf den künftigen Wegfall berufen?
Beispiel 2:
Ein Unternehmen, das nur deshalb als vertikal integriertes Energieversorgungsunternehmen i.S.d. § 3 Nr. 38 EnWG gilt, weil es ein geschlossenes Verteilernetz betreibt, hat die Tätigkeitsabschlüsse zum
31.12.2011 noch nicht beim Bundesanzeiger nach § 6b Abs. 4 EnWG offengelegt und der Prüfungsbericht wurde noch nicht an die zuständige
Regulierungsbehörde nach § 6b Abs. 7 EnWG übersandt. Muss dieses
Unternehmen diese Vorgaben noch erfüllen oder darf es sich bereits zurecht auf den neu einzufügenden § 6b Abs. 8 E-EnWG berufen?
Beispiel 3:
Ein rechtlich selbstständiger Netzbetreiber musste nach dem bisherigen
§ 6b Abs. 3 EnWG weder eine Kontentrennung vornehmen noch Tätigkeitsabschlüsse aufstellen. Sofern das Gesetz noch in diesem Jahr in
Kraft tritt, stellt sich die Frage, ob dieser Netzbetreiber rückwirkend für
das Geschäftsjahr 2012 die Vorgaben des künftigen § 6b Abs. 3 EnWG
erfüllen muss oder erst für das nach der Gesetzesverkündung beginnende Geschäftsjahr.
Um eine Übergangsregelung vorzusehen, könnte § 114 EnWG herangezogen
werden. Die bisherige Vorschrift des § 114 EnWG regelt den Übergang der Entflechtung der Rechnungslegung und der internen Buchführung vom Energiewirtschaftsgesetz i.d.F. 24.04.1998 auf das Energiewirtschaftsgesetz i.d.F.
20.05.2003. Diese Regelung ist bereits seit einigen Jahren obsolet. Stattdessen
könnte unter diesem Paragraphen der Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung
der geänderten Vorgaben geregelt werden.
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Wiedereinführung der steuerlichen Teilbetriebsfiktion
Bis zur EnWG-Novelle im Sommer 2011 ermöglichte § 6 Abs. 2 EnWG a.F. eine
steuerneutrale Umsetzung der rechtlichen Entflechtung durch eine Teilbetriebsfiktion. Die Wiedereinführung dieser steuerlichen Teilbetriebsfiktion könnte für
einige Unternehmen zu einer deutlichen Entlastung führen.
Gerne stehen wir Ihnen auch für ein Gespräch zur Verfügung, um unsere Anmerkungen vor dem Hintergrund praktischer Erfahrungen zu erläutern.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Naumann
Viehweger, WP StB
Fachreferentin
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